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Als ich lächelte

von

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Der Weg zum Licht

Ein Licht?

Woher kommt es?

Wieso sehe ich denn auf einmal ein Licht vor mir?

Das angenehme Gefühl der Erleichterung und Glückseligkeit fließt noch immer durch meinen Körper hindurch.

Aber wo bin ich hier nur gelandet? Ich wollte doch nur den sanften Ton erreichen, der meine Sorgen vertreiben konnte.
 

Was ist das?
 

Ich sehe das Bild eines jungen Mannes vor mir, der blutüberströmt am Boden liegt. Eine Menschenmasse hat sich um ihn herum gebildet und neben ihm kniet eine junge hübsche Frau und weint. Ich sehe ein wenig näher hin und stutze auf: das fuchsrote Haar, die helle Haut, die zartroten Lippen. Ich kenne diese Frau! Irgendetwas sagt mir, dass sie eine besondere Rolle in meinem Leben spielt. Ich betrachte nochmal den reglosen Mann und spüre plötzlich, wie mir die Luft wegbleibt. Denn der Mann auf dem Boden bin ich! Aber das ist doch nicht möglich. Wie kann ich dort sein, wenn ich hier bin? Und wie kann ich dort überhaupt tot sein, wenn ich doch lebe?
 

Oder lebe ich etwa nicht mehr?
 

Ich kann hören, wie die Frau etwas vor sich hinschluchzt und höre aufmerksam hin.

„Warum? Warum nur? Warum ausgerechnet du? Wieso musstest du in mein Leben treten? War es Gottes Absicht? Solltest du die Rettung aus meinem verzweifelten Leben sein? Ja, das solltest du! Ich habe es nun begriffen. Du warst nicht dazu da, um mein Leben zu zerstören, sondern um es zu retten und das hast du getan. Hörst du? Du hast mein Leben gerettet! Und warum? Weil ich mich in dich verliebt hatte. Ich liebe dich, hörst du es? Ich liebe dich! Also bitte, bitte, bleib bei mir. Denn du bist das einzige Richtige für mich, derjenige, der mir den rechten Weg weist und mich darauf begleitet. Los! Komm wieder zurück! Ich möchte dich nämlich auch retten!“
 

Elena! Das ist zweifellos meine Elena. Doch was sagt sie da? Ich hätte sie gerettet? Hatte sie nicht irgendwann einmal gesagt, dass ich sie ins Elend gebracht hatte? Es kommt mir jedoch so vor, als sei dies schon hunderte von Jahren her. Erwartungsvoll blicke ich mich an und warte darauf, was als nächstes geschieht. Doch es passiert nichts. Noch immer liege ich reglos am Boden und habe die Augen geschlossen. Meine linke Hand ist zu einer Faust zusammengeballt. Elena schluchzt indes weiter und wiederholt immer wieder dieselben Worte: „Ich will dich auch retten, so wie du mich gerettet hast.“

Mich retten? Aber Elena, du musst mich doch nicht retten, denn das hast du bereits getan. Du bist in mein Leben getreten, hast mir beigebracht, wie man betet, reitet und in den Tag hineinlebt. Du hast mir gezeigt, wie vielfältig es sein kann und wieviel Spaß man dabei haben kann. Und dafür danke ich dir.

„Ich liebe dich, ich liebe dich!“, höre ich sie rufen.

Du liebst mich? Wirklich? Ich habe gedacht, dass du mich verabscheust, dass du den Tag verflucht hast, als wir uns trafen, dass du dir gewünscht hättest, mich nie mehr wieder zu sehen. Aber steckte hinter alldem etwa die eigentliche Tatsache, dass du mich liebst? So wie ich dich liebe?

Ich weiß, dass ich mir geschworen habe, dich nie mehr traurig sehen zu wollen und dieses Versprechen will ich unter keinen Umständen brechen.
 

Willst du zu ihr zurückkehren?
 

Was ist das auf einmal? Wessen Stimme kann ich da hören?
 

Wenn du dir selbst noch einmal die Möglichkeit verschaffen willst, sie glücklich zu machen, so kehre zu ihr zurück. Du hast nun die freie Wahl.
 

