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Das Leben danach

von
Koautor:  Teky95

Vorwort zu diesem Kapitel:
Zeitliche Einordnung:
Sonntag, 7. Juli 2019
Uniklinik Tokyo, psychiatrische Station
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Harte Worte

[JUSTIFY]In der Nacht wachte Kari mehrfach durch Albträume geplagt auf und war daher schon wieder wach, als die Sonne gerade erst aufging, inzwischen war Sonntag und sie fragte sich, wie Aiko wohl reagieren würde, wenn sie abends von Matt heimkam und nur ihr Papa war da, aber nicht die Mama und allein bei dem Gedanken hätte sie wieder losheulen können. Als die Schwester mit dem Frühstück kam, stellte diese fest, dass Kari das Obst nicht gegessen hatte und ermahnte sie dazu, ehe Kari wieder alleine war. Sie wartete ein paar Minuten, ehe sie aufstand, das Tablett nahm und damit im Bad verschwand. Masao würde sich sicherlich denken können, was sie da tat, aber er würde erst einmal nur beobachten, ein Eingriff erfolgte nur, wenn sie ernstlich ihr Leben gefährdete, denn erst mal wollte er ja ihre Verhaltensmuster analysieren. Kari entsorgte das Frühstück weitestgehend im WC und ließ nur einen kleinen Rest alibimäßig zurück, ehe sie sich wieder ins Bett legte und überlegte, ob sie Masao vielleicht nach einem MP3-Player fragen sollte, da Musik ihr eigentlich immer gut half um runterzukommen. Er könnte ihr ja kabellose Kopfhörer geben, dann konnte sie sich damit auch nicht verletzen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Nachdem Masao am Vorabend alles geklärt hatte bezüglich des Essens, zog er sich in sein Büro zurück, wo eine Schlafcouch stand, sodass auch er über Nacht ein paar Stunden Schlaf bekommen konnte, denn das war auch mehr als nötig, jedoch würde er erst schlafen gehen, wenn Kari schlief. Er beobachtete sie und sah, dass sie das Buch benutzte, erkannte auch deutlich ihre Tränen, aber sie versuchte es wenigstens und das allein zählte für ihn. Sobald sie schlafen gegangen war, haute auch er sich aufs Ohr, um wenigstens ein bisschen Schlaf zu bekommen und so wachte er Frühs auf, zwar nicht ganz ausgeschlafen, aber wenigstens hatte er geschlafen und die Möglichkeit einmal fix duschen zu gehen. Vorerst beobachtete er Kari weiter durch die Kamera, während er nebenbei sein Frühstück verspeiste. Noch war es zu früh, um zu ihr zu gehen, denn er wollte ihr auch etwas Zeit einräumen und sie nicht frühmorgens direkt wieder überfallen, dass sie allerdings ihr Frühstück nicht anrührte missfiel ihm sehr, darüber würden sie nochmal reden müssen, es war sehr wichtig für sie, dass sie regelmäßig aß und Nährstoffe zu sich nahm, damit ihr Körper vernünftig arbeiten konnte. Und da Kari von Natur aus schon ein sehr schlanker Mensch war, musste er umso mehr darauf achten, dass sie nicht anfing abzunehmen, denn Untergewicht konnte sehr gefährlich für sie werden, aber das würde er ihr schon irgendwie verständlich machen. Nebenbei kümmerte er sich auch noch um weitere Alternativen, Musik half des Öfteren und so kam ihm schließlich eine Idee, die er an die Technikabteilung weitergab, die sich dann auch darum kümmern und damit befassen würde. Er wollte in ihrem Zimmer einen sprachgesteuerten Assistenten fest verbauen lassen, mit Zugriff auf Musik, sodass sie hören konnte, was immer sie wollte, ohne dass sich etwas im Raum befand, woran sie sich verletzen könnte und Masao hatte gleichzeitig über sein Handy die Möglichkeit, Songs sperren zu lassen, die negatives Gedankengut oder auch Suizidabsichten fördern könnten, damit würde er ihr sicherlich eine Freude machen können.[/JUSTIFY]

 

