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Das Leben und das der anderen

suche Betaleser
von

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Kindersorgen?

Seit ein paar Tagen hatte ich, nach langer Zeit endlich wieder Arbeit bekommen. Ich bin jetzt Hilfsarbeiter, lange Arbeitszeiten, schlecht bezahlt, aber wir waren froh das ich überhaupt einen Job gefunden habe, das war für meine Frau und mich ein Grund zum Feiern.

Es war spät in der Nacht, als dann unsere Tochter Samana nach Hause kam und wir ihr die gute Nachricht mitteilten. Es schien nicht so als würde es sie viel interessieren, wie so vieles was mit uns zusammenhängt. Meine Frau und ich haben uns schon Sorgen um sie gemacht weil sie mal wieder auf ihren nächtlichen Streifzügen war. Dazu braucht sie Geld, Geld das wir nicht haben.

Lange Zeit haben wir uns gefragt, woher sie das Geld hernimmt, bis ich entdeckt habe das unsere Ersparnisse immer weniger wurden, Ersparnisse die sich angesammelt haben, zu der Zeit als Kintaro noch lebte. Kintaro, lange Zeit kamen meine Frau und ich nicht über seinen Tod hinweg. Samana war damals vier Jahre alt, zu klein um alles zu verstehen. Danach hatten wir uns voll auf unsere Tochter konzentriert, wir wollten aus ihr einen zweiten Kintaro machen, aber sie entwickelte sich nicht so wie wir uns das vorgestellt hatten.

Natürlich stellte ich sie wegen dem Geld zur Rede. Sie stritt nicht ab es genommen zu haben, von Reue jedoch keine Spur. „Aber das ist unser ganzes Geld für schlechte Zeiten, das darfst du nicht so einfach nehmen.“

„Was kümmert es mich was ich darf und was nicht, ich brauche es eben.“

„Gehe erstmal richtig arbeiten dann lernst du auch den Wert des Geldes schätzen.“ Sie war gerade im Begriff weg zu gehen und das machte mich wütend, dieses Desinteresse. „Hey, lauf nicht weg wenn ich mit dir rede.“

Als ich ihr diesen Satz hinterher geschrieen hatte, drehte sie sich um und sagte etwas dass ich wahrscheinlich nie vergessen werde. „Ich gehe doch arbeiten und das völlig umsonst auch wenn ich nur rumgammele. Obwohl, heute war es anders, heute durfte ich mitfahren. Wir haben überfällige Steuern eingetrieben, wusste gar nicht dass Kopfgeldjäger so was machen. Die nicht zahlen konnten wurden in Gewahrsam genommen. Also, gute Nacht.“

Ich war etwas verwundert aber gleichzeitig freute ich mich richtig; das erste Mal seit Kintaros Tod hatte sie etwas über sich erzählt, und wie lange ist es her das sie mir `gute Nacht´ sagte. Meiner Frau habe ich nichts von dem Geld erzählt, das würde sie nicht verkraften. Im Gegenteil ich fülle den Geldtopf immer wieder nach, damit sie es nicht merkt. Ich weiß, es ist falsch und nun wirklich nicht der richtige Weg um zur Erziehung beizutragen, aber sie lässt sich eh schon seit Ewigkeiten nicht mehr erziehen.
 

Meine Tochter war nie besonders schmusebedürftig, schon als Kleinkind wehrte sie sich davor auch nur angefasst zu werden. Deshalb war ich auch total überrascht als sie in meine Arme sprang. So etwas kenne ich nicht von ihr.

Kurz danach, Kessy und ich waren alleine, schaute sie mich besorgt an. „Geht es dir gut? Ist… ist dir irgendwie komisch?“

Etwas irritiert schaute ich sie an. „Nein, mir geht’s gut. Was soll denn sein?“

„Na ja ich.. ich… also du, na ja du…du “, druckste sie herum, „na ja du… du siehst so blass aus.“, brachte sie endlich hervor.