Ich blicke verwirrt um mich, doch kann ich bis auf das Bild und das Licht hinter mir nichts erkennen. Die Worte gehen mir dennoch ein weiteres Mal durch den Kopf. Eigentlich kann ich tatsächlich zu ihr zurück und dort anknöpfen, wo unser Leben unterbrochen worden ist, nämlich dem Zeitpunkt, an dem sie aus dem Zimmer lief und ich ihr hinterhergehen wollte. Ich strecke meinen Arm zu dem Bild hin und bin kurz davor es zu erreichen, als ich wieder stocke. Ich bekomme Zweifel. Was ist, wenn ich zurückkomme, aber unser Leben nicht so fortgesetzt wird, wie ich es mir wünsche? Was wäre wohl, wenn wir einander doch nicht verziehen und wir uns stattdessen auf ewig hassten? Weder sie noch ich könnte damit leben.

Ich atme tief durch und sehe sie an.
 

„Elena! Du weißt nicht, wie dankbar ich dir bin. Nicht nur für die unzähligen Tage, die ich gemeinsam mit dir erleben durfte, sondern auch für deine Liebe und deine Aussage, ich sei deine Rettung gewesen. Du sollst wissen, dass du auch meine warst und ehe wir uns nicht mehr sehen, sollst du den Beweis dafür bekommen, denn du hast mir etwas sehr Wichtiges beigebracht. Etwas, dass ich selbst in deiner Umgebung niemals zu tun gewagt habe, dich aber immer dafür bewunderte...“
 

Ich weiß, dass sie mich nicht hören kann und ich zu mir selbst spreche, doch ich behalte meinen liegenden Körper die ganze Zeit im Auge, weil doch eine gewisse Bindung zwischen ihr und mir besteht. Als ich den letzten Satz ausgesprochen habe, sehe ich in mein steinernes Gesicht. Wie in Zeitlupe scheint der nächste Moment zu vergehen, doch es ist der Moment der Wahrheit. Elena muss wissen, dass ich ihr dankbar für alles bin. Das bin ich ihr schuldig. Langsam, aber deutlich erkennbar, breitet sich ein Lächeln auf meinem mit Blut überströmten Gesicht aus. Ausgehend von der Mitte aus, zieht es sich bis zu den Mundwinkeln hin und verharrt dann in dieser Position.

Elena ist dies nicht entgangen. Natürlich nicht- ihr entgeht nämlich nichts, zumindest das, was mich betrifft. Erstaunt, jedoch glücklich zugleich lächelt auch sie und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht.
 

Nun ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich wirklich sagen kann, dass ich glücklich bin. Was ist das Glück? Kann man es allgemein definieren? Manche Menschen machen viel Geld und teure Gegenstände glücklich, andere freuen sich über jede noch so einfache Kleinigkeit und einige sind froh, wenn sie nicht allein sein müssen. Ich selbst bin nun auch zufrieden. Auch wenn ich lustigerweise gerade festellen muss, dass ich mich doch zu einem großen Denker entwickelt habe. Doch das musste passieren. Es war warscheinlich so vorgesehen; vorgesehen von Gott. Langsam wende ich meinen Blick von dem Bild ab und sehe wieder zu dem Licht.
 

„Ich weiß nun, wo ich hingehöre und ich weiß, dass es ihn wirklich gibt...“
 

Bevor ich jedoch darauf zugehe, fällt mir noch ein, dass ich vergessen habe, Elena meinen Ring zu geben. Ich darf diesen Ring nicht schon wieder vergessen. Letztes Mal hat das nämlich Unglück gebracht. Doch meine Bedenken sind unnötig. Ich weiß nämlich, dass sie den Brief und den Ring darin finden wird, denn ihr entgeht nichts, was mich betrifft. Mit vollem Herzen und leichtem Schritt mache ich mich schließlich auf- ich folge dem Weg zum Licht hin...

Dass sich meine linke Faust in diesem Moment von selbst öffnet und den Brief freigibt, bekomme ich nicht mehr mit. Doch wenn ich es gesehen hätte, wüsste ich, wer dies geschehen ließ.



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