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Zwischen den Fronten II - Auf der falschen Seite?

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Die Kammer des Schreckens

Kapitel 13: Die Kammer des Schreckens
 

Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Die Tage verliefen alle nach dem selben Muster. Ginny langweilte sich im Unterricht erledigte ihre Hausaufgaben oft schon in der nächsten Unterrichtsstunde unter der Bank, anstatt sie abends zu machen.

Nach dem Abendessen traf sie sich mit Draco und die beiden drehten eine Runde durchs Schloss und überlegten, wo sie trainieren könnten.
 

Ginny war zwar der Raum der Wünsche eingefallen, doch als sie ihn fünf Tage hintereinander nicht betreten konnten und Hermine Ginny schließlich erzählte, dass sie sich dorthin immer mit Ron verzog, um zu trainieren, verwarf sie diese Möglichkeit. Ihr war nicht entgangen, dass Hermines Augen bei ihren Worten geglänzt hatten und ihre Wangen leicht gerötet waren. Außerdem hatte Hermine sicher nicht zufällig vergessen, sie zu fragen, ob sie mitmachen wollte.

Sie hatte Hermine anschließend mit einem breiten Grinsen gratuliert, was dieser noch mehr Röte ins Gesicht getrieben hatte.
 

Draco hatte zwar gemeint, er könnte die beiden nach dem Unterricht aufhalten, bis Ginny den Raum blockiert hatte, doch das hatte Ginny empört abgelehnt. Sie gönnte Ron und Hermine ein bisschen Glück, selbst wenn sie immer noch sauer auf die Sonderrechte war, die sie bekamen. Aber sie wusste genau, dass die beiden nicht darum gebeten hatten, geschont zu werden, also richtete sich ihre Wut auf den Orden und nicht auf sie.
 

Draco hatte Ginnys Entscheidung nur mit einem verächtlichen Schnauben kommentiert und war seitdem recht wortkarg. Ginny ahnte, dass sich das auch nicht ändern würde, bis sie einen Raum zum Trainieren gefunden hatten.

Nach ihrer alltäglichen Runde statteten sie Severus stets noch einen Besuch in den Kerkern ab, wo Ginny mit ihm Okklumentik übte, bevor sie sich trennten und in ihre Gemeinschaftsräume zurückkehrten.
 

Nach einer Woche hatte sie einmal Professor McGonagalls Blick aufgefangen, als sie nach dem Abendessen am Eingang zur Großen Halle auf Draco gewartet hatte. Diese hatte ihr ein anerkennendes Nicken zukommen lassen. Ginny lächelte gezwungen und zwinkerte kurz, um ihre Professorin weiter in dem Glauben zu lassen, sie würde Draco ausspionieren.
 

Schon bald hatten die ersten Gerüchte die Runde gemacht, weil Ginny und Draco so oft abends durch Schloss spazierten. Die beiden ignorierten das Gerede, auch wenn sie sich sicher waren, dass sie beide irgendwann deswegen zur Rede gestellt werden würden - Draco von Pansy und Ginny von Ron. Die beiden hatten ein enormes Talent für Todesblicke entwickelt.
 

Doch bis dahin würde sich nichts ändern. Draco schien Pansy zwar zu mögen, doch nach allem, was Ginny mitbekommen hatte, war er nicht im geringsten in sie verliebt. Aber was hieß das schon - Draco war genauso gut wie Severus darin, seine Gefühle zu verbergen. Doch zumindest schienen Pansys Blicke und Kommentare ihn nicht zu stören.
 

Ginny ließ sich von Ron ebenfalls nicht aus der Ruhe bringen. Er war zwar ihr Bruder, doch er kannte sie nicht und hatte deshalb auch kein Recht, sich in ihr Leben einzumischen.

Sollte er es doch tun - dann würde er es mit ihr zu tun bekommen.
 

