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My Little Damaged Toy

- for the Snow obsessed
von

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Begin

Die Straßen waren leer und grau. Mit ruhigen Schritten ging sie auf die Schule zu. Der Schatten, den diese warf, kam ihr entgegen und schien sie zu verschlingen, als sie ihn betrat. Die Zigarette in ihrem Mund war schon bis zum Filter herunter geraucht. Auch als die Glut an ihren Lippen ankam, störte es sie recht wenig. Sie öffnete ihren Mund und der Stummel fiel auf den Boden vor dem Tor. Ohne zu klopfen öffnete sie es und betrat das riesige Gebäude.

Im Inneren war es genauso grau wie draußen. Die vielen Kinder, die sich im Gebäude tummelten, trugen alle dieselbe Kleidung, dieselbe Uniform. Es war alles grau. Es war genauso öde und langweilig, wie sie es sich vorgestellt hatte. Genauso, wie es Snow beschrieben hatte.

Ein älterer Mann kam auf sie zu. Es war anscheinend der Hausmeister, denn in seiner Hand hielt er einen Wischmopp. „Was machen sie hier?“, seine Stimme klang trocken und alt. Ja, sogar gelangweilt. 'Also langweilen sich die Menschen selber in ihrer Welt', schwirrte es durch ihren Kopf. „Guten Tag. Ich habe einen Termin beim Direktor, können sie mir sagen, wo ich ihn finde?“ „Fragen sie mal im Sekretariat nach. Das ist dort, immer geradeaus, am Ende dieses Ganges.“ Die spindeldürren Finger des Hausmeisters, an denen schon die Haut herunter hing, zeigten auf einen Gang, in dem sich ausnahmsweise keine Kinder aufhielten, eher schienen sie noch einen Bogen um ihn zu machen. „Vielen Dank, mein Herr.“ Mit diesen Worten ließ sie den Hausmeister einfach stehen und zwängte sich durch die Horde von Kindern, bis sie bei dem Gang ankam. Keine Menschenseele hielt sich in ihm auf. Ihr war es nur recht, konnte sie doch so keiner stören.

Ganz hinten, so wie es der Hausmeister gesagt hatte, fand sie das Sekretariat. Diesmal klopfte sie und wartete auf eine Stimme, die sie hereinbitten würde. Nach ein paar Sekunden wurde sie auch schon hineingerufen. Sie öffnete die schwere Ebenholztür. Das Holz war alt und schwarz, es passte farblich hervorragend zu den grauen Steinen, die das Mauerwerk bildeten.

Im Raum schaute eine ältere Frau auf. „Guten Tag? Haben sie einen Termin beim Direktor? Er ist momentan nämlich sehr beschäftigt.“ Die Stimme klang hektisch und ein wenig zu hoch, dennoch konnte man die Trägheit in ihr nicht überhören. „Mein Name ist Jouette“, stellte sich das Mädchen vor. „Fragen sie den Direktor, er wird wissen, wer ich bin.“ Die Frau nickte abgehackt und verließ für kurze Zeit den Raum. Als sie wiederkam, nickte sie noch einmal und führte Jouette ins Zimmer des Direktors. Sie wartete nicht einmal, bis Jouette eingetreten war, sondern drehte sich gleich wieder um und ging zu ihrem Schreibtisch zurück.

Das Zimmer war groß. Es war fast so groß, wie die riesige Eingangshalle, nur nicht so hoch. „Da bist du ja schon. Das hat diesmal aber lange gedauert!“ Mit schweren Schritten näherte sich der Direktor Jouette. Sein Fett schwabbelte dabei immer wieder auf und ab. „Fast hätte ich meine Geduld verloren.“ Als er direkt vor ihr stand, küsste er sie. Es war kein sanfter, auch kein leidenschaftlicher, sondern ein gieriger und grober Kuss. Seine Hände wanderten unter ihre Bluse und begannen ihre Brüste zu streicheln. Ekel stieg ihr in den Hals, aber sie ließ den alten Mann machen, was er wollte. Es war ihr Job, sie konnte und durfte sich nicht gegen ihn wehren. Sie war sein Spielzeug, genauso wie er es bestellt hatte. Daher auch ihr Name. Jouette, ein Spielzeug. Ihren richtigen Namen kannte sie nicht mehr, irgendwann mal hatte sie jemand so genannt, seitdem hieß sie so.

Langsam schloss sie die Augen und umschlang nun den freien Oberkörper des Direktors mit ihren Armen. Sie versuchte ihren Geist von ihrem Körper zu entfernen. Versuchte sich vorzustellen, dass nicht sie die Person war, die das Fett in den Händen hielt. Dass nicht sie es war, die ein Messer zückte und es an den Nacken des Mannes hielt.

