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Die Söhne des Drachen

Fortsetzung von "Drachenherz"
von

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Der Spion, der mich liebte

Wohnsitz der Tutuks
 

Nach einer Woche Kollaborations-Taktik holte Lu Ten sich Korb Nummer zwei. Auch dieser Antrag hatte es zugegebenermassen etwas an Romantik vermissen lassen, da er ihn zwischen Fenster und Angel gestellte hatte, aber das war noch lange kein Grund sich so anzustellen, oder?

Jedenfalls brachte die wiederholte Sturheit seiner Auserwählten den Prinzen dazu Skrupel und Rücksicht in die Kiste und die schweren Kaliber auszupacken. Selbst wenn es dazu nötig war, einen Teil seiner fast schon legendären Zurückhaltung abzulegen.
 

Es war also Abend und man saß zu Tisch. Nur Nemo fehlte (Lu Ten hatte so eine Ahnung, wo der sich herumtrieb).

Das Ehepaar Tutuk war bester Laune und überaus redselig.

Pippa hatte den Verdacht, dass dieser Umstand dem Charisma, der Eloquenz und dem gewinnenden Lächeln eines gewissen Assistenten zu verdanken war. Dieser Mensch wickelte gerade schamlos ihre Eltern um den Finger. Einfach so! Oder sollte sie sagen, mal wieder?

Aber es war schön, wenn die Augen ihres Vaters so blitzten, weil er ein Wortgefecht genoss, oder die Wangen ihrer Mutter sich rosig färbten, weil eine ihrer Ideen bis ins kleinste Detail nachvollzogen wurde.

Weniger schön waren die provozierend berechnenden Seitenblicke, die sie selbst kassierte. Sie machten Pippa unruhig und zappelig. Außerdem erinnerten sie sie erneut daran, dass sie trotz seiner regelmäßigen Besuche, den Rest der Nächte in erschreckender Einsamkeit verbracht hatte.

Statt des köstlichen Essens bearbeiteten Pippas Zähne lieber die eigene Unterlippe.

„Ich denke, Horung hat zu diesem Thema sehr anschauliche Theorien entwickelt. Finden Sie nicht auch, Fräulein Tutuk?“, fragte Lu Ten leutselig.

Nach fünf Sekunden Stille, sah Pinerias Mutter sich veranlasst, einzuschreiten.

„Pineria!“

„Was?“

„Man hat Dich etwas gefragt.“

„Was? Wozu? Das Gespräch läuft doch bestens ohne mich.“

„Bitte? Nehme ich da eine leichte Spannung wahr?“, erkundigte Nele sich.

„Äh ... nein. Wieso?“, sagte ihre Tochter hastig.

Jemand hielt es jedoch für angebracht, ihr in den Rücken zufallen.

„Gut möglich.“, gab Lu Ten zu. „Das mag daran liegen, dass ihre Tochter meinen Antrag abgelehnt hat.“

„HERR Song!“, zischte Pippa aufgebracht. „Das interessiert meine Eltern nicht!“

„Sie hat WAS? Einen Antrag? Einen Heiratsantrag?“, rief Nele, die durchaus interessiert schien.

„Abgelehnt. Zum wiederholten Mal. Sie ist der Meinung, lieber als Maitresse fungieren zu wollen.“

„LU TEN!“ Nun klang Fräulein Tutuk dezent entsetzt.

Mr. Perfect demonstrierte weiterhin in aller Ruhe seine tadellosen Tischmanieren. Eins zu Null für ihn.

„Pippa ... Wirklich?“

„Ob ich wohl noch ein Stück Schinken haben könnte?“, tastete sich der Professor vor.

„Beo, mein Lieber, jetzt ist wohl KAUM der Zeitpunkt, einen Nachschlag zu verlangen!“
 

Der Kronprinz wurde derweil über den Tisch hinweg streng angefunkelt.

„War es wirklich nötig, dieses Thema vor meinen Eltern anzuschneiden?“

„Ach, Du möchtest eine unverbindliche Liaison, aber darüber zu sprechen empfindest Du als peinlich?“

„Ich ... man könnte das ganze diskreter angehen.“

Sie konnte ja nicht ahnen, dass sie mit dem Mann sprach, der bei Hofe als Musterbeispiel von Diskretion und Verschwiegenheit galt.

„Diskret?“, fragte er leise. „Ich habe keine Lust mehr, diskret zu sein. Ich war es die letzten paar Tage. Und, um ehrlich zu sein, hat diese Art der Diskretion ein bisschen viel mit Heimlichtuerei zu tun. Das liegt mir nicht besonders.“

„Aber ... ich will nicht heiraten!“ Pippa sprang auf. „Die sogenannten Moralvorstellungen der Gesellschaft sind doch nur Ausdruck eines verunsicherten, beschränkten Geistes ... Wir ... wir Wissenschaftler müssen uns über diese Dinge erheben. Der Intellekt darf solche Grenzen nicht akzeptieren!“

„Ach. Interessant. Verheiratete Menschen sind also dumm? Hast Du diese haarsträubende These bereits veröffentlicht?“

„Pippa. Warum in aller Welt willst Du ihn denn nicht?“, mischte Nele sich wieder ein.

„Das hat nichts mit wollen zu tun!“

„Womit dann?“, erkundigte sich Lu Ten.

„Ich ... ich will nunmal nicht, dass mein ganzes Leben umgekrempelt wird.“

„Ach je, Kind. DAS schon wieder.“

„Ja, Mama. Das schon wieder!“

„Wenn IHR der Meinung seid, einen so guten Schinken solle man verkommen lassen ...“

„Bitte sehr.“ Zuvorkommend schob Lu Ten das Fleisch in Beos Richtung.

„Also wirklich, Pineria. Es ist doch nur mal wieder Deine irrationale Angst. Du kannst nicht für immer in Deinem Schneckenhaus bleiben."

