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Das Geheimnis des Spiegel

von

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Unbekannte Kreatur

Zitternd betete Nele wieder zu dem ihr unbekannten Gott. Mit sich und ihrer Furcht kämpfend öffnete sie vorsichtig eines ihrer Augen und blinzelte zu der Gestalt, die den Schatten warf.

„Was machst du denn hier draußen allein im Wald? Das ist nicht gerade ungefährlich!“ zischte sie eine bekannte männliche Stimme an. Jetzt öffnete die Siebzehnjährige auch ihr anderes Auge und konnte wieder neuen Mut fassen.

Gleichzeitig kroch unglaubliche Wut in ihr empor, als sie daran dachte, dass sie dieser Junge auf den Boden geworfen und allein in dem brennenden Dorf zurückgelassen hatte. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt um sich dieser Art von Gefühlen hinzugeben. Sie musste sich zusammenreißen.

Der Junge mit dem blonden Zopf hielt ihr die Hand hin und deutete ihr aufzustehen. Erleichtert, nicht mehr alleine zu sein, nahm Nele seine Hand dankend an und stand auf. Dabei riss ihr Kleid und ein Stück davon blieb an der Wurzel hängen, die sie zuvor festgehalten hatte.

„Danke.“ murmelte sie ihm entgegen, mit der wenigen Würde, der ihr noch geblieben war.

Der Junge drehte sich auf einmal um und lauschte in die Ferne. Nele wunderte sich und folgte seinem Beispiel. Auch hier war wieder diese seltsame Anspannung zu spüren, die ebenfalls bei den Banditen vorgeherrscht hatte. Sie runzelte die Stirn. Irgendetwas ging hier vor sich. Aber nur was?

„ Was hast du?“ fragte sie ungeduldig, nachdem sie nichts hatte hören, geschweige denn sehen können. Der Wald war in absoluter Finsternis und Stille getaucht. Eine Stille die einem jeden Nerv rauben konnte. Nicht einmal das leiseste Vogelgezwitscher, ein Flügelschlag oder das rascheln der Bäume war zu hören. Kein einziger Laut drang an ihr Ohr, abgesehen von ihrem eignen unregelmäßigem Atem. Nele trat unruhig von einem Bein auf das andere. Dabei zertrat sie aus versehen einen kleinen Zweig. Das Knacken schien sich in der Dunkelheit zu verlieren.

„Sei still!“ zischte es ihr entgegen.

Nele fuhr kurz zusammen, mit so einen scharfen Tonfall hatte sie nicht gerechnet. Doch kein weiteres Mal würde sie sich das gefallen lassen.

„Nein! Ich rede wann ich will. Ich mache was ich will! Ihr könnt mich alle mal!“ schrie sie in den Wald hinaus, halb an den Jungen gerichtet, halb an diesen schrecklichen Orte, an dem sie gelandet war. Die Hysterie ergriff kurz Besitz von ihr. Übermannt von ihren Gefühlen, drehte sich Nele auf dem Absatz um und lief in die entgegengesetzte Richtung. Diese gesamte Atmosphäre machte sie reizbar und überempfindlich. Sie verstand sich selbst nicht mehr.

Wut brodelte in ihr. Nie hatte sie gedacht jemals einen Ort so sehr verabscheuen zu können. Mit großen Schritten marschierte sie davon. Es dauerte aber nicht sehr lange und sie bereute ihren Ausbruch. Ihre Gefühle spielten verrückt. Sie zitterte am ganzen Leib. Allein war sie in dieser Welt verloren. Der Junge konnte ja nichts dafür, dass sie hier gelandet war. Er hatte sie nicht in diese Welt geholt und auch nicht verkauft.

Auf einmal zog ein dichter Nebel auf. Er schien sich um das Mädchen anzusammeln und sie verschlingen zu wollen. Mit dem Nebel wurde auch ein unerträglicher Gestank an sie heran geschwemmt. Nele hatte alle Mühe sich zu beherrschen und sich nicht auf der Stelle zu übergeben. Kurz verschwamm ihr Blick. So etwas widerliches hatte sie noch nie gerochen. Faulig, Ranzig, Verwesend.

Ein grauenvolles Heulen drang an ihr Ohr und ein entsetzlicher Schrei entwich ihrer Kehle, als ein Paar roter Augen vor ihr auftauchte. Entsetzt blickte sie die rubinroten Schlitze an. Was war das denn?

