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Mensch mit Hund

Wichtelgeschichte für DINO2011
von

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Teil Fünf

TEIL FÜNF
 

… in dem die drei lustigen Vier Mirgit erreichen und dort ihr blaues Wunder erleben.
 

„Die Stadt! Ich kann die Stadt sehen!“, rief Peter begeistert.

Toast hob die Schnauze vom Boden und stellte erstaunt fest, dass sein närrischer Meister Recht hatte – nicht weit von ihnen erhob sich die lindgrüne Stadtmauer Mirgits. Er konnte auch schon einige Menschen entdecken, die durch das große Tor aus- und eingingen, doch wirklich freuen konnte er sich nicht auf eine Stadtbesichtigung. „Peter… Lass uns noch etwas warten, bevor wir gehen“, zischte er.

Braune Augen sahen ihn freudig an. Dieser Idiot war wahrscheinlich überglücklich, endlich wieder unter seinesgleichen zu kommen, was ihm der Hund auch nicht wirklich verdenken konnte. Nichts desto trotz war er der Meinung, dass er sich lieber von der Stadt fernhalten sollte. Als Pudel wäre ein kurzer Stadtausflug kein Problem, doch als sehr seltsam anzusehendes Mischwesen wäre es purer Selbstmord, sich nicht außerhalb zu verstecken.

Er musste daran denken, was normalerweise in Situationen wie diesen passierte: Eine Horde aufgebrachter Menschen jagte ihn mit Mistgabeln und Fackeln bewaffnet durch die Gegend, bis sie ihn schließlich erwischte und zur Strecke brachte, was dann meist in einem sehr schmerzhaften Nahtoderlebnis endete. Der Tod war ihm dank Turlin nicht vergönnt und so wurde er regelmäßig nach einem kurzen Ausflug in die Hölle und einem Zusammentreffen mit seinem alten Kumpel Beelzebub wiedergeboren. Es war zwar ganz nett, den guten alten Beelzi ab und zu wiederzusehen, aber im Moment hatte er kein Bedürfnis nach schwefelstinkender Gesellschaft. Außerdem war dieses Faststerben immer so schrecklich unangenehm.

„Lasst mich doch hier, wenn ihr die Stadt besucht, ja?“, flüsterte er und setzte seinen treuesten Pudelblick auf. „Ich laufe auch nicht weg.“

Peter seufzte. „Na gut, wenn du meinst, dass es so besser ist…“ Er lächelte Gisela an. „Und wir beiden Hübschen sehen uns ein bisschen um, was hältst du davon?“

Gisela grinste fröhlich. „Ja, dann kaufen wir dir ein hübsches Hundehalsband, du Süßer, du!“, fiepte sie mit Quietschestimme. Energisch patschte sie Toast auf den Kopf, bevor sie Peter an der Hand nahm und mit ihm davonsprang. Der Hund musste sich erst einmal setzen, so sehr schwirrte ihm der Kopf. Dieses Weib hatte ihm dermaßen auf sein Pudelköpfchen gedroschen, dass er für kurze Zeit die Umgebung doppelt sah. Nun, er würde die Zeit sinnvoll nutzen und eine Runde schlafen. Schwankend torkelte er in ein dichtes Brombeergebüsch neben der Straße, um sich hinzulegen.
 

„Sieh mal!“, flüsterte ein Stimmchen.

„Ein Hündchen!“, murmelte ein zweites.

„Das ist aber hässlich“, ließ ein drittes verlauten.

„Egal, wir nehmen es mit, vielleicht gewinnen wir etwas!“, entschied ein viertes.
 

Toast erwachte, weil er sich wie ein sehr seekranker Pudel fühlte. Ein Schwanken und Schaukeln hatte ihn aus seinen Träumen geweckt, doch auch nachdem er aufgewacht war, war es um ihn herum zappenduster geblieben. Warm war es außerdem, und eng. Und es roch nach Jute. Ich bin in einem Sack!, durchzuckte es ihn. Kinderstimmen waren zu hören, irgendjemand trug ihn weg. Seine Schnauze war zugebunden. Das hatten sicher diese Blagen gemacht, die ihn entführten, er konnte ihre ungewaschenen Finger durch den Stoff hindurch riechen. Da er nicht um Hilfe rufen konnte und ohnehin nicht sicher war, ob das eine gute Idee gewesen wäre, schwieg er und beschloss, bei der erstmöglichen Gelegenheit zu flüchten.
 