„Kann ich wohl!“, verteidigte sich Pippa verzweifelt. „Zufällig ist es ein sehr gemütliches Schneckenhaus!“
 

`Zufällig ist es ein sehr gemütliches Schneckenhaus!´

Zwei Stunden später war Pippa immer noch fassungslos, einen so albernen Satz von sich gegeben zu haben.

Doch er sagte so viel über sie aus. Sie war albern.

Albern und Feige.

Warum gab sie den Kampf nicht endlich auf? Wenn sie ehrlich war, wollte sie ihn doch gar nicht gewinnen!

Da widerfuhr ihr schon dieses unfassbare Glück, und was tat sie? Sträubte sich dagegen, wenn sie doch eigentlich nur Staunen und unfassbare Seligkeit hätte empfinden sollen. Endlich hatte sie gefunden, wovon sie immer nur gelesen hatte. Sie wurde geliebt. Und das Gefühl war lebendiger, echter und umfassender, als sie es sich ausgemalt hatte.

Warum zögerte sie? Weil es eine Entscheidung war, die ihr niemand abnehmen konnte?

Ja, nach einem halben Leben auf ziemlich wackligen Beinen, war es für die Tochter der Tutuks nicht leicht, in eine Welt zu treten, in der nur eine Sache ihr vertraut sein würde: Lu Ten. Doch mittlerweile wurde schmerzhaft klar, dass dieser hartnäckige Mensch die wichtigste Sache überhaupt war. Und dafür würde es sich lohnen, Vertrautes loszulassen!

Gleich morgen würde sie zu ihm gehen und ...

Ein Blitz liess Pippa zusammenzucken.

Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie das nahende Unwetter nicht bemerkt hatte.
 

Was seine „geschäftlichen“ Angelegenheiten anging, wurde Lu Ten an diesem Abend leider ebenfalls enttäuscht. Das Arbeitszimmer des Professors beherbergte auch heute nur Staub, Pergament und seltsame Instrumentarien.

Verdammt! Nemo konnte doch nicht hinter einer seit Jahren veröffentlichten Studie her sein, oder? Um WAS zum Teufel ging es hier? Wo sollte er denn noch suchen?
 

`Weiter vorn liegt der neuere Kram.´
 

Natürlich! Er war so bescheuert! Sein Waldkäuzchen hatte es ihm doch klipp und klar gesagt!

Er löschte sämtliche Kerzen und setzte seinen nächtlichen Streifzug durch das Haus fort. Nun allerdings mit einem klaren Ziel.

Vor dem kleinen Arbeitszimmer im ersten Stock, welches sowohl Beo, als auch Nele Tutuk als Zwischen-Archiv diente, machte er Halt, und belauerte zum wiederholten Mal eine stoisch stumme Holztür. Da sie wie erwartet zu keinerlei verdächtigen Aktivitäten neigte, trat er vorsichtig ein.

Neunzig Minuten später war Seine Hoheit bereit, einzuräumen, dass er vielleicht, unter Umständen, möglicherweise, ganz eventuell, doch nur Gespenstern hinterher jagte. Sein Rücken schmerzte, seine Augen brannten vor Müdigkeit  und langsam fragte er sich, wie wohl ein Mensch gestrickt sein musste, um solche Massen langweiliger, hirnrissiger Fakten anzuhäufen und zu Papier zu bringen.

Aber, da war sein Instinkt. Und der flüsterte ihm unablässig Warnungen ins Ohr.

Doch da war nur NOCH eine Gleichung, NOCH eine Skizze, NOCH eine chemische Formel …
 

Lu Ten sog scharf die Luft ein und hob den unauffälligen Notizzettel näher ans Licht.

Bei allen Göttern!

Es gab keinen Zweifel!

Als er neben dem hochwissenschaftlichen Tintengewirr elementarer Bausteine und Verbindungen nun auch noch eine blasse Randnotiz entdeckte, bestätigte sich sein Verdacht.

`Extrem instabil!!!´

Instabil? In der Tat. Wenn er seine chemisch-physikalische Bildung richtig herum zusammengekleistert hatte, war das Zeug mehr als nur `extrem instabil´.

Saugefährlich wäre weitaus passender.

Warum, zum Teufel liess Beo so etwas herumliegen? Wo jeder es finden konnte?

Und woher wusste Nemo Ran davon?

Wie auch immer; die Formel musste sichergestellt werden. Sollte dieses Wissen den falschen Personen in die Hände fallen, könnte das empfindliche Gleichgewicht der Elemente nachhaltig gestört werden. Und was dies bedeutete, hatte die Generation seines Vaters mehr als deutlich zu spüren bekommen.

Jetzt galt es nur noch, herauszufinden, WER so scharf auf diese Formel war. Nemo würde seine Auftraggeber bestimmt nicht freiwillig preisgeben ...

Das leise Donner-Grollen empfand Lu Ten als ungemein passend. Es unterstrich die Dramatik der Situation.

Dann kämpfte sich eine Erkenntnis durch seine freudige Erregung.

Da draußen braute sich ein verdammt übles Gewitter zusammen!
 

Pienria wusste nicht, ob sie das Unwetter als böses Omen für ihre getroffene Entscheidung ansehen sollte, oder nicht. Jedenfalls war sie mit ihrer üblichen Flucht in den Keller schon viel zu spät dran!

Sie hastete zur Tür und tastete kopflos nach der Klinke.

Bevor ihrem verzweifelten Treiben Erfolg beschienen war, öffnete sich die Tür.

„Lu Ten!“
 

Lu Ten lehnte am Kopfteil von Pippas Bett und hielt sie im Arm.

Mehr war gar nicht nötig. Ab und an streifte ein beruhigender Kuss Stirn und Schläfen.

Wie schnell das Klima doch seine Schrecken verloren hatte.

Jetzt, wo sie sich an etwas klammern konnte, war der Donner eben einfach nur Donner, und Blitze ein faszinierendes Schauspiel.

Sie fühlte sich so geborgen, dass sogar an Schlaf zu denken gewesen wäre, obwohl der Himmel all seinen Groll auf Schloss Tutuk hernieder liess. Aber da war noch etwas zu klären ...

