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Die Bekenntnisse des Meisters

Niedergeschrieben von John H. Watson, M.D.
von

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Wegen technischen Problemen mit meiner Internetverbindung konnte ich leider nicht früher uploaden, aber dafür hatte ich viel Zeit zum Übersetzen und darum kommt das nächste Kapitel schon morgen, wenn ich es noch mal durchgelesen habe.
 

Der 8:56 nach Wadebridge, Cornwall lief aus dem Bahnhof aus, drängte mich vorübergehend zurück in die Realität. Sowohl mein schlafloser Verstand als auch meine steifen Glieder schmerzten auf dem unbequemen Sitz und auch wenn es für einen Londoner Oktobertag warm und hell war, konnte ich kaum sagen, dass ich mich auf dieses Abenteuer mit meinem Freund besonders freute. Seine Taten aus der vergangenen Nacht verfolgten mich immer noch und von dem Moment an, als er mich geweckt hatte, indem er mich frühmorgens aus seinem Zimmer gestoßen hatte, bis zu genau jener Sekunde, hatte er kaum ein Wort von sich gegeben. Und nun hatte er sich, augestreckt über zwei Sitze und die Arme verschränkt und die Füße ausgestreckt, die Krempe seines Hutes über das Gesicht gezogen und schien zu dösen. Nach dem was in der letzten Nacht geschehen war, konnte er einfach so schlafen. Da war kein Schwitzen und Stöhnen, kein Rufen nach Leuten, die ich nicht kannte.
 

Ich wurde nicht gebraucht.
 

Schon wieder folgte ich ihm blind und ohne Fragen zu stellen. Ich ließ mein Leben hinter mir zurück, um ihm willentlich zu weiß der Himmel was zu folgen. Warum? Ich wusste es und wusste es gleichzeitig doch auch nicht. Es musste etwas mit dem zu tun haben, was er mir letzte Nacht gesagt hatte:
 

Dieses eine Mal, Watson, muss ich gestehen, dass ich dich brauche.
 

Und kein weiteres Wort war nötig, um zu erklären, weshalb ich hier circa fünf Stunden mit ihm in diesem Zug sitzen würde, ohne auch nur die leiseste Ahnung warum.
 

Wir waren irgendwo zwischen Victoria und Salisbury als ich das Schweigen zuletzt nicht länger ertragen konnte. Ich setzte mich neben ihn und legte meine Hand auf den Arm.
 

„Du weißt, Holmes“, sagte ich. „Dass du nicht der einzige Mann auf diesem Planeten bist, der von Alpträumen geplagt wird.“
 

„Ach wirklich?“, antwortete er ohne Interesse, während er seinen Hut nach hinten stieß und die erste von vielen Zigaretten anzündete.
 

Ich wusste, dass ich mehr als fünf Stunden Stille nicht würde ertragen können, es nicht würde ertragen können, so zu tun, als hätte ich irgendein Interesse an meiner Zeitung oder dem vorbeiziehenden Ackerland und währenddessen viel zu viel schweren Tabak einzuatmen und so zu tun, als sei alles in Ordnung. Und so gestand ich ihm zum ersten Mal in unserer Beziehung eines der tiefsten Geheimnisse, über die ich verfügte. „Seit dem Krieg“, begann ich, unsicher wie ich es erklären oder auch nur aussprechen sollte. „Es ist jede Nacht dasselbe. Ich stehe in einem Zelt und versuche das Bein eines jungen Gefreiten in Ordnung zu bringen. Patrick Bennett macht sich über Captain Aubrey lustig. Wir haben alle einfach ein bisschen Spaß. Bis auf einmal die Welt einfach um uns zu explodieren scheint. Es ist wirklich komisch. Es klang nicht einmal nach Mündungsfeuer. Einfach…eine Explosion, die niemals aufhörte. Sie waren alle tot…Bennett, Smythe, der Junge mit dem gebrochenen Bein…seine Innereinen hingen heraus…nun, ich erinnere mich, dass ich blutüberströmt da lag. Ein Teil davon war mein eigenes, ein anderer Teil nicht. Meine Schulter und mein Bein standen in Flammen. Ich wusste, dass ich nicht tot war, natürlich, weil der Tod unmöglich so schmerzhaft sein konnte. Der Junge, der Gefreite, er…ich kann mich noch nicht einmal an seinen Namen erinnern…er wurde in Streifen gerissen…in Fetzen…und irgendwie war er auf mich drauf gefallen…es war ein Wunder, dass Murray, mein Diener, erkannte, dass ich noch am Leben war, weißt du. Ich bin sicher, ich schien für die Welt verloren. Nun, ich…ich kann es anscheinend nicht vergessen. Ich kann anscheinend nicht aufhören, mich zu fragen, warum ich lebte und die anderen Jungs nicht. Warum blieb ich verschont? Hätte ich irgendetwas tun können, um es zu verhindern? Ich vermute das ist der Grund, warum ich es immer noch erneut durchlebe…“
 

Holmes starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an und ich konnte auf den ersten Blick nicht sagen, ob sein Gesichtsausdruck nun Überraschung oder Ärger zeigte. Aber es wurde klar, als er unmittelbar nach meiner Hand griff und sie so fest drückte, dass ich zusammenzuckte. „Es tut mir Leid, John“, sagte er mit leiser Stimme. „Das kann nicht leicht für dich sein. Glaube mir, wenn ich sage, dass ich dich verstehe.“
 

„Dann erzähl es mir“, erwiderte ich rasch, als ich seine Offenheit spürte. „Bitte, mein Lieber, du musst mir erlauben, dir zu helfen.“
 

Aber so plötzlich wie sich dieser Spalt geöffnet hatte, schloss er sich auch schon wieder vor meinen Augen und so sicher wie ich neben ihm saß, zog sich der Mann wieder in sein Schneckenhaus zurück. Sein ganzes Benehmen verhärtete sich und er zog seine Hand langsam wieder zurück, mit einer Geste, die mir klar sagte, wo ich in dieser Sache immer noch stand. „Du erinnerst dich natürlich an den Fall der Baskervilles?“
 

„Natürlich.“ Seine Art, das Thema zu wechseln, war etwas, woran ich mich wohl niemals gewöhnen würde.
 

„Du erinnerst dich doch, wie du das Moor in deinen Briefen an mich beschrieben hast…an das Grauen dieses Ortes…die düstere Isoliertheit von Baskerville Hall…“
 

„Es ist kaum etwas, dass ich so schnell vergessen werde, Holmes. Aber worauf willst du hinaus?“
 

Er bewegte sich in Seinem Sitz hin und her und erwiderte: „Denn das Ziel unserer Reise ist ein weit dunklerer Ort…weit isolierter…weit grauenhafter.“ Und dann drehte er sich um und weigerte sich für den Großteil der nächsten vier Stunden zu sprechen; das einzige Geräusch war das Klicken seines Feuerzeuges.
 

In den fünf Stunden von Victoria Station nach Wadebridge versuchte ich etwas von dem verlorenen Schlaf nach zu holen. Die Fahrt war angenehm, die Sonne vor dem Fenster freundlich und warm und doch konnte ich mich während der ganzen 300 Meilen nur von einer unbequemen Position in die andere wälzen.
 

Ich hatte gehofft, wir würden am Bahnhof schließlich eine Pause einlegen und zusammen einen Happen essen, aber im selben Moment als wir das Abteil verließen und unser Gepäck sicherstellten, wurde ich praktisch von ihm in ein wartendes Dogcart gezerrt. „Bodmin Moor“, befahl Holmes. „Das Anwesen gleich nördlich von Bodmin Gaol.“
 

„Es gibt hier ein Gefängnis?“, fragte ich, während die Kutsche unsicher losfuhr.
 

„Oh, ja. Ironischerweise ist Bodmin Gaol für seine Brutalität berüchtigt. Bis vor kurzem noch war es eine Säule der Betriebsamkeit. All die Einheimischen eilten in Scharen herbei um die öffentlichen Hinrichtungen zu sehen.“
 

„Wie erbärmlich“, bemerkte ich, auch wenn ich gestehe, dass ich die Ironie in der ganzen Sache nicht sehen konnte.
 

„Wir werden außerdem sehr nahe an Dozmary Pool vorbeikommen.“
 

„Der Name ist vertraut.“
 

„Das sollte er auch“, sagte Holmes. „Es ist der legendäre See, an dem König Artus Excalibur von der Herrin des Sees überreicht bekommen haben soll. Aber das ist natürlich nur eine Sage. Die Gegend allerdings ist recht fantastisch. Dir und deinem Sohn würde es dort zweifellos gefallen.“
 

„Oh…zweifellos.“
 

„Genieße die Landschaft, mein lieber Watson“, sagte er, während er seine Aufforderung mit einem Winken der ausgestreckten Arme unterstrich. „Die Lerchen singen, der Wind pfeift durch die Heide, der Goldregenpfeifer kann zu dieser Zeit des Jahres gewöhnlich sogar so weit von der Küste gesehen werden und natürlich sind da noch die Wolken gelber Schmetterlinge. Das alles…passt so außerordentlich gut zu dir. Und wir haben noch fast zwei Stunden, wenn dieses Tier sein momentanes Tempo hält.“ Und mit einem kleinen Lächeln schloss er seine Augen und würde den Rest der Fahrt nicht mehr mit mir sprechen.
 

