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Mein Tischnachbar ist ein Idiot!

von

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„Kevin?“

„Hm?“

„Wir sind schon dumm.“

„Kann man so sagen.“

„Und bestechlich.“

„Ja, irgendwie schon. Aber wenn mir Tanja drei Tüten Kirschbonbons verspricht, kann ich nicht nein sagen.“

„Und mir fünf Tafeln Vollmilchschokolade.“

„Jungs, was jammert ihr hier rum?“ Vera betrat das Wohnzimmer, in dem ihre zwei Brüder auf dem Sofa saßen und gezwungenermaßen darauf warteten, dass Tanja sie zur Party abholte. „Ist doch gut, dass ihr am Wochenende mal rauskommt.“

„Naja, wie man es nimmt.“ Johannes zupfte unzufrieden an seinem T-Shirt herum. Dass Tanja ihn mit ein paar Süßigkeiten ködern konnte, fand er fast schon peinlich. Allerdings kannte sie ihn lang genug, um zu wissen, wie man ihn am besten bestechen konnte.

Als es an der Tür klingelte, schlurften Johannes und Kevin in den Flur und wurden von einer vor Aufregung ganz hibbeligen Tanja begrüßt, die sie hinter sich durch die Straßen schleifte, um auf jeden Fall pünktlich anzukommen.

Zehn Minuten später standen sie vor der Stadthalle, in der die Party stattfinden sollte, und Tanja zerrte die beiden herein, da sie keine Anstalten machten, von selbst das Gebäude zu betreten. Typisch Jungs, man musste sie zu ihrem Glück zwingen.

Schon von Weitem gefiel Johannes die Musik nicht und je näher sie liefen desto nerviger fand er sie; ungefähr so schön wie Tobis Lieblingsmusik auf doppelter Laustärke.

„Ich will nach Hause, von dem Lärm bekommt man Kopfschmerzen“, beklagte sich Kevin, nachdem sie eingetreten waren, und Johannes stimmte ihm gleich zu, was ihm nur einen genervten Seufzer von Tanja einbrachte. Sie war wirklich Schlimmeres gewöhnt.

„Mann, pass doch auf!“

Vor lauter Beschweren hatte Johannes nicht mehr auf seine Umgebung geachtet und war direkt in ein Mädchen hineingelaufen, das sich nun den Arm rieb und ihn böse ansah. „Oder brauchst du eine neue Brille?“

„Tut mir Leid.“ Sehr nettes Mädchen, hoffentlich benahm sie sich nicht immer so freundlich zu fremden Menschen. Aber wieso kam sie ihm so bekannt vor?

„Was glotzt du mich so idiotisch an? Sind wir im Museum oder was?“, fauchte sie verärgert und wollte sich an ihm vorbeidrängen, doch Johannes hielt sie bestimmt an der Schulter fest. Zwar trug das Mädchen ein rotes Kleid – toll kombiniert mit einer ziemlich gefetzten Jeans und Turnschuhen –, war interessant im Gesicht mit allen möglichen Farben angepinselt und hatte zwei fast schon niedliche Zöpfe, aber das hatte theoretisch nichts zu bedeuten.

„Tobi?“

„Das hast du aber früh gemerkt!“

„Wie siehst du denn aus?“ Entsetzt wische Johannes seinem Klassenkameraden einmal quer über die Wange und hatte nun eine Schicht weiß der Geier am Finger hängen. Tanja und Kevin standen einfach daneben und fühlten sich richtig verarscht. Hatte Tobi seine Vorliebe für Frauenklamotten entdeckt? Oder war Fasching ausgebrochen und keiner wusste es?

„Ich hab eine Wette gegen Florian und Henning verloren, glaub nicht, dass ich extra für dich so herumlaufe. Gefällts dir wenigstens?“

„Es gibt Dinge, die müssen nicht sein“, meinte Johannes knapp und beobachtete Tobi bei dem vergeblichen Versuch, einen verdrehten Träger des Kleides zu richten. Um als richtiges Mädchen durchzugehen musste dieser noch lange üben.

„Seit wann hast du eigentlich kein Hausarrest mehr?“ Anscheinend hatten Tobis Eltern entschieden, ihren Sohn wieder auf die unschuldige Menschheit loszulassen, ohne Rücksicht auf Verluste, Sachbeschädigung eingerechnet.