^^°°***°°***^^***°°***°°^^
 

Ginny und Draco waren wieder einmal auf ihrer abendlichen Runde durchs Schloss, als ihnen plötzlich jemand hinterher rief: "Ginny! Malfoy!"
 

Als sie sich umwandten, kam Ron auf sie zugelaufen. Dracos Augen verengten sich augenblicklich.

"Was willst du, Wiesel?"

Ginny stieß ihm dafür mit dem Ellbogen in die Rippen.

"Nenn ihn nicht so!"

"Warum nicht? Er ist doch eins."
 

Ginny schnaubte und blickte wieder zu Ron.

"Was ist los, Ron?"

Ron schnaubte ebenfalls und deutete auch Draco.

"Er ist los. Was hast du mit ihm zu schaffen?"

"Wir sind befreundet, Ron. Nicht, dass dich das was angehen würde."

"Es geht mich sehr wohl was an! Du bist meine Schwester!"
 

Mit einem Schaudern bemerkte Ginny, dass Rons Ohren rot wurden, wie immer wenn er wütend war und kurz davor, Mist zu bauen. Sie blickte ihm direkt in die Augen.

"Ron, bitte, reg dich nicht auf. Meine Freunde sind meine Freunde, und du kannst daran nichts ändern. Versuch es also nicht. Schau lieber, dass du mit ihnen klar kommst, davon haben wir alle mehr."
 

Wieder schnaubte Ron.

"Mit Malfoy klarkommen? Spinnst du? Siehst du nicht, dass er nicht gut für dich ist? Genauso wenig wie Snape! Ich hab gesehen, wie oft du bei ihm in den Kerkern warst! Der Kerl hat Dumbledore ermordet, schon vergessen? Halt dich von ihnen fern!"
 

Ginny ballte die Fäuste. Ron hatte mitbekommen, wie oft sie bei Severus war? Sie musste vorsichtiger sein... Jetzt war sie froh, dass Ron noch kein Ordensmitglied war.

"Nein, Ron. Wie schon gesagt, meine Freunde sind meine Sache."

Ron explodierte.

"Aber das sind TODESSER!!", brüllte er Ginny an.
 

Er sprang vor, packte Dracos Ärmel und zog ihn nach oben. Im selben Moment verpasste Draco Ron eine schallende Ohrfeige. Ron taumelte zurück, doch auf seinen Lippen lag ein triumphierendes Lächeln.

Dracos linker Unterarm lag frei, darauf prangte deutlich das Dunkle Mal.
 

Draco schob sich lässig den Ärmel wieder herunter und bedachte Ron mit einem herablassenden, angeekelten Blick.

"Fass mich nie wieder an, Wiesel."
 

Ron deutete mit dem Finger auf ihn.

"Siehst du, Ginny? Hast du es gesehen?"

Ginny zwang sich, ruhig zu bleiben.

"Ja, Ron, ich habe es gesehen. Denkst du, das ändert etwas? Denkst du, das habe ich nicht schon vorher gewusst?"
 

"DU WUSSTEST, DASS ER EIN ARSCHKRIECHER VON DU-WEISST-SCHON-WEM WAR UND HAST DICH MIT IHM ANGEFREUNDET?!"

Ron lief scharlachrot an.
 

Draco neben Ginny war ruhig geworden. Gefährlich ruhig. Langsam zog er seinen Zauberstab.

"Sag das nochmal, Wiesel. Sag es mir ins Gesicht und du bist tot."
 

Ron zog ebenfalls seinen Zauberstab. Ginny wollte sich entsetzt zwischen die beiden stellen, doch Draco schubste sie weg.

In diesem Moment rief Ron: "Kannst du haben, Frettchen! ARSCHKRIECHER!! Du rutschst vor Du-weißt-schon-wem im Staub rum und bettelst darum, von ihm -"

Dracos Zauber traf ihn mit voller Wucht ins Gesicht und schleuderte ihn ein paar Meter nach hinten. Er landete mit einem Schrei auf dem harten Steinboden. Stöhnend versuchte er sich aufzurichten, doch das schien nicht leicht zu sein. Draco indes hatte immer noch seinen Zauberstab erhoben und machte einen Schritt auf ihn zu.
 