Schließlich, genau als ich glaubte, die Stille würde mich in den Wahnsinn treiben, kam ein Haus oder eher ein kleines Anwesen in Sicht. Gleich hinter einem kahlen Hügel sah ich zuerst die unverkennbar kornisch Ulmen, die die äußere Grenze des Anwesens kennzeichneten und dann den dunkelgrauen Granit aus dem das ganze Gebäude erbaut worden war. Das Haus war in drei symmetrischen Flügeln angelegt [2], wobei der linke und der rechte Teil von dem mittleren ausgehend nach vorne ragten. Der übermäßige Romantiker in mir (wenn ich denn einen in mir haben sollte, wie Holmes es mir immer so gerne versicherte) konnte nicht anders, als diese beiden Flügel als Arme zu sehen, die sich nach uns ausstreckten. Näher krochen Wagen und Pferd und mehr und mehr wurde meine Fantasie freigelassen. Ich sah, dass die Fenster, auch wenn sie wegen den Bäumen kaum sichtbar waren, von schweren Eisenstäben bedeckt waren. Eine dichte Schicht aus Pflanzen erstickte den Granit und dunkle Schatten zerstörten jede Hoffnung auf Fröhlichkeit. Es schien wie aus einem Alptraum. Und es schien durchaus möglich, dass es in der Tat Inhalt eines ganz bestimmten Alptraums gewesen war.
 

„Ist das etwa unser Ziel?“, fragte ich, während ich auf diesen grässlichen und fast schon Furcht einjagenden Ort starrte. Es schien so als ob sich seine Hoffnungslosigkeit meilenweit ausstreckte und ich fühlte eine seltsame Kälte in dem Mark meiner Knochen, als die Sonne von der Spitze des schwarzen Schieferdaches verschluckt wurde. Das Dogcart, mein Freund und ich waren völlig in Dunkelheit getaucht.
 

„Das ist es in der Tat.“
 

„Was für ein scheußlicher Ort! Aber was treibt uns zu einer solchen Örtlichkeit?“ Ich drehte mich zu meinem Freund um und war überrascht, wie betroffen er wirkte. Er sah unter der Krempe seines Hutes mit einem beinahe angeekelten Blick und harten Augen auf. Als er sprach, war seine Kehle voller Abscheu.
 

„Ja, ich könnte nicht mehr deiner Meinung sein.“
 

„Nun, warum um Himmelswillen sind wir dann hier?“
 

„Weil“, erwiderte er, während er boshaft mit seinem Stock auf den Boden des Wagens einhieb. „Weil das der Ort ist, an dem ich meine Kindheit verbracht habe.”
 

Ich war überrumpelt, aber gleichzeitig regte sich in mir eine Neugier, die ich nicht unterdrücken konnte. Nach all diesen Jahren sollte es mir zuletzt vergönnt sein, die Lösung auf dieses größte aller Rätsel zu erfahren? Jenes Rätsel, das die Vergangenheit von Sherlock Holmes betraf? „Soll das heißen, dass hier war die Heimat deiner Kindheit?“
 

„Um Gotteswillen, Watson!“, rief er und stampfte ein weiters Mal mit seinem Stock auf. „Ich habe nichts Dergleichen gesagt! Ich sagte, das ist der Ort, an dem ich meine Kindheit verbracht habe.“
 

„Ah, das ist also ein Unterschied?“, sagte ich mit einem Lächeln, doch der strenge Blick, mit dem er mich bedachte, ließ mich meine Worte überdenken und während ich mich räusperte, versuchte ich nicht kopfüber von meinem Sitz zu fallen, als die Kutsche den zerfurchten Weg hinunterrumpelte und der Fahrer dem Pferd ermutigend zuredete.
 

„Sicher kannst selbst du den Unterschied erkennen. Heimat bedeutet Zuflucht, Sicherheit und sogar Ruhe. Dieser Ort.“ Er machte mit seinem Stock eine wilde, grausame Geste in Richtung des Hauses. „Ist das genaue Gegenteil.“
 

Die Kutsche hielt schließlich vor einem hohen Eisentor. Es war leicht verrostet und vom Boden bis zu den rasiermesserscharfen Spitzen dicht mit einem Bewuchs aus Unkraut bedeckt. Als wir aus dem Dogcart ausstiegen, betrachtete ich es, während in mir ein Gefühl der Vorahnung immer stärker wurde. „Ich beginne zu verstehen, was du meinst, mein Freund. Deine Eltern sind wohl nicht besonders…gesellig gewesen. Und es erklärt ganz offensichtlich dein bohèmisches Wesen.“
 

Er lächelte, wenn auch nur kurz. „Aber die Farbe meines Wesens hat sich verändert, Watson. Denn eines Tages erwachte ich und der Herr sprach: ‚Es ist nicht rechtens, dass der Mann allein ist. Ich will ihm einen Helfer schaffen, der zu ihm passt.’[2] Komm jetzt, Watson, lass uns sehen, was uns erwartet.“
 

Wir gingen durch das Tor und einen dreckigen Pfad entlang, der auf beiden Seiten von jenen unverkennbar kornischen Ulmen eingesäumt war. Die langen, aufrechten Äste stießen in jede mögliche Richtung hervor; die Blätter zischten, als wir vorbeikamen. Auch wenn das Haus nur etwas hundert Fuß von uns entfernt war, ließ es die Dunkelheit wie meilenweit entfernt erscheinen. Ich hatte mir immer vorgestellt, dass mein Freund seine Jugend in einer isolierten Gegend verbracht haben mochte [3], weit abseits der Zivilisation, aber ich hatte sicher niemals vermutet, dass er in einer solch verwunschenen Abgeschiedenheit aufgewachsen war, der ich im Geiste sofort Bedeutung zusprach. Während der zwei Stunden von Wadebridge waren wir an keinen anderen Häusern vorbeigekommen und ich wusste genug über Psychologie, um zu erkennen, dass sowohl er als auch Mycroft, die beide die Gesellschaft hassten und doch verzweifelt brauchten, besonders Sherlock, ihren Anfang an einem solchen Ort genommen haben mussten, wo sie ihnen verwehrt geblieben war. In Erinnerung an meine eigene Kindheit mit Geschwistern, Cousins und Freunden nicht mehr als eine halbe Meile entfernt konnte ich mir nicht vorstellen, welche entsetzliche Einsamkeit die Seele eines Jungen an einem solchen Ort plagen musste. Aber als ich den harten Ausdruck auf dem Gesicht meines Gefährten sah, wagte ich nicht, ihm irgendetwas davon zu sagen.
 

„Nun, Sir!“ Eine ziemlich dröhnende Stimme unterbrach meine Gedanken von hinten, genau als wir den zentralen Innenhof erreicht hatten, der zwischen den beiden Seitenflügeln und der Eingangstür lag. Wir drehten uns um und sahen die massive Gestalt Jupiters drohend vor uns aufragen. Eine melancholische Gestalt, mit Ausnahme des weißen Kopfes völlig in Schwarz gehüllt. „Ich hatte mich gefragt, ob du mein Telegramm erhalten hattest, denn vielleicht ist es deinen großartigen Fähigkeiten der Observation ja entgangen, dass meine Hand von keiner Antwort geziert worden ist.“ Mycroft hatte eine vollkommene Aura der Macht um sich. Von eben jener Art, die ich jedes Mal wenn ich mit jenem Mann zusammentraf, mit ihm assoziierte.
 

Während sein Bruder im Vergleich zu diesem einflussreichen Mann normalerweise liebenswürdig und lobenswert erschien, sah er den anderen Holmes nun mit einem Blick an, der schon fast an Verachtung grenzte. Eben jenes Gefühl, dass seine Stimmung schon seit jenem Moment bestimmt hatte, seit wir am Morgen die Schwelle des Zuges überschritten hatten. „Du wusstest, dass ich kommen würde, Bruder. Das steht außer Frage. Eine Antwort war wohl kaum notwendig.“
 

„In der Tat. Auch wenn ich erwartet hätte, du würdest etwas angemessener…ankommen.“
 

„Ankommen? Aber was willst du damit sagen?“
 

Hör auf deine Spielchen mit mir zu spielen, Sir!“, dröhnte der ältere Holmes. „Das ist weder die Zeit noch der Ort dafür! Und morgen bin ich, als Oberhaupt dieser Familie, dafür verantwortlich, wie unsere Familie repräsentiert wird.“ Seine Augen streiften den hellgrauen Tweedanzug seines Bruders sowie die dazupassenden Hut, Mantel und Krawatte mit einer gewissen bevorzugten Smaragdkrawattennadel. „Da das nun gesagt wurde, wäre ich dir sehr verbunden, wenn du dich morgen etwas angemessener kleiden würdest.“
 

Es war diese scheinbar seltsame Bemerkung, die mich zum ersten Mal durch den Schleier erkennen ließ, was überhaupt geschah; wovon mich in Kenntnis zusetzten, Holmes wohl nicht für angemessen hielt. „Ihr werdet meine Neugier entschuldigen, Gentlemen. Aber…ist jemand gestorben?“
 

Mycrofts schwere graue Augen wuchsen zu einer gewaltigen Größe an. „Um Gotteswillen, Sherlock, du hast ihm nicht erzählt, was passiert ist!“
 

„Im Gegensatz zu dir, Bruder“, sagte mein Freund durch zusammengepresste Zähne. „Kennt Dr. Watson die Bedeutung des Wortes Treue.“
 

„Wagen Sie es nicht, Sir. Wagen Sie es nicht! Ich werde zu keinem Teil deiner albernen, boshaften Fehde verursacht durch deinen Ärger, das schwarze Schaf der Familie zu sein. Falls du annimmst, ich würde mich auf deine Seite schlagen, nun da unsere Mutter gestorben ist“—
 

„Und ich soll darüber trauern? Mutter würde es mit Sicherheit nicht! Endlich kann sie ihre unreine, weltliche Familie hinter sich lassen und sich mit ihrem einzig Geliebten im Jenseits vereinen. Das heißt – wenn sie es dorthin schafft.“
 