„Lu Ten?“

„Hm?“

„Was ... was Deine Frage angeht ... Willst Du sie vielleicht wiederholen?“

„Ob Du Dich jetzt besser fühlst?“

„Nein. Die andere Frage. Die ... wichtige.“

Lu Ten sog scharf die Luft ein. DAS würde sie ihm nicht antun, oder?
 

Pippa wartete nervös auf eine Reaktion. Die bestand leider darin, dass er sich losmachte, aufstand und sie anfunkelte. Mal wieder.

„Was ist...?“

„Oh nein, nicht so!“

„Was ist denn?“

„Du nimmst allen ernstes JETZT meinen Antrag an?“

„J ... ja. Aber ... ich dachte, es freut Dich.“

„Freuen? Sicher! Ich mache Luftsprünge!“ Er gestattete sich, eine gehörige Portion Sarkasmus in die Stimme zu packen.

„Aber ...“

„Pineria! Noch vor zehn Minuten hattest Du Todesangst, konntest nicht klar denken. Und jetzt willst Du mir weiss machen, Du wärest in der Lage, eine so wichtige Entscheidung zu treffen?“

„Natürlich bin ich das.“

„Ach? Und die Tatsache, dass Du Dich bei mir einfach nur sicher fühlst, spielt dabei keine Rolle?“

„Doch.“, sagte Pippa leise und starrte auf ihre verknoteten Finger. „Sie spielt wahrscheinlich die größte Rolle überhaupt. Aber das Gewitter tut es nicht!“

„Ich verstehe nicht ...“

„Ich fühl mich eben sicher bei Dir. So sicher, wie sonst nirgends. Egal, ob da ein Gewitter ist, oder nicht. Und ich ... ich hatte diese Entscheidung schon getroffen, bevor es angefangen hat zu donnern.“, schloss sie.

Lu Ten starrte sie an.

„Wirklich?“

„Wirklich.“

„Du bist ... Dir sicher?“

Pippa entfuhr ein wackliges Lachen. Dafür, dass er bislang so hartnäckig darauf bestanden hatte, sie zu heiraten, war er jetzt ziemlich zögerlich.

„Ja, ich glaub schon.“

„Du glaubst?“

Himmel, war dieser Mensch mit einer Goldwaage auf die Welt gekommen?

„Ich bin mir sicher.“, versicherte sie leise.

„Fratz!“ Er umfasste zärtlich ihr Gesicht.

In nächsten Augenblick bekam Fräulein Tutuk das absolut wundervollste Lächeln, und den süßesten Kuss ihres Lebens.
 

Sobald die provisorische Verlobung besiegelt war, brach Pippas Neugierde mit aller Macht durch. Plötzlich wollte sie alles über ihn wissen. Nicht, dass das früher anders gewesen wäre, aber nun hatte sie endlich das Recht, ihn zu löchern.

„Erzähl mir von Deinen Eltern.“, bat sie, eng an ihn gekuschelt. „Wie sind sie denn so?“

„Überaus liebevoll.“

„Und untereinander?“

„Auch. Fast noch mehr. Sie sind ... einander sehr zugetan.“ Seine Stimme hatte sich kaum merklich verändert, war irgendwie wärmer geworden.

Fast schien es, als wäre das alles, was er zu diesem Thema zu sagen hätte. Doch Pineria täuschte sich.

„Sehr!“, fügte er mit Nachdruck hinzu.

„Hm. Hört sich fast an, wie bei meinen Eltern. Sie teilen sowohl emotional als auch intellektuell eine höhere Ebene miteinander.“

„Nun ... äh, ja.“ Lu Ten rieb sich die Nase.

„Das klingt nicht besonders überzeugend.“, sagte Pippa mit schief gelegtem Kopf.

„Na ja. Die Bindung zwischen meinen Eltern ist sehr stark. In jeder Hinsicht. Auch was die körperliche Komponente angeht.“

„Die körperliche? Wirklich? Immer noch?“

„Ja. Gäbe es nicht die wundersame Wirkung des Ombru-Saftes, hätte ich vermutlich viermal so viele Geschwister.“

„Ombru-Saft?“

„Ja.“

„Was ... ist das?“

„Ein Verhütungsmittel.“

„Was verhütet es denn?“

„Es verhütet die natürlichen Nebenwirkungen des Beischlafs. Ich dachte, Du wärst auf dem Gebiet der Biologie bewandert.“

„Oh!“, machte Pippa. „Das dacht ich auch. Wie wirkt er denn, dieser Saft? Hemmt er den Sexualtrieb?“

„Hemmen? Um Himmels Willen. Mein Vater würde das Zeug nicht anrühren, wenn es irgendetwas hemmen würde. Der Saft sorgt nur dafür, dass es zu keiner Befruchtung kommt.“

„Oh Verstehe. Wie viele Geschwister hast Du denn?“

„Vier. Zwei Brüder, zwei Schwestern.“

„Vier? Das muss schön sein.“

„Mhm. Manchmal etwas anstrengend.“

„Vermisst Du sie gar nicht?“

„Doch.“, gab er zu. „Jeden Tag.“

„Und wie sind sie so?“

„Meine Geschwister?“

„Ja.“

„So unterschiedlich, wie man nur sein kann. Die beiden jüngsten sind Zwillinge. Zirah ist ein Wildfang. Sie will meistens mit dem Kopf durch die Wand. Auch wenn gar keine da ist. Kiram ist ihr Gegenpol. Ruhig. Er beobachtet, zieht seine Schlüsse und tut dann, was er für richtig hält. Die Mittlere ist Aya. Sie ist die sanftmütigste von uns, hasst Streit und Auseinandersetzungen. Sie ist sehr begabt. Eine wahre Künstlerin.“

„Künstlerin? Was macht sie? Musik?“

„Ja, vor allem. Sie singt, spielt mehrere Instrumente. Aber sie tanzt auch, malt ganz wundervoll. Ansonsten ist sie eher zurückhaltend. Scheint in meiner Familie weit verbreitet zu sein.“, murmelte er. „Aber sie hat, außer meiner Mutter, mehr Herzenswärme, als irgend ein andrer Mensch den ich kenne. Dann wäre da noch Lee. Er ist nur ein gutes Jahr jünger als ich. Er ist der Idealist. Lee mag fast jeden und fast jeder mag Lee.“ Ein schmerzliches Lächeln huschte über seine Züge. „Also so ziemlich das Gegenteil von mir. Wenn Lee einen Raum betritt, kann man darauf wetten, dass sich mindestens die Hälfte aller Frauen Hals über Kopf in ihn verliebt.“

Und die andere Hälfte ist vermutlich schon ohnmächtig, wegen Dir, dachte Pippa.

