Das Leben danach von KenIchijoji ================================================================================ Kapitel 80: Unerwartetes Geständnis ----------------------------------- Sie atmete tief durch, froh darüber, dass sie ihm das Versprechen abgerungen hatte, sie nicht zu unterbrechen, sonst hätte sie niemals den Mut gehabt, weiterzureden. „Ich weiß, dass das absolut falsch ist, dass ich meinen Bruder so nicht sehen sollte, aber ich konnte es nicht ändern. Wir haben uns damals immer noch ein Zimmer geteilt und wann immer er sich mal vor mir umzog oder so… hat mein Herz angefangen zu rasen wie verrückt. Ich habe mir manchmal vorgestellt, wie es wäre ihn zu küssen, ihn zu berühren… ich habe mir sogar vorgestellt wie es wäre, Sex mit ihm zu haben… Natürlich war mir klar, dass ich niemals mit ihm würde zusammen sein können, wir sind Geschwister und davon abgesehen, dass es verboten ist, wusste ich auch, dass Tai mich immer nur als seine kleine Schwester sehen würde. Zu der Zeit war er ja außerdem mit Sora zusammen, manchmal war ich richtig neidisch auf sie… als sie ihn dann fallen ließ habe ich versucht, Tai näher zu kommen, aber er hat sich immer weiter von mir entfernt und weil ich diese Gefühle nicht anders kompensieren konnte, habe ich was mit Daisuke angefangen, ich dachte, wenn ich meine Gefühle für Tai auf ihn projiziere, dann vergesse ich es vielleicht, aber er war ganz anders als Tai und hat mich misshandelt… In der Zeit nach der Beziehung mit Daisuke warst du die ganze Zeit für mich da Keru… und ich habe begonnen, mich in dich zu verlieben. Die Gefühle für Tai wurden schwächer, aber ich weiß nicht, ob sie vollständig verschwunden sind und das macht mir Angst. Ich will nicht meinen eigenen Bruder lieben, sondern nur dich und unsere kleine Familie. Vielleicht… hat Masao ja eine Idee, wie ich lerne, damit umzugehen und Tai wieder als meinen Bruder zu sehen… es tut mir leid, dass ich es so lange vor dir verheimlicht habe, aber ich habe mich geschämt, ich habe es niemals jemandem gesagt, weder Mum und Dad, noch Tai… und ich denke es war die richtige Entscheidung, dass du es als Erster erfährst.“    Eigentlich hätten sie Aiko morgens bei seiner Mama abgeholt, jedoch hatte sich Matt zuvor gemeldet und gefragt, ob er Aiko über das Wochenende nehmen durfte und das hatten sie ihm natürlich nicht verwehrt. Also würden sie das Wochenende noch haben und in T.K.s Augen war das gut um die Zeit zu nutzen, weiter an der Beziehung zu arbeiten, bevor Aiko sonntags wiederkam und eventuell doch noch was mitbekommen würde, denn das wollte keiner der beiden. T.K. hatte eigentlich gedacht, dass sie nach dem Gespräch morgens jetzt wirklich auf einem sehr, sehr guten Weg waren, jedoch ahnte er nicht im Geringsten, was Kari ihm gleich offenbaren würde, er hatte ein mulmiges Gefühl, als sie ihn zum Gespräch bat und fragte sich, was es noch gab, das er nicht wusste, vor allem, weil sie so unfassbar ernst wirkte, also tat er wie geheißen und setzte sich zu ihr auf das Sofa. Er hörte ihr zu und nickte „Okay, können wir machen, sofern du mir gleich dann auch sagst, was los ist...“, mehr sagte er dazu nicht und so hörte er zu als sie anfing zu erzählen. Im ersten Moment hörte sich das nicht sonderlich schlimm an, dass man sich als Teenager mal richtig verguckte, das war ja nichts Ungewöhnliches und er ging fest davon aus, dass sie damit Davis gemeint hatte. Als sie ihm jedoch offenbarte, dass sie sich in Tai verliebt hatte, als sie 15 war, wäre geschockt für ihn noch ein milder Ausdruck gewesen. Selbst wenn er gewollt hätte, er hätte sie nicht unterbrechen können, weil ihm einfach in dem Moment die Worte dazu gefehlt hätten. Er hatte bei Kari schon vieles erfahren, von dem er überrascht war, aber ausgerechnet das? Je weiter sie erzählte, desto mehr fing er an eine gewisse Art Ekel zu empfinden, vor allem als sie anfing davon zu erzählen, wie sie sich vorstellte, mit ihm zu schlafen, das war ein Punkt, wo er ihr seine Hand entzogen hatte und seine Hände auf seine Ohren gepresst hatte, er wollte das nicht hören müssen…, er wollte nicht hören, wie sie ihm offenbarte, dass sie gerne mit ihrem Bruder Sex gehabt hätte. Das war mehr als er verkraften konnte und verkraften wollte. Natürlich war ihm bewusst, wie schwer diese Situation auch für Kari gewesen sein musste, aber er konnte sich nicht gegen seine Reaktion wehren…, er spürte das Übelkeit in ihm aufkam und er versuchte diesen Brechreiz zu unterdrücken, jetzt ergab zumindest die Beziehung mit Davis Sinn, die niemand verstanden hatte. Nachdem  Kari und T.K. den Tag auf ihre Art und Weise genossen hatten, wäre es eigentlich an der Zeit gewesen, ins Bett zu gehen, da sie am nächsten Morgen Aiko abzuholen wollten, doch Yamato hatte angefragt, ob er die Kleine nicht am Wochenende nehmen könnte, da er seine Nichte ja auch nur selten zu Gesicht bekam. Die beiden hatten zugestimmt und so entschied sich Kari, dass es Zeit war, ihrem Verlobten noch eine unangenehme Wahrheit beizubringen. Sie hatten gemeinsam gekocht und gegessen, ehe sich Kari im Wohnzimmer aufs Sofa setzte. „Keru, kannst du dich mal einen Moment zu mir setzen. Wir… müssen reden.