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Beyond the Death

is waiting a new beginning for you... (Sess x Kago)
von

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New Life beyond the Death

New Life beyond the Death
 


 


 


 

Nein. Das... das KANN einfach nicht sein! Es ist… es ist wider jeder Natur! Das ist nicht fair, nicht jetzt. Warum nur ist das Schicksal dermaßen grausam? Wie soll die Erde sich denn nun weiterdrehen? Jetzt noch… Es ist wie ein Schlag direkt in die Magengrube. Warum musste es nur so kommen? Gerade jetzt, wo alles endlich einmal gut laufen könnte? Warum hatte das bloß passieren müssen? Warum nur ist das Schicksal so grausam? Warum hatte er sterben müssen? Ihr Herz und ihre Seele waren verloren, tief im Strudel der Einsamkeit…
 

So unfair. Gibt es etwas, was mehr nehmen kann als das Leben es vermag? Gibt es etwas, was einen mehr verletzten kann, als es in der Macht des Schicksals steht? Alles hätte gut werden können, die Sonne hätte zum ersten Mal ungetrübt am Himmel gestanden. Doch nun? War wieder etwas davor, dunkel wie der Schmerz, der ihrer Brust die Luft abschnürte. Das war nicht fair! Konnte denn nicht einmal, einmal nur, alles gut sein? Ohne Angst, ohne Einsamkeit, ohne Furcht, ohne Schmerz? War das überhaupt möglich? Ging das? Ein Leben, bei dem hinter dem Glück nichts war, wo man das Leben genießen konnte? Gab es das? Wenn ja, wer konnte so ein Leben führen? Die Götter? Buddha? Vielleicht. Aber nicht sie, ein normalsterbliches Wesen, noch dazu ein Mensch. Sollte ihr Leben nur aus Schmerz, Leid und Verbitterung bestehen? Wo man ihr doch die Liebe genommen hatte… Das Herz und die Seele noch dazu… was konnte ihr das Leben jetzt noch bieten? Gab es das Leben nach dem Tod? Konnte sie dort wieder ihr „Glück“ haben?

„Werde glücklich…“

Nein! Sie konnte nicht. Sie hatte es ihm doch versprochen…
 

„Nein!“, schrie sie aus voller Lunge. Doch er, dieser verdammte Bastard, war schon verschwunden. Sie befreite ihre Beine aus der Starre und lief hin zu jenem, der blutüberströmt am Boden lag, der hatte eine Niederlage einstecken müssen. Neben ihm fiel sie auf die Knie.

„Halt durch! Ich werde…“ Doch eine Stimme, schwach nur, unterbrach sie. „Nein… es ist vorbei, zu spät für mich…“ Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Sag so etwas nicht! Ich werde dich versorgen und alles wird gut! Du darfst jetzt nicht sterben, nicht JETZT!“ Ein schwaches Lächeln stahl sich auf dieses Lippen, auf die des Verlierers, er wusste um sein Schicksal, bereit, dem ins Gesicht zu sehen, bereit, seinen Weg zu gehen, wie es bestimmt war. „Es kommt alles, wie es kommen muss… und ich wehre mich dagegen nicht, ich kann nicht gegen das Schicksal bestehen, am Ende siegt immer der Tod. Doch ich habe eine Bitte an dich… versinke nicht in der Trauer, die der Tod nach sich zieht und fange neu an… Der Tod nimmt ein Leben mit sich, doch die Hinterbliebenen dürfen von vorn anfangen, sollten sie sich nicht einsperren… Fang von vorne an. Onegai… Werde glücklich… Auf dass ich glücklich in der Hölle sein kann, dass du dein Lächeln nicht verlorst.“ Sie schüttelte langsam den Kopf. „Ein neues Leben? Ohne dich? Wie stellst du dir das vor, wenn mein Herz, meine Seele mit dem Tod, mit dir, geht? Du bist alles in meinem Leben, ich vermisse dich schon jetzt. Sag mir, dass du es schaffst, dass der Tod nicht immer den letzten Sieg mit sich trägt.“ Er schüttelte den Kopf, immer noch lag das Lächeln auf seinen Lippen, sich gewiss, dass es sein letztes sein würde, dass danach alles aus wäre. „Doch, am Ende siegt der Tod und das Spiel ist vorbei… und beginnt von neu. Der Tod nimmt das Leben und gibt dafür ein neues zurück, das sind die Regeln, an die sich jeder halten muss… Beginn von vorn, fange das Spiel neu an… ein neues Leben, eine neue Vergangenheit, eine neue Zukunft und eine neue Liebe… wenn du glücklich bist, du am lächeln bist, wird auch mein Herz, meine Seele, am Leuchten sein… wenn du es willst, wenn dein Herz danach schreit, wird meine Seele ein Stern sein, dessen Leuchten nur für dich allein bestimmt ist…“ Sie schluckte die Tränen runter. Ein letztes Mal noch sah sie das Gold, das Gold der Liebe, das für sie strahlte. Sie wusste, das Licht würde erloschen, das Herz aufhören zu schlagen, die Seele verschwinden… und doch… immer würde das Gold leuchten, denn ihr Herz hatte es sich einverleibt, nie würde das Gold vergehen, denn es war das, was der Mond in dunklen Nächten strahlen würde. „Ich liebe dich“, hauchte sie, mit trockener Kehle, die Tränen nahmen die Feuchtigkeit mit sich. „Ich liebe dich, mehr als ich je die Freiheit habe geliebt.“ Ein Lächeln, tief eingebrannt in der Seele, dann das langsame Erlischen des Goldes, das Herz hörte auf zu schlagen, der Lebenshauch verließ den Körper… am Ende siegt eben doch immer der Tod.
 

Vorbei. Der Stern der Liebe ist gefallen, die Sternschnuppe erfüllt nicht den Herzenswunsch. Wer kann den Tod bezwingen? Ihn umkehren, ungeschehen machen? Was soll man tun, wenn die Seele in der Dunkelheit verloren ist, die Sonne des Lebens am Sinken ist? Woher soll man die Kraft zum Leben nehmen, wenn das Herz verstorben ist? Woher soll man die Kraft zum Lächeln nehmen, wenn der Wille den Kampfgeist aufgegeben hat? Was soll man tun, wenn das Herz nicht mehr ist als ein Organ, wenn das Leben den Sinn verloren hat? Was tut man ohne Liebe, was ist das Leben dann noch wert? Kann man einfach so weitermachen, als wäre nie etwas geschehen? Wie kann man nach dem Tod des Herzens eine neue Liebe finden, das Herz erneut verschenken?

Was soll man tun, wenn man tief im Herzen weiß, dass man mit gestorben ist? Was soll man tun, wenn das Herz so sehr nach dem anderen schreit? Was, wenn man nicht mehr weiterweiß und der Weg zurück versperrt ist, vom Tod? Weitergehen, der Zukunft entgegen? Wie soll das gehen, wenn die Vergangenheit doch das weitere Leben bestimmt, der Tod einen niemals loslässt?

Erfüllen Sternschnuppen Wünsche? Wenigstens den tiefsten Herzenswunsch? Oder sind es nur Kometen, die das Auge zufällig erblickt? Gibt es einen Gott, der die geheimsten Wünsche erfüllt? Jene Wünsche, die man seinem Tagebuch oder dem Sternenhimmel anvertraut? Oder kann man keine Wünsche erfüllen? Sind Wünsche nur ein sinnloses Begehren eines Menschen? Die Antwort mag existieren, doch es war nicht in ihrem Wissen, diese Frage zu beantworten. Ihr Herz schrie nach dem Licht der goldenen Augen und dem Herz, das ihres ergänzte… war das Leben nach dem Tod immer so schwer, so schmerzhaft? Glücklich werden… Das ist leicht gesagt, doch wie soll es Wahrheit werden? Ohne ihn, ohne sein Herz, ohne seine goldenen Augen… was sollte sie nun tun? Das Leben weiter leben? Wie sollte das möglich sein? Wer… wer sollte ihr die Sterne vom Himmel holen? Wer würde es vermögen, ihr Herz zu halten, ohne ihr Leben zu nehmen? Wer vermag es, ihr neues Herz zu sein, ihre Seele der Schmerzen zu beheben? Gibt es auf dieser weiten Welt jemanden, der das Gold der Augen verblassen lassen kann?
 

Die Kälte kommt, frisst sich durch den geschundenen Leib. Doch sie merkt davon nichts, steht nur stumm auf dem Platz, den Blick weit fort gerichtet, an einen unbestimmten Punkt, nicht in dieser Zeit.

Was soll sie noch tun, welche Türen ihres Lebens werden sich nun für sie öffnen? Welche Ziele werden sich ihr nun erschließen, wie wird alles weitergehen? Wohin wird ihr Weg sie nun führen? Liegt ihr weiteres Glück hier, in der vergangen Welt oder dort, in der gegenwärtigen Zukunft? Sie weiß es nicht, spielt das überhaupt eine Rolle? Auch hierauf will ihre Seele ihr keine Antwort geben.
 

