Drabble 45 - Welcome to Hell
Welcome to Hell
Der eisenharte Lauf einer Waffe drückte sich in seinen Rücken. Kalter Stahl auf der Haut, ein stählerner Griff im Nacken. Die Pranke, die sich in seine Schulter krallte, ließ seine Knochen knacken. Wellen des Schmerzes schossen durch seinen Körper. Er stand vor der Wand – an der Wand.
Gins Gestank nach tausenden Zigaretten brachte ihn zum Würgen. Es schien, als hätte die Haut des Mörders den Geruch in sich eingesaugt, um ihn selbst anzunehmen. Daraus bestand er also: Tabak und Blut.
Seine schneidende Stimme wisperte in sein Ohr. Tödlich, wie eine Klinge, die Schneide eines Dolches. „Ich habe mehr von dir erwartet, Laudanum. Du enttäuschst mich. So lange schon warte ich auf die Chance, dich zu schnappen – und du läufst mir einfach in die Arme.“
Der Name: Moralischer und gesellschaftlicher Tod. Teil der Organisation zu sein, hieß, sich und sein Leben aufzugeben. Wie lange hatte er sie nun nicht mehr gesehen? Jetzt, in der Gefahr des Todes, wurde er sich bewusst, wie sehr er sie vermisste.
Wie lange hatte man ihn schon nicht mehr Shinichi Kudo genannt? Wie lange war er nun schon ein Handlanger der Männer in Schwarz? Er wusste es nicht mehr. Er war in dem Moment gestorben, als er sich dem Syndikat anschloss, jetzt würde er wohl bald auferstehen.
Blondes Haar, Haare des Todesengels. Eine Kugel würde ihm den Tod bringen, doch er hatte sich noch nicht damit abgefunden. Er wehrte sich unerbittlich, doch Gins Griff war zu fest. In der Organisation gab es keine Fehler, keine Verräter, nur Loyalität und Perfektion. Er war fehlerhaft und verräterisch.
Der Lauf der Beretta presste sich zwischen seine Rippen, quetschte seine Organe, rang ihm ein schmerzhaftes Stöhnen ab. Ein Knochen brach, dann noch einer. Er schrie, doch niemand hörte ihn. Es gab Menschen, die Schmerzen genossen, andere genossen es, Schmerzen zuzufügen.
Plötzlich war der Druck verschwunden, dafür wanderte eine Hand voller Schwielen sein Rückrat hinauf bis zu seinem Hals. Gin drückte zu, er schnürte ihm den Atem ab. Er wollte ihn leiden sehen, wollte Genugtuung für Sie.
Der Killer riss Shinichi herum, um ihm in die Augen zu sehen: Er sah keine Angst, nur Trotz, Stolz und Entschlossenheit. Nichts konnte ihn mehr treffen. Für einen kurzen Moment lockerte sich sein Griff um die Gurgel des Detektivs.
Auf diesen Moment hatte er gewartet. Er nahm seine letzte Kraft zusammen, ballte seine Faust und schlug zu. Knöchel trafen auf Haut, versenkten sich tief in der Bauchhöhle. Solarplexus.
Gin strauchelte. Seine Hand verlor ihren Halt, er taumelte einen Schritt zurück. Shinichi hechtete hinterher. Er packte die Waffe in seinem Halfter, die ihm Gin nicht abgenommen hatte. Solch einen Fehler durfte man nicht begehen.
Neun Millimeter. Eine Kugel. Dies ist Laudanum.
Welcome to Hell, Gin.