[JUSTIFY]Von Masaos Ideen ahnte Kari nichts, auch nicht davon, dass er sie beobachtete. Sie war froh, als sie das Frühstück losgeworden war und die Schwester beim Reinkommen ein zufriedenes Gesicht machte, nicht wissend, dass Kari gar nicht gegessen hatte. Masaos Sorge war durchaus berechtigt, Kari war immer schon recht schlank gewesen und hatte auch in der Schwangerschaft sogar noch abgenommen, weil sie sich dauernd hatte übergeben müssen, bestimmt bis zum fünften oder sechsten Monat durchgehend. Danach hatte sie wieder etwas Gewicht aufbauen können, war aber zu ihrem Ursprungsgewicht nie zurückgekommen. Und in den letzten Wochen hatte sie kaum noch Appetit gehabt, in der Zeit, in der T.K. im Koma lag, hatte die Braunhaarige wieder ordentlich abgenommen und merkte selbst schon gar nicht mehr, dass ihr deswegen die Kraft für die einfachsten Dinge fehlte. Würde Masao sie auf die Waage stellen, wäre sie sicher schon im Bereich des Untergewichts angekommen, aber sie verspürte einfach keinen Appetit, sie tat das nicht, weil sie Masao ärgern wollte oder ähnliches. Was sie am meisten ankotzte war die Tatsache, dass sie nicht mal alleine duschen durfte, denn Flaschen mit Shampoo oder Duschgel in ihrem Zimmer zu lassen war auch als zu gefährlich eingestuft worden. Am Waschbecken befand sich ein kleiner Seifenspender, die Seife darin war mit einem besonderen Bitterstoff vermengt, den man normalerweise zum Schutz für Kleinkinder in Putzmitteln verwendete, sodass sie gar nicht erst auf die Idee kommen würde, diese in den Mund zu nehmen und, falls doch, nicht in der Lage wäre sie zu schlucken. Also musste sie sich vor einer Krankenschwester ausziehen und unter die Dusche steigen, der natürlich auffiel, dass Kari viele Narben über den ganzen Körper verteilt hatte und extrem dürr war. Kari duschte so schnell sie konnte, sie hatte zwar eine Badewanne im Zimmer, aber ein Bad nehmen war ihr auch nicht gestattet und nachdem sie sich frische Sachen angezogen hatte, verkroch sie sich frustriert wieder in ihr Bett. Die Schwester unterdessen ging zu Masao und berichtete ihm von ihren Beobachtungen bei Kari.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Masao entschied ihr heute mal Ruhe bis zum frühen Abend zu gönnen, denn in der Zeit konnte er auch durchschnaufen und weiter an der Therapie feilen. Es war ganz praktisch, dass er sehen konnte, was sie im Zimmer trieb, so konnte er ihr Verhalten analysieren und es schriftlich festhalten, denn er nahm jede Info für die Therapie, die er kriegen konnte. Als er gerade dabei war mal einen Kaffee zu trinken, kam eine Stationsschwester herein und berichtete Masao von ihren Beobachtungen und dem fiel fast alles aus dem Gesicht, es wurde alles immer gefährlicher und Kari schien das nicht einmal zu merken. Fieberhaft arbeitete er weiter an einer Lösung, irgendwie musste er sie doch dazu kriegen etwas zu essen, denn so konnte es nicht weitergehen. Gegen späten Mittag bekam Masao Bescheid, dass seine Idee mit dem sprachgesteuerten Assistenten genehmigt wurde und dieser auch angebracht werden würde, während Kari nachmittags der Gruppensitzung beiwohnte, die einmal die Woche Pflicht war und wenn sie zurückkam hatte sie dann Zugriff auf Musik.