Der Sternenhimmel erstrahlt über ihr, tausend kleine Lichter strahlen am Firmament. Doch ihr Stern ist fort, gegangen mit dem Tod, der Dunkelheit dahinter, hinter dem Mond und vor der Sonne. Die Augen schließen sich, die Seele lässt sich fallen, das Herz ruht, bis eine neue Liebe kommt, der nächste Stern erstrahlen kann.
 

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Ein Lied erklingt, Wärme strahlt ins Gesicht. Was ist geschehen? Sag, dass alles nur ein Traum war, alles eine Illusion. Lass ihn hier sein, rüpelhaft, wie er immer ist. Doch ihr Herz weiß, es ist nicht so, vom Tod kehrt niemand zurück. Es ist vorbei…

„Öffne die Augen.“ Eine Stimme, kalt wie Eis, abweisend und hart, doch so sanft wie der warme Sonnenschein auf dem Gesicht. Wem gehört sie, wer spricht da mit ihr? Auch wenn sie nicht weiß, was sie erwarten wird, öffnet sie die Augen, sieht das Gold. War doch alles nur ein Traum?! Nein, es war real, diese Augen dort, zu kalt, zu abweisend, zu klein, für die ihres Herzens. „Habe keine Furcht, ich werde dir nichts tun.“ Leise Stimme, ein Hauch von Kälte, Gewohnheit, doch so sanft wie das Rauschen der kleinen Wellen am Strand. Stille Schritte erklingen, jemand setzt sich neben sie, sieht sie an. Kann sie Trauer in diesen kalten Augen erkennen? „Ich… Es tut mir so Leid. Ich weiß, wie sehr du ihn geliebt hast. Es immer noch tust. Doch du musst nach vorne sehen, der Zukunft entgegen, nicht in der Vergangenheit leben, denn auch er hätte das nicht gewollt. Lebe im Hier und Jetzt und der Stern deines Lebens wird neu erstrahlen, irgendwann, ich weiß es, denn auch er hätte es so gewollt. Sein Glück im Tod liegt in deinem Glück hier im Leben. Gib ihm das Glück und werde selber glücklich. Denn das ist das wahre Vermächtnis der Liebe, egal, ob getrennt oder vereint, der jeweils andere soll glücklich sein, das ist der Wunsch der Liebenden, auch wenn es der Tod war, der sie hat getrennt.“ Sie sieht in die kalten Augen, sie lügen nicht, nur Wahrheit vermag sie dort drin zu lesen. Kann das Gold der Augen je erlischen? Egal, was sein wird, sein Lebenshauch kehrt nicht zurück, er ist hinter den Sternen und doch weiß sie, er achtet auf sie, wünscht sich ihr Glück, betet dafür. Doch wo wird es sein, das Glück? Wird es so etwas überhaupt geben? Sie weiß es nicht, kann es sein, dass ihr Glück ganz nah bei ihr ist? Das Gold der Augen…

„Sesshoumaru, ich bitte dich… Bleib solange bei mir, wie es in deiner Macht steht.“ Ein sanftes Nicken von der Seite aus, ein Lächeln ihrerseits. Ein Arm wird um die Schulter gelegt, ein Kopf an die Schulter gelegt.
 

Würde das Gold der Augen je verblassen, würde ihr Seele je ganz geheilt sein, würde ihr Herz jemals wieder schreien, nach nur einer Person?

Nein, das sicher nicht, dafür wurde zuviel gelitten, zuviel geweint. Doch Sterne kommen und gehen, Welten entstehen und zerfallen… und das Glück kehrt immer wieder.
 

Und…

Am Ende siegt immer der Tod.

Beyond the Clouds

Beyond the Clouds
 


 


 

Was ist dahinter, hinter den Wolken? Was ist hinter dem Himmel? Ist dort das Paradies, das Jenseits, der wunderbare Garten Eden? Ist dort der Sitz Gottes, das Heim der Engel? Kann man sie sehen, jene geflügelte Wesen, wenn die Wolken sich verziehen, der Himmel seine große Pforte öffnet? Wann öffnet sie sich, wann kann man das Paradies sehen? Wenn ein neuer Engel entsteht, der Tod ein weiteres Mal gewonnen hat? Der Tod… Das Herz krampfte sich zusammen, der Strudel des Schmerzes wurde schneller. Heiße Tränen laufen über das Gesicht, benetzten die Wangen und verschwinden leise, und ohne jeden Laut im Gras, welches leicht mit dem Hauch des Windes mitwiegt.

Wie konnte alles so weit kommen, wie schnell konnte man das Leben zerstören? Warum nur zog ein Schicksalsschlag Angst, Schmerz und Leid mit sich, warum? Warum nur konnte man nicht vergessen, das Leidvolle vernichten?
 

Sie wusste die Antwort, in ihrem Fall. Würde sie vergessen, das seelische Leid zurückdrängen, denn sie könnte es, wie jeder Mensch es kann, würde sie ihn vergessen, das Gold der Augen würde erlischen, als hätte es nie existiert, wäre nur eine Illusion gewesen. Es war so schwer, ihr Herz war doch schon zersprungen, drehte ihre Welt sich überhaupt noch? Konnten neue Sterne wirklich aufgehen und konnten Welten neu entstehen? Sie wusste die Antwort nicht, was sollte sie auch damit? Was sollte sie mit einem „Ja“ oder einem „Nein“? Das Gold der Augen… würde es verblassen, wenn der neue Stern dem Anfang geweiht war, die neue Welt entstand?
 

Unsinnige Fragen, wer kannte schon die Antwort, die Antwort auf die Frage des Herzens? Gab es sie, die Antwort auf die Frage nach dem Tod, nach der Entstehung eines neuen Sterns? Wer konnte sie beantworten, dem Drängen ihres Herzens Einhalt gebieten?
 

„Kagome.“ Sie drehte sich um, blickte in das kalte Gold, täuschte sie sich, oder war das Bösartige daraus verschwunden? Sie konnte es nicht sagen, sie wusste nicht, wie sah Boshaftigkeit aus? Wann war man böse, wann war man schlecht? Vielleicht, vielleicht hatte sie in ihm immer das gesehen, was seine Maske ihr hatte zeigen sollen, seine kalte Fassade. Warum hatte er eine Maske gesetzt, war er verletzt worden, einst, vor langer Zeit? Wie auch immer es sei, der Schmerz des Todes, der Schmerz des Verlustes schien die Maske gebrochen zu haben, die Fassade zerbröckelt. War da mehr als Hass für den Verstorbenen, den neuen Engel, der nun im Jenseits auf sie achtete?
 

Er sieht ihre Augen, diese Wärme ist noch da, doch die Vorherrschaft gehört der Trauer, sie leidet, er weiß es, er kann es sehen. Sie war einsam, ihr Herz war nichts mehr, ihr Kampfgeist war gebrochen. Auch seine Maske, die so kalte Fassade litt unter dem Verlust, ob der Verstorbene immer noch glaubte, er hätte ihn gehasst? Schnell wanderten seine Augen über die Gestalt die vor ihm stand, gebrochen, einsam und gefangen im eigenen Kummer. Doch auch sein Herz weinte, war der Verstorbene doch nie bösartig gewesen, hatte immer nach seinem Zuhause gesucht, er war keine Hilfe gewesen, nun war der Tote fort, bei seinen Eltern, den Wesen, die er nie gehabt hatte. Doch der Tod zieht immer Traurige mit sich, nie lässt er jemanden unberührt. Nun wird immer etwas fehlen, und Herzen vergessen nicht, doch ist es nicht möglich, dass man das begraben kann, den neuen Anfang finden kann, das weit gerühmte Leben nach dem Tod? Möglich war alles, doch man musste bereit sein, die Vergangenheit abzuschneiden von der Gegenwart… versuchen, das Vergangene zu verdrängen… konnte sie, dieses gebrochene Mädchen, das schaffen? Er wusste die Antwort hierauf nicht.
 

Sie stand dort, im Gras, welches weich ihre Knöchel umspielte und sah ihn an, direkt in das kalte Gold. Tränen drohten in ihren Augen aufzusteigen, wollten ihre Wangen nässen. Doch krampfhaft unterdrückte sie das heiße Nass, doch wusste sie, dass er es riechen konnte. Sie schluchzte auf, ein paar Tränen fielen ins Gras. Doch sie wollte stark bleiben, keine Schwäche zeigen.
 

„Komm. Lass uns gehen.“ Sie blickt auf, er hat sich bereits umgewandt, langsam geht er los. Kagome sieht ihm hinterher, wohin will er sie führen? Kurz noch blickt sie zurück, kann noch einmal sein Lächeln sehen, das Gold der warmen Liebe in seinen Augen. Kein Gedanke an das Blut, kein Gedanke an den Tod, nur das Lächeln ist wichtig, nun fühlt sie Kraft, Kraft zum Weitermachen. Fast scheint es ihr, als könne sie seine Augen spüren, direkt auf sich, fühlen, wie er lächelt.