“ Sie wartete ab, bis ihr Verlobter neben ihr saß, ehe sie seufzte. „Ich habe dir vorhin versprochen, dass ich ab jetzt offen und ehrlich sein werde und es gibt etwas in meinem Leben, was mich belastet, seit ich 15 bin, ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll und ich glaube nicht, dass ich es jemals schaffe, das alleine zu lösen, Keru. Deswegen will ich jetzt erst mit dir darüber reden… und dann würde ich dich gern zu Masao mitnehmen, ich glaube, dass ich das nur mit seiner Hilfe schaffen kann, aber ich brauche dich dabei an meiner Seite, sonst fehlt mir die Kraft dazu.“ Sie sah ihn mit festem Blick an und drückte seine Hand. „Das zu erzählen fällt mir unfassbar schwer, deswegen unterbrich mich bitte nicht, okay?“ Sie wartete auf sein okay und schloss dann einen Moment die Augen. „Ich denke jetzt ist eine gute Gelegenheit, weil ich ungern Aiko bei diesem Gespräch in der Nähe haben wollen würde. Als ich 15 war, habe ich mich zum ersten Mal so richtig verliebt, mit Herzklopfen, Träumereien, dem ganzen Mädchenkram eben. Und sollte ein Mädchen dann nicht verdammt glücklich sein? Tja…, irgendwie scheine ich ein Händchen dafür zu haben, mich selbst in Schwierigkeiten zu bringen. Denn… ich habe mich… damals in meinen eigenen Bruder verliebt, Keru…“   Aber es änderte nichts…, er fühlte sich benutzt und jetzt ergab ihre krankhafte Eifersucht auf Mimi zwischendurch auch Sinn und diesen Drang sich an Tai kleben zu wollen und sie hatte es schonmal getan, sie hatte Tai ihm vorgezogen und er begann zu zweifeln, ob er ihr jemals genügt hatte die letzten Jahre, denn so oft hatte sie Tai mehr vertraut als ihm und nun war ihm auch klar warum. Er würde niemals das in ihr auslösen, was Tai in ihr auslöste, ihre Liebe galt nicht ihm alleine, sondern es gab noch jemanden, für den sie Gefühle hegte, die sie eigentlich nur für ihn hegen sollte. All diese Erkenntnisse trafen ihn wie einen harten Faustschlag ins Gesicht und nachdem sie geendet hatte, herrschte minutenlanges Schweigen, denn er brauchte diese Zeit, um die Fähigkeit wieder zu bekommen, überhaupt ein Wort herauszubekommen, jetzt war wirklich der Punkt gekommen, wo er an seinem Zenit angekommen war. Jedes Mal, wenn er dachte es würde besser werden, sie würden das hinkriegen, bekam er wieder auf die Fresse und jetzt konnte er das nicht mehr verpacken. „Die ganze Zeit in den letzten Jahren, in denen ich dachte ich genüge dir nicht, das alles stimmte, denn ich werde dir auch nie genügen, nicht solange er da ist“, ja unbewusst begann er eine Art Hass auf Tai zu entwickeln, dem man keinen Vorwurf machen konnte, denn dieser hatte ja auch niemals geahnt oder ahnen können, dass Kari solche Gefühle für ihren Bruder hegen würde, jedoch war T.K. machtlos gegen diesen Hass, der sich ihn ihm aufbaute und dieser Hass ging in eine gefährliche Richtung, die Kari aber nicht erkennen würde, denn sie schätzte seine Worte harmloser ein, als es ein Psychologe tun würde, was man ihr aber auch nicht zum Vorwurf machen konnte, denn sie war ja nicht psychologisch ausgebildet.   „Solange er da ist, werde ich für immer nur die zweite Wahl sein, nicht mehr als ein Lückenfüller, wenn er dich wieder abweist…, deine unbändige Eifersucht auf Mimi..., dass du dich bei mir ausheulst, sie hätte ihn dir weggenommen...“Ihm liefen Tränen, er war überfordert mit der ganzen Situation, er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte, er spürte alle Emotionen, die es gab auf einmal und das überforderte ihn restlos. Er stand auf und ballte die Fäuste. „Wäre ich damals einfach nach Europa gegangen und dort geblieben..., dann müsste ich mich jetzt nicht mit so einer scheiße herumschlagen...“, als sie ihre Hand erneut nach ihm ausstreckte, machte er einen Satz zurück. „Fass mich bloß nicht an, Hikari“, und länger konnte er seine Übelkeit auch nicht unterdrücken, also rannte er ins Bad und schloss die Tür hinter sich ab und anschließend übergab er sich in die Toilette, was natürlich den Tränenfluss noch mehr förderte, er wischte sich den Mund ab, betätigte die Spülung und sah sich im Spiegel an…, er war ein Versager…, ein Lückenfüller, nichts weiter. Er lehnte sich an die Badezimmerwand und ließ sich auf den Boden herabsinken und starrte die Wand gegenüber an, Karis Worte und ihr Klopfen ignorierte er, ihre Nähe war für ihn jetzt zu viel, das ertrug er nicht. Also begann er sich in seinen Hass zu verrennen, denn er begann Tai die Schuld an dem ganzen Dilemma zu geben…, wäre er nicht da, dann hätte sich seine Hika auch niemals in ihn verlieben können. Kari hatte sich schon darauf eingestellt, dass die Wahrheit T.K. hart treffen würde, aber ihre Vorstellung war weitaus harmloser, als es die Realität letztlich war. Sie konnte ihm den Schock im Gesicht ablesen, aber sie ahnte natürlich nichts von seinen Gedanken, von dem Hass, den er allmählich Tai gegenüber aufbaute, auch nichts von dem Ekel und als er die Hand wegzog, schließlich sich die Ohren zuhielt, schämte Kari sich selbst für ihre Gedanken, hatte teilweise auch selbst Ekel, weil sie sich mit dem Bild ihres Bruders im Kopf befriedigt hatte, aber sie hatte sich entschieden, die Wahrheit zu sagen, denn sie wusste, dass Masao ihr später nur dann würde helfen können. Nachdem sie geendet hatte, dauerte es eine ganze Weile, ehe T.K. endlich etwas sagte, doch was er sagte, dass traf sie schon, auch wenn sie wusste, dass er teilweise Recht hatte, dennoch war sie geschockt. „Aber Keru, es ist doch nie etwas passiert“, sagte sie beschwichtigend. „Und außerdem hat er Mimi und die Kinder, also mach dir keine Sorgen. Du bist keine zweite Wahl, ich habe mich doch in dich verliebt, Keru.