Mycrofts Gesicht verzerrte sich vor Wut und hob tatsächlich den Stock in seiner Hand. „Bei Gott, Sherlock, wenn ich für dich verantwortlich gewesen wäre, was genauso gut möglich gewesen wäre, wärst du nicht so unverschämt geworden! Was du gebraucht hättest, war das spitze Ende eines Stockes auf deiner nackten Haut!“
 

„Gentlemen, bitte!“ Ich ergriff den dünnen Arm meines Freundes, der sich zu meiner Überraschung tatsächlich mit zusammengebissenen Zähnen auf seinen Bruder zubewegt hatte. „Was um Himmelswillen ist über euch gekommen? Die beiden großartigsten Köpfe unsers Landes und ihr wollt eure Meinungsverschiedenheiten mit Gewalt lösen! Bitte! Das ist wohl kaum die Zeit für Zorn!“
 

Ich hörte den Wind hinter uns heulen, als ob er die Gefühle spüren könnte und entsprechend reagierte und Sherlock entspannte seinen Arm unter meinem Griff im selben Moment, in dem auch sein Bruder den Stock senkte. „Sie haben mit Sicherheit Recht, Dr. Watson“, sagte der ältere Holmes. „Dass unsere Emotionen die Schaltkreise derartig überladen haben, hat nichts erreicht als geschmacklosen Schweiß und erhöhten Blutdruck. Komm, Sherlock! Lass uns zumindest für das Begräbnis morgen eine Vortäuschung von Höflichkeit an den Tag legen. Wir dürfen unsere Familienfehde nicht öffentlich austragen, damit jedermann hinter unseren Rücken tuscheln kann.” Er bot seinem Bruder die Hand an.
 

Aber Sherlock musterte seine Hand mit einem Gesichtsausdruck, den er, wie ich mich erinnerte, normalerweise bei besonders widerwärtige Besucher der Baker Street – wie zum Beispiel Dr. Grimesby Roylott oder Charles Augustus Milverton, anwendete. „Mir war nicht klar, dass du dich jemals so sehr um Anstand gekümmert hast, Bruder. Ich muss sagen, es bekommt dir nicht besonders.“ Er drehte sich auf dem Absatz um und gab mir einen Wink, ihm zu folgen.
 

„Wo zur Hölle denkst du, dass du hingehst, Sherlock?“
 

„Benutze doch deine unglaublichen Fähigkeiten, Bruder. Watson und ich gehen zurück nach London. Es hat keinen Sinn, länger hier zu bleiben, als du mich zwingst, also werden wir morgen zum Begräbnis zurückkehren und dann habe ich meine Pflicht dir, unserer Familie und diesem Ort gegenüber für alle Zeiten erfüllt.“
 

„Du kannst nicht gehen, Sherlock!“
 

„Oh, das kann ich nicht?“ Er bedachte mich mit einem ziemlichen Blick. „Watson, komm jetzt!
 

Mycroft, der immer noch die Haltung eines Soldaten beibehalten hatte, rief in höchst autoritärer Stimmte: „Sobald ihr zurück am Bahnhof von Wadebridge seid, dann werdet ihr, wie ich meine, erkennen, dass ihr den 6:07 nach London um etwa zehn, vielleicht fünfzehn Minuten verpasst habt. Und dass ist der letzte Zug, wie du dir wohl denken kannst.“
 

Mein Freund blieb so plötzlich stehen, dass ich, der ich ihm voller Verwirrung gefolgt war, fast in ihn hinein gerannt wäre. Langsam drehte er sich um, das Gesicht so hart wie Granit. „Wenn du wirklich glaubst, mein lieber Bruder, dass ich die Nach an diesem Ort verbringen werde, dann irrst du dich gewaltig.“
 

Mycroft stach mit seinem Stock heftig auf den Boden – einen Familienmerkmal. „Sie, Sir, sind so stur wie ein Esel! Ich frage mich, Dr. Watson, warum um Himmelswillen Sie sich das antun.“
 

Ich räusperte mich hastig. „Nun, ich“—
 

„Nun, sieh mal“, fuhr der Mann an seinen Bruder gerichtet vor und kümmerte sich dankenswerterweise nicht darum, meine Antwort abzuwarten. „Wenn du nicht vorhast, einen Zweistundenfußmarsch zum nächsten Hof zu unternehmen, dessen Besitzer – ich warne dich – kein besonders geselliger Mensch ist – er ist mit Sicherheit kornischer als der Boden, auf dem wir stehen [4]; dann musst du wohl das einzig Vernünftige tun und hier an dem Ort bleiben, der verdammt noch mal das einzige Zuhause ist, das du für beinahe zwölf Jahre kanntest, um deiner Mutter und deiner Familie deinen Respekt zu erweisen, Sherlock. Nun, ich habe dir all die Jahre nur sehr wenig befohlen, aber das befehle ich dir jetzt. Habe ich mich klar ausgedrückt, Sir?“
 

Zu jenem Zeitpunkt mussten wahrhaftig seltsame Mächte am Werk gewesen sein, denn ich konnte mir sicherlich nicht vorstellen, dass Sherlock Holmes sich jemandem fügen würde, nachdem er erst einmal eine Entscheidung getroffen hatte. Besonders eine so adamantenharte Entscheidung. Aber welcher Einfluss auch zwischen dem älteren und dem jüngeren Bruder am Werk sein mochte, er wirkte für diesen Moment.
 

„Als Zurückzahlung für die eine Instanz in meinem Leben, für die ich die Existenz einer Schuld zugeben würde, werde ich dir dies gewähren“, sagte Sherlock mit leiser Stimme. „Aber von nun an hast du keinerlei Befugnis mehr über mich. Habe ich mich klar ausgedrückt, Bruder?“
 

Mycroft hätte beinahe gelächelt, doch er unterdrückte es gut. „Außerordentlich.“
 

„Dann werden Watson und ich für die Nacht die beiden leeren, gegenüberliegenden Zimmer im linken Flügel nehmen. Morgen werde ich dir helfen, alle von Mutters Bekannten und fanatischen Freunden zu begrüßen, wobei ich natürlich meine beste Darstellung als trauernder Sohn zum Besten geben werde und in der Sekunde, da sie die letzte Schaufel Erde für immer von uns trennt, werde ich zu meinem Leben in London zurückkehren und niemals wieder von diesem Ort sehen, hören oder denken, bis ich selbst eines Tages kalt in meinem Grab liege. Wird dir das genügend, mein lieber Mycroft?“
 

Die Augen seines Bruders verengten sich und er stand sogar noch aufrechter da als zuvor. „Also wirklich, Sherlock. Sollte das rhetorisch sein oder willst du darauf tatsächlich eine Antwort?“
 

Die beiden betrachteten einander mehrere Sekunden lang mit heftiger Apathie, während ich daneben stand und mir wie das sprichwörtliche fünfte Rad vorkam. Schließlich nickte Sherlock kurz in meine Richtung und die Hände in die Taschen gestopft schlenderte er mit raschen Schritten und ohne ein Wort auf den dichten Hain auf der linken Seite des Anwesens zu. Er sah nicht zurück, obwohl ich ihm unsicher hinterher starrte, bis er außer Sichtweite war und überlegte, ob ich ihm nun folgen sollte oder nicht. Mycroft beantwortete diese Frage für mich, indem er die Tür hart genug aufstieß, dass sie gegen die Wand schlug und sagte: „Machen Sie sich keine Sorgen um meinen Bruder, Doktor Watson. Ich habe mit seinem Widerstand gerechnet und bin zuversichtlich, dass seine Stimmung sich bald wieder bessern wird.“
 

Ich dagegen war mir, nachdem ich ihn in der letzten Nacht gesehen hatte, dabei nicht so sicher. „Ich habe noch nie erlebt, dass er so aus der Fassung geraten ist“, wand ich mich mehr unbewusst an Mycroft. „Der Tod eurer Mutter hat ihn offensichtlich schwerer getroffen, als er zugibt.“
 

„Ich bezweifle sehr stark, Doktor, dass es das Dahinscheiden unserer Mutter ist, das ihn so handeln lässt.“
 

„Was dann?“
 

Aber Mycroft schnaubte nur und winkte ab. „Pah! Ich werde seinem sich ständig ändernden Temperament sicher nicht nachgeben. Und denselben Rat würde ich auch Ihnen anbieten.“ Er drehte sich um, um das Anwesen zu betreten, aber ich hielt ihn auf.
 

„Ich will ihm nicht nachgeben, wie Sie es nennen, aber ich muss zugeben, dass ich mir Sorgen um ihn mache. Sicher verstehen Sie das auch! Er hat Alp…äh, er gestand mir in einem Moment der Schwäche, dass er unter Alpträumen leidet.“ Ich richtete mich auf und hoffte, dass er meinen Ausrutscher nicht bemerkt hatte. Ich bin mir sicher, dass es überflüssig ist, zu erwähnen, dass ich damals keine Ahnung hatte, dass er von meiner Beziehung zu seinem Bruder wusste. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich reagiert hätte, hätte ich gewusst, dass er informiert war.
 

„Alpträume, also?“, fragte Mycroft, ohne dass sich sein Verhalten auch nur im Geringsten änderte.
 

„Ja…und ich bin mir sicher, dass eure Eltern darin eine Rolle spielen müssen.“
 

„Unsere Eltern?“ Er wirkte beinahe amüsiert.
 

„Ja, wie waren ihre Vornamen?“ Der einzige Hinweise, den ich hatte, war jemandem mit dem Namen ‚Philly’. Vielleicht ein Spitzname für seine Mutter?
 

