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Hinotama

Teil VI der "Späte Erkenntnis"-Reihe
von

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Vater und Sohn

Die drei Jungs hatten sich um April versammelt, während alle anderen den Raum verlassen hatten. Nur die Mitglieder des Ausschusses waren noch im Raum. Sie standen bei Allan und unterhielten sich mit ihm, offenbar brüteten sie die weitere Vorgangsweise aus und die sah vor allem für Fireball nicht rosig aus. Das sah Colt an den Blicken der Männer, die immer wieder auf den Rennfahrer und seine ‚gute’ Freundin gerichtet waren. Commander Eagle hatte den Raum ebenfalls nicht verlassen. Er harrte an seinem Pult aus und hielt Abstand zu den vier Freunden, aber seine Ohren waren gespitzt.

Fireball strich April immer wieder über den Rücken und flüsterte mit ihr. Bestimmt schon zum siebten Mal erklärte er ihr in diesem Augenblick, dass er nicht anders handeln konnte, wollte er das bestmögliche Ergebnis für alle Beteiligten herausschinden. Wieder ließ er ihren Kopf an seine Schulter lehnen. Viel zärtlicher als zuvor liebkoste er sie mit seinen Händen und schenkte ihr die Nähe, die sie brauchte um sich endlich wieder zu beruhigen.

April nahm seine Gesten dankbar an. Sie schlang ihre Arme um Fireball, drückte ihn so fest sie nur konnte an sich. Ihr Körper bebte immer wieder unter den krampfartigen Weinattacken, die sich unbarmherzig den Weg bahnten. Stoßweise begann April immer wieder zu schluchzen, jedes Mal krallte sie sich dabei mehr an Fireball fest. Es brach der Blondine das Herz. Sie konnte kein Verständnis für Fireballs selbstlose Tat aufbringen, im Gegenteil. Es schürte die Angst in April. Sie hatte Angst, unglaubliche Angst, dass ihr Vater nichts daraus lernen würde und es als Ermutigung ansehen könnte, Fireball weiterhin wie das letzte Stück Dreck zu behandeln. Sie wollte es nicht. Er hatte es nicht verdient. Fireballs Tortur sollte endlich ein Ende haben. April wünschte es sich so sehr. Sie wollte endlich mit Fireball glücklich werden, ihn nie wieder verzweifelt oder todunglücklich sehen.

Colt warf frustriert die Hände in die Höhe und maulte seinen Freunden entgegen: „Das ist nicht gut. Das ist sogar richtig scheiße, ist das!“

Auch Saber verzog das Gesicht. Er verschränkte die Arme und verfolgte aus den Augenwinkeln, was die Mitglieder und Allan zu besprechen hatten. Auch seine Ohren waren diesbezüglich sperrangelweit offen, vielleicht waren die vier laut genug, um sie bis nach hinten reden zu hören. Natürlich hatte er auch Colt gehört. Saber pflichtete ihm bei. Mit einem Kopfnicken bestätigte er Colts Worte noch einmal: „Ja, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, Colt. Das ist absolut nicht gut.“

Langsam drehte sich Fireball zu seinen Freunden um. Er wusste, sie sprachen nicht nur davon, dass er April tröstete, sondern auch davon, dass er den Commander in Schutz genommen hatte. Wohl oder übel musste der Rennfahrer sogar seinen Freunden erklären, weshalb er das tat. Er musste es noch einmal erklären, wie Fireball frustriert anmerkte, immerhin hatten sie das vorigen Samstag schon ausführlich diskutiert. Widerstrebend stand Fireball schließlich auf und drehte April den Rücken zu, aber er hielt ihr hinter dem Rücken beide Hände hin, die sie dankbar umschloss. Leise schnaubte Fireball: „Wie oft denn noch, Freunde? Commander Eagle beherrscht seinen Job, er ist meinem Dad nicht umsonst vorgezogen worden. Wenn der Frieden im Neuen Grenzland andauern soll, braucht ihr Commander Eagle zwangsläufig. Er weiß, wovon er redet, er weiß, was er tut. Ich bin aus dem Verein eh schon Jahre draußen, sie können mir nichts mehr.“

„Schön wär’s, wenn’s so einfach wäre!“, Colt krempelte seine Ärmel noch ein Stückchen weiter nach oben. Warum zur Hölle war es hier so heiß? Der Kuhhirte konnte inzwischen für die Kamikazeaktion von Fireball auch kein Verständnis mehr aufbringen. Saber da irgendwie unbescholten raus zu hauen war eine Sache, den Commander für den Mist, den er jahrelang verbrochen hatte, ungestraft davon kommen zu lassen, kompletter Schwachsinn. Colt legte Fireball beide Hände auf die Schultern und schüttelte ihn. Seine Augen funkelten, aber seine Bewegungen waren nur halb so kräftig und schwungvoll, wie sein Blick hatte ahnen lassen. Er behandelte Fireball mit Samthandschuhen, es hatte ihm gereicht, den Japaner beim letzten Mal so hilflos im Bett liegen zu sehen. Eindringlich fixierte er Fireball und zischte: „Die drei da vorne können dir sehr wohl noch was, Fire! Du magst zwar schon unehrenhaft entlassen worden sein, aber das hindert die nicht daran, dir sonst noch was aufzubrummen.“

Wie zum Beweis hielt April Fireballs Hand augenblicklich fester umschlossen. Sie schien Colts Worte damit unterstreichen zu wollen, ihr Nicken konnte er schließlich nicht sehen, wenn er mit dem Rücken zu ihr stand. Aber das von Saber sah er dafür sehr deutlich. Der Schotte bestätigte Colts Worte mit einem zaghaften Nicken. Er fuhr sich mit einer Hand ans Kinn und erklärte Fireball: „Du kannst durchaus noch Strafen bekommen, Fireball. Nicht, weil du dich ungebührlich verhalten hast oder mit Commander Eagle gestritten hast. Dafür bist du unehrenhaft entlassen worden. Aber wegen deiner Beziehung zu April kann dir noch was blühen.“

Funkelnd ruhten Fireballs Augen einen Moment lang auf Allan und den drei Ausschussmitgliedern, ehe er Saber fest in die Augen sah: „Wenn sie auch nur halb so schlau sind, wie sie tun, dann wissen sie, dass ich während meiner Arbeit hier meine Hände nicht an April gelegt habe.“

Beinahe schon starrsinnig drehte er sich wieder zu April. Dieses Mal setzte er sich neben die Blondine auf einen der freien Stühle und strich ihr zärtlich mit den Fingerspitzen über den Nacken. Die kleine Auszeit tat ihm wirklich gut, das ununterbrochene Stehen zehrte am Rücken. So gut sich der Rennfahrer auch die letzten Tage und Wochen gefühlt hatte, ganz gesund war er noch nicht, das hatte er in den letzten Stunden gemerkt. Es würde wohl noch eine Weile dauern, ehe er wirklich bei einem Arzt wegen einer Gesundschreibung anklopfen konnte. Mit Wohlwollen bemerkte Fireball, dass es April wieder besser ging. Ihre Tränen waren inzwischen getrocknet und sie zitterte endlich nicht mehr. Ihre blauen Augen hatte sie allerdings starr auf ihren Vater gerichtet. Sie schien ihm mit ihren Blicken etwas sagen zu wollen und Fireball befürchtete, dass April sich vollends von ihrem Vater abwenden könnte.

Colt konnte sich im Gegensatz zu April absolut nicht beruhigen. Er wollte nicht, dass Fireball für nichts und wieder nichts Strafen aufgebrummt bekam und Eagle mit einem selbstherrlichen Lächeln ausstieg. Die Nerven schon fast über Bord geschmissen, schnaubte Colt abermals: „Die Affen da vorne werden dir kein Wort mehr glauben! Egal, was du ihnen noch zu sagen hast, sie sehen ja, was ist!“

Auf Sabers Lippen stahl sich bei Colts Worten plötzlich ein Lächeln davon. Er legte seinem Scharfschützen einen Arm um die Schulter und zog ihn zu sich. Mit der noch freien Hand deutete er auf Fireball und April hinab, als er Colts Worte kommentierte: „Ja, sie sehen, was ist. …Sie sehen eine Familie vor sich, die durch dick und dünn geht.“

Während Colt den Mund nicht zubekam und dämlich wie selten zuvor aus der Wäsche guckte, zeichnete sich auf Fireballs Lippen ein leichtes Lächeln ab. Er lachte: „Ja, Papa!“

Der Rennfahrer stieß Colt ohne Kraft den Fuß ans Schienbein, er sollte endlich den Mund wieder zubekommen. Sie waren doch wirklich eine Familie! Sie vier würden für immer füreinander da sein.

Auch April lächelte wieder. Sie wischte sich die letzten Tränenspuren aus dem Gesicht und lächelte ihre drei Jungs an. Egal, wie dieser Tag zu Ende ging, oder was weiterhin auf sie wartete, sie würden zusammenstehen und sich nicht im Stich lassen. April stand schließlich auf, strich sich ihre Uniform zurecht und umarmte Colt und Saber kurz. Sie flüsterte ihren beiden Freunden dankbar zu: „Wir bleiben Freunde. Für immer!“, die Blondine drehte sich tapfer lächelnd zu Fireball um: „Und du sieh zu, dass du dir nicht auch noch Fernsehverbot einhandelst, Fire. Ramrodverbot hast du nämlich schon.“

Colt krähte plötzlich vergnügt. War April doch glatt noch zu Scherzen aufgelegt. Ein gutes Zeichen. Sie würde das alles schon packen, wie Colt sich freute. Auch er konnte noch einen drauf setzen, immerhin war er in Punkto Familie der gefestigste in der Runde. Er befreite sich kurzerhand aus Sabers lockerer Umarmung und stemmte die Arme in die Hüften. Schief grinsend bestätigte er: „Da die Rollen in unserer Familie ja schon gut verteilt sind, bleibt für mich nur noch der brave Mustersohn. Und das war ich bekanntlich schon immer!“

Als seine Freunde ihn verdattert anstarrten und den Satz mit dem Mustersohn nicht einordnen konnten, deutete er auf jeden einzelnen von ihnen, beginnend bei Saber: „Papa Rider, Mama Eagle und zum Schluss noch der Rebell der Familie, der kleine Feuerball. Da bleibt doch für den lieben Colt nur noch die Mustersohnrolle übrig.“

Herzliches Lachen erfüllte den Raum. Die vier ehemaligen Star Sheriffs fanden auch in jeder Situation noch den richtigen Scherz um sich wieder aufzubauen. Sie waren gute Freunde, das würden sie immer bleiben. Niemand konnte daran etwas ändern, egal ob es nun ein Outrider war oder derjenige aus den Reihen des Oberkommandos war.