Es waren die Worte des Mädchens, das Jouette hinter dem Direktor erkannt hatte, die sie dazu brachten zu zustechen. Das Kind mit den schwarzen Haaren und lila Strähnchen hatte sie nicht einmal aussprechen müssen, sie formte sie nur mit den Lippen, doch Jouette verstand jedes jedes einzelne von ihnen. „Willst du mit in meine Welt kommen? Willst du so werden wie Snow?“

Es war nur ein lauter Schrei zu hören, der dem in der Sekunde davor glich. Es klang eher so, als ob der Mann seinen Höhepunkt erreichte, als dass er gerade starb. Dann stach sie auch in ihre eigene Kehle.
 

***
 

„Was war das eben für ein Schrei?“ Ein kleines Mädchen stand in der Pausenhalle mit seinen neuen Freunden zusammen. Sie war neu an der Schule und wurde herumgeführt. „Ach, das war bestimmt wieder der Direktor“, ein anderes Mädchen antwortete ihr, ohne auch nur Interesse an dem Schrei selbst zu zeigen. „Jeder an der Schule weiß, dass er ab und zu mal eine Hure bezahlt, um mit ihr die Zeit zu verbringen. Du kannst dir wohl denken, was das gerade zu bedeuten hatte.“

„Wie hast du dir eigentlich die Haare gemacht? Lila Strähnen sieht man total selten, aber es steht dir voll gut.“ Die Neue reagierte nicht auf die Frage. Sie blickte noch eine Sekunde länger zu dem Gang, aus dem der Schrei gekommen war, folgte dann aber ihren Mitschülerinnen. Ein leichtes Grinsen lag für eine Zehntelsekunde auf ihren Lippen.
 

~
 

„Du sollst also Snows Platz einnehmen? Das wird aber Arbeit für dich bedeuten!“, Charlotte grinste Jouette an und feilte sich dabei die Nägel. „Schon mal von Yuki oder Haru Rozen gehört? Das hat Snow geschaffen. So etwas solltest du dann ebenfalls schon bald beherrschen können. Traust du dir das wirklich zu?“

„Ich muss doch nur töten, was soll daran bitte schwer sein? Und so toll wird Snow auch wieder nicht gewesen sein.“

„Denkst du das wirklich? Wenn Snow nicht gut war… Wie hat sie es denn dann geschafft, verehrt zu werden? Wenn sie nicht gut war… Warum gibt es dann diesen Snow-Kult und die ganzen Selbstmorde, weil ihr irgendwelche Groupies folgen wollen?“

„Sie sah einfach nur gut aus“, Charlotte hob nur eine Augenbraue, zuckte mit den Schultern, stand von Snows altem Tisch auf und setzte sich an ihren eigenen, nur drei Schritte davon entfernt.

Hunderte von Akten, Formularen und anderem Papierkram lagen auf Jouettes Schreibtisch verteilt. Sie rieb sich die Schläfen, bevor sie sich an die Aufgabe machte, alles aufzuräumen und zu sortieren. Immer wieder schaute sie zu ihrer Bürogenossin, beobachtete, wie diese mit ihrer Nagelfeile spielte, sich immer wieder schnitt und Blut herauskam. Jedes Mal schüttelte sie nur den Kopf, jedoch faszinierte es sie gleichermaßen, sodass sie immer wieder hinschaute.

Irgendwann waren Charlottes linke Hand und Arm komplett in ein helles Rot getaucht, durchmischt mit dem Dunkel des Rotes, welches schon getrocknet war.

Nach einer Weile schaute die blonde Frau auf und blickte mit ihren blauen Augen direkt in die von Jouette. „Vielleicht sollten Sie arbeiten. Es hat sich einiges angesammelt, seit Snows Abgang. Es wird eine Weile dauern, all dies nachzuholen.“ Und somit verabschiedete sie sich auch und verließ das Büro. Erst später, als Jouette es geschafft hatte schon fast die Hälfte zu sortieren und Stunden vergangen waren, kam sie zurück. Ihr Arm war wieder genauso blass, wie an dem Tag, als Jouette sie zum ersten Mal gesehen hatte.
 

~
 

/Schwarze Fingernägel, schwarze Haare und dazu lila Strähnchen. „Willst du das wirklich machen? Lila ist doch ein wenig extrem…“ Ich könnte jetzt herumschreien wie ein kleines Kind und auf die Farbe beharren, aber das ist mir doch zu anstrengend. Ich nicke einfach nur, ich wollte immerhin schon immer mal so aussehen.