Die Stadt war weniger ruhig, als Peter es sich erhofft hatte. Ein Jahrmarkt schien stattzufinden, überall waren Marktschreier und fliegende Händler, die ihre Waren anpriesen, und so waren die Straßen voller aufgeregter, glücklicher Menschen. Das alles wäre ja ganz schön gewesen, hätte er nicht darauf gehofft, mit seiner Angebeteten endlich allein sein zu können. Seit dem äußerst leidenschaftlichen Kuss – er bekam jetzt noch schwitzige Hände, wenn er nur daran dachte – war nicht viel zwischen ihm und dem hübschen Mädchen passiert. Das wollte er ändern, und aus diesem Grund hatte er sich auch so schnell breitschlagen lassen, seinen ‚Hund’ außerhalb der Stadt zurückzulassen.

Gisela hingegen freute sich sichtlich über das bunte Treiben, zeigte keinerlei Annäherungsversuche und trippelte von einem Stand zum anderen. „Schau, dieser hübsche Haarreif! Bekomme ich den, Peter?“, säuselte sie und plinkerte ihn mit großen Augen an. Seufzend kramte er etwas Geld aus der Tasche, um es der hässlichen Händlerin in den Rachen zu werfen. Sie schluckte und bedankte sich zahnlos grinsend.

„Kommen Sie näher, kommen Sie näher! In wenigen Minuten beginnt unsere Bestienshow! Sehen sie Bestien aus aller Herren Länder! Kommen Sie auch zu unserem Hässlichkeitswettbewerb! Haben Sie ein felsgroßes Furunkel, einen entsetzlichen Buckel oder einfach nur schiefe Zähne, kommen Sie und zeigen Sie sich dem Volk von Mirgit! Es gibt wertvolle Sachpreise zu gewinnen!“, ertönte eine laute, knarrende Stimme, die Peter unangenehm an das Organ von Justinus Boss erinnerte.

Gisela zupfte ihn am Ärmel. „Sehen wir uns die Show an? Das wäre wirklich toll!“ „… und äußerst unromantisch“, zischte er leise, sodass sie es nicht hören konnte, nickte dann aber. Seine Zeit würde kommen, da war er sich sicher.
 

Toast wehrte sich krampfhaft, doch er wurde unnachgiebig Richtung Vorhang gezerrt. Es war einfach zum Verrücktwerden, die Bälger ließen einfach nicht locker. Er wagte es nicht, sich richtig zu wehren, da er Angst hatte sie zu verletzen und so blieb es bei halbherzigen Versuchen. Nichts desto trotz hätte er dem Mädchen, dass ihm eine rosarote Schleife um den Kopf gebunden hatte, am liebsten die Hand abgebissen. Jetzt schlang man ihm auch noch einen Strick um den Hals und würgte ihn liebevoll.

„Sei ein braves Hündchen und warte hier, bis du dran bist“, flüsterten die Kinder, nachdem sie ihn an einen Mast gebunden hatten. Schon waren sie verschwunden und Toast hatte erstmals die Möglichkeit, etwas zu verschnaufen und sich umzusehen. Es war verdammt dunkel hier, und da der Vorhang nur wenige Pfotenbreiten von ihm entfernt war, nahm er an, dass er sich auf der Hinterseite einer Bühne befand. Andere Wesen waren in der Nähe, doch es war einfach zu düster, um etwas zu erkennen, also verließ er sich ganz auf seinen Geruchssinn. Nach kurzem Schnüffeln stellte er fest, dass sich mehrere Menschen und ein Wächter, ein Wesen, wie er es war, hier aufhalten mussten. Das Vieh stank verdächtig nach Katze, doch er war sich nicht ganz sicher, bis er seine Nase direkt in das Fell einer flauschigen Pfote bohrte.

„Kannst du nicht aufpassen?“, zischte eine hohe pikierte Stimme. „Du Rüpel. Wenn du nichts sehen kannst, dann hör auf, mich, die große Tabatha, mit deiner feuchten Nase abzuschnüffeln!“

Katzenartig, eindeutig. So ein eingebildetes Gerede konnte nur von einer Mäusefresserin stammen. Nun, auch wenn er diese Viecher nicht ausstehen konnte, zwei sprechende Tiere waren besser als eines und vielleicht konnte er die arrogante Dame ja zu einem Fluchtversuch überreden.

„Vergiss es. Wir können hier nicht weg, die Dorfbewohner würden uns lynchen“, flüsterte es betörend neben seinem Ohr. Verdammt, hatte er doch tatsächlich vergessen, dass alle Mitglieder der großen Familie der Felidae recht gute Gedankenleser waren.