„‚O Gott, ich könnte in eine Nussschale eingesperrt sein und mich für einen König von unermesslichem Gebiete halten, wenn nur meine bösen Träume nicht wären.’[5] Ich habe Hamlet schon immer genossen, Dr. Watson. Es steht der Wahrheit des Lebens auf so köstliche Weise nah. Ist Ihnen klar, dass Shakespeare tatsächlich das Einzige ist, was uns von den niedereren Lebensformen trennt?“ Seine Augen verengten sich zu zwei grauen Schlitzen. „Was denken Sie?“
 

„Was? Bitte! Das ist eine ernste Angelegenheit, Sir. Die geistige Gesundheit Ihres Bruders ist in Gefahr! Kümmert Sie das denn kein bisschen?“
 

Aber Mycroft zeigte angesichts meines Gefühlsausbruchs nur ein schiefes Lächeln. Indem er meinen Arm ergriff, deutete er mir, das Haus zu betreten. „Kommen Sie, Doktor. Ich werde sehen, ob ich für uns nicht etwas zu trinken auftreiben könnte. Ich denke, der Grundverwalter hat an verschiedenen Plätzen einen Vorrat an frischem Whiskey versteckt.“
 

„Es tut mir Leid, aber“—begann ich.
 

Er zog heftiger an meinem Arm. „Ich bestehe darauf. Und ich werde Ihnen von Philippa erzählen.“
 

Philippa. Philly. Die Überraschung angesichts des Namens oder – um genau zu sein – der Tatsache, das Mycroft ihn ausgesprochen hatte, ließ jeden Muskel in meinem Körper erschlaffen, sodass er mich einfach durch die Vordertür führen konnte.
 

Das Innere des namenlosen Holmesanwesens war ebenso in Dunkelheit getaucht wie sein Äußeres, aber irgendwie schien die Atmosphäre hier sogar noch giftiger. Es roch stark nach Ammoniak und Asche, Kreosot aus dem Kamin, sowie verschiedenen Reinigungschemikalien. Sogar ohne irgendwelche künstlichen Lichtquellen konnte ich durch die Spalten der schweren Vorhänge erkennen, dass der Ort vollkommen untadelig war. Der Fußboden und die Türen waren alle aus solider englischer Eiche gefertigt, aber es konnte kaum eine abgewetzte Stelle gefunden werden. Staub und Schmutz schienen Worte zu sein, die in diesem Haushalt nicht existierten. Sogar die liebe Mrs. Hudson wäre erstaunt gewesen, dass ein solcher Grad an Reinheit überhaupt möglich war.
 

Schweigend folgte ich Mycroft Holmes durch Garderobe und Eingangshalle, währenddessen sich ein wachsendes Gefühl des Verhängnisses in mir zu einer Erkenntnis entwickelte. Mein Gastgeber ging mit hinter dem Rücken verschränken Händen in so völligem Desinteresse voraus, als würde er eine Führung veranstalten. Er schien sich nicht die Mühe zu machen, irgendetwas um ihn herum wahrzunehmen. Ich denke, wenn er in der Lage gewesen wäre, mit verbundenen Augen seinen Weg zu finden, dann hätte er es getan. Ich weiß, ich hätte versuchen sollen, jene Methoden anzuwenden, für die mein Freund so berühmt war. Aber ich fürchte, das, was er mir stets vorgeworfen hatte, zeigte sich in jenem Moment deutlicher als je zu vor. Ich war nicht aufmerksam. Ich sah kaum etwas in jenem Moment. Außer der Tatsache, dass die beide Brüder sich so übermäßig merkwürdig benahmen. Mir stand nicht genug von meinem Verstand zur Verfügung, als dass ich noch an irgendetwas anderes hätte denken können.
 

Schließlich wurde ich in einen Salon mit einem riesigen steinernen Kamin geführt. Mycroft schloss die Tür hinter uns, als fürchtete er, wir würden gestört werden. Er begann dann, das Gas aufzudrehen, wobei er mir einen ganz schönen Schrecken einjagte. „Guter Gott.“, rief ich, während ich mich umsah. Denn das Licht erleuchtete, was ich bald als eines der Hauptmerkmals dieses Anwesens erkennen würde, abgesehen von der Reinlichkeit. Das Zimmer war mit Kunstgegenständen gefüllt – von kleinen Statuen bist zu Wandgemälden, die ganze Mauern in Beschlag nahmen. Aber alle hatten eine sehr zentrierte Thematik – Religion. Da war eine Darstellung von Mose, der die Gebote hoch über seinen Kopf hielt. Sie war so sorgfältig gearbeitet, dass ich in der Lage war, jedes einzelne der Zehn in den Stein gemeißelt zu lesen. Eine andere kleinere Szene zeigte die Bergpredigt Jesu und auf einem weiteren beunruhigenderem Bild ertranken Millionen von Sündern für ihre Sünden, während die Arche selbstsicher vorbei trieb. Sie war ein bloßer Zusatz, denn das Bild sollte eindeutig die Macht von Gottes Zorn demonstrieren. Kruzifixe hingen an den Wänden, Figurinen des Jesuskindes in den Armen seiner Mutter, ein Wandteppich, auf dem das Letzte Abendmahl dargestellt wurde. Oh, meine eigene Schwester konnte nur davon träumen in einem solchen Ort gefangen zu sein. Es wurde augenblicklich klar, dass dies an Besessenheit grenzte, die bloßen religiösen Eifer bei weitem überstieg.
 

Unsicher, was ich dazu sagen sollte, räusperte ich mich und versuchte, gefasst zu wirken. Aber ich war mir sicher, dass jemand, der so scharfsinnig war wie Mycroft Holmes, mein Entsetzen nicht übersehen würde. Und ich hatte natürlich Recht. Mit einem schiefen Blick sagte er: „Sie erkennen nun den Ursprung des…Konfliktes zwischen Sherlock und unserer Mutter. Sie entschied sich, ihr Leben auf eine ganz bestimmte Art zu führen und ließ sich mit jedem auf Streit ein, der es ihr nicht gleich tat. Oder zumindest mit jedem, der nicht so tun konnte, als würde er mit ihr übereinstimmen. Und wie Sie vermutlich erraten können, war Sherlock nicht bereit sich irgendjemandes Willen zu unterwerfen. Sogar als Kind war er so. Anmaßend, unverschämt…nun, ich denke, Sie verstehen, worauf ich hinaus will.“
 

Aus verschiedenen Gründen rief mir das klar und deutlich einen wahrhaft unvergesslichen Fall in Erinnerung, der gerade erst zwei Jahre her war. Black Bishop. Holmes hatte Richard Bishop gegenüber Verständnis gefühlt, das ich nicht geteilt hatte. ’Es ist nicht leicht, einen Eiferer als Elternteil zu haben.’ Das hatte er über den Jungen gesagt. Damals war ich nicht auf den Gedanken gekommen, er könnte aus persönlicher Erfahrung sprechen. Dasselbe galt für meine Schwester, für die er anscheinend eine Art verständnisvolle Abscheu empfunden hatte, deren Ursprung ich nun besser verstand. Und einige der Teile passten zusammen. Aber ich sagte Mycroft nichts dazu. Es gab noch so viel zu erfahren.
 

„Ich weiß, was Sie denken, Doktor“, sagte er, während er mir den Rücken zuwand, um etwas von der Feuerstelle des massiven Kamins zu entfernen.
 

„Und das wäre?“
 

Aber was auch immer es war (und ob er nun Recht hatte oder nicht), wollte er nicht sagen. Stattdessen erkannte ich, dass er eine gerahmte Fotografie aufgehoben hatte. Der ältere Holmes betrachtete das Bild mit einem kurzen Blick voller Mitgefühl, so als ob ihm der Gegenstand Leid täte, der in diesem traurigen Haus existieren musste, ohne dass jemand es in Erinnerungen versunken liebevoll anlächeln würde. Aber jene kurzzeitige Schwäche verging in einem Blitz aus wieder zu Stahl werdendem Fleisch, zu dem nicht einmal sein Bruder in der Lage gewesen wäre.
 

„Betrachten Sie das“, sagte er, während er es mir in die Hände stieß, als würde es ihn nun anwidern. „Es enthält die Antwort auf eines der Mysterien meines Bruders, die er, wie ich fürchte, Ihnen niemals zu veröffentlichen gestatten wird.“
 

Das Portrait in dem leicht angelaufenen Messingrahmen zeigte eine Familie von fünf Personen, alle vollkommen platziert, alle vollkommen unbeirrt von jeglichen Emotionen. Der Patriarch dieses Clans war ein Mann mit breitem Brustkorb und von beträchtlicher Größe, die trotz seiner sitzenden Position offensichtlich war. Ich erkannte in ihm sofort einen Kumpanen aus dem Militär, einen der gute Dienste geleistet hatte, so viel war von seinem Rang als Colonel und den vielen Orden, die seine Brust schmückten, offensichtlich. Er trug einen Vollbart und wirkte beinahe gerader als der Stuhl, auf dem er saß.
 

Seine Ehefrau und Matriarchin erschien mir als bemerkenswerter Mensch. Ihre Kleidung war etwas einfacher als die ihrer Familie. Sie war die einzige, deren Augen einen dunkleren Farbton hatten. Ich mochte sie augenblicklich nicht. Ich kann nicht sagen warum und Holmes würde mich schelten, denn ich wusste mit Sicherheit, dass Logik oder Vernunft keine Rolle dabei spielten. Aber da war irgendetwas an ihrem Gesicht, das mich abstieß, irgendetwas, das genauso gut bloße Voreingenommenheit gewesen sein konnte, nachdem ich jenes Zimmer gesehen hatte. Die Wangen waren zu spitz, der Mund zu schmal; die Augen waren erstaunlich flach – kalt und lieblos, tierisch sogar. Ich – in meiner zugegebenermaßen voreingenommenen Wahrnehmung – sah keine Ähnlichkeit zwischen dieser Frau und meinem teuren Freund.
 