Ich höre meine kränkliche Stimme ganz ruhig und ganz gelassen sprechen: „Lass mich doch. Sind ja meine Haare. Und wenn ich es will…? Du hast mir erlaubt zu machen was ich will…“ Mutter schaut mich mit entsetzen Augen an, dann stammelt sie irgendwas von Entschuldigung und so was. Sie ist leicht einzuschüchtern. Dabei mache ich gar nichts und trotzdem hat sie Angst vor mir. Zu Recht… Ich grinse sie an, anscheinend leicht bösartig, denn sofort verlässt sie nervös das Zimmer und sagt dabei zu mir, ich solle doch mit meinen Haaren machen was ich wolle. Sie lässt dabei ein paar Geldscheine fallen. Wahrscheinlich will sie es doch nicht selber machen und ich soll zum Friseur gehen. Noch besser.

Auf eine neue Schule sollte man doch mit einem neuen Image gehen. Statt mich zu ändern, verändere ich lieber mein Aussehen. Reicht das nicht? Meine einzige Angst wäre wohl, dass Jemand aus der Schule von den Toten weiß. Dann könnte ich meinen Spaß wahrscheinlich nicht auch dort haben. Morgen kommt sowieso mein Spielzeug. Ich mag den Direktor nicht, er ist so schleimig./
 

~
 

Finger krallten sich in meinen Arm. Die Nägel rissen meine Haut auf, ein Schrei entglitt meiner Kehle, Schmerz zog durch jede meiner Fasern, Angst zerriss mir das Herz. Aus dem Schnee heraus schaute mich die seltsame Gestalt an. Mein Verstand wollte laufen, einfach nur wegrennen und fliehen, meine Beine jedoch waren wie versteinert. Ich spürte nicht einmal, wie die Gestalt hinein biss und Fleisch herausriss. Das Gesicht konnte ich nicht sehen, es war von filzigen, schwarzen Haaren verdeckt.

Vielleicht gerade mal zehn Meter entfernt stand meine Freundin und beobachtete mich. Keine Regung in ihrem Mienenspiel, ihre verzogenen Mundwinkel konnte man noch am ehesten als ein grausames Grinsen deuten. Tränen flossen vor Angst und Schmerz aus meinen Augen, gleichzeitig mischte sich das Gefühl der Einsamkeit dazwischen. Sie half mir nicht, sie schaute nur zu.

Die Nägel dieses seltsamen Wesens, das sich unter dem Schnee versteckt hatte, rissen mir die Haut vom Arm, bissen sich hinein und zogen mir das Fleisch von den Knochen. Ich schrie, schrie immer lauter, rief um Hilfe. Niemand hörte mich, nur meine Freundin. Ihre blauen Augen schauten mich an. Blut und eine schwarze Ölspur verteilten sich über den Schnee. Den schönen weißen Schnee. Man konnte ihn nicht mehr sehen. Mein eigenes Blut beschmutzte ihn, der Dreck des Wesens ebenfalls. Das letzte was ich sah, war das grauenhafte Gesicht des Mädchens. Überall Narben, die Haut ganz blau; dann verschluckte mich ihr Rachen. Ich hatte überall Schmerzen, schrie noch immer, bevor ich komplett verstummte.
 

~
 

/Überall Schnee. Alles weiß. Ich liebe den Schnee, ich liebe es, wie er alles unter sich verbirgt. Die Reinheit, die Täuschung. Der Schnee verbirgt alles Leben dieser Erde unter sich.

Ohne eine Miene zu verziehen schaue ich zu, wie Yuki gefressen wird, von meinem Wesen.

Meine „Freundin“… So hat sie sich mir gegenüber gesehen, dabei ist es doch nur meine Aufgabe Snows Werk zu Ende zu bringen. Weshalb sonst hat man mich als ihre Nachfolgerin gesehen?

Snow war Gott… Nun bin ich Snow. Damit bin ich doch auch Gott, oder?

Der Kopf ist zertrümmert. Als nächstes wird der Arm dran sein, mit Knochen, den Nägeln. Mein Wesen frisst alles auf, sie ist ein zuverlässiges Wesen, wie ich erfahren durfte. Schnell verlasse ich den Ort, der Schnee wird in Kürze meine Spuren wieder verwischen und somit wird auch nichts auf mich deuten. Das muss also die Macht Snow gewesen sein. Dies ist also Gottes Macht. Ich fühle mich gut./

Middle

Die Sonne brannte auf das Dorf, es war Hochsommer und die meisten Kinder amüsierten sich am See, ganz nah der Innenstadt.

