Satz 25 - Wehleidig
„Hör auf herumzuzappeln!“, fuhr ich ihn an.
Warum waren Männer nur immer so zimperlich? Tobis Schwester würdigte mich zwar keines Blickes mehr, hatte die Behandlung aber klaglos über sich ergehen lassen.
Wenn man es so wollte, war ich die Familienärztin. Tobi war kaum ein paar Tage alt gewesen, als ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte, seine Mutter war überhaupt erst durch meine Hilfe auf die Welt gekommen und nun tat dieser junge Kerl, als wolle ich ihm aus reiner Boshaftigkeit grundlos Schmerzen zufügen. So waren sie, die Männer: Gingen keinem Kampf aus dem Weg, holten sich bereitwillig blutige Nasen und Schrammen, sobald es daran ging, die blutenden Stellen zu versorgen konnte man allerdings nicht vorsichtig genug sein.
Desinfektionsmittel? Bloß nicht.
Wunden Nähen, und mochten sie noch so klein sein? Nur unter Narkose.
Aufmerksamkeit, nur darum ging es. Ein bisschen winseln, ein leidender Blick und schon werden sie von allen bemitleidet. Aber nicht von mir, ich habe Kerle wie ihn schon vor Jahren durchschaut.
„Jetzt!“
Der Terriermischling jaulte kläglich, als seine Besitzerin ihn schließlich auf den Tisch hob und ich ihm einer schnellen Handbewegung die Staupeimpfung verabreichte.
Männer.
