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Vergangene Schatten

von

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Ein verhängnisvoller Handel

Zitternd zwang sie sich, Macavity weiter anzusehen.

"Pech für sie!", stieß das Kätzchen hervor, bemüht, ihm nicht das ganze Ausmaß ihrer Angst zu zeigen. Doch der Kater schien sie förmlich zu riechen. Grinsend führte er seine Pfoten mit den überlangen Klauen ganz nah an Etcetera heran, packte schließlich ihr Kinn und zog es mit einem Ruck hoch. Sie stieß durch zusammengebissene Kiefer einen Laut aus, der einem unwilligen Fauchen ähnelte und versuchte sofort, ihren Kopf wegzudrehen. Doch sein Griff war fest wie ein Schraubstock und verhinderte jede Gegenwehr.

"Ohhh!", machte Macavity höhnisch als wäre das Kätzchen nur mit Mühe im Zaum zu halten.

"Ich habe mir ja gedacht, dass du mich nicht so schnell vergessen würdest, aber ich konnte nicht ahnen, wie sehr du mich anscheinend vermisst hast."

Ein bedrohlich anmutendes Grollen drang aus seiner Kehle, doch dabei handelte es sich bei Macavity lediglich um ein Schnurren. Womöglich stellte er sich vor, wie er den Rest der Nacht mit Etcetera verbringen wollte ...

"Was willst du?" Trotzig schlug sie der Unsichtbaren Pfote diese Frage entgegen, gefror jedoch als sich sein Grinsen verbreiterte.

"Wenn ich mich recht erinnere, war ich immer Derjenige von uns beiden, der die Fragen gestellt hat, nicht wahr?" Nahezu sanft streichelte Macavity über ihr Kinn und versetzte Etcetera im nächsten Moment aus heiterem Himmel einen heftigen Schlag ins Gesicht. Das Kätzchen stöhnte auf vor Schmerzen und schmeckte Blut, das sich rasch in ihrem Mundraum ausbreitete. Noch immer hielten seine Kumpane sie fest, auf einen knappen Wink von Macavity hin ließen sie die junge Jellicle sofort los. Der raue, schmutzige Boden empfing sie, hart und kalt.

Trotz allem richtete sich Etcetera augenblicklich auf und sah sich von mindestens einem halben Dutzend grobschlächtiger, zerzauster Straßenkater umringt, die einen undurchdringlichen Kreis um das Kätzchen und Macavity schlossen. An Flucht war nicht zu denken - noch nicht.

"Fangen wir doch einfach an", begann Macavity und seine Oberlippe kräuselte sich.

"Wie geht es dir denn zuzeit so? Spielst du noch mit bunten, flauschigen Wollknäueln oder jagst oberflächlichen, verweichlichten Hauskatern hinterher?"

Ein Gröhlen aus den Reihen der anderen Straßenkater ertönte. Ein hämisches Lächeln gesellte sich zu den vorhandenen Ausdrücken auf Macavitys Gesicht während er seine Augen in die der jungen Katze vor ihm bohrte.

"Natürlich, ich kenne doch deinen Ehrgeiz, etwas Besseres sein zu wollen als dir zusteht", fuhr er fort und erfreute sich an dem Zorn, der in ihren Blick trat.

"Im Gegensatz zu anderen ehemaligen und gegenwärtigen Straßenkatzen weiß ich wenigstens etwas Sinnvolles mit meiner Zeit anzufangen!", entgegenete Etcetera und fauchte wütend.

"Meine Freunde müssen sich nie darüber beschweren, dass ihnen plötzlich unverhergesehen und auf rätselhafte Weise etwas Wertvolles abhanden gekommen ist!"

"Deine Freunde!" Laut lachte der Straßenkater und wandte sich gehässig an Etcetera. "Glaubst du wirklich, dass du nach allem, was du getan hast, noch wahre Freunde haben kannst?" Macavitys Tonfall veränderte sich, doch das gehässige Lächeln blieb.

"Ich erinnere mich nur an die niedlichen, kleinen, hilflosen Bastarde, die du an die Köter ausgeliefert hast. Oder- ", und jetzt wanderte sein Blick über die schäbige Gassenmauer, " -die zahllosen Fensterscheiben, die du mit deinen Krallen zerstört hast. Oh, und natürlich nicht zu vergessen, die unzähligen Male, die du in fremde Häuser eingestiegen bist um wertvollen Schmuck zu stehlen!" Die Unsichtbare Pfote legte fast vorwurfsvoll den Kopf schräg und seine Augen glühten.