„Ramm mir ein Messer in die Hand und ich werde es nicht einmal bemerken. Pass nur auf, egal was du mir antust du bekommst es alles zurück. Vielleicht nicht von mir, aber Snow wird kommen und dich holen!“ Tränen standen in ihren Augen, ihre Stimme, wie auch ihr Körper zitterten. Das kleine Mädchen vergrub ihr Gesicht in den Händen, schluchzte immer lauter.

Eine Gruppe von Mädchen stand direkt vor ihr, bewarfen das kleine Mädchen mit Dreck. Als sie weglief, sich nur noch verstecken wollte, riefen sie ihr unter lautem Gelächter hinterher: „Snow gibt es nicht. Sie kann dir nicht helfen, niemand kann dir helfen.“

Immer leiser wurde das Gelächter der anderen Mädchen, immer weiter entfernten sie sich von ihr, doch die Worte hallten immer lauter in ihrem Kopf wieder. Sie hörte erst auf zu rennen, als sie außer Atem war, als sie in einem kleinem Stück Wald, nahe der Stadt war. „Snow gibt es und sie wird mir helfen. Ganz bestimmt…“, schluchzte sie, lehnte sich gegen einen der Bäume und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen, „Ganz sicher wird sie mir helfen. Sie wird kommen und mir die Kraft geben mich zu wehren.“

Eine Weile stand sie da, alles war ruhig, nur das Zwitschern der Vögel war zu hören, vielleicht vergingen so ein, zwei Stunden. Schnee fiel vom Himmel, er war eiskalt. „Du wirst doch kommen, oder Snow?“

Sie hatte das Gefühl, dass der Wind ihren Namen flüsterte. Immer wieder hörte sie ihn, wie sanft der Wind ihren Namen rief, oder war es vielleicht Snow?
 

„Yuki!“

Ein Schlag auf ihren Kopf und schon war sie wieder wach.

„Kannst du die Formel an der Tafel erklären, Yuki?“

„Nein, entschuldigen sie.“

„Vielleicht solltest du aufpassen und nicht schlafen, dann lernst du es wenigstens.“

Sie hasste Mathe. Sie konnte es nicht und würde es auch niemals können. Sie konnte sowieso nichts und konnte auch nichts lernen. Warum verstanden es die Anderen nicht? Sie war zu nichts fähig, sie würde eh nichts werden, egal wie sehr sie sich anstrengte.

Das Klingeln war die Rettung vor dem Unterricht, doch die richtigen Qualen würden erst jetzt kommen.

„Hast du das Geld mit?“
 

In meinen Träumen sterbe ich Nacht für Nacht. Es ist nie derselbe Traum, ich sterbe niemals gleich. Mal ertrinke ich, mal verbrenne ich, doch immer erleide ich Qualen, unendliche und unermessliche Qualen. Selbst der Tod erscheint mir wie die Rettung vor dem Leid, doch richtig sterbe ich nie. Warum? Warum träume ich so etwas? Und wenn ich aufwache, finde ich überall Narben. Narben über Narben. Es gibt keine Stelle an meinem Körper ohne Narben. Schmerzt die Liebe so sehr, dass sich der Körper nach dem Tode sehnt, oder wie soll ich diese Träume verstehen?

Helft mir… helft mir… Sonst sterbe ich noch wirklich.

Glänzendes Metall an meinem Hals, eine kalte, weiße Hand hält das Messer. Dann Schmerz und Blut. Ich bekomme keine Luft mehr, ich ersticke, überall Blut. Wieder einer dieser Träume, oder sterbe ich nun wirklich? Ich weiß es nicht, ich weiß es einfach nicht.

Snow, hilf mir dies zu überstehen…
 

„Komm schon, gib uns das Geld!“, bei der Stimme zuckte sie zusammen. Ein Schatten bildete sich über ihren Tisch. Vor ihr stand nun eine Gruppe von Mädchen.

„Hast du es schon wieder nicht da?“

„Du weißt, was passiert, wenn du es nicht da hast.“

Sie sagte nichts, starrte stumm auf ihre schwarz bemalten Fingernägel. Sie versuchte so gut es ging, die Stimmen aus ihrem Kopf zu verbannen, die ihr sagten, sie solle sich doch wehren. Versuchte die Personen vor ihr zu ignorieren.

„Hey, hörst du uns überhaupt? Wo bleibt das Geld?“

„Hat dir deine Mutter etwa kein Geld für das Essen mitgegeben?“, sie stießen sie an der Schulter, immer häufiger und immer stärker, bis sie vom Stuhl auf den Boden fiel.