Ginny sprang vor Draco und rief entsetzt: "NEIN! Hör auf!"

"Geh mir aus dem Weg", zischte Draco mit vor Wut lodernden Augen.

"Nein", gab Ginny nicht weniger wütend zurück.

Als er sich an ihr vorbei drängen wollte, packte sie ihn und schleuderte ihn mit reiner Magie gegen die Wand, so dass er sich nicht rühren konnte.

"Lass ihn in Ruhe und komm mit. Das ist ein Befehl!"
 

Sie rief ihre Magie erst zurück, als Draco nickte. Er sackte kurz an der Mauer zusammen, dann folgte er Ginny. Sie rannte ziellos den Gang hinunter und riss die erstbeste Tür auf, an der sie vorbei kam.

"Los, rein da!", zischte sie. "Bevor wir Ärger bekommen."
 

Draco blieb wie angewurzelt stehen.

"Das ist ein Mädchenklo."

Ginny warf einen Blick hinein. Erst jetzt schien sie zu realisieren, wo sie war.

"Ach, da ist nie jemand drin, das ist das Klo der maulenden Myrthe. Komm schon."
 

Draco betrat den Raum nur äußert widerwillig. Ginny schloss die Tür hinter ihnen und funkelte Draco an.

"Kannst du mir verraten, was das sollte?"

"Er hat mich beleidigt!", schoss Draco zurück.

Ginny schnaubte.

"Was hast du erwartet? Dass er dich in die Arme schließt und in seinen Freundeskreis aufnimmt?"

Draco schwieg und steckte seinen Zauberstab langsam zurück in seinen Umhang.
 

"So weit ich weiß, hast du von Voldemort wie alle Todesser den Befehl bekommen, meine Freunde nicht anzurühren", faucht Ginny. "Halte dich gefälligst daran!"

Draco zog die Augenbrauen hoch.

"Und der dunkle Lord höchstpersönlich hat das Wiesel umbringen wollen. Wieso sollte ich ihn da nicht verhexen dürfen?"

Ginny schnappte nach Luft. "Warst du dabei?"
 

Draco zuckte mit den Schultern.

"Weiß nicht. Wenn, dann hab ich es vergessen."

Ginny seufzte augenrollend.

"Ach stimmt, da war ja was. Voldemort und seine Gehirnwäsche."

Draco brummelte unbehaglich, sagte jedoch nichts.
 

Mit einem Mal lastete die Stille schwer auf Ginny. Ein Wassertropfen, der aus einem kaputten Wasserhahn tropfte, brachte sie zum Zusammenzucken. Draco zuckte ebenfalls zusammen und blickte sich misstrauisch, ja fast ein wenig scheu um.
 

Ginny schenkte ihm einen fragenden Blick.

"Was ist los?"

Er schüttelte sich und erwiderte leise: "Ich habe damals, bei der Geschichte mit dem Basilisken, von Potter aufgeschnappt, wo der Eingang zur Kammer des Schreckens ist. Können wir bitte schnell hier verschwinden?"
 

Ginny klappte der Mund auf.

"Du WEISST es? Aber - "

Sie brach ab. Ihre Augen leuchteten urplötzlich auf.

"Draco! Ich habs! Die Kammer! Der Ort, an dem wir trainieren können!"
 

Draco riss die Augen auf und machte einen Satz rückwärts, in Richtung Tür.

"WAS? Bist du wahnsinnig?"

Ginny schüttelte den Kopf.

"Der Basilisk ist tot. Und-", sie holte tief Luft, "Ich kann Parsel. Ich kann jeder Zeit da runter."