Wenig begeistert über das Lachen der vier beendete der Vorsitzende die Pause und entschied sich, die Befragung noch eine Gangart härter zu machen. Ohne Umschweife begann er damit, das Gesehene mit dem Gesagten abzugleichen und kam zu dem vernichtenden Schluss, dass der junge Japaner von Anfang bis Ende gelogen hatte. Säuerlich hieb er mit der flachen Hand auf den Tisch und machte seinem Ärger Luft. Er verwarnte Fireball: „Sie stehen hier genauso unter Wahrheitspflicht wie bei jedem anderen Gericht, Mister Hikari. Wenn ich Sie noch einmal dabei erwische, wie Sie uns allen hier etwas vorgaukeln, muss ich Sie bestrafen.“
 

Fireball und Saber warfen sich einen kurzen Blick zu. Es wurde verdächtig eng, wie beide bedrückt festhielten. Die nächsten Minuten versuchte vor allem Fireball alles, um die Menschen davon zu überzeugen, dass er mit April niemals zusammen gewesen war, dass er von Commander Eagle auch nicht ungerecht behandelt worden war.

Die Schlinge wurde mit jeder Frage des Ausschusses enger und weder Saber noch Fireball fühlten sich noch wohl dort vorne. Saber tat das nicht, weil er nicht mehr zu Wort kam, er bekam keine einzige Frage mehr gestellt und konnte nicht seine schützende Hand über Fireball halten. Fireball wurde immer unwohler, weil er langsam aber sicher mit seinem Latein am Ende war. Nach wie vor hielt er daran fest, dass er Commander Eagle als auch Saber als Gewinner aussteigen sehen wollte, aber vor allem bei Aprils Dad gestaltete sich das Raushauen schwierig, weil er nicht lügen wollte. Die Ratlosigkeit stand beiden ins Gesicht geschrieben.

Der Kampf für die gute Sache schien verloren, als der Vorsitzende zum finalen Schlag ausholte und Fireball unverblümt fragte: „Wen versuchen Sie zu schützen, Mister Hikari? Wen?“

„Mich.“
 

Es war ein leichtes für Jesse und Tomas gewesen, sich einen Jet zu besorgen. Die beiden flogen auf direktem Weg nach Yuma, ihr Ziel genau vor Augen. Sie würden Rache nehmen. Der Überläufer und der Japaner arbeiteten wie ein eingespieltes Team zusammen. Jesse überlegte manchmal sogar, ob der Krieg für ihn nicht besser gelaufen wäre, wenn er Tomas an seiner Seite gehabt hätte. In dem Japaner floss böses Blut, mehr als alle Outrider zusammen jemals aufbringen könnten. Er brauchte nur die richtige Anleitung und die würde er von Jesse in den nächsten Tagen erhalten. Er würde ihm zeigen, wann, wo und wie man das Herz des Neuen Grenzlandes angriff.

Tomas freute sich auf seine Rache. Beim letzten Mal war sie ihm ja verwehrt geblieben. Aber er hatte viel von Jesse Blue gelernt. Sein neuer Freund war ein hervorragender Taktiker, studierte seine Feinde sehr aufmerksam und machte sich deren Schwächen zunutze. Tomas wollte alles von Jesse Blue lernen, er brachte ihn auf Ideen und führte ihn mit riesigen Schritten in die richtige Richtung. Und die Richtung hieß nun vorrangig Rache für die neuerliche Gefangenschaft zu nehmen. Rache an Fireball, aber den würde er wieder Jesse überlassen müssen. Der ehemalige Kadett des Oberkommandos focht mit dem Freund seiner Schwester einen eigenen Krieg aus, das war Tomas von Anfang an aufgefallen. Aber Tomas musste nicht auf Spaß verzichten. Immerhin hatte er die Chance, dem Neuen Grenzland zu beweisen, dass Ramrod keine Wunderwaffe war. Die Stunden bis zur Ankunft in Yuma schienen ewig zu dauern.
 

Der gesamte Saal richtete seine Aufmerksamkeit auf Commander Eagle. Allan staunte genauso, wie die Mitglieder des Ausschusses und die Zuschauer. Nur die vier Star Sheriffs zogen schockiert die Köpfe ein. Weshalb tat Commander Eagle das jetzt?

Fireball stieß Saber kurz an der Schulter und bedeutete ihm seine Ratlosigkeit. Er wusste nicht mehr weiter. Der Commander kippte alle Versuche einfach um, indem er so etwas tat. Saber griff seinem Freund nur an die Schulter und versuchte ihn wortlos wieder zu beruhigen. Sie sahen sich an einem Punkt, an dem Fireball und Saber zu Zuschauern degradiert worden sind. Und Saber war froh darüber, wenn er ehrlich zu sich selbst war. Seit Beginn von Fireballs Befragung hatte er untätig zusehen müssen, wie Fireball alle Schuld auf sich lud, Schuld die nur einer hier im Raum zu tragen hatte. Und hätte Commander Eagle nun nicht an Fireballs Stelle geantwortet, hätte dieser es beinhart durchgezogen. Der Japaner hätte es geschafft, dem Ausschuss weis zu machen, dass er alle Einträge völlig berechtigt bekommen hatte, dass er zu guter Letzt wirklich wegen Befehlsverweigerung rausgeworfen worden war.

Einsichtig fuhr Commander Eagle fort: „Er versucht mir zu helfen, Sir.“

Seine Augen richteten sich noch einmal kurz nach hinten zu April. Er würde seine Fehler hier und jetzt gutmachen. Charles hatte jedes einzelne Wort, das in der Pause bei den vieren gefallen war, gehört und hatte die nächsten Minuten verzweifelt mit sich selbst gerungen. Seinen Blick hatte er dabei starr auf Fireball gerichtet gehabt, der alles in seiner Macht stehende versucht hatte, um ihm zu helfen. Charles wusste, dass der Sohn von Shinji und Hiromi jede Strafe ertragen hätte, aber endlich war der Commander bereit, für seine Fehler einzustehen. Hier und jetzt würde er das Versprechen Hiromi gegenüber einlösen und für Shinji da sein. Er würde ihrem Sohn helfen.

Der Vorsitzende stotterte beinahe, endlich schien die Befragung ein Ende zu nehmen. Noch einmal umschloss er seinen Kuli fester, damit er jedes einzelne Wort von Commander Eagle oder auch von Fireball niederschreiben konnte. Sein Blick wechselte stetig zwischen den beiden Männern, als er die Augenbrauen zusammenzog und sich nach vor beugte: „Ich verstehe nicht ganz. …Möchte einer von Ihnen seine Aussage revidieren?“

Entschlossen sah Commander Eagle zum Ausschuss: „Ja, Sir. Jedes einzelne Wort.“

Mit einem siegessicheren Grinsen bedeutete ihm der Vorsitzende fort zu fahren. Alle waren gespannt, denn keiner hatte Zweifel daran, die Wahrheit aus Commander Eagles Mund zu hören. Sogar Allan war zum Zerreißen gespannt. Es war eine Sache gewesen, es von den vier Star Sheriffs, die sich offensichtlich noch einmal untereinander besprochen hatten und sich entschieden hatten, nichts zu sagen, zu hören, aber eine völlig andere, den Beschuldigten selbst darüber reden zu hören.

Saber atmete tief aus. Er schloss die Augen und strich Fireball mit der Hand, die auf dessen Schulter noch geruht hatte, über den Arm. Der Schotte drehte sich wieder nach vor, er hatte begriffen, dass Fireball seinen Kampf verloren hatte. Aber, wie er vorhin schon gespürt hatte, tat es ihm nicht leid. Saber war froh darüber, so würde sein Freund einmal wenigstens heil aus einer Sache rauskommen. Nach all den Strapazen hatte er es verdient, sie alle hatten eine gerechte Entscheidung des Ausschusses verdient. Mit gesenktem Kopf hörte er Commander Eagles Ausführung zu.