„Er ist ... charmant. Attraktiv. Geistreich. Alles was Frauen so gefällt.“

„Und Du? Was ist mit Dir?“, fragte Pippa leise.

„Mit mir? Was soll mir mir sein? Ich bin ich. Der Älteste. Ich bemühe mich, meinen Aufgaben gerecht zu werden. Aber das tun die anderen auch.“

„Mit dem gleiche Erfolg?“

„Was?“

„Na ja. Dir gelingt doch alles. Du weisst alles. Du kannst alles. Und vermutlich erreichst Du auch Alles.“

„So siehst Du mich?“

„Sollte ich nicht?“

Er sah aus dem Fenster.

„Keine Ahnung.“, murmelte er. „Auch bei mir läuft nicht alles unbedingt so, wie ich will.“

„Wie meinst Du das?“

„Manchmal ... bin ich allein.“ Es klang, als koste ihn dieses Geständnis viel Überwindung. „Ich tue etwas, das getan werden muss, und plötzlich sehen alle mich ganz merkwürdig an. Oder sie albern herum, und ich bemerke, dass ich den Witz gar nicht verstehe. Jeder in meiner Familie hat auf seine Art ein leidenschaftliches Temperament. Außer mir.“, schloss er kaum hörbar „Im Grunde bin ich nur ein Langweiler.“

„Ein Langweiler?“ Sie lachte ungläubig. „Du bist kein Langweiler! Nur weil man weiss was man tut, ist das noch lange nicht langweilig.“

Auch eine Sichtweise. Und gar nicht die schlechteste, wie Lu Ten fand.
 

Nach diesem Abend forcierte Lu Ten, beflügelt durch Pippas Einwilligung, die Lösung seines zweiten Problems. Er wollte diesen Schwindel hier endlich aufgeben. Sich als Prinz zu outen gehörte zwar nicht gerade zu seinen Lieblingsbeschäftigungen, aber Pineria anzulügen rangierte in dieser Rangliste NOCH weiter unten. Das Problem war - wieder einmal - Nemo. Solange ihm nicht das Handwerk gelegt worden war, konnte Lu Ten sein Inkognito nicht aufgeben. Wenn die Tutuks sich plötzlich seltsam verhielten, könnte Ran Verdacht schöpfen. Also musste er weg!

Sich auffällig unauffällig zu benehmen und dabei eine kaum zu überbietende `ich-weiss-etwas-was-Du-nicht-weißt-Arroganz´ an den Tag zu legen fiel Seiner Hoheit nicht weiter schwer und schon bald hatte er, wohin er auch ging, einen neugierigen, kleinen Schnüffler im Schlepptau ... Perfekt!
 


 

Drei Tage später
 

Die Organisation hatte seit zwei Tagen nichts von Nemo Ran gehört.

Man beschloss, ihm einen sehr erfahrenen, sehr gewitzten und sehr skrupellosen Agenten lauf den Hals zu hetzten, um ihn freundlich aber bestimmt nach dem jetzigen Stand der Dinge zu fragen.

Zu Nemos Leidwesen gab es keinen wirklichen Stand der Dinge. Zu dem Zeitpunkt, an dem sein Kollege losgeschickt wurde, sass Nemo schon an einen Stuhl gefesselt in einem unzugänglichen Teil der weitläufigen Kellergewölbe von Schloss Tutuk.
 

Nemo blinzelte ins grelle Licht. Der Schweiss brannte ihm in den Augen und seine Hände spürte er kaum noch.

„Damit kommst Du nicht durch!“, stiess er aus.

„Ach nein?“, kam die gelassene Antwort. „Wüsste nichts, was dagegen spricht.“

„Meine Leute werden kommen um nach mir zu suchen.“

„Oh, damit rechne ich ganz fest.“

Mist! Verdammter, arroganter Mistkerl!

Diese Mission war SO wichtig und was tat er? Er war so blöd auf den ältesten aller Tricks hereinzufallen. Er hatte es vermasselt. Ganz klar. Mission „Pulverfass“ war gescheitert und Schuld war Nemo Ran.

„Und Du denkst, Du wärst ihnen gewachsen?“, höhnte er mit dem Mut der Verzweiflung. „Du weisst nicht, mit wem Du Dich angelegt hast, SONG!“ Das letzte Wort spie er voll Verachtung aus. „Ich bin nur ein kleiner, unbedeutender Fisch, im Vergleich zu denen, die sie schicken werden. So was wie Dich vertilgen die samt Zopf.“

„Ich bebe.“

„Das solltest du auch! Verdammter Verräter!“

„Was?“

„Wie schafft es so was wie Du eigentlich, in den Spiegel zu schauen?“

„Ich benutze meine Retina, Du Cretin.“

„Solche Typen wie Du widern mich an!“

„Mir ist auch nicht grade danach, mit Dir zu knutschen.“

„Ja, DAS machst Du ja schon mit der gutgläubigen, alten Jungfer.“

Die goldenen Augen des Gegners, bisher kühl und distanziert, begannen zu glimmen.

„Du solltest hier niemanden außer mir beleidigen. Sonst kann ich recht ungemütlich werden.“

„Ha! Wie sie auf Dich reinfallen konnte ...“

„SIE ist auf gar niemanden reingefallen! Thema beendet.“

Ein Knebel wurde unsanft in Nemos Mund geschoben. Nur für den Fall, dass doch jemand in diesen ungenutzten Teil des Kellers kam.