“ Ihn weinen zu sehen, das brach ihr fast das Herz, auch als er meinte, er wäre damals besser nach Europa gegangen, schluckte sie. „Aber Keru…“, sie wollte seine Hand greifen, doch er wich vor ihr zurück und als er sie beim vollen Namen ansprach spürte sie, wie die ersten Tränen sich auch den Weg über ihre Wangen suchten. „T.K., warte doch!“ Sie sprang auf und lief ihm hinterher, doch es war zu spät, er hatte sich eingeschlossen und kurze Zeit später hörte sie bereits die Würgegeräusche, er übergab sich mehrfach und dann hörte sie die Spülung gehen. Immer wieder hämmerte sie gegen die Türe. „Keru… KERU!!! Mach die Türe auf verdammt, wir können doch über alles reden… bitte…“, doch es half nichts, er ignorierte sie weiterhin und es war auch nichts mehr zu hören. Kari wurde Angst und Bang, jetzt wünschte sie sich sehnsüchtig, dass Gatomon oder Patamon noch da wären, so wie damals… „Keru…“, flüsterte sie leise, doch dann traf sie einen Entschluss. In dem Zustand würde sie mit T.K. sowieso nicht weit kommen, also ging sie ins Wohnzimmer zurück und wählte schweren Herzens Masaos Nummer. „Hallo Masao, entschuldige, wenn ich dich in deinem Feierabend störe… Hör zu, Keru und ich hatten gerade eben ein ernstes Gespräch… aber irgendwie ist das gehörig nach hinten losgegangen… Keru hat sich im Bad eingeschlossen und sich übergeben, er ist total fertig, ich weiß nicht mehr, was ich machen soll…“ Sie war erleichtert, als er sofort zusagte, vorbei zu kommen und eine halbe Stunde später ließ sie Masao in den Flur ihres Häuschens eintreten. „Aiko ist bei Yamato, er wollte sie gern dieses Wochenende zu sich nehmen, um sie brauche ich mir also keine Sorgen zu machen, aber ich weiß nicht, wie ich T.K. helfen soll, er ignoriert mich vollkommen.“ Sie seufzte, noch wusste Masao ja auch nicht, was überhaupt vorgefallen war.    T.K. wollte Karis Worte einfach nicht mehr hören und auch dass sie versuchte zu beschwichtigen, machte es nicht besser. Klar, Tai war verheiratet und hatte Kinder, aber was änderte das denn? Sie war nur mit ihm zusammen, weil sie Tai nicht haben konnte und versuchte es so zu drehen, als hätte sie sich ihrer Gefühle wegen für ihn entschieden, aber das stimmte nicht, sobald es einen Funken Hoffnung gab für sie und Tai, da würde sie ihn fallen lassen, nur leider war er der Idiot gewesen, der es zugelassen hatte, dass er sich in Hika verliebt hatte und damit hatte sein persönliches Verderben begonnen. Sobald er also im Bad angekommen war, hatte er Karis Rufe und Bitten ignoriert, er wollte einfach nur noch alleine sein, nichts hören und nichts sehen und vor allem wünschte er sich, er würde einfach nichts mehr fühlen oder Tai würde weg vom Fenster sein, damit seine Beziehung nicht weiter gefährdet werden würde, Mimi und die Kinder blendete er gerade komplett aus. Erst wenn Tai nicht mehr da war, war die Gefahr gebannt und dieser Entschluss reifte immer mehr in ihm. Masao hatte eine gerade seine Schicht beendet und war auf dem Weg zum Auto, als der Anruf reinkam und nach ihrer Schilderung machte er sich auch sofort auf den Weg zu dem Haus von den beiden, denn so wie es klang war es wirklich richtig eskaliert, obwohl es bisher besser lief als die Monate davor. Bei Kari angekommen nickte er. „Ja ich weiß, er freut sich richtig auf die Zeit mit ihr, aber jetzt müssen wir erstmal zusehen, wie wir die Kuh hier vom Eis kriegen.“ Im Flur öffnete er seine Arzttasche und zog ein Mittel auf einer Spritze auf und nahm noch eine Tablette in die Hand. „So, die Spritze ist zur Beruhigung, damit er für kurze Zeit runterfährt und die Tablette beruhigt seinen Magen, damit dieser Brechreiz aufhört. Anscheinend ist es bei ihm psychosomatisch, Dinge, die im Kopf nicht verarbeitet werden können, äußern sich dann in körperlichen Symptomen wie zum Beispiel Erbrechen, Magenkrämpfe oder auch Kopfschmerzen und das scheint mir gerade definitiv der Fall zu sein bei T.K. und danach will ich wissen, was genau vorgefallen ist, dass er so eine heftige Reaktion zeigt.“ Also begab er sich mit Kari zur Badezimmertür und klopfte an. „T.K.? Ich bin es, Masao..., komm bitte raus da, was auch immer passiert ist, wir kriegen das schon irgendwie geregelt, dich jetzt einzuschließen bringt nichts und ist in deiner körperlichen Verfassung auch gefährlich. Wenn du schon nicht mit Kari interagieren willst, dann wenigstens mit mir… und denk an Aiko, was hat sie davon, wenn sie heimkommt und ihr Papa kann nicht bei ihr sein, weil ihm was passiert ist?“ Masaos Worte schienen tatsächlich zu wirken, denn einige Zeit später hörte das Umdrehen des Schlüssels.   T.K. hatte Masaos Worte natürlich wahrgenommen, aber er wollte nicht hier raus aus seiner Schutzzone, hier konnte ihm keiner wehtun. Lange Zeit haderte er mit sich, aber schließlich bewegte die Aussage über Aiko ihn dazu, die Tür zumindest aufzuschließen, er hoffte nur, dass Masao ihn nicht belogen hatte. Dieser bedeutete Kari mit einer Geste an, im Wohnzimmer zu warten, denn wenn sie jetzt mit reinstürmte, würde sich alles vermutlich nur verschärfen, danach betrat er langsam das Badezimmer und hockte sich vor T.K. hin. „Ich würde dir gerne etwas zur Beruhigung geben und gegen diesen Brechreiz, ist das in Ordnung für dich?