Der Commander stützte sich auf das Pult und begann leise, aber betroffen zu erklären, weshalb er so gehandelt hatte: „Wie Sie alle wissen, war Captain Hikari mein bester Freund. Mit ihm ist nicht nur ein Held gestorben, sondern auch mein bester Freund. So kurz nacheinander hatte ich meine Frau und meinen besten Freund verloren. Shinji ist das komplette Ebenbild seines Vaters. Bevor er durch April und Offizier Rider ins Oberkommando kam, habe ich ihn nicht mehr gesehen. Er war seinem Vater so ähnlich geworden, egal ob wir nun vom Aussehen oder von der Art sprechen. Shinji hat mich jeden Tag an seinen Vater erinnert. …Und wie Sie alle wissen, sind manche Erinnerungen schmerzhaft. Die an Captain Hikari waren und sind für mich immer noch sehr schmerzhaft. Um auf den Punkt zu kommen. Keiner der Einträge in Shinjis Akte ist gerechtfertigt, seine Entlassung war ebenso wenig berechtigt. Ich habe mich von persönlichen Gefühlen leiten lassen, wenn es um die Beurteilung von Shinji Hikari ging. Er hat sehr gute Arbeit geleistet, war ein mindestens genauso guter Pilot wie sein Vater. Shinji hat immer an das Wohl aller gedacht, bevor er an sein eigenes denkt. Das tut er immer noch. Aus Gründen, die ich nicht verstehe, denkt Shinji, ich wäre wichtig für den Frieden und für das Oberkommando, Sir. Nur deswegen hat er versucht, alle Schuld auf sich zu nehmen.“

Mit wenigen Sätzen hatte Commander Eagle jede Chance zu Nichte gemacht, ohne Strafe davon zu kommen. Fireball schwieg betroffen. Er konnte nicht sagen, woran es lag, aber er fühlte sich schrecklich. Er hatte vom Commander nie gehört, dass er wie sein Vater gewesen war. Alles verkrampfte sich in Fireball, er konnte und wollte nicht zulassen, dass Eagle seinen Posten verlor. Er ballte die Hände zu Fäusten, ehe er flehend zum Ausschuss sah und kaum hervor brachte: „Sir, das ist nicht wahr…“

Der Vorsitzende wusste nicht, wohin er zuerst sehen sollte. Auf den Commander, der Wort für Wort ausführlich geschildert hatte, was der junge Japaner ihm immer vor Augen gehalten hatte, oder auf den Japaner, der ihn anflehte, dem Commander keinen Glauben zu schenken? Er war verwirrt, und wenn er einen Blick auf seine beiden Kollegen warf, so sah er ihnen eindeutig an, dass es ihnen ebenfalls so erging.

Charles sah von seinem Pult auf. Seine Augen blickten zuerst wieder zu April nach hinten. Sie saß regungslos neben Colt, die Augen weit aufgerissen und unfähig, eine Reaktion auf Commander Eagles Worte zu zeigen. Danach musterte er Colt für einen kurzen Moment. Der nickte ihm stillschweigend zu. Der Scharfschütze gab ihm das Zeichen dafür, dass es richtig gewesen war, die Wahrheit zu sagen und Fireball von seiner selbst auferlegten Pflicht zu entbinden. Die Augen von Charles wanderten weiter zu seinen Nachbarn. Sie blieben bei dem blonden Schotten hängen. Der beste Offizier im Oberkommando. Charles war stolz auf Saber, das war er jede Sekunde gewesen, egal was er angefasst hatte. Wenn es nach Commander Eagle ginge, so wäre Saber sein Nachfolger. Es gab niemand sonst, der seinen Job so gut erledigen würde, wie der kommandierende Offizier von Ramrod. Zum Schluss ruhte sein Blick auf Fireball. Die Tränen standen dem Commander in den Augen. Sogar jetzt noch versuchte der kleine Japaner, es allen Recht zu machen, jeden möglichst gut dastehen zu lassen. Fireball hatte ein gutes Herz. Und er hatte Shinji mit jedem Atemzug Unrecht getan, hatte ihn an seiner Entwicklung gehindert und ihm ein Leben verwehrt, auf das jeder andere auch Anspruch hatte.

Kopfschüttelnd und sichtlich geläutert, erklärte Commander Eagle dem Ausschuss: „Es ist wahr, Sir. Jedes Wort ist wahr. Ich habe Shinji ohne Grund verwarnt und Verweise in seine Akte schreiben lassen. Jeder einzelne Vermerk in seiner Akte ist an den Haaren herbeigezogen. …Sir, Fakt ist, Shinji war ein Ausnahmetalent im Oberkommando. Wir hatten Glück, jemanden wie ihn für Ramrod gefunden zu haben.“

Fireball sank mit jedem Wort mehr zusammen. Seine braunen Augen richteten sich auf Aprils Vater, als er stimmlos hauchte: „Commander… Bitte, nicht…“

Es war Fireball so unangenehm, was nicht nur daran lag, dass er von Commander Eagle niemals zuvor ein Lob gehört hatte. Fireball hatte auch Angst. Würde dieser Ausschuss eine gerechte Entscheidung treffen, und davon ging der Rennfahrer inzwischen wieder aus, würden sie Commander Eagle vielleicht frühzeitig in ‚Pension’ schicken. Die letzten Angriffe und Übergriffe der Outrider hatten gezeigt, dass der Frieden lediglich eine kurze Phase gewesen war, es schien bald wieder um alles für das Neue Grenzland zu gehen. Ohne Commander Eagles Routine und Weisheit wäre das Neue Grenzland dem Untergang geweiht.

Der Vorsitzende schloss seine Akten. Für ihn war der Fall damit erledigt. Er würde sich mit seinen Kollegen beraten und in den nächsten Tagen ein Urteil fällen. Aber er war sicher, dass zumindest einer der drei Männer mit Konsequenzen zu rechnen hatte. Er stand auf und nickte Commander Eagle noch einmal anerkennend zu: „Commander Eagle. Sie wissen, was auf Sie zukommen wird.“

Schuldbewusst nickte Charles. Er war bereit, seine Strafe für seine Missetaten und Fehlentscheidungen entgegenzunehmen: „Ja, Sir.“

In diesem Augenblick funkelte ein paar dunkler Augen in die Richtung des Ausschusses. Fireball erhob zornig seine Stimme, bevor die drei Mitglieder den Raum verlassen würden, wollte er ihnen noch ins Gewissen reden. Wenn sogar er sah, dass eine Suspendierung von Commander Eagle der falsche Weg war, weshalb erkannte das sonst niemand? Mit der letzten Kraft der Verzweiflung und dem kleinen Hoffnungsschimmer, den Fireball trotz allem noch in sich trug, trat er vor sein Pult und streckte den Arm aus. Er deutete energisch auf Commander Eagle und auf Saber. Was jetzt folgte, war der kleine Vulkan, den seine Freunde lange nicht gesehen hatten. Fireball richtete sein Wort an die Mitglieder des Ausschusses: „Sehen Sie denn nicht, welchen Fehler Sie im Begriff sind, zu machen? Sie sollten weder Commander Eagle noch unser Superschwert suspendieren! Diesen beiden haben Sie es hauptsächlich zu verdanken, dass Sie nun die Zeit haben, sich mit dem Quatsch hier die Zeit totzuschlagen. Dank Sabers umsichtiger und bedachter Führung des Teams haben wir es immer wieder geschafft, den Outridern in den Hintern zu treten. Und wäre Commander Eagle nicht gewesen, hätte dieser gottverdammte Krieg noch wesentlich mehr Todesopfer gefordert, als er es ohnehin hat. Sie können ihn nicht entlassen, keinen von beiden. Ohne Saber, aber vor allem ohne die hervorragenden Kenntnisse von Commander Eagle, würde es das Oberkommando heute nicht mehr geben. Ich gehe jede Wette ein, dass wir den Krieg verloren hätten, wenn wir die beiden nicht gehabt hätten.“

Unweigerlich fühlte sich Fireball wieder besser. Als ihn der Ausschuss betroffen musterte, war er sich sicher, dass seine Worte Eindruck hinterlassen hatten, in welcher Art auch immer. Kaum traten die drei Herren, gefolgt von Allan auf die Tür zu, lockerte Fireball seine Krawatte und knöpfte sich das Hemd auf. Schlussendlich war auch ihm jetzt heiß geworden.
 

Die Star Sheriffs verließen als letzte den großen Saal. Alle vier hielten sich im Arm und versprachen sich noch einmal leise, alles gemeinsam durchzustehen, egal was da noch kam. Sie traten durch die Tür, hinaus auf den Flur, wo sie bereits von Robin und Jessica empfangen wurden. Colt löste sich von seinen Freunden und stürmte auf sein Kind und seine Frau zu. Er fiel ihr in die Arme. Der Kuhtreiber wollte sie gar nicht mehr los lassen. All die hinuntergeschluckten Beschimpfungen und Beleidigungen, die Colt noch für den Ausschuss auf Lager gehabt hätte, sprudelten aus ihm heraus, als er Robin in allen Einzelheiten berichtete, was sich zugetragen hatte.

Geduldig hörten Robin und auch seine drei Freunde Colt zu. Am ruhigsten dabei war allerdings Fireball. Er war mit dem Kopf bei Commander Eagle, obwohl der zweite Eagle ihm wesentlich lieber gewesen wäre. Gedankenverloren hielt er Aprils Hand und starrte Löcher in die Luft.

Alle waren sich einig, erst mal irgendwohin zu gehen, um was zu essen. Die Befragung hatte Stunden gedauert, mittlerweile war es später Nachmittag geworden. Als endlich feststand, dass sie Laura aus der Arbeit abholen würden und anschließend in ihr Stammlokal gehen würden, blinzelte Fireball verlegen. Er setzte sich als einziger nicht in Bewegung und erklärte leise: „Geht ruhig schon mal vor. Wir treffen uns später.“

April drehte sich sofort zu Fireball um, ihr war nicht verborgen geblieben, wie traurig sich seine Stimme anhörte. Besorgt, aber vor allem immer noch schwer beladen mit allen möglichen Gefühlen, die der Ausschuss wie Staub aufgewirbelt hatte, reichte sie ihm die Hand: „Hey, was hast du, Fire?“

Fireball strich sich die Haare aus der Stirn und schüttelte leicht lächelnd den Kopf. So lieb er April hatte, gerade eben brauchte er fünf Minuten für sich alleine. Er drückte April einen schnellen Kuss auf die Wange und murmelte: „Nichts, meine kleine Taiyo. Ich muss nur kurz meinen Kopf ausrauchen lassen. …Dann komme ich nach, versprochen. Geh mit den anderen voraus, Süße.“

Es war weniger eine Bitte als eine Aufforderung gewesen. April gab ihm ebenfalls einen kurzen Kuss auf die Wange und strich ihm zärtlich über die Brust. Sie würde tun, was immer Fireball von ihr verlangte. Sie wusste, dass er wahrscheinlich noch kurz hier im Oberkommando blieb, ehe er vielleicht noch zu Ramrod ging und in späterer Folge zu ihnen ins Restaurant. April kannte die Zufluchtsstätten von Fireball auf Yuma, seine Wohnung zählte noch nicht dazu, wie sie beinahe schmunzelnd festhielt. Der Japaner musste sich dort erst richtig einleben und das konnte bei ihm noch eine Weile dauern. Es hatte auch auf Ramrod ewig gedauert, bis er sich nicht mehr wie ein Gast auf dem Kampfschiff gefühlt hatte. Mit einem verständnisvollen Blick drehte sich die Blondine um und lief ihren Freunden hinterher.
 