„Ich werd euch mal allein lassen. Dich, die Dunkelheit und die Ratten. Vielleicht bringt Dich das dazu, etwas kooperativer zu werden.“, meinte Lu Ten, und überprüfte ein weiteres Mal die Fesseln. „Denn wenn Du mir sagst, wer Deine Auftraggeber sind, werd ich um einiges netter.“

Er ging zu einer schweren, verrostetet Tür. Sie protestierte quietschend, als man sie zwang, sich zu öffnen.

„Solange wünsch ich viel Spass.“

Während Nemo also viel Spass hatte, ging Lu Ten das nächste Problem an. Seine kleine Falle musste erneut präpariert werden. Er rechnete spätestens Übermorgen mit „Besuch“.
 

Der Mann mit der Einsatz-Nummer 034/807 bewegte sich der geschulten Lautlosigkeit und der Routine eines alten Hasen. Schnell und geschmeidig schlich er durch das Zimmer Nemo Rans. Wenn Ran etwas gefunden hatte, war das hier der richtige Ort, um Antworten zu bekommen. Vor dem Bett ging 034/807 in die Hocke.

Dann registrierte er, einen dummen, aber folgenschweren Fehler begangen zu haben. Allerdings war es zu spät, diesen zu korrigieren, denn der kalte Stahl in seinem Nacken bewies zweifelsfrei, dass er erwischt worden war. Die Hoffnung, es könne sich bei dem Schwertträger vielleicht nur um seinen jungen Kollegen Ran handeln, erstarb im Keim, als eine leise, drohende Stimme erklang.

„Umdrehen! Langsam!“

Der am Boden kniende stutzte. Diese Stimme. Er war sich nicht ganz sicher, aber ...

„Bist Du schwerhörig?“

Dieses dunkle Grollen ...

„Hoheit?“, fragte der Eindringlich zögerlich und kam sich aufgrund der Unwahrscheinlichkeit dieser Möglichkeit etwas albern vor.

„Pan Ling?!?“

Die Stirn von Agent 034/807 presste sich ehrerbietigst auf den Boden.

„Verzeiht! Ich wusste nicht ...“

„Was tust Du hier?“

„Einer unserer Agenten ist hier im Einsatz. Er hat sich nicht wie vereinbart gemeldet ...“

„Einer EURER Agenten?“ Da niemand ihn sehen konnte, gestattete Lu Ten sich ein kurzes, verwirrtes Stirnrunzeln. „Oh, erheb Dich endlich!“

„Sehr wohl. Eigentlich ist er noch kein richtiger Agent. Ein Anwärter, sozusagen. Aber vermutlich seid Ihr bereits im Bilde.“

„Äh, nicht wirklich. Ich bin eher zufällig hier.“

„Wirklich? Dann wisst Ihr wohl auch nichts über seinen Verbleib. Wie dumm! Der Junge war recht vielversprechend.“

Pan Ling hatte schon viele unerfahrene Burschen ausgebildet; inclusive aller anwesenden Thronfolger. Eine Leistung auf die der alte Haudegen zurecht stolz war. Der Kronprinz war wirklich der geborene Spion. Nur war seine Berufswahl leider schon vorbestimmt.

„Hm. Doch.“, murmelte Lu Ten nun. „Vermutlich tue ich das. Folge mir.“
 

Nemo hörte die Schritte. Fieberhaft versuchte er seine Fesseln noch ein wenig weiter zu lösen. Gleich würde diese Song-Type ihr rotes Wunder erleben!

Doch die Song-Type hatte mit nichts anderem gerechnet und Nemo Rans Ausflug ins Heldenfach wurde mit zwei schnellen Handgriffen abgewehrt. Er fand sich auf dem Boden kauern wieder, im Nacken eine erbarmungslose Hand.

„Verdammter Bastard!“, keuchte er.

„Oh, ich versichere Dir, meine Eltern sind so verheiratet, wie man nur sein kann!“

„Du schleimiger Grotten-Molch ...“

„Agent 941-A! Hüte Deine Zunge!“

„Pan ... Pan Ling?“

„Erfasst.“

„Ihr steckt mit ihm unter einer Decke?“, hauchte Nemo entsetzt.

„Natürlich. Und Du ebenfalls.“

„Niemals!“

Pan seufzte. Diese jungen Hunde. Zu viel Heldenmut. Zu wenig Hirn.

„Kadett Ran, es wird Dir zweifellos eine große Ehre sein, Lu Ten Aang Tatzu, Abkömmling des hohen Hauses Kairoku, Erbe des Drachenthrons, kennen zu lernen.“

„DAS hat er Euch weiß gemacht? Er ist ein mieser Verrä ...“

„NEMO! Ich kannte den Prinzen schon, als er noch in die Windeln gemacht hat.“

„Welch schmeichelhaftes Beispiel.“, murmelte Seine Hoheit.
 

„Ihr meint ... er ... er.“ Nemo schluckte, blickte auf und begegnete einer gezückten Augenbraue und verschränkten Armen. „A ... aber. Das kann nicht ... Vergebt mir!“

Er warf sich auf den Boden und presste die Stirn auf die flachen Hände.

„Wofür? Dafür, dass Du meinem Vater treu ergeben bist? Oder dafür, dass Du der Feuernation hilfst, den Frieden zu bewahren?“

„Ich ...“

„Steh auf, Kadett 941. Ich denke, das A können wir streichen.“

Das A stand für den noch nicht bestätigten Status eines Mitgliedes der `Organisation´.

„Streichen? Aber ich habe versagt.“

„Versagt.“, schnaubte Ling. „Ich kann Dir eins versichern: man versagt nicht, wenn man gegen einen Tatzu den Kürzeren zieht. Du hast Dich wacker geschlagen. Und noch wichtiger: Du hast Mut und Treue bewiesen. Herzlichen Glückwunsch, von nun an bist Du Agent 034/941, Mitglied des Geheimdienstes Seiner königlichen Hoheit Zukos II. Prüfung bestanden.“

„Prüfung?“, fragte Lu Ten gedehnt.

