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Des Feuervogels Glut I

von

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Heilung

Tokio (Japan), Mitte November
 

Kühle Luft, begleitet von einem sanften Wind umgab sie. Zartgraue Wolkenfetzen verschleierten das Firmament, eine charakteristische Ruhe lag über der Stadt und breitete sich bis hinauf zu ihnen aus. Die Eintracht umschlang Kai und stimmte ihn friedsam, nicht zuletzt war es aber auch die Gegenwart der Fremden, die ihn besänftigte.

Bis vor wenigen Tagen hätte er die junge Frau weiterhin abgewiesen ganz gleich wer sie war, Vertrauen hätte er niemals aufgebaut. Selbst wenn sie kein Mensch war.

Doch irgendwie schien sie ihn nach und nach immer mehr aufzutauen, sie forderte nichts, ließ ihm Freiraum, sie gab ihm zum ersten Mal das Gefühl, dass Zeit keine Bedeutung hatte. Nein, sie zwang ihn zu nichts, war stets freundlich zu ihm, sie akzeptierte seine Wünsche und Verbote, seine Stärken und Schwächen…beinahe als sei sie nur für ihn erschaffen worden.

Selbst wenn er es nicht wahrhaben wollte, er erlebte die Augenblicke mit ihr als so unbefangen, ihre Gegenwart als tröstend. Und auch wenn es gegen seine Natur war, es fühlte sich so ausgesprochen richtig an.

Der Anblick ihres sanftmütigen Lächelns holte ihn aus seiner Gedankenwelt zurück, als er sie sagen hörte, „scheinbar geht es dir seit unserem letzten Treffen besser. Das freut mich.“

„sieht mir ganz nach deinem Werk aus“, konterte der Sechzehnjährige und versuchte dabei, nicht ganz so piefig zu klingen.

„Nach was denn sonst?“, lächelte sie zurück. Offenbar hatte seine dezente Geste Wirkung gezeigt. Doch der Silberhaarige wollte sich nicht auf ein derartig verweichlichtes Gespräch einlassen und meinte barsch „bevor du mich das nächste mal wieder irgendwo hin schleppst, kannst du mir wenigstens deinen Namen sagen.“

“Du bist so süß, wenn du beleidigt wirken willst“, schmunzelte sein Gegenüber und ließ ihm das Blut in den Schädel schießen – er bekam zu seiner Ärgernis einen hochroten Kopf.

„Hey, bleib doch hier.“, mahnte sie ihn, als er Anstalten machte, zur Feuertreppe des Hochhauses zu flüchten, auf dessen Dach sie saßen, und packte ihn zielsicher am Arm.

„Kai, du kannst vor mir nichts verbergen, so sehr du es auch möchtest…“, erklärte sie ihm erstaunlich ruhig und blickte ihm tief in die Augen. „Hab keine Angst vor mir. Ich bin kein Mensch. Ich gehöre allein dir, es gibt nichts, das du zu verbergen brauchst.

Die Berührung ihrer sein Handgelenk umklammernden Finger jagte ein leichtes Kribbeln durch seinen Körper, er spürte, wie ihm das Herz bis zum Hals schlug. Aber er konnte sich nicht losreißen und so blieb er einfach bei ihr sitzen und genoss einen Augenblick lang das süße Gefühl der Wehrlosigkeit.

„Sagst du mir nun deinen Namen oder nicht?“, wehrte sich erneut irgendetwas in ihm, was er jedoch sofort bereute, und biss sich zeitgleich auf die Zunge.

„Mein Name? Ich habe keinen Namen…aber benenne du mich doch.“, meinte sie friedvoll. Abermals erhielt sie eine etwas unfreundliche und knappe Antwort von Kai.

„Schatten.“, murmelte er tonlos.

„Hmmm…klingt so ansehnlich schaurig…“, schmunzelte sie in ungewohnt erregtem Tonfall, was ihn verunsicherte, „wie kommst du gerade auf diesen Begriff?“

„Du verfolgst mich allmählich wie einer.“

„Warum bist du nur immer so abweisend zu mir?“, replizierte sie gedämpft und indifferent, legte den Kopf schief und blickte ihn bedauernd an.

Er hatte sie nicht verletzen wollen, falls er das soeben getan hatte. Doch das hatte er wahrscheinlich, so wie es die Menschen in derselben Situation ohnehin gewesen wären. Und sicherlich würde sie ihn nun aufgeben, sich distanzieren und aus seinem Leben verschwinden, ihn bereits innerhalb weniger Tage vergessen haben.

