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Rette mich vor der Dunkelheit

...oder sie verschlingt mich... (angedeutet: Ryoki)
von

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Rette mich vor der Dunkelheit

Rette mich vor der Dunkelheit
 

-Schwärze. Vollkommene Dunkelheit umfing sie. Da. Gelbes Fell blitzte auf. Sie rannte los, auf das gelbe Leuchten zu. Fast war sie da. Nur noch ein paar Schritte. Das Leuchten nahm Form an, wurde heller. „Renamon.“ Renamon streckte einen Arm nach ihr aus, langsam, sehnsüchtig. „Ich komme, Renamon!“ Sie rannte weiter. ‚Fast da, fast da’, hämmerte es in ihrem Kopf. Doch Renamon blieb immer ein paar Schritte von ihr entfernt. Sie wurde nochmal schneller. Sie erreichte es nicht. Sie fiel hin. Renamon stand vor ihr. „Renamon, bleib bei mir.“ „Ich muss gehen. Ich werde dich nie vergessen, Tamer.“ „Renamon!“ Renamon war fort. Vollkommene Dunkelheit umfing sie.-
 

„Renamon!“ Schweißgebadet wachte Rika auf. Mit klopfendem Herzen erkannte sie den Ort, an dem sie sich befand. „Ein Traum, nur ein Traum“, murmelte sie. Sie war in ihrem Schlafzimmer. Das Sonnenlicht, das durch die Fenster drag, verriet ihr, dass es bereits später Vormittag war – sie hatte also verschlafen. Langsam und lustlos stand die Rothaarige auf. Sie würde heute nicht in die Schule gehen, das war klar. Deshalb ließ sie sich im Bad Zeit und frühstückte ausgiebig, bevor sie das Haus verließ. Nein, zur Schule würde sie nicht gehen, ihr Ziel war ein anderes. Wie von selbst gingen ihre Füße den vertrauten Weg von ihrem Haus, bis zum ‚Haus am See’, wie Rika es nannte. Es war ein winziges Häuschen, das früher mal als Kiosk gedient haben musste, als der See noch ein Badesee war. Rika kam oft zu diesem Häuschen, sie setzte sich auf das Dach und starrte stundenlang den See oder den Himmel an. So konnte sie die Welt um sich herum einfach vergessen, wenn sie ihre Ruhe haben und nachdenken wollte. So wie jetzt. Generell war sie sehr häufig zum Nachdenken hier, seit Renamon weg war. Denn der Traum, den sie auch in dieser Nacht wieder gehabt hatte, plagte sie jedes Mal, wenn sie schlief. Seit drei Monaten hatte es keine alptraumlose Nacht mehr für Rika gegeben. Seit exakt dem Tag, an dem die Tamer sich von ihren Digimon trennen mussten.

Auch wenn es oft nicht so gewirkt hatte, Rikas Bindung zu Renamon war tiefer gewesen als irgendeine der Anderen zu ihren Digimon. Deshalb ging ihr die Trennung sehr nahe, und sie bekam diese Alpträume, wegen denen sie zum Haus am See kam. Einfach nur dasitzen und nichts tun, das war die beste Methode, den verlorenen Schlaf nachzuholen. Auch jetzt starrte Rika regungslos den See an, von dem Anblick wie verzaubert, die Gedanken weit weg in einer anderen Welt. So vergingen die Stunden. Das Mädchen merkte gar nicht, dass mehrere Jugendliche an ihrem Häuschen vorbeikamen, und auch nicht, dass Ryo unter diesen war.

