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Der alltägliche Wahnsinn des Todes

Der Tod hat so seine Tücken [Es geht weiter!]
von

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Tod macht nicht lebendig

Der (alltägliche) Wahnsinn des Todes III
 

Zwei Augen starrten mich an. In ihrem Blick lag etwas Bedrohliches, Beängstigendes. Und doch sah das Funkeln leblos und leer aus.

Schnell wollte ich den Blick abwenden, doch es funktionierte nicht. Ganz und gar nicht. Je mehr ich es versuchte, desto mehr schienen meine Augen von diesen anderen Augen angezogen zu werden. Als wären es Magnete. Ich konnte mich nicht davon lösen, konnte es nicht. Die undefinierbare Augenfarbe machte mich nervös, viel zu nervös. Und das Nervössein machte mich noch nervöser, denn eigentlich bin ich nie nervös.

„Äh… hör auf mich so anzustarren!“, fuhr ich meinen Gegenüber an, so überzeugend wie irgend möglich. Dummerweise beeindruckte ihn das nicht im Geringsten.

„Ich bin Tod!“, versuchte ich es ein weiteres Mal.

Wieder erfolglos. Das böse Funkeln wurde nur bedrohlicher, ein Wunder, dass es überhaupt noch eine Steigerung gab.

Herr Gott, eigentlich sollte er doch vor mir Angst haben. Warum war hier also das Gegenteil der Fall?

Mein Blick huschte über die Gestalt.

Vermutlich lag das an den Waffen an seiner Hüfte. Schwerter. Und gleich so viele auf einem Haufen. Ich zählte eins… zwei…

„Glotz nich so auf meine Schwerter!“

Das Knurren ließ mich zusammenfahren. Mich!

„Ich glotz nicht!“, beteuerte ich schnell, in der Hoffnung, er würde mir das Abkaufen.

„Tust du wohl!“, murrte er mich finster an.

„Tu ich ni-…“

Was tat ich eigentlich hier? Immerhin war das hier mein Reich und ich musste mich doch wohl in meinen eigenen Hallen nicht vor so einem Grünschnabel rechtfertigen. Obwohl… Grünschnabel war wohl der falsche Ausdruck…

Ich atmete tief durch. Jetzt bloß nicht die Beherrschung verlieren, bei so einem Typen war das wahrscheinlich nicht gut. Der sah ja schon auf zweihundert Meter Entfernung gefährlich aus.

Andererseits konnte ich ihn natürlich überhaupt nicht einschätzen. So einen Typen hatte ich bisher noch nie.

„Also, noch mal“, seufzte ich. „Ich bin Tod.“

„Das haste schon mal gesagt, du Toter.“

Ich rollte mit den Augen, diesen Reflex konnte ich einfach nicht unterdrücken.

„Nein, nein! Ich bin nicht tot, ich bin Tod!“

„Und wo liegt jetzt da der Unterschied?“

Zur Hölle (uh, den Ausdruck sollte ich nicht so oft benutzen), war der denn wirklich so schwer von Begriff?

„Ich bin Tod!“, wiederholte ich genervt. „Der, die, das Tod! Der, die, das Tod in Person! Verstanden?“

Er sah mich stirnrunzelnd an, schien zu überlegen. Dieser Blick wieder, uah, dieser Blick. Der konnte echt Stein zum Schmelzen bringen.

„Und was willst du dann hier?“

Ähm… hallo? Was sollte ich bitte schön hier wollen, das hier war immerhin mein Reich. Das Reich des Todes, das Todesreich… Was also sollte wohl ICH hier wollen?

„Ich lebe… äh… wohne hier!“, entgegnete ich und er blickte mich wieder finster an, seine Hand lag immer noch beunruhigend fest auf den Schwertern.

„Was willst du hier?“, fragte er wieder. Ich sank in einen Sessel. Hilfe!

