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The Demon Factor

Eine Rachel Morgan-Fanfic
von

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II

Das Telefon bimmelte laut in ihren empfindlichen Ohren.

Ivy drehte sich unter dem feinen Knistern ihrer schwarzen Satinbettwäsche um und drückte sich den Stoff auf die Ohren. Sie würde da jetzt nicht ran gehen. Sollte das Rachel machen. Falls Rachel da war. Es roch überall nach ihr.

Egal.

Ivy schlief. Sie schlief tief und fest.

Gedämpft durch Decke und Tür hörte sie, wie der Anrufbeantworter ansprang. Nicks Stimme drang zu ihr. Vielleicht sollte sie Rachel dazu bringen, endlich einen neuen Text aufzusprechen – immerhin hatte sich Nick, dieser Idiot, aus dem Staub gemacht. So, wie sie es Rachel prophezeit hatte, übrigens.

Kisten hin, Kisten her, ihre Freundin sollte endlich loslassen – am besten beide.

Sie drückte noch fester zu – so sollte sie nicht denken. Rachel war ihre Freundin und Rachel war mit Kisten zusammen und mit Kisten glücklich. Die beiden konnten Sex und Blut trennen. Rachel war mit Kisten glücklich, glücklich, glücklich-

Nur wäre Rachel glücklicher mit ihr.

Nicks dröge Stimme verstummte, es piepte leise und dann hörte sie Glenn.

Halt.

Glenn?

„Hallo, Rachel? Ich bin es, Glenn. Ich habe mich geirrt. Ich brauche deine Hilfe. Kannst du ins FIB kommen? Es geht um deinen Freund.“

Ihren Freun-
 

Mit der Geschwindigkeit des lebenden Vampirs, der Ivy war, und Piscarys Blut in ihren Adern, hatte sie das Bett verlassen, die Tür aufgestoßen und den Telefonhörer an ihr Ohr gerissen, bevor Glenn auch nur auf die Idee kommen konnte, aufzulegen.

„Glenn!“, bellte sie in den Hörer.

Erleichtert stellte sie fest, dass ihre Stimme so klang, wie sie es wollte. Fest, nicht verunsichert, nicht panisch.

Aus dem Hörer drang mildes Rauschen. Darunter hörte Ivy die Geräusche aus der Zentrale des FIBs. Zwei der Beamten schienen um das nächste große Baseballspiel zu wetten. Glenn atmete und jemand anders im selben Raum atmete auch. Edden?

„Tamwood?“

Glenns Stimme klang krächzend. Sie hatte ihn auf dem falschen Fuß erwischt. Sehr schön.

„Rachel ist nicht da?“

„Rachel ist nicht da.“

Mittlerweile erinnerte sie sich wieder an das Gespräch beim Abendbrot. Sie wollte sich mit David irgendeine abgefackelte Hütte ansehen, wegen Davids Versicherungsjob. Rachel war nicht da, nur Rachels Duft war überall. Würde sie nicht so gut riechen, Ivy hätte gesagt, dass es penetrant nach der jungen Frau stank.

„Was ist mit Kisten?“

Ivy roch und hörte es nicht, aber sie wusste, dass Glenn stumm mit sich und seinem Vater rang.

Sie gewann.

„Wir haben drei Leichen. Sie haben das gleiche Armband wie Rachel.“

Keine Frage. Eine Feststellung. Glenn wusste, wovon er sprach. Das war nicht gut.

„Du verdächtigst Kisten?“

„Nein.“

Die Antwort kam zu schnell. Außerdem hörte sie, wie sich Glenns Puls beschleunigte. Es gab kaum bessere Lügendetektoren als das Gehör eines Vampirs – bis auf Rachels Amulette, vielleicht.

„In Ordnung. Rachel ist mit ihrem Alpha unterwegs. Ich geb ihr Bescheid.“

Sie gab Glenn einen kurzen Augenblick, um sich zu entscheiden, dass er nicht darauf antworten wollte, verabschiedete sich und legte auf.
 

Ivy kannte Kistens Nummer auswendig.

Kisten, dieser Idiot.

Kaum, dass sie Glenn abgewürgt hatte, wählte sie die Nummer ihres Freundes. Oder Rachels Freundes. Oder wie auch immer. Kisten eben. Mister Ich-reite-mich-mal-wieder-in-die-Scheiße-Felps.

Mit Ungeduld wartete sie darauf, dass er abnahm und trommelte dabei mit ihren langen Fingernägeln auf dem Telefontischchen. Es dauerte. Sie roch, wie sich ihr Geruch nach Schlaf, Frustration, Blut – verdammtes Blut! - und ein wenig Angst mit den Gerüchen von Rachel und Kisten mischte. Anregend. Aber Kistens störte.