Doch Ryo bemerkte sie. Und er bemerkte auch den schwermütigen Ausdruck, der auf Rikas Gesicht lag, genauso wie die einzelne Träne, die ihre Wange hinabperlte, still und leise, als wäre sie gar nicht da. Leise schwang er sich zu ihr hoch aufs Dach und setzte sich neben sie. Besorgt musterte er ihr Gesicht, als sie ihn immer noch nicht zu bemerken schien. Eine Weile schwieg er, dann fragte er vorsichtig: „Rika?“ Die Rothaarige zuckte zusammen und blickte ihn erschrocken an. Dann fing sie sich wieder und fauchte: „Was willst du denn hier?“

„Du warst heute nicht in der Schule.“

„Na und? Was interessiert´s dich?“

Ryo überging ihre Frage. „Warum hast du geweint?“

„Was? Red keinen Stuss, Sunnyboy, ich hab doch nicht geweint.“ Ryo zog eine Augenbraue hoch und schüttelte mitleidig den Kopf. „Sei doch nicht immer so stur, Rika. Wieso redest du nicht mit mir? Oder mit einem der anderen? Mit Jen? Friss nicht allen Kummer in dich rein.“

Rika schaute ihn wütend an. „Was ich mit meinem Kummer mache, ist ja wohl meine Sache! Lass mich in Ruhe!“

„Nein. Ich lasse dich erst in Ruhe, wenn du mir sagst, was mit dir los ist.“

„Warum interessiert es dich so? Hast du keine eigenen Probleme, um die du dich kümmern kannst, Sunnyboy? Ich will nicht darüber reden, kapiert?“

„Es interessiert mich, weil ich mir Sorgen um dich mache, Rika, und das meine ich ernst. Ich glaube, DU willst sehr wohl darüber reden. Dein Stolz ist es, der es nicht will. Ich verstehe dich besser, als du denkst. Nur manchmal muss man seinen Stolz auch mal vergessen, ansonsten zerfressen einen seine Probleme innerlich. Glaub mir, ich weiß wie das ist. Und ich will nicht, dass dir so etwas passiert, Rika.“

Mit großen Augen starrte Rika den Braunhaarigen an. Er meinte offensichtlich ernst, was er da sagte, und das verblüffte Rika. Noch nie hatte sich jemand um sie, Rika, Sorgen gemacht. Dazu erhielt sie ihre ‚starke’ Fassade zu glaubwürdig aufrecht. Doch Ryo hatte sie wohl von Anfang an durchschaut. Er schien ihr wahres Ich zu kennen, besser als sie selbst es tat. Vielleicht... vielleicht war er gar nicht so, wie sie immer dachte. Vielleicht war er doch ganz nett…

„Ich vermisse Renamon so sehr.“ Die Worte kamen einfach so, ohne ihr Zutun. „Seit drei Monaten – seit Renamon weg ist – habe ich…“

„Hast du…?“, hakte Ryo sanft nach. Er sah, dass es Rika schwer fiel, darüber zu reden.

„Ich… ich habe diese Alpträume. Renamon ist dort… aber ich kann es nicht erreichen… ich renne so schnell ich kann, aber ich erreiche es nicht… ich flehe es an, dass es bleiben soll… aber es verabschiedet sich… und wenn es weg ist, bin ich ganz allein… in der Dunkelheit… Ryo, es soll wiederkommen, ich will nicht allein sein!“ Mit Tränen in den Augen blickte Rika Ryo an. „Ich habe Angst vor der Dunkelheit“, flüsterte sie.

Mitfühlend sah Ryo ihr in die Augen. „Rika…“ Er wusste nicht was er tun sollte. Doch als das Mädchen in Tränen ausbrach, war es um ihn geschehen. Er überwand sich und seine Angst vor ihrer Reaktion und nahm Rika in den Arm. Entgegen seiner Erwartung stieß sie ihn nicht weg – nein, sie klammerte sich an ihn wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring, krallte ihre Finger in seine Brust, ließ ihren Tränen freien Lauf. Ryo streichelte beruhigend über ihren Rücken. „Rika… glaubst du wirklich, du bist allein? Jen ist deine Freundin, sie ist für dich da. Du musst ihr nur eine Chance geben, auf sie zugehen. Genauso Takato. Auch wenn du ihn immer anmeckerst, er mag dich. Er würde dir immer helfen, wenn du Probleme hast. Und… und ich. Ich will dir helfen, Rika, ich wollte dir nie Böses… du müsstest uns nur etwas mehr Vertrauen entgegen bringen, dann würdest du auch erkennen, wie wir zu dir stehen. Wir sind alle für dich da, Rika, immer.“

