Die Relikte der Acaris von ideamonster ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- "Es war eine schöne Zeit, doch sie waren alle naiv. Belanglose Dinge beschäftigten sie, während ich immer mächtiger wurde. Ich wollte dem Land nur Gutes. Dann fand ich es, und sein Wissen drang in meinen Kopf wie eine Seuche. Hass, der in meinen Tiefen verborgen war, trat an die Oberfläche. Ich wollte sie, ich wollte sie alle. Sie versteckten sich, doch ich fand sie und ließ sie sich gegenseitig umbringen. Die Zeit der Magier war vorbei. Ein neues Zeitalter sollte heranbrechen. Doch ich vergaß sie, Acaris... Es wurde mir zum Verhängniss. Meine Rache wird fürchterlich sein." Kapitel 1: Das Adlerauge ------------------------

Erstes Kapitel Dort, wo gerade noch der Tempel war, herrschte bloß noch dichter Nebel. Enriel blickte den Hang hinunter ins Tal. Er zog seinen Mantel enger, es war bitterkalt. Das Wetter war ihnen nicht wohl gesonnen. Die Reise zu diesem verlassenen Tempel war sehr kräftezehrend, die eisige Kälte und der ständige Regen setzten den Soldaten zu. Ein Glück, dass es wenigstens jetzt nicht regnete, dachte Enriel. Ein schwacher Trost. Enriel wandte sich um und beobachtete die Soldaten dabei, wie sie sich rüsteten. Ein Späher hatte gesehen, dass Krieger der Widerstandsgruppe Ghayan ebenfalls auf dem Weg zum Tempel waren. Der König hatte befohlen alle Relikte im Land zu bergen und zu ihm zu bringen. Ein alter Forscher hatte einige Seiten eines uralten Buches gefunden, in denen beschrieben wurde, wie man die Macht, die in den Relikten gebannt war, entfesseln konnte. Ghayan wiedersetzte sich aktiv den Befehlen des Königs. Sie wollten seiner Machtgier Einhalt gebieten und versuchten ebenfalls die Relikte zu bekommen. Ein Krieg brach aus. "Macht euch bereit, Soldaten!" Brüllte der Kommandant, seine Stimme durchschnitt die gespannte Atmosphäre. "Wahrscheinlich werden wir da unten diese elenden Ghayan-Leute vorfinden! Wir werden sie vernichten, zeigt keine Gnade!" Enriel hielt nicht viel von der billigen Ansprache des Kommandanten und überprüfte lieber seinen Bogen zum dritten mal, als ihm zuzuhören. Die Soldaten waren bereit. Der Kommandant erzählte etwas über die Ehre für den König zu kämpfen und über andere Dinge. Enriel fand ihn nervig und inkompetent. Doch den König mochte er noch weniger, seine endlose Gier nach Macht und Stärke. König Damuar war keinesfalls ein schlechter Herrscher, im Gegenteil, doch die Art wie er regierte, sein Charakter widerte Enriel an. Manchmal fragte er sich, warum er überhaupt für ihn kämpfte. Vielleicht aus Gruppenzwang, weil auch die anderen Elfenstädte ein Bündnis mit Damuar geschlossen hatten. Doch das hätte Enriel gar nicht nötig, er war ein berüchtigter Krieger, er könnte ohne Probleme seinen eigenen Weg gehen und... Er konnte den Gedanken nicht zu Ende denken. Der Kommandant befahl den Soldaten in Deckung zu gehen. Im Tal konnte man drei Personen erkennen, die Richtung Tempel liefen. "Wir werden angreifen." Sagte der Kommandant belanglos mit gedämpfter Stimme. Ein Soldat sah sich fragend um und blickte dann wieder zum Kommandanten. "Sollten wir nicht vorerst die Lage erkunden? Es ist sehr neblig, wir wissen nicht wie groß ihre Truppe ist, wir sollten..." "Unsinn!" Unterbrach ihn der Kommandant, "wir sind ausgebildete Krieger, sie nur Bauern mit Waffen. Natürlich wartet dort unten eine Truppe auf uns, aber sie wird niemals gegen unsere bestehen können, also, wir greifen an." Niemand widersprach. Enriel ballte die Fäuste. Wie kann ein solcher Trottel Kommandant einer königlichen Armee sein? Natürlich waren die Krieger Ghayans den Ihrer unterlege, doch dafür waren sie meist in der Überzahl. Eine einzelne Wespe hatte nur einen schmerzenden Stachel, doch ein ganzer Schwarm konnte einen umbringen. Der Kommandant blickte zu Enriel. "Das gefällt Euch gar nicht, oder, Elfenkrieger?" Der Spott in seinem Ton war unüberhörbar. "Befehl ist Befehl" antwortete Enriel belanglos, obwohl er innerlich vor Wut kochte. Der Kommandant wartete nur darauf, dass Enriel nur das kleinste Zeichen einer Widersetzung preisgab. Sie hassten sich gegenseitig. Jemand stupste Enriel von der Seite an. "Gleich zeigen wir den Ghayan-Schweinen wie der Hase läuft!" Sagte ein großgewachsener, stämmiger Mann, als sich der Kommandant entfernt hatte. "Unterschätze niemals deinen Feind, Kirgo." Enriel blickte den muskulösen Krieger nicht an, sondern versuchte durch den Nebel zu spähen. "Du bist wie immer stocksteif! Enriel, entspann dich mal, das ist nur ein Haufen unerfahrener Weichlinge." Lachte Kirgo. Enriel stieß nur ein leises Seufzen aus. "Und los!" Brüllte der General. Die Armee setzte sich in Bewegung, die Kavallerie vorne. Enriel positionierte sich mit den anderen Bogenschützen hinten, währen Kirgo in den Kampf stürmte. Die drei Gestalten, die auf dem Weg zum Tempel waren hielten inne und blickten zu der Armee hoch, die schreiend auf sie zukam. Scheinbar unbeeindruckt. Auf Enriels Befehl rückten die Bogenschützen ein Stück voran. Einer der Gestalten hob plötzlich seine Hand und gab ein Rasches Zeichen. Einen kurzen Moment später sah man, wie sich eine riesige, schwarze Masse im Nebel regte. Schon bald erkannte man mit wie vielen ghayanischen Kriegern man es zutun hatte. Die Bogenschützen hatten gerade Zeit, einen Pfeilhagel abzuschießen, bevor der Nahkampf im Tal ausbrach. Enriel hatte mit vielen Einheiten gerechnet, doch es waren weit mehr, als er erwartet hatte. Er