Hinter dem bärtigen Kerl und seiner Frau standen ihre Kinder. Zur Linken ein Sohn, der seinem Vater in jeder Weise ähnelte – einschließlich Größe und Leibesumfang. Er war in etwa fünfzehn und stand ein wenig aufrechter, als ich es erwartete hätte – mit Augen, die sowohl Intellekt als auch Ängstlichkeit zeigten. Auch wenn er einen Schopf voller dunkler Haare hatte und sein Gesicht frei von jeglichen Zeichen des Alters war, sah er dennoch genauso aus wie der Mann vor mir. Aber mit einer Ausnahme. Der Mycroft Holmes, den ich in meinen Händen hielt, wirkte nicht so festgefahren und selbstsicher wie der, der vor mir stand. Wenn überhaupt schien er mehr wie der schüchterne, unsportliche Junge, den meine Schulkameraden und ich solange mit der Absicht ihn zu verprügeln verfolgen würden, bis er in Tränen ausbrechen würde.
 

Das Kind zur Rechten seines Vaters war vielleicht acht oder neun Jahre alt, aber er trug bereits jeden Zug, den ihm das Erwachsenenalter besiegeln würde: die Adlernase, die lange und dünne Statur sowie die rasiermesserscharfen grauen Augen. Dieses Kind starrte den Fotografen nicht mit den großen Augen der Unschuld sondern mit dem eher beunruhigenden Blick eines Menschen an, der ganz leicht jedes deiner Geheimnisse erraten könnte. Er hielt seine Hände hinter dem Rücken versteckt und ich lächelte augenblicklich angesichts des Gedankens, dass sie wahrscheinlich zu Fäusten geballt waren. Sogar als Kind, war er nicht dazu gemacht, sich zu so etwas Gefühlsseligem wie einer Fotografie Zeit zu nehmen.
 

Aber da war noch eine dritte Person.
 

Zwischen Captain und Mrs. Holmes saß eine junge Dame, ein Mädchen, gerade erst zwanzig würde ich sagen. Ich sah keinen besonderen Reiz in der spitzen Nase und dem ebensolchen Kinn, den seltsam geformten Augen und der sommersprossigen Haut, aber sie war das einzige Familienmitglied, auf dessen Gesicht so etwas wie ein Lächeln zu sehen war und sie hatte eine gewisse beruhigende und liebliche Beschaffenheit an sich. Sie hatte nichts von der Eiseskälte ihrer Mutter und trotzdem war ich mir nicht ganz sicher, ob ich den Vater in ihr sehen konnte.
 

„Das“, sagte ich zu Mycroft mit dem seltsamen Gefühl, als hätte ich gerade eine großartige Entdeckung gemacht. „Das ist Philippa?“
 

„Drehen Sie es um“, lautete die steife Antwort.
 

Und so entfernte ich es aus dem Rahmen und sah auf der Rückseite eine sorgfältige Handschrift mit indigofarbener Tinte. ‚Captain Aloysius G. Holmes’, lautete es, ‚Seine Frau Gertrude und ihre Kinder: Philippa – 18 Jahre, Mycroft – 15 Jahre, und Sherlock – 8 Jahre.’ Es war außerdem von dem Fotografen eines örtlichen kornischen Ateliers datiert und signiert.
 

Während ich tief Atem holte, sah ich zu Mycroft auf. „Warum hat Ihr Bruder seine Schwester niemals auch nur erwähnt?“
 

Mycroft schnaubte. „Müssen Sie da wirklich noch fragen? Wie viele Jahre hatten Sie beide sich schon gekannt, bevor er Ihnen von meiner Existenz erzählte?”
 

„Ja, aber…“ Ich war mir nicht sicher, wie ich ihm meinen Gedanken vorlegen konnte und gleichzeitig höflich bleiben. Schließlich durfte sein Bruder wohl nicht dieselbe Art von Bedeutung für sein Leben haben, wenn sie ihm Alpträume bescherte. Glücklicherweise erkannte der ältere Holmesbruder mit seiner gewaltigen Intelligenz meine Misere und erlöste mich davon.
 

„Sherlock und seine Schwester standen sich außergewöhnlich nah“, sagte er, während er mir das Bild aus den Händen nahm. „Zumindest so nah, wie er und unsere Mutter es nicht gewesen waren. Nach Philippas Tod verließ Sherlock diesen Ort und kehrte niemals zurück. Er weigerte sich, über sie zu sprechen oder auch nur ihren Namen zu nennen. Für ihn existierte unsere Schwester nicht länger, nicht einmal in der Erinnerung. Und so ist es all diese Jahre gewesen.“
 

„Aber warum?“, fragte ich.
 

Mycroft stellte die Fotografie zurück auf ihren angemessenen Platz auf dem Kaminsims und sprach, ohne mich anzusehen. „Ich denke, Doktor, dass ich meinem Bruder gegenüber mein Wort halten muss, ganz egal wie kindlich es mir nun erscheint. Und jenes Wort, wenn auch vor etwa dreißig Jahren gegeben, gebot mir niemals über…gewisse Umstände in unserer Familie zu sprechen. Ich denke, Sie werden Sherlock anflehen müssen, es Ihnen zu erzählen, wenn Sie die ganze Geschichte wissen wollen.”
 

Sein Widerstreben füllte mich nicht unbedingt mit Zuversicht. Wenn Mycroft sich schon weigerte, mir von diesem Leiden zu berichten, wie konnte ich dann meinen Freund dazu überreden, der doch viel direkter betroffen schien? „Ich weiß, dass Ihr Bruder keine besonders hohe Meinung von Frauen hat. Aber ich hätte mir niemals vorgestellt, dass dieses misogyne Verhalten soweit in seine Kindheit zurückreicht. Nun, eure Mutter“—
 

„Mein lieber Doktor Watson“, unterbrach mich Mycroft. „Sie übersehen das große Ganze. Unsere Mutter ist der Grund, weshalb Sherlock solcherlei Gefühle für das schöne Geschlecht hegt.“
 

Irgendetwas in meiner Kehle schien sie zu verstopfen und ich musste mir große Mühe geben, nicht zu würgen. „Sie meinen doch nicht…äh…“
 

Aber Mycroft schüttelte nur seinen gewaltigen Kopf und schnalzte mit der Zunge. „ Das ist mit Sicherheit nicht der Pfad, den Sie einschlagen wollen, Doktor. Es hat mehr damit zu tun, dass diese beiden Menschen so unglaublich verschieden waren, dass der eine den anderen nicht für das akzeptieren kann, was er oder sie ist und sich weigert, diese Differenzen beiseite zu legen. Und es hat mit einer Frau zu tun, die sowohl von meiner Mutter als auch von meinem Bruder sosehr geliebt worden war, dass ihr Tod jede Hoffnung auf Versöhnung zwischen diesen beiden vernichtete.”
 

Ich drehte mich zu dem lieblichen Bild der Schwester auf dem Portrait um und versuchte mir vorzustellen, dass dieses glückliche und jugendliche Gesicht jemandem gehörte, den mein Freund so sehr lieben konnte, mehr als mich, mehr als Josh, mehr als seine Vernunft, vielleicht sogar mehr als seine geistige Gesundheit. War es das? „Dann muss ihn der Tod eurer Schwester ziemlich zugrunde gerichtet haben.“
 

„Gelinde ausgedrückt. Es ist ein Wunder, dass er sich jemals erholt hat. Das heißt, dass sich sein Gefühlsleben erholt hat – denn bis er Sie getroffen hatte, hat er niemand anderem jemals erlaubt, den flüchtigsten Blick in sein Herz zu werfen. Selbst ich habe seit Jahren nichts als kaltes Desinteresse von meinem Bruder erlebt.“ Seine Augen verengten sich mit einem nüchternen Ausdruck.
 

„Nun, ich…äh, er ist natürlich ein guter Freund. Und ich empfinde es als Privileg, mehr sehen zu dürfen als das, was ich in meinen Berichten über ihn schreibe.“ Ich war mir sicher, dass mein Gesicht brannte, denn Mycroft war der Wahrheit für meinen Geschmack viel zu nahe gekommen. Er konnte es nicht wissen, dachte ich, denn niemand wusste von meiner wahren Beziehung zu seinem Bruder, aber angesichts all seiner Größe wusste ich, dass es nur einen einzigen Ausrutscher benötigen würde, um ihn auf die richtige Spur zu bringen. „Wie starb Philippa?“, fragte ich begierig, das Thema zu wechseln. „Kindbett?“
 

„Es war ein Unfall.“ Mycrofts Stimme war wie Eis.
 