Ein kleines Lächeln besetzt die Lippen, voller Trauer und Schmerz und doch so voller Kraft, neuer Hoffnung. Damit wendet sie sich um, geht langsam durch das Gras, folgt ihm nach.
 

Er konnte ihr Lächeln spüren, er weiß, wie weh es tut, doch nun könnte sie bereit sein, weiterzumachen, dem Licht entgegen zu blicken, den Tod hinter sich zu lassen. Doch wie weit würde sie gehen, wann würde ihre Seele zerbrechen, der Wille verschwinden in das Dunkle, hinein in den Tod? Doch, wäre das tatsächlich das Ende, das Schlimmste? Er war dort, dort im Tod, würde sie demnach weinen, schreien nach dem Leben? Sie würde hingehen, in seine Arme, zu ihrer Liebe. Er wusste es und sein Herz wollte es nicht, es sollte anders sein. Sie sollte nicht freiwillig im Tod sein, sie sollte nach dem Leben schreien, schreien… nach… ihm. Es war egoistisch und kindisch, er wusste es, doch sagte sein Herz ihm dies, es kam nicht aus seinem Kopf, wie sonst, diesmal entschied nur das Herz, das Organ, was lieben konnte, welches Leidenschaft versprühen konnte. Er starrte das Gras vor sich an, zertrat es beim nächsten Schritt, richtete sich dann wieder auf. Ein Stehaufmännchen… wie er es so lange gewesen war… Doch nun, auch das beste Stehaufmännchen bricht irgendwann zusammen, irgendwann fehlt die Kraft zum Aufstehen, man bleibt liegen und irgendwann stirbt man, leise und unbemerkt. Doch er stirbt nicht, immer noch war der Verstorbene lebendig, noch war er hier, er war existent. Erst, wenn die letzte Erinnerung erlosch, würde der Tod sich über seine Seele, über sein Herz legen können, dann erst wäre er vollkommen vergangen, im Reich des Todes gefangen, auf die Ewigkeit.
 

Das Lächeln ist fort, die Mundwinkel waren wieder nach unten gesunken, die Trauer hatte sich wieder über die Seele gelegt, zerdrückte das Herz. Warum sollte sie noch kämpfen, wenn sie doch schon verloren hatte? Wie sollte sie weitermachen, wenn doch das Schwert zerbrochen und der Schild verrostet war? Hinter dem Tod wartet ein neues Leben, hieß es doch. Doch wie fand man es, konnte man wirklich ganz von vorne anfangen, beim Punkt Null starten, bei dem Zeitpunkt der Geburt? Nein, denn wenn man vergaß, das Vergangene verdrängte, dann vergaß man einen Teil seiner Selbst, seines Herzens, seiner Seele.

Nie würde sie vergessen, auch nie würde sie es versuchen. Wie könnte sie das Lächeln, das Gold der warmen Liebe, die Stimme, wie könnte sie all das je vergessen? Das wäre ähnlich dem, das eigene Herz zu vergessen, die Familie zu vergessen und alles, was man liebt und einem wichtig ist. Das konnte sie nicht! Seine Augen, seine Seele, sein Herz, seine Liebe… immer würde das ein Teil ihrer Existenz sein, die Grundlage ihres Lebens. Bevor ihr Herz erneut verschenkt werden konnte, musste dieser sich erst messen, war seine Liebe annährend groß genug, um selbst nach dem Tod noch vorhanden zu sein? Sie hob den Blick, sah die Wolken, den blauen Himmel über sich. Doch die Sonne war nicht da, eine Wolke verdeckte sie, würde der Wind kommen und der Sonne Antlitz enthüllen? Sie wusste es nicht, nun erkannte sie, wie unwissend ein Mensch sein konnte, wie wenig man wusste. Doch begehrte sie das Wissen? Wissen hieß Macht, doch die Macht Bedeutung ist gleich die der Zerstörung.
 

Er spürt, dass ihr Lächeln wieder verschwunden ist, versunken in Gedanken, weit weg oder nah? Es entzog sich seinem Wissensbereich, eine Antwort auf diese Frage zu erteilen. Woran mögen ihre Gedanken gerichtet sein, welchen Flug unternehmen sie, just in diesem Moment? Er weiß es nicht, woher sollte sich ihm dieses Wissen auch erschließen? Langsam geht er weiter, dem Horizont entgegen, wo lag ihr Ziel? Das Schloss, weit im Westen, das Schloss des Vaters? Was sollten sie dort, dort gäbe es nichts, was sie zu halten vermag. Vielleicht verdrängt das Wandern ihre Gedanken, ihre Angst und ihren Schmerz, den Kummer tief im Herzen. Wie soviel weiß er auch dies nicht, doch er kann es versuchen, es wird nicht schaden, denn tiefer kann der Kummer nicht werden, schlimmer nicht der Schmerz.

Der Wind spielt mit dem Gras, leicht wiegt es hin und her, so schwerelos, kein Kummer, der es zu Boden drückt. Sein Tod hinterließ nur Trauer, Kummer und Schmerz, doch verurteilte er ihn dafür nicht. Gewiss war, dass dies nicht die Absicht gewesen war, wer wünschte sich schon den Tod, die Endgültigkeit? Wer dafür urteilte, war dumm, richtig dumm. Sesshoumaru schloss die Augen, zusehends verdunkelte sich das kalte Gold in seinen Augen, als seine Lider sich senkten.
 

Sie sah, wie er stehen blieb, spürte, wie er die Augen schloss. Wohin schweiften seine Gedanken? Sie wusste es nicht, doch diesmal bedauerte sie es nicht, was brachte das? Nichts, und wieder nichts.
 

„Was ist hinter den Wolken, hinter dem Himmel?“

„Dort ist die Endgültigkeit, dort ist der Tod.“

Above the Sky

Above the Sky
 


 


 

Wenn die Sonne untergeht, wenn die Nacht den erneuten Sieg mit sich trägt, die Sterne das Tageslicht ersetzen und die kalte Sonne aufgeht, was ist dann dort? Ist dort dann die Angst, die Unsicherheit, die endliche Furcht? Oder erwächst in der letzten Dunkelheit der Mut, die Sicherheit und die Fähigkeit, stärker als man selbst zu sein? Sie wusste es nicht, wollte ihr Geist dieses Wissen erlangen, wollte ihr Herz Antwort auf jede Frage besitzen, die sie sich stellte? Das Mädchen schloss die braunen Augen, blieb stehen, während der kühle Nachtwind langsam durch ihren kleinen, zarten Körper fuhr.

--- Wo dein Körper doch so schwächlich ist…---

--- Das nennt man zart! ---

Warum war es so schwer, so unmöglich, die Vergangenheit zu vergessen? Warum konnte man nach einem Schicksalsschlag nicht weitermachen, wie all die Tage zuvor? So leicht… das Herz war zerrissen, die Seele verletzt, der Willen zerbrochen, wie ein Glas auf Stein. Das Herz nur noch das Organ, die Seele nicht mehr als eine Fiktion und der Wille nichts weiter als ein gewaltiges Scherbenmeer. Es ging einfach nicht, all das wieder zusammenzufügen, es war jenseits der Möglichkeiten, all das zu bekehren, zurückzufinden, hin zum ewiglichen Licht des Tages. Doch auch wieder nicht, denn was währte ewig, was überstand die Nacht bis zum allerletzten Schluss? Nichts, nicht einmal die letzte Ewigkeit.
 

„Woran denkst du?“ Banal. Es war nur eine Frage, so oft aber war sie unbeantwortbar. Was sollte sie sagen, welche Worte sollten ihre Lippen verlassen, welche Antwort sollte man formen? Doch ebenso wie sie wusste, dass sie die Antwort nicht zu sagen vermöchte, so wusste sie, dass er sich nicht mit Schweigen zufrieden geben würde. „An vieles. An das Vergangene, das, was ich vergessen sollte.“ Schlussendlich kam dann diese Antwort aus ihrem süßen Mund, es war nicht das richtige, doch das Einzige, was in ihrem Kopf auf die Schnelle entstanden war. „Ah… tu es nicht. Denk nicht daran, denn dies verdirbt nur dein Herz. Wenn du einen Rat willst… schaue nicht zurück, schaue nur nach vorn, auf die Zukunft, das strahlende Licht am Horizont! Denn was in der Vergangenheit geschah ist furchtbar, dennoch, unsere Macht erlaubt es uns nicht, dies zu ändern. Keines Wesens Macht mag groß genug sein, die Zeit zurückzudrehen und das Geschehene ungeschehen zu machen.“

Er hatte sich nicht umgewandt, die kalten Augen mit der Farbe jenes Toten, hatte weiter nach vorne gesehen. Sie wusste nicht, was sollte sie davon halten, darauf erwidern, welchen Kommentar sollte sie abgeben, um zu zeigen, dass sie noch nicht ganz begraben war? Ihr fiel nichts ein, waren die Gedanken eben noch überall gewesen, so waren sie nun fort, irgendwo verflogen. Leicht biss sie sich auf die Lippe, suchte mit ihren Augen das sanft wiegende Gras auf der Erde.
 

