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Toras Vergangenheit

von

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Trauer

11. Trauer

Der Weg zurück in den Bunker wollte sie zu Fuß zurücklegen. Tina war unfähig etwas zu denken, obwohl sie aus Schnitten blutete und ihr war kalt war, lief sie weiter. Die Arme um den Bauch geschlungen ging sie durch die Straße. Mit der Zeit wurde ihr übel. Es konnte einfach nicht sein, dass er tot war. Wo lag da der Sinn, dass sie erneut einen geliebten Menschen verlor.

Sie war jetzt bereits mehrere Stunden unterwegs und sah sich um. Hier in der Nähe wohnte André. Sie ging zu seinem Haus und klingelte. Einerseits hoffte sie, dass er zu hause war, andererseits auch nicht. Es öffnete niemand. Sie drehte sich um zum Gehen, in diesem Augenblick fuhr ein schwarzer Mercedes die Auffahrt hoch. Der Fahrer bremste mit einem Quietschen, als er Tina sah. Zog hastig die Handbremse an, stieg aus, ohne die Autotür zu schließen:

„Tina, was ist passiert.“, fragte Dr. Schwarz, der sie nur einmal in einem ähnlichen Zustand gesehen hatte. Das Gesicht blutverschmiert, der Rest der Haut blass, die Augen ebenfalls feuerrot, in einem Schockzustand:

„Nimm den Schlüssel und gehe schon mal rein.“ Wie in Trance tat sie das, während er das Auto parkte:

- Wen dieser Ráion ihr das angetan hat, bringe ich ihn um. -, waren seine Gedanken beim reingehen. Er betrat seine Wohnung durch die offene Tür. Der kurze Flur gab den Blick auf das Wohnzimmer und die Couch frei, auf der Tora nun saß. Sie hatte ihre Jacke nicht ausgezogen. In ihren Haaren war ebenfalls Blut, wie er nun unter dem Licht wahrnahm. André holte seinen erste Hilfe Kasten. Er stellte ihn auf den Tisch, setzte sich neben sie und tränkte eine Kompresse mit ein wenig Jod:

„Das könnte jetzt ein wenig schmerzen. Hältst du das durch?“, fragte er, während er seine linke Hand an ihr Kinn legte und ihr Gesicht in seine Richtung zog.

Der Arzt säuberte ihre Wunden. Tora zuckte nicht einmal, als die brennende Flüssigkeit ihre Verletzungen berührte. Sie sprach während der ganzen Zeit nicht ein Wort.

Schwarz besorgte eine Decke. Als er sie um Fuchs´ Schultern legte, schien sie leicht die Realität, um sie herum wieder wahrzunehmen:

„Danke, Danke André.“, sagte sie und berührte die Pflaster in ihrem Gesicht:

„Willst du mir sagen was geschehen ist?“, fragte er. Etwas verkrampfte sich in ihrem Bauch und Tränen stiegen in ihr hoch:

„Ken... Ken ist tot. TOT!“, rief Tina, fiel an seine Brust und weinte hemmungslos. Er umarmte sie. Sein Gesicht nahm einen eigenartigen Gesichtsausdruck an:

„Ich weiß, er hat dir viel bedeutet.“, der Doktor spürte, wie die Trauer sie schüttelte. Zwei Stunden brauchte sie, um sich einigermaßen beruhigen zu können. Sie saß da, angelehnt an ihrem Freund aus Deutschland, der sie wärmte:

„Möchtest du vielleicht einen Tee?“, fragte er.

„Ja.“, erklang es matt aus ihrem Mund. Sie legte sich aufs Sofa, gleich nachdem er aufgestanden war.

Als er ihr das Getränk reingebrachte, sah er, dass sie eingeschlafen war:

- Ob sie bei mir auch so trauern würde? -, fragte er sich und stellte den Tee leise auf den Tisch.
 

„Nein Ken! Nicht da lang! Pass auf! NEEEIIIN!!!“, wachte sie auf. Im ersten Moment wusste sie nicht wo sie war. Dann sah sie André und es wurde ihr alles wieder bewusst. Sie hätte am liebsten wieder geweint, aber es waren keine Tränen mehr da. Ihre Augen waren trocken. Sie sah auf den Tisch, wo der inzwischen erkaltete Tee stand:

„Wie spät ist es?“, fragte sie heiser.

„Es ist sechzehn Uhr. Du hast fast zehn Stunden geschlafen.“

Sie fühlte sich um Jahre zurückversetzt. Wieder im Krankenhaus, wo sie Doktor Schwarz das erste Mal begegnet war. Es ging ihr keinen Deut besser als damals. Der gleiche Schmerz, die gleiche Hoffnungslosigkeit.

„Tina, wenn du willst, sage ich meine Schicht ab.“, meinte André.

„Das ist nicht nötig, wirklich nicht.“, sie hörte sich für ihn wenig überzeugend an.

Seine Arbeitszeit begann um siebzehn Uhr. Er packte seine Sachen und fuhr los. Auch Tina blieb nur noch kurz. Sie zog ihre Jacke über und verließ die Wohnung. Es war windig mit dem Bus machte sie sich auf den Weg zum Auto.

Als sie eine dreiviertel Stunde später ankam, blieb sie etwa zehn Meter davor stehen. Völlig erstarrt durch ihre Gefühle. Ihr Leben war wieder ein Trümmerhaufen. Sie näherte sich dem Wagen und stieg ein. Sie startete es, in dem Moment setzte Regen ein.