Es hatte doch alles keinen Sinn. Wozu sollte er sich denn überhaupt noch Hoffnungen machen?

Entschieden erhob er sich und schrie ohne sie anzusehen „Verschwinde doch einfach aus meinem Leben! Lass mich allein, verdammt noch mal! Ich kann n…“

„Was? Was kannst du nicht?“, unterbrach sie ihn, packte ihn präzise und hinderte ihn an der Flucht. Dann legte sie ihre Hände auf seine Tallie, ließ ihn beinahe das Gleichgewicht verlieren und drückte ihn an die Wand des angrenzenden Gebäudes.

„Hör doch endlich auf damit…“, flüsterte sie sanft, ließ ihn ihren Atem auf seinem Gesicht spüren, „du verletzt dich doch nur selbst…“

Erst im nächsten Augenblick realisierte der junge Halbrusse, dass die Fremde im Begriff war, ihn zu küssen. Sie ging zu weit, er musste sich wehren…er konnte es nicht!

„Schh….du zitterst ja“, hauchte sie und strich ihm ein paar Haarstränen aus der Stirn. „Ich tu dir nicht weh, ich versprech´s dir.“

Diese wohlige Nähe, sie schien ihn zu erdrücken aber sie wirkte so begütigend…Das Gefühl ihrer zarten Hände auf seiner Haut. Dieses Wesen war so rein, so innig im Umgang mit ihm. War sie im Stande, ihn zu heilen? War sie das, wonach sein ausgehungerter Leib, seine geschundene Seele so kläglich schrieen?

„Ich lass dich nicht mehr allein, mein Phoenix. Auch wenn du dich noch so sehr gegen mich wehrst.“

Ihre feingliedrigen Hände strichen über seine zarten Wangen, dessen gleichmäßiges Erscheinungsbild von einer hässlichen Narbe unterbrochen wurde, sie fuhren ihm behutsam über Gesicht und Hals. Sein Atem ging nur noch sehr schnell und flach, und wirklich: er begann leicht zu zittern.

Sielend schloss er die Augen und ertappte sich selbst bei der Begierde, dieser Moment solle nicht ganz so schnell enden, wie er es sich anfangs gewünscht hätte.

Stille umgab sie, ein sanfter Regen begann auf sie nieder zu fallen und schien die Sünde von ihm abzuwaschen. In diesem Augenblick war alles vollkommen; die Weichheit des Lichts, der gedämpfte Lärm der Stadt, die angenehme Kühle der Luft…

Ein stechender Schmerz bohrte sich gleich einem Dolch durch seine Schläfen und ließ den Sechzehnjährigen zusammenzucken. Beiläufig stieß er die Fremde – Schatten – weg und kämpfte gegen die Ohnmacht an. Die Bilder jener Erinnerung kehrten zurück, um nach ihrer kleinen Ruhepause nur umso quälender ihr Comeback zu genießen.

Binnen Sekundenbruchteilen vertrieb die Hitze des tobenden Flammenmeeres die kühle Luft, der Geruch von verbrennendem Kerosin überdeckte den des Regens. Die glühenden Schrapnelle, die Tief in seinem Fleisch steckten und das ebenso heiße Blut auf seiner Haut… Der qualvolle Schrei Talas, der zusammen mit den unsäglich brutalen Schmerzen in seinem Kopf widerhallte, ihn beinahe in die Knie zwang.

Welches Wrack hatte dieser immer wiederkehrende Augenblick aus ihm werden lassen? Er war ein Elite-Kämpfer, hatte die Besten der Besten besiegt und sich von keiner Verletzung davon abhalten lassen…und nun reichte eine schlichte Erinnerung aus, ihn zu überwältigen. War dies sein Ende? Würde er den kläglichen Rest seines Lebens kleine weiße Pillen schlucken und tagtäglich hoffen müssen, nicht in aller Öffentlichkeit zusammenzubrechen wegen eines einzigen lächerlichen Augenblickes?

Erneut zuckte der junge Mann zusammen, diesmal unter der Berührung zweier angenehm warmer Handflächen auf seinen Schläfen.

Jemand legte seinen Kopf auf ein weiches Kissen, eine schützende Umarmung umgab ihn. Zeitgleich verschwanden die Momentaufnahmen aus seinem Kopf. Es war vorbei.