„Wir werden dir zeigen, was passiert, wenn du noch einmal das Geld vergisst“, eines der Mädchen, wahrscheinlich die Anführerin, holte aus einer Jackentasche ein Messer heraus.

„Ich denke, wir sollten dir die Stimme mit Gewalt wecken. Schrei für uns!“, ein Grinsen zierte ihr Gesicht.
 

***
 

Vorsichtig strich sie sich über die Narben, die sich zwischen ihren Beinen befanden. Sie waren noch frisch, ganz rot und fingen wieder an zu Bluten, wenn sie am Schorf nur ein wenig kratzte. Viele Narben waren dort zu sehen, unendlich viele schienen es zu sein, sie nahmen kein Ende.

„Heute war es wohl besonders schlimm? Du solltest anfangen dich zu wehren, Yuki. Ich kann das nicht mehr mit ansehen“, ihr Blick richtete sich nach oben, zu einer jungen Frau vor ihr. Plötzlich stand sie auf und fiel ihr um den Hals.

„Darf ich ihnen wehtun Snow? Darf ich sie verletzen, wie sie mich verletzen?“, ihre Stimme war rau und heiser. Normalerweise benutzte sie sie nur, wenn sie gequält wurde und nicht mehr anders konnte als leise zu wimmern und schreien, „Erlaub es mir endlich. Hilf mir. Sie werden mir wehtun. Morgen werden sie mir wieder wehtun.“ Warme Tränen flossen über ihr Gesicht. Snow küsste erst die Tränen weg, leckte dann vorsichtig über ihre Lippen, begann sie zu umspielen, begann Yuki sanft zu küssen.

„Ich erlaube dir nun alles zu machen, was du willst. Ich kann dir nicht viel helfen, aber…“, sie griff sich in die Tasche und reichte Yuki eine Pistole, „Ich kann dir das hier geben. Es sind genau 5 Kugeln drinnen. Genauso viele wie deine Peiniger. Du musst genau zielen, versprichst du mir das?“

„Ich verspreche dir alles, was du willst, Snow. Alles“
 

***
 

„Und fertig mit dem sortieren? Ist ja doch eine ganze Menge, was sich gesammelt hat, seit Snows Tod.“ Wie immer spielte Charlotte mit ihrer Nagelfeile herum, „Wird wohl doch nicht so einfach wie du meintest, ihren Platz einzunehmen?“

„Ach, es geht. So schwer ist es auch nicht, wie es aussieht. Arbeite momentan auch an einem der Yuki Projekte“, Jouette strich sich ihr weiß gebleichtes Haar, genauso wie Snow es hatte, aus dem Gesicht, während sie Charlotte anlächelte.

„Ui. Erzähl mal.“

„Hast du keine Arbeit, die du erledigen musst, Charlotte?“

„Was denkst du von mir? Ich bin momentan hier die Nummer 1, wo Snow weg ist“, die blonde Frau räusperte sich, sprach dann aber ruhig und gelassen weiter, während ihre Finger mit der Feile spielten. Einzelne Tropfen Blutes flossen über ihre Finger, „Aber jetzt erzähl! Will wissen, wie du das Yuki Projekt angehst.“

„Du kennst das Yuki-Projekt, oder?“
 

***
 

Ein Gebäude, in dem alles weiß war, so weiß wie der Schnee, so weiß wie Snow selbst. Selbst die Kleidung war weiß, kein einziger Fleck war zu sehen und wenn einer entstand, wurde er sofort vertuscht und weggewaschen.
 

In diesem Gebäude hatte jeder eine weiße Weste.
 

Nur sie nicht. Nur sie trug schwarz, alles an ihr war schwarz, selbst die Wände hatte man in der Farbe für sie streichen müssen. Sie ertrug das weiß nicht, es war so hell, es war so rein, es erinnerte sie an Jemanden. Es erinnerte sie an Snow.

Nie ging sie hinaus und wenn, begann sie zu schreien, fing sie an zu weinen. Panik erdrückt sie in ihrem Innern, sie begann zu hyperventilieren.

Meistens saß sie einfach da und starrte die schwarze Wand an, während sie vor sich hin murmelte. Nicht so laut, dass es irgendwer verstehen konnte, aber immer wieder murmelte sie die Worte, die sie in diese Klinik gebracht hatten. „Ich bin Gott, ich habe Snow erschaffen.“

End

Deprimiert schaue ich auf das Blatt Papier vor mir. Es ist leer, keine einzelne Zeile konnte ich füllen. Die Gedanken drehen sich, bilden Wörter, schreiben von selbst Geschichten. Es ist alles da, ich kann es alles in meinem Kopf sehen. Satz über Satz, jeden Buchstaben, aber wieso kriege ich nichts aufs Papier?