Natürlich bemerkte er dies, er war nicht blind. Doch hatte er wirklich erwartet, eine Antwort von ihr zu erhalten, einen kleinen Kommentar? Wäre dieses geschehen, hätte er wohl Liftsprünge gemacht, etwas, was sich ihm nicht ziemte. Er, der kalte Eisprinz, durfte keine Gefühle zeigen, keinerlei Emotion. Es tat weh, so oft, war dadurch doch die vielen Missverständnisse mit dem Toten entstanden, die er hatte wahren müssen, oh, wie oft hatte sein Herz geblutet? Er wusste es nicht, so vieles gab es, was sich seinem Wissen verbarg. So auch der Tod.
 

Das Gras umspielte ihre Knöchel, doch wahrnehmen, konnte sie es nicht. Gold der Liebe, Hauch des Lebens… nie wieder würden diese Dinge ihr Herz berühren, ihre Lippen umfassen. Nie wieder würde ihre einst so starke Seele jene andere spüren, nie wieder würde ihre Liebe Herzen heilen, nie wieder würden die Hände den Körper verbinden, nie wieder würden ihre Ohren süße, böse, leise Worte vernehmen. Alles in ihr wollte, drängte sie dazu, ihm folgen… sich fallen zu lassen, in die Finsternis der Endlichkeit, hochzufahren, um durch das große Himmelstor zu schreiten. Zu ihm… Ihre Beine waren des längeren nicht mehr willig, sie zu tragen, sie oben zu behalten; sie knickte ein, sah schon den Boden kommen, schloss die Augen, Tränen flossen in den Himmel.
 

Schnell hatte er reagiert, sie aufgefangen, schützend an seine Brust gedrückt. So zerbrechlich, so schwach, schutzbedürftig. Und doch… es war nicht seine Macht, sie zu schützen, ihr Herz zu retten. Jener war fort, hatte mitgenommen, was hätte beschützt werden müssen. Er biss sich auf die Lippe, was konnte er tun für dieses Wesen in seinen Armen? Nichts, rein gar nichts! Zu schwach… viel zu schwach… zu schwach, um zu beschützen, was man liebte. War das Schicksal? Schicksal, zuzusehen, zu sehen, wie das Herz zersprang? Denn wenn die geliebte Person langsam zerbrach… litt man mit… das eigene Herz zersprang, die eigene Seele verschwand und der Wille brach. Doch musste er seine Maske wahren, sei es nur für sie. Er durfte nicht schwach sein… jetzt, wo er es sich so sehr wünschte. „Ich kann nicht ewig stark sein, auch ich bin an manchen Stellen schwach, würdest du mir verzeihen, wenn ich meine Maske ablege und du mich sehen kannst?“ Er drückte seine Nase in ihr duftendes Haar, finster wie die Nacht, wie… nach dem Tod. Ein kleines Knurren kroch aus den Tiefen seiner Brust heraus, fand den Weg durch seine Kehle. Warum nur, wie konnte es dazu kommen? Der Tod schlich sich immer wieder in seine Gedanken, seit jenem Tag…

Leere Augen, die wohl dem Dämon gehörten, starrten in die Fernen, einen fixen Punkt, der einmal existiert hatte. Hatte… Die Augen zuckten, das Gesicht ruckte hoch. „Oh, no Baka… warum nur, warum? Es war nie leicht mit dir, doch nun ist alles unmöglich…“ Verzweifelt warteten Ohren auf eine Antwort, nur ein kleines Wort… die Stimme des Toten. Gequält schlossen die Augen sich, er wollte nichts denken, nichts fühlen, nichts wissen… nicht… sein.
 

Schwarz… dunkel… allein… sie wusste nicht, wo sie war, warum sie hier war und wie sie hierher gekommen war, doch war das von Interesse? Geborgen… sie fühlte sich geborgen, umgeben von wunderbarer Wärme… nur ein Traum, es war nur ein Traum gewesen… Er war nicht tot… er lebte und hielt sie in seinen Armen… bestimmt, ganz bestimmt. Sie lächelte, kämpfte sich zurück an das Licht.
 

Er bemerkte ihr Lächeln, wusste, was sie dachte. Und doch wünschte er sich, ihre Gedanken gingen anders… gleiche Begebenheit, nur… mit ihm, nicht mit dem Toten… Sein Leib zitterte. Der Tote war tot! TOT! Wann wäre sie endlich bereit, das zu verstehen? Er hingegen… er… lebte! Er konnte sie beschützen, wo ein Toter versagte. Und er war bereit, es zu tun…! Warum klammerte sie sich an ihn, wie eine Ertrinkende an das letzte Stück Holz des geborstenen Schiffes? Er war nicht hier, würde es nie mehr sein, er war tot… Er, der lebende Dämon, konnte nun jene Chance ergreifen, denn ihre Seele war schwach, ihr Widerstand wäre sicher noch weniger als lachhaft… Nein! Wie konnte er das nur denken, wie sehr musste sein Verstand vernebelt sein? Gewiss, sein mitleidiges Herz war nicht bekannt, doch zeugte dies davon, dass es nicht existierte? Wenn er skrupellos wäre, die Chance nähme und ihre Tränen fließen lassen würde… dann würde es davon zeugen, das es nicht existierte.
 

Braune Augen öffneten sich, sahen Gold, doch nicht jenes, welches sie sich wünschte, zu sehen. Das Lächeln verschwand von den Lippen, die Augen bekamen den traurigen Glanz zurück. Doch auch jenes andere Gold statt dem Erwünschten glänzte traurig. Zwei Wesen, gefangen im gleichen Schmerz, doch unfähig, zu gestehen, zu verarbeiten, wie grausam konnte das Leben noch werden? Ab jetzt konnte es doch nur noch besser werden, man war zu zweit, nicht allein, denn irgendwann musste die Sonne doch auch wieder aufgehen.
 

„Danke, dass du da bist, mich nicht alleine lässt.“ Ein gezwungenes Lächeln erschien auf den Lippen, es war nicht echt, nicht real, doch er wusste, dass ihre Worte es waren, so konnte auch er seine Lippen zu einem Lächeln zwingen. „Es ist in Ordnung, bedanke dich nicht, ich werde bei dir sein, solange du es mir erlauben kannst. Wir beide… wir beiden erlitten jenen gleichen Verlust aus verschiedenen Perspektiven, doch schrecklich ist es aus jeder gewesen, denn undenkbar war ein Leben gewesen, in dem er nicht existierte, ein fester Bestandteil unserer Seelen, so müssen die sich trösten, die der Verlust am schlimmsten traf. So bedanke dich nicht, denn auch du hilfst mir, mehr noch, als ich es bei dir zu tun vermag. So also ist es okay, schweige einfach nur, denn oft ist Nähe mehr wert als Worte, vor allem im Schmerz, also schweig und sei einfach nur.“ Das gezwungne Lächeln wandelte sich in ein ehrliches Lächeln, ihre Augen leuchteten leicht, sein Herz freute sich so sehr. Dann fiel ihr Blick gen Himmel, dunkel war das Zelt der Welt, nur ein paar lichte Punkte glitzerten. „Denkst du, dass er uns sehen kann, gutheißt, dass wir beisammen sind?“ Auch sein Blick glitt nach oben, einige Zeit lang schwieg seine Stimme. „Was ich denke, ist nicht von Belang, das war es nie. Wenn er dich wahrlich liebt, dann wird ihm dein Glück über alles anderem stehen. Das ist das Vermächtnis der Liebe, vergaßt du dies etwa? Wenn du dein Glück finden kannst, irgendwo, werden alle glücklich sein, die dich wahrhaftig lieben, auch wenn es nicht mit ihnen ist. Sonst ist jene Liebe eine falsche, vergiss das nie, wenn du dein eigenes Glück über das der anderen stellst, kannst du nicht in der Lage sein, jene Person wirklich zu lieben.“ Langsam, unbewusst, nickte sie. „Einst fragte man: Liebe nach dem Tod, geht das? Ich glaube, ich habe nun die Antwort. Ich denke…“ Doch die Worte wurden gestoppt, durch Lippen, die sich sanft auf die der anderen legten. Das Mädchen schloss die Augen, jene Lippen waren kühl, frisch wie neues Bergwasser. „Es ist gut, sage nichts, denn auch ich mag die Antwort wissen – jeder wird sie wissen, denn schwer ist diese Frage nicht. Doch jede Frage verliert ihren Zauberwert, wird die Antwort ausgesprochen, so also schweig. Liebe nach dem Tod… gewiss. Es kommt nur auf die Perspektive an, ist dem nicht so?“ Lächelnd wurden Arme umeinander geschlungen, Leiber gegeneinander gedrückt.
 