“ nach T.K.s stummen, wenn auch zögerlichem, Nicken setzte er also die Spritze an und spritzte ihm das leichte Beruhigungsmittel, ehe er ihm mit ‘nem Glas  Wasser die Tablette gab, die T.K. auch brav schluckte. Danach zog er den jungen Mann vorsichtig hoch auf die Beine und verfrachtete ihn ins Wohnzimmer auf einen der beiden Sessel. T.K. ließ es widerwillig mit sich machen, im jetzigen Zustand konnte er gegen Masao sowieso nicht angehen, jedoch vermied er es Kari anzusehen, das konnte er gerade nicht, als stützte er das Gesicht in die Hände und schloss die Augen, um nochmals irgendwie Ruhe zu finden. Masao atmete tief durch und klopfte T.K. kurz die Schulter. „Okay, das haben wir schonmal geschafft“, danach sah Masao zu Kari. „Also, dann erzähl mir bitte, was passiert ist und du weißt, ich brauche jedes Detail, um vernünftig damit arbeiten zu können“, was sie ihm dann da allerdings gleich offenbarte, würde sogar ihn etwas umhauen. Auch wenn Kari nicht in seinen Kopf schauen konnte, so ahnte sie nach T.K.s Reaktion dennoch, dass sie handeln musste und das besser früher als später. Masao willigte Gott sei Dank direkt ein, vorbei zu kommen und den Arzt vor sich stehen zu haben erleichterte sie ungemein. Als er meinte, sie müssten die Kuh vom Eis kriegen, seufzte sie. „Ich hatte gedacht, ich würde einmal das Richtige tun, aber scheinbar ist es egal, wie ich die Dinge anstelle, ich mache es immer nur schlimmer.“ Sie sah dabei zu, wie er eine Spritze aufzog und ein Blister mit Tabletten hervorholte. Schweigend hörte sie ihm zu und nickte. „Das kann ganz schön übel werden, eine Klassenkameradin in der Schule damals hatte so schlimme Prüfungsangst, dass sie sich auch immer übergeben musste. Aber ich vertraue dir, dass du weißt, was zu tun ist, ich war einfach mit der Situation überfordert“, gab Kari ehrlich zu, ehe sie zur Seite trat, damit Masao zum Badezimmer gehen konnte. Mit seinen Worten, besonders in Bezug auf Aiko schien er ihn zu kriegen und Kari war erleichtert, ließ sich auch ohne zu murren ins Wohnzimmer schicken und wartete dort, bis Masao nach einigen Minuten mit T.K. im Schlepptau wieder ins Wohnzimmer kam, den er stützte und schließlich in den Sessel beförderte. Der Braunhaarigen entging nicht, dass ihr Verlobter jeden Blick auf sie mied und es versetzte ihr wirklich einen heftigen Stich, aber da würde sie wohl durchmüssen. Sie sah zu Masao, er sich auf die Couch gesetzt hatte und nickte dann. „Das war sowieso ein Thema, weswegen ich mit dir noch sprechen wollte, also machen wir es jetzt kurz und schmerzlos.“ Sie atmete tief durch und erzählte dann noch einmal das, was sie T.K. eine gute Stunde zuvor ebenfalls berichtet hatte. „Ich dachte, heute wäre eine gute Gelegenheit, es Keru zu erzählen, weil ich ungern Aiko bei diesem Gespräch in der Nähe haben wollte. Ich habe ihm erzählt, dass ich, als ich 15 war, mich zum ersten Mal so richtig verliebt hatte, mit Herzklopfen, Träumereien, dem ganzen Mädchenkram eben. Irgendwie scheine ich wohl ein Händchen dafür zu haben, mich selbst in Schwierigkeiten zu bringen, Masao… denn die Person, in die ich mich verliebt hatte… war mein Bruder Tai. Ich wusste schon damals und weiß auch heute immer noch, dass das absolut falsch ist, dass ich meinen Bruder nicht auf diese Weise lieben sollte, aber ich konnte es nicht ändern. Wir haben uns damals immer noch ein Zimmer geteilt und wann immer er sich mal vor mir umzog oder so… hat mein Herz angefangen zu rasen wie verrückt. Ich habe mir manchmal vorgestellt, wie es wäre ihn zu küssen, ihn zu berühren… ich habe mir sogar vorgestellt wie es wäre, Sex mit ihm zu haben und… Dass T.K. das nicht hören wollte, war mir klar, er hat sich dann die Hände vor die Ohren gehalten, aber ich musste es einfach aussprechen, ich habe ihm versprochen, ihn nicht mehr anzulügen.“   Sie machte eine kurze Atempause, dankbar dafür, dass T.K. sich grad nicht bewegen konnte, und fuhr dann fort. „Natürlich war mir klar, dass ich niemals mit ihm würde zusammen sein können, wir sind Geschwister und davon abgesehen, dass es verboten ist, wusste ich auch, dass Tai mich immer nur als seine kleine Schwester sehen würde. Zu der Zeit war er ja außerdem mit Sora zusammen, manchmal war ich richtig neidisch auf sie… als sie ihn dann fallen ließ, habe ich versucht, Tai näher zu kommen, aber er hat sich immer weiter von mir entfernt und weil ich diese Gefühle nicht anders kompensieren konnte, habe ich das mit Daisuke angefangen. Ich dachte, wenn ich meine Gefühle für Tai auf ihn projiziere, dann vergesse ich es vielleicht, aber er war ganz anders als Tai und wie das geendet ist, wissen wir alle… In der Zeit nach der Beziehung mit Daisuke war Keru die ganze Zeit für mich da und ich habe begonnen, mich in ihn zu verlieben. Die Gefühle für Tai wurden schwächer, aber ich weiß nicht, ob sie vollständig verschwunden sind und das macht mir Angst. Ich will nicht meinen eigenen Bruder lieben, sondern nur Keru und unsere kleine Familie… Ich habe ihm dann gesagt, dass ich gern mit dir darüber sprechen wollen würde, weil ich hoffe, dass du mir vielleicht dabei helfen kannst, mit diesen Gefühlen besser umzugehen, damit ich Tai wieder einfach als meinen großen Bruder sehen kann… ich hab mich so geschämt, dass ich es immer für mich behalten habe, Takeru gegenüber habe ich es vorhin zum ersten Mal ausgesprochen.  