„Blass?“ Ich schaute mich im großen Wandspiegel der im Flur hängt an. „Also ich kann nichts erkennen, ich finde meine Hautfarbe ganz normal.“

Ich drehte mich ihr wieder zu und bemerkte dass sie gerade Luft ausgestoßen hat.
 

Ich arbeite als Stahlarbeiter in einem Großbetrieb, reich wird man nicht, aber man kann sich was leisten.

Wir, meine Frau und ich, hatten immer versucht Kessy eine glückliche Kindheit zu geben. Wir haben ihr schöne Sachen gekauft, sind mit ihr in den Park gegangen und haben die Enten und die Schwäne gefüttert und sind Eis essen gegangen, waren mit ihr im Zoo und im Zirkus, kurz, wir haben viel mit ihr unternommen.

Irgendwann kam der Tag an dem sich meine Frau und ich nicht mehr so gut verstanden, wir hatten uns einfach auseinander gelebt. Wir stritten uns wegen Kleinigkeiten und waren uns in nichts mehr einig. Einig waren wir nur in einem Punkt: Lass das Kind nichts mitkriegen. Also gingen wir weiterhin in den Park und Eis essen und taten all die anderen Dinge als ob nichts wäre, immer darauf bedacht nicht vor ihr zu streiten .

Obwohl wir uns nicht mehr verstehen sind wir bis ans Ende unsere Tage dazu verdammt zusammen zu leben, einmal verheiratet immer verheiratet, bis dass der Tod uns scheidet. Und einfach für immer weggehen kann sie auch nicht, man würde sie finden und sie wegen `Vernachlässigung der ehelichten Pflichten´ verhaften. Wie soll ich das dann Kessy erklären?

Es ist gut, dass meine Frau für ein paar Wochen mit ihrer Freundin in den Urlaub geflogen ist. Das bringt uns den Abstand der dringend nötig war, aber bald kommt sie zurück und alles geht wieder los. Ich muss mich zusammenreißen um sie nicht an zu schreien, muss mich zwingen mit ihr beim Essen ein paar nette Worte zu wechseln, so wie wir es immer getan haben. Alles für Kessy.
 

Wie sitzen hier am Tisch und nehmen unser Essen ein, schweigend, Seyji verhält sich so wie immer, freundlich kühl. Seit er bei uns ist, ist er darauf bedacht es uns recht zu machen. Im Kindergarten zeigte er uns Stolz was er gebastelt hat, wie er seinen Namen schreiben konnte, noch bevor die anderen es konnten, und als er dann in die Schule kam hat er in jeder Arbeit hundert Punkte bekommen. Aber egal wie sehr wir ihn lobten, wie sehr wir auch versuchten ihm Wärme und Geborgenheit zu geben, er blieb immer distanziert höflich.

Seine Eltern sind Kleinkriminelle und irgendwo im Drogensumpf gelandet, keiner wollte was mit ihnen zu tun haben, man schämte sich und alle wollten verheimlichen mit ihnen verwandt zu sein. Als sie dann eines Tages verhaftet wurden ließen sie ihren kleinen Sohn zurück, von dem bis zu diesem Zeitpunkt keiner wusste.

Ich weiß noch genau wie das Telefon klingelte und mich jemand fragte ob ich mit Enrico und Katira Isogara verwandt sei. Ich wollte es erst abstreiten aber aus irgendeinem Grund, vielleicht war es Instinkt, tat ich es nicht.

„Ja, Enrico ist der Bruder meines Mannes.“ Und dann erzählte mir der Mann am anderen Ende der Leitung worum es geht.

Wegen dem kleinen Jungen wurde damals extra eine Familienkonferenz einberufen. Man war sich einig, dass keiner ihn haben wollte, man hatte Angst sich mit ihm eine Last aufzubürden, immerhin floss in seinen Adern das Blut seiner Eltern. Ich war da nicht anders. Warum ich mich entschieden habe ihn dann doch aufzunehmen? Nun, das kam so.
 