Die Arbeit eines ganzen Tages war wieder auf seinem Schreibtisch liegen geblieben. Seit Wochen kam Commander Eagle seiner Arbeit schon nicht mehr richtig hinterher. Zuerst hatte ihn der Tod von Hiromi aus der Bahn geworfen, danach war er ein paar Tage nicht im Büro gewesen, weil er auf die Beerdigung gegangen war und seit seine Tochter auch wieder in Yuma war und vor allem Allan eine richtige Nervensäge geworden war, wuchs der Aktenberg auf seinem Schreibtisch stetig an. Ganz unten lagen irgendwo die Berichte von der letzten Mission begraben, die er endlich abzeichnen und vor allem ablegen sollte. Der Commander war beruhigt gewesen, als er gemerkt hatte, dass die Mitglieder des Ausschusses nichts von Fireballs neuerlicher Arbeit auf Ramrod mitbekommen hatten. Ansonsten hätten sie ihn nicht eine Sekunde mehr in Ruhe gelassen.

Es klopfte und ehe Charles von den Berichten aufsehen konnte, steckte jemand den Kopf bei der Tür herein und fragte unsicher: „Ist es grad ungünstig?“

Charles rutschte das Herz in die Hose, als er seinen Blick endlich zur Tür gerichtet hatte. Er wunderte sich über den Besuch, der ihn überraschte. Eigentlich war doch bei der Befragung schon alles gesagt worden, weshalb wollte er ihn noch einmal sprechen. Noch lange ruhten seine Augen auf dem Sohn seiner verstorbenen Freunde, der sich kaum traute, zu ihm ins Büro zu gehen, bevor er ihm mit einer Handbewegung bedeutete, sich zu setzen. Wieder hatte Charles ihn gemustert. Wieder legte sich das Bild von Captain Hikari über die Erscheinung seines Sohnes und der Commander konnte keine einzige Abweichung erkennen. Die Erinnerungen verschmolzen mit dem Gefühl, alles falsch gemacht zu haben und ließen Commander Eagles Ausdruck niedergeschmettert erscheinen.

Fireball war noch ewig unschlüssig auf dem Flur vor dem großen Saal gestanden, ehe er sich dazu durchringen konnte, den Commander kurz aufzusuchen. Es hätte ihm ja doch keine Ruhe gelassen. Fireball war wenig glücklich darüber, wie der Tag verlaufen war, vor allem aber spürte er, dass er handeln musste. Seine Jacke und auch die Krawatte hielt Fireball in Händen als er eintrat und vorsichtig die Tür hinter sich schloss. Die obersten Knöpfe seines weißen Hemdes hatte er auch aufgeknöpft, aus dem einfachen Grund, dass er sich so wohler fühlte. Mit einer gehörigen Portion Respekt, aber auch ein wenig Angst, setzte sich Fireball schließlich auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch des Kommandanten des Oberkommandos. Die Blicke von Commander Eagle verunsicherten ihn zusätzlich. Es war eine Qual hier im Büro zu sitzen, Fireball fühlte sich, wie auf einem Prüfstand. Er würde die auferlegten Erwartungen von Commander Eagle nie erfüllen können. Der Commander schwieg ihn an, das behagte dem ehemaligen Rennfahrer erst recht nicht. Leise begann Fireball, während er seine Sachen auf den anderen Stuhl legte: „Sie hätten das nicht tun dürfen, Commander Eagle.“

Charles schloss Sabers Bericht augenblicklich wieder. Kopfschüttelnd stützte er seine Ellbogen auf dem Tisch auf und legte die Hände aneinander. Er schloss kurz die Augen und seufzte. Der Junge nahm immer noch alle Schuld auf sich, und das, obwohl ihn keine traf. Endlich hatte er an diesem Tag gelernt, welchen Fehler er gemacht hatte. Als Charles gesehen hatte, wie liebevoll der Umgang seiner Tochter und dem Rennfahrer war, hatte ihn das unweigerlich an deren Kindheit erinnert. Es hatte sich nichts geändert. Fireball und April standen sich immer noch gegenseitig bei und beruhigten sich. Und Charles hatte versucht, sie mit aller Macht auseinander zu reißen. Das hätte er nicht tun dürfen. Niemals. Die Erkenntnis und die Einsicht lasteten schwer auf Commander Eagle. Er hatte den Kindern ein glückliches Leben verwehrt, weil er blind gewesen war, weil er nicht gesehen hatte, wie sehr sich beide brauchten.

Ruhig widersprach Charles dem Sohn seines Freundes: „Ich hätte es viel früher tun müssen, Shinji. Genau genommen, hätte ich dir das alles niemals antun dürfen. Du hast es nicht verdient.“

Fireball zuckte merklich zusammen, als Commander Eagle seinen Namen aussprach. Sein Standpunkt war klar und er war hier, um ihn auch Aprils Vater offen zu legen. Aber der widersprach ihm genauso wie seine Freunde und der Ausschuss. Keiner wollte ihn verstehen. Offenbar verstand niemand Fireballs Motive, nicht einmal derjenige, dem sie helfen sollten, konnte sie sehen! Deutlicher als zuvor machte Fireball den Commander aufmerksam: „Sie werden Ihren Job verlieren, Commander!“

„Ich weiß.“, Charles senkte betroffen den Kopf, nachdem er gesehen hatte, wie verschreckt Fireball zusammengefahren war. Der Name seines Vaters, sein eigener Name, versetzte Fireball offenbar in Angst und Schrecken. Langsam stand der Commander auf und erklärte: „Du hast deinen Job im Oberkommando auch verloren. Aber wenn ich gehen muss, geschieht das völlig zu Recht, Fireball. Ich werde zu Recht entlassen, nicht wie du.“

Der alte Commander hatte keinen Schimmer, wie er es Fireball besser beibringen hätte sollen, der junge Mann schien sich ohnehin nicht damit abfinden zu wollen. Charles sah immer wieder Captain Hikari vor sich sitzen. Fireball war seinem Vater von Tag zu Tag ähnlicher geworden. Mittlerweile waren Vater und Sohn nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Und es riss Commander Eagle das Herz aus der Brust. Shinjiros Sohn saß bei ihm im Büro und versuchte ihm zu erklären, dass der Ausschuss eine falsche Entscheidung treffen würde, wenn er seinen Posten als Commander verlieren würde. Der Japaner war die Güte in Person und Charles begann sich zu schämen. Wie hatte er all das dem Jungen nur antun können?

Fireball lag so vieles auf dem Herzen, so vieles, was ihn noch immer aus seinen Träumen hochfahren ließ. Der Rennfahrer senkte den Blick auf seine Füße, als er leise gestand: „Meine Eltern hätten es nicht wollen. So, wie ich es nicht will.“

Fireball war sich sicher, dass seine Eltern, vor allem aber seine Mutter es niemals zugelassen hätten, dass Commander Eagle seinen Posten verlor. Aber im Sinne seiner verstorbenen Eltern zu handeln, war nicht Fireballs hauptsächlicher Beweggrund, den Commander zu verteidigen. Er war ein guter Vorgesetzter, fachlich kompetent und in allen anderen Fällen fair.

Unweigerlich schmunzelte Charles traurig. Mit einem leichten Kopfschütteln erzählte er Fireball von seinem Vater: „Dein Vater hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Er wollte immer, dass jeder bekommt, was er verdient. Und ich verdiene es nicht anders.“

„Sie waren der beste Freund meines Vaters!“, mit aufflammendem Unverständnis richtete sich Fireball in seinem Stuhl auf und funkelte den Commander an. Sofort ließen Fireballs Augen jedoch wieder von Commander Eagle ab, er brachte es nicht fertig, ihn anzusehen. Wieder ruhiger ließ Fireball die Hände sinken. Leise und beklommen murmelte der ehemalige Rennfahrer: „Ich wollte das alles nicht. Ich will es immer noch nicht, Commander. Das Oberkommando darf Sie nicht verlieren.“

Eigentlich hatte Fireball seinem alten Vorgesetzten nur kurz sagen wollen, dass er sich verantwortlich für das zu erwartende Desaster fühlte, aber sein Pendant verstand ihn nicht. Commander Eagle schenkte ihm keinen Glauben, er vertrat sogar noch die Ansicht, dass seine Beichte richtig gewesen war. Der Commander lockerte seine Haltung ein wenig und setzte sich wieder. Zum ersten Mal, seit er den Sohn der Hikaris kannte, behandelte er ihn so, wie es Fireball verdient hatte. Das Gespräch war von Anfang an ruhig gewesen, es war immer noch so. Charles fand abermals Widerworte für Fireballs Begehren: „Nein. Es hätte dich nicht verlieren dürfen. Oder deinen Vater. …Aber, wenn ich entlassen werde, wird es dem Oberkommando nicht wehtun. Wäre ich nur ein halb so guter Kommandant wie dein Vater, oder nur halb so kompetent, wie du behauptest, dann hätte ich dich fair beurteilt und nicht zugelassen, dass meine Erinnerungen das Bild von dir verzerren.“