Es war plötzlich alles klar. Sie fuhr in Richtung Küste und dem Leuchtturm. Dort angekommen öffnete sie die Tür. Sofort drückte ihr der Wind den Regen ins Gesicht. Es hielt sie aber nicht ab auszusteigen und an den Turm zu gehen. Sie stellte sich an die windstille Seite und zog das einzige Foto heraus, das sie von Ken besaß. Tina sah auf ihren Löwen, dessen Gesicht mit jeder Umdrehung des Leuchtfeuers aufflackerte:

- Was soll ich bloß mache? -, fragte sie sich. Wieder erleuchtete sein Gesicht: „WAS SOLL ICH TUN?!“, schrie sie in das Getöse des Sturms. Tora ging auf die Klippen zu:

„Wenn du das machst, bist du schwächer als ich dachte!“, hörte sie Kens raue Stimme in ihren Gedanken.

„Ich will und kann nicht schon wieder allein sein.“, weinte sie und fiel auf die Knie.

„Ich hätte mir die ganze Mühe und den Ärger mit dir sparen können.“

Der Wind riss ihr in dem Moment das Foto aus der Hand. Es flatterte hoffnungslos im Lichtstrahl des Leuchtturms, bevor es für immer aus ihrem Leben verschwand.

Sie sah auf die verschwommenen Lichter der Stadt:

„Ich habe dich verstanden Ken. Ich werde meine Schuld dir gegenüber begleichen und am Leben bleiben.“, flüsterte sie.
 

Nach zwei Wochen wurde Ken beerdigt. Das Grab lag neben dem seiner Eltern. Die einzigen Teilnehmer waren sein Bruder Neo und dessen Kollege Fudo Keda.

Der Trauerredner sprach über einen Mann, der nach seinen eigenen Regeln lebte. Der das Reisen liebte und viele Interessen hatte:

- Der lässt Ken besser dastehen, als er war. -, dachte Neo. Er stand noch eine Weile dort und starrte auf den Stein:

- Ich hätte es wissen müssen, Ken. Du verlässt diese Familie wieder. -, dachte er und ging enttäuscht vom Friedhof.

Nachts um zwei Uhr kam jemand mit einer weißen Orchidee auf Ken zu:

„Ich bin es.“, sagte Tora traurig: „Ich habe dir etwas mitgebracht.“, sie legte die Blume auf die Erde: „Ich weiß, du liebst Orchideen, deshalb werde ich dir jeden Abend eine bringen... Du fehlst mir so sehr.“, weinte sie und hielt sich am Stein fest:

„Tina?“, hörte sie plötzlich eine Stimme und drehte sich um. Sie wischte über ihre Augen. Vor ihr stand André mit einer weißen Nelke:

„Was ist das?“, fragte sie.

„Das ist ein Versöhnungsangebot.“, lächelte er schwer. Tora drehte sich wieder zum Grabmal:

„Warum hast du ihm das nicht schon früher gemacht?“

„Jetzt kann er nicht mehr nein sagen.“, scherzte er. Sie lief in seine Arme und begann erneut zu weinen. Er legte die Hände um sie und streichelte ihr übers Haar:

„Es tut mir so leid.“, meinte er und legte seinen Kopf an ihren: „Lass uns nach hause gehen.“, sagte André noch und führte sie vom Friedhof. Mit dem dunklen Mercedes brachte er sie zurück in seine Wohnung.
 

„Ich fasse es nicht, dass ich schon wieder bei dir sitze, wegen eines verlorenen Menschen.“, sagte sie.

„Ja, so langsam könnte ich Praxisgebühr nehmen.“, stellte er ihr einen Kaffee hin. Er setzte sich auf seinen Sessel und sah sie an:

„Was hast du jetzt vor?“, fragte er.

„Ich weiß nicht. Ich denke, ich werde weiterarbeiten.“, meinte Tina.

„Darf ich dich dann jetzt öfter hier begrüßen?“, fragte Schwarz. Sie senkte den Kopf:

„Ich denke schon.“, leicht lächelnd sagte sie: „Weißt du, was ich für ein großes Glück habe dich als meinen Freund zu bezeichnen.“

„Ja.“, meinte er selbstbewusst. Sie lächelte weiter: „Na also, ich habe dir schon einmal gesagt, dass das viel schöner aussieht, als dieses traurige Gesicht.“
 

Stunden später war sie im Bunker und räumte auf. Sie packte einen Großteil von Kens Sachen weg. Sein Schwert legte sie in den dazugehörigen Glaskasten, den Tora extra dafür hatte anfertigen lassen. Er hatte sich jedoch immer geweigert es da reinzulegen.

Sie betrachtete es einen Moment lang und stellte es dann im Trainingsraum auf einen Schrank.

In den folgenden Monaten übernahm sie mehrere Aufträge, um ihre Technik und Erfahrung zu vergrößern und wie versprochen brachte sie ihm jeden Abend eine weiße Orchidee ans Grab. Sie verweilt dort Minuten, manchmal auch Stunden. Sie hielt es in Ordnung und pflanzte je nach Jahreszeit, die entsprechenden Blumen.

An seinem Grab fühlte sie sich ihm nahe und doch schlechter als sonst. Tora hatte ihren Lebenswillen wieder, aber nur weil sie dachte, sie würde Ken etwas schulden. Es war nichts desto trotz ein weiterer Teil in ihr gestorben. Sie war kälter geworden, härter gegen ihre Feinde und auch sich selbst. Sie trainierte alles, oft bis zur absoluten Erschöpfung.



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