„Raus aus meinem Kopf, du Hexe!“, knurrte er leise. „Jetzt erklärst du mir erst einmal in Ruhe, wer du bist, und dann verschwinden wir.“
 

Das Gedränge war kaum auszuhalten, doch Peter kämpfte sich tapfer durch die Menschenmassen und zog Gisela hinter sich her. Er wollte einen schönen Sitzplatz für sie erobern, musste aber dann feststellen, dass im stadteigenen Amphitheater bereits alles besetzt war, also blieb ihm und seiner Hübschen nur noch ein Stehplatz am Rande. Die ganze Stadt schien hier zu sein, um sich die Bestienshow anzusehen. Langsam war er schon richtig gespannt darauf, welche Untiere sie gleich zeigen würden. Er hoffte auf einen Mantikor oder einen Werwolf. Ein Einhorn hatte er auch schon lange nicht mehr gesehen, aber gegen einen kleinen Drachen hatte er auch nichts einzuwenden.

„Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe!“, rief ein kleiner untersetzter Mann in roter Uniform, anscheinend der Koordinator der ganzen Aktion. Schlagartig wurde es still im Theater, so still, wie es nicht mehr gewesen war, als die letzten Elfen von Mirgit Verstopfung hatten.

Ein Tusch ertönte und der Vorhang öffnete sich.

Das gleißende Licht blendete Toast, doch er schaffte es, den Jungen, der ihn an der Leine hielt, um ihn auf die Bühne zu führen, wegzustoßen. Auch Tabatha nutzte den Moment und sprang in die Menge, die kreischend versuchte, vor dem Monster zu flüchten. Binnen kürzester Zeit hatte sich die ruhige Menschenansammlung in einen aufgebrachten Mob verwandelt, der zu dem Schluss gekommen war, dass hier eindeutig etwas nicht stimmte. Um das wütende Gesamtbild abzurunden, fehlten nur noch die obligatorischen Mistgabeln, doch Toast war sich fast sicher, dass die Besucher irgendwo einige der Gerätschaften versteckt hatten.

„Schnell, hauen wir ab!“, rief er in Tabathas Richtung und zuckte zusammen.

Die Katze war keine Katze, sondern ein gewaltiger Panther, hatte jedoch anstatt schwarzem ein hellblaues Fell mit sonderbaren weißen Tupfen, was ihm vorhin in der Dunkelheit gar nicht aufgefallen war. Sie sah nicht minder lächerlich aus als er, doch bei ihr wurde dieser Eindruck eher durch die wolkenartigen Flecken auf dem Fell hervorgerufen.

„Ein Wort und ich bring dich UM!“, brüllte die Katze und fauchte wild, was die wenigen Menschen, die sich noch nicht bewaffnet hatten, dazu brachte, nach diversen Gegenständen zu greifen.

„Wölkchen!“, brüllte da Gisela so ohrenbetäubend verzweifelt, dass Peter spürte, wie seine Nase zu bluten begann. Es war eindeutig, wer mit dieser Bezeichnung gemeint war, doch der Name war für dieses Pantherwesen dermaßen unpassend, dass er am liebsten laut gelacht hätte. Was ihn daran hinderte, seine Heiterkeit kund zu tun, war Toast, der inzwischen von zwei besonders mutigen Stadtbewohnern mit Holzbrettern bedrängt wurde.

„Finger weg von meinem Toast!“, schrie er wütend, wischte sich das Blut aus dem Gesicht und rannte so schnell er konnte zur Bühne.

Es krachte und eine taubengraue Wolke hüllte Toast ein. Nun wurde es den Menschen doch zu unheimlich, sie flohen in Windesweile aus dem Theater und ließen nur Unmengen an Flaschen, Popcorntüten und Mistgabeln zurück. Der Rauch verzog sich langsam und ein neuer, dank Peters Mut veränderter Toast kam zum Vorschein. Das schwarze Fell glänzte in der Sonne, das gewaltige Maul wurde von einer Reihe scharfer Zähne geziert. Er war wieder ein Wolf. Endlich fühlte er sich wieder stark und kräftig genug, es mit allen Gegnern aufzunehmen. Seine Nase konnte wieder alles riechen, seine Ohren jeden noch so zarten Laut vernehmen. Die Bewohner der Stadt hatten die Wachen alarmiert, es war Zeit zu verschwinden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  DINO2011
2008-03-18T15:22:42+00:00 18.03.2008 16:22
Wölkchen!! *rumkugelt*
Oh mann, das war das Beste von überhaupt. Ich dachte, ich falle vom Sessel xDDD

Tja, sry das es so lange gedauert hat bis ich die nächsten Kommentare abliefere. Ich hab irgendwie keine Zeit dazu gefunden.

Aber ich kann dir sagen, auch mit Pause versteht man das ganze noch und es ist einfach witzig. Mich wundert es jedes Mal aufs Neue, das du, obwohl du normalerweise genau das Gegenteil schreibst, das so gut geschafft hast ^^



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