Das Beta-Guard Projekt von Yomiuri (Die Vorgeschichte der Alphas) ================================================================================ Kapitel 12: Nächtliche Begegnungen mit einem Zeitreisenden ---------------------------------------------------------- Nachdem ich das Gebäude verlassen habe, schnalle ich mir meinen Rucksack wieder über die Schultern und laufe zum Campus zurück. Es ist stockfinster und kühl. Licht spenden nur alle paar Meter die hohen Straßenlaternen, die unheilvoll über mir aufragen. Ich grübele darüber nach, wie ich Sam beibringe, dass ich es heute nicht durchziehen konnte, während ich über die verlassenen Wege zurück zu meinem Wohnheim laufe. Weit und breit ist kein anderer Mensch zu sehen, die Wiese, auf der sich sonst Studenten sonnen, ist leer. Ich sehe mich nochmal nach dem Institut um und kann gerade noch sehen, wie Erin das Licht ausschaltet und das Fenster schließt. Mist, hätte ich mich vielleicht doch noch in der Nähe rumdrücken sollen um es nochmal zu versuchen? „Fynn“, höre ich Allen nach mir rufen. Er steht inmitten der Wiese. Habe ich ihn eben übersehen? Möglich wäre es bei diesen schlechten Lichtverhältnissen. „Allen“, antworte ich ihm verwirrt. Ich habe ihn ein paar Tage nicht mehr gesehen, offenbar hat er sich in dieser Zeit nicht rasiert, den Dreitagebart kann ich erkennen, als ich näher zu ihm gehe. „Was tust du hier?“, will ich von ihm wissen. Statt mir gleich zu antworten hält er mir etwas entgegen. „Hier“, er legt es mir in die Hand. Es ist eine Phiole. Ich begutachte die kleine schmale Glasphiole, die mit einer silbrigen Flüssigkeit gefüllt ist. Nun begreife ich, was er mir da gegeben hat. Mein Kopf schießt hoch und ich sehe ihn geschockt und sprachlos an. Es dauert ein paar Augenblicke, bis ich mich gesammelt habe. „Was soll das?!“, unnötigerweise halte ich ihm die Phiole unter die Nase und wedle damit herum. Erneut antwortet er nicht gleich, sondern sieht mich mit dem ernstesten Gesichtsausdruck an, den ich je auf seinem Gesicht gesehen habe. „Keine Sorge, niemand wird erfahren wohin sie verschwunden ist Fynn“, will er mich beruhigen, während in meinem Kopf bereits ein Schreckensszenario nach dem anderen abläuft. Fragend lege ich meine Stirn in Falten: „ich verstehe nicht…. Woher weißt du…?“, doch er unterbricht mich, bevor ich die Frage vollenden kann. „Ich berichtige nur einen Fehler. Du musst Sam dieses Serum geben, das ist verdammt wichtig und das einzige durch das sie nicht gestorben ist“, erklärt er mir. Ich schnappe kurz nach Luft, um ihm Fragen stellen zu können. „Woher weißt du das?“, ich hoffe er hat eine plausible Antwort, doch dann fällt mir wieder ein, welche Fähigkeit er hat. „Du bist durch die Zeit gereist?“, hatten wir ihm nicht untersagt durch die Zeit zu reisen um Dinge zu verändern? Allen nickt knapp. „Wir werden sie brauchen… und dich“, sagt er. Hinter mir hustet jemand und ich drehe mich erschrocken nach dem Geräusch um. Ich kann gerade noch sehen, wie sich ein junges Mädchen mit blondem Haar hinter dem Baum versteckt. Sie hat gelauscht, wird mir klar. Der Größe nach zu urteilen kann sie nicht älter als 15 oder 16 Jahre alt sein. Was tut sie hier am College und das auch noch mitten in der Nacht? Ich drehe mich wieder zu Allen um, doch ich stehe alleine auf der Wiese. Von Allen ist weit und breit keine Spur. Ich sehe mich um, ob ich ihn auf einem der Wege laufen sehe, aber er ist nirgends zu finden. Er kann unmöglich so schnell, geräuschlos von der Wiese verschwunden und einen der langen Wege entlanggerannt sein! Erneut