„Pass auf!“ rief ihr eine Stimme zu und stieß sie unsanft an einen Baum. Kurz durchflutete ein Welle von Schmerzen ihren Körper. Das Mädchen sog scharf die Luft ein und richtete ihren Blick wieder auf die unbekannte Kreatur. Ihr Beschützer richtete sein Schwert gegen das Ungeheuer und ließ es nicht aus den Augen. Doch dieses schien keineswegs beunruhigt zu sein.

Sie war fast so schwarz wie die Nacht und so gut wie unsichtbar in der Dunkelheit. Einzig ihre roten Augen leuchteten wie glühende Kohlen und starrten zu dem entsetzten Mädchen hinüber. Sie fixierten ihre Beute und ließen sie keinen Augenblick außer Acht. Nele überkam eine Gänsehaut. Ekel kroch an ihrem Rückrad nach oben. Was um Himmelswillen war das?

Die langen Hinterbeine krümmten sich nach hinten, für den nächste Angriff bereit. Die viel zu kurzen Vorderbeine hatten alle Mühe das Gleichgewicht des Wesen zu halten. Der glatte, lange Schwanz schlug wie wild voller Ungeduld hin und her. Die peitschenden Klänge wurden vom Wald gierig verschlungen.

Der schmale Kopf wiegte sich im plötzlich aufkommenden Wind, ab und zu blitzten die verkrüppelten Zähne hervor. Ätzender Speichel verpestete die Luft und tropfte auf den Boden herab. Ein leises zischen drang an Neles Ohr und drängt sie einen Schritt zurück. Sie wusste nicht was sie vor sich hatte, aber dieses Ding war auf keinen Fall von dieser Welt. Und noch viel wichtiger war, dass es ihr nicht freundlich gesinnt zu sein schien.

Abermals kämpfte sie gegen die sich anbahnende Übelkeit. Jetzt verstand sie die Besorgnis der Banditen und die knisternde Anspannung. Der Mond leuchtete zwar hell am Himmel, doch sein Licht drang nicht durch die Kronen der Baumwipfel, um diese Kreatur aus der Dunkelheit zu holen. Er schien sich selbst vor ihr verstecken zu wollen.

Nele bemerkte, wie sich der Junge vor ihr langsam bewegte. Er schob sein rechtes Bein leicht in Richtung der Bestie und straffte seinen Rücken. Seine Muskeln spannten sich sichtlich an. Er selbst wirkte wie eine lauernde Bestie, bereit zum Angriff.

Aus einem bizarren Grund heraus, fühlte sich Nele in seiner Nähe sicher und geborgen. Das verwunderte sie. Ihr Blick heftete sich an seinen starken Rücken. Vorsichtig musterte sie den jungen Mann. Er trug, genau wie David, einen langen braunen Mantel. Seine Hosen schienen aber verschlissener zu sein, als die des Banditenbosses. Da er mit dem Rücken zu ihr stand konnte sie seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen.

Plötzlich schien die Kreatur ihre Geduld zu verlieren und setzte zum Angriff an.

Nele erschrak als sie in den Spitzen der Baumkronen verschwand. Kein Rascheln war zu hören gewesen. Wie von Geisterhand war das Ding verschwunden. Einen Atemzug später landete die schwarze Bestie direkt vor ihren Füßen und schickte ihr einen Laut entgegen, der einem grunzen ähnelte.

Vor Schreck versucht Nele weiter nach hinten auszuweichen, doch der Baum versperrte ihr den Weg und die Wurzel drückte gegen ihren Fußknöchel.

„Verschwinde da endlich!“, rief ihr der Fremde entgegen. Er holte mit seinem Schwert aus und schwang es, etwas plump, dem Biest entgegen. Dabei streifte er den rechten Vorderlauf und es heulte lauthals auf.

Nele spürte eine unbekannte Kraft in sich, die ihr half einen Schritt zur Seite zu wagen und fortzulaufen. Dabei stolperte sie über ihre eigenen Beine, setzte jedoch zu einem Sprint an und versuchte zu entkommen. Was sollte das alles? Warum verfolgte es sie?

Das Ungetüm machte sich auf die Jagd. Doch der junge Mann ließ ihm keine Ruhe. Er stach mit seinem Schwert immer wieder zu, warf einige Steine, die er beim hinter herlaufen aufgehoben hatte, und brüllte mächtige Flüche dem Ungetüm entgegen. Doch nichts schien es von seiner Beute abzulenken.