Wir saßen grade da und tranken alle unseren Konferenztee, als bei einem das Handy klingelte, er ging raus um zu telefonieren. Nach einer Weile kam er wieder und entschuldigte sich, dass er kurz weg müsse, seine Tochter hätte ihren Schlüssel verloren.

Verloren, dieses Wort war der Ausschlaggeber, ich schaute in die Ecke wo der kleine Junge, unbeachtet von allen, in der Ecke saß. Wenn keiner von uns ihn aufnimmt wird er ein Verlorener und das hat keiner verdient, nicht einmal er, das waren meine Gedanken damals. Nach längerem Zureden brachte ich meinem Mann dazu ihn umzustimmen. Ich ging zu dem Jungen in die Ecke, hockte mich vor ihn hin und fragte übertrieben freundlich nach seinem Namen, er war so verängstigt dass er nicht antwortete. Schon kam eine Stimme von hinten. „Wollt ihr ihn wirklich zu euch nehmen? Wisst ihr worauf ihr euch überhaupt einlasst? Er kann ja nicht mal vernünftig antworten, das ist doch Beweis genug, dass Verbrecherblut in seinen Adern fließt.“

Was für eine Logik, eine Logik die ich, wie ich zu meiner Schande gestehe, damals auch hatte, trotzdem konnte mich keiner von meinen Entschluss abbringen. Seit diesem Tag sind mein Mann und ich bei unserer buckligen Verwandtschaft ins Minus gerutscht, aber das stört uns nicht mehr.

Den ganzen Weg nach Hause sagte er kein Wort, aber als dann die Haustür hinter uns ins Schloss fiel, stellte er sich vor uns hin, machte eine Verbeugung und sagte kühl: „Entschuldigt meine Manieren, dass ich mich noch nicht vorgestellt habe. Mein Name ist Seyji Isogara.“

Seit diesem Tag ist er so. Und eines Tages sagte mein Mann zu mir, dass er es nicht bereut hat sich von mir überreden zu lassen.

Am Anfang waren wir erleichtert dass er doch nicht so ein schwieriger Fall war wie zuerst befürchtet. Doch je länger er bei uns war, je mehr schloss ich ihn ins Herz und je mehr wünschte ich mir er würde mehr spielen, Kontakte mit Kindern seines Alters knüpfen, anstatt immer nur zu lernen. Es ist wie... als hätte er eine unüberwindliche Mauer um sich herum aufgebaut.

Aber irgendwas ist seit seiner Ohnmacht anders, ich weiß nicht was es ist, aber irgendwas ist definitiv anders. Gelingt es endlich mal jemandem die Mauern einzureißen?
 

Es ist stürmisch und ich fahre Auto, Kirian sitzt neben mir, gerade eben habe ich ihn, nachdem ich die Kaution bezahlt habe, mal wieder von der Polizei abgeholt. Es folgte die übliche Standpauke, danach sagte keiner mehr von uns etwas, bis: „Hey Alter, warum zahlst du eigentlich jedes Mal?“

Ich schaute zu ihm rüber. Er starrte auf die Straße vor sich. Was war denn das für eine Frage? „Na du bist doch mein Sohn. Je…“

„ICH BIN NICHT DEIN SOHN!!!“

Wütend funkelte er mich an, ja er ist wirklich nicht mein richtiger Sohn, meine Frau und ich können keine eigenen Kinder bekommen. Ich weiß noch genau wie wir uns trafen, damals hatte er auf das was meine Frau zu ihm gesagt hat genauso wütend reagiert.
 

Es war schönes Wetter, die Sonne stand hoch am Himmel und alles war trocken, außer uns fuhr niemand auf der Landstraße. Plötzlich verlor ich, mitten auf gerader Strecke, die Kontrolle über das Fahrzeug und fuhr gegen einen Baum. Zum Glück ist uns nichts weiter passiert aber eine Weiterfahrt war unmöglich. Ich nahm mein Handy und rief den Pannendienst an, in einer Stunde wollten sie da sein.