„Ja. Prüfung. Die erste Aufgabe für einen jungen Anwärter ist selbstverständlich ein gestelltes Szenario. Alles andere wäre unverantwortlich. Professor Tutuk hatte schon mehrmals die Güte, mit uns zusammen zu arbeiten. Zuletzt vor vier Jahren. Ich glaube, es ist das dritte Mal, dass diese Formel `sichergetellt´ wurde.

„WAS?“, rief Nemo. „Aber ...“

Auf Lu Tens Gesicht hingegen, dämmerte ein langsames Lächeln. Ja, das hörte sich irgendwie ganz nach seinem alten Herren an. Nemo, seinerseits, redete sich in Rage.

„Man hat mich hierherschickt, um ... um ... Also, das GLAUB ich ja jetzt nicht! Welcher hirnverbrannte ...“

„Scheint eine recht wortgewaltige Beleidigung meines Vaters zu werden.“, mutmaßte Lu Ten.

„WAS? Nein! Ich ...“

„So lauschig dieses Plätzchen hier auch ist, so würde ich einen beheizten Raum und drei Schälchen Sake dennoch vorziehen.“

„Hört sich gut an.“, brummte Pan. „Ich nehm auch drei.“

„Nemo?“

„Wie? Äh ... ja. Wenn Ihr dies wünscht, Hoheit.“

„Und wie ich wünsche. Es scheint, als hätte ich einiges wettzumachen. Und nenn mich Lu Ten. Oder Grotten-Molch. Aber nicht Hoheit.“
 

Normalerweise gestattete sich der Kronprinz keinen Rausch. Aber hier, am Ende von Nirgendwo, um zwei Uhr Nachts konnte man sich Agni sei Dank in aller Gemütlichkeit volllaufen lassen und Pan Ling alte Anekdoten über den Herrn Papa aus der Nase ziehen. Dieses Material war ebenso geheim, wie amüsant und Nemo musste mehrmals daran erinnert werden, dass im Haus noch Leute schliefen. Als er anfing, zotige Lieder über Barmädchen zu intonieren, schüttelte Lu Ten sich vor Lachen aus und Pan sah sich genötigt, die beiden so gut es ging, in eine abgelegene Bibliothek zu bugsieren, um sie dort großzügig auf die bereitstehenden Sofas zu verteilen.
 

Am Morgen danach standen die unvermeidlichen Kopfschmerzen auf dem Programm. Pineria traute ihren Augen nicht, als sie in die Küche kam, wo Lu Ten grade dem wachsbleichen Nemo wortlos eine dampfende Tasse vor die Nase stellte.

„´anke.“

„Bitte.“

„Nemo? Wo WAREN Sie denn die letzten Tage?“, rief Pippa.

„Ich ... äh ... Tante war krank. Und könnten Sie vielleicht ... leiser ...?“

„Krank? Geht´s ihr wieder gut? Warum haben Sie nicht Bescheid gegeben?“

„Das ganze ist meine Schuld.“, meldete sich Lu Ten und schlürfte ohne ein Anzeichen von schlechtem Gewissen seinen Tee. „Hab vergessen es auszurichten.“

„Vergessen?“

„Ja.“

Miss Tutuk warf ihrem Assistenten einen ungläubigen Blick zu. Er schien ebenfalls meilenweit von seiner sonstigen, tadellosen Verfassung entfernt zu sein.

„Mit oder ohne Absicht?“, fragte sie süffisant.

„Mit. Aber wir haben das bereits ausdiskutiert.“

„Ach tatsächlich?“

„Ja.“
 

Die Hintertür öffnete sich und ein Unbekannter betrat die Küche.

„Morgen.“

„Mo ... Wer SIND Sie?“

„Ling. Pan Ling. Sehr erfreut, Fräulein Tutuk.“

„Äh ...“

„Is mein Onkel.“, nuschelte Nemo schnell in seinen Tee.

„Ach? Der mit der kranken Frau?“

„Sicher.“, bestätigte der überzeugte Junggeselle Pan. „Hat schrecklichen Ausschlag, die Arme. Darum bin ich hier. Um nich auch noch die Krätze zu kriegen.“

Lu Ten räusperte sich vernehmlich.

„Äh ... falls es keine Umstände macht.“, sagte Pan hastig.

„Nein.“ So GANZ bekam Pippa ihr Stirnrunzeln nicht los. „Natürlich nicht. Das Haus ist groß genug. Herr Song?“

„Ja?“

„Ob ich Sie wohl kurz draußen sprechen könnte?“

„Sicher.“
 

An der frischen Luft wurde Lu Ten erst mal eindringlich gemustert.

„Was ist hier los?“

„Wenn ich `Nichts.´ sage, komme ich damit durch?“

„Nein.“

„Dacht ich mir. Und wenn ich Dir versichere, es Dir später zu erklären?“

„Wenn ich `Nein.´ sage, komme ich damit durch?“

Langsam hatte sie es raus, ihrem gestrengen Verlobten sein spontanes Lächeln zu entlocken.

„Nein, Fratz.“, seufzte er.

„Dann muss ich wohl oder übel warten?“

„Nur bis heute Nachmittag. Dann ... Ich habe Dir etwas zu beichten.“

„Wirklich?“ Pippa blinzelte.

„Ja.“

„Das klingt ernst.“

Er holte tief Luft.

„Zumindest wichtig. Und wohl auch überraschend.“

„Hm. Fein.“, nickte Pippa. Aber in ihrer Magengegend brauchte sich Unheil zusammen.
 

Überrascht wurden auch Lu Ten und Nemo, als sie eine Stunde später zusammen mit Pan das Büro des Professors betraten. Der alte Agent hatte auf diesen Besuch bestanden.

Beo Tutuk blickte von seinem Schreibtisch auf, beäugte das Grüppchen über seine Brille hinweg und erhob sich dann.