„Seit heute. Ich hab sie überredet, mich nach einem Vierteljahr endlich nicht mehr zuhause einzusperren wie einen Schwerverbrecher. Das hält kein normaler Mensch aus.“ Dann musste er sich unter diesen Umständen ziemlich wohl fühlen. Ohne weiteres Interesse an einem Gespräch wuselte er an Johannes vorbei und verschwand nach draußen.

„Der hat echt einen kleinen Dachschaden und mit so jemandem hängst du regelmäßig rum.“ Erschüttert schüttelte Kevin den Kopf, musste aber gleichzeitig grinsen. Tanja verweigerte jegliche Aussage zu Tobis neuem Aussehen und schwieg.

Zusammen betraten die drei den Hauptraum des 'Events des Monats‘ und brauchten erstmal einen Moment, um sich an den Lärm und an die vielen Leute zu gewöhnen, die entweder herumstanden oder-saßen und sich dabei schön volllaufen ließen. Sehr zivilisiert.

Tanja schob Kevin und Johannes zu einem kleinen Tisch mit Stühlen, versprach ihnen etwas zu Trinken zu holen und kam keine zwei Minuten später mit drei Bechern lasch schmeckender Cola zurück. „Weil ich keinen Bock habe, dass einer von euch sich vor meiner Nase betrinkt und Blödsinn macht.“ So lautete zumindest ihre Begründung für die Getränkwahl.

Und selbst wenn sie das getan hätten, wären sie kein Stück aufgefallen, da das hier anscheinend die meist praktizierteste Tätigkeit war. Kein Platz für Vorbilder.
 

Nach zwei Stunden fühlte sich Johannes wie der letzte Depp. Sein Bruder und seine beste Freundin hatten sich ohne von ihm zu verabschieden aus dem Staub gemacht – deshalb saß er nun allein hier – und außerdem hatte er schon seit einer Viertelstunde direkten Blick auf zwei Personen, die einfach nicht die Finger voneinander lassen konnten, obwohl sie definitiv nicht sie einzigen Menschen in diesem Raum waren.

Hätte Johannes die beiden nicht gekannt, wäre ihm die Sache fast schon egal gewesen, aber einen der beiden kannte er – der mit dem roten Kleid, der auf dem Schoß des anderen Typen saß und ihn beinahe versuchte mit sehr unschön aussehenden Zungenküssen zu ersticken.

Also hatte Tobi sich nach langem Entzug wieder einen Jungen geangelt. Entweder war dieser zu blöd oder besoffen, um zu merken, dass er jemandem desselben Geschlechts an die Wäsche wollte oder er fand genau das besonders geil. Welche dieser Auswahlmöglichkeiten zutraf, wusste Johannes nicht genau – dem Typen traute er alles zu –, aber immerhin wusste er, dass die Knutscherei der beiden ihm ziemlich auf dem Keks ging. Konnten die sich nicht zuhause oder sonstwo befummeln? Es nervte ihn nämlich sehr, seinen 'Lieblingsklassenkameraden' bei solchen eindeutigen Aktivitäten zusehen zu müssen. Natürlich hätte er sich auch einen anderen Platz suchen können, aber er wollte sich nicht von Tobi quasi wegekeln lassen, da schaute er ihnen lieber beim Fummeln zu.

Während Johannes die zwei weiter mit bösen Blicken bewarf, dabei seine fünfte Cola schlürfte und mit seinen frisch geschnittenen Fingernägeln versuchte, den Tisch zu zerkratzen, hielten sich Tobi und sein neuer Fan kein bisschen zurück, im Gegenteil; dieser begann schamlos dem Pseudomädchen das Kleid von den Schultern zu streifen und bei ihm den gesamten Schlüsselbeinbereich mit der Zunge zu erkunden. Und Tobi schien es zu gefallen.

Langsam aber sicher bekam Johannes das große Kotzen, was allerdings nicht an seinem ungesunden Getränkekonsum lag, auch nicht an den zwei heftig beschäftigen Jungs, sondern einfach daran, dass Tobi wieder in sein altes Schema verfiel und alles anmachte, was nicht jünger als 13 war oder immerhin so aussah. Jedenfalls redete er sich das ein. Konnte Herr Schlägerkind das nicht ein einziges Mal lassen?