Nach ein paar Minuten zogen dunkle Wolken auf und schoben sich vor die Sonne. Erst kamen ein Tropfen und noch einer und dann prasselte es nur so auf uns nieder. Schnell flüchteten wir in das kaputte Auto. Das Geräusch des Regens bewirkte bei meiner Frau dass sie ein gewisses Bedürfnis verspürte also ging sie raus um sich zu erleichtern.

„Bärchen.“, hörte ich sie rufen. „Kommst du mal bitte?“

Was wollte sie denn jetzt? Genervt stieg ich aus das Auto raus und trat in den Regen. Es dauerte gar nicht lange bis ich sie gefunden hatte, und jemand war bei ihr, ein kleiner Junge, etwa drei bis vier Jahre alt. Er war verdreckt, seine Kleidung war mit Blut übersät und man sah ihm deutlich an, dass er angst hatte und verwirrt war. Ich bin zwar kein Arzt, aber wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sagen der Junge stand unter Schock.

Meine Frau hatte sich vor ihm hingekniet und fragte freundlich: „Na mein Kleiner, willst du

der Tante deinen Namen verraten?“

„Kirian.“

„Bist du ganz allein hier? Wo sind denn deine Eltern?“

„Tot.“

„Bringst du uns zu ihnen?“

„Nein.“

Sie drehte sich ratlos zu mir um. „Können wir ihn nicht behalten? Natürlich nur so lange bis seine Verwandten gefunden worden sind.“

Meine Frau hat immer darunter gelitten dass wir keine Kinder bekommen konnten und ich stimmte ihr zu. Was blieb mir denn auch anderes übrig? Sie drehte sich wieder zu Kirian um. „Hast du gehört? Du kannst jetzt bei uns bleiben. Freust du dich mein kleiner Engel?“

„ICH BIN KEIN ENGEL!!!!“

Sprachlos starrten wir ihn an, nicht fähig irgendwas zu sagen. Wir gingen mit ihm zum Auto damit er erstmal ins Trockene kam. Dann kam auch schon der Pannendienst und holte uns und das Unfallauto ab. Wir erzählten alles und sofort wurde eine Suchaktion nach seinen Eltern gestartet, womöglich hatte sie einen Unfall und lagen irgendwo schwer verletzt und brauchten Hilfe, aber sie wurden nicht gefunden.
 

Kirian wuchs heran und er wurde immer schwieriger. Anfangs waren es nur kleine harmlose Streiche und wir sagten uns dass das jeder Junge in diesem Alter mache. Aber er schwänzte immer öfter die Schule, ein Wunder dass er nicht viel öfter sitzen geblieben ist. Seine Brutalität nahm von Tag zu Tag zu, mittlerweile gibt es kaum jemanden der sich nicht vor ihm fürchtet. Aber egal was er auch anstellen mag, er ist unser Sohn und so wird es auch immer bleiben.

Auch wenn uns alle Leute wegen ihm bemitleiden oder den Kopf schütteln weil sie nicht verstehen können, das wir so nachsichtig mit ihm sind.
 


 

Wie ihr sicher gemerkt habt, habe ich diesmal aus der Sicht der Pflege-(Väter) bzw. Pflege-(Mütter) geschrieben. Ich hoffe es ist mir gelungen ihre Gefühle und Gedanken auszudrücken. Vielleicht mache ich so was noch mal, ich weiß noch nicht so genau.
 

Bis zum nächsten Mal

kariyami



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Makii
2007-07-04T12:37:45+00:00 04.07.2007 14:37
die verschiedenen sichtweisen fand ich gut.
und der rückblick an sich ist dir super gelungen^^
aber ein passender Titel fällt mir dazu auch nicht ein >.<


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