Zum Inhalt der Seite

Schutzengel

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schutzengel
 

Mein Kopf ist leer. Ich denke an kaum noch etwas. Nur daran, was wohl mit mir passiert. Es ist hoch, aber Höhe hat mir noch nie viel ausgemacht. Nach so langer Zeit hatte ich den Weg hier hinauf gefunden. Nun sollte alles enden. Der Schmerz, die Verzweiflung und die Einsamkeit. Alles würde vorbei sein. Meine Seele wäre endlich frei. Ich drehe mich um und lasse mich fallen. Ich sehe den Nachthimmel, die Sterne und den Mond. Wenn ich den Mond sehe, fühle ich mich erleichtert. Es kümmert mich nicht mehr, dass ich falle und falle. Bald wird mein Fall enden. Bald wird alles enden. Ich schließe die Augen. Nicht mehr lange bis zum Aufschlag. Aber dann...

Ich spüre etwas kühles in meiner Nähe. Und plötzlich greifen starke Arme nach mir und ich falle nicht mehr. Die Arme halten mich ganz fest und ich spüre einen Körper an meiner Seite. Ich öffne die Augen. Und da sehe ich ihn. Er war noch schöner, als das erste mal, als ich ihn gesehen hatte. Vor so langer Zeit. Er hielt mich in seinen Armen und seine großen Flügel tragen uns sanft hinab zur Erde. Er setzt mich vorsichtig ab. Ich kann nicht widerstehen und berühre sein Gesicht mit meinen Händen. Seine Haut ist kühl und weich. Er sieht mich an. Er hat so wunderschöne Augen.

"Du bist zurückgekommen.", sage ich, "Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben."

"Wolltest du deshalb sterben?", fragt er.

"Nicht direkt.", antworte ich, "Es kamen so viele Dinge zusammen. Ich habe einfach keine Kraft mehr. Und ich bin so allein."

"Du bist nicht allein.", erwidert er, "Es gibt immer jemanden, der sich um dich sorgt und der sicher sehr traurig wäre, wenn du nicht mehr da wärst."

"Ich habe niemanden. Nicht mehr. Es gibt keinen Menschen, der sich um mich sorgt. Niemand wäre traurig, wenn ich nicht mehr da wäre. Ich vertraue den Menschen nicht mehr. Sie haben mich im Stich gelassen."

"Würdest du mir vertrauen?", fragt er mich, "Ich bin schließlich kein Mensch."

"Ich weiß es nicht.", antworte ich leise. Er nimmt mein Gesicht in seine Hände. Wunderschöne Hände mit grazilen Gliedern.

"Ab jetzt werde ich in deiner Nähe bleiben und dich beschützen.", sagt er.

"Warum?", frage ich.

"Weil ich mich um dich sorge.", antwortet er, "Und weil ich sehr traurig wäre, wenn du nicht mehr da wärst."

"Danke, Yue.", sage ich und lächle. Und dann kann ich nicht länger wiederstehen. Immer näher bewegt sich mein Gesicht auf seines zu. Und schließlich liegen meine Lippen auf seinen. Für einen kurzen Augenblick spüre ich seine Lippen, dann bewegt sich mein Kopf zurück.

"Yue...", flüstere ich, "Ich...ich fürchte, ich liebe dich."

"Du brauchst dich nicht zu fürchten.", antwortet er, "Was immer auch passiert, alles wird gut werden."

Wieder nimmt er mich in seine Arme und hebt vom Boden ab. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, mit ihm durch die Nacht zu fliegen.

Mein Fenster steht offen. Ich hatte mich aus dem Haus geschlichen. Er setzt mich auf meinem Bett ab und streicht mit seiner rechten Hand über meine Wange.

"Du solltest jetzt schlafen.", sagt er leise.

"Würde es dir etwas ausmachen, heute Nacht hier zu bleiben?", frage ich.

"Nein.", antwortet er und setzt sich auf den Rand des Bettes.

Ich gleite unter die Decke. Ich fühle mich sehr entspannt. Nicht mehr so wie sonst, als ich kaum in den Schlaf finden konnte. Denn jetzt war er bei mir. Er würde immer bei mir sein.

"Yue, danke.", flüstere ich, schon halb im Schlaf. Ganz sanft streicht er mit seinen Fingern durch meine Haare.

"Keine Ursache.", sagt er, "Alles wird gut werden."

Mit einem Lächeln auf den Lippen schlafe ich ein.

Das, was eigentlich das Ende sein sollte, war zum Anfang geworden. Der Anfang von etwas, dessen wahre Ausmaße ich noch nicht erfassen konnte. Aber das war nicht wichtig. Wichtig war nur, dass er hier war. Yue, mein wunderschöner Schutzengel.
 

AN: Eigentlich müsste ich schon längst im bett sein, weil ich morgen Schule habe, aber ich war sowas von depressiv drauf, dass das hier einfach so aus mir rauskam. Das hier ist sowas wie die Fortsetzung von "Begegnung bei Vollmond" und auch hier kann man wieder jede beliebige Person als Protagonist(in) einsetzen. Lasst mich wissen, was ihe davon haltet.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Rowanna
2011-03-24T19:39:15+00:00 24.03.2011 20:39
Du hast einen sehr einfühlsamen Schreibstil. Die Szenerie nimmt einen sofort gefangen. Auch gefällt mir sehr gut, dass du offen lässt, wer der Sprecher ist.
Dein Einstieg ist sehr gut gelungen. Du hälst dich nicht mit Nebensächlichkeiten auf, sondern konzentrierst dich auf das Wesentliche, was die Dramatik der Geschichte deutlich steigert.
Die Geste des haltlosen Falles und des Auffangens hat beinah etwas symbolhaftes. Wirklich gut gelungen.
Von: abgemeldet
2004-07-11T14:52:57+00:00 11.07.2004 16:52
Schöööön! Schreib bitte noch mehr! Du hast echt einen tollen Stil und bringt die Gefühle und Gedanekn richtig toll rüber! Weiter so!
Mondlichtzauber


Zurück