Natürlich war er geschockt, ich kann es ihm nicht verübeln… eine ganze Weile hat er erst mal gar nichts gesagt, aber dann meinte er, die ganze Zeit in den letzten Jahren in denen er dachte er genüge mir nicht würden stimmen, dass er mir auch nie genügen würde, nicht solange er, also Tai, da wäre Er sagte, dass, solange mein Bruder da wäre, würde Keru für mich immer nur die zweite Wahl sein...nicht mehr als ein Lückenfüller wenn Tai mich wieder abweist... und dass meine unbändige Eifersucht auf Mimi davon käme und ich mich deswegen immer bei ihm ausheulen würde, dass sie mir Tai weggenommen hätte.“   Sie sah Masao an, seufzte leicht. „Zum Schluss meinte er noch, dass, wenn er damals nach Europa gegangen und dageblieben wäre, er sich jetzt nicht mit dieser Scheiße rumschlagen müsste… danach wollte ich ihn beruhigen und er meinte noch ‚Fass mich bloß nicht an Hikari‘, bevor er ins Bad gerannt ist, sich eingeschlossen hat und sich erbrechen musste. Jetzt weißt du alles, ich hätte das gern unter anderen Umständen vernünftig in einer Therapiesitzung angesprochen, aber ich denke, dass sich das jetzt wohl erledigt hat“, meinte sie und warf einen Seitenblick auf Takeru, der aussah, als hätte man ihn gequält und ausgepeitscht.   Masao hörte Kari genau zu, als sie anfing erzählen, jedoch nahm er bei T.K. eine Regung wahr, sobald auch nur das Wort ‚Tai‘ fiel und Masao wusste genau wie er diese Körperhaltung deuten musste und das verhieß nichts Gutes, aber das würde er später erklären. Was Kari ihm erzählte haute ihn doch etwas aus den Socken, aber jetzt ergaben ihre ganzen Handlungen Sinn und Masao versuchte Kari das Ganze jetzt verständlich zu machen. „Erst einmal finde ich es sehr gut, dass du von alleine versuchst die Wahrheit zu sagen, das zeigt mir, dass die Therapieansätze langsam ihre Wirkung zeigen und wir eine Chance haben, aus diesem Teufelskreis herauszukommen. Dass du solche Gefühle für deinen Bruder hast, das hat mich doch sehr verwundert, aber es erklärt auch so einiges. Ich denke, diese Gefühle sind noch immer nicht ganz weg…, denn sonst hättest du auf Mimi nicht so aggressiv reagiert, wenn es um Tai ging, das du diese Gefühle überhaupt entwickelt hast, kann viele Ursachen gehabt haben, welche es letztlich genau war, das lässt sich nur spekulieren, ich denke aber, weil er immer deine männliche Bezugsperson war und dir nah war, ohne dich zu verletzen und da kann man solche Gefühle entwickeln, in dem Moment setzt dein Verstand aus und du vergisst, dass er dein Bruder ist und dann handelst du, wie ein verliebter Teenager eben handelt, nur kommt dann immer wieder die Erkenntnis, dass du das eigentlich nicht fühlen darfst, weil es dein Bruder ist und dadurch entsteht ein innerer Konflikt, dein Körper will diesen Menschen so nah wie möglich spüren, aber dein Verstand bremst dich und sagt: Vergiss es, du darfst das nicht, und das erzeugt unheimlich viel Frust und zudem musstest du das ja geheim halten, du hast damals noch keine Gefühle für T.K. entwickelt, weil er nicht dein Bruder war, das Idealbild eines Mannes war das deines Bruders und dein Exfreund hat nach außen hin diesem Idealbild entsprochen.. Ich vermute mal, dass du gedacht hast, dass du bei ihm deine Liebe zu Tai ausleben kannst, zwar nicht optimal, aber besser als nichts…, bis du feststellen musstest, dass er absolut nicht wie dein Bruder war und dein Bruder hatte sich nach der Beziehung mit Sora ja immer weiter von allen isoliert.“   Er mache eine kurze Pause. „T.K. war aber bei dir und du hast in ihm Halt gefunden und natürlich auch Gefühle entwickelt, was nicht so kompliziert war, denn Gefühle für den besten Freund zu haben ist absolut in Ordnung und vor allem nicht verboten, jedoch habt ihr beide euch eure Gefühle ja erst gestanden, als Tai seine Gefühle Mimi gestanden hatte und das macht es schwierig, natürlich meinst du die Gefühle ernst für T.K., aber im Nachhinein wirkt es natürlich komisch, dass du T.K. ausgerechnet dann sagst, dass du ihn liebst, nachdem Tai wieder neu vergeben war, aber da kann man dir keinen Vorwurf machen, das hast du ja nicht bewusst getan. Danach hast du immer wieder Gemeinsamkeiten gesucht zwischen T.K. und deinem Bruder, du hast sogar versucht, T.K. so zu verändern, dass er mehr wie dein Bruder ist, aber das hat nicht geklappt, weil T.K. sich nicht hat verbiegen lassen und meistens gab es nach diesen Situationen Streit zwischen euch oder nachdem dir nicht gepasst hat, dass Tai Mimi dir vorgezogen hat und T.K. da nichts schlimmes dran gesehen hat, T.K. hat dir sich selbst gegeben, aber du wolltest ihn lieber so und so haben, das hat eurer Beziehung sehr geschadet. Weißt du Kari, ich kann dich verstehen, mit solchen Gefühlen umzugehen ist wahnsinnig schwierig, aber du musst auch die Sichtweise deines Verlobten verstehen. Nehmen wir mal an, er hätte eine Schwester und die würde er andauernd dir vorziehen, wie würdest du dich dann fühlen? Bestimmt auch nicht so toll, man beginnt zu zweifeln, ob man dem Partner nicht genügt, was macht man falsch, tut man zu wenig für die Beziehung? Du hast ihn immer als Spielball deiner Launen genommen, wenn du sauer auf Tai warst, dann war T.K. deine Nummer eins, sobald du und Tai euch wieder angenähert habt, das hat man besonders gemerkt, als Tai bei Shihito in der Therapie war, war bei dir und T.K. viel Ärger in der Luft, weil du nur an deinem Bruder gehangen hast und Aiko damit reingezogen, dann hat es geknallt, T.K. stellte dich vor die Wahl und du bist abgehauen, um zu deinem Bruder zu rennen, das macht vieles mit einem. Und dass du ihm das jetzt offenbarst, das du nie nur T.K. geliebt hast, sondern zum gleichen Zeitpunkt auch immer noch etwas deinen Bruder, macht es nicht einfacher. Man hinterfragt die Beziehung und fühlt sich in seinen Zweifeln bestätigt...und ich habe die Befürchtung, dass es schlimmer wird, wenn wir jetzt nichts tun. Dass er sagt, dass er dir erst genügt, wenn Tai nicht mehr da ist, das ist gefährlich..., seine Psyche trickst ihn aus und will ihn dazu verleiten, das Problem, das die Beziehung stört, zu beseitigen...und du weißt, was das bedeutet und er kann sich dagegen nicht wehren, man baut immensen Hass auf und dabei weiß Tai ja nicht einmal etwas von deinen Gefühlen.