„Ah!“, rief er erfreut. „Mein lieber ... Wie war der Name doch gleich?“

„Ling. Pan Ling.“

„Ja. Richtig. Wundervoll! Dann war die Prüfung also schon?“

„Ja. Gestern Nacht.“

„Gut. Sehr gut! Ich bin sicher, der Junge hat glänzend abgeschnitten, waswas?“ Jovial schlug Pinerias Vater Lu Ten auf die Schulter und strahlte in die Runde.

„Äh ...“, machte Pan.

„Wie? Nicht bestanden?“, fragte Beo. „Ist aber ein brillanter junger Mensch. In der Tat brillant! Diese Pai-Cho-Taktik ...“

„Er ... er war aber nicht der Kandidat.“

„Ach nein?“ Der Professor blinzelte. „Dabei hielt ich den Witz für so gelungen.“

„Welchen Witz?“ Agent Ling versuchte, seine aufkeimende Verwirrung zu verbergen. Manchmal war es wirklich schwer diesem Akademiker-Volk zu folgen.

„Na, dass er den Namen des Dings gewählt hat. Des Krondings. Lu Ten. Aber dann ist das wohl Ihr richtiger Name, waswas?“

„Ja.“, gab Lu Ten zu.

„Na ja.“, räumte Beo gutmütig ein. „Sie können ja nichts dafür.“

Pan biss sich auf die Lippen, während Nemo einen heftigen Hustenanfall erlitt.

„Nein. Dafür kann ich nichts.“, stimmte Lu Ten mit einem strengen Seitenblick auf die beiden Scherzkekse zu. „Aber es wäre angebracht, wenn ich unter vier Augen mit Ihnen sprechen könnte.“

„Ach? Wirklich? Worum geht es denn?“

Trotz der neugierigen Lauscher holte der hohe Herr auf Freiersfüssen tief Luft und sagte: „Es geht ... um Ihre Tochter.“

„Pineria? Haben wohl einen Narren an ihr gefressen, waswas? Ist mir schon aufgefallen. In der Tat schon aufgefallen.“

Lu Ten biss die Zähne zusammen. Wie sagte Onkel Iroh doch immer? Augen zu und durch!

„Ziemlich.“, presste er hervor.

„Gut! Bravo! Hatte schon Angst, es wäre nur wegen Ihres Auftrags. Das Schäkern. Aber der Auftrag war ja gar nicht Ihr Auftrag, wenn Sie verstehen.“

„Vollkommen.“
 

Auf inoffiziellen Wegen und dafür umso schneller verbreitete sich diese Nachricht nur Stunden später im Palast. Den Kronprinzen hatte es erwischt. Voll erwischt!

Mit hochgezogener Braue wendete Seine Lordschaft sich um.

„Könntest Du das bitte wiederholen, Tian?“

„Man munkelt, Prinz Lu Ten habe sich verliebt.“

„So? Munkelt man?“

„Ja.“

„Und warum erfahre ich davon erst jetzt, wenn MAN schon munkelt?“

„Das Gerücht ist brandneu! Ich bin sicher, sonst weiss es noch niemand.“

Dieser Niemand stiess die Tür auf und rannte, die höfische Etikette vollkommen ignorierend, in den Raum.

„Zuko! Hast Du´s schon gehört?“

„Aber ja.“, sagte der Gatte Lady Jins gelassen und küsste ihr beruhigend die Stirn.

„Und damit kommst Du nicht zu mir??“

„Wär ich ja noch.“

„Ach und wann?“

„Demnächst.“

„Demnächst? Zuko ... wie lange weisst Du davon?“

„Äh, lange genug. Schliesslich erfahre ich immer als erster, was vor sich geht. Tian,“, setzte er beiläufig hinzu. „dieser Husten klingt recht besorgniserregend. Könntest Du vielleicht VOR meinem Büro abkratzen, statt mittendrin?“

„Natürlich, oh Mitfühlender.“
 

Jin legte den Kopf schief und musterte ihr Eheanhängsel misstrauisch.

„Du schwindelst ja.“, stellte sie dann fest.

„Wer?“, fragte Zuko. „Ich?“

„Ja. Du reibst Dir die Nase ... Du HAST es gar nicht gewusst.“

„Doch! Hab ich.“

„Seit wann?“

„Seit ... eben.“

„So wie du gekuckt hast, hattest Du es erst in dem Moment erfahren, als ich reinkam.“

„Lächerlich.“

„HA! Ich hab´s vor Dir gewusst!“

„Kann man so nicht sagen.“

„Doch. Kann man!“, triumphierte Jin.

Aber ihr Triumph bedeutete die Niederlage des Drachen. Also milderte sie ihn mit einem gesunden Schuss Anteilnahme, küsste Zuko auf die Wange und strich tröstend darüber.

„Armer Schatz. Ist Deiner Allwissenheit tatsächlich mal etwas entgangen?“

„Gar nicht!“, brummte er.

„Wie Du meinst.“

„Was soll das heissen, wie ich meine?“

„Nichts. Ich muss jetzt los. Es Sela erzählen und Tante Ria.“

„Ja. Tu was Du nicht lassen kannst.“

„Gut.“
 

Jin wuselte zur Tür. Dort angekommen fiel ihr Blick auf ein unangetastetes Tablett mit abgestandenem Essen.

„Du hast ja Dein Essen gar nicht angerührt!“

„Ich war beschäftigt.“

„Oh! Beschäftigt? Aber ans Atmen denkst Du noch, oder?“

Er verdrehte die Augen.

„Zuko!“

„Ja doch!“

„Ich werd was bringen lassen. Und das ISST Du dann auch bitte.“

„Ja.“

„Heiss! Oder zumindest warm!“

„Ja!“

„Gut! Ich werd nachsehn!“

„Ich ess ja was! Nur war ich eben VORHER zu beschäftigt.“

„Verstehe. Ab morgen keine einsamen Mahlzeiten mehr aufs Arbeitszimmer!“

„Aber ...“

„Keine Diskussion! Und ... Zuko?“

„Ja, mein Herz?“

„Ich hab´s vor Dir gewusst!“

Ihr Kobold-Kichern, das durch die hastig geschlossene Tür drang liess Zuko kläglich grinsen. Verdammt! Sie hatte es doch tatsächlich vor ihm gewusst.
 