Meine Hand zittert, ich kann nicht einmal den Stift vernünftig halten und sobald ich den Stift aufs Papier lege, verschwindet alles. Alle Gedankengänge, alles war einfach weg. Wegradiert, gelöscht aus dem Gedächtnis.

Woran habe ich noch vor einer Minute gedacht? Ich kann es nicht sagen, ich kann es einfach nicht. Ich könnte mich nicht einmal mehr an dich erinnern, wenn du einmal für kurze Zeit weg sein würdest. Deswegen… Versprich mir… Lass mich nie mehr alleine… Bleib bei mir und halte meine Hand. Für immer, und für ewig… tust du mir diesen Gefallen, Snow? Bleib bei mir bis ich sterbe…
 

~
 

29.04.2009 – 12:34 Uhr
 

Sie setzte sich auf den Stuhl und starrte in die Kamera, durch die man sie beobachtete. Sie wusste genau, dass man sie beobachtete. Sie wusste genau, was sie machen musste, damit man sie bald schon rauslassen würde. Sie wusste es ganz genau. Sie würde wahrscheinlich alles tun, um aus diesem Gebäude raus zukommen. Sie wollte raus, sie musste es sogar, damit sie zu Snow gehen konnte. [Es hat Spaß gemacht, dich denken zu lassen, du wärst Gott.]Dann würden sie eins werden, dann würde sie der vollkommene Gott sein. [Aber jetzt ist das Spiel vorbei.]

Dunkelheit, vollkommene Schwärze umhüllte sie, verschlang sie. Geschrei war zu hören, ohrenbetäubend und schmerzend. Der Ton war hoch, klang mehr nach einem Piepen, als nach einem Ton. Eine Hand lag auf ihrer Schulter. Wer war das? War sie nicht alleine in den Raum geschickt worden?

Nägel die sich in ihre Zehn durchstachen, Fleisch zerfetzen; Blut floss aus der Wunde.

Sie sah nichts, spürte nur den Schmerz, wie er in jede Faser ihres Körpers kroch, spürte wie sich kalte Hände um ihren Hals legten. Ein Fingernagel streifte ihren Mund, kratze ihre Lippe auf, sie konnte Blut schmecken.

Irgendetwas fraß sich in ihre Kehle, biss zu, kaute. Ihren Schrei hörte sie nicht. Sie hörte nur dieses Piepen, solange bis ihr Trommelfell mit entsetzlichen Schmerzen platze. Ihr Gesicht war heiß, durchmischt von Tränen und Blut. Waren es vielleicht Tränen aus Blut? [Bist du noch immer Gott? Ist Snow Gott?] Langsam schloss sie die Augen. Sie wusste, sie würde nicht sterben, egal was passieren sollte. Snow wartete doch auf sie. Sie war doch Gott.
 

29.04.2009 – 13:54 Uhr
 

Still saß sie auf ihrem Stuhl, bewegte sich nicht einen Millimeter, keine Regung war auf dem Bildschirm zu sehen. Nun schon seit einer Stunde saß sie auf dem Stuhl, und starrte entfremdet auf die Wand.
 

29.04.2009 – 14:06
 

„Irgendetwas stimmt nicht. Sie kann sich doch nicht eine ganze Stunde lang nicht bewegen.“ , ein älterer Mann schaute auf den Bildschirm, „Schaut mal wer nach ihr?“

Eine junge Frau nickte, wahrscheinlich eine Krankenschwester, und verließ das Zimmer, schritt durch die weißen Gänge, zielsicher auf ein Zimmer zu. Als sie die Tür öffnete, war alles dunkel, vollkommene Schwärze. War das Licht ausgegangen, während sie auf den Weg hier her war? Sie schaltete das Licht wieder an, die Lampen funktionierten also. „Yuki. Ist was los?“ Sie schaute hoch, zu dem Stuhl und im selben Augenblick konnte die den Schrei, der ihre Kehle hinauf kroch, nicht mehr unterdrücken.
 


 

„Wieso hast du das getan?“

„Ich bin Snow. Ich bin Gott“

„Wieso hast du das getan?“

„Ich bin Snow. Ich bin Gott“. Versteht er es nicht?

„Wieso hast du es ihnen angetan?“

Ich habe es doch tausendmal schon gesagt. „Ich bin Snow. Ich bin Gott.“

Wütend schlug er seine Hand auf den Tisch, der zwischen ihm und mir stand. „Ich will endlich eine vernünftige Antwort!! Wieso hast du deine Eltern jetzt umgebracht?!“

Müde schließe ich für einen Augenblick die Augen, atme einmal tief ein, öffne sie wieder und antworte mit ruhiger Stimme wie bisher. „Ich bin Snow. Ich bin Gott und ihre Existenz hat mich gestört.“

Genervt seufzte er auf, so wie er es immer tat, murmelte leise etwas von „Hoffnungsloser Fall“, und schüttelte den Kopf, bevor er sich nach hinten lehnte.