Fireball legte seine Hände offen auf den Tisch und lehnte sich ein Stück zu Commander Eagle nach vor. Er war ein Sturkopf, das war er immer gewesen und wenn ihm etwas wichtig war, wollte er seinen Standpunkt so klar wie möglich machen. Energischer als zuvor hielt er den Commander an. Er deutete auf sich und brummte: „Aber ich hab’s doch überlebt.“, missmutig seufzte Fireball und senkte den Blick wieder. Auch er fand nicht die richtigen Worte um dem Kommandanten zu erklären, weshalb er hier war. Ausgezehrt vom heutigen Tag und mit dem Kopf wieder in der Vergangenheit, räumte er dem Commander ein: „Es muss schrecklich für Sie gewesen, als auch meine Mutter damals gegangen ist. Nicht nur Sie haben Fehler gemacht, verstehen Sie?“

Verblüfft spannte sich der Commander. Hatte er sich eben verhört? Die leise Stimme von Fireball war traurig, aber auch bestimmt. Er meinte es ernst, jedes einzelne Wort, wie Charles ohne Mühen herausfand. Seine Augen musterten den ehemaligen Piloten, der mit seinen Freunden das Neue Grenzland selbstlos verteidigt hatte. Shinjiros Sohn verteidigte ihn, den Tyrann, der er all die Jahre für Fireball gewesen war. Charles setzte sich wieder aufrecht hin. Traurig lächelte er und versuchte abermals, Fireball von seinen Schuldgefühlen zu befreien: „Nur du hast keine Fehler gemacht. Du musstest alles ausbaden, Fireball. Und selbst jetzt, nach allem, was passiert ist, nach allem, was das Leben dir aufgebürdet hat, meinst du noch, mir helfen zu müssen. Du hast keine Vorstellung, wie ähnlich du deinem Vater bist, Shinji.“

Fireballs Brust schnürte sich zusammen, ein riesiger Knoten zog sich zusammen. Und mit diesem Knoten stieg die Traurigkeit in Fireball auf. Schon wieder hörte er an diesem Tag, wie ähnlich er seinem Vater war und er konnte nichts darauf erwidern. Seine Mutter hatte so selten über seinen Vater gesprochen, dass er nichts über ihn wusste. Ja, er hatte für das Neue Grenzland gekämpft und war dabei gestorben, aber welcher Mensch war er gewesen? Niemals hatte Hiromi über Charaktereigenschaften seines Vaters gesprochen oder hatte ihm erzählt, was sie an ihm so geliebt hatte, dass sie keinen anderen Mann mehr lieben konnte. Fireball blinzelte einige Male, seine Augen durften sich nicht mit Tränen füllen, während er vor dem Commander saß. Eagle durfte nicht sehen, wie schwer es ihm zu schaffen machte, einen Teil von sich selbst nicht zu kennen. Gebrochen sank Fireball in seinen Stuhl zurück und hauchte: „Warum sagen Sie das, Commander? Ich weiß nichts über meinen Vater, ich weiß nichts über meine Wurzeln.“

Tief bewegt stand Commander Eagle auf und umrundete augenblicklich den Tisch. Es war nicht seine Absicht gewesen, in Wunden zu stochern, die ohnehin niemals verheilen würden. Er hatte nicht ahnen können, dass Hiromi alles konsequent verschwiegen hatte, selbst ihren Mann hatte sie aus ihrem Leben ausradiert, als sie nach Japan zurückgegangen war. Charles blutete das Herz, denn er sah, wie haltlos Fireball dort saß und nicht wusste, wo er hingehörte. Er lehnte sich an die Tischkante und sah auf Fireball hinab. Er war so jung und hatte in seinem Leben schon so viel mitgemacht. Es war absehbar gewesen, dass ihn irgendwann die Kraft und sein Mut verlassen würden. Und Charles schämte sich unendlich, dass er es gewesen war, der genau das immer forciert hatte. Reumütig, aber auch mit Stolz erfüllt, gab er zu verstehen: „Es tut mir leid für dich, Shinji, dass du ihn nie kennen lernen konntest. Im Grunde ist es ganz einfach, etwas über deinen Vater zu erfahren. Sieh dich an. Nicht ein Wort, nicht eine Geste, nicht ein Blick, der nicht hundertprozentig der deines Vaters gewesen wäre. Du bist wie er. Es ist, als wäre er durch dich wiedergeboren.“

Wieder zuckte er bei seinem Namen zusammen, aber was dieses Mal viel schlimmer für Fireball war, waren Commander Eagles Worte. Fireball wusste nicht, woran es lag, es tat ihm unheimlich weh, all das zu hören. Nicht einmal als seine Mutter gestorben war, hatte er weinen können, aber nun schien es, als würde er gleich Tränen vergießen. Immer war ihm nur gesagt worden, er wäre nicht wie sein Vater oder er solle sich an seinem Vater ein Beispiel nehmen, niemand hatte ihm jemals gesagt, dass er war wie sein Vater. Seine Mutter hatte niemals gesagt, er hätte etwas von seinem Vater, niemals hatte sie ihn mit ihrem Mann verglichen. Nun aber saß er hier und Commander Eagle warf wieder einmal alles über den Haufen, wovon Fireball überzeugt gewesen war. Verzweifelt fuhr sich Fireball durch die Haare und schniefte: „Warum nur?“, seine Augen suchten das Büro nach etwas ab, das er ansehen konnte: „Du hast mir immer eingetrichtert, ich wäre nicht wie er. Ich würde ihm niemals das Wasser reichen können.“

Der Vorwurf war wohl mehr als berechtigt. Traurig hielt Charles daran fest, für alles, was die letzten Jahre schief gegangen war, Rechenschaft abzulegen. Er überkreuzte leicht die Beine und blickte auf Fireball hinab. Charles konnte seinen Blick nicht von Shinji lösen, egal, was er auch versucht hätte. Also flüsterte er: „Ich hab es getan, weil ich… Ich wollte mir nicht auch noch die Schuld an deinem Tod geben müssen, wärt ihr jemals von einer Mission nicht zurückgekehrt. Den Gedanken, auch den Sohn meines besten Freundes durch den Krieg zu verlieren, konnte ich nicht ertragen. Es war einfacher, wenn ich mir eingeredet habe, dass du nicht Shinjis Sohn bist, dass du nicht bist, wie er.“

Fireball richtete seine Augen einen kurzen Moment auf das Gesicht des Commanders. Charles sah mindestens so traurig aus, wie er sich anhörte. Der Japaner verstand endlich, dass auch Aprils Vater das Schicksal mehr als einmal übel mitgespielt hatte. Er murmelte einsichtig: „Damals wie heute ist wohl vieles nicht so gelaufen, wie es hätte sollen.“

Es war eher eine Feststellung gewesen. Fireball spürte immer mehr, dass Commander Eagle im Herzen ein guter Mensch war, allerdings war sein Herz mit der Zeit an all dem Kummer verkümmert und er hatte es weggeschlossen. Der Commander ließ nur noch einen Menschen in sein Herz: April. Der Polizist verlor jegliche Scheu, mit dem Commander zu reden. Auch, wenn es nicht klug war, sich Aprils Vater anzuvertrauen. Er schien der einzige zu sein, der ihn ansatzweise verstehen konnte, der wusste, wovon er sprach. Fireball stützte den Kopf auf einer Hand auf und blickte niedergeschlagen zu Boden, als er all seinen Mut aufbrachte und Commander Eagle von seiner Kindheit erzählte: „Ich… hatte als Kind oft das Gefühl, bei uns zuhause hätte etwas gefehlt. Als hätte meiner Mum etwas gefehlt.“

„Das Gefühl kennen April und ich nur zu gut.“, Charles war erstaunt darüber, was Fireball mit ihm nun besprach. Aber er nahm die Hand, die ihm Fireball reichte, dankbar an. Der Commander schloss die Augen, die ersten Monate nach Hiromis und Fireballs Auszug waren qualvoll gewesen. Melancholisch öffnete er seine Augen wieder und prüfte das braune Paar Augen seines Gesprächspartners. Nicht nur in seiner Kindheit hatte ihn das Gefühl oft verfolgt, das sah Commander Eagle sofort, auch als Jugendlicher und selbst jetzt noch, hatte Fireball etwas vermisst. Charles verließ seinen Platz am Schreibtisch und drehte Fireball den Rücken zu. Sein Blick driftete mit seinen Worten in die Vergangenheit: „April konnte viele Nächte nicht schlafen, nachdem du und deine Mutter ausgezogen wart. Sie hat dich lange Zeit vermisst. Obwohl ihr noch so klein wart, du warst damals ja keine zwei Jahre alt, und obwohl ihr nicht lange zusammen aufgewachsen seid, habt ihr euch so unglaublich gut vertragen. Wie Geschwister. Ich wage zu behaupten, dass das die glücklichste Zeit für April in ihrer Kindheit war, als ihr hier gewohnt habt.“

Wieder kam ein Puzzlestück hinzu und allmählich konnte sich auch Fireball ein Bild von seiner Vergangenheit machen. Aber allzu rosig sah es nicht aus, wie er bekümmert festhielt. Auch das hatte Fireball nicht gewusst. Er hatte nicht gewusst, dass er und seine Mutter bei den Eagles eine Zeit lang gewohnt hatten. Verwirrt, weil er die Information im Augenblick nicht verarbeiten konnte, kratzte sich Fireball am Kopf. War ihm April deshalb gleich vertraut gewesen, als er damals mit einem Affenzahn im Oberkommando gelandet war? Schon fast frustriert erklärte er Commander Eagle, als er dessen fragende Blicke einordnen konnte: „Mum hat darüber nie gesprochen. …Ich wusste überhaupt nichts vom Oberkommando oder von dem, was mein Vater getan hat, bis ich durch die Tür da hinten geschoben worden bin.“

