Drabble 15 - To be seen again
To be seen again
Von hier aus konnte man die große weite Welt erreichen. Was für ein tolles Gefühl! Einem stand jeder Fleck dieser Erde offen. Die Wunder der Technik machen’s möglich. Ja, sie Chemiker hatten dazu keinen unerheblichen Beitrag geleistet. Neue Metalle, Plastikverbindungen, Kraftstoffe – das ging alles auf ihr Konto. Ohne ihre Arbeit hätte niemals ein Konzern diese gewaltigen Vögel der Lüfte auf die Rollbahn stellen können. Der New Yorker Flughafen hatte sich zu ihrem Lieblingsort der Stadt entwickelt, denn sie konnte weg…
Schon fast professionell durchschritt sie Kontrollen, Check-In’s, Schalterhallen und Boarding Controls. Wenn man viel flog, gewöhnte man sich an dieses Prozedere. Licht durchflutete die langen Hallen getragen von Glas und Stahl. Wie ein Engel watete sie durch den hellen Schein und kam sich doch vor, als würde sie der Dunkelheit entspringen. Sie fühlte sich so einsam, so schuldig. Bald würde sie wieder bei ihm sein…
Bequemlichkeit, ein Laster der Menschen. Die breiten, ausladenden Massagestühle, die man entlang der langen Rollbahnen und Laufstraßen aufgestellt hatte, luden zum Platznehmen ein. Für zwei Dollar würde sich der Automat um die Bedürfnisse eines verspannten Rückens kümmern, exakt zehn Minuten lang, keine Sekunde länger. Maschinen gewähren keine Gnade…
Sie ließ sich in den grauen Sessel fallen und warf zwei Münzen in den Automaten. Wie auf Befehl begann das Gerät zu surren und zu brummen. Keinen Augenblick später spürte sie den sanften Druck der Massagepolster ihren Körper entlang fahren. Was sich viele Männer wünschten, das gestattete sie der Maschine, Ironie. Mit einem wohligen Seufzer drückte sie sich gegen die Lehne. Das war Erlösung…
Wie schnell die Zeit verstrich, wenn man sie genießen könnte. Als ob sie einem keinen Augenblick der Freude gönnen wollen würde…
Mit einem Klicken rastete der Massageautomat ein. Sie blieb noch einen Moment sitzen und genoss die Entspannung, dann raffte sie sich auf und strebte ihrem Flieger entgegen. Sie lächelte die Angestellte der Airline an, als sie die letzte Kontrolle passierte. Sie konnte ja auch nichts dafür, dass ihre Firma sie ausbeutete…
Zielstrebig durchschritt sie das Gateway. Am Ende des langen Ganges wartete das Flugzeug, das sie nach Hause bringen würde. Sie bog um die Ecke und betrat die geräumige Maschine. Wie unterschiedlich groß diese Dinger sein konnten…
Noch eine Zeitung, dann auf den richtigen Sitzplatz. Ein alter Mann saß neben ihr, ein grauhaariger, vom Alter gezeichneter Herr in einem weinroten Poloshirt. Ein langer, schwarzer Mantel war neben seinem Sitz verstaut. In seiner rechten Hand schwenkte er ein Glas edelsten Weines und betrachtete die Flüssigkeit bei ihrer Reise um sich selbst. Ein Privileg, wenn man First Class fliegen konnte, man wurde bedient, wann man wollte. Warum hatte sie so viel Geld ausgegeben? War doch egal, wie sie nach Hause kam, solange sie ihn endlich wieder sah…
Der Grauhaarige wandte seinen Kopf und blickte sie aus den Augenwinkeln an. Genießerisch nippte er an seinem Glas Bordeaux und leckte sich über die Lippen. Was für Zufälle es doch gab. ‚Hallo Sherry, willkommen zuhause’, lachte er hämisch und ließ die blutrote Flüssigkeit seine Kehle hinab rinnen…
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So, eine kleine Anlehnung an das letzte Drabble. Na, wer ist wohl der rätselhafte Alte?
MFG NaruxHina-Fan