„Welch ein Unglück.“
 

„Ja“, sagte er. „Aber das Leben steckt voller Unglückseligkeit. Alles geschieht aus gutem Grund. Selbst der Tod meiner armen Schwester. Denn wenn es nicht geschehen wäre, dann würden wir beide zweifellos nicht hier stehen und uns unterhalten. Sherlock würde mit größter Wahrscheinlichkeit nie die Karriere eingeschlagen haben, die ihn berühmt machte und Sie hätten ihn nie getroffen, um seine Chroniken zu schreiben, noch hätten Sie durch ihn Ihre Frau kennengelernt. Ich dürfte auch mich selbst heute in einer völlig anderen Lage vorfinden. Es ist erstaunlich, wenn man überlegt, wie alles in dieser Welt verbunden ist, nicht wahr? Wenn man überlegt, wie ein Ereignis die Leben von so vielen verändert.“
 

„Ja. Ja, in der Tat.“
 

Mycroft betrachtete mich für einen Moment, so als ob er noch etwas hinzufügen wollte, aber schließlich sagte er nur noch, dass er mir nun mein Zimmer zeigen sollte, sodass ich Zeit hätte mich vor dem Abendessen noch etwas zu erholen. „Gott allein weiß, wann Sherlock sich entscheiden wird, uns wieder mit seiner Anwesenheit zu beehren. Ich werde mit dem Essen nicht auf ihn warten. Wir essen um sieben, pünktlich.“
 

„Denken Sie nicht, dass wir nach ihm suchen sollten?“
 

„Er ist kein Kind, Doktor! Sie würden gut daran tun, sich meine Warnung zu Herzen zu nehmen und ihn nicht zu verhätscheln. Er ist nicht besonders angenehm, wenn er sich zu sehr auf einen anderen verlässt.“ Während er die Hände hinter dem Rücken verschränkte, deutete er mir, ihm zu folgen und wir verließen das Raucherzimmer, um uns schweigend zum linken Flügel aufzumachen.
 

Nach einem reichhaltigen Abendessen, das uns von einer mürrischen, ländlich wirkenden Bediensteten serviert wurde, die vorzustellen Mycroft nicht für nötig hielt, entschuldigte er sich für den Rest der Nacht mit der Behauptung, die jüngsten Ereignisse hätten seine übliche Menge an Schlaf empfindlich eingeschränkt und dass auch morgen ein langer Tag sein würde. Er war während des Essens eher schweigsam gewesen; hatte sich sehr auf seinen Teller konzentriert. Ich hatte nur einmal versucht, ihn zum reden zu bringen und das war nicht genau so verlaufen, wie ich es mir erhofft hatte.
 

„Haben Sie irgendeine Idee, wohin er gegangen sein könnte?“
 

Seine Antwort bestand aus einem giftigen Blick in meine Richtung und einem lauten Skrietsch seines Messers, als er in sein Fleisch schnitt. Mein Freund hatte mir oft erzählt, die Fähigkeiten seines Bruders, seien seinen eigenen weit überlegen und ich muss sagen, ich wusste nun, dass das zumindest in einer Hinsicht die Wahrheit war. Dieser Holmes war zu dem giftigsten aller Blicke fähig, der sogar den seines Bruders überragte. Und so wand ich meine Konzentration wieder meinem Essen zu und wagte es nicht, auch nur eine einzige weitere Frage zu stellen.
 

Als Mycroft nun zu Bett, Sherlock weiß der Himmel wohin und selbst die Köchen bzw. das Dienstmädchen verschwunden war, war ich nun meiner eigenen Verantwortung überlassen. Ich wusste sofort, dass ich nicht in der Lage sein würde zu schlafen, ohne zu wissen, wo mein Freund war und ich wusste auch, dass mehrere Stunden in einem Zimmer voller weiterer erschreckender Kunstgegenständen zu verbringen (einschließlich eines Gemäldes der Vernichtung von Sodom, welches, so hoffte ich, reiner Zufall war), ebenfalls außer Frage stand. Und so machte ich mich auf eine einsame Suche nach irgendwelchen Antworten, auf das Verhalten meines Freundes. Ich war mir in jenem Moment sicher, dass mir das weder von ihm noch von seinem Bruder gewährt werden würde.
 

Als ob ich von einem Geist, dem Schicksal oder irgendetwas anderem Unsichtbaren geführt werden würde, wusste ich genau, wohin ich gehen musste. Wie von einer unsichtbaren Hand geführt stieg ich eine lange Wendeltreppe hinauf, direkt neben dem Esszimmer, in dem jenes unangenehme Abendessen stattgefunden hatte und dann durch ein Labyrinth voller schwarz verhängter Spiegel und einen langen, entmutigenden Gang entlang. Ich hatte nur eine Kerze um mich zu führen und auch wenn ich mich selbst nicht als einen fantasiereichen Menschen ansehe, muss ich zugeben, dass mein Herz heftig in meiner Brust pochte und dass ich einen unangemessen Teil meiner Aufmerksamkeit auf die dumpfen Geräusche meiner Schritte richtete, die durch den Gang hallten.
 

Der erste Stock unterschied sich nicht sonderlich von dem Erdgeschoß. Meine Kerze war gerade genug Licht, um zu verhindern, dass ich mich selbst zum Esel machte, indem ich über verschiedene Gegenstände stolperte, denn sogar in den Gängen waren in jeder leeren Ecke mit den unterschiedlichsten Objekten vollgestopft: Beistelltischchen, Gobelins, Statuetten und sogar eine Ritterrüstung. Das Holmesanwesen erinnerte mich sehr an ein Museum, was überhaupt nicht weit hergeholt schien.
 

Es war ganz am Ende jenes Ganges, da etwas die Aufmerksamkeit meiner flackernden Kerze auf sich lenkte. Es war in den Rahmen einer Tür eingeritzt, klein und krakelig, aber trotzdem bemerkbar: S.H. – a priori. [8]
 

Die Tür öffnete sich mit einem leisen Ächzen und ich trat in eine andere Zeit. Mit Ausnahme des Bettes war der Raum größtenteils mit weißen Laken bedeckt, aber ich wusste durch irgendeine Art von Instinkt, dass dies das Kinderzimmer von Sherlock Holmes gewesen war.
 

Es er schien mir zuerst als ironisch, dass während das Erdgeschoß ein Bild der unbefleckten Reinlichkeit bot, dieser Raum von einer dicken Staubschicht überzogen war. Verglichen mit der gewaltigen Gruft, in der ich die Nacht verbringen sollte war das Zimmer klein, aber viele der Einzelheiten des Zimmers waren entweder verhüllt oder nicht länger da. Neben dem Bett, einem Nachtkästchen und einer Kommode gab es wirklich nur noch zwei Punkte von Interesse. Der offensichtlichste war dabei ein weiteres jener grässlichen Gemälde, die jenen Ort auszeichneten. Als ich es mit meinem Licht betrachtete, erkannte ich eine weitere religiöse Szene und irgendwie war jede neue, die ich sah, beunruhigender als die letzte. Diese hier zeigte einen Chor von Engeln, jeden strahlendhell und schön – eine Szene direkt aus der Schrift. Außer natürlich, dass sie den Engel der Musik umkreisten – Luzifer. Feuer strömte aus den goldenen Wolken und das blass schimmernde Licht, das irgendwie lebendig schien, verbannte ihn hinunter in die Flammen, während der Engel sich langsam verwandelte und schrie, als das Feuer ihn erfasste. Unten direkt über der Flamme war eine Signatur, die ich nicht entziffern konnte und ein Titel – ‚Der Verrat.’ Ein Schauer jagte mir über den Rücken. In Anbetracht der unschuldigen Aquarellbildern von Tigern und Affen und den grob gezeichneten Schiffen und Zügen, die an den Wänden meines Sohnes hingen, konnte ich mir nicht vorstellen, was um Himmelswillen ein solches Gemälde in dem Zimmer eines Kindes zu suchen hatte. Es war entsetzlich. Und auch wenn ich so gut wie gar nichts von den Gründen wusste, weshalb mein Freund seine Vergangenheit so sehr ablehnte, hatte ich begonnen, die Wurzel seines Zornes zu erkennen.
 

Als ich mein Licht fort von dieser Monstrosität auf die gegenüberliegende Wand lenkte, wo einsam ein verstaubtes Bücherregal stand, sah ich, dass nur noch zwei Bücher übrig geblieben waren. Das eine war Machiavellis Der Fürst und das andere – ironisch genug – eine zerfledderte und befleckte Bibel. Als ich eine beliebige Stelle aufschlug, fiel mir sofort auf, dass sie jemand mit einer schrecklichen Handschrift vollgeschrieben hatte, auf jedes bisschen Weiß und teilweise sogar über den Text selbst. In Exodus als Mose Gottes Gebote empfangen hatte, stand als Anmerkung zum 12. Vers des 20. Kapitels: Niemand soll geehrt werden, der es nicht verdient, ob sie nun meine Mutter oder mein Vater oder gar nichts sind.
 

Und im 1. Kapitel Jesaja stand über der Erinnerung an die Vernichtung jener bestimmter Städte der Sünde – denn Gott liebte seine Kinder so sehr, dass er sie ohne zweimal nachzudenken tötete?
 

Und im 6. Kapitel Epheser, wo geschrieben stand: ‘Kinder, gehorcht euren Eltern im Herrn, denn es ist rechtens’ – Rechtens für wen, oh Allmächtiger Gott?
 

Und in Genesis, so kühn wie nur möglich gleich am Anfang, als Gott das Universum erschuf, stand geschrieben - Die Logik von all dem ist erbärmlich!
 

Vor meinem geistigen Auge konnte ich den kleinen Sherlock sehen, wie er an seinem Schreibtisch saß, eigentlich die Schrift studieren sollte, aber stattdessen keine Logik im Glauben erkennen konnte und jene Notizen machte. Aber ich konnte nicht sehen, was diesen gewaltigen Zorn zwischen ihm und seinen Eltern, vor allem seiner Mutter, verursacht hatte. Zweifellos hatte der religiöse Eifer seiner Mutter eine Rolle dabei gespielt, aber das konnte mit Sicherheit nicht alles gewesen sein. Als ich das Buch zuschlug, flatterte ein einzelnes Stück Papier zu meinen Füßen, beinahe so als ob meine eigenen Gedanken erhört und von einer göttlichen Einmischung beantwortet worden waren.
 