Charles’ Gesichtsausdruck hellte sich einen kurzen Moment auf. Deshalb hatte ihn der Junge eben so verständnislos angesehen. Aber seine Worte gefielen dem Kommandanten nicht besonders. Fireballs Stimme war vorwurfsvoll gewesen. Und alles, was Hiromi verdient hatte, es war bestimmt kein Vorwurf von ihrem eigenen Sohn gewesen. Er verteidigte Hiromis Handeln energisch: „Deine Mutter wollte dich schützen, Fireball. Sie wollte dich nicht mit Erinnerungen belasten. Sie hätte doch niemals ahnen können, dass du instinktiv und durch puren Zufall hier landest und die Arbeit deines Vaters fortführst.“

Doch Fireball schüttelte den Kopf. Er war der Ansicht, dass manches einfacher gewesen wäre, hätte er doch nur was gewusst. Der junge Mann hob den Kopf und knurrte säuerlich: „Aber es wäre manchmal ganz hilfreich gewesen, wenigstens ein ganz kleines Bisschen zu wissen.“, sein Ärger verpuffte wieder, weil ihn seine nächsten Worte traurig machten: „Vielleicht hätte ich eher verstanden, weshalb du mich nicht leiden konntest. Und außerdem wäre es weniger grausam gewesen, es von meiner Mutter zu erfahren, als von Colonel Allan McRae.“

„Mach ihr deswegen kein Vorwürfe, Fireball. Das hat sie nicht verdient.“, Charles seufzte ergeben. Im Nachhinein betrachtet, wäre es auch ihm lieber gewesen, wenn Hiromi dem Kind was erzählt hätte. Vielleicht, so stimmte er Fireball zu, wäre manches anders gelaufen. Aber dafür war es nun eindeutig zu spät. So wie es auch für jegliche Art von Entschuldigung zu spät war. Charles schien beinahe daran zu zerbrechen, dass er nichts mehr ungeschehen machen konnte. Seit Fireball sein Büro betreten hatte, sah er eine Gefühlspalette vor sich, von der er immer gesagt hatte, Fireball besäße sie nicht. April hatte Recht gehabt. Seine kleine Tochter hatte mit jedem Wort Recht gehabt, was Fireball betraf. Der Rennfahrer versuchte sich zwar immer noch hinter einem ruhigen und gefassten Gesichtsausdruck zu verstecken, aber seine Worte und Gesten verrieten ihn.

Fireball wehrte sich gegen den Vorwurf, seiner Mutter unrecht zu tun. Er begehrte kurz auf: „Wenn ich jemanden Vorwürfe mache, sieht das ganz anders aus!“, gleich darauf versuchte Fireball jedoch wieder, Verständnis für seine Worte zu erwecken. Das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, wie er es damals bei dem Gespräch mit Allan erlebt hatte, wollte er nie wieder spüren. Nie wieder. Verletzt gestand er: „Ich bin damals aus allen Wolken gefallen, als Allan mir aufgetischt hat, dass …du und meine Mum…“

Charles merkte, dass Fireball sich mit dem Gedanken ganz und gar nicht anfreunden konnte. Die Tatsache, dass ihm das auch noch ein wildfremder Mann erzählt hatte, dürfte das letzte Quäntchen für eine tiefere Krise gewesen sein. Deswegen hielt es der Commander für besser, Fireball erst mal nur die halbe Wahrheit zu sagen. Er hatte ja gesehen, wie seine Tochter aus der Wäsche geguckt hatte, als er ihr damals erzählt hatte, dass er Hiromi geliebt hatte. Charles murmelte bedrückt: „…Freunde waren. Wir waren Freunde, die sich eine Zeit lang beigestanden haben. Mehr nicht.“ Commander Eagle fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, die Erinnerung daran schmerzte. Der Verlust schmerzte. Noch immer. Er versuchte, Fireball zu erklären, weshalb Hiromi nie etwas erzählt hatte. Sie hatte ganz sicher sogar gute Gründe dafür gehabt: „Wer weiß, was es geholfen hätte, hätte dir deine Mutter von alledem erzählt. Fireball,“, Charles sah den ehemaligen Piloten überzeugt an: „du erträgst die Vergleiche mit deinem Vater immer noch nicht. Du hättest nur früher angefangen, darunter zu leiden. Und wer weiß, vielleicht hättest du dich unter diesen Umständen niemals so entwickeln können. Du wärst an dem Druck wahrscheinlich zerbrochen.“

Fireball sank zusammen. Er konnte dem Commander nicht widersprechen. Niemand wusste, was wirklich passiert wäre, hätte er schon als Kind die Wahrheit erfahren. Vielleicht wäre er niemals aus Tokio weggegangen? Aber eines war sicher, so sicher wie das Amen in katholischen Gebeten. Leichter Sarkasmus flammte in Fireball auf: „Aber der umgekehrte Fall ist auch nicht besser. Ständig gesagt zu bekommen, dass man mit seinem Vater gar nichts gemein hätte, wie du es gemacht hast, war auch nicht netter.“

Diese Worte machten den Commander betroffen. Ja, es dürfte tatsächlich wenig hilfreich gewesen sein, vorgehalten zu bekommen, wie wenig man mit seinem Vater gemeinsam hatte, aber niemals einen Ratschlag, was man besser machen konnte. Einsichtig und traurig nickte Charles. Der Junge hielt ihm im Laufe des Gespräches immer wieder einen Spiegel vors Gesicht, manchmal tat er das vorwurfsvoll, meistens jedoch schien Fireball selbst am meisten darunter zu leiden. Fireball würde alle beschützen, auch die, die er nicht mochte, so viel war klar.

Fireball zupfte an seinem Hemd herum und starrte dabei auf den Boden. Er musste mit seinen Fingern irgendwas anfangen und bevor er an seinen Fingernägel zu kauen begann, war es wesentlich besser, das Hemd ein wenig zu malträtieren. Noch nie hatte er darüber Auskunft gegeben, aber daran würde er irgendwann zugrunde gehen. Und mit April oder Saber und Colt konnte er darüber nicht reden. Sie kannten Hiromi kaum und sie wären nicht so objektiv gewesen, wie Charles. Fireball krallte die Hände in die Oberschenkel und flüsterte erstickt: „Ich hab’s damals nicht fertig gebracht, meiner Mutter zu sagen, dass ich für das Oberkommando arbeite. Sie war so unendlich enttäuscht darüber. Mit allem, was ich getan habe, habe ich sie enttäuscht.“

Tatsächlich erdrückte ihn dieses Gefühl manchmal schier. Hiromi hatte es nie gesagt, aber in ihren Blicken hatte er es ablesen können. Als sie ihn in Yuma im Krankenhaus besucht hatte, zum Beispiel, nachdem sie von Saber erfahren hatte, was ihr Sohn all die Jahre getrieben hatte, wie viele Fehler er sich dabei geleistet hatte und welche Dummheit er nach dem Ball begangen hatte. Selbstmord zu begehen, war für Japaner eine Schande für die gesamte Familie, vor allem, wenn es nicht für die Ehre oder das Vaterland geschah. Er war ein schlechter Sohn gewesen und hatte in jedem Lebensbereich versagt.

Charles nahm Fireball gleich wieder den Wind aus den Segeln. Er kannte Hiromi. Fireball hätte seine Mutter nie enttäuschen können, außer vielleicht, wenn er untätig dabei zugesehen hätte, wie Unrecht geschah. Und das hatte er nicht, das stand fest. Hiromi war niemals enttäuscht von Fireball gewesen, aber erfüllt mit Sorge. Gesprächsfetzen des letzten Telefonats mit Hiromi flammten wieder auf, sie bestätigten Commander Eagles Gedanken. Irgendwie, so seltsam es sich auch anfühlte, Charles wurde das Gefühl nicht los, dass sie beide sich gerade den Kummer von der Seele redeten. Es war beinahe so, wie ein Gespräch zwischen ihm und seiner Tochter April, die sie früher zuhauf geführt hatten. Nur dass statt April ihr Freund vor ihm saß. Charles fragte sich, weshalb es dieses Gespräch nicht früher schon gegeben hatte. Es riss Wunden in der Seele auf, in beiden Seelen, dafür brauchte er kein Hellseher zu sein. Fireball starb mit jedem Satz, den er sich herausquälte, tausend Tode und auch Charles fühlte sich nicht besser. Der Commander legte Fireball eine Hand auf die Schulter und schüttelte den Kopf. Wahrheitsgemäß antwortete er: „Sie war nicht enttäuscht von dir, keine Sekunde, Shinji. Sie war enttäuscht von mir. Sie hat darauf vertraut, dass ich mein Versprechen euch beiden gegenüber halten würde, wenn es einmal so weit kommen würde. Ich habe ihr versprochen, da zu sein, euch zu helfen. Aber das habe ich nicht. Ich habe vor allem dir nicht geholfen.“

Doch der kleine Sturkopf ließ diese Antwort nicht gelten. Fireball richtete sich in seinem Stuhl auf und blickte dem Commander geradewegs in die Augen, zum ersten Mal überhaupt. Er war felsenfest von seinen Worten überzeugt, deswegen fühlte er sich auch so mies. Mit fester Stimme beharrte er: „Sie war nicht enttäuscht, weil ich für etwas eingetreten bin, woran ich glaube. Ich habe sie enttäuscht, weil ich ein schlechter Sohn war. Ich habe meine Freunde enttäuscht, weil ich zu niemanden Vertrauen hatte. Sogar dich hab ich enttäuscht, weil ich meinem Namen nicht gerecht werden kann. Ich hab alle um mich herum immer wieder enttäuscht!“

Fireball war weniger aufbrausend als verzweifelt. Die Vorwürfe gegen sich selbst lasteten schwer auf ihm. Aber es war eine Wohltat, es endlich auszusprechen. Auch, wenn er es dem Vater seiner Freundin, dem Mann, den er zwar respektierte aber nicht unbedingt mochte, sagte. Als er Verständnis in Commander Eagles Gesicht ablesen konnte, richtete Fireball seine Augen wieder eingeschüchtert auf den Boden.