“   Er rieb sich kurz das Kinn und sah sie dann wieder an. „Du musst es auch Tai und Mimi sagen, Kari. Ich weiß, dass du das eigentlich nicht willst, aber Mimi findet eher einen Zugang zu T.K. als ich es kann und dazu muss sie Bescheid wissen, was los ist. Ich will nicht irgendwann in die Situation kommen, dass T.K. vermutlich noch versucht, Tai wirklich zu beseitigen, zudem musst du dich unbedingt von deinem Bruder fernhalten, solange wir diese Gefühle nicht im Griff haben, natürlich wirst du es ihm persönlich sagen, aber danach möchte ich, dass du seine Gegenwart und sonstiges meidest, denn sonst“, er deutete auf T.K., „kann es durchaus passieren, dass seine Eifersucht und Wut mit ihm durchgeht und er sich nicht mehr unter Kontrolle hat, seine Körperhaltung, sobald der Name deines Bruders fällt, ist äußerst aggressiv.“   Auch der jungen Frau entging nicht, dass Takeru sich total verkrampfte, als der Name Tai fiel und nachdem sie zu Ende berichtet hatte, ließ sie Masao das Gesagte erst mal auseinandernehmen. „Mich wundert es nicht, dass du davon nichts geahnt hast, ich hab mir alle Mühe gegeben, es zu verheimlichen… ich weiß ja selbst, dass ich so nicht fühlen sollte, aber es ist so schwierig dagegen anzukämpfen, wie du schon sagtest, es baut sich ein innerer Konflikt auf und man kämpft die ganze Zeit immer nur gegen sich selbst, manchmal war der Druck so groß… dass ich mich hin und wieder auch selbst verletzt habe, um irgendwie damit umgehen zu können… da ich mich aber nicht an den Armen, sondern an den Oberschenkeln geschnitten habe, ist es damals keinem aufgefallen und heute sind die Narben so blass, dass nicht mal Keru sie bemerkt hat.“ Eine weitere Beichte, die sicherlich auch einen Teil ihrer Depressionen erklärte. Als sie über den Zeitpunkt des Geständnisses sprachen, seufzte Kari leicht. „Im Grunde ist es an diesem Abend nur passiert, weil sich T.K. verplappert hatte, ich war schon eine ganze Weile in ihn verliebt, aber ich hatte nie das Gefühl, dass er mich als Frau sieht, ich war immer nur seine beste Freundin… eher wie eine kleine Schwester… ironischerweise… Aber klar kann ich mir vorstellen, dass das vielleicht im Zuge dessen, was ich ihm heute erzählt habe, anders wirkt, als es in Wirklichkeit war…“ Sie stützte den Kopf in ihre Handflächen, warum musste immer alles so kompliziert sein?   „Ich weiß, dass ich unserer Beziehung eine ganze Zeit lang sehr großen Schaden zugefügt habe… und bitte glaub nicht, dass ich ein Eisklotz bin und mir nicht vorstellen kann, wie schlimm das für T.K. sein muss zu wissen, dass ich in einen anderen Mann verliebt bin, während ich auch ihn liebe… ich wollte doch nicht, dass er deswegen an sich selbst zweifelt, er kann doch nichts dafür und es war auch nie meine Absicht, mit ihm zu spielen… ich glaube einfach, dass ich mich selbst überschätzt habe und mir viel früher hätte Hilfe suchen müssen. Damals, als ich mit Aiko schwanger war… ich habe wirklich mehrfach mit dem Gedanken gespielt, mich einfach umzubringen, damit es einfach aufhört… ich stand einmal schon auf der Rainbow Bridge und war fest entschlossen einfach zu springen…“ Sie atmete tief durch, als jedoch Masao auf das einging, was Takeru zuvor gesagt hatte, zuckte sie zusammen. „Du glaubst wirklich, dass er Tai was antun würde? Oh Gott…“, dann schüttelte sie jedoch den Kopf. „Ich wollte so oder so, dass Tai und Mimi es erfahren… ich will mich nicht länger verstellen müssen und ich habe gemerkt, dass manche Dinge einfacher werden, wenn man sie ausspricht und mit jemandem teilt. Ob ich es jetzt oder später mache, spielt dann auch keine Rolle mehr… danach werde ich mich von Tai fernhalten… aber ich denke, dass das nicht nötig sein wird, er wird mir vorerst sicher eh aus dem Weg gehen von sich aus. Ich hoffe, dass Mimi Keru dabei helfen kann, damit klarzukommen, während wir uns überlegen, wie ich diese Gefühle loswerde…“  Sie deutete auf Takeru. „Was machen wir vorerst mit ihm? Ich habe Angst, dass er was Unüberlegtes tut, sobald das Beruhigungsmittel nachlässt, Masao… wir sollten das Gespräch mit Tai und Mimi so schnell wie möglich hinter uns bringen, damit wir danach überlegen können, wie es weitergeht…“   Masao hörte ihr erst wieder zu, bevor antwortete, so langsam schien sie anzufangen zu begreifen, was das Ausmaß von Ehrlichkeit auch bedeuten konnte. „Mit 15 kann man das auch noch nicht wirklich bewältigen, das ist ja keine alltägliche Situation und das man mit sowas nicht hausieren geht ist ja auch klar, von daher versucht man das irgendwie selber zu kompensieren und das hast du dann irgendwann durch selbstverletzendes Verhalten getan. Ich hoffe nur, dass du das mittlerweile überwunden hast, ansonsten werden wir auch da nochmal ansetzen müssen, aber wenn die Narben soweit verblasst sind ist das auch gut, dann hast du nämlich nie tief geschnitten.