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Almost lost

von

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Er, heiß Sebastian und war ein 27 jähriger Bürohengst, stand mit beiden Beinen fest im Leben, war nie ein größeres Risiko eingegangen, als er hätte tragen können und hatte dennoch – oder auch gerade deswegen – einen sehr guten Erfolg in der Firma zu verzeichnen.

Abteilungsleiter… nicht übel, wenn man bedachte, dass er sich nicht mit Connections, sondern mit harter Arbeit dahin bewegt hatte. Lange Arbeitszeiten, trotzdem häufig noch Überstunden, kaum ein Privatleben. So war es ja auch viel bequemer, denn dann musste er sich nicht mit seiner Familie beschäftigen, oder gar mit den Problemen Zwischen-menschlicher Beziehungen. Es mochte ein Klischee sein, dass Chefs immer ein bisschen Weltfremd sind. Aber bei ihm traf es zu, und auch das wusste er. Es war ihm nur schlichtweg gleichgültig. Dabei hatte er fachliche Kompetenzen, die niemand leugnen konnte, und war nicht nur wegen seines Postens, sondern auch wegen seines Aussehens sehr begehrt, bei den meisten weiblichen Mitarbeitern. Aber Beziehungen? Nicht nur in sexueller Hinsicht, in jeder Form von Zwischenmenschlichen Beziehungen war er hoffnungslos überfordert gewesen. Menschen, sind wie das Papier in seinem Büro. Es gibt viel zu viel davon, und das meiste gehört sowieso in den Müll.

Dennoch hatte Sebastian, als er die 25 erreichte, beschlossen die einzige Frau zu heiraten, die es über längere Zeit mit ihm ausgehalten hatte. Sie hatte ihn wirklich lieben wollen, da war er sich sicher. Aber ob sie es auch tat? Er jedenfalls, nahm sie zur Frau, um nach der Erfüllung im Leben zu greifen. Ja, so war der Plan. Letztlich aber nur, um sich anzupassen.

Rückblickend, sah er so auf sein Leben herab.

Und das war in Ordnung.

Ehrlich.

Denn er hatte einen Grund, um weiterzumachen, um den Kampf nie aufzugeben, und dieser Grund hieß Syra. Große, blaugrüne Augen und kurzes, aber dichtes, helles braunes Haar. Wenn sie Lachte, war es so überwältigend schön, dass es ihn beinahe schmerzte. Sie war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten, fast ein Ebenbild, eine Miniaturausgabe von ihm. Seine Tochter, gerade ein halbes Jahr alt, aber bereits eine starke Persönlichkeit. Und er liebte sie.

Es gibt nicht viele Menschen, die einen so starken Antrieb besitzen, der sie aus allen Tiefen wieder empor zu reißen vermag. Er hätte sich glücklich schätzen können. Aber die Menschen sind vermutlich niemals wirklich zufrieden, nicht über längere Zeit. Dazu ist die Zeit zu sehr im Wandel. Oder auch sie selbst.
 

***
 

Die Einsicht kommt spät, aber immerhin kommt sie noch: man sollte niemals, wirklich niemals im Rausch ein ernsthaftes Gespräch führen, und schon gar nicht, wenn sein Gegenüber nüchtern ist.

Markus erinnerte sich nur Bruchstückhaft an seine Geburtstagsparty, die immerhin erst 9 Stunden zurück gelegen hatte, aber es reichte aus, um ihm klar zu machen, dass er etwas sehr, sehr dummes getan hatte. Er lag auf einem halbwegs bequemen Untergrund. Das war vorerst alles, was er mitbekam. Widerstrebend erhob er sich, schwankte und schaffte es gerade noch zu einem Eimer, neben der Couch auf der er gelegen hatte, und erbrach sich darüber.

Es war sein 27.

Er wollte ihn nicht feiern, dass war viel zu deprimierend, aber irgendwie ließ er sich wohl doch breitschlagen. Markus musste seine langen Haare zurückhalten, damit er nicht auf sie spukte. Seine braunen Augen waren blutunterlaufen und sein Kopf dröhnte. Er konnte die Umgebung, in der er sich befand nur verschwommen wahrnehmen, aber er wusste auch so, wo er war:

Bei ihm.

Bei Alesandro, dass verriet schon die Größe des Raumes und eine Rote Wand, die sonst nur von Weißen umgeben war. Warum er hier war, wusste er nicht mehr, nur, dass er einfach nicht von ihm los kam.

Dass er nur auf der Couch geschlafen hatte, war aber immerhin ein Anfang gewesen. Dass glaubte er zumindest.