Draco blieb im Rückwärtsgehen stehen. Er starrte sie ungläubig an.

"Parsel? Du? Das glaub ich dir nicht."
 

Auf Ginnys Gesicht erschien ein diabolisches Grinsen. Es machte einen Heidenspaß, Draco Angst einzujagen.

"Soll ich es dir beweisen?"

Draco schnaubte.

"Versuchs ruhig, es wird nichts passieren", erwiderte er mit unmerklich zitternder Stimme.
 

Ginny nickte ihm entschlossen zu, drehte sich zu den Waschbecken um und schloss die Augen. Wie von selbst blitzten die einzelnen Erinnerungsfetzen aus ihrem ersten Schuljahr wieder auf, als sie die Kammer zum ersten Mal geöffnet hatte. Sie holte tief Luft und ignorierte Dracos keuchenden Atem hinter sich.

"Öffne diccccchhhhh", zischte sie.
 

Noch bevor sie die Augen wieder öffnete, wusste sie, dass es funktionierte hatte - Draco ließ einen erstickten Schrei los. Sie riss die Augen auf.

Vor ihr verschwand eins der Waschbecken samt dem Wandspiegel im Boden und gab den Weg zu einem großen Rohr frei, dass sich im Dunkeln unter ihr verlor.
 

Sie holte erneut tief Luft.

"Ich gehe runter und sehe mir an, wie es jetzt da unten aussieht. Kommst du mit?"

Erst jetzt wandte sie sich zu Draco um. Der stand kreidebleich an die Wand neben der Tür gedrückt und rührte sich nicht.
 

"Spinnst du?", flüsterte er. "Da bekommen mich keine zehn Pferde runter! Hast du denn gar keine Angst?"

Erstaunt schüttelte Ginny den Kopf.

"Nein. Der Basilisk ist tot und das Tagebuch zerstört. Wovor sollte ich Angst haben?"
 

Bei der Erwähnung des Tagebuchs wurde Draco noch ein wenig blasser. Oh ja, er wusste, woher das Tagebuch gekommen war. Sein Vater hatte es ihm wutschnaubend erzählt, als er Draco am Ende seines zweiten Schuljahres von der Schule abgeholt und bei dieser Gelegenheit seinen Hauselfen verloren hatte.

Er ärgerte sich selbst über seine dünne Stimme, als er leise antwortete: "Und wie willst du da wieder raus kommen?"
 

Ginny biss sich auf die Lippe und versuchte, sich zu erinnern. Doch es kam nichts. Nur bodenlose Schwärze. Angestrengt runzelte sie die Stirn.

"Ich weiß, dass es noch einen zweiten Eingang gab. Aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wo der war."
 

Draco schnaubte. Ginnys plötzliche Ratlosigkeit schien ihm ein wenig seines alten Selbstbewusstseins zurückgegeben zu haben.

Er zückte seinen Zauberstab und murmelte: "Accio Besen."

Er fixierte Ginny. Er hatte immer noch Angst, das konnte Ginny trotz seines Versuches, seine kalte Maske wieder aufzulegen, erkennen.

"Sei froh, dass du mich hast."

Ginny lächelte hilflos.

"Das sollte ich wahrscheinlich."
 

Einen langen Moment herrschte Schweigen zwischen ihnen, dann erklang von draußen ein leises Rauschen. Draco riss die Tür auf, und zwei Besen flogen herein. Sie kamen in Hüfthöhe zwischen ihnen stehen. Ginny legte lächelnd den Kopf schief.

"Wie war das, keine zehn Pferde bringen dich da runter?"

Draco mied ihren Blick.
 

"Du bist schlimmer als zehn Pferde", brummte er und schnappte sich einen Besen. "Ich kann dich da nicht alleine runter lassen. Am Ende jagst du noch die halbe Schule in die Luft."

Ginny schnaubte.

"Hältst du mich wirklich für so bescheuert?"