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Der Vormittag plätscherte so vor sich hin und nachdem sie geduscht hatte, lag Kari die meiste Zeit in ihrem Bett und starrte an die Decke, sie hatte das Gefühl, von allem hier erdrückt zu werden und sie würde so gern wenigstens mal für zehn Minuten nach draußen gehen, aber ihr war klar, dass sie sich das wohl erst würde verdienen müssen. Sie dachte viel an T.K. und an Aiko und irgendwann war es Zeit fürs Mittagessen. Anfangs schob Kari das Essen wieder von sich weg, doch nach einer Weile konnte sie sich immerhin dazu durchringen, ein paar Löffel von der Gemüsesuppe zu essen, auch wenn sie das Brot und Obst unangetastet ließ. Danach verkroch sie sich unter ihrer Decke und schlief irgendwann ein. Gegen Nachmittag wurde sie geweckt, weil sie an irgendeiner Gruppensitzung teilnehmen sollte und sie war genervt, aber sie folgte der Schwester und war gespannt, was sie dort erwarten würde, nicht ahnend, dass sie danach in ihrem Zimmer eine Überraschung erwarten würde.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Masao bekam natürlich mit, dass sie das Essen kaum anrührte und wurde langsam frustriert, würde sie spätestens am nächsten Morgen nicht vernünftig essen, dann sah er sich gezwungen ihr zu drohen, dass sie zwangsernährt würde, so langsam wurde es kritisch und das konnte er nicht länger verantworten. Ein bisschen genervt war er natürlich auch, weil sie, wie sehr oft schon, einfach komplett gegen ihn arbeitete und er begriff nicht, wie man so dämlich sein konnte nicht selbst zu merken, was sie da veranstaltete. Als Kari dann nachmittags zu der Gesprächsrunde geschickt wurde, hatte Masao Zeit schon mal die App einzurichten, während die Musikbox bei ihr installiert wurde.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Kari begriff gar nicht, dass sie mit ihrer Gesundheit spielte und es mit ihrem Verhalten nur noch schlimmer machte, sie war so gefangen in sich selbst, dass sie jeden vernünftigen Bezug zu ihrem Körper verloren hatte und es blieb fraglich, ob sie Masaos Drohung dann wirklich ernstnehmen würde. Sie arbeitete nicht bewusst gegen ihren Therapeuten, aber Kari war relativ stur und hatte ihren eigenen Kopf, was die Sache nicht gerade einfacher machte. Widerwillig ließ sie sich zu dieser Gruppensitzung bringen und stand das irgendwie durch, sie war froh, dass sie als Neuling noch nicht so viel sagen musste, aber ihr war danach mehr als klar, dass sie hier unbedingt raus musste, egal um welchen Preis, das alles machte sie einfach nur verrückt. Als sie zu ihrem Zimmer zurückkam, wartete dort bereits Masao auf sie und Kari sah ihn an, sie hatte eigentlich nicht damit gerechnet, dass sie heute mit ihm auch noch ein Gespräch führen müsste und hoffte einfach, dass es nicht wieder so ermüdend war. Ihr Abendessen stand auch schon bereit und ihr war direkt klar, dass sie dieses Mal nicht drum herumkommen würde, wenigstens ein bisschen zu essen. Von der Überraschung ahnte sie noch nichts.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Würde man im Duden das Wort ‚uneinsichtig‘ suchen, dann würde daneben ein Foto von Kari prangen, mit Neonfarben noch ausgeleuchtet. Masao hatte sich selbst noch etwas zum Abendessen reingezogen, bevor Kari wieder aufs Zimmer kommen würde und Masao hatte einiges zu besprechen mit ihr. Als sie wieder auf ihr Zimmer kam, war er bereits dort und ließ sie erstmal zu Abendessen und dieses Mal duldete er nicht nur ein paar Bissen, denn die Portion war schon wesentlich kleiner als üblich. „Ich habe dir hier einen sprachgesteuerten Assistenten in die Wand einbauen lassen, so kannst du über Sprachbefehle Musik abspielen und es ist nicht so extrem still hier im Raum. Und jetzt erzähl, wie war die Nacht und wie war der ganze Tag so insgesamt?