„Ist hier noch frei?“ Ein leicht angetrunkener Typ, den Johannes noch nie gesehen hatte, war bei ihm aufgetaucht und belagerte ohne auf eine Antwort zu warten den Stuhl neben Johannes, der genervt den Rest seine Glas leerte und das tolle Spiel ‚Tobi beobachten' fortsetzte. Was passierte eigentlich noch alles Bescheuerte heute Abend? Eine Steigerung von 'absoluter Reinfall' gab es hoffentlich nicht, sonst wäre das die erste und letzte Party für die folgenden 20 Jahre gewesen.

„Was guckst du so komisch zu denen da rüber?“, nuschelte der unverschämte Junge und legte den Kopf schief. „Ist das Mädchen deine Exfreundin oder was?“

Der Typ konnte von Glück sprechen, dass man ihn wegen der lauten Musik kaum zwei Schritte entfernt hörte, denn sonst hätte er von Tobi persönlich eine reingeschlagen bekommen. Ihn als Mädchen zu bezeichnen und noch mit Johannes zu verkuppeln musste tödlich enden, da half auch keine Ahnungslosigkeit bzw. Dummheit als Ausrede dafür.

„Nein, ganz sicher nicht.“ Nur über seine Leiche. Oder über Tobis.

„Sieht aber so aus.“ Manchmal sollten jüngere Kinder einfach die Klappe halten, empfand Johannes, vor allem wenn sie keine Ahnung von Allem und Jedem hatten, wie Mr. No name, der müde gähnte – wie wäre es mit nach Hause und ins Bett gehen? – und seinen Kopf an Johannes Schulter drückte, als wäre dieser das Kopfkissen vom Dient. Hielt der sich nun für die ultimative Katze oder was ging in seinem Hirn vor?

„Du bist schön weich“, murmelte Herr Unbekannt zufrieden, doch leider sah Johannes das nicht unbedingt als gelungenes Kompliment, schon gar nicht von einem nicht mehr sehr zurechnungsfähigen Jungen um die 15. Außerdem fingerte der andere Kerl – gab es hier keine Frauen oder was? – noch ausgiebig an Tobis halbnacktem Oberköper herum, bemerkte endlich die ihm geltenden Killerblicke und machte die Beute auf seinem Schoß darauf aufmerksam. Na super.

Der Abend war eindeutig am Arsch, den konnte kein Wunder mehr retten, denn an Johannes‘ Seite klebte weiterhin der Junge und von Zeit zu Zeit löste sich Tobi von seinem besitzergreifenden Fan, um Johannes und seinem selbsternannten Begleiter schiefe Blicke zuzuwerfen. Noch länger ließ er sich das nicht bieten.

Eine halbe Stunde später fasste er seinen Entschluss: Die konnte ihn alle mal, er würde jetzt gehen, auch ohne Tanja und Kevin, die sich nicht mehr bei ihm gemeldet hatten. Dafür würden sie sowieso noch Ärger mit ihm bekommen. Wenn er sie fand.

Johannes schob den dösenden Jungen von sich weg, betrachtete ein letztes Mal kopfschüttelnd seinen tollen privaten Nachhilfelehrer beim Knutschen und verließ den Saal. Endlich frische Luft, normale Lautstärke und keine aufdringlichen Leute – bis auf ein kicherndes Mädchen, das ihm die Hälfte des Heimwegs hinterher schlich und ihm mehrmals „Du bist mein Traummann, bleib stehen und heirate mich“ nachrief. Noch belästigender ging es kaum, hatten die alle keine Hobbies?

Nach einigen Umwegen erreichte er sein vertrautes Häuschen, angelte den Schlüssel aus der Hosentasche und hoffte, dass seine Eltern schon sachliefen und ihm keine unnötigen Fragen wegen seines abwesenden Bruders stellten.

Sein Wunsch wurde erhört – zu allerersten Mal heute –, nirgends brannte Licht, obwohl es gerade mal kurz vor zwölf war. Mysteriös.

Johannes schlurfte in die Küche, schenkte sich ein Glas Wasser gegen den ätzenden Colageschmack im Mund ein und setzte sich ins Wohnzimmer auf die Couch. Vielleicht war Kevin längst heim gegangen und deshalb nicht mehr bei ihm aufgetaucht. Zwar säße er dann eigentlich hier und ginge seiner Lieblingsbeschäftigung nach, aber möglicherweise hatte ihm der Partybesuch sogar die Lust auf Fernsheen verdorben. Wäre nachvollziehbar, wenn ihm genauso dramatische Geschehnisse verfolgt hätten.