"Ich kann dich nicht einschätzen, das ist schlimmer", gab er nur zurück und beäugte das Rohr aus sicherer Entfernung.

Ginny trat an den Rand des gewaltigen Loches.

"Sollte ich mich jetzt geschmeichelt fühlen?"

Draco schnaubte.

"Nein. Absolut nicht."
 

Ginny packte den zweiten Besen.

"Ich werde zuerst springen."

Draco schnappte nach Luft.

"Springen? Wozu hast du den Besen? Wer weiß wie tief das runter geht!"

Ginny schüttelte langsam den Kopf und blickte wieder in die Dunkelheit.

"Wir landen weich, keine Angst. Ich war schon oft da unten."
 

Draco machte ein Geräusch, als wolle er widersprechen, doch er schwieg.

Ginny holte tief Luft - und sprang.

Einen furchtbaren Moment lang befand sie sich im freien Fall - dann neigte sich das Rohr und wurde somit zu einer steilen Rutsche in die Tiefen unter der Schule. Über sich hörte Ginny einen Schrei - Draco war anscheinend auch gesprungen, statt auf seinem Besen hinunter zu fliegen. Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit purzelte sie aus dem Rohr und landete im Dreck. Rasch rappelte sie sich auf, damit Draco nicht in sie hinein rutschte, und sah sich um.

Sie stand in einem dunklen, runden Raum, der nur von ein paar Lichtstrahlen aus undefinierbaren Löchern irgendwo über ihr erhellt wurde. In den Wänden waren mehrere runde Löcher, wie das, aus dem sie gekommen war.
 

Ein seltsames Gefühl bemächtigte sich ihrer. Auf der einen Seite fand sie es hier ein wenig unheimlich - in der klammen Kälte und Stille, die nur ab und zu durch einen fallenden Wassertropfen unterbrochen wurde. Doch sie konnte keine Angst empfinden. Alles hier war ihr seltsam vertraut. Sie musste viel öfter hier gewesen sein, als sie sich erinnern konnte.

In ihrem Kopf spukten schwarze Löcher umher, als sie versuchte, sich zu erinnern, was sie so oft hier unten gemacht hatte.
 

In diesem Moment purzelte Draco hinter ihr aus dem Loch. Er rappelte sich auf und blickte entsetzt an sich herunter. Sein einstmals so schwarz schillernder, teurer Umhang war nun von einer dicken Staubschicht bedeckt und grau gefleckt. Draco stieß einen Fluch aus, den Ginny noch nie gehört hatte, und begann zu schimpfen.
 

"Ich werde dir nie wieder trauen, wenn du so etwas sagst wie 'wir landen weich'. Eigentlich hätte ich es mir ja denken können, dass hier unten nichts als Dreck ist. Jetzt schau mich nur mal an! Mein Umhang ist ruiniert!"
 

Er zog eine so komische Grimasse, dass Ginny lachen musste. Mit einem Mal war sie in Hochstimmung.

"Ist das alles, worüber du dir Sorgen machst? Deine Klamotten?"

Draco blickte sie und schnaubte.
 

"Nein, falls du es genau wissen willst: Ich stehe beim Dunklen Lord kurz vor dem Rauswurf, weil mein Vater Mist gebaut hat, besagter Vater hasst mich, meine Mutter ist am Verzweifeln deswegen, hier habe ich auch fast keine Freunde, die, die ich habe, freunden sich mit Halbblütern und anderem Gesindel an, meine Noten gehen in den Keller UND meine Klamotten sind im Eimer!!"
 

Ginnys Grinsen verflog so schnell, wie es gekommen war.

"Halbblüter sind kein Gesindel", fauchte sie.

Draco schnaubte nur und klopfte den Staub von seinem Umhang. Doch damit machte er alles nur noch schlimmer. Der Staub wirbelte um ihn herum durch die Luft und brachte ihn zum Husten. Ginny musste sich ein genervtes Augenrollen verkneifen.