“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Das Problem war wohl hauptsächlich, dass Kari immer noch nicht begriff, was für sie eigentlich auf dem Spiel stand, nicht nur ihre Familie, sondern auch ihre Arbeit, denn solange sie als Gefahr für sich selbst eingestuft wurde, konnte man sie nicht mit den Kindern alleine lassen. Und Kari blühte in ihrer Arbeit als Erzieherin wirklich auf, sie brauchte das einfach. Als sie zurückkam, musste sie erst mal essen und sie hasste Masao ein wenig dafür, dass er sie dazu zwang, aber zumindest die Hälfte der Portion würgte sie irgendwie herunter, ehe er dann Gnade walten ließ, mit dem Auftrag, dass sie später noch das Obst vom Mittag zu sich nehmen sollte. Aber ob Kari das wirklich tun würde? Überrascht sah sie jedoch auf, als Masao meinte, er habe einen sprachgesteuerten Assistenten in der Wand installieren lassen und sie lächelte leicht. „Danke dafür, diese Stille macht mich wahnsinnig… Die Nacht war ganz okay, ich war früh wieder wach, aber ich habe zumindest etwas geschlafen. Gestern habe ich noch ein paar Gedanken sortiert in dem Buch, was du mir gegeben hast, aber nach dem Aufstehen wusste ich irgendwie nichts mit mir anzufangen… Ich bin ehrlich, ich habe das Gefühl, als würde mir die Decke auf den Kopf fallen und wenn ich irgendeine Möglichkeit gehabt hätte, hätte ich mir sicher Schmerzen zugefügt, um das erträglicher zu machen…, es ist wie ein unkontrollierbarer Drang…, anfangs sollte es etwas Kontrolliertes sein, damit ich irgendwie diesen inneren Druck loswerde…, aber ich glaube, ich hab die Kontrolle verloren, der Zwang mich zu verletzen kontrolliert mich statt ich ihn.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Masao war froh, dass sie überhaupt mal die Hälfte gegessen hatte, er würde aber noch versuchen ihr begreiflich zu machen, wie wichtig das Essen war. „Weißt du, ich will dich ungerne zum Essen zwingen, aber du kratzt extrem nah am kritischen Gewichtsbereich und das ist wirklich gefährlich Kari, du musst mehr essen, ansonsten bin ich gezwungen dich zwangsernähren zu lassen und das willst du glaube ich nicht.“ Er hörte sich an, was sie erzählte und überlegte dann kurz, was er antworte. „Okay, dass du das mit dem Buch ausprobierst finde ich schon mal sehr gut, vielleicht hilft es ja auf Dauer und bei der Musik dachte ich mir, dass es dir eventuell alles etwas erträglicher macht, besser als die pure Stille. Ich kann verstehen, dass dir die Decke auf den Kopf fällt, aber da wirst du durchmüssen Kari, in erster Linie ist es ein Therapieaufenthalt und da muss man Abstriche machen.“ Bei der Beschreibung zu ihrem selbstverletzenden Verhalten schrillten schon sämtliche Alarmglocken in ihm. „Das ist die Gefahr daran Kari, man denkt: Ach so schlimm ist das nicht ich kann es kontrollieren, und dann kontrolliert es dich irgendwann und davon loszukommen wird schwer sein, aber du musst dir auch bewusst sein, dass dieses Verhalten deine ganze Familie kaputt machen kann.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Nachdem sie vom Essen erlöst war, sah sie Masao an, als er begann zu sprechen und ließ schließlich den Kopf hängen. „Es schmeckt einfach nicht, alles ist fade und gleich und wenn ich nur ans Essen denke wird mir speiübel… natürlich will ich nicht zwangsernährt werden, aber mir das Essen rein zu zwingen macht es auch nicht besser… Ist es denn wirklich so schlimm? So dünn bin ich doch gar nicht.“ Tja, Kari hatte sich schon eine Weile nicht mehr richtig im Spiegel angeschaut, weil sie ihren eigenen Anblick nicht mehr ertragen konnte und so dachte sie natürlich, dass Masao maßlos übertreiben würde. Als sie über das Buch und die Musik sprachen, seufzte Kari. „Ich weiß, dass das hier nicht einfach wird und das ich nicht alles haben kann, was ich will, trotzdem macht mich dieses Zimmer wahnsinnig…, aber ich werde versuchen, mit der Musik und dem Buch das Beste daraus zu machen.