„Du bist der Sohn deines Vaters, Shinji. Allein aus diesem Grund kannst du deine Mutter niemals enttäuscht haben. Und du hast weder mich noch deine Freunde enttäuscht. Dass das zwischen dir und April schief gegangen ist, ist doch meine Schuld. Ich habe…“, Charles konnte nicht weiter sprechen. Er wusste, im Endeffekt hatte er den beiden Kindern mehr Kummer deswegen gemacht, als er vermeiden hatte wollen. Charles hätte eher sehen müssen, wie gut vor allem seiner Tochter der Umgang mit Shinjis Sohn tat. Und dass sie trotz allem noch zueinander gefunden hatten, das war bei der Befragung mehr als deutlich und offensichtlich geworden, bewies lediglich die Stärke ihrer Liebe.

Fireball war konsequent darin, Commander Eagle die Schuld abzunehmen. Auch in diesem Fall wieder. Überzeugt davon, dass der Commander dafür nichts konnte: „Daran kannst du gar nicht Schuld sein, weil du keinen Einfluss darauf hast. Du hattest niemals Einfluss darauf, was aus April und mir wird.“

Commander Eagle sank hilflos zusammen. Und ob er etwas damit zu tun hatte, ob aus seiner Tochter und dem Rennfahrer was wurde. Kleinlaut und bedrückt widersprach Charles abermals: „Das war doch der Grund für deine unehrenhafte Entlassung. Ich habe doch gesehen, was sich da bei euch beiden angebahnt hat.“

Verlegen schmunzelte Fireball. Sein Gesicht nahm eine leicht rötliche Farbe an, es war also für jeden offensichtlicher gewesen als für ihn damals. Fireball hatte ewig gebraucht, bis er erkannt hatte, was April ihm bedeutete. Zum einen hatte das sicherlich daran gelegen, dass er immer brav im Hinterkopf die Worte ihres Vaters gehabt hatte, zum anderen aber auch, weil er auch Angst davor gehabt hatte. Schließlich hatten ihre Gefühle füreinander sie beinahe ihre Freundschaft gekostet. Fireball lächelte gutmütig: „Tja… Ich glaube, das haben alle vor uns gewusst.“

„Davon kannst du ausgehen.“, Charles huschte auch ein leichtes Lächeln über die Lippen. Es war damals mehr als offensichtlich gewesen, wie gerne sich Fireball und April hatten. Nicht zuletzt war diese Frage ja auch heute in der Befragung aufgetaucht. Jeder hatte sehen können, wie tief die Zuneigung der beiden war.

Fireball lehnte sich wieder etwas zurück und musterte seinen alten Vorgesetzten. Langsam aber sicher fühlte er sich besser. Der Commander hatte ihm in diesen Minuten viel Kummer abgenommen, auch, wenn er es vielleicht nicht wusste. Obwohl er nicht wusste, weshalb, suchte er nach einer Erklärung für seine Gefühle. Er glaubte, er müsse Aprils Vater einen Grund nennen, weshalb er sich in April denn verliebt hatte. Deshalb murmelte Fireball, während er mit seinen Augen wieder den Boden fixierte: „Sie ist eine großartige Frau.“

Commander Eagle betrachtete Fireball eingehend. Ihm wurde klar, dass seiner Tochter nichts Besseres hatte passieren können. Er spürte, dass Fireball der Richtige für April war. Mit einem leichten Kopfnicken, aber einem selbstsicheren Lächeln konterte er: „Sie hat einen großartigen Partner verdient.“

Da Commander Eagle seinen wohlwollenden Blick auf Fireball gerichtet hatte, wusste dieser, dass er damit gemeint war. Aber der Rennfahrer war sich nicht sicher, ob so viel Vertrauen in ihn gerechtfertigt war. Eingeschüchtert, vor allem aber enorm verunsichert, zog er den Kopf ein und entkräftete die Aussage: „Ich würde keine all zu großen Erwartungen und Hoffnungen in mich setzen.“

Verwirrt blinzelte Commander Eagle, er verstand den jungen Spund nicht. Hatte er vor, April wieder zu verlassen? Fragend runzelte er die Stirn: „Warum sollte ich keine Hoffnungen in dich setzen?“

„Ich selbst würde keine Hoffnungen in mich setzen.“, mit Fireballs Selbstvertrauen war es immer noch nicht weit her. Er würde sich immer noch nichts zutrauen, die letzten Ereignisse hatten doch wieder bewiesen, dass alles, was er anfasste, zwangsläufig daneben ging. Fireball schluckte schwer, ehe er dem Commander gestand: „Versteh mich nicht falsch. Ich liebe April. Aber ich frag mich ab und an, was sie mit einem wie mir will. Ich bin unzuverlässig, ziehe das Chaos magisch an. Ich habe keinen Job und ich kann für sie nicht der sein, der ich sein möchte.“

Fireball plagten diese Zweifel tatsächlich. Er zweifelte nicht an Aprils Liebe, auch nicht an der Ernsthaftigkeit ihrer Beziehung. Aber er bezweifelte, dass er der Mann fürs Leben für April war. Weshalb hätte sie sonst am Vorabend so lange gezögert und schließlich doch keine Antwort gegeben?

Commander Eagle schnaubte leicht. Er warf die Hände in die Höhe und gab Fireball Recht: „Ja, ich frage mich auch, was sie mit dir will!“, seine Stimme triefte vor Ironie. Aber Charles wusste nicht, wie er Fireball sonst sagen sollte, dass seine Zweifel allesamt unbegründet waren. Überzeugt zählte er auf: „Du bist bloß zuverlässig, eine treue Seele und stehst hinter meiner Tochter. Trotz aller Schwierigkeiten, die ihr zu bestehen hattet, bist du immer noch an ihrer Seite und würdest jederzeit dein Leben für sie geben! Also ehrlich, ich versteh absolut nicht, was sie mit einem wie dir will.“

Fireball wäre am Anfang fast tot umgefallen, als er Commander Eagles Worte vernahm. Aber als dieser angefangen hatte, allerhand Eigenschaften aufzuzählen, hatte auch er verstanden, dass es dem Commander nicht so ernst war. Aprils Vater bekräftigte, was Fireball selbst wusste, auch wenn er es ausblendete. Unauffällig nickte Fireball und gestand: „Ich will, dass sie glücklich ist.“

Augenblicklich wurde auch Charles wieder ernst. Er stimmte Fireball zu: „Das will ich auch. Und deswegen werde ich mich in Zukunft an die Regeln halten, die mir April gegeben hat.“

Der Rennfahrer zog die Augenbrauen hoch. Was hatte die Blondine hinter seinem Rücken bloß wieder ausgeheckt? Er wusste nichts von irgendwelchen Regeln, was sein Gesichtsausdruck zusätzlich unterstrich. So viele Fragezeichen dürfte der Commander noch nie auf einer Stirn gesehen haben, wie in diesem Moment.

Charles schmunzelte. Das sah seiner Tochter wieder ähnlich, einfach was zu bestimmen und niemanden einzuweihen. Fireballs Blick war göttlich, aber zu lachen durfte er nicht anfangen, egal wie verführerisch es auch gewesen war. Mit einem unterdrückten Kichern erklärte er: „Die wichtigste Regel lautet, mich nicht mehr in eure Beziehung einzumischen. Und daran werde ich mich halten.“

Fireball war sich der Ehrlichkeit in Commander Eagles Worten durchaus bewusst. Mit einem leichten Lächeln, aber einem eindringlichen Tonfall, nickte Fireball: „Das wäre ganz nett, ja.“, der Japaner dachte einen Moment lang daran, was April alles noch nicht wusste und keuchte deswegen frustriert: „Wir haben ohnehin genug… Gesprächsbedarf.“

Commander Eagle kratzte sich am Kopf und sah Fireball entschuldigend an: „Nachdem ich für den Gesprächsbedarf gesorgt habe…“

„Ich hatte auch noch ein Leben neben deinen Erniedrigungen.“, Fireballs Stimme war leise. Aber wieder nahm er den Commander in Schutz. Der eine Satz war ein zweischneidiges Schwert gewesen. Einerseits hatte Fireball seinem ehemaligen Vorgesetzten noch einmal unterschwellig erklärt, wie er seine Behandlung hier empfunden hatte, auf der anderen Seite aber nahm er ihm die Schuld ab, an seinen Problemen mit April hauptsächlich verantwortlich zu sein.

Charles hatte das sofort erkannt. Wieder kam Captain Hikari in Fireball zum Vorschein, wie so oft zuvor schon. Fireball hatte sich ein unglaublich gutes Herz bewahrt, auch wenn seine Zunge ziemlich scharf geworden war. Als er bemerkte, wie sich Fireball zum Gehen richtete, stand auch Commander Eagle auf und trat vor Fireball. Mit einem guten Ratschlag entließ er Fireball endgültig: „Bewahre dir deine Stärken, Shinji.“

Fireball nickte leicht, auch wenn er nicht genau wusste, welche Stärken der Commander meinte. Er griff nach seiner Jacke und der Krawatte, ehe er sich zur Tür drehte und gehen wollte.