"Um deinen Umhang kannst du dich später immer noch kümmern. Komm mit."
 

Mit diesen Worten packte sie ihren Besen und stapfte auf die nächstbeste Öffnung in der Wand zu. Sie wusste, dass es der richtige Weg war. Draco stolperte fluchend hinter ihr her. Eine Weile lief Ginny schweigend durch die dunkle Röhre. Das Licht wurde immer schwächer, kalte Dunkelheit hüllte sie ein.

Es dauerte nicht lange, da zischte Draco hinter ihr leise: "Lumos", und sein erleuchteter Zauberstab folgte ihr.
 

Sie brauchte jedoch kein Licht. Sie kannte diese Wände so gut wie ihr Zimmer im Fuchsbau, wie ihren Schlafsaal im Gryffindorturm, wie ihr Zimmer in der dunklen Festung. Es war seltsam, da sie keine Erinnerungen mehr an die vielen Male hatte, die sie hier entlanggelaufen war, doch sie hatte irgendwie das Gefühl, nach Hause zu kommen. Was hatte Toms Tagebuch damals nur angestellt? Ob sich der Vergessenszauber, der sich auf sie gelegt hatte, irgendwie brechen ließ?

Es war schon seltsam, nur ihren Instinkten zu folgen. Sie wusste nicht, was sie als nächstes tun würde, doch sie wusste, sie würde das Richtige tun. Es war fast, als würde sie ihr bewusstes Denken abschalten. Es fühlte sich beunruhigend angenehm an. Was hatte Tom damals bloß mit ihr angestellt?
 

Plötzlich keuchte Draco hinter ihr laut auf. Sie blickte auf. Sie standen vor einer kreisrunden Tür, auf der mehrere meterlange, armdicke, schwarze Schlangen ein strahlenförmiges Muster bildeten. Ihre Schwänze liefen im Scharnier der Tür zusammen, die Köpfe ragten alle ein wenig über die Tür hinaus und verbanden die Tür so wirkungsvoll mit der kalten Steinwand.
 

Ginny schluckte und schloss die Augen. "Öffne diccchhh", zischte sie, ohne darüber nachzudenken.

Sie hörte, wie Draco hinter ihr laut die Luft zwischen die Zähne sog, als ein Schlangenkopf nach dem anderen ein Stück zurückruckte und somit die Tür freigab. Als der letzte Schlangenkopf sich bewegt hatte, schwang die schwere Eisentür langsam nach außen auf.
 

Ginny kletterte ohne zögern durch die runde Öffnung und auf der anderen Seite eine kurze Leiter hinunter. Draco jedoch blieb in der Öffnung stehen und ließ den Blick schweifen.

Sicher, so ähnlich hatte er sich die Kammer schon vorgestellt gehabt, doch sie jetzt vor sich zu sehen, war einfach - überwältigend. Er ließ seinen Blick über jede einzelne Schlangenskulptur wandern und betrachtete zum Schloss fast ehrfürchtig die Statue von Salazar Slytherin.
 

Als er Ginny schließlich folgte, dachte er befriedigt, dass Salazar Slytherin wirklich der Größte unter den Hogwartsgründern gewesen war. Mit einem Mal überkam ihn Stolz, Slytherins Wappen auf seinem Umhang tragen zu dürfen. Rasch folgte er Ginny, die mittlerweile die Kammer durchquert hatte und vor der Statue von Slytherin stand.
 

Ginny blickte unbewegt in das starre Gesicht ihres gemeißelten Gegenübers. Einzelne Erinnerungsfetzen blitzten in ihrem Kopf auf. Gezischte Worte... Ein sich öffnender Mund... Eine gewaltige Schlange... das Tagebuch... Der Schemen von Tom Riddle, der sie verächtlich musterte, während sie vor seinen Augen zusammenbrach... Harry...

Sie spürte gar nicht, wie sie in die Knie ging.
 