„Ich bin Tod!“, stöhnte ich, nun war es mit vollkommen egal, wie viele Schwerter der Kerl hatte. „Das hier ist mein Totenreich! Und…“

„Totenreich?“, unterbrach er mich. Und dann wandte er zum ersten Mal den Blick ab. Es wäre eine Erleichterung gewesen, aber… er SAH SICH UM?! Hatte der Kerl vorher noch gar nicht geschnallt, wo er eigentlich war?

„Ich bin tot?“

Wow, was für ein Blitzmerker.

„Bist du“, seufzte ich und ließ ein Glas erscheinen, das sich wie von selbst mit einer honigbraunen Flüssigkeit füllte. Ich brauchte jetzt erstmal einen kräftigen Schluck…

„Ich kann nicht tot sein!“

Einer von den Ungläubigen also auch noch. Warum überraschte mich das jetzt nicht?

„Bist du aber.“

„Bin ich nicht!“

„Doch.“

„Nein!“

„Doch!“

„Nein!“

Ich gab es auf, diese ‚Diskussion’ machte doch keinen Sinn. Resignierend schloss ich die Augen.

„Du bist tot, mein herzliches Beileid“, meinte ich trocken. „Warum wärst du sonst hier?“

Plötzlich zischte es leise und dann spürte ich eine kalte, feste Spitze an meinem Hals.

O-oh. Nicht gut.

Aber einen Trumpf hatte ich noch im Ärmel, der hatte bis jetzt bei noch jedem funktioniert, der so weit gegangen war, Tod zu bedrohen.

„Also, ich will dich ja nicht ärgern“, meinte ich betont gelassen. „Aber ist es nicht ein bisschen seltsam, Tod umbringen zu wollen?“

„Nein.“ Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.

Tja. Hatte ich schon erwähnt, dass bis jetzt noch niemand so weit gegangen war, Tod zu bedrohen?

Jetzt bekam ich es doch so langsam mit der Angst zu tun. So richtig. Ich bekam schließlich nicht jeden Tag eine Schwertspitze in die Halsschlagader gedrückt.

„Mach mich wieder lebendig!“

„Das geht nicht. Laut Paragraph 15 der Todesgesetzvorschriften für Angestellte Tode ist man tot, wenn man…“

„Egal.“

Ich stockte. Diesen Satz hatte ich aus reinem Reflex gesagt. So viele hatten schon wiederbelebt werden wollen.

Seine Antwort war mir allerdings neu. Ich bekam immer mehr Respekt vor dem Kerl. Nicht gut. Ich hatte vor niemandem Respekt, schließlich war die normale Rangordnung anders herum.

„Nee, du, das geht wirklich nicht!“, sagte ich eindringlich.

„Ich hab aber noch was zu erledigen.“

Ich rollte wieder mit den Augen. Na und? Das interessierte hier oben ja wohl so was von überhaupt niemand!

Die Schwertspitze drückte sich tiefer in meine Haut, scheußliches Gefühl.

„Ich hab ein Versprechen gegeben!“, fuhr er mich an. „Der Tod ist hierbei keine Entschuldigung! Ich muss mein Ziel erreichen, sonst habe ich nicht nur mein Versprechen gebrochen, sondern bin auch noch aus der Mannschaft raus.“

Mannschaft?

Äh… sorry, Freundchen, aber du bist tot, ist schnurzpiepegal, ob du jetzt in dieser Mannschaft bleibst oder nicht.

Ich war nah dran, das auch laut auszusprechen, doch plötzlich flog mit einem Knall die Tür auf.

Oh nein! Das war der denkbar ungünstigste Moment, den er erwischen konnte.

Der Schwertheini reagierte blitzschnell, ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie dem Federvieh plötzlich die Einkaufstüten aus dem Armen fielen und auch ihm ein Schwert vor der Nase hing.

„Äh…“, machte der Engel nur, und sah mich an. Ich konnte deutlich erkennen, wie er versuchte, sich das Lachen zu verkneifen.