„Sag mir, was ist über dem Himmel?“

„Dort ist das Vermächtnis der Liebe, jenes ewigliche Glück, welches mancher sein Leben lang sucht.“

Close to the Memories

Close to the Memories
 


 


 


 


 

Hell schien die warme Sonne am hellen Himmel, versenkte das weite Zelt in den neuen Tag, ihre Strahlen suchten sich den Weg über die Erde, begrüßten das Gras, die Bäume, die Welt. Die helle Sonne begrüßte die Welt im Diesseits, gab es auch eine Sonne dahinter, hinter dem Diesseits? Wer begrüßte die Toten mit dem neuen Tag, wenn es nicht in der Sonne Macht stand?

Ein Mädchen saß auf einer Wiese, die Sonnenstrahlen hatten sie schon lange eingehüllt, und starrte hoch in das helle Blau des Weltenzeltes. Wie war es wohl im Jenseits, in der endlosen Ewigkeit? War man einfach nicht mehr da, oder konnte man dort jenes gerühmte Leben nach dem Tod führen? Wie sehr wünschte sie sich, wie sehr hoffte sie, dass man dort jenes Glück finden konnte, was einem im Leben war verwehrt geblieben. Nicht für ihren Tod, gewiss nicht, denn so weit reichten ihre Gedanken noch nicht, doch wünschte sie es sich für ihn, für jenen, der war gestorben.

Warum? Warum nur fingen ihre Augen stets an zu brennen, wenn sie an sein letztes Lächeln zu denken vermochte? Vielleicht eben deswegen, weil es das letzte gewesen war, das Letzte, was sie von ihm in dieser Welt hatte zu sehen vermocht? Kagome schluckte, denn auf eine Art der Schwäche musste sie stark sein, was brächte es, sich gefangen nehmen zu lassen, gefangen vom eigenen Schmerz und Kummer?

Doch am Ende, war es nicht klar gewesen? Klar, dass man sich stets erst fand, nur um sich dann wieder zu verlieren, unerreichbar weit fort, weil das Leben nie ein Happy End würde beinhalten können, gewiss, kurze Zeit der Freude, doch immer trat der Tod dazwischen, um alles Glück zu zerstören. Wie lange konnte Glück am Leben bleiben, wann erlosch die Kerze der Fröhlichkeit? Und wenn sie erlosch, konnte man je wieder ihren hellen Glanz erscheinen lassen? So viele Fragen, in wessen Wissen lag es, darauf die Antworten zu kennen? In dem Gottes, in dem Satans oder vielleicht gar in dem Wissen eines jeden Lebewesens? Wer wusste dies schon, stets brachte eine Frage eine neue mit sich, wann würde sie aufhören, diese Welle der vielen Fragen? Wieder eine, doch diesmal war die Antwort einfach, denn eine solche Welle stoppte nie, sie verschluckte jedes Herz.

„Kagome. Komm, ich habe etwas zu essen besorgt.“ Sie drehte sich um, sah hoch und erblickte jenes Gesicht, von dem sie dachte, es würde niemals nett zu ihr sein. Doch nun... vieles hatte sich geändert, drastische Geschehen verlangten nach drastischen Maßnahmen, und so wurden aus Feinden Freunde, denn wer klammerte sich nicht an das, was er noch hatte, wenn er etwas Wichtiges verloren hatte?
 

Er, Sesshoumaru, sah, dass sie versunken war in tiefen Gedanken und dies war auch der Grund gewesen, warum er etwas sagte, etwas so unglaublich banales. Er hatte keine Antwort erwartet, wie hätte jene auch aussehen sollen? Es war seltsam, war er doch nie derjenige gewesen, der gerne redete, doch nun brauchte er das, denn sie in solcher Agonie zu sehen, das ertrug sein gepeinigtes Herz nicht.
 

Kagome hatte durchaus gewusst, dass er keine Antwort erwartete, aus jenem Grunde schwieg sie auch, was hätte sie schon sagen sollen? Doch es war auch seltsam, denn ausgerechnet er, der sonst nie etwas sagte, dessen Stimme meist nicht da war, brauchte es, eine Stimme zu vernehmen? Es war verdreht, seltsam, paradox und irreal. Und dennoch… gut, auf eine Weise war es gut, denn auch Kagome brauchte eine Stimme zu hören, doch die Kraft, die sie dazu bräuchte, konnte sie nicht aufbringen.
 

„Iss etwas. Und dann lass uns weitergehen.“ So normal, so kalt, wie es früher gewesen war, doch früher war schon längst eine untergegangene Welt, eine Welt, die niemals wiederkehren würde, die versunken war im Meer der Vergangenheit. Es war eine ungestellte Frage, wie sollte man anknüpfen, an die Zukunft, an jene Gegenwart, die einem so unmöglich erschien?

Ging es, weiterzuleben, als wäre die Welt nie aus den Fugen geraten, als wäre das Weltenbild immer noch heil? Wie sollte es funktionieren? Denn immer würde das Herz wissen, etwas fehlte, etwas, was nie wiederkehren würde, etwas so Wichtiges.

Welchem grausamen Scherz Gottes war es entsprungen, dass man den Wert eines Einzelnen erst so spät erkannte, wenn man diesen nie mehr erreichen konnte? Es schmerze, tief im Inneren, wer nur hatte sich ausgedacht, dass man sterben konnte, bevor man hatte leben können?

Er, der Tote, war so unendlich jung gewesen... zu jung für den Tod, zu jung für das Leben und doch hatten beide entschieden, ihm alles zu nehmen, fortzuschicken, an den Ort, wovon es keine Rückkehr mehr gab, nie mehr. Wie unfair ein Leben doch war, wie ungerecht das Himmels Gericht. Wozu litt man, schrie man, wenn der Tod doch am Ende kam, mit der schwarzen Sichel in der Hand, einen mitriss, in die Tiefen der Hölle?
 

Leise kaute sie auf der Hand voll Beeren herum, die Sesshoumaru mitgebracht hatte, verspürte sich doch keinen Hunger, doch etwas essen musste sie, täte sie es nicht freiwillig, so würde der Dämon sicher nachhelfen.

Sie erinnerte sich, so gut, so klar, als würde es grade geschehen: Sie sah ihn essen, sie sah, wie gerne er es tat, wie glücklich er stets dann ausgesehen hatte.

Doch nie wieder würde ihr das Schicksal ein solches Bild gewähren, nie wieder würde sein Gesicht ihr Herz erhellen, die Dunkelheit ihres Seins besiegen, zurückdrängen.

Wer vermochte es zu ändern, wer vermochte es, gegen den Tod aufzubegehren? Es war, als kämpfe man gegen den Wind – denn genauso unfassbar war der Tod, er kam genauso schnell, so unerwartet.
 

„Ich bin fertig. Lass uns gehen, okay?“
 

Ihre Stimme durchdrang die Stille, durchrang die leisen Geräusche des erwachenden Tages.
 

„Ja. Komm.“
 

Der Dämon stand auf, in einer einzigen fließenden Bewegung, sie folgte ihm schnell. Um nichts in der Welt wollte sie jetzt allein bleiben, war Sesshoumaru doch im Moment der Einzige, an dem sie sich festhalten konnte.

Ließe er sie, Kagome, allein, würde sie nicht wissen, was sie tun würde. Würde ihr Herz sich dann endgültig von der Dunkelheit verschlucken lassen, die so nah in ihrer Seele auf eben jenes wartete?
 

„...wenn du es willst, wenn dein Herz danach schreit, wird meine Seele ein Stern sein, dessen Leuchten nur für dich allein bestimmt ist...“
 

Kagome sah hoch in den Himmel, sah seichte Wolken am blauen Himmelszelt vorbeiziehen. Ein leuchtender Stern?
 

Wer, wer wünschte sich dies nicht, dass die geliebte Person ein Stern war, am großen, nie enden wollenden Himmelszelt? Doch… recht bedacht, wie möglich war das, woran würde man erkennen können, dass dieser Stern der Stern nur für dich war?

Wir waren alle gleich, jeder Stern gleicht dem anderen, alle leuchten sie… es war nur ein Versprechen gewesen, ein uneinlösbares, waren es nur der Liebe Worte gewesen, die hatten ihn das sagen lassen?
 

Wer wusste dies schon, vielleicht nicht einmal er selbst. Doch sie wusste, dass er seine Hand über sie halt, sie schütze, auf die Art eines Toten. Doch wie lange währte solch ein Schutz, wann verblasste der hellste Stern?
 

„Sag mir, wo verstecken Erinnerungen sich?“

„Sie verstecken sich in deinem Herzen, in dem Stern deiner Seele.“

Love within the never ending pain

Love within the never ending pain
 

Leise wehte der Wind, die Bäume Blätter raschelten leise, kleine Tiere huschten über den Waldboden, hell erklang des Vogels Gesang.