"Aber selbstverständlich weiß der gute alte Munkustrap nichts davon, was für eine hinterlistige, durchtriebene kleine Göre er sich da aus der Gosse in sein Haus geholt hat." Nun trat Macavity ihr allmählich näher, bis Etcetera sogar die feine Narbe erkennen konnte, die das gesamte rechte Ohr des Katzenschurken durchzog. Vermutlich von einer jungen Streunerin, die daraufhin ihr Leben lassen musste ... die junge Katze dachte nicht weiter darüber nach. Das war nun völlig unwichtig!

Denn als Macavity weitersprach, gefror ihr das Blut in den Adern: "Denn ich gehe mal sehr stark davon aus, dass du achso dankbar dafür warst, eine neue Familie- ", er betonte das Wort besonders, " -gefunden zu haben, dass du völlig vergessen hast, ihnen davon zu erzählen!"

Lauernd wartete der Anführer der Scare Strays die Reaktion der jungen Jellicle ab, die nun versuchte, nach hinten auszuweichen, bis sie mit dem Rücken gegen mehrere Komplizen stieß. Lachend schubsten diese das Kätzchen in den Kreis zurück während Macavity verstehend die Augenbrauen hochzog.

"Habe ich nicht recht, Tizi?"

Nun gab es keinen Ausweg mehr; Etcetera war hoffnungslos in einem Dilemma gefangen. Verzweifelt überschlug sie im Kopf ihre Möglichkeiten.

Natürlich hatte Macavity recht. Aus Angst, sie würde wieder verjagt und verstoßen werden, hatte weder Munkustrap noch sonst jemand von ihrer Zeit bei den Scare Strays erfahren, niemandem hatte Etcetera sich anvertraut. Dass die anderen Jellicles dem Kätzchen mit Verständnis begegnet wären, war ihr dabei nie in den Sinn gekommen und Etcetera hatte auch keinerlei Erwartungen daran gestellt; sie alle wussten, wozu die Bande und vor allem ihr Anführer fähig war.

Macavity ließ sich nicht anmerken, dass das Kätzchen ihm allein mit ihrem Schweigen ein gefundenes Fressen geliefert hatte, endlich an die Nachkommenschaft der Jellicles und, noch wichtiger, an sie, heranzukommen.

"Wie auch immer ... ", setzte die Unsichtbare Pfote noch hinzu und bleckte die Zähne, " ... eigentlich ist es egal, ob du vorhattest, noch irgendjemandem davon zu berichten." Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und er fuhr blitzschnell die scharfen Krallen ein und sofort wieder aus. Etcetera war wie gelähmt und starrte den hünenhaften Straßenkater aus vor Grauen weit aufgerissenen Augen an.

"Was- ...? Ich ... ich werde niemandem davon erzählen- !", brach es trotzig und verzweifelt aus ihr heraus. Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme zitterte während ihre haselnussbraunen Augen wie hypnotisiert an seinen langen Krallen klebten. Doch dann nahm die junge Katze ihren ganzen, noch vorhandenen Mut zusammen.

"Töte mich, dann werden sie es nie erfahren müssen!"

Ob ihr Gegenüber von ihrer Courage überrascht war, würde für Etcetera auf immer ein Rätsel bleiben, denn Macavitys Miene war unergründlich als er antwortete.

"Das wäre überaus schade. Ich wünsche nämlich, dass du deinen kleinen Freundinnen noch etwas erzählst, oder- ", und jetzt zeigte sich wieder ein breites Grinsen in seinem vernarbten Gesicht, " -sagen wir eher, das du mit ihnen einen kleinen Spaziergang machst." Die scharlachroten Augen flackerten vor Begierde und das Kätzchen begriff entsetzt sofort den Hintergrund seiner "Bitte".

"NIEMALS!", schrie sie so laut, dass es von den Gassenmauern rundherum wiederhallte und in ihren Augen funkelte es vor Zorn. Macavity hatte fragend und erstaunt den Kopf schräg gelegt.

"Nein?" Die rotglühenden Augen wurden größer, doch diesmal lächelte oder grinste er nicht.