Das Papier war gelb und die schwarze Tinte zu hellem Violett verblasst, aber indem ich mich selbst in das flackernde Licht der Kerze vertiefte, war ich in der Lage es immer noch zu lesen:
 

‚Mein liebster Bruder’ – las ich –
 

In meinem Herzen kenne ich den Zorn, den du mir gegenüber fühlst, auch wenn du dir die größte Mühe gibst, ihn zu verbergen. Du denkst, ich bin für dich verloren, gestohlen von einem anderen, dem einzigen anderen auf dieser Welt, dem ich je meine vollständige Liebe und Zuneigung geschenkt habe. Wenn es in unserer begrenzten Sprache doch nur Worte gäbe, mit denen ich meine Liebe für dich ausdrücken könnte! Wisse, dass ich in James den einzigen Mann sehe, dem ich jemals meine Liebe als Ehefrau schenken will, aber in dir sehe ich den einzigen anderen, dem ich meine vollständige Liebe als ‚Person’ schenken will. Wisse, wenn ich dich als meinen eigenen Sohn annehmen könnte, wie du es in meinen Augen schon lange bist, dann würde ich es augenblicklich tun. Aber auch wenn uns nun ein paar hundert Meilen trennen werden, sind wir nicht für einander verloren. Trotz Mutter werde ich dich immer noch so oft sehen, wie Züge von London und zurück fahren. Wisse auch, lieber Bruder, dass, während ich hoffe, bald mit Kindern für James und mich gesegnet zu werden, kein Baby jemals existieren wird, das dich ersetzen könnte. Sherlock, ich weiß, dass du das in all deiner Brillanz verstehen und mir vergeben wirst. Wisse, dass ich immer deine dich liebende Schwester sein werde,
 

Phillipa Holmes Davies,
 

(deine liebe Philly)
 

„Nun, Watson, was deduzierst du von all dem über mich?“
 

Ich drehte mich so plötzlich um, dass ich beinahe meine Kerze fallengelassen hätte. Mit einer Hand schob ich den Brief zurück in das Buch und mit der anderen hielt ich das Licht in seine Richtung. Der Mann wurde völlig von Schatten umgeben, sodass ich von ihm nicht mehr als eine ätherische Silhouette erkennen konnte; es war kein wirklicher Trost an diesem scheinbar verfluchten Ort. „Holmes, Gott sei Dank! Ich fürchtete“—
 

„Was deduzierst du?“, beharrte er.
 

„Ich deduziere, dass davonzulaufen, so wie du es getan hast, nicht nur kindisch und dumm, sondern dass hier zu stehen, wie wir es gerade tun, kein bisschen besser ist. Ich will mit dir über“—
 

„Später“, erwiderte er. „Was hat dir mein Bruder erzählt?“
 

„Er war genauso wenig bereit, zu reden wie du“, sagte ich ein wenig anklagend. „Aber ich habe euer Familienportrait gesehen. Ich weiß, dass es zwischen deiner Mutter und dir keine Liebe gab. Und ich weiß“—
 

„Von meiner Schwester, ohne Zweifel.“
 

„Ja…“
 

Er kam auf mich zu, sodass ich ihn zum ersten Mal wirklich sehen konnte. Sein Mantel und seine Weste fehlten und seine Krawatte hing um seinen Hals wie eine lockere Schlinge. Seine Stiefel und die Stulpen seiner Hose waren dreckverkrustet und ließen vermuten, dass er seinen Abend ganz sicher nicht mit einem gewöhnlichen Spaziergang verbracht hatte. Sein Haar hing ihm in dicken Strähnen ins Gesicht, aber als er näher kam, sah ich nur die beiden stahlfarbenen Augen eingehüllt in Schwärze. Indem er nach meinem Nacken griff, näherte er sich mir so heftig, dass ich beinahe nach hinten fiel. Mit Händen kalt wie Eis hatte er mich in bloßen Sekunden von all meiner Oberbekleidung befreit und erstickte mich mit Küssen, während er mich weiter und weiter zurückstieß, bis ich schließlich inmitten einer Staubwolke auf einer Matratze landete, die größtenteils aus Metallfedern zu bestehen schien.
 

„Sorgen sind unbegründet“, sagte eine Stimme in mein Ohr. „Bruder Mycroft ist ein plethorischer Schläfer und würde – um die Wahrheit zu sagen – nicht einmal dann die Energie verschwenden, sich aus seinem Bett zu erheben, wenn er den Verdacht hätte, es stände in Flammen.“
 

„Ja, aber“—
 

„Was?“
 

„Ist das wirklich angemessen? In Anbetracht – nun, des momentanen Stands der Dinge?“
 

„Watson!“, zischte die schattenhafte Gestalt neben mir. Vermischt mit dem gewohnten Geruch nach starkem Tabak konnte ich etwas weit Giftigeres riechen. „Verschwende nicht eine Unze Mitgefühl an jene…Frau, wenn sie überhaupt eine ist. Ich habe meine Zweifel.“
 

„Holmes! Sie ist doch schließlich deine Mutter.“
 

Er packte meine Schulter und hielt mich mit einer Kraft nieder, die sogar mich überraschte. „Ich will nicht über meine Mutter Medea[7] sprechen! Ich will dich! Jetzt!“
 

Ich hatte ihn in meinem ganzen Leben noch nie so handeln sehen. Völlig emotionsbedingt (ohne Zweifel von etwas weit Unheilvollerem angetrieben) und ohne einen Funken seines großartigen Verstandes. Er wirkte auf mich besessen, vielleicht von diesem Haus und einer Vergangenheit, die er nicht davon abhalten konnte, ihn heimzusuchen. So wollte ich ihn nicht. Zerzaust, betrunken oder unter Drogen, entkörpert. Aber gleichzeitig: Wie konnte ich ihn in einem solchen Zustand verlassen?
 

Seine Hände, normalerweise begabt mit einer Sanftheit, die ihr schwieliges und beflecktes Äußeres lügen strafen, waren nun hart wie Granit. Sie streckten sich aus, um meine Hose zu öffnen. „Dreh dich um“, befahl er und als ich zögerte, tat er es selbst und senkte sein nacktes Gewicht auf mich.
 

„Holmes, du bist nicht du selbst“—
 

Er seine einzige Antwort bestand darin, zu knurren und meinen Kopf zur Seite zu stoßen. Ich habe das Gefühl, hier und jetzt sagen zu müssen, dass egal wie schlecht Sie nun auch von diesem Mann denken mögen, für das, was als nächstes geschah, ich selbst ebenso einen Teil der Schuld auf mich nehmen muss. Ich hätte es sicherlich beenden können, wenn ich es wirklich gewollt hätte. Angesichts dessen, was danach geschah, hätte ich es wohl tun sollen. Aber weh mir, ich tat es nicht.
 

Ich dachte nicht darüber nach, was passierte, obwohl ich es natürlich wusste, aber nichts hätte mich auf den Schmerz vorbereiten können, der folgte. Ich versuchte mich selbst vom Aufschreien abzuhalten, doch ich versagte kläglich. Der Druck war entsetzlich und mein trauriger Körper war unfähig vorherzusehen, wie schlimm es sein würde. Wenn das besessene Wesen meines Freundes zu irgendwelchem Mitleid oder überhaupt zu Verstehen fähig war, so merkte ich nichts davon. Ich wollte ihn zur Vernunft bringen, aber es war keine Stimme in mir und keine Vernunft in ihm.
 

Der Schmerz, der mein Rückgrat durchflutete, war gewaltig, aber wie jedem Schmerz, konnte man sich mit der Zeit daran gewöhnen und nach einem Moment war ich geistig in der Lage, meine Kiefer zu entspannen. Wenn ich dieselbe Technik auch auf den Rest meines Körpers hätte anwenden können, hätte ich das Ganze vielleicht weniger schmerzhaft, ja vielleicht sogar angenehm gefunden, aber durch die Plötzlichkeit, die Angst, die Unbesonnenheit, die Lieblosigkeit der Handlung konnte ich es nicht.
 

Nach einem Augenblick war es vorbei und ich wurde mit der süßesten Erlösung belohnt – der des Schmerzes. Ich wusste sofort, dass ich blutete – das Fleisch war schwach und unnachgiebig und ich spürte das kleine Rinnsal, das meinen Oberschenkel hinab floss. Aber an Schmerz, physischen Schmerz heißt das, war ich gewohnt und den konnte ich leicht ertragen. Es war der Schmerz in meinem Herzen, der mir weit mehr wehtat. Was war gerade geschehen? Oder besser gesagt, warum war es geschehen?
 

Ich stand langsam auf, ergriff mein Hemd, von wo auch immer es hin geworfen worden war und zog mich rasch an, so als erkannte ich zum allerersten Mal die Schande der Nacktheit. Ein deutlicher Schauer jagte mir über meinen Rücken, schloss sich fest um mich. Ich wagte nicht zu sprechen, selbst als meine Augen die von Holmes trafen. Wenn ich den ersten Schritt machen würde, dann wusste ich, hätte ich ihm mit aller Kraft, die ich besaß, ins Gesicht geschlagen. Sorge und Wut stritten in meinen bebenden Händen und zitternden Beinen um Vorherrschaft. Mit meiner Körpersprache zwang ich ihn zu sprechen, als wir uns schwer atmend gegenüber standen, uns ansahen, aber nicht wirklich erkannten. Und schließlich tat er es.
 

„Oh Gott.“ Er taumelte rückwärts von mir weg, unsicher wie ein neugeborenes Kalb, bis seine ausgestreckte Hand einen Stuhl erreichte und er auf ihm zusammenbrach. „Oh Gott…Ich bin er geworden. Gott…Gott…nach allem, was geschehen ist, bin ich er geworden.“
 

„Wer? Wer bist du geworden?“
 

Er sah zu mir auf, aber wand sich fast sofort mit leerem Blick und zitterndem Kinn ab. „Der Colonel, natürlich. Colonel Aloysius Giffard Holmes. Mein Vater.“
 

„Dein Vater…warum?“
 

Keine Antwort. Nichts.
 