Kraftlos hielt der Silberhaarige seine Augenlider geschlossen und genoss schwer atmend die Ruhe, die nun wiederkehrte. Niemand konnte ihm sagen, wie oft noch und vor allem wann es wieder geschehen würde, doch wenigstens für den Moment schien er davon befreit zu sein.

„Das ist keine schlichte „Erinnerung“, Kai“, säuselte ihm Schatten ins Ohr, „Es ist etwas, das selbst ich dir nicht erklären kann. Aber ich kann ihre zerstörerischen Kräfte bannen, wenigstens für einen gewissen Zeitraum…“

„Wer bist du…“, stöhnte der Russe sachte ohne die Augen zu öffnen. Noch immer litt sein Bewusstsein an den Folgen des vermeintlichen Schwächeanfalls.

„Schatten. Ansonsten gibt es keine zutreffenden Worte. Finde selbst heraus, wer ich bin. Aber nicht heute. Wir haben alle nur erdenkliche Zeit der Welt…“, antwortete sie leise und streichelte ihm durch das vom Regen durchnässte Haar. Erst jetzt ließ sie ihn merken, dass sein Kopf auf ihrer Brust lag (Wie auch immer sie es fertig brachte, den Größenunterschied auszugleichen, sie tat es gekonnt).

So gut es ihm tat, diese Art von Nähe war eindeutig gegen seine Natur. Etwas unsanft stieß Kai sich von ihr weg und wich ihren Blicken aus.

„Tut mir leid aber…aber ich kann nicht…“

„Ich weiß.“, lächelte sie beruhigend und legte den Kopf auf die Seite. „Vielleicht reicht es für heute…bis zum nächsten Mal.“

„Warte, ich…“, wollte er ihr noch hinterher rufen, aber sie war verschwunden. Gedankenverloren blickte er gen Himmel. Womöglich war sie von dort gekommen. Ein sarkastisches Grinsen breitete sich über seine von Wasserperlen benetzte Visage.

„Schatten…“, sprach Kai selbstsicher, den Rest dachte er nur noch, „du bist echt n Fall für die Klapse…und mir vielleicht gerade deshalb so sympathisch“.
 

Tokio (Japan), Stadtzentrum, Mitte November
 

„Aua! Pass doch auf, wohin du deinen Scheiß wirfst!“, fluchte der Siebzehnjährige und rieb sich den Hinterkopf. Beiläufig kickte er den Schraubenschlüssel vor sich in Richtung des ölverschmierten Fleischberges, der auf dem Bauch liegend an einem Abschnitt des Motors herumbastelte und statt einer Entschuldigung irgendetwas von Zündkerzen murmelte. Das Werkzeug schleifte über den asphaltierten Boden und traf ihn mit ziemlicher Wucht am Hinterteil. Zu Alex´ Verwunderung schien es den Rothaarigen jedoch nicht zu stören, er hob es lediglich hoch, blickte es kurz an und meinte geistesabwesend „…nein, hm… br…che Zündkerzen…“

Seufzend rollte der Amerikaner mit den Augen (, was nur etwa alle 10.000 Jahre gleichzeitig vorkam) und nahm das benötigte Bauteil vom improvisierten Regal.

Bereits seit Monaten saß der Philippine jeden Nachmittag in der Kfz-Werkstatt und bastelte an dem von Alex selbst eigentlich schon als schrottreif betrachteten Motorrad herum. Schon allein die Tatsache, dass er so langfristig so viel Zeit und Geld in ein einziges Projekt investierte, sollte den Siebzehnjährigen stutzig machen, doch als er das Corpus Diliki erstmals zu Gesicht bekommen hatte, hatte er nur mühsam einen Lachkrampf unterdücken können. Obwohl der Muskelprotz ein Jahr älter als er war, schleppte er ungefähr alle 2 Wochen irgendeine neue Kuriosität an. Doch erstaunlicherweis arbeitete er konsequent an diesem inzwischen verblüffend gut aussehenden Gefährt. Die Karosserie, den schwarzen hochglanz-Lack und die Vinyls hatte er wirklich bravös hinbekommen und dem Motor fehlte nur noch der letzte Schliff. Totzdem war es einfach unglaublich, wieviel Kram er aus dem Ersatzteillager der Werkstatt hatte mitgehen lassen...und abgesehen davon ließ er tagtäglich mehrere Standpauken über sich ergehen, da er auch während seiner Arbeitszeit an dem Motorrad herumschraubte. Der Samurai wäre dieses Risiko vermutlich nicht eingegangen – insbesondere bei dem momentanen Stellenangebot auf Japans Arbeitsmarkt konnte er über sein mikriges Gehalt noch froh sein. Doch dem Achzehnjährigen vor ihm auf dem Boden schien das alles egal zu sein.