Zusammengesunken saß sie auf dem Boden der Kammer und versuchte, wieder in die Gegenwart zurückzukehren. Doch der Schmerz hielt sie gefangen. Der Schmerz darüber, dass Tom sie hatte töten wollen und Harry ihr das Leben gerettet hatte.

Tom... Harry... Wahrscheinlich die beiden, die ihr im Leben das Meiste bedeuteten - abgesehen von ihrer Familie.

Eine einsame Träne stahl sich zwischen ihren geschlossenen Augenlidern hindurch. Und Harry war tot und Tom hatte ihn umgebracht...

Sie schluchzte auf. Es tat immer noch weh.
 

^^°°***°°***^^***°°***°°^^
 

Voldemort war gerade mitten im Gespräch mit Severus, als eine Flut an fremden Erinnerungen auf ihn einstürmte. Er wusste sofort, dass mit Ginny etwas nicht in Ordnung war. Das musste er sich ansehen. Er schwankte leicht, holte tief Luft und schloss die Augen.

Severus hatte zu warten, bis er damit fertig war - basta.
 

Er tauchte in Ginnys Erinnerungen ein. Sie waren bruchstückhaft und teilweise sehr verzerrt, doch es reichte ihm. Er erhaschte auch einen Blick auf Ginny, wie sie in der Kammer saß und mit den Tränen kämpfte. Vorsichtig tastete er sich ihre geistige Verbindung entlang. Er musste zu ihr. Er musste sie trösten. Es tat ihm im Herzen weh, sie so verzweifelt und einsam zu sehen.
 

Doch als er ihren Geist gerade berühren wollte, brach die Erinnerungsflut mit einem Mal ab und ein eiserner Vorhang legte sich auf Ginnys Geist. Er wurde regelrecht zurück in seinen eigenen katapultiert. Frustriert schnaubte er.
 

Wenn sie sich von ihm nicht trösten lassen wollte - ihr Problem. Außerdem - sie war Schuld daran, dass Potter bereits tot war. Er war sich sicher, dass er, wenn Ginny nicht gewesen wäre, immer noch auf der Suche nach Potter gewesen wäre. Und sie war es auch gewesen, die ihn verlassen hatte - sie hatte sich gefälligst nicht zu beschweren. Er hatte für sie da sein wollen, doch sie hatte seine ausgestreckte Hand weggeschlagen. Es war nicht sein Problem.
 

Eine nagende Leere in seinem Herz strafte seine Gedanken zwar lügen, aber wieso sollte er auf sein Herz hören, wenn Ginny es ebenfalls nicht tat? Was hatte er davon? Er machte sich verletzlich, während sie sich keine Blöße gab. Es brachte ihm im Moment nur Nachteile.
 

Fest entschlossen, sich nicht weiter von Ginny aus der Ruhe bringen zu lassen, öffnete er die Augen wieder und forderte Severus mit einem Nicken auf, fortzufahren.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Lilly-san
2009-09-07T07:14:52+00:00 07.09.2009 09:14
*grins*
Draco hat echt Probleme^^ Wofür ist er denn Zauberer^^
Mit einem lässigen Zauberspruch ist der Umhang doch im Nu wieder sauber^^

Na ich bin gespannt, wie Ginny auf das Gefühlschaos reagiert und es bewältigt^^
Auch auf Voldemorts Reaktion bin ich schon gespannt

Freu mich schon sehr aufs nächste Kapitel^^
Lg
Von:  SnoopFroggyFrog
2009-09-06T18:59:15+00:00 06.09.2009 20:59
*lach* das sieht Dray mal wieder ähnlich "...UND meine Klamotten sind ruiniert!" XDDDDD
Echt gut^^ aber unser Voldi lässt sich Zeit, Männer sind echt beschränkt, wenn es um Gefühle geht, ne?^.~
Freu mich aufs nächste Kappi^^
Lg


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