Es brauchte sie zwei Anläufe, um Kisten an den Hörer zu bekommen.

„Ja? Ich bin beschäftigt.“, antwortete er schließlich mürrisch am anderen Ende der Leitung.

Beschäftigt, hm? Wie nett. Beschäftigt war sie auch – damit, ihm in Gedanken den Hals umzudrehen.

Im Hintergrund raschelte es leise. Es folgte ein ebenso leises Wimmern. Treffer.

Ihr Freund saß mal wieder in der Scheiße.

„Was hast du nun schon wieder angestellt, Kisten?“

„Was soll ich angestellt habe, Ivy-Liebstes?“

Rachel hätte vielleicht nicht herausgehört, dass der Vampir unsicher war – Ivy tat es. Obwohl sie nicht sicher war, wie viel von der Unwissenheit gespielt war. Andererseits – es war Kisten.

„Das FIB hat Leichen. Leichen mit deinem Armband.“

Sie schüttelte ihren Fuß und ließ Kistens Kettchen klimpern, von dem Glenn vermutlich noch nichts wusste. Manchmal fragte sie sich, ob sie Kisten nicht allein aus Gründen des Prinzips zweimal pfählen sollte.

„Oh.“

Schweigen.

Anscheinend wusste er das noch nicht. Überraschung!

„Woher weißt du das?“

„Rachels Lieblingsbulle hat angerufen und mich gebeten, sie zu informieren. Ich werde sie anrufen, wenn du jetzt auflegst.“

Andererseits würde Ivy Rachel sowieso anrufen. Sie hörte ihren Freund schlucken. Im Hintergrund wimmerte es wieder. Vielleicht waren Handschellen im Spiel – es klang so. Entweder, das, was da gerade getrieben wurde, war eklig oder richtig widerlich. Da Kisten darin verwickelt war, vermutlich beides.

„Weiß er, dass die Armbänder von mir sind?“

„Was glaubst du?“

Pause.

Er atmete. Die arme Sau im Hintergrund wimmerte.

„Scheiße. Ich brauche deine Hilfe.“

Überraschung.

Dieser Kerl konnte wirklich nicht selbst auf sich aufpassen.

„Was ist passiert, Kisten?“

„Erkläre ich dir, wenn du hier bist.“

Na klasse.

Hatte sie ihm auch nur mit einem Wort gesagt, dass sie in diese Sache hinein gezogen werden wollte? Ach ja – es war Kisten. Kisten setzte so etwas voraus. Von allen. Vor allem dann, wenn man Piscarys Nachfolger war. Verdammter, dreckiger, widerlicher Mistkerl.

Kisten gab ihr eine Adresse und sie würgte ihn ab, bevor er sie endgültig um den Verstand bringen konnte.
 

Rachel rief Ivy erst an, als sie bereits fertig bekleidet war. Seide, Leder und alles in schwarz – es hätte ihr gefallen. Rachel gefielen Seide und Leder und Ivy wusste, dass ihr schwarz stand. Außerdem hatte sie längst mitbekommen, dass Rachel sie oft genug mit den Augen förmlich auszog und sie genoss es, auch wenn sie wusste, dass sie das auch oft genug bei allen anderen Wesen machten, die ihr unterkamen. Sogar bei Jenks.

Sie sollte es ihr endlich austreiben – bei den anderen.

Während Ivy die Handynummer wählte, schüttete sie den Kaffeesatz ihres Frühstücks in den Abfluss. Nichts ging über Frühstück mit Kaffee. Vor allem Kaffee.

Ihre Freundin ging nicht ran – typisch.

Gut, sie hatte keine Zeit, sie musste Kisten davon abhalten, etwas dummes zu tun. Also sprach sie Rachel nur auf die Mailbox.

„Rachel? Ich bin's, Ivy. Ruf Glenn an, der hat Sehnsucht. Ich bin bei Kisten. Er sitzt in der Scheiße und ich soll ihn raushauen. Sollte ich mich heute Nacht nicht melden, ich lasse dir ein paar Pflöcke unter meinem Bett. Bis später.“

Sie legte auf, schwang die Tasche mit dem Schwert und den übrigen Pflöcken über ihre Schulter und verließ das Haus.
 

Es war ein Wohnhaus, nicht so tief in den Hollows, wie sie erwartet hätte. Eigentlich war es sogar ziemlich nah beim Ohio. Rechts waren weitere Häuser, genauso schmutzig, wie Kistens Adresse. Links waren weitere Häuser, genauso schmutzig, wie Kistens Adresse.

