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Yeh Zindagi Hai.

Neue Chance, neues Leben?
von

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Nächtliche Begegnung am Fluss

In den nächsten Tagen erholte Shruti sich von ihrer Erkältung, doch seelisch ging es ihr weiterhin miserabel. Verzweifelt versuchte sie einen Ausweg aus ihrer Situation zu finden, doch es war hoffnungslos. Atul hatte seine Entscheidung getroffen und daran war nun nicht mehr zu rütteln. Sie kannte ihn nun lange und gut genug, um das ganz genau zu wissen.

Abfinden konnte sie sich allerdings dennoch nicht damit. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, ohne Kavita, ohne ihren Beruf und ohne ihr Schüler zu leben – und vor allem nicht ohne Sudhir. Ohne dass sie es wollte, hatte er sich Stück für Stück in ihr Herz geschlichen und nun war sie nicht mehr fähig, sich eine Zukunft ohne ihn vorzustellen. Sie wollte bei ihm sein, in seinen Armen liegen und seine Wärme spüren. Die Geborgenheit, die er ihr gab, fand sie sonst nirgendwo – nicht einmal bei Kavita.

Ganz langsam realisierte Shruti so, dass sie sich in Sudhir verliebt hatte. Nur machte diese Erkenntnis alles nur noch schlimmer. Wenn Atul jemals etwas von ihren Gefühlen oder gar von ihrer Nacht mit Sudhir erfahren würde, war sie verloren. Sie wusste ganz genau, dass er sich dann völlig vergessen würde. Sie hatte also keine andere Wahl, als mit ihm nach Delhi zu gehen, wenn sie Sudhir – und auch sich selbst – schützen wollte. Doch jedes Mal, wenn sie daran dachte, zerbrach ein kleines Stück in ihr und sie begann bitterlich zu weinen.

Vor seiner Abreise hatte Atul Kavita noch von seinen Plänen erzählt und sie hatte in ihrer Gutmütigkeit Verständnis für seine Entscheidung gezeigt. Anschließend hatte sie Shruti nach ihrer Meinung dazu gefragt. Da sie ihrer Tante keine Sorgen bereiten wollte, hatte sie sie angelogen und gemeint, dass auch sie mit diesen Plänen einverstanden war. Es hatte sie alles an Selbstbeherrschung gekostet, was sie hatte aufbringen können, um nicht in Tränen auszubrechen und ihr die ganze Wahrheit zu erzählen und sie um Hilfe anzuflehen.
 

Donnerstagabend hatte Shruti schließlich all die Sachen, die sie mit nach Delhi nehmen wollte, zusammengepackt. Geweint hatte sie dabei nicht, denn sie hatte das Gefühl, dass all ihre Tränen aufgebraucht waren. Sie spürte nur noch eine riesige Leere in sich, von der sie wusste, dass sie sie eines Tages auffressen würde, wenn sie tatsächlich für den Rest ihres Lebens in Delhi verbringen musste. Noch immer hoffte sie insgeheim auf ein Wunder – auch wenn sie wusste, dass es nicht stattfinden würde.

Nachdem sie ihre Koffer in den Flur gestellt hatte, beschloss sie, noch ein letztes Mal zum Fluss zu gehen. Als kleines Mädchen war sie oft dorthin gegangen, wenn sie traurig gewesen war oder allein hatte sein wollen.

Langsam ging sie durch das abendliche, durch Straßenlaternen beleuchtete Dorf und schaute sich noch einmal alle Häuser ganz genau an, um sie sich einzuprägen, damit sie sie niemals vergaß. Nach wenigen Minuten hörte sie bereits das leise Rauschen des Flusses, das immer lauter wurde, je mehr sie sich ihm näherte. Als sie ihn endlich erreicht hatte, schloss sie die Augen und sog die kühle klare Luft tief in ihre Lungen. Das beruhigte sie ein wenig, doch an dem dicken Kloß in ihrem Bauch änderte es nichts.

Als sie ihre Augen langsam wieder öffnete und sich nach einem geeigneten Platz zum Hinsetzen umzusehen, bemerkte sie in der Dunkelheit, dass bereits jemand am Ufer saß und auf das rauschende Wasser starrte. Es brauchte nicht einmal eine Zehntelsekunde, damit sie erkannte, dass es sich um Sudhir handelte.
 

„Sudhir...“ Sein Name ging Shruti beinahe wie von selbst von den Lippen. Doch kaum hatte sie ihn ausgesprochen, bereute sie es auch schon. Sie wollte alleine sein, nachdenken und versuchen, mit ihrer Zukunft ins Reine zu kommen, doch daran war nun nicht mehr zu denken.