„Ryo…“ Rika hob den Kopf. „Du hast recht… ich war so blind… ihr wart alle um mich herum, wart immer da… doch ich habe immer nur Renamon gesehen, ich dachte er wäre der einzige Freund, den ich je gehabt hätte und je haben würde… ich war so blind.“ Sie löste sich von ihm und blickte dankbar zu ihm. Dann drehte sie plötzlich den Kopf weg. Ryo lächelte, als er die Röte auf ihren Wangen sah. Jetzt war es ihr wohl doch peinlich.

„Ähm… ich sollte dann wohl auch wieder heimgehen. Meine Mutter kommt bestimmt bald“, stammelte die Lilaäugige und stand auf.

„Ja, du hast recht, ich sollte auch langsam heim“, erwiderte Ryo, immer noch vor sich hin grinsend. Auch er stand auf und sie sprangen vom Dach des Häuschens. Schweigend liefen sie ein kleines Stück zusammen, bis ihre Wege sich trennten.

„Also, wir sehen uns dann wohl morgen. Bis dann.“

„Ja, bis dann… und Ryo?“

„Ja?“

„Danke. Du hast was gut bei mir.“ Mit diesen Worten gab Rika dem Jungen einen schnellen Kuss auf die Wange, dann drehte sie sich um und lief zu ihrem Haus. Zurück ließ sie einen perplexen Ryo, der erst nach einer halben Minute wieder in die Gänge kam und dann grinsend weiterging. Dieser Tag schien ein einziger großer Erfolg zu sein.

Rika fragte sich währenddessen, was bloß in sie gefahren war, dass sie plötzlich Ryo küsste, aber dann gab sie es auf, darüber nachzudenken. Heute würde sich nicht mehr nachdenklich sein, sondern fröhlich. Und am nächsten Tag in der Schule fiel sie Ryo um den Hals, immer wieder „Danke!“ rufend. Denn in dieser Nacht hatte sie zum ersten Mal seit drei Monaten bis zum Weckerklingeln durchgeschlafen. Die Alpträume waren weg.
 

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So, das wars :) Ich hoffe, es hat euch gefallen ;)



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2009-05-01T17:14:08+00:00 01.05.2009 19:14
Ich kann hier mal was Positives sagen, passiert nicht oft :-)
Schöne Story, mit viel Gefühl & endlich mal treffenden Worten!

"(..)Meine Mutter kommt bestimmt bald“, stammelte die Lilaäugige und stand auf" Perfekt! Indirekte Informationen freigeben, so kommt man zum Ziel!

"„Hast du…?“, hakte Ryo sanft nach."
Das ist auch eine sehr bewegende Stelle, denke ich.
Man kann förmlich spüren, wie Ryo hofft eine Antwort zu bekommen..

Wow...mehr fällt mir jez' nicht ein o.o"

;-)
<(*-*)> Weiter so! <(*-*)>

Von:  Alaiya
2009-02-25T17:15:30+00:00 25.02.2009 18:15
Hi, ich hab den OS auch mal gelesen ;)
Also soweit nicht schlecht, allgemein fand ich, dass du Ruki und Ryou gut getroffen hast...
Allerdings frage ich mich, wo man so einen See in Tokyo finden kann, vor allem so, dass das Kind, dass ganz offensichtlich in der Schule sein müsste, da so einfach hinkommt. ^^"
Naja, und ich werde halt auch nicht los, dass Ruki 10 (hier wahrscheinlich 11) und Ryou 14 ist. Jedenfalls im japanischen Canon.

Aber ich finde es gut, dass du die Digimon und so erwähnst ^^


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