Außer Atem blieb Nele stehen. Noch nie hatte sie so etwas zuvor erlebt. Das konnte doch nicht wirklich alles real sein. Sie glaubte jeden Moment aus einem Albtraum erwachen zu müssen.

Die Kreatur sprang über ihren Kopf und kam vor ihr zum stehen. Schwaden dunklen Blutes quoll aus unzähligen kleinen Verletzungen hervor. Der Junge schien es oft mit seinem Schwert getroffen zu haben. Doch das Monster nahm scheinbar keine Notiz davon.

Mit seinen Augen fixierte es sein Opfer und gab leise klickende Laute von sich, ganz so als ob es Nele von ihrem unweigerlichen Tod erzählen wolle.

Das Mädchen erwiderte aus puren Trotz den Blick. Sie wusste nicht warum, aber aus der Nähe betrachtet hatte sie plötzlich keine Angst mehr. Oder war es das Adrenalin, dass ihre Adern durchfloss, dass ihr diesen Mut verlieh? Ihr Herz raste jedenfalls wie wild. Nele würde um nichts in der Welt aufgeben. Heute war nicht ihr letzter Tag gewesen. Sie würde auf gar keinen Fall hier sterben.

Etwas regte sich in ihrem Innerem. Es versuchte herauszukommen, doch Nele kämpfte gegen das unbekannte Gefühl an. Immer noch das Ungetüm anstarrend, blieb sie standhaft und straffte ihren Körper.

Wie konnte dieses Ding es wagen, ihre, schon so müden Beine, durch das Unterholz zu jagen ohne, dass Nele ihm etwas getan hatte! Wut und Empörung verdrängte ihre Angst. Alles was sie bis jetzt erlebt hatte kam in ihr hoch. Dieser beschissene Spiegel! Alles war einfach nur beschissen! Auch diese Begegnung würde Nele überleben und dann einen Weg nach hause finden. Das schwor sie sich.

„Was bleibst du stehen? Bist du völlig verblödet? Lauf gefälligst weg!“, brüllte ihr Beschützer, nachdem er sie endlich eingeholt hatte. Warum hatte er so lange gebraucht?

In diesem Moment setzte das Ungetüm wieder zum Sprung an. Es ging alles viel zu schnell, als dass Nele hätte begreifen können was gerade geschah.

Der Junge würde sie nie rechtzeitig erreichen, bevor das Monster sie zerriss. Trotz dieser Gewissheit setzte er sich fluchend in Gang. Befahl seinen Beinen zu fliegen. Er musste sie beschützen. Komme was wolle.

Nele schloss aus Reflex ihre Augen und spannte ihren Körper an. Kurz umhüllt sie wohltuende Dunkelheit. Die Zeit schien auf einmal still zu stehen. Erst spürte sie es nur, aber dann konnte sie es sehen. Das orangefarbene Schimmern. Genau das gleiche, wie aus dem Spiegel. Es schien nach Nele zu rufen. Süß und verlockend, heizte ihre Wut noch mehr an. Als sie nach diesem Leuchten greifen wollte hörte sie ein lautes Surren in der Luft.

Es zerstörte die Stille und vermehrte sich. Dann ein lauter Schrei. Unerträglich grausam. Das Leuchten verschwand plötzlich wieder und hinterließ eine unbefriedigende Leere. Nele öffnete ihre Augen, wurde wieder in die Wirklichkeit zurück katapultiert.

Die Kreatur brach zu ihren Füßen zusammen. Durchbohrt von dutzenden Pfeilen lag es in seinem eigenem Blut wie eine bizarre Opfergabe. Seine Augen erloschen langsam. Trotzdem klebte der starre Blick noch an Nele und brannte sich in ihre Seele. Sie traute sich kaum Luft zu holen und bewegte sich keinen Zentimeter. Was war nur geschehen?

Der Junge bremste vor der blutenden Gestalt und schwang sein Schwert im hohen Bogen. Dabei trennte es den Schädel des Monsters mit einem freudigen zischen ab. Wieder schwappte ein Welle von Blut aus der Kreatur heraus und ein kurzes zucken im linken Hinterbein verriet, dass es seinen letzten Atemzug hinter sich hatte.