Was beide zu wissen glaubten, war tragischerweise nur die halbe Wahrheit. Ja, ihr Sohn hatte eine Frau gefunden, aber sein Schicksal würde sich verworrene Pfade suchen, an deren Ende eine Zwangs-Ehe stand.

Und Lu Ten würde - wie immer - seinem Land dienen und seine Pflicht tun.



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Kommentare zu diesem Kapitel (16)
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Von:  Xanderle
2009-09-14T11:01:12+00:00 14.09.2009 13:01
Okay, okay, okay1 *lach*
Mit dem letzten Satz hab ich ja was angestellt. *evilgrin*
Also, da ich mich mit der letztendlichen Fassung des nächsten Kapis IMMERNOCH rumschlag ... äh ... also.
Ich KÖNNTE Kapi 1 der nächsten Geschichte schon mal veröffentlichen, da wäre die Auflösung der Lu-Ten-Situation dann als Spoiler nachzulesen. Hm ... soll ich das machen? Hm ...
Von:  zeusy
2009-09-11T04:05:51+00:00 11.09.2009 06:05
So nachdem ich jetzt alles gelesen habe, also beide ff's von dir, muss ich dir zu deinem herausragenen Stil Bewunderung antragen. *Räusper* So hochtrabend wollt ich gar nicht klingen.
Ich hab in beiden Geschichten. alle Fasetten von Gefühlen erlebt und nicht selten Gänsehaut gehabt oder aber einen richtig heftigen Lachanfall.
Was ich jetzt allerdings gemein find, ist diese Cliffhänger am ende jetzt.
Nee du willst jetzt echt ne Zwangsehe dem armen Lu Ten andichten? Gerade als er so was wie Liebe entdeckt hat?
Naja vielleicht ändert sich das ja noch. bin gespannt auf ein weiteres Kapitel, bzw. auf das Ende. Dann werd ich alles gemeinsam lesen, und meinen Mann zur weißglut bringen wenn ich den PC für Stunden in Bewschlag nehme *Lach*.
LG das klein Zeusylein
Von:  Eilith
2009-08-26T16:39:40+00:00 26.08.2009 18:39
Hi,

Endlich hab ich die Zeit gefunden, die letzten drei Kapitel dieser FF zu lesen. Ich hatte so viel Stress in letzter Zeit, da war das hier eine schöne Belohnung. Und ich wollte mal wieder ein Feedback geben.

Die Szene, wo Zuko sein Bild sieht:

Desillusioniert starrte Zuko auf sein Konterfei. Dieses „Portrait“ war ja wirklich grottenschlecht.

Was hab ich gelacht. Nachdem ich es ja nu war, die darüber am Anfang dieser Story gemeckert hat. Sehr gut, wirklich. Schön aufgegriffen.

Ansonsten wie immer ein Lob für Wortwahl, Stil und Idee. Obwohl du mich mit dem letzten Satz in diesem Kapitel echt aus der Bahn geworfen hast. Oh, tu mir das nicht an- ich brauche doch momentan fluff.

LG Luinil
Von:  Krylia
2009-08-05T16:08:24+00:00 05.08.2009 18:08
Was bitte? Was sollte den dieser letzte Absatz? Hä!?
Von:  julia18
2009-08-04T09:13:59+00:00 04.08.2009 11:13
Ich liebe wie immer allles *_*
...
..
.
Bis auf den letzten Absatz TT.TT
Mach aber trotzdem schnell weiter, ja?^^
HDL
Deine
julia18
Von:  LaMimi
2009-07-30T19:51:43+00:00 30.07.2009 21:51
Wieder einmal ein zauberhaftes Kapitel, mit viel Spannung & Humor.
Aber was rede ich da? Ich bin eh ein Fan deiner Geschichten, also darf ich mir das Gezülze sparen, was ich jetzt eigentlich noch hinzufügen wollte. :'D
Ich schwelge natürlich schon wieder in spannender Erwartung, wann denn nun das nächste Kapitel folgen wird. <3
Es macht immer irre Spaß diese Geschichte zu lesen.
Wa! Ich kann gar nicht genug von dieser Story bekommen! *___*

in Liebe, NanaNope. :3
Von:  Somi
2009-07-28T19:22:38+00:00 28.07.2009 21:22
klasse kapi
lu ten muss sie einfach heiraten
wenn nicht wäre das mega doof *traurig guck*
mach weiter so *anfeuer*
bye *knuddel*

Somi
Von:  yukio-kun
2009-07-27T20:33:02+00:00 27.07.2009 22:33
yay!
nya, ich hatte ja bereits die ehre das kapitel vorher zu lesen, aber noch mal für die öffentlichkeit...
Ich finds echt meeeeegageil! XD
Wie schon gesagt, hast du einen supertollen Stil, und ich kanns nie erwarten zu wissen wies weiter geht. ^^ <3
Also mach ma schön weiter!!!
*fahne schwing* XDDD
Von:  suz
2009-07-27T18:14:07+00:00 27.07.2009 20:14
oh mein gott!!!!!
da vollbringst du so ein tolles humorvolles und spannendes kapitel und dann so eine schon fast gemeine vorschau auf die folgenden geschehnisse ^^
hm, da bin ich tierisch gespannt, wer mit wem eine zwangsehe eingeht
die szenen zwischen nemo und lu ten waren herrlich genial, ich konnt mich vor lachen kaum halten^^
ich freu mich schon, wenns weiter geht
gruz suz
Von:  il_gelato
2009-07-27T14:49:10+00:00 27.07.2009 16:49
Gutes Kapitel!!!

Was soll das heißen: Zwangsehe?!?!?!?
Das kannst du ihm nicht antun!!!!!!!

Brauch unbedingt mehr davon! Schreib schnell weiter!!!


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