One Shot
http://de.musicplayon.com/play?v=418159 Waiting for that day - George Michael
Wie Goldregen fielen die Herbstblätter zu Boden. Beschienen von der Sonne, strahlte das Gelb und schenkte ihnen ein würdiges Ende, bevor sie beginnen würden, sich auf der kalten Erde dunkel zu färben und zu vertrocknen. Die letzten warmen Strahlen brachten eine kurze Erinnerung an den Sommer.
Sanji saß auf seiner Fensterbank und beobachtete wie sich ein Schwarm von Zugvögeln auf die lange Reise machte, um der Natur zu folgen. Ein kleiner Abschied. Nicht für immer. Sie würden im nächsten Jahr wieder kommen und alles würde so sein wie zuvor. Nicht für ihn. Es war schon jetzt nichts mehr wie es einmal war.
Ein Jahr.
Ein ganzes Jahr und immer noch kreisten seine Gedanken oft um ihn. Bei ihnen war es ein Abschied für immer gewesen und auch wenn er es so gewollt hatte, spürte er immer noch diesen kleinen schmerzhaften Stich, wann immer er an ihn dachte.
Die schönen Momente gewannen oft die Oberhand über die schlechten. Über die Gründe, die diesen Abschied verursacht hatten. Wenn etwas vorbei war, dachte man meistens nur an die guten Zeiten und fragte sich, warum man das alles aufgegeben hatte. Aber tief im Inneren wusste man es doch. Oft fragte er sich, was gewesen wäre, hätte er diesen Schritt nicht gemacht. Fragen ohne Antworten.
Damals hatte er geglaubt, es gäbe noch einen Funken Hoffnung für sie. Wenn sie sich einfach nur bemühten es besser zu machen. Wollte Zoro mit dem Kopf darauf stoßen und teilte ihm das Ende ihrer Beziehung mit. Aber der Grünhaarige begann einfach nur seine Koffer zu packen und verschwand. Sanji wusste genau, hätte Zoro etwas gesagt, hätte er nur Ansatzweise zu verstehen gegeben, dass er diese Beziehung nicht als gescheitert ansah, Sanji hätte ihm verziehen. Aber scheinbar war es für Zoro damit vorbei. Er verließ ihre gemeinsame Wohnung und zurück blieben nur ein paar Fotos aus glücklichen Tagen.
Immer wieder blätterte der Blonde durch die Alben. Er suchte den Grund für das alles. Wann hatte das Ende nur begonnen?
Fünf Jahre.
Fünf gemeinsame Jahre, die plötzlich nichts mehr zu bedeuten schienen. Die ihren Sinn verloren hatten. Aber so wie es damals war, hätte er nicht weiter machen können. Sie verloren sich immer mehr aus den Augen. Lebten gemeinsam, getrennte Leben. Allmählich entfremdeten sie sich von einander und beide hatten es wohl zu spät gemerkt, um noch irgendetwas daran zu ändern. Und scheinbar hatte Zoro dies schneller begriffen, als er selbst.
Seufzend erhob er sich von der Fensterbank und zog sich an. Das Leben ging weiter und trotz aller wirrer Gedanken, füllte sich der Kühlschrank nicht von selbst. Er schlüpfte in seine Schuhe und verließ seine Wohnung, die früher einmal ihre gewesen war. Genau heute vor einem Jahr hatten sie sich getrennt und darum fiel es ihm auch so schwer an diesem Tag dem Alltag zu trotzen. Jahrestage waren normalerweise ein Grund zum Feiern, aber manche erinnerten auch einfach nur an schmerzhafte Dinge.
Nachdem die Wohnungstür ins Schloss gefallen war, tapste er die Stufen hinunter und verließ das Haus. Die Sonne brannte fast in den Augen und doch erreichte sie nicht sein Herz. Er fühlte sich einfach nur grau und dieses bunte Draußen drang einfach nicht zu ihm hindurch. Mit routinierten Bewegungen zündete er sich eine Zigarette an und marschierte durch den nahe gelegenen, kleinen Park. Es war der kürzeste Weg zum Supermarkt, auch wenn er wieder Erinnerungen an Früher zum Vorschein brachte. Hier hatten sie im Frühjahr immer die Kirschblüten betrachtet, während sie auf einer der Bänke, ein Picknick veranstaltet hatten oder im Sommer einfach auf einer Decke im Gras die Wärme genossen. Meistens schlief Zoro schon nach ein paar Minuten brummelnd ein, aber mit der Zeit hatte Sanji sich damit abgefunden. Wenn Zoro schlief, dann las er eben oder beobachtete die Leute im Park. Die Hauptsache war: Sie waren zusammen.