„Ich kann sie auch belügen, einen Grund erfinden, aber ich denke nicht, dass sie Lügen von mir hören wollen.“

Abermals schüttelte er den Kopf, winkte ab. „Unsere Stunde ist zu Ende. Bis morgen. Du kannst jetzt wieder in dein Zimmer gehen.“

Ich öffne die Tür, das weiß der Wände blendet, ich mag es nicht. Ohne zu atmen, das weiß raubte ihn mir, lief ich schnell durch die Gänge in mein Zimmer, erst dort nahm ich wieder meinen ersten Atemzug. Das Schwarz beruhigte mich sofort, mein Herz begann wieder langsamer zu schlagen und ich hatte das Gefühl wieder glücklich zu sein. Ich hatte keinerlei Probleme damit, in der Psychiatrie zu bleiben, das einzige, das mich störte war dieses Weiß. Überall war es, nur in meinem Zimmer nicht und dem Besprechungszimmer von Dr. Tennenbaum.
 

~
 

„Selbstmord der Kindermörderin – aufgehängt in der Psychiatrie“

Leise murmelte sie die Schlagzeile in sich hinein, überflog schnell den Text und seufzte dann leise. „Snow ist… tot?“ Eine Träne kullerte langsam über ihre Wange. „Das kann nicht sein, Snow ist nicht tot… Snow ist doch…. Gott?“ Mit ihrer linken Hand strich sie sich durch das schwarze Haar mit den lila Strähnen. Panik und Erschütterung lagen in ihrem Blick.

„Snow ist nicht tot! Snow kann nicht tot sein, sie hat mir doch versprochen wieder zu kommen, egal was passiert…“, eine einzelne kalte Träne floss über Harus Gesicht. Sanft streichelte sie das Foto von Snow aus der Zeitung, flüsterte dabei leise vor sich hin. „Du wirst weiter leben. Deine Taten werden weiter leben, dafür werde ich sorgen. Wir werden dich nicht vergessen… Snow… „
 

~
 

Tränen flossen über ihr Gesicht, sie waren heiß und brannten auf ihrer kalten Haut. In ihrer Hand hielt Jouette den Arm eines Teddybären, auf dem Boden lag der Rest des kleinen, flauschigen Geschöpfes. Ihre Gestalt sprach tausend Lügen, was ihr Alter betraf, doch ihre Augen konnten es nicht. Die Sorge um ihre Schwester spiegelte sich in ihnen wieder.

„Willst du nicht langsam schlafen gehen und das Licht ausmachen, Schwester? Es ist schon spät…“

Keine Reaktion, keine Bewegung und auch kein Wort. Sie schlief schon, das Licht brannte noch. Sie saß an ihren Tisch, als wenn sie noch wach wäre, doch aufwachen würde sie nie wieder.
 

~
 

„Ich bin Snows Spielzeug, daher mein Spitzname, Jouette…“ Langsam schließe ich das Buch vor mir und höre Haru zu. „Sehr interessant, ‚Jouette’. Sehr interessante Träume. Hast du eine Idee, wieso du so etwas träumst? Vor mir saß sie, sie mit ihren lila Strähnchen. Ich fand sie schon immer ein wenig extrem, aber nun…? Der Gedanke an ihre Träume, die ich gerade durchgelesen hatte… Mir war schlecht. Eine unglaubliche Arbeit war es, sie alle durchzulesen ohne dabei Angst zu verspüren. „Weil sie wahr sind?“ „Was hast du gesagt?“ Das einzige, was mich beruhigen konnte war, dass sie nicht wahr sind. Nur irgendwelche kranke Träume eines Mädchens mit psychischen Problemen.

„Ich träume dies alles, weil es wahr ist. Weil es alles passiert ist.“ Abweisend schaute ich Haru an. Genau in diesem Augenblick schreibe ich mir auf, dass ich sie weiterleiten werde. Ich will sie nicht mehr behandeln, ich will mir nicht noch einmal solche Sachen durchlesen müssen. „Aber Jouette. Solche Sachen können nicht wahr sein.“ Ich lächelte sie an. Schaute kurz auf die Uhr und sprach weiter. „Unsere Stunde ist wohl zu Ende. Du kannst in den Gemeinschaftsraum zu den Anderen gehen. Wir sehen uns dann morgen wieder.“

Noch immer liegt dieses falsche Lächeln auf meinen Lippen, während ich sie verabschiede und ihr einen schönen Tag noch wünsche.

Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, atmete ich aus. Ich beruhigte mich langsam wieder. „Alles wahr. Dieses Mädel ist krank.“ „Bin ich wirklich so schlimm?“
 

-
 

Hände legen sich um meinen Hals. Ich sehe ein paar lila Strähnchen auf meiner Schulter liegen und das Gesicht von Haru drückt sich immer mehr an meine Wange. „Sagen sie mir. Bin ich wirklich so schlimm? Dabei ist doch alles wahr, was ich träume.“ Mein Atem stockt. Leise flüsterte sie in mein Ohr, was mit mir als nächstes geschehen sollte. „Du wirst ebenfalls zu einem dieser Träume werden.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von: abgemeldet
2007-09-28T09:04:29+00:00 28.09.2007 11:04
jetzt, nachdem ich das erzte kapitel deiner story gelesen habe, muss ich leider zugeben, dass ich nicht weiter darin interessiert bin. der schreibstil ist manchmal doch ein wenig holprig, ein paar beispiele moechte ich nennen, damit du vielleicht verstehst, was ich meine:
>>sie klopfte nicht
warum sollte sie? das ist ne schule, ein oeffentliches gebaeude, da geht man einfach rein, egal wer man ist.
>>sie lies ihn mit diesen Worten stehen
Entschuldigung, aber unter "stehen lassen" wuerde man doch etwas anderes verstehen. schliesslich hat sie kaum 2 saetze mit dem gewechselt.
>>da bist du ja schon, hat aber laenger gedauert als sonst
das widerspricht sich einfach nur! lass das schon weg, dann hats wieder sinn
>>ein lauter schrei
schreie sind immer laut, oder sie sind stumm oder unterdrueckt oder sonst wie nicht zu hoeren. ist das der fall dann schreibt man es dazu, ansonsten nicht. jeder kann sich vorstellen, dass ein schrei laut ist...
es ist ein bissel schlecht formuliert, wenn der hausmeister sagt man solle im sekretariat nach dem Direktor fragen, weil er es selbst nicht wuesste. natuerich weiss der hausmeister wo das direktorenzimmer ist! der ist hausmeister...

ausserdem hab ich doch ein ziemliches problem der storz zu folgen. schon am anfang diese sache, das man eine "sie" also anscheinend ein maedchen oder eine rau auf dem schauplatzt hat, und die schule, die natuerlich auch unter das synonym "sie" faellt. das kann schon zu leinter verwirrung fuehren, wenn man nicht ordentlich genug liest. auch ansonsten find ich es nicht so besonders praktisch bei so vielen weiblichen personen keine namen zu nennen. bis auf snow kommen ja keine namen vor, das verwirrt maechtig.

insgesamt haette eine art einleitung nicht geschadet... okay, man kann es schon noch unter kurzgeschichte zaehlen und dann ist ne einleitung ja auch schon wieder bloedsinnig und auch das nach dem ersten kapitel nicht wirklich annaehernd klarheit aufkommt vielleicht auch grade noch so einzusehen, aber da die ganze story nur aus drei kapiteln besteht sollte man schon am anfang den einstieg relativ leicht finden. das ist hier nicht der fall, zu mindestens nicht bei mir.

ich hoffe mal ganz stark, dass du dich jetzt nicht von mir auf den schlips getreten fuehlst, auch wenn ich dir das gar nicht uebel nehmen wuerde, da ich meine wortwahl kenne... trotzdem, es ist alles ernst gemeint, aber freundlich und nur einkleiner hinweis darauf, was man besser machen koennte. das viele sachen jetzt schlimmer klingen als sies tatsaechlich sind, tut mir wirklich leid... ist mal wieder unbeabsichtigt.
Von:  Idhren
2007-08-20T21:11:09+00:00 20.08.2007 23:11
Hin und wieder wirken die Details, die du einstreust, als habest du sie vergessen und versuchtest, sie noch einzufügen, das wirkt etwas abgehackt. Ansonsten ist der Prolog sehr verwirrend, aber das hast du ja ganz offenbar als Stilmittel verwendet. Trotzdem stört es mich, dass du den Tempus hier und da wechselst, weil es gerade so wie du es benutzt keinen Sinn macht. Ich denke, auch das ist beabsichtigt, trotzdem nicht mein Fall =P
Hier und da sind etwas störende Kommata-Fehler, aber das ist okay, jeder hat Fehler drin.
Alles in allem aber vom Inhalt her in Ordnung ^^


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