Charles fiel es unglaublich schwer, aber wen, wenn nicht Fireball hätte er darum bitten sollen: „Wenn du April nachher siehst, sag ihr…“

Er konnte nicht zu Ende sprechen. Commander Eagle vermisste seine Tochter, seit dem Gespräch in ihrem Büro hatte er sie selten gesehen. Meistens hatten sich ihre Gespräche nur noch auf den Beruf beschränkt, April schloss ihren Vater konsequent von ihrem Leben aus. Und es schmerzte dem alten Mann. Er wollte nicht auch noch seine Tochter verlieren.

All diese Gefühle konnte Fireball an Commander Eagles Haltung und Mimik ablesen. Er nickte verständnisvoll und versprach: „Ich werde ihr sagen, dass ihr Vater sie liebt und sie wieder öfter um sich haben möchte.“

Beide waren sich einig, dass April sich nicht von ihrer Familie abwenden durfte. Fireball aus dem einzigen Grund, weil er es nicht wollte. Er wusste schließlich, wie schrecklich es war, die Familie zu verlieren. Und Charles liebte seine Tochter. Es war ihm egal, ob mit oder ohne Fireball, er wollte seine Tochter wieder öfter sehen. Sie war alles, was er noch hatte.

Charles flüsterte: „Danke.“

Der alte Commander bedankte sich für alles, auch für den Versuch ihm zu helfen. Er war dankbar, dass Fireball nicht nachtragend war. Aber es tat ihm weh, dass er all die Jahre ein solcher Esel gewesen war und nicht gesehen hatte, was er anrichtete. Mit jedem Atemzug wünschte es sich Charles mehr, alles ungeschehen zu machen.

„Jederzeit wieder.“, Fireball lächelte leicht, er würde garantiert wieder in die Breschen springen, wenn es darum ging, dem Commander seinen Posten im Oberkommando zu sichern. Mit Fireball verschwand auch die Erinnerung von Captain Hikari aus Commander Eagles Büro und ließ ihn alleine dort zurück.
 

Die Freunde saßen an diesem Abend noch lange zusammen. Nachdem Fireball doch noch nachgekommen war, war die kleine Truppe vollständig versammelt gewesen und die sechs Freunde konnten gemeinsam den Tag verarbeiten. Zuerst war die Stimmung eher gedrückt, was nicht zuletzt an den Mienen der vier Star Sheriffs lag, aber im Laufe des Abends steigerte sich auch wieder die Laune. Der Kellner hatte an diesem Abend alle Hände voll mit den Freunden zu tun. Nachdem sie auf den Geschmack gekommen waren, jagten sie den Kellner immer wieder mit ihren Bestellungen quer durch das Lokal. Und Colt veräppelte ihn zu allem Überfluss auch noch.

Die nächsten Tage brachten die Freunde mit bangem Warten zu. Es war jedem klar gewesen, dass die drei Mitglieder des Ausschusses diese Entscheidung nicht sofort fällen konnten, aber das Warten war fast noch unerträglicher, als vor dem Ausschuss zu stehen und Fragen zu beantworten.

Colt, Saber und vor allem April gingen ihrer Arbeit im Oberkommando nach, solange niemand Bescheid bekam, waren alle noch im Dienst. Der Kuhhirte hatte sich bereit erklärt, den Ausbildnern im Stützpunkt ein wenig zur Hand zu gehen und den jungen Hitzköpfen ein paar Schießstunden zu geben. Saber versuchte seine Klassen so gut als möglich zu unterrichten. Und April werkte und schraubte an Ramrod. Der Traktionsstrahl hatte größeren Schaden angerichtet als sie zuerst vermutet hatte und immer wieder taten sich andere Fehlerquellen auf. Hatte sie gedacht, einen Fehler beseitigt zu haben, tauchten dafür zwei neue auf. Mit der Mechanik half ihr manchmal Fireball, obwohl er im Oberkommando eigentlich nichts mehr verloren hatte. Aber April war dankbar für die Hilfe, die sie von ihrem Freund bekam, er hatte ein wesentlich besseres Gespür für die Triebwerke, die Hydraulik und Mechanik als sonst jemand auf dem Stützpunkt. Aber nicht immer hatte Fireball Zeit, wenn die blonde Ingenieurin seine Hilfe brauchte.
 

Am späten Nachmittag öffnete er die Tür und dirigierte seinen Komplizen ins Büro der Blondine. Es war einfach gewesen, in das Büro von April einzudringen. Jesse und Tomas hatten sich als Servicepersonal ausgegeben, das die Klimaanlage wartete. Niemand hatte Verdacht geschöpft. Während der Japaner Schmiere stand, durchstöberte der ehemalige Kadett den Schreibtisch von April. Schnell fand er wonach er suchte. Die Pläne von Ramrod! Sie lagen für jedermann einsehbar auf der Tischplatte, daneben ein dicker Ordner, ebenfalls aufgeschlagen. Ein triumphierendes Lächeln formte sich um Jesse Blues Lippen. Das waren die Fehlerprotokolle. Und das auch noch reichlich davon. Dieses Mal würde Ramrod seinen Zielraumhafen nicht mehr erreichen, so viel stand fest.

Etwas anderes fiel ihm plötzlich auf Aprils Schreibtisch auf. Interessiert nahm er die Bilder vom Schreibtisch und betrachtete sie. Es waren Fotos ihrer Freunde, samt Familie. Saber und Colt hatten eine Familie gegründet. Die vier Star Sheriffs wurden immer angreifbarer, sie sammelten sich ihre Schwachpunkte selbst.

Hektisch stapfte Tomas auf seinen Komplizen zu, als ihm aufgefallen war, dass dieser anstatt zu arbeiten lieber Fotos ansah. Er giftete Jesse an: „Verdammt! Was machst du da?“

„Ich finde ihre Schwachpunkte, Dummkopf!“, störrisch hielt er Tomas das Gruppenfoto vor die Augen und deutete anschließend auf die zwei fremden Frauen: „Das da ist Colts Weibilein und das da ist Sabers Holde. Sie alle haben Familien gegründet. Frau und Kind, verstehst du?“

Tomas ging auf dieses Argument vorerst allerdings nicht ein. Sie brauchten zumindest die Pläne von Ramrod, wenn sie mit ihrer Rache Erfolg haben wollten. Energisch packte er die Pläne deshalb selbst. Er hielt Jesse an: „Beeil dich mit dem Finden ihrer Schwachpunkte gefälligst, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!“

Jesse begann sofort darauf, Aprils Schubladen aufzureißen und durchzustöbern. Er suchte nach ihrem Adressbuch und anderen persönlichen Gegenständen, die ihnen nützlich werden könnten. Das Adressbüchlein war kein Problem gewesen, das hatte Jesse gleich als erstes gefunden. Neugierig durchstöberte er die anderen Schubladen, allerhand kam dabei zum Vorschein. Von einem kleinen Handspiegel und einem Kamm, war alles vertreten, was Frau im Büroalltag so brauchen konnte. Da glitzerte etwas. Neugierig zog Jesse eine Kette hervor, an der ein Anhänger baumelte. Er lag in einer Schublade auf einer weißen Karte, doch die war nebensächlich für Jesse geworden. Mit kalten blauen Augen musterte er das Schmuckstück: „Sieh mal einer an, von wem sie das wohl hat.“

Tomas begutachtete die Kette. Sie war schlicht silber, enggliedrig und der Anhänger war einfach. Glänzend aber einfach ohne Schnörkel. Die Handschrift kannte er doch. Schulterzuckend deutete er auf die Kette und gab Jesse die Information, die er offenbar noch nicht hatte: „Die hat er ihr bestimmt geschenkt. Laura hat auch einen Anhänger von ihm geschenkt bekommen. Genauso schlicht wie der da. Der hat soviel wie Weisheit und Stärke bedeutet.“

Hasserfüllt ballte Jesse seine Hand zu einer Faust, in der das Amulett verschwand. Er knurrte: „Dieser verdammte Rennfahrer! Der hat doch weniger Tiefgang als eine Pfütze. Woher will der wissen, was zu ihr passt?“

Durchtrieben lachte Tomas. Er hatte grade wieder was gelernt. Und zwar hatte er Jesses Schwäche herausgefunden. Vielleicht nützte es ihm später etwas. Grinsend deutete er auf Jesses Faust: „Die kleine Blondine scheint’s dir ja angetan zu haben. Die kannst du von mir aus gerne haben, ich steh nicht drauf. Und jetzt pack endlich ein, was du brauchst, Jesse. Bevor sie uns noch auf die Schliche kommen.“

Jesse starrte ungläubig auf Tomas. Er wagte es, ihm etwas vorzuschreiben? In jedem anderen Fall hätte Jesse denjenigen erschossen, aber in dem Fall konnte er das nicht, weil Tomas Recht hatte. Sie mussten schleunigst wieder hier raus, sollte ihr Racheplan aufgehen. Der blauhaarige Outriderkommandant ließ die Kette samt Anhänger in seiner Hosentasche verschwinden, das Adressbruch steckte er ebenfalls ein, während er Tomas die restlichen Unterlagen, die sie brauchten, in die Hände drückte: „Die Rache ist unser.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kittykate
2008-06-08T20:15:12+00:00 08.06.2008 22:15
Jesse und Tomas... So so, schleichen sich einfach in Aprils Büro... Schlawiner...

Hoffentlich gehts bald weiter. Denn ich bin echt gespannt wie es für Fire Saber und Commander Eagle ausgeht. Muss einer gehen? Ich hoffe doch nicht... Nicht mal für Aprils Dad, da er seine Fehler einsieht, auch wenns nicht richtig ist was er gemacht hat.

Von: abgemeldet
2008-05-08T06:44:13+00:00 08.05.2008 08:44
Cool, einfach nur cool. Bin wie immer gespannt, wie es weitergeht.

LG, Flora
Von: abgemeldet
2008-05-06T11:46:45+00:00 06.05.2008 13:46
Wirklich tolles Kapitel. Endlich gehts für Fire wieder Berg auf.
Schreib ganz schnell weiter :-)


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