Kopfschüttelnd begab sich Alex hinüber zur Anlage und drehte die Musik so laut, dass seine inneren Organe im Bass zu vibbrieren begannen. Aus den Boxen schmetterte irgendeine französische Rockband, weder Titel noch Interpret waren dem Blondhaarigen bekannt. Doch die Musik gefiel ihm gut und die Texte (, die sein Universalgenie Brian natürlich nicht vestand,) waren ausgesprochen gekonnt formuliert. Und abgesehen davon hatte sie vernünftige Lautstärke, in jener Begleitung es sich am besten ausspannen und natürlich arbeiten ließ.

Zufrieden schnappte sich der junge Mann ein anderes Bauteil und ließ sich neben den Achtzehnjährigen auf den Boden sinken. Interessiert betrachtete er die Hände des Mechanikers, die gekonnt am Motorblock herumhantierten. „Und du machst das alles echt nu wegen ihr?“, kommentierte er seine Arbeit, „oder willst du das hier am Ende doch verkaufen?“

„Merkst du noch was? „Sie“ ist REIN ZUFÄLLIG die geilste Braut der Welt und „das hier“ ist REIN ZUFÄLLIG ihr Geburtstagsgeschenk.“, kam eine leicht erboste Antwort zurück.

„Ist sie nicht ein bisschen zu jung zum Motorradfahren? Du hättest wohl lieber ein Mofa zusammengebaut?“

„Sonst geht’s noch. Wie sieht das den aus, wenn sie mit ner Zwiebacksäge durch die Gegend tuckert? Und außerdem sieht die Bitch sowieso schon volljährig aus…“

Brian ignorierte das erneute Kopfschütteln des Amerikaners und nahm ihm beiläufig das Motorteil aus der Hand. Ein Job hier in der Werkstatt war eindeutig nicht seine Berufung. Allein sein Dress…der geliehene Blaumann, das er trug, um sein Samurai-Kostüm nicht einzusauen, machte jede Art von Aussage überflüssig. Er war ein Voll-Loser, was richtige „Männerarbeit“ betraf. Brian selbst trug zerrissene Jeans und ein ehemals weißes Muskelshirt – und letzteres nur aufgrund Alex´ mehrfacher Aufforderung.

„Nervensäge“, benannten beide gleichzeitig die Charakterzüge des Anderen, dann brachen sie in schallendes Gelächter aus.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2006-06-27T17:21:42+00:00 27.06.2006 19:21
ich muss sagen ich bin richtig erstaunt, wie geil deine FF ist *g* einfach nur der hammer. also schreibe ganz schnell weiter, ja? freu mich schon

bis bald
Dark_Phinix
Von:  I_Scream_Party
2006-06-27T14:38:14+00:00 27.06.2006 16:38
Manno ich wil wissen wer dieser Schatten is!! >.<
Schreib schnell weiter!! *das so gern wissen will*!!
Aja voll cool das Kapi!! *g*

also bis zum nächseten KApi ja!? *sich jetzt schon freu*

bye *knuddel* Koni-Chan
Von:  sweetangle
2006-06-27T13:46:14+00:00 27.06.2006 15:46
Wer ist SChatten.
Ich habe voll das Gefühl das das min aist.
Sag doch bitte wer sie ist.
Das würde mich voll interessieren.

schrieb schnell weiter.

bussi sweety
Von:  SkyAngel
2006-06-25T14:38:27+00:00 25.06.2006 16:38
Wow ... Das ist echt super, was du da schreibst ...
Ich bin erstaunt .. besodners bei de was zwischen schatten und kai ist ... *staun*

mach weitr so ....

Bis bald,
sky!
Von:  Lampow
2006-06-25T13:53:26+00:00 25.06.2006 15:53
Jippie, erste!!!!

Cooles Kapi. Da baut sich ja voll was zwischen Kai und Schatten auf. Bin gespannt wie es in dieser Beziehung ausgeht und was Schatten wirklich ist. Eitd Alex seine Teamkollegin kriegen oder nicht? Das erfahren wir sicher demnächst.
Sorry, das ich erst jetzt ein Kommi hinterlasse, aber war bis vorgestern in der Türkei.
Freu mich schon auf ein neues Kapi.

Cu, Saturn - chan


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