Ihre Schuhe traten mit einem leisen Schlag auf dem Boden auf, Steine knirschten mal hart, mal ungemerkt, unter ihren zierlichen Füßen, die eingebettet waren in festes Schuhwerk. Ihre schwarzen, leicht lockigen Haare wehten wild und ungezähmt im Wind, kitzelten ab und an ihr Gesicht, ihre Nase.

Die Sonne stand hell und mächtig am unendlichen Himmelszelt, welches am Horizont eins wurde mit der Erde, um sich auf der anderen Seite ebenso unendlich über den Himmel zu spannen.

Blinzelnd legte Kagome den Kopf in den Nacken, besah sich das weite Blau, und wie weißen Wolken gemächlich über ihre Köpfe hinweg glitten. Ganz gleich, was kommen würde, eines würde für immer bestehen – der Himmel mitsamt seinen Wolken.
 

Sesshoumaru wanderte langsam über die Erde, immer auf seine Umgebung lauschend und ob seine Begleitung noch mitkam. Doch tat er dies unbewusst, hatte er sich schon daran gewöhnt. Er war ein Dämon, käme sie nicht mehr mit, würde er merken, dass ihre Atmung und ihr Herzschlag nicht direkt hinter ihm waren. Auch die kleine Erschütterung ihrerseits bei jedem Tritt reichte hinein in sein empfindliches Ohr.
 

Er vermochte nicht zu sagen, wo ihr Ziel lag. Irgendwo in der Welt? Ja, gewiss. Doch vielleicht lag es auch in der Welt dahinter, die Welt der Toten, die war so gerühmt und doch so unbekannt. Wie ironisch es doch war, starb eine Person. Sie war fort und doch beherrschte nur sie den Geist, den Verstand der Verbliebenen. Nie, nie waren sie Brüder gewesen, und dennoch… nur durch seinen Tod wurde ihm, Sesshoumaru, bewusst, welch ein Verlust das war. Für alle, gewiss. Und sie beide, er und Kagome, wurden dadurch zusammen geschweißt, wahrlich nicht so, wie er es sich hätte gewünscht. Doch was brächte es, darüber zu lamentieren. Sei es, wie es sei. Sesshoumaru war nicht gläubig, und doch war er sich gewiss, dass das Leben vom Schicksal gelenkt wurde, und jedermann nur eine Figur auf dem Schachbrett des Lebens war.
 

Der Himmel schien davon unbekümmert, er ließ sanft die weißen Wolken an sich vorbeiziehen. Wenn die Vögel ihre Schwingen ausbreiteten und von ihrem Ast hinaus hoch flogen, ertönte ein leichtes Rascheln der Blätter. In den Nestern piepten die Jungvögel, verlangten hungrig nach mehr Futter.
 

„Sesshoumaru… was denkst du? Denkst, es geht ihm gut?“

Diese Frage, diese winzige Frage, brachte ihn einen Augenblick aus der Fassung. Nicht nur, dass sie ihn überhaupt etwas fragte, auch noch so etwas. „Gewiss. Er konnte seine Eltern wieder sehen, das wird ihn sicher freuen.“ Was sollte das, warum erzählte er solch einen Unsinn? Er war tot, und wer sich darüber freuen konnte, der konnte nicht mehr ganz wohlauf sein. Und überhaupt: gab es das Leben nach dem Tod eigentlich? Was, wenn man einfach aufhörte, zu sein, wie vor der Geburt? Was, wenn das Leben, das als so wundervoll beschriebene, nichts weiter war als eine große, verdammte Lüge?

Nein. An so etwas sollte er nicht denken. An so etwas durfte er nicht denken, nicht eine Sekunde lang!
 

Kagome wusste nicht, warum sie ihm diese Frage gestellt hatte. Ihr war danach gewesen, ihre Stimme zu erheben; zu wissen, was er dachte. Sie warf einen sehnsüchtigen blick in den Himmel. Ob es ihm wirklich gut ging? Wie es wohl war, jenes Leben nach dem Tod? Ob man dort jenes Glück fand, welches einem im Leben verwehrt geblieben war? Sie schüttelte den Kopf. Was nützen ihr diese Fragen, was brachten sie ihr, außer höllischen Kopfschmerzen? Nichts, und wieder nichts. Und zudem wollte er es gewiss auch nicht, dass sie sich so den Kopf über etwas zerbrach, was sie nicht ändern konnte. Alles, was sie tun konnte, war, zu beten, zu hoffen, dass das Leben nach dem Tod das Glück versprach. Hoffen, dass sie ihn nach ihrem eigenen Tode wieder sehen könnte. Es war ihr größter Wunsch.

Würde ihr der herabfallende Stern diesen Wunsch erfüllen? Oh bitte, nur dieses eine Mal.
 

„Und was denkst du?“

Kagome schreckte auf, hatte seine leisen Worte kaum wahrgenommen. „Ich… ich bete, dass er sein Glück findet. Mein Herz schreit danach fast so sehr wie der Wunsch, ihn wieder zusehen. Ich will noch nicht sterben, Sesshoumaru, und doch will ich ihn wieder sehen. Was soll ich tun?“
 

Er schwieg. Was sollte er auch schon sagen? Ihr sagen, woran er gerade gedacht hatte? Lächerlich. Er wollte ihr Herz heilen; es zumindest versuchen; nicht noch weiter zerstören. „Was du tust und was nicht, das liegt ganz bei dir. Ich kann dir nicht helfen, eine Entscheidung zu fällen, denn sie wäre gut aus meiner Sicht und die ist nicht die deine. Was auch immer du tust, du musst es allein entscheiden; dabei kann dir niemand helfen. Doch wisse: er ist glücklich, wenn du glücklich bist. Und das wirst du erst sein können, wenn du deinen Schmerz überwindest und dein Herz wieder öffnen kannst.“
 

Kagome stockte. „. . . deinen Schmerz überwindest. . .“ Nein! Sie konnte nicht. Sie wollte nicht!

Seit seinem viel zu verfrühten Tod herrschte dieses Wort über ihre Gedanken, ihr Herz schrie es bei jedem einzelnen Schlag. Gegen ihren Verstand donnerte es in jeder Sekunde unzählige Male, der Wind schien es unablässig in ihr Ohr zu flüstern.

Kagome wusste, dass sie mit ihm nichts mehr verbinden würde, außer ihrem Schmerz. Denn jede einzelne Erinnerung, sei sie noch so wunderschön und zärtlich, sie würde sie mit Schmerz verbinden; Schmerz, diese Erlebnisse nie wieder wiederholen zu können.

Sie wusste, dass jene Hände sie nie wieder berühren würden. Sie wusste, dass jene Lippen sie nie wieder küssen würden. Sie wusste, dass jene Worte nie wieder ihr Gehör erreichen würden. Sie wusste, dass jene goldenen Augen sie nie wieder ansehen würden. Sie wusste, dass sie nie wieder an den süßen Ohren zupfen konnte. Sie wusste, dass er nie wieder sauer werden würde. Sie wusste, dass sie sich nie wieder streiten würden. Nie… wieder… NIE WIEDER!!
 

„NEIN!!“, schrie sie laut, während sie sich die Hände auf die Ohren presste und in sich zusammensank, hinab auf den harten Waldboden. „Nein, ich will meinen Schmerz nicht überwinden! ICH KANN ES NICHT, VERSTEHST DU DAS NICHT?! ICH WILL IHN NICHT VERGESSEN! NIEMALS!!

Kagome zitterte und wiederholte unablässig: „…will nicht… nie wieder…“
 

Sesshoumaru war geschockt, hatte er ihr doch nur helfen wollen. Was war geschehen, hatten seine Worte ihr Innerstes berührt und verletzt? Behutsam, ohne jeglichen Laut ging er vor ihr in die Hocke. „Kagome…“, begann er leise. „Sei still!“, unterbrach sie ihn ruppig, ein leichte Rauheit begleitete ihre einst so süße Stimme. „Du verstehst das nicht! Du hast noch nie jemanden verloren, der dir dein Leben bedeutet! Du weißt nicht, wie es ist, jemanden zu lieben und ihn dann für immer zu verlieren! FÜR IMMER, hörst du, was ich sage? Ich werde nie wieder sehen!!“ Sie merkte nicht, dass sie angefangen hatte zu weinen. Ihre Tränen liefen einfach über ihr hübsches Gesicht, tropften herab von ihrem Kinn, hinab auf ihre Knie.
 

Sesshoumaru musterte sie, teils desinteressiert, teils besorgt. Sein Verstand sagte ihm, dass er sie nur noch mehr verletzten würde, würde er sie nun berühren; und sein Herz schrie dennoch danach. Er wollte sie umarmen, seine Nase in ihrem wunderbaren Haar vergraben und ihr den Schmerz nehmen. So war er hin und her gerissen.
 