“ Die Punkte, die sie über den Drang zum Selbstverletzen sagte, waren einfach so aus ihr herausgesprudelt, eigentlich hatte sie das so offen gar nicht zugeben wollen, aber vielleicht war es besser so und dass bei Masao die Alarmglocken angingen, war wohl nicht verwunderlich, immerhin hatte Kari gerade zugegeben, dass sie die Kontrolle verloren hatte und nicht mehr wusste, wann sie aufhören musste. „Ich weiß, dass es nicht gut ist und mir ist auch klar, dass ich damit meine ganze Existenz gefährde…, aber ich komm gegen diese Gefühle im Moment einfach nicht an…, es tut mir leid“, wieder begannen Tränen unaufhaltsam über ihre Wangen zu laufen und Kari versuchte sie wegzuwischen, aber es kamen immer wieder neue hinterher. „Es fühlt sich an, als könnten meine Schultern die Last dieser Welt nicht mehr tragen, ich fühle mich wie ein Fremdkörper…, wie unnötiger Ballast…, ich will doch einfach nur, dass das aufhört…“, sie merkte gar nicht, dass sie sich wieder in ihrer Panik verlor und schon wieder zu hyperventilieren begann. „Warum hilft mir denn keiner…, warum…, es ist alles so dunkel…, ich habe Angst…“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Masao hörte Kari zu und er bekam das Gefühl, dass es immer schlimmer wurde anstatt besser und er hatte auch noch ein anderes Gefühl. „Merkst du es? Anstatt die positiven Dinge zu sehen und darauf aufzubauen, stürzt du dich in das Negative und drückst dich selbst in die Opferrolle um das alles zu rechtfertigen!“ Er seufzte, aber sein Tonfall wurde ernster. „Die Entscheidung triffst am Ende nicht du, ob du was isst oder nicht, sondern ich als dein Arzt. Kari, wach endlich aus deiner Traumwelt auf! Man sieht jeden einzelnen Knochen auf deinem Rücken, was denkst du denn, weshalb du so schwach bist? Weil du deinen Körper mit so Alibihappen schwächst! Und wenn dich das Zimmer wahnsinnig macht, dann ist es halt so, du bekommst schon mehr Privilegien als üblich und beschwerst dich immer noch! Ich kann dir auch alles wieder entziehen und dich jeden Tag zu Gruppenaktivitäten schleifen und zu Gesprächsrunden. Aber ich will so etwas nicht tun müssen Kari, deswegen hoffe ich inständig, dass du mit mir arbeitest und nicht gegen mich, du merkst es selbst gar nicht, aber du verrennst dich jedes Mal in die Opferrolle, wenn etwas nicht so läuft, wie du es gerne hättest und suchst Ausreden für deine Handlungen.“ Natürlich bemerkte er ihre Panikattacke und klatschte ohne Vorwarnung sehr laut in die Hände, damit sie sich so erschrak, dass sie aus der Panikattacke rausgeholt wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bestimmt sagte er: „Doch, du kommst dagegen an, du willst es nur nicht, weil es leichter ist, weil man sich dann nicht anstrengen muss. Führe ich Gespräche mit dir, dann bist du genervt, sollst du was Essen, bist du auch genervt! Dich kotzt alles immer nur an und deswegen arbeitest du mehr gegen mich als mit mir. Wir können das hier alles auch abblasen und ich entlasse dich auf eigene Verantwortung, allerdings werde ich dem Jugendamt dann einen Bericht schreiben müssen, der beinhaltet, das du aufgrund deiner psychischen Verfassung deinen Beruf nicht mehr ausüben darfst und eine Gefahr für deine Tochter bist, beides hat zur Folge, dass du ein Berufsverbot bekommst und dir sogar irgendwann das Sorgerecht für deine Tochter entzogen werden könnte. Willst du das wirklich, Kari?