Jetzt war er alleine in ihrem Park. Allein, auf einer der kleinen Bänke. Allein, auf der Decke im Gras.
Nachdem er seine Einkäufe erledigt hatte, ging er den selben Weg wieder zurück, zündete sich abermals eine Zigarette an und versuchte die trüben Gedanken zu verdrängen. Er sah weder nach links oder rechts doch plötzlich erblickte er, aus dem Augenwinkel heraus, grüne Haare. Für einen Moment glaubte er sich getäuscht zu haben, drehte den Kopf zur Seite und hätte fast die Einkaufstüten fallen lassen. Da saß er, Zoro, auf einer Parkbank und sah ihm unverwandt in die Augen. Der Blonde schluckte schwer und trat ein paar Schritte auf den anderen zu. „Genau ein Jahr.“, bemerkte der Grünhaarige, als Sanji vor ihm stand und rückte ein Stück zur Seite, um einen Sitzplatz frei zu geben. Sanji nickte nur stumm, kam aber der unausgesprochenen Aufforderung nach und ließ sich neben dem Grünhaarigen auf das Holz sinken.
„Was machst du hier?“, wollte Sanji nach einigen Minuten des Schweigens wissen und Zoro zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich auch nicht so genau.“ Wieder schwiegen sie, sahen sich auch nicht an, sondern saßen einfach nur Seite an Seite auf der kleinen Bank. „Wie geht’s dir?“, brach Zoro irgendwann die Stille und der Blonde schaute zu Boden. „Ich arbeite viel. Und bei dir?“
„Geht mir nicht viel anders.“, erwiderte der Grünhaarige und schloss die Augen. „Hab jetz ne kleine Wohnung in der Innenstadt. Nicht Besonderes, aber reicht. Bin eh kaum Zuhause. Du wohnst noch hier?“
Sanji nickte. „Hab noch nichts anderes gefunden und eigentlich mag ich die Gegend hier.“
„Kann ich verstehn.“, entgegnete Zoro. „Du mochtest den Ausblick ja sowieso immer gern. Warum also solltest du nicht hier bleiben? Es war ja am Anfang eh deine Wohnung.“
„Und nun ist sie es wieder.“, seufzte der Blonde und lehnte sich auf der Bank zurück. „Is schon seltsam, wie das Leben manchmal spielt. Ich dachte wirklich es würde für immer unsere Wohnung sein.“
„Das habe ich auch gedacht, Sanji. Irgendwann einmal hab ich genauso gedacht.“
„Aber es wird nie wieder so sein, oder?“ Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage und der Blondschopf wusste auch, wie recht er damit hatte. Zoro verzog das Gesicht zu einem schiefen Lächeln und öffnete die Augen wieder. „Du kannst mich ja mal besuchen in meiner neuen Wohnung. Mal zum Essen oder so.“
„Ich meld mich.“, antwortete der Blondschopf und beide wussten, es war eins von den Versprechen, die man am Ende nie einhielt. Langsam erhob sich Sanji von der Bank und griff nach seinen Einkaufstüten. „Ich werd dann mal wieder…“, erklärte er und Zoro nickte verstehend. „Ja, ich muss auch gleich wieder los. Bin spät dran.“
„Wie immer.“, grinste Sanji und steckte sich einen Glimmstängel zwischen die Lippen. „Ganz genau.“, bestätigte Zoro und stand auf. „Machs gut Sanji.“
„Du auch, Zoro.“, lächelte der Blonde und kehrte dem anderen den Rücken zu. Lief los, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Und wie Perlen an einer zerrissenen Kette, verstreuten sich die Erinnerungen an gemeinsame Tage, auf dem Boden. Die schönen Dinge. Die schlechten Dinge. Gemeinsame Zeit, die ihre Bedeutung langsam verlor. Das Band war gerissen und zurück blieben nur ein paar lose Perlen von denen beide versuchten, ein paar zu bewahren. Auch wenn mit der Zeit wohl die meisten verloren gehen würden…