Als er seinen Namen hörte, drehte Sudhir sich überrascht um. Kaum hatte er Shruti erblickt, erhellte sich sein Gesicht mit einem erleichterten Lächeln. „Shruti...“, meinte er, stand auf und ging zu ihr. Er wollte sie in die Arme schließen, doch sie wich zurück. „Was... machst du hier...?“, wollte sie mit bebender Stimme wissen. Sudhir überraschte ihre Distanziertheit, doch er ließ sich davon nicht abschrecken. „Ich bin seit ein paar Tagen fast jeden Abend hier... Das Rauschen des Flusses ist beruhigend...“, antwortete er und nahm ihre Hand, um sie mit sich zu ziehen und sich mit ihr gemeinsam zurück ans Ufer zu setzen.

„Und was machst du hier?“, fragte er schließlich und schaute sie erwartungsvoll an. Shruti vermied es jedoch, ihm in die Augen zu sehen. Sein Verhalten verwirrte sie. Wie konnte er so fröhlich sein und so tun, als ob nichts vorgefallen wäre? Sie hatten miteinander geschlafen, woraufhin sie ohne ein Wort zu sagen verschwunden war und die Unterhaltung mit Atul konnte doch auch nicht spurlos an ihm vorbei gegangen sein. Was also war los mit ihm?

„Ich habe dich vermisst...“, meinte er leise, als sie ihm nicht antwortete. Ihr Herzschlag setzte bei seinen Worten einen Moment aus und sie musste die Augen schließen, um ihre plötzlich aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Wieso musste er ihr das ausgerechnet jetzt sagen? Was hatte es für einen Sinn? Sie beide wussten doch schließlich, dass das mit ihnen keine Zukunft hatte.

Nachdem sie ihm daraufhin noch immer keine Antwort gab, lehnte Sudhir sich zu ihr herüber, gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange und fragte: „Kya hua, Chhoti Shruti?“ Sie drehte sich daraufhin zu ihm und schaute ihm in die Augen. Sein Blick fixierte sie und musterte aufmerksam jede auch noch so kleine Bewegung ihres Gesichtes.

„Sudhir, ich liebe dich.“, meinte sie mit leiser, aber fester Stimme. Beide waren zu gleichermaßen über ihre Worte erschrocken, da er in keinster Weise damit gerechnet hatte und sie eigentlich etwas ganz anderes hatte sagen wollen.

Nach anfänglicher Überraschung zeichnete sich jedoch langsam ein Lächeln auf Sudhirs Gesicht ab. Er lehnte sich noch weiter zu Shruti, legte eine Hand in ihren Nacken und küsste sie dann mit einer so sanften Intensität, dass sie das Gefühl hatte, innerlich zu verbrennen. Sie erwiderte seinen Kuss so innig sie nur konnte und war enttäuscht, als er sich von ihr zu lösen begann. „Ich liebe dich auch...“, flüsterte er und lehnte seine Stirn an ihre.

Seine Worte waren wie Balsam für ihre Seele, doch auf der anderen Seite wünschte sie, er hätte sie nicht ausgesprochen, denn nun war es für sie noch schwerer, gehen zu müssen. Sie wollte bei ihm bleiben und mit ihm ihr Leben teilen, doch das war unmöglich.

Erneut traten Tränen in ihre Augen, doch dieses Mal konnte sie sie nicht zurück halten. Sie schluchzte auf, als sie spürte, wie Sudhir mit seinen Lippen ihre Tränen wegküsste. Er war so liebevoll, dass sie es kaum aushielt.

„Weine nicht. Wir schaffen das.“, meinte er sanft und nahm sie in den Arm, um sie zu beruhigen. „Sobald Atul wiederkommt, werde ich mit ihm reden. Ich habe keine Angst vor ihm. Er kann mir drohen so viel er will, ich werde dich ihm nicht überlassen...“

Seine Worte brachen Shruti das Herz. Sudhir wusste nicht, dass sie schon morgen nach Delhi ziehen würde und sie beschloss, es ihm auch nicht zu sagen. Sie wusste, dass er dann alles getan hätte, damit sie bei ihm blieb, doch das wollte sie ihm nicht zumuten. Er würde sich selbst nur in Gefahr bringen und das durfte nicht passieren.

Sie atmete tief durch, schluckte ihre Tränen herunter und löste sich langsam aus seiner Umarmung. „Ich... Ich muss zurück. Aunty wartet auf mich...“, log sie und stand auf. Sudhir wollte gerade protestieren, als sie sich zu ihm herunter beugte und ihm einen letzten Kuss gab. „Es tut mir leid...“, fügte sie hinzu, drehte sich um und rannte davon. Sie rannte so schnell sie konnte, damit er sie im Fall eines Falles nicht mehr einholen konnte. Nach wenigen Minuten brannten ihre Lungen von der kühlen Nachtluft, doch sie rannte weiter – weg von ihrer Liebe und hin zu ihrem großen Unglück.



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