Trotz des enormen Colaverbrauchs wurde Johannes schnell müde, rollte sich auf seinem Sitzplatz zusammen und nickte schließlich ein. Nur leider träumte er äußerst unerfreuliche Dinge von Tobi im Kleid, der es mit dem Typ von vorhin in irgendeinem abgelegenen Park trieb. Grausam, sein schlimmster Alptraum seit Langem.

Zum Glück weckten ihn gegen drei Uhr nachts nicht sehr leise Schritte draußen auf dem Flur; anscheinend war seine schöne Theorie für den Verbleib seines Bruders falsch gewesen.

„Kevin, bist du das?“

„Ja, wer denn sonst?“ Es hätte auch das Christkind sein können.

„Wo warst du die ganze Zeit?“ Sein Bruder hatte freiwillig die Flimmerkiste für diese vielverspechende Veranstaltung vernachlässigt, da stimmt etwas nicht. Apokalypse! Oder so ähnlich.

„Auf der Party, was soll ich um die Uhrzeit anderes machen?“ Naja, man wusste heutzutage nie, auf was für schlaue Ideen die Jugend kam.

„Und wieso bist du einfach weg gegangen?“ Schon mal was von Aufsichtsplicht für jüngere Geschwister gehört? Eher nicht, darum kümmerte sich meistens Vera.

„Weil halt, du bist kein kleines Kind mehr, das nicht auf sich selbst aufpassen kann.“ Kevin schien leicht gereizt zu sein, was nur an der entspannenden Atmosphäre gewisser Orte liegen konnte.

„Aber Tanja hast du mitgenommen oder was?“ Immerhin waren die zwei zur gleichen Zeit abgehauen.

„Mann, mach mal nicht so ein Theater, du hättest uns suchen können.“ Es entstand eine kürzere Pause. „Ich geh schlafen, solltest du auch tun. Bis morgen.“

Ja klar, und sich von der eigenen Fantasie Tobi und seinen neuen Freund beim Sex zeigen lassen. Darauf stand er auch total.

Leise grummelnd verzog sich Johannes in sein Bett und schlief tatsächlich wieder ein, wurde aber nicht von pornographischen Inhalten belästigt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Laniechan
2009-04-01T19:32:55+00:00 01.04.2009 21:32
Ich hab grad gemerkt, dass ich das Kapi noch gar nicht gelesen hatte *drop* keine ahnung warum nicht, ist bestimmt bei meinen nachrichten untergegangen und ich hab es vergessen.

auf jeden fall is das kapi spitze! tobi i mädchenkliedern is ja schon witzig aber die geilste beschreibung ist wohl: "hält der sich für die ultimative katze" ^^

dann werd ich gleich mal das nächste kapi lesen und sofort kommentieren, sonst vergess ich es wieder.
Von: abgemeldet
2009-03-28T12:59:40+00:00 28.03.2009 13:59
tobi in einem kleid, wie geil xD
und der arme jo bekommt so schlimme albträume und wird belästigt. armer kerl.
ob tobi ihn wohl auf seine "gafferei" anspricht?
tanjas erpressungsmittel waren echt fieß, wie soll man da nein sagen können?^^
war ein super kapitel, hoffentlich geht es bald weiter!^^

LG Phoenix

Von:  nama-kuriimu
2009-03-26T18:59:40+00:00 26.03.2009 19:59
hehe
johannes ist eifersüchtig
hehe
^^
find ich toll!
und vor allem lustig!
bin schon gespannt wie ein flitzebogen wie es dann weitergeht

mach weiter so!
schöne grüße!
Von: abgemeldet
2009-03-26T12:56:11+00:00 26.03.2009 13:56
oha johannes merkt ja gar nich mal dass er eifersüchtig is..o,o
un tobi im kleid....zu herrlich XD
kevin hatte da doch was mir tanja..*augenbraue schwingen lass*
alles in allem ein sehr amüsantes kapitel xD
Von: abgemeldet
2009-03-25T21:58:43+00:00 25.03.2009 22:58
tolles kap
Tobi im Kleid xDD
lol
Is Johannes vllt. eifersüchtig xD
Bin schon gespannt was Tobi noch so alles anstellt
mach schnell weiter


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