„Holmes“, sagte ich schließlich mit unerträglich verständnisvoller Stimme. „Ich denke es ist völlig gerecht, wenn ich sage, dass ich mehr als geduldig mit dir gewesen bin. Ich bin dein treuer Freund gewesen, dein Assistent, sogar dein Geliebter. Ich habe dir fünfzehn Jahre meines Lebens geschenkt und niemals eine Gegenleistung verlangt. Aber ich muss dir jetzt sagen – wenn du mir nicht die ganze Geschichte hinter“—Ich hielt inne und suchte nach Worten. Nichts Passendes oder Brillantes wollte mir einfallen. „Diesem ganzen verdammten Durcheinander erzählst, dann werde ich dich verlassen. Nicht nur für kurze Zeit sonder für immer, wohlgemerkt. Ich…ich kann das wirklich nicht mehr ertragen! Und du hast kein Recht dazu, es vor mir geheim zu halten, Gottverdammt! Kein Recht! Nicht vor jemandem, der dich mehr liebt als jeden anderen. Jeden anderen. Ist dir klar, was ich dir gerade gestehe? Ich liebe dich mehr als mein Kind, meine verstorbene Frau, meine arme Mutter, die mich innig liebte. Dich, Holmes!“ Meine Lungen standen in Flammen, als ich ihm all das völlig aus dem Stehgreif und in einem Atemzug entgegengeschleudert hatte. Keuchend ließ ich mich langsam zurück auf das Bett sinken, das unter meinem Gewicht ächzte. Ich wünschte mir verzweifelt etwas zu trinken.
 

Holmes erhob sich, während er seine Hände methodisch nah vor seiner Brust rieb. „Ich weiß“, flüsterte er. „Ich weiß, du tust es, nicht wahr? Ich weiß, dass du es tust. Oh, Watson…“
 

„Bitte. Komm und setz dich zu mir.“
 

Nach einem Augenblick des Zögerns tat er es, nachdem er zuerst in seine Tasche gegriffen und mir seinen Flachmann gereicht hatte. „Ich will deine Vergebung nicht“, sagte der Mann, die Augen starr auf sein Spiegelbild auf dem Stahlbehälter gerichtet. „Zumindest, werde ich nicht darum bitten.“
 

„Und ich biete sie dir auch nicht an. Ich will eine Erklärung. Nein, offen gesagt, Holmes, ich verlange eine Erklärung.“
 

Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Warum verlässt du diesen grauenvollen Ort nicht, Doktor? Das ist es, was ich tun würde, wenn ich an deiner Stelle wäre. Kehre nach London zurück, nimm den Jungen und befreie dich für immer von meiner Widerwärtigkeit und Verkommenheit. Du hast es angedroht. Warum führst du es nicht aus?“
 

„Wünscht du wirklich, dass ich das tue?“
 

„Oh, denk doch logisch! Natürlich nicht.“
 

„Dann hast du Glück, dass du nicht an meiner Stelle bist.“ Ich legte meine Hand auf den sehnigen Arm, sanft aber fest genug, um meinen Standpunkt klar zu machen. „Nun, Folgendes wird geschehen: Du wirst mit mir einen Schluck Whiskey trinken. Wir werden hier zusammensitzen – die ganze Nacht falls notwendig. Und du wirst mir von dem Dämon erzählen, von dem dein Verstand besessen ist.“
 

Es gab eine endlose Pause, einen Moment in der er mitten im Blick auf die heulende und sich wiegende Heide draußen vor dem Fenster hinter den Kaminschäften erstarrt war. „Bitte mein Lieber“, sagte ich sanft. „Wenn du mich jemals geliebt hast.“
 

„Liebe spielt dabei keine Rolle. Es ist mehr eine Angelegenheit von Liebe gegen Vertrauen. Und wenn mir eines klar geworden ist, dann dass Liebe leicht ist und Vertrauen schwer.“
 

„Zu verstehen meinst du, oder in die Praxis umzusetzen?“
 

„Beides.“
 

Ich lachte und vergaß für diesen Moment die Schwere von dem, was geschehen war und was immer noch geschah. „Es muss doch sicher umgekehrt sein, Holmes. Schließlich ist Vertrauen einfach genug zu verstehen. Aber wer kann schon wirklich den Begriff der Liebe erklären. Allgemeingültig, meine ich?“
 

Holmes holte Atem, während er den Linien seines Monogramms auf dem Flachmann mit einem leicht zitternden Finger nachfuhr. Er schien es zu studieren. Sah überall hin nur nicht zu mir, vermute ich. „Ich denke nicht, Doktor. Du verwechselst die wörtliche Definition mit der praktischen Bedeutung der beiden. Ich will die Universalität der Liebe nicht anzweifeln. Dieses Problem sei am besten irgendeinem uralten Griechen mit viel zu viel Zeit überlassen. Aber sieh es einmal so: Liebe ist nur ein Wort, erfunden, um die selbstsüchtige Handlung auszudrücken, dass wir von anderen nehmen, was wir brauchen. Die meisten Eltern lieben ihre Kinder, weil sie ihnen Unsterblichkeit ermöglichen. Liebe zwischen Liebenden ist ein Versprechen zur Erfüllung von physischen Bedürfnissen. Liebe zwischen Freunden ist von intellektueller oder entspannender Natur. Deshalb muss man, um Liebe verstehen zu können, nur unsere eigene Selbstsucht verstehen. Aber Vertrauen ist ganz anders. Vertrauen erfordert Selbstlosigkeit. Es setzt voraus, dass man sein Seele bis zur völligen Nacktheit entblößt und dass man in all seiner Schande dasteht und völlig auf die Güte und das Mitgefühl eines anderen angewiesen ist. Warum tun wir das? Warum riskieren wir es? Ich kann am Morgen sagen, dass ich jemanden liebe und am Abend, dass ich es nicht mehr tue und niemand kann mir das bestätigen oder widerlegen. Aber Vertrauen ist so wirklich wie wir beide, die wir hier sitzen. Es ist unbegreiflich, Watson!“ Er hielt nach dieser leidenschaftlichen Rede inne, packte den mittlerweile größtenteils leeren Flachmann und schüttete die Überreste hinunter bevor er mit sanfterer Stimme hinzufügte: „Mir wäre dein ganzes Vertrauen und nichts von deiner Liebe lieber als deine ganze Liebe und nichts von deinem Vertrauen.“
 

Und während ich versuchte das alles zu verstehen, geschweige denn es mit meinem eigenen Verstand zu akzeptieren, versuchte ich eine Antwort darauf zu finden. Ich denke, bis zu eben jenem Tag hätte ich in meiner unglaublichen Treue für diesen Mann ohne Frage gesagt, dass er mein komplettes und vollkommenes Vertrauen hatte, ohne auch nur darüber nachzudenken. Aber nach dieser Nacht, nachdem ich diese dunkle Seite seiner Seele gesehen hatte, glaubte ich, dass ich es nicht mehr konnte. „Holmes“—begann ich.
 

Seine Augen wandten sich heftig ab, als er wie gewöhnlich wusste, was ich zu sagen versuchte, bevor ich es noch sagen konnte. „Dein Wort, dass du nichts von dem, was ich dir nun enthülle, weitergeben wirst, solange ich auf dieser Erde wandle?“, fragte er, drastisch das Thema wechselnd.
 

„Natürlich. Mein Ehrenwort als dein…“
 

„Ja?“
 

Kurz vergaß ich sowohl Ärger als auch Furcht und erlaubte mir ein Lächeln. „Dein Boswell, natürlich.“
 

Auch wenn er mein Lächeln nicht erwidern konnte, nickte er in dem schweren Schleier der Ernsthaftigkeit, der uns umgab. Und ich biss mir auf die Lippe und lehnte mich zurück, während ich meinen Verstand zur Objektivität bereit machte, denn alles was ich tun wollte, war, ihm zu vergeben, ihm zu sagen, dass ich, was auch immer in seiner Vergangenheit gesehen war, verzeihen würde und ihn dann mit in mein Bett zu nehmen, in der ersten Nacht, da wir einander im Schlaf in den Armen halten konnten ohne die Furcht, entdeckt zu werden. Stattdessen sollte ich der erste und einzige Mensch sein, dem Sherlock Holmes genug vertraute, um ihm schließlich all die fehlenden Stücke seiner erschütterten Vergangenheit zu offenbaren…
 


 

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[1] Für den Fall, dass es irgendjemanden interessiert: Ich habe das Holmeshaus einem echten Haus aus Cornwall namens Lanhydrock House nachempfunden. Es hat das Potential recht unheimlich zu sein.
 

[2] Genesis natürlich, 2:18
 

[3] Eine kleine Anmerkung noch. Ich habe Cornwall als den Ort ausgewählt, an dem Holmes aufgewachsen ist, weil Jeremy Brett es für sehr wahrscheinlich hält, größtenteils wegen der Isolation. Wenn es für ihn gut genug ist, dann ist es auch für mich gut genug.
 

[4] Es ist ironisch gemeint, denn die meisten Leute halten die Einwohner von Cornwall für außergewöhnlich (gast)freundlich.
 

[5] Hamlet 2.2
 

[6] Latein für deduktive Schlussfolgerungen
 

[7] Medea ist, wie von Euripides überliefert, eine Figur aus einer griechischen Tragödie. Um ihren betrogenen Geliebten Jason zu rächen, tötet sie mit ihm zusammen ihre eigenen zwei Kinder.



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