Wenn ich hier erst wieder raus gekommen war, würde der was erleben…

Dann fiel sein Blick auf den Schwertheini, der mit ausgestreckten Armen und Schwertern zwischen uns stand.

„AAHH!“

Ich zuckte zusammen, das tat ich viel zu oft in letzter Zeit. Das gerupfte Huhn hatte aber auch ein Stimmorgan…

„Wie cool ist das denn!“, rief er und für seine momentane Situation klang er viel zu freudig, richtig aufgeregt. „Dich kenn ich!“

„Hä?“, entwich es zwei Stimmen gleichzeitig. Woher sollte DER denn bitte schön DEN kennen? Aus einem seiner Erdencomics?

„Du bist ja echt echt!“, grinste der Engel. Und damit schien er selbst den Typen zu verunsichern.

„Natürlich bin ich echt.“

Der Engel grinste noch breiter. „Ja nee, is klar.“

Ich hasste seine Ausdrucksweise. Selbst in dieser Situation hätte ich ihm am liebsten die Worte im Hals umgedreht. Das wäre aber gegen den Vertrag gewesen. Mist, wann lief der eigentlich ab?

Weil der nicht tot sein wollende Tote scheinbar abgelenkt war, schob ich das Schwert von meinem Hals weg und stand auf. Die Schwerspitze folgte mir. Hey, das war unfair! Der Kerl sah mich nicht mal an!

„Woher kennst du ihn?“, fragte ich den Engel. „Oder besser: Woher glaubst du ihn zu kennen?“

Der Engel zuckte mit den Schultern, noch immer dieses unverwüstliche Grinsen auf dem Gesicht.

„Japanischer Comic.“

Nee jetzt?

„Ein Comic?“

„Na ja, eigentlich ein Manga, aber ich dachte, damit kannst du nicht so viel anfangen.“

Nicht mal die Frechheit war ihm beim Anblick der Schwerter abhanden gekommen.

„Ein Comic?“, mischte sich der Kerl zwischen und plötzlich ein. „Ich bin keine Comicfigur! Ich bin…“

„Ich weiß, wer du bist!“, grinste der Engel. „Ewig cool, dass ich dich auch mal hier treffe. Obwohl…“ Plötzlich stockte er. „Oh, mein Gott!“

Ich warf einen Blick zur Decke, hoffentlich hatte der dort es nicht gehört.

Der Engel sah mit einem Mal ziemlich geschockt aus. Wow, hatte der ne lange Leitung.

„Du bist tot?“

Dazu sagte und dachte ich mir jetzt mal nichts. Zu viel Aufregung ist nicht gut für meinen Blutdruck.

„Bin ich nicht!“, knurrte der Typ.

„Aber du bist hier!“, wandte der Engel besorgt ein. Ja! Echt besorgt. „Du kannst aber nicht tot sein! Das ist vollkommen unmöglich! Immerhin bist du…“

„Er ist eine Comicfigur“, unterbrach ich ihn, doch der Engel schüttelte wild den Kopf. Er wurde auch immer kindischer.

„Er ist DIE Mangafigur aus DEM Manga überhaupt! Der legitime Nachfolger von „Dragonball“, Band 25 war der meist verkaufte Manga in ganz Japan, das meistverkaufteste Buch nach „Harry Potter“! Und… und… wenn er tot ist, kann er doch sein Versprechen nicht erfüllen! Und er kann nicht mehr in der Mannschaft bleiben! Du musst ihn wieder lebendig machen!“

Jetzt fing der auch noch damit an.

Mal ganz abgesehen davon, dass ich gerade mal die Hälfte von der verstanden habe, was er gerade gesagt hat… ES GEHT NICHT!

„Er hat Recht“, sagte der Schwertfutzi plötzlich. „Ich hab zwar nur die Hälfte von dem verstanden, was er gesagt hat, aber er hat Recht.“

„Zwei gegen einen!“, grinste der Engel. „Du bist überstimmt.“

Seit wann konnte bei mir denn abgestimmt werden?