“ So langsam setzte sich das ganze Puzzle immer weiter zusammen und es wurde immer klarer, was zu Karis Verhalten geführt hatte. „Den Zeitpunkt können wir jetzt nicht mehr ändern, ich denke auch wenn du deine Gefühle für T.K. nie zugelassen hättest, würden deine Gefühle für deinen Bruder überhandnehmen und du wärst unglücklich verliebt, klingt zwar merkwürdig, aber deine Gefühle für deinen Verlobten haben dich davor bewahrt, an Liebeskummer zugrunde zu gehen. Ich denke das du es auch verstehst, aufgrund eurer Beziehungsvorgeschichte ist das natürlich sehr ungünstig, aber nicht mehr zu ändern, der Vorteil ist, dass dir bewusst ist, dass diese Gefühle für deinen Bruder absolut falsch sind und du das ja auch gar nicht mehr fühlen willst, das hilft uns sie quasi auszumerzen, du wirst in der Lage sein, dich voll und ganz auf deine Gefühle für T.K. zu konzentrieren und für Tai irgendwann keine falsche Liebe mehr zu empfinden, das ist auch das Ziel dieser Therapie, deine Gefühle in die richtige Richtung zu lenken und deine Beziehung zu deinem Verlobten zu stabilisieren.“ Er atmete tief durch. „Ich bin froh, dass du dich nicht umgebracht hast Kari...und ja, T.K. würde es, wenn er dazu in der Lage wäre. Eifersucht und Hass treiben Menschen zu Taten, zu denen sie sonst niemals fähig wären, mit dem Beruhigungsmittel halten wir ihn gut in Schach, aber je eher desto besser, das du Mimi und Tai reinen Wein einschenkst, ich möchte dann nämlich mit euch beiden ein Gespräch führen, also mit Tai und dir, und Mimi wird bestimmt mit T.K. reden, ihr gegenüber wird er keinen Groll hegen, aber wir sollten ihn und T.K. nicht zu lange in einen Raum lassen, ich kann nicht einschätzen, wie zurechnungsfähig dein Verlobter in dem Moment sein wird, Tai ist für ihn jetzt das, was Mimi die ganze Zeit für dich war, ein Störfaktor, nur ist es bei T.K. leider gerade auf einer sehr gefährlichen Art und Weise. Ich werde Mimi gleich anrufen und uns ankündigen, T.K. kriegen wir da schon irgendwie hin, ist das für dich in Ordnung?“   Kari sah Masao fest an. „Ich hatte nie vor, mich mit dem Schneiden irgendwie umzubringen, es war einfach nur so, dass dieser Druck, der auf mir lastete, dadurch für eine Weile nachließ, deswegen waren die Schnitte auch nie besonders tief. Ich habe nur eine größere Narbe, als ich mal abgerutscht bin, aber ich hatte Keru erzählt, dass ich mich da beim Rasieren blöd geschnitten hatte, ist bei Frauen ja nicht ungewöhnlich, dass sie sich an den Oberschenkeln rasieren. Ab und an überkommt es mich noch mal... ich muss ehrlich gestehen, dass ich es wieder getan hatte, als Keru im Koma lag. Vielleicht sollten wir darüber also auch noch mal sprechen, damit ich weiß, wie ich diesen Druck anders kompensieren kann.“ Sie sah ihren Therapeuten an und sie wusste, dass er recht hatte, sie wäre an ihrer Liebe zu Tai auf jeden Fall zu Grunde gegangen, besonders nachdem sie von Daisuke für ihr Vertrauen in ihn so schamlos ausgenutzt und missbraucht wurde. Sie nickte leicht, als Masao weitersprach. „Natürlich weiß ich, dass ich diese Gefühle für Tai nicht haben sollte, er ist doch mein Bruder… der Mensch zu dem ich immer aufgeschaut habe und ich wusste, hätte Tai damals von meinen Gefühlen erfahren, er hätte mich sicherlich verachtet und mich noch mehr von sich geschoben… das hätte ich nicht ausgehalten“, sagte sie ehrlich und nickte dann erneut. „Mir ist es wirklich ernst mit Takeru, ich will mit ihm alt werden, mit ihm gemeinsam Aiko großziehen und irgendwann vielleicht auch noch ein Geschwisterchen für sie in die Welt setzen. Aber ich weiß, dass das aktuell nicht geht, Keru und ich haben vorhin auch über langfristige Verhütung gesprochen und dass wir zusammen zu meiner Gynäkologin gehen werden.“ Als Masao meinte, er wäre froh, dass Kari sich nicht umgebracht hatte, atmete sie ebenfalls tief durch. „Im Endeffekt hätte ich zwar mich aus der ganzen Sache rausgezogen damit, aber sicher hätte ich damit nur noch mehr Unglück über mein Umfeld gebracht…, also besser, wenn wir das jetzt ein für alle Mal aus der Welt schaffen, damit Keru und ich endlich eine Basis für unsere Beziehung haben. Ich habe so lange um ihn kämpfen müssen, ich will das alles nicht aufgeben müssen jetzt. Je eher wir Mimi und Tai reinen Wein einschenken, desto besser. Ich habe lange genug geschwiegen.“ Sie nickte erneut. „Ruf Mimi an, ist in Ordnung…, aber ich hätte eine Bitte…, könntest du den beiden alles sagen? Ich schaffe es nicht, dass alles noch ein drittes Mal zu sagen, dazu fehlt mir einfach die Kraft.“ Sie war die ganze Zeit schon den Tränen nahe gewesen, die nun stumm über ihre Wangen rollten, sie wollte, dass dieser Albtraum endlich aufhörte und sie ihr Glück finden würde.   