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Kari war es nicht gewohnt, dass man ihr so direkt etwas ins Gesicht sagte und sie zuckte bei seinen Worten ein wenig zusammen, er wurde nicht mal laut, Masao blieb immer ruhig und sachlich, auch wenn er sich innerlich tierisch aufregte. Sie hatte das Bedürfnis zu sagen, dass ja auch alles scheiße war, aber sie verkniff sich den Kommentar, sie wollte ihn ja nicht provozieren. Was er allerdings über ihre Essgewohnheiten und ihren Körper sagte, schockierte sie dennoch ein wenig und sie griff an ihren Rücken, nur um festzustellen, dass sie wirklich jeden Knochen ertasten konnte und sich diese ihr spitz entgegenstreckten. „Ich versteh das nicht…, das kann doch nicht passiert sein, weil ich einen Abend keinen Hunger hatte… ‚Bevor ich herkam, war doch alles gut“, sie merkte immer mehr, wie die Seifenblase, in die sie sich eingehüllt hatte, langsam zerplatzte und sie die bittere Realität wieder vor Augen hatte, vor der sie so sehr zu flüchten versuchte, weil sie diese nicht ertrug. Aber sie wusste, dass Masao recht hatte, es lag in seiner Hand, was hier passierte und nicht mehr in ihrer. Beschämt blickte sie auf ihre Hände. „Ich weiß doch, dass du so viel für mich tust…, entschuldige, ich werde versuchen, mich am Riemen zu reißen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kurz darauf überrollte sie die nächste Panikattacke, doch Masaos lautes Klatschen ließ sie wirklich so zusammenfahren, dass sie ihren Therapeuten wieder vor sich sah und was er ihr sagte, das traf sie sehr hart und unvorbereitet, sie hatte nicht bedacht, wie weitreichend die Konsequenzen sein würden und sie begann erneut zu weinen, allerdings waren es stumme Tränen und kein Geheule. „Natürlich will ich das nicht, ich liebe meine Arbeit und ich liebe Aiko… ich habe so große Angst davor sie zu verlieren, dass ich mir immer versuche einzureden, dass ich sie nicht gerne hätte, aber sie hat sich längst ihren Platz in meinem Herzen erobert…“ Sie atmete tief durch und wischte sich die Tränen weg, es half alles nichts, sie würde jetzt wohl hier durchmüssen und sie vertraute Masao, dass er ihr helfen konnte, aber sie musste auch ihren guten Willen zeigen, also nahm sie sich die Schüssel Müsli wieder vom Nachtschrank und begann brav dieses aufzuessen. Sicher war das nur ein kleiner Anfang, aber sie wollte das jetzt wirklich durchziehen, für T.K. und für Aiko.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Zumindest schien Kari jetzt gerade mal zu begreifen, dass die ganze Sache viel größere Ausmaße angenommen hatte, als sie bisher wohl geglaubt hatte, aber das war jetzt nun einmal die bittere Realität. „Kari, du hast nach deiner Schwangerschaft weniger gewogen als davor! Du hast vermutlich unbewusst immer weniger gegessen, möglicherweise auch, weil du dachtest du müsstest so dünn sein, um für T.K. attraktiv zu bleiben, aber das ist Schwachsinn, wenn du wieder auf dein Normalgewicht kommst und regelmäßig isst, dann wirst du dich auch nicht mehr so ausgelaugt und schwach fühlen. Das alles spielt da zusammen.“ Dass seine Worte hart gewählt waren, wusste Masao durchaus, aber er hielt jetzt auch nicht viel davon, ihr dauernd Honig um den Mund zu schmieren, das würde absolut nichts bringen. „Je mehr du Aiko von dir stößt, desto mehr schadest du ihr Kari... Suizidgedanken oder der Hang zum Selbstverletzen können durchaus auch weitergegeben werden und ich glaube nicht, dass du das für deine Tochter willst. Lass es zu, dass sie dein Herz einnimmt, dann wird so vieles leichter, jetzt redest du dir quasi  ein sie jeden Moment verlieren zu können, statt die Zeit mit ihr zu genießen und Spaß daran zu haben dabei zuzusehen, wie  sie immer weiter wächst und Fortschritte macht..., das ist es doch, was ein Elternteil stolz macht, zu sehen, wie das Kind glücklich aufwächst und immer mehr dazulernt. Das Leben passiert auch einfach, Kari. Du kannst nicht immer in dem Glauben leben, alles Schlechte verhindern zu müssen.