Der Boden verschlang die rote Pfütze und die Dunkelheit schien sich langsam aufzulösen. Ein leises zirpen war zu hören. Der Wald erwachte zu neuem Leben. Scheinbar war die Gefahr vorüber.

Erleichtert Atmete Nele auf.

Der junge Mann, der neben ihr stand, starrte hinüber in die Büsche. Mit seiner Linken hielt er sich eine klaffende Wunde an seiner Seite und versuchte, den lebensnotwendigen Saft, zurück zu halten. Nele richtete ihren Blick in dieselbe Richtung wie ihr Beschützer.

Ein halbes dutzend Banditen stand außer Atem und mit noch gespannten Bögen in den Büschen. Sie grinsten schelmisch. Scheinbar froh, das Ungeheuer erlegt zu haben. David trat hervor und musterte die beiden Jugendlichen.

„Hier steckst du also!“, schnaubte er ihnen entgegen. Doch diese Äußerung war nicht an Nele, sonder an den Jungen neben ihr gerichtet.

„Du wurdest aber ganz schön zugerichtet.“ Er schnalzte missbilligend mit der Zunge und musterte den Jungen von Kopf bis Fuß. Ehrliche Sorge zeichnete sich in seinem Gesicht ab.

„Pha. Das ist doch nur ein Kratzer!“, schnaufte Neles Beschützer ihm entgegen und bewegte sich auf die Truppe zu. Seine Schuhe gaben dabei keinen Laut von sich. Sie bemerkte seine katzenhaften Bewegungen und konnte nicht umhin diese zu bewundern. Im gleichen Augenblick schüttelte sie über sich selbst den Kopf. Nun war wirklich keine Zeit für solche zarten Bewunderungen.

Nele betrachtete die Beiden sorgfältig und verglich sie mit einander. Es gab keinen Zweifel. Sie ähnelten sich so sehr wie es nur zwei Brüder konnten. Doch sie wusste nicht wie sie die sichtliche Abneigung zwischen den beiden deuten sollte. Die Gruppe schien das Mädchen nicht zu beachten und begab sich geschlossen auf den Rückweg.

Mit eiligen Schritten beschloss die Fremde den Männern unaufgefordert zu folgen. Schon der bloße Gedanken daran allein auf so eine Kreatur zu stoßen ließ sie erzittern.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hier kommt das überarbeitete Kapitel 6. Dieses Mal musste ich kaum etwas verändern.
Hoffe es hat gefallen ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Mimmy-chan
2011-04-19T18:29:32+00:00 19.04.2011 20:29
Yipi Yei Yeah!
Ich hatte Recht *der Stolz schwelt die Brust*

Na was für eien Überraschung Xd die beiden sind Brüder *hihi*
Super klasse!!!

Gott dieser Chris ist einfach nur sexy, oder? Also sein Verhalten zumindest. Von seinem Äußeren weiß man durch die Geschichte ja nicht viel.

Ich finde Nele so ... WOW!!! Sie ist so stark! Bleibt doch ernsthaft stehen und blickt der Bestie ins Gesicht. Und dann dieser Licht *breit grins*
Tja was DAS wohl sein mag. *hihi*

PS:
Nenn mich ruhig blöd, aber ich hab die Geschichte kaum noch in Erinnerung. Alles ist irgrnwie neu für mich. Traurig oder? Wie lange ist das jetzt schon her, dass du damit angefangen hast?

chuchu mimmy-chan
Von: abgemeldet
2008-10-18T16:23:52+00:00 18.10.2008 18:23
ich muss mich blackheart anschließen die welt ist zu kleinXDDD
ja keine ahnung... Was hat das monster nur gegen nele????
Von:  Thuja
2008-01-02T12:11:45+00:00 02.01.2008 13:11
hah, die Welt ist echt klein. Da ist ihr Retter ausgrechnet der Bruder (zumindest scheint es so) von David.
Naja diesmal waren die Banditen ja ihre Rettung, Das Monster war aber auch gruselig.
Was es wohl wollte?
Es schien ja eindeutig was gegen nele zu haben.

Ich frag mich nur was die Banditen jetzt mit ihr machen?
Ob sie sie wieder abschieben?

ich erfahr es sicher bald :D

ach ja was mir noch einfällt. Im allerersten Satz fehlt das Verb. Ich nehm an es war so etwas wie "beten", was da hin sollte :D
"Nele wieder zu dem ihr unbekannten Gott"


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