Hier wohnten Inderlander, die sich entweder nichts besseres leisten konnten oder sich nichts besseres leisten wollten. Sie roch altes Blut aus einer der Seitenstraßen und irgendwo gab es hier einen kleineren Rohrbruch, um den sie sich nicht kümmern würde. Immerhin war sie hier, um Kisten den Arsch zu retten, nicht um Klempner zu spielen.

Eigentlich hätte sie eine Lagerhalle erwartet. Oder irgendetwas anderes, wo niemand irgendwelche Schreie hören konnte. Aber gut, hier wollte vermutlich niemand irgendwelche Schreie hören und würde schon allein deshalb nicht hinhören.

Und Kisten hielt nicht viel von Lagerhäusern und alten Fabrikhallen, es sei denn, es wurde richtig widerlich. Also bedeutete das hier entweder, dass es nicht allzu schlimm war oder aber dass er einfach keine Zeit gehabt hatte, sein wimmerndes Opfer in eine Halle zu verfrachten. Vielleicht sollte sie das übernehmen. Auch möglich.
 

Sie klopfte nicht an. Wäre die Tür abgeschlossen gewesen, sie hätte sie einfach eingetreten.

Für Förmlichkeiten wie Anklopfen war später Zeit. Außerdem sollte Kisten ruhig merken, dass sie sauer war.

Dennoch war sie froh, dass sie nicht zu diesen Mitteln greifen musste, obwohl es ihr Spaß gemacht hätte – eine Person, die roch wie ein Schatten und die vermutlich auch einer war, öffnete ihr die Tür. Männlich, jünger als sie. Er war selbst für einen Schatten ziemlich blass und sah so aus, als hätte er die letzte Zeit nicht wirklich viel geschlafen.

Und er gehörte nicht zu Kisten. Erstens kannte sie seine Blutquellen, zweitens ließ er in der Regel nicht zu, dass sie so sehr herunter kamen, immerhin gehörte er zu Piscary und hatte einen Ruf, den er behalten wollte und drittens hätte sie es gerochen, wie sie die Angst des Menschen roch. Letztere fand sie anregend.

„Ivy Tamwood?“

„Wo ist Kisten?“

Er nahm das wohl als Ja. Braver Schatten.

„Folgen Sie mir.“
 

Das Gebäude war genauso heruntergekommen, wie es die Fassade vermuten ließ. Entweder, der Besitzer hatte keinen Geschmack oder kein Geld – oder beides. Immerhin: Es war grün. Und zwar alles. Dreckiges, vergilbtes, matschiges Grün. Die Wände waren grün, die Bilder waren grün, die Möbel waren es auch – nur der Teppich war braun bis schwarz. Allerdings konnte sie die ursprüngliche Farbe vielleicht auch einfach nur nicht erkennen.

Kisten erwartete Ivy in etwas, das mal ein großes Wohnzimmer oder ein kleiner Salon gewesen sein mochte. Die Spuren auf dem Boden wiesen zumindest darauf hin, dass bis vor kurzem noch Möbel im Raum gestanden hatten. Vermutlich grüne Möbel. Vielleicht die von der Eingangshalle.

Jetzt stand da nur noch ein Stuhl in der Mitte. Dieser war alt und abgenutzt, mit Armlehnen. Kisten mochte Stühle mit Armlehnen, zumindest bei solchen Gelegenheiten, das wusste sie. Diese Art von Stühlen eignete sich hervorragend um willige – oder nicht ganz so willige – Opfer daran zu ketten, so wie er es aktuell mit dem Vampir, der Ivy anstarrte, als wolle sie ihn gleich fressen, getan hatte. Sie spürte, wie ihre Pupillen weit wurden. Der Vampir hatte Angst.

Und Kisten hatte wirklich Handschellen. Vermutlich von der IS geklaut. Wenn einer die Kontakte dazu hatte, dann er.

„Ah, Ivy! Die Vampirin des Tages! Wie geht es dir, meine Liebe?“

Ihre Pupillen wurden noch dunkler.

„Was hast du angestellt?“

Die Vampire zuckte zusammen – bei Kisten war es vermutlich gespielt.

„Ich?“, fragte er gedehnt, „Ich habe gar nichts angestellt. Das war mein Freund Eddy. Nicht, Eddy?“

Okay. Das war gespielt. Aber gut, das hätte vermutlich sogar Rachel bemerkt, auch wenn die vieles nicht bemerkte. Oder übersah. Oder übersehen wollte. So, wie Ivy besser für sie wäre, als Kisten.