„Aber ich bin keine Comicfigur!“, fügte der Schwertkämpfer noch hinzu. „Ich bin real, ich werde der beste Schwertkämpfer der Welt und das geht nur, wenn ich lebe!“

Gott, was hast du mir da wieder eingebrockt. Warum bekam immer ich die Problemfälle, konnte die nicht mal ein anderer Tod lösen? Die dort oben beschwerten die sich doch immer über die hohe Arbeitslosigkeit, hier wären noch ein paar Stellen frei.

„Ich muss Leben kontaktieren“, murmelte ich nachgebend. Ich hasste es, diese Frau (na ja, eigentlich war sie ja auch ein Neutrum) um Hilfe bitten zu müssen. Ich hasste sie. Was aber zum Glück auf Gegenseitigkeit beruhte, etwas anderes wäre auch… brrrr…

„Okay“, grummelte ich und versuchte, den Freudensingsang (‚Ode an die Freude’, so einfallslos!) des Engels zu ignorieren. Selbst dem Schwertkämpfer schien das Katzengejammer auf den Senkel zu gehen.

„Der singt ja schlimmer als Ruffy!“ hörte ich im Hintergrund.

Da fiel mir etwas ein.

„Hey! Spinatkopf!“, rief ich über die Schulter, als ich die Nummer von Leben suchte. „Ich brauch deinen Namen, sonst wird’s nix mit Wiederbelebung.“

Der Kerl murmelte was von „Wie der Suppenlöffel“ und sagte dann laut: „Lorenor Zorro. Willste auch noch mein Kopfgeld wissen?“

Kopfgeld? Scheiße, hatte ich mich verhört?

Gott, was hast du mir da eingebrockt?



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  _-Kikyou-_
2010-11-13T18:28:27+00:00 13.11.2010 19:28
die story ist einfach nur SUPER
ich habe zorro sofort erkannt xDDDDD
schon allein weil er nichts kapiert hat und wegen den mehreren schwerten...


hoffe du schreibst auch mal weiter (:
ist echt total GENIAL die idee !!!!!!

Von:  _-Kikyou-_
2010-11-13T18:27:00+00:00 13.11.2010 19:27
die story ist einfach nur SUPER
ich habe zorro sofort erkannt xDDDDD
schon allein weil er nichts kapiert hat und wegen den mehreren schwerten...


hoffe du schreibst auch mal weiter (:
ist echt total GENIAL die idee !!!!!!

Von: abgemeldet
2009-01-02T21:28:54+00:00 02.01.2009 22:28
also ich find die story genial! XD
aber ob sich zorro nicht doch blos verlaufen hat? ich mein bei DEM orientierungssinn ^^
Tolle idee!
Von:  P-Chi
2008-12-30T22:59:38+00:00 30.12.2008 23:59
Aha! HAb zuerst gar nicht kapiert was für ein Psycho Typ das sein sollte, aber da haben wir es ja! Lorenor Zorro! Mein zweit liebstes Schnucki aus One Piece, direkt nach Ruffy! xDD
Uiii find ich geil...kann ich gar nicht oft genug sagen^^
Von:  Miyu-Moon
2008-08-08T14:12:23+00:00 08.08.2008 16:12
Zuerst dachte ich ja das der Satz: "Ich bin (der) Tod." grammatikalisch unkorrekt ist und du den Zustand "tot" meinen würdest. Dieses Kapitel hat mich natürlich eines besseren belehrt.
Und die Enthüllung des mysteriösen Toten war auch nicht schlecht. Hast du dich deswegen mit der Beschreibung bis zum Ende zurück gehalten?

Was haben wir den jetzt?
Den Tod.
Das Leben.
Und einen gefallenen Engel.
Kriegt das Alter vielleicht auch irgendwann einen Auftritt?


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