Alesandro war fast ein Star im Untergrund. Seine Band war zwar nicht so erfolgreich, dass es zu mehr hätte reichen können, aber seine kleine Fangemeinde vergötterte ihn dennoch. Dass er gut aussehend war, brauchte ihm keiner zu sagen, denn er wusste es selbst! Er war sehr groß, durchtrainiert, hatte Schulterlanges, rotes Haar und eisblaue Augen, so charismatisch, dass ihm kaum jemand widerstehen konnte. Und das war auch das Problem: er liebte es, umgarnt zu werden, vielleicht brauchte er es auch. Gelegentlich war der Reiz – gerade weil verboten – so groß, dass er ihm nicht trotzen konnte. In jenem Fall war es Alesandro auch egal, ob weiblich oder männlich, was ihm gefiel, wirklich gut gefiel, wollte er besitzen, es reichte ja für eine Nacht. Danach wollte er die Betreffenden oftmals nie wieder sehen.

Das war bei Markus anders, warum allerdings, konnte sich er selbst nie so recht erklären. Deshalb hatte er Alesandro an diesem Abend auch darauf angesprochen, als sie auf der Herrentoilette kurz allein waren.

„Warum willst du mich eigentlich?“, er war schrecklich angetrunken, und hatte einen Joint geraucht, eigentlich halb so wild, aber sein Gegenüber war absolut nüchtern gewesen. Dieser sah ihn mit seinem unglaublich verführerischen Blick an, beugte sich vor und sagte:

„Ich kann nichts dafür, ich liebe dich.“ Markus dagegen lachte auf. „Du? Du liebst doch nur dich selbst! Wem machst du was vor?“ Er lachte noch einmal, diesmal eher ernüchtert. „Ich weiß schon: Allen.“, beantwortete er seine Frage schließlich selbst. Eigentlich wollte er ihn noch fragen, ob er ihn nur wollte, weil er sich so heftig sträubte, weil er ihn immer wieder erobern musste, (war es das?), aber in dem Moment betrat jemand die Toilette und er ergriff schließlich die Flucht. Markus hatte bis dahin selten aus freiem Willen mit ihm geschlafen, er war immer sehr abweisend gewesen und musste meistens von Alesandro mit (oftmals noch barmherziger) Gewalt bezwungen werden. Dabei hatte er es gewollt. Aber dessen Starallüren gingen ihm so unglaublich auf die Nerven, dass er hätte schreien können. Im Grunde hasste er ihn mehr, als er ihn liebte, und war dennoch von ihm abhängig.

Und im Grunde hasste er sich selbst dafür.

Markus saß inzwischen wieder auf der Couch, auf der er erwacht war, und trank ein Wasser. Es fiel ihm wieder ein, dass er nicht auf diesem Sofa eingeschlafen war, sondern dass er draußen von ihm abgefangen wurde. Sie hatten sich noch eine Weile gestritten. Diesmal war es ihm zu weit gegangen, vor allem, weil er betrunken war und dann ohnehin alles schlimmer erscheint. Er wollte Alesandro diesmal wirklich verlassen, aber das schien diesen nur noch begieriger auf Markus werden zu lassen. Und irgendwie hatte er seinen Willen erneut gebrochen, irgendwie schaffte er es, dass dieser ihm zwar nicht verzeihen, aber immerhin ausblenden konnte, was gewesen war. Sie hatten Sex in der Gasse, wo er ihn abgefangen hatte, und im Flur in Alesandros Wohnung und noch mal in seinem Bett.

Erst spät in der Nacht war er ins Wohnzimmer gewankt, legte sich dann aber doch auf der Couch nieder, weil er keine Kraft mehr hatte weiter zu gehen.

Es war inzwischen halb Zwei, Nachmittags, und Alesandro war weg, hatte aber freundlicherweise einen Eimer dagelassen.

„Wie soll das bloß enden?“, Markus war nicht glücklich über eine solche Beziehung, gewiss nicht. Aber traurigerweise war sie noch eines der besseren Dinge in seinem Leben. Was hatte er sonst schon erreicht? Er ging auf die 30 zu, war von einem Job in den nächsten geschlittert und hatte es oftmals nie länger als zwei Jahre ausgehalten. In dieser Stadt, in der er im Moment gelandet war, war das nicht anders. Er war – wie nannten sie es noch? –Installateur, was im Grunde wenigstens halbwegs seiner Ausbildung als Elektriker nahe kam, und in einer Galerie beschäftigt.