“ Er nahm vorsichtig ihre Hand. „Gemeinsam können wir das schaffen, aber dazu musst du mit mir zusammenarbeiten und nicht immer gegen mich.“ Danach ließ er sie erstmal das Müsli essen. „Ich werde schauen, ob ich für dein Frühstück etwas auftreiben kann, was besser schmeckt, jetzt lasse ich dir erstmal etwas Zeit für dich, um alles zu verarbeiten.“ Lächelnd stand er auf, um das Zimmer zu verlassen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Kari sah Masao nachdenklich an, konnte das stimmen? Sie wusste es nicht, aber wie Masao schon sagte, vermutlich war es unterbewusst passiert, weil sie Angst hatte, Takeru nicht zu genügen. „Ich weiß es wirklich nicht, ich habe es wohl nicht gemerkt. Ich meine, ich habe immer Angst, dass ich Keru verliere, aber ich habe mich während der Schwangerschaft oft übergeben und mich anschließend wegen der postnatalen Depression auch nicht wirklich zum Essen aufraffen können, deswegen hatte ich Aiko ja recht früh abgestillt, ich glaube darüber hatten wir bei einer der Untersuchungen auch gesprochen gehabt, weil Aiko nicht genügend Nährstoffe bekommen hatte. Aber ich werde versuchen wieder regelmäßiger zu essen.“ Ihr Honig um den Mund zu schmieren, würde Kari nicht weiterbringen, deswegen war es schon richtig, dass Masao ihr die harten Fakten auf den Tisch knallte, denn sie hatte nun mal ein wenig den Bezug zur Realität verloren. Was er bezüglich Aiko sagte, das traf sie wirklich hart, sie wollte doch nicht, dass Aiko Schaden nahm und sie schluckte unter Tränen. „Vielleicht bin ich einfach keine gute Mutter, Masao… aber ich will lernen, eine gute Mutter für Aiko sein zu können. Allein der Gedanke sie zu verlieren schnürt mir die Luft ab, das würde ich nicht ertragen…“ Als er ihre Hand nahm, atmete Kari tief durch, sie wusste, dass sie Masao das Leben unnötig schwer machte und sie nickte. „Ich werde mich anstrengen, damit ich bald wieder zu Aiko und Keru zurückkann. Tut mir leid, dass ich manchmal so schwierig bin, aber danke, dass du mich nie aufgegeben hast, das bedeutet mir viel.“ Sie lächelte zurück und verbrachte den Rest des Abends damit, noch ein wenig in ihrem Buch niederzuschreiben und Musik zu hören. Sie vermied es Songs von Tai oder Matt zu spielen, weil sie das nur traurig machen würde, stattdessen wählte sie Lieder, die sie an Takeru und sie erinnerten, an die guten Zeiten, die sie gehabt hatten.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Masao sah sie an. „Kari, ich würde nicht einmal sagen, dass du eine schlechte Mama bist..., aber es bringt nichts, wenn ich die Dinge verharmlose, denn die Fakten sind so wie sie sind und du bist ja hier und willst auch was ändern für deine Zukunft mit deiner Tochter und deinen Verlobten, wenn du mit mir arbeitest, dann können wir das alles schaffen. Es ist okay, ja? Niemand hat gesagt, dass es hier einfach wird für dich, es ist eine sehr große Umstellung für dich, aus deinem gewohnten Verhaltensmuster herauszugehen und dich auf Veränderungen einzulassen, aber du willst und versuchst es und das ist es, was am Ende zählt.“ Er lächelte zum Abschied für diesen Abend. „Ich werde dich auch weiter nicht aufgeben, Kari. Wir sehen uns Morgen.“ Damit war er dann auch wieder in sein Büro gegangen, nicht ahnend, was bald passieren würde.[/JUSTIFY]

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