Eddy wimmerte. Sie roch Blut unter seiner Angst, aber nicht zu frisch. Vermutlich hatte Kisten ihn nicht gebissen – aber ihm die Finger gebrochen.

„Okay. Was hat Eddy getan?“

„Zwei der Leichen des FIBs sind seine Schatten.“

Oh.

Anscheinend hatte sie die Tomatenpflanze im Garten gefunden. Jetzt würde sie auch reinbeißen. Und zwar genüsslich.

„Die mit den Armbändern?“

„Eine davon.“

„Du tauschst deine Schatten? Mit dem da?“

Igitt. Manchmal war Kisten widerlich. Gut, sie hatte ausreichend Pflöcke in ihrer Tasche. Vielleicht sollte sie sie wirklich verwenden.

„Abby war nicht mein Schatten!“

Die Entrüstung roch echt. Na gut, Kisten trug ja auch Kappen. Zumindest dann, wenn Rachel nicht gerade Hampelmänner machte.

„Also ist sie freiwillig gegangen?“

„Ja.“

Natürlich.

Vermutlich hatte Abby ihn mit einer anderen erwischt. Oder einem anderen. Und das wusste sie nicht, weil sie es roch oder hörte (obwohl sie auch das tat), sondern weil sie Kisten einfach kannte. Vermutlich zu gut.

„Und sie ist dann bei Eddy gelandet?“

Er nickte.

Ivy warf Eddy einen kurzen Blick zu. Der Junge war schlau, er hielt den Mund. Seine Angst roch gut, aber sie würde sich hier nicht vergessen. Kisten zuliebe. Und weil sie satt war.

„Die Anderen?“

„Freunde von ihr. Thomas war ebenfalls Eddys Schatten, Mary arbeitete mit ihr bei Piscarys. Vor der Sache mit Rachel.“

„War er es?“

Eddy zuckte in seinem Stuhl zusammen und verkroch sich in der Rückenlehne.

„Nein.“

Gut. Damit konnte sie leben.

„Was willst du dann von mir?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Kim_Seokjin
2009-10-08T13:29:50+00:00 08.10.2009 15:29
Ivy ist herrlich. Schade ist, dass im Buch mal nciht aus ihrer sich beschrieben wurde. Wäre sicherlich mal interessant. Weil ich sie doch so herrlich komplex und kompliziert finde. *seufzt*
ich finde, du hast sie gut getroffen. Auf eienr Seitehasst sie Kisten dafür, dass er etwas mit Rachel hat, was sie nicht haben kann und andersherum kann sie ihn auch einfach nicht weiter in die Scheiße reiten lassen.
Von:  Knoblauchgurke
2009-08-09T15:33:19+00:00 09.08.2009 17:33
>Entweder, das, was da gerade getrieben wurde, war eklig oder richtig widerlich. Da Kisten darin verwickelt war, vermutlich beides.<

Wieder so ein schöner Satz *g*

Die geschmacklose Einrichtung des Hauses gefällt mir. Erinnert mich an meine WG, bloß, dass da alles braun ist *drop*
Jedenfalls hast du die Umgebung gut beschrieben, ich konnte alles richtig vor mir sehen. Ivy ist dir ebenfalls gelungen und ich kann Roryn nur zustimmen. Dass du einen anderen Erzähler verwendet hast, als im ersten Kapitel, ist interessant. Mal sehen, was mich in den nächsten Kapiteln erwartet.
Von:  Nochnoi
2009-06-10T11:40:55+00:00 10.06.2009 13:40
Wieder ein schönes Kapitel ^^

Ich muss [[Roryn]] Recht geben, du hast Ivy wirklich gut getroffen. Sie ist echt ein komplizierter Charakter, sodass das sicherlich nicht immer allzu einfach ist. Aber du hast ihre Gedanken gut umgesetzt.

Und der Fall scheint ja immer interessanter zu werden :) Also ist irgendwie dieser Eddy und auch Kisten in die Sache verwickelt. Irgendwie zumindest. Rachel wird begeistert sein ;p

Ich bin gespannt, wie sich das Ganze entwickelt ^^

Liebe Grüße
Nochnoi
Von:  _Delacroix_
2009-06-09T15:04:56+00:00 09.06.2009 17:04
Ah, Kapitel Zwei.
Hast du das Notebook jetzt doch mitgeschleppt?

Wie auch immer, ich mag deine Ivy. Dafür, das sie so ähm... schwierig ist, hast du ihren Charakter gut umgesetzt.
Auch ist es schön, dass der Erzähler immer wieder wechselt.^^
Bringt mehr Perspektiven und Ansichten rein.

Ok, mir fällt gerade nichts mehr ein.

Schönes Kapitel 2.


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