Das Mädchen schluchzte, ihr Herz blutete jede Sekunde ein wenig mehr. So nahm sie kaum wahr, dass jemand sie in eine warme Umarmung riss, wie zwei starke Arme sich um sie schlangen und an sich pressten. Und als diese Erkenntnis in ihren Verstand gesickert war, öffnete sie die Augen.

„Sesshoumaru, warum…?“, krächzte sie mit tränenerstickter Stimme.

„Bitte, sag jetzt nichts! Ich kann nicht weiter mit ansehen, wie du dich selbst fertig machst! Ob mit oder ohne Selbstvorwürfe, er bleibt tot. Nichts kann das je wieder ändern!

Niemand verlangt von dir, dass du ihn vergisst. Du hast Recht, ich habe noch nie eine Person verloren, die ich von ganzem Herzen geliebt habe. Noch nicht…

Verdammt, siehst du nicht, wie verflucht selbstsüchtig du bist? Warum denkst du nur an dich? Was ist mit ihm, mit mir? Denkst du, mir tut es nicht weh, ihn verloren zu haben, bevor ich ihn je gehabt habe? Ich habe meinen einzigen Bruder verloren, den ich nie wie einen Bruder behandelt habe! Denkst du, so ein Schicksalsschlag wie der Tod lässt jemanden unberührt?

Und er? Was denkst du, wie fühlt er sich? Denkst du nicht, er ist auch traurig darüber, dass ihr getrennt seid? Aber er wird wollen, dass du glücklich wirst. Dafür musst du deinen Schmerz loslassen! Denke an die Zeiten, wo ihr euch gestritten habt oder sonst etwas tatet. Freu dich darüber, dass du ihn treffen konntest. Eine kurze Zeit ist besser als gar keine.

Ich bitte dich, verliere dich nicht im Sumpf des Hasses. Wenn du dich verlierst, wie soll ich dich dann finden…?“

Kagome schluckte. „Warum… warum willst du das nicht? Warum willst du so sehr, dass ich glücklich werde?“
 

„Ich liebe dich.“
 

„Sag mir, was bedeutet Liebe?“

„Glück und Angst. Sie kann dich retten und zugleich in die tiefsten Tiefen der Hölle reißen.“

At the end of everything

At the end of everything
 


 

„Ich liebe dich.“
 

Sie konnte diese Worte nicht verstehen. Irgendwo… wollte sie es auch nicht. Wie sollte ihr dies auch gelingen?

Durch den dichten Nebel ihrer Tränen konnte sie sein Gesicht erahnen, sein schönes Gesicht. Und doch… niemals würde sie ihn, Sesshoumaru, vollkommen lieben können. Nein, nicht einmal, wenn ihr gesamtes Herz danach schreien würde. Sein Gesicht war… dem seinen zu ähnlich.
 

Unerbittlich blickte er ihr in die Augen, versuchte ein Gefühl in ihren Tränennassen zu entdecken. Er glaubte, Verwirrung zu erblicken; und eine Erkenntnis. Eine Erkenntnis, die er hinzunehmen hatte – wenn die Worte den Weg aus dem verschlossenen Mund finden würden.
 

Möglicherweise war es eine nur eine Halluzination, eine Irreführung ihres eigenen Herzens, doch sie glaubte, den zu sehen, der einen Teil ihres Herzens mit sich nahm, ohne es je verlangt zu haben. Kagome glaubte, denjenigen zu sehen, der nie irgendwas verlangt hatte; nur einen kleinen Platz in der Welt, den er sein Zuhause hatte nennen können. Musashi war es nie gewesen… und plötzlich nagte jene Frage an ihrer Seele, ob sein Wunsch sich je erfüllt hatte. Hatte sie ihm je das geben können, was er begehrt hatte? Heiße, salzige Tränen suchten sich den Weg aus ihren Augen, rannen über ihre Wangen hinab und fielen auf die Knie des Mannes vor ihr; doch ihr Blick ließ sich nicht abwenden von der Person, nach dessen Nähe sie sich so sehr sehnte.
 

Sie erwiderte seinen Blick nicht; sie starrte an ihm vorbei. Und, oh, Sesshoumaru wusste, an wen sie zu denken vermochte. Verdammt! Ließ er nicht mal nach seinem Tod alles den Gang gehen, den er, Sesshoumaru, als richtig empfand?

Nein. In diese Richtung sollte er seinen Gedanken verbieten, zu gehen. So sollte es nicht sein; es war nicht sein Wille gewesen. Es war nicht die Zeit für ihn, von der Welt zu gehen, auch wenn Sesshoumaru hoffte, dass er dort sein verdientes Glück fand. Nach all dem ganzen Leid war er einer der wenigen, denen er, Sesshoumaru, es zugestand. Sollte er jemals zum beten einen Tempel oder etwas in der Art betreten, tief in der schwarzen Nacht, so würde er Buddha bitten, seinem Bruder den Frieden zu geben, dem ihm im Leben verwehrt geblieben war.
 

So gern wollte sie die Lippen öffnen, seinen Namen rufen, ihn herbitten, ihm in die Arme fallen… doch nichts in ihrem Inneren rührte sich, kein Körperteil war in der Lage, sich auch nur einen Fingerbreit weiter in seine Nähe zu schieben.

Gerade rann die letzte Träne aus ihrem Augenwinkel, folgte den nassen Bahnen auf ihren Wangen hinab.

Kagomes gerötete Augen sahen sein Lächeln, die Wärme in seinen Augen. Nie hatte er so… so friedvoll ausgesehen, so im Einklang mit sich selbst, nicht einmal einst im Schlaf, als sie ihn sah. Ihre Kehle trocknete aus, in binnen Sekundenbruchteilen, das Schlucken fiel ihr schwer. Warum nur, warum?

Warum musste er hier vor ihr stehen, warum musste er sie so quälen, mit diesem friedlichen Gesicht? Trauerte er nicht über seinen eigenen Tod? Trauerte er nicht darüber, sie allein gelassen zu haben?! Warum tat er ihr das an… ihr Herz liebte ihn auf ewig, und nichts würde diese Liebe brechen können.
 

„Sesshoumaru, ich…“

Doch ein Finger auf ihren Lippen brachte sie zum Schweigen, hart schluckend sah sie ihn mit einem gebrochenen Blick an. „Ich möchte nichts hören. Bewahre deine Antwort in deinem Herzen und gewähre mir den Wunsch, noch ein bisschen Hoffnung zu erhalten, tief in meiner Seele.“

Irgendwo im tiefsten Inneren ihrer Kehle bildete sich ein Kloß, den sie nicht vermochte, hinunter zu schlucken. Warum nur, warum? Warum wurden immer mehr Charakterzüge deutlich, die bei beiden festzustellen gewesen waren? Wieso nur wurden sich die auf Lebzeit verfeindeten Brüder immer ähnlicher, so lange Kagome einem vom ihm ins Gesicht schaute?
 

Aus den Augenwinkeln nur, beinahe unwirklich, bekam sie mit, wie ihr Liebster die Lippen bewegte, ohne einen Ton von sich zu geben. Die Lippenbewegung war nicht lang und doch verstand sie es nicht. Konnte er sie nicht einfach mit sich nehmen?
 

„Kagome“, begann Sesshoumaru leise, bemerkte er doch ihre geistige Abwesenheit. „Kagome, sieh mich an.“ Ihre Augen ruckten kurz, dann schielten sie beinahe ängstlich, gar etwas vorsichtig in seine Richtung. Sie erkannten ihn nicht; erfassten sein Gesicht nicht.
 

„Ich weiß, dass dein Herz noch immer voller Trauer ist – und das es wohl für immer trauern wird. Auch in meinem Herzen spüre ich den tiefen Stich der Trauer, doch ich versuche, damit zu leben. Ich bin mir sicher, so ist es auch in seinem Sinne!

Überlege, ich bitte dich. Wenn du sterben würdest, würdest du nur mit Schmerz in Verbindung gebracht werden wollen? Würdest du nicht wollen, dass man voller Liebe lächelt, wenn man deiner gedenkt?“
 

Ihre Augen zuckten, sie schluckte hart. Etwas in ihr wusste, dass es so war. Aber da war auch etwas anderes, das rief, dass sie ihn für immer verlieren würde, wenn sie den Schmerz losließ. Was sollte sie also für richtig halten? Ihre Augen ruckten erneut seitwärts. Und immer noch stand er dort, lächelte sie an.

Die Welt war so grau um ihn herum; nur sein Körper schien zu strahlen wie die Sonne. Bei der Hölle, sie wusste, warum. Es verdeutlichte nur noch einmal… dieses Bild verdeutlichte nur noch einmal ihre verdammte Lage.

Ohne ihn… was war noch wichtig ohne ihn? Das Bild vor ihr war nichts, nur eine Illusion; ein Wunschdenken, das ihr Herz erzeugte und dem sie nicht abschwören wollte.
 