So hatte er auch Alesandro kennen gelernt. Weil er eine Galerieleiste angeschraubt, und einige Bilder seines Lieblingsmalers ausbalanciert hatte. Sie hatten eine ganze Weile darüber diskutiert, bis Alesandro zu erkennen gab, dass er sie gemalt hatte. Ja, ja, ein Künstler in vielerlei Hinsicht. Markus war aber bereits so taktlos gewesen sie als Schrott hinzustellen, und er stand zu seiner Meinung, als er das wusste. Das schien den jungen Künstler wiederum, dennoch durchaus zu gefallen. Nicht jeder hat den Mut – oder die Dummheit – seinen Arbeitsplatz zu gefährden, nur um seine Meinung zu vertreten.
 

***
 

An diesem Tag war es schief gegangen. Nicht, dass es sonst glatt lief im Geschäft, sicherlich nicht, aber diesmal hatte sich wirklich alles gegen Sebastian verschworen. Dabei war er so sicher gewesen, hatte sich mehr als ausreichend vorbereitet, lieferte eine überzeugende, souveräne Präsentation ab und war wirklich guter Dinge.

Immer, wenn es zu gut läuft, stockt das Rad, um uns daran zu erinnern, das es läuft. Wie zerbrechlich doch alles sein kann, es kam ihm wieder in den Sinn, als seine Finanzstärksten Kunden nicht mitzogen und damit das Projekt zur Farce erklärten. Alle bisherige Planung, alle Skizzen, alle Modelle, waren herausgeschmissenes Geld gewesen.

An diesem Abend wollte er seinen Frust ertränken. Nicht im Fluss, nein, aber im Alkohol. Nun, er war kein Trinker, einige, weniger Gläser Tequilla sollten ihren Dienst schon verrichten. Wo geht man hin, um ungestört und unerkannt zu bleiben?

Dorthin, wo man sonst niemals verkehren würde.

Und das tat Sebastian auch, in dieser verrauchten, heruntergekommenen Bar, um di e er ansonsten einen großen Bogen gemacht hätte. Dass er mit seinem dunkelbraunen, eleganten Anzug und seinen 250 Mücken teuren Schuhen sehr auffallen würde kümmerte ihn aber nicht sonderlich. Und so kam es dann auch, dass er an der Theke saß und der süßen Bardame die Ohren abkaute. Dass diese, ihrem doch ziemlich aufdringlichen Gast, immer wieder freudig nachschenkte, damit er doch irgendwann vom Stuhl fallen würde, verwunderte dann nicht.

Süßer Rausch, komm´! Manche heitern sich mit einem anständigen Fick auf, manche auch mit einem schmutzigen… Aber was es auch ist, es soll die entsetzliche Leere füllen, stattdessen wird sie einem dadurch nur umso schmerzlicher bewusst.
 

***
 

„Wo hast du mich jetzt schon wieder hingeschleppt?“, Markus war entnervt und müde. Gelegentlich packte es seinen Freund und er ergriff die Flucht von Orten, in denen er zu bekannt war. Es kam nicht oft vor, dass er ihn dabei mitnahm, aber diesmal schien er sich ernsthaft bei Markus entschuldigen zu wollen. Na ja, so weit das bei Alesandro möglich war. Die höchste Stufe schien damit erreicht.

„Hier ist selten etwas los, wahrscheinlich überlebt der Laden nur durch andere Geschäfte.“, antwortete Alesandro schließlich.

„Geldwäsche?“, warf sein Gegenüber ein.

Dieser zuckte nur gleichgültig mit den Achseln. Das dieser Schuppen selten viele Gäste hatte war nicht unbedingt offensichtlich. Denn trotz der schlechten Lage im Industriegebiet und trotz der unglaublich stickigen Luft, war doch immerhin die Musik ganz passabel und die Bardame… wow, ein hübsches Ding! Dennoch hatte sich nur eine Hand voll Leute hier eingefunden.

Ein Pärchen saß an einem Tisch zu ihrer Linken, und feierte irgendein Jubiläum, zu ihrer Rechten saßen drei Mädels und zwei halbstarke Kerle, die sich bemühten sie irgendwie zu beeindrucken und es tanzten sogar drei Gestalten. Sah nicht sehr elegant aus, aber immerhin. An der Theke lungerte ein heruntergekommener Säufer, auf der anderen Seite ein frustrierter Geschäftsmann. Das war wirklich ein viel versprechendes Ambiente.