sehe ich auf die Phiole, die ich fest in meiner Faust verschlossen halte. Eines war ganz klar: Allen war durch die Zeit gereist um zu sehen, welches Serum für Sam ungefährlich war. Was bedeutete, dass ich das falsche ausgewählt und ihr ausgehändigt haben musste. Zumindest in seiner Vergangenheit. Was ich nicht verstehen kann ist, was er gemeint hat als er sagte er habe einen Fehler gemacht. Wie konnte er durch Sam diesen Fehler wieder geradebiegen? Ich stopfe die Faust mit der Phiole in meine Jeanshosentasche und eile zu dem Baum, hinter welchem das Mädchen Zuflucht gesucht hat. Als ich um den Baumstamm herumsehe, ist sie fort. Auch sie hätte ich bemerken müssen, wäre sie weggelaufen. Die Wege sind absolut leer und es ist so still, dass ich es hätte hören müssen, wenn jemand von mir fortläuft oder auf mich zukommt. Ich lasse meinen Blick kurz über den Boden schweifen, als mir etwas metallisch glänzendes neben einer der Baumwurzeln auffällt. Ich hebe es auf und begutachte den kleinen Gegenstand in meiner freien Hand. Es ist ein silberner Schlüsselanhänger mit dem griechischen Symbol für BETA und auf der anderen Seite ist der Name Zoey eingraviert. Konnte das dem Mädchen gehören? Hatte das Wort BETA an ihrer High School eine besondere Bedeutung? Ich schiebe den Anhänger in meine andere Hosentasche. Im Wohnheim werde ich das Internet befragen, ob es in der Nähe eine Schule gibt an dem solche Anhänger momentan im Trend sind. Mit der Faust in der Tasche, laufe ich grübelnd weiter. Diese rätselhafte Begegnung mit Allen geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Im Wohnheim sind alle Lichter gelöscht. Bei einzelnen Türen kann ich unter dem Türspalt sehen, dass gedämpftes Licht, vermutlich von Leselampen, hervorscheint. Ich gehe zu meinem Zimmer und betrete es leise. Sam muss vor einer Weile gegangen sein. Hoffentlich noch bevor William und Jonathan das Zimmer betreten haben. Beide sind noch auf und arbeiten an einer Hausarbeit für ihr Studium. William sieht von seinem Buch und seinen Notizen auf und begrüßt mich kurz mit einem „Hey“, während Jonathan auf seinem Bett sitzt und ein ziemlich dunkles Bildnis seiner Selbst zeichnet. Auf jeden Fall sieht der Typ auf seinem Papier ihm recht ähnlich. Ich mache gerade hinter mir die Zimmertür zu, als es auch schon klopft. Die Hand noch an der Klinke ziehe ich die Tür wieder auf und entdecke, heute bereits das zweite Mal, Allen. „Hey…“, ich bin nervös. Ich hoffe, dass er über die Phiole in meiner Tasche kein Wort vor den anderen verlieren wird. Statt zu antworten, stürmt er an mir vorbei auf William zu. „Okay also ich habe eben alles nochmal durchsucht“, erklärt er meinem besten Freund mit seiner üblichen Begeisterung, die er bis vor ein paar Minuten definitiv nicht hatte. Er hatte eher bedrückt, sogar sehr besorgt gewirkt. Ich werfe einen verstohlenen Blick auf meine Uhr, nur um festzustellen, dass seit meiner Begegnung mit ihm nur fünf Minuten vergangen sind. Innerhalb dieser paar Minuten hat sich Allens Laune komplett verändert. Er muss ein besserer Schauspieler sein, als ich ihm bisher zugetraut habe. Ich schließe die Tür wieder, als William und er in ein angeregtes Gespräch über irgendwelche Winkel und Graphen verfallen. Jonathan sieht zu mir und rollt mit den Augen. „Das läuft schon seit einer Stunde so“, erklärt er mir. Eine Stunde? Ich nicke langsam und sehe wieder zu Allen. Er dreht sich kurz, während seiner Unterhaltung mit William, zu mir und reibt sich das Kinn. Sein rasiertes Kinn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)