"Ich verlange doch nichts Unmögliches, nicht wahr?"

Etcetera zitterte am ganzen Körper ohne etwas dagegen tun zu können: "Niemals", wiederholte sie noch einmal leise und knurrte kaum hörbar.

Der Straßenkater musterte sie einige Sekunden lang ausdruckslos, bevor er fortfuhr.

"Dann bist du also tatsächlich so schwach." Resigniert hob Macavity seine linke Pranke und mehrere, kräftige Pfoten packten Etcetera abermals und wie schon vorhin versuchte sie sich sofort verbissen loszureißen - ohne Erfolg. Macavity hingegen sah nun hinauf zum dunklen Himmel, an dem vor lauter Wolken nicht ein Stern zu erkennen war. Einer seiner Handlanger riss an Etceteras Ohren ihren Kopf so stark nach oben, dass sie glaubte, er würde sie der jungen Katze abreißen.

"Die Sterne sind die guten Freunde aller Straßenkatzen. Sie wissen alles und verraten manche Dinge, die uns von größtem Nutzen sein können. In diesem Fall- ", und jetzt wandte er sich wieder der jungen Jellicle zu, " -lassen sie uns auch ganz andere Dinge wissen ... " Der Straßenkater lächelte boshaft.

"Neulich zum Beispiel haben sie mir mehr über Munkustrap und dein zu Hause erzählt - dort, wo, wenn ich auf dem neusten Stand der Dinge bin, auch diese kleine Rotznase inzwischen wohnt, die du immer so rührend behütest." Die roten Augen sprühten beinahe Hohnfunken.

"Kindliche Naivität ist so leicht auszuspielen, von kindlicher Neugier ganz zu schweigen. Was glaubst du würde sie davon halten, mich mal zu besuchen? Würde sich die Kleine freuen, mich zu sehen?"

Etcetera hatte während seiner Rede mehrmals heftig den Kopf geschüttelt und unterdrückte ihre Tränen: "Du bluffst!", stieß sie hervor und riss ihren Kopf so stark hin und her, dass sie sich aus dem Griff des Katers, der ihre Ohren festgehalten hatte, befreite und Macavity voller Wut anstarrte. Dieser zog die Augenbrauen hoch, gab aber ansonsten den Anschein als hätte er die junge Katze nicht gehört.

"Die Sterne lügen nie, Tizi, dass müsstest du aber selbst wissen. Sie belügen mich genauso wenig, wie die kleine Electra es tun wird, wenn ich sie nach den Häusern von euch anderen fragen werde. Du hast doch gelernt, wie überzeugend ich sein kann, wenn ich etwas wissen will!"

Obwohl seine Komplizen sie auf Kommando losließen, blieb Etcetera wie versteinert stehen. Das konnte er nicht machen ... Er blufft!, schoss es ihr durch den Kopf. Doch woher wollte sie das genau wissen? Die Unsichtbare Pfote hatte schon vorher die Fähigkeit zu Dingen bewiesen, von denen alle geglaubt hatten, dass sie unmöglich waren. Und die junge Jellicle zögerte keine Sekunde daran, die Wahrheit zu erkennen; bei der nächsten Gelegenheit würde Macavity ihr Schwesterchen entweder entführen oder fortlocken um aus ihr herauszuquetschen, was er wissen wollte - und Electra würde ihm nicht standhalten, völlig gleich, ob der Katzenschurke sie danach laufen ließ oder einfach umbrachte. Allein der Gedanke daran raubte Etcetera fast den Verstand.

"Ich- bitte ... egal, was mit mir passiert ... haltet Electra da raus, ich- ich werde machen, was du willst, wenn du sie nur in Ruhe lässt!" Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus, ohne, dass die junge Katze in der Lage war, über sie nachzudenken und ein Beben durchfuhr ihren Körper. Da sie den Mund anschließend fest geschlossen hatte, drang kein Laut über ihre Lippen, doch Etcetera spürte, wie ihr das Wasser in die Augen stieg.

Sie würde alles tun, was er wollte. Sie würde all ihre Freundinnen verraten. Sie würde sogar Munkustrap verraten. Alles, um sicherzugehen, dass ihrer Zieh-Schwester nichts zustieß. Macavity unterdrückte ein Lachen und ließ sich ihren letzten Satz genüsslich auf der Zunge zergehen; das hatte er alles schon einmal gehört.