Masao sah sie an und irgendwie hätte er das ja ahnen müssen, aber er war nicht davon ausgegangen, dass sie sich vor kurzem wieder selbst verletzt hatte, also würden sie auch daran noch arbeiten müssen. „Ja, er lässt eine Weile nach, aber kommt dann meist umso schlimmer zurück, das ist wie bei Leuten, die den Schmerz mit Alkohol unterdrücken wollen, lässt es nach, wird es nur noch schlimmer, wir werden Wege erarbeiten, die du nutzen kannst, ohne dich und andere zu verletzen, wenn dir mal alles über den Kopf wächst. Und du würdest nicht glauben, wie viele Liebesbeziehungen es unter Familienmitgliedern gibt, aber sowas darf nicht sein, es hat seinen Grund, warum Inzest verboten ist, denn wenn diese Paare Kinder bekommen, ist das Risiko für die Entstehung einer Behinderung oder die Weitergabe von Erbkrankheiten deutlich erhöht, da bei Verwandten in gerader Blutlinie, wie es bei Geschwistern der Fall ist, sich die Gene zu stark ähneln. Ich denke dein Bruder wäre in dem Alter selbst damit überfordert gewesen, er kam ja kaum mit sich selbst zurecht und dann das noch dazu wäre für euch beide zu viel gewesen. Ich glaube dir, dass es dir ernst ist mit T.K. und ich finde es gut, dass ihr weiter verhüten wollt, denn jetzt ein zweites Kind zu bekommen wäre in eurer Situation wirklich ein Worst-Case-Szenario, aber sobald eure Beziehung auf einem gesunden Stand ist und das über längere Zeit und es euch beiden psychisch gut geht und Aiko ebenfalls gut drauf ist, dann könnt ihr anfangen darüber nachzudenken, vorher besser nicht.“ Er seufzte tief. „Mit deinem Tod hättest du T.K. mit in den Tod gerissen, eure ganze kleine Familie wäre dann nicht existent, deswegen bin ich froh darüber, dass du dich dazu entschieden hast zu mir zu kommen, statt dich von einer Brücke zu stürzen und ja, ich kann das Aufklären übernehmen, aber du wirst nicht drum herumkommen, dann trotzdem zu reden, wenn Tai oder Mimi dich ansprechen, weil alles abnehmen kann ich dir auch nicht, aber wir bekommen das schon hin, immer positiv denken.“ Er griff also zu seinem Handy und rief Mimi so lange an, bis sie an ihr Telefon ging. „Mim? Ich muss mit T.K. und Kari dringen bei euch vorbeikommen, es gibt einiges, was geklärt und gebeichtet werden muss und das kann definitiv nicht warten, sonst wird T.K. noch den Verstand verlieren“, nachdem Mimi zugesagt hatte, stand Masao auf. „Okay, mach dich fertig Kari, wir können gleich sofort los.“   Kari nickte leicht, sie verstand schon, worauf Masao hinauswollte und sie war wirklich froh, wenn sie das endlich im Griff hatte und nicht mehr zur Klinge greifen musste, wie sollte sie das auch ihrer Tochter später erklären, wenn diese älter wurde und das mitbekam? „Dass es so gefährlich ist, wenn Geschwister beim Sex ein Kind zeugen weiß ich, das lernt man doch sogar in der Schule, ein Grund mehr, dass ich, auch wenn ich manchmal mir das vorgestellt habe, sicher war, dass es niemals so weit kommen darf. Im Grunde genommen ist es doch gut, dass Tai nie etwas wusste und ich sicher sein kann, dass er keine ähnlichen Gefühle für mich hegt, das würde alles nur noch komplizierter machen, als es das eh schon ist.“ Auf das Thema Kind nickte sie nur, sie war teilweise mit Aiko schon überfordert, da würde sie wohl kaum noch ein zweites Kind nun zeugen. Ihr war auch bewusst, dass ihr Tod eine Tragödie bedeutet hätte. Dankbar lächelte sie Masao an, als dieser zustimmte, die Aufklärung zu übernehmen. „Das hilft mir schon sehr, natürlich weiß ich, dass ich auf die Fragen selbst antworten muss, das werde ich auch tun. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mir weniger um Mimis Reaktion Sorgen mache, sondern eher um die von Tai. Erst verschweigt ihm Matt 15 Jahre lang, dass er in ihn verschossen war und jetzt komm ich nach über 10 Jahren mit der gleichen Story…“ Während Masao mit Mimi telefonierte, rieb sich Kari leicht die Stirn, sie bekam Kopfschmerzen von all dem Theater, aber sie musste da jetzt durch, ob sie wollte oder nicht. Als er aufgelegt hatte und meinte, sie solle sich fertig machen, nickte sie. „Hast du vielleicht was gegen Kopfschmerzen dabei? Ich glaube, das ist alles zu viel für mich“, meinte sie und ließ sich von Masao eine stärker dosierte Tablette geben, ehe sie sich umzog und ihm dann half, Takeru einigermaßen ausgehfertig zu machen. Sie sah auch, dass Masao ihm nochmal ein wenig Beruhigungsmittel spritzte, zwar in geringer Dosis, damit er sich an der Konversation beteiligen konnte, aber genug, um ihn davon abzuhalten, Tai an die Kehle zu springen. Danach schafften sie T.K. auf den Rücksitz, Kari setzte sich ans Steuer und sie fuhren in Richtung Tai und Mimi.   Nachdem sie also besprochen hatten, was Inzest-Sex für Folgen haben konnte und die Erkenntnis, dass Geschwisterliebe auf romantischer Ebene falsch war, hatte Masao irgendwann Mimi erreicht und sie konnten sich fertig für den Aufbruch machen. „Das ist eine gesunde Einstellung zum Thema zweitem Kind Kari, behalte das auch bitte erst einmal so bei. Und naja, bei Matt war das noch mal was anderes, du stehst deinem Bruder viel näher als Matt es tut, aber das müssen wir jetzt nicht diskutieren, konzentrieren wir uns hier auf das Wesentliche, ich kann aber nicht einschätzen, wie die beiden darauf reagieren, mit sowas konfrontiert zu werden ist sehr ungewöhnlich.“ Also machten sie sich fertig und Masao hatte Kari noch eine Kopfschmerztablette gegeben, bevor er T.K. noch etwas Beruhigungsmittel spritzte, damit dieser nicht gleich direkt Tai an den Hals springen würde. Nachdem sie T.K. in das Auto verfrachtet hatten, begaben sie sich also auf den Weg zur Beichtrunde Nummer drei, hoffentlich dann auch die letzte Runde der Beichten.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)