Sie antwortete nicht und Sesshoumarus Augen huschten über ihr Gesicht. Sie blickte direkt seitwärts von ihm, leicht drehte er den Kopf.

Nichts, dort war nichts, nur Wald, Bäume, Erde und Himmel. Nichts daran war so anziehend, dass man dorthin blicken musste und doch… er spürte, dass dort etwas war; etwas, was eine Bedeutung hatte, jetzt, für diese verdammte Situation. Doch warum… warum konnte er nicht entdecken, was Kagomes Augen so verzweifelt festzuhalten versuchten? War es ihm nicht vergönnt? Warum nur, warum… warum schlich sich der Gedanke daran in sein Herz, dass es jene Person sein könnte, weswegen sie solche Schmerzen zu erdulden hatte? Langsam drehte er den Kopf zurück, nichts brachte es ihm, den Boden, den Wald, den Himmel anzustarren. Es würde nichts ändern, täte er es lange.
 

Am Rande nahm sie wahr, dass der Wind auffrischte, doch interessieren tat es sie nicht. Die einzige Sache, die ihr auffiel, war, dass seine Haare nicht wehten. Es war wieder nur ein Beweis, dass er nicht real war; warum also ignorierte sie seine Erscheinung nicht, bevor ihr Herz noch weiter auseinander brach?

Wieder bewegten seine Lippen sich, doch erneut drang kein Laut an ihr Ohr.
 

Sesshoumaru bemerkte ebenfalls, dass der Wind auffrischte, denn einige Haarsträhnen von ihr peitschten sanft in sein Gesicht und veranlassten ihn dazu, aufzusehen. Kaum war diese Tat vollbracht, weiteten seine Augen sich, ohne dass er dies irgendwie kontrollieren könnte. Seine Lippen formten ein tonloses „Nein“ und die Person vor ihm schien es zu hören, denn er verzog die Miene, so wie er als Lebender tat. Es war vollkommen unmöglich, also wie…?

Vielleicht… vielleicht war es nur eine Illusion; eine Illusion, die von irgendwo aus seiner Seele kam. Nur eine Projizierung des Bekannten auf den jetzigen Moment.

Tonlos und unkoordiniert öffneten und schlossen sich seine Lippen, verständnislos zuckte die Person mit den Schultern. In Sesshoumarus Kehle machte sich eine Trockenheit breit, die er bis dato noch nicht kannte. Die Augen, die die seinen waren und doch wieder nicht, richteten sich fest auf sein Gesicht.
 

Das Blatt, auf das er trat, hob sich in die Lüfte und wurde hinfort getragen, in das weite Himmelszelt – beinahe so, als ob er nicht existierte. Und das stimmte, pochte es hart und schmerzvoll gegen Kagomes Verstand.

Doch mit jedem Atemzug kam er näher, trugen seine Schritte seine Erscheinung näher an sie heran. Es war fast so, als würde er noch am leben sein; als hätte der Tod nicht die eisige Klaue um das Herz geschlossen. Doch um welches Herz hatte er seine Klaue tatsächlich geschlossen…?
 

Die Erscheinung vor ihm schien zu seufzen, zuckte dann wieder mit den Schultern und bewegte die Lippen tonlos; verwirrt schüttelte Sesshoumaru den Kopf. Was sollte das? Fragend blinzelte die Person, bis sie ihn ansehend auf sein Ohr deutete und fragend den Kopf bewegte; schließlich führte er den Finger zu seinem Mund und zurück. Dabei formte er deutlich die Frage: Verstehst du, was ich sage?

Sesshoumaru schüttelte den Kopf; bedauert darüber, nicht seine Stimme hören zu können; ihn nichts fragen zu können, über das Leben nach dem Tod. Betrübt ließ die Person vor ihm den Kopf hängen und wandte leicht den Kopf; schien sich zum Gehen bereit zu machen.

Nein, formte Sesshoumaru mit den Lippen, ohne es zu merken, bleib. Die Erscheinung drehte den Kopf zurück, sah ihn an, bis ein leises Lächeln die Lippen zierte. Dann trat er ein paar Schritte auf ihn zu, wobei ein Vogel durch seinen Körper flog; ohne ihn zu bemerken. Und es war dieser Moment, in dem Sesshoumaru schmerzlich bewusst wurde, wie endgültig der Tod war.
 

Nunmehr kniete er direkt vor; die selbst im Tode warmen Augen blickten sie an. Wieder bewegte er die Lippen, erneut ohne einen Laut und doch glaubte Kagome, die Worte diesmal zu verstehen. Ihre Mundwinkel zuckten leicht nach oben, während sie stumm antwortete: Du auch, versprich es mir. Er schien zu lachen, dann verwehte der Wind seine Gestalt; und was blieb… war nur eine Erinnerung.
 

Er kniete vor Sesshoumaru und blickte ihn so seltsam an; so… gar brüderlich, herzlich; so wie sie sich nie ansahen, lebten beide noch in derselben Welt. Ohne dass sein geliebt verhasster Bruder die Lippen erneut bewegte, glaubte Sesshoumaru, etwas zu hören, bis der Wind die goldenen Augen mit sich nahm; auf die Reise rund um die Welt – um sich am Ende wieder zusehen. Am Ende aller Dinge.
 

„Werdet glücklich.“
 

„Sag mir, was ist Ewigkeit?“

„Sieh auf das Meer; und du wirst verstehen.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (43)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Vigeta_Lord_d_T
2019-06-20T17:48:44+00:00 20.06.2019 19:48
InuYasha ist tot oder und Sesshomaru tröstet Kagome.
Von:  lieselotte90
2014-11-12T12:28:55+00:00 12.11.2014 13:28
Deine geschichte zeugt von eigener Einsamkeit...fast wären mir die tränen gekommen....So schreibt nur jemand der die gleichen Empfindungen hat....meinen tiefsten Respekt!!!
Von:  tera
2008-12-15T15:26:27+00:00 15.12.2008 16:26
Hi
Ein wundervolles Kapitel und ein wirklich
gelungener Schluss für deine FF.
Lg tera
Von: abgemeldet
2008-12-09T10:58:40+00:00 09.12.2008 11:58
Hallo
ich fand deine ff wahnsinn. sollte aufhören die in da arbeit zu lesen, fang immer fast zum heulen an. *schnief*
ich würd mich total über ne Fortsetzung freun, möchte unbedingt wissen ob sies schaffen glücklich zu werden.
LG
Von: abgemeldet
2008-12-08T17:11:55+00:00 08.12.2008 18:11
Oiii, das war soo kawai
*ins taschentuch schnäuz*
Sie durften ihn noch einmal sehen.
Werden sie denn nun zusammen glücklich?
Ich finde es chreit nach einer Fortsetzung :P
Ich fand es toll, auch wenn das ende irgendwie .... unerwartet kam.
Hoffe ich les mal wieder so was schönes von dir.
*knuddel*
TheLegend
Von: abgemeldet
2008-12-07T20:29:02+00:00 07.12.2008 21:29
gyaaaa kawaii~ X3
richtig niedlich^^
is n super ende für die FF
und das ganze zieht sich jetzt über ein paar tage hinweg oder? (also die ganze story mein ich)
war jedenfalls n super kapitel

lg^^/
arkansaw
Von: abgemeldet
2008-12-06T18:20:20+00:00 06.12.2008 19:20
Ich habe echt nicht gedacht, dass du es bei einem offenen Ende bleiben lässt. (aber nicht im negativen sinne) ^^
Ich finde deine FF sehr gelungen und vor allem sehr, sehr traurig!! *sniff* Aber da ich ja auf herzensbrechende Dramen stehe *.* muss ich ein großes Lob aussprechen ^-^
Ich hoffe, dass ich bald noch mehr von dir hören werde ^.^
Bis denne

Deine Maki
Von: abgemeldet
2008-12-06T17:53:03+00:00 06.12.2008 18:53
hallo
hab deine ff eben gelesen
echt super geschrieben
wunderschön und traurig zugleich
du hast die gefühle echt super rüber gebracht
inu ist der beste
schön das er die beiden glücklich sehen will
schreib weiter so gute geschichten
lg
Von: abgemeldet
2008-07-23T17:31:07+00:00 23.07.2008 19:31
Owwwwwwwww
das ist so süß.
Er liebt sie.
Ich glaub er ist genauso verzweifelt wie Kago.
Wenn sie gehen würde,
wüeder Sess sich genauso füheln.
Wie so ein Teufelskreis.
Mach schön schnell weiter *daumen drück*
hdl TheLegend
Von: abgemeldet
2008-07-22T12:33:10+00:00 22.07.2008 14:33
Hi
hab deine geschichte grad entdeckt und bin einfach nur hingerissen. einfach der wahnsinn, dein schreibstil. schreib schnell weiter, kann kaum erwarten wie sie drauf reagiert.
LG Jessi


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