"Ich versichere dir, der Kleinen wird nichts, aber auch gar nichts geschehen - wenn du alle deine Freundinnen und Freunde in der übernächsten Nacht zu einem kleinen Spaziergang durch diese Gassen überreden kannst. Das schaffst du doch, Tizi, da bin ich sicher. Oh - und sieh zu, dass Munkustrap und alle anderen auf Distanz bleiben. Sonst kann ich für nichts mehr garantieren!"

Und noch bevor die junge Jellicle etwas sagen oder tun konnte, gab der Anführer der Scare Strays seiner Gang einen Wink und die Streuner verschwanden im weit verzeigten Gassennetz der Stadt. Wie verloren blieb Etcetera stehen, unfassbar und verzweifelt darüber, wie einfach es für die Unsichtbare Pfote gewesen war, sie derart auszunutzen, sie dazu zu bringen, etwas dermaßen Furchtbares zu tun. Doch auf der anderen Seite - was hätte sie tun sollen?

Die junge Katze schluchzte und sank auf die Knie; ihr Blick verschwamm unter den vielen Tränen, so dass sie einige Augenblicke gar nichts mehr sah. Die sonst so lebhafte und fröhliche Etcetera weinte bitterlich. Sie konnte doch niemandem mehr in die Augen sehen. Einen Moment lang erwog das Kätzchen tatsächlich, noch in dieser Nacht die Stadt zu verlassen und sowohl die Scare Strays als auch die Jellicles, die ohne sie sicher besser dran waren, für immer hinter sich zu lassen. Doch gleich in der nächsten Sekunde sah Etcetera die lachenden und glücklichen Gesichter von Electra, Sillabub, Victoria, Pouncival und allen anderen vor sich und wusste, dass sie sich nirgendwo sonst mehr auf der Welt wohl oder auch nur zu Hause fühlen würde.

Irgendwann erhob sich Etcetera und schleppte sich noch immer weinend nach Hause. Kurz bevor sie die Straße erreichte, in der sich ihr zu Hause befand, rieb sich die junge Katze heftig über die tränennassen Augen, die inzwischen ziemlich schmerzten; bestimmt waren sie völlig gerötet und geschwollen. Als sie sich der Haustür näherte, betete sie inständig, nicht Munkustrap über den Weg laufen und dem besorgten Tom über ihr verweintes Gesicht Rede und Antwort stehen zu müssen. Schnell ließ sich die junge Jellicle eine Lüge einfallen und schob leise die Katzenklappe in der Tür nach innen auf.

Electra lag mit Sicherheit schon in ihrem Korb und schlief sorglos und selig. Etcetera schluckte schwer und spürte einen gewaltigen Kloß in ihrem Hals während sie den Flur durchquerte und in ein großes Zimmer schlich. Im Türrahmen blieb die junge Katze wie angewurzelt stehen als sie sah, dass hinter der letzten, angelehnten Tür noch Licht brannte.

Mist! Munkustrap war also noch wach und hatte sie vermutlich auch schon bemerkt. Etcetera mochte den Tabby-Kater nicht anlügen, doch noch viel weniger mochte sie ihrem Mentor von der Begegnung mit Macavity und ihrem Versprechen erzählen ...

Gerade während die junge Katze darüber nachdachte, öffnete sich die angelehnte Tür mit dem Licht noch einen Spalt breiter und Munkustrap erschien mit einem eigentümlichen Ausdruck im Gesicht.

"Ach, kommst du auch schon, Etcetera?", fragte er etwas schroff mit hochgezogenen Augenbrauen und wandte seine Ohren zu der Standuhr hinter ihm, zum Zeichen, dass er auf das Kätzchen gewartet hatte. Sein Gegenüber ließ schuldbewusst die Ohren leicht sinken und entlockte dem graugetigertem Tom eine äusserst überraschte Miene. "Alles in Ordnung?", fügte Munkustrap noch stirnrunzelnd hinzu und ging einige Schritte auf die junge Jellicle zu.

Na toll: Jetzt war alles zu spät! Etcetera senkte leicht den Kopf um ihm nicht auf Anhieb ihre roten Augen zu zeigen, die sicherlich schon fast so glühen mussten wie die von Macavity, doch Munkustrap war stutzig geworden und starrte sie entsetzt an.