Die beiden Neulinge wurden von fast allen schaulustig inspiziert, aber entgegen seiner Befürchtung erkannte den selbsternannten Star niemand. Dennoch genoss er die bewundernden Blicke mit einer offensichtlichen Arroganz. Markus nahm es genervt zu Kenntnis, versuchte aber es zu ignorieren. Er ging geradewegs zur hübschen Bardame und bestellte sich erst einmal zwei Schnaps. Er hatte wirklich große Lust es Alesandro schwer zu machen, ihn vielleicht mit einer kleinen Affäre zu verletzen, oder einfach ein bisschen Spaß mit jemand anderem zu haben. Irgendwie lag ihm die Verführungsnummer nicht, und wahrscheinlich hätte er auch ohnehin keinen Erfolg gehabt, aber er wollte der Bardame trotzdem schöne Augen machen. Nicht, dass er irgendetwas mit einer Frau hätte anfangen wollen, aber um sein Selbstbewusstsein zu stärken, reichte es aus.

Er war ja auch wirklich süß. Das musste die Bardame gedacht haben, denn sie flirtete von sich aus mit ihm. Markus setzte sich an die Bar, neben den heruntergekommenen Säufer – was er aber nur am Rande mitbekam – und unterhielt sich mit ihr. Das schien Alesandro nicht zu stören, denn obwohl er sich nun neben seinen Freund platziert hatte, rückte er ihm nicht nahe genug auf, um etwa einen Besitzanspruch geltend zu machen.

„Ich bin gleich wieder bei dir…“, gab sie Markus zu verstehen und wandte sich notgedrungen wieder ihren anderen Gästen zu. Dieser schenkte ihr ein erwartungsvolles Lächeln.
 

*
 

Sebastian hatte die beiden Ankömmlinge nicht einmal eines Blickes gewürdigt. Missgelaunt bemerkte er nur, dass seine Gesprächspartnerin sich mit sehr viel größerem Interesse jemand anderem zuwandte. Als er Markus zum ersten Mal wirklich ansah, kam er ihm seltsam bekannt vor. Es viel im schwer, sich an irgendetwas zu erinnern, ein Schwindel überkam ihn und er rieb sich mit einer Hand über seine Augen.

„Ich sollte nach Hause gehen.“, flüsterte er zu sich selbst. Eine Besitzergreifende Trauer legte sich auf ihm nieder. Wann war ihm sein Leben nur so wertlos vorgekommen? Er versuchte verzweifelt sich Syras Gesicht ins Gedächtnis zu rufen, aber es verschwamm sofort wieder. Wäre sie und Mareen nicht bei seiner Schwiegermutter, wäre er vermutlich nicht mehr hier, aber andererseits musste er nun wenigstens keine Erklärungen abgeben. Immer wieder zog es seinen Blick auf den jungen Mann, gegenüber von ihm. Irgendwoher… kannte er ihn.

Dieser flirtete immer noch ungehemmt und wurde sich seiner Umgebung nicht gewahr. Erst als dessen überheblicher Begleiter ihn darauf aufmerksam machte, dass ihn „der Typ da vorn“ andauernd anstarrte, wandte er seinen Blick von der Bardame und schaute in Sebastians Richtung. Dessen Reaktionsgeschwindigkeit und sein Schamgefühl waren durch seinen Alkoholspiegel so weit heruntergesetzt, dass er ihn auch noch ansah, als dieser seinen Blick erwiderte. Trotzdem überraschte es ihn, als sich der junge Mann erhob und auf ihn zuging.

„Sebastian?“, flüsterte Markus. Es war eigentlich keine Frage, eher eine plötzliche Erkenntnis.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2007-10-24T10:38:25+00:00 24.10.2007 12:38
ja, wie gehts weiter?
klingt interessant und wirft viele fragen auf ^^
auch wenns sich die charaktere vermutlich in keinster weise ähneln, erinnert mich sebastian doch ein bisschen an brian ^///^
Von: abgemeldet
2007-10-24T10:23:01+00:00 24.10.2007 12:23
den anfang der geschichte kannte ich ja noch nicht,deswegen bekommst du dafür ein feedback(auch wenn ich es dir mündlich schon mitgeteilt habe):

der prolog macht neugierig. ich mag deine sprache und die tiefe deiner worte.

was das erste kapitel angeht: du stellst die jungs vor. sicher hat es etwas trockenes zu beginn, aber man liest trotzdem weiter.
auch ich oder gerade ich, weil ich weiß wie es weiter geht.

hoffe du schreibt sie wirklich zu ende ^^

hab dich lieb meine schreibgöttin


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