"Was ist denn mit deiner Lippe passiert?" Noch bevor sie sich wehren konnte, hielt der Kater mit beiden Pfoten rechts und links ihr Gesicht fest und fuhr mit dem Daumen vorsichtig über ihre aufgesprungene Lippe. Richtig! Das hatte sie ja total vergessen -

"Ich bin - hingefallen!"

Das war die Schwindelei, die Etcetera sich zurecht gelegt hatte und im Grunde war das gar nicht mal so abwegig. Doch die hellgrünen Augen des Toms schienen keineswegs überzeugt und bohrten sich beinahe in ihre Verweinten hinein, so als wollten sie aus ihnen die Wahrheit lesen. Wenigstens sah es so aus als würde Munkustrap diese über die verwundete Unterlippe der Tabby-Jellicle nicht bemerken. Die junge Katze schluckte abermals leise, gab sich aber ansonsten Mühe, sich nichts anmerken zu lassen: "Es ist nichts schlimmes, ehrlich, das tut nicht mal weh. Ich hatte das schon fast vergessen- "

"Bist du sicher, das du nicht mit irgendeinem Straßenkater zusammengestoßen bist?", fragte Munkustrap mit schräg gelegtem Kopf, allerdings ohne jeden Hintergedanken; hätte er tatsächlich erfahren, wen das Kätzchen wo getroffen hatte, jetzt, wo die Gassen in dieser Gegend ein absolutes Tabu waren, hätte die junge Jellicle neben ihrer aufgeschlagenen Unterlippe noch mindestens eine Ohrfeige riskiert. Etcetera zögerte und antwortete nicht sofort.

"Ich- ich hab noch einiges an Fruchtmilch getrunken, bevor ich nach Hause gegangen bin", log die junge Jellicle und zwang sich, ihm weiter in die Augen zu schauen um sich nicht zu verraten, "und hab auf dem Rückweg durch Tuggers Vorgarten die kleine Treppe versäumt." Das Kätzchen staunte selbst darüber, dass sie dem graugetigerten Tabby, nach allem, was ihr heute Nacht widerfahren war, noch derart abgebrüht dieses Märchen auf die Nase binden konnte.

Das schien den Kater zumindest fürs Erste zu überzeugen. Missbilligend verdrehte Munkustrap die grünen Augen und nahm sich für seinen Schützling vor, dass Etcetera in der nächsten Zeit so schnell keine Party mehr besuchen würde.

"Schön. Ich hole jetzt die Kräutersalbe und danach verschwindest du leise und möglichst ohne Electra zu wecken, in deinen Korb." Und ohne einen weiteren Blick oder ein weiteres Wort ging der gestreifte Tom in Richtung Badezimmer und kehrte mit einer einigermaßen großen, runden Dose zurück. Etcetera verzog das Gesicht; das Zeug schmeckte genauso unangenehm wie es roch als Munkustrap den Deckel abschraubte. Vorsichtig steckte die junge Katze ihre Pfote in die übel, scharf riechende Paste und verteilte einige Ballenspitzen behutsam auf der Wunde. Gleich darauf kniff sie die Augen zusammen, weil die Salbe schmerzhaft brannte wie Feuer.

"Gute Nacht", würgte Etcetera in Richtung des graugetigerten Katers hervor und schlich auf leisesten Samtpfoten in ihr und Electras Schlafzimmer. Die kleine Erhebung unter der bunten Wolldecke in Electras Korb hob und senkte sich sanft und regelmäßig, das Kätzchen befand sich offenbar in der schönsten und tiefsten Traumwelt. Schnell kletterte Etcetera in ihren eigenen Korb und kroch unter die weiche, mit kleinen Troddeln am Rand verziehrte Decke. Doch an Schlaf war nicht zu denken. Die junge Jellicle drückte ihr Gesicht tief in ihre Kissen hinein, während vor ihrem geistigen Auge immer wieder die Gestalt aus ihrem Alptraum wiederkehrte. Doch niemand in diesem Haus, noch nicht einmal Munkustraps gute Ohren, hörte auch nur das kleinste Geräusch, die Nacht blieb undurchdringlich und dunkel als Etcetera still für sich um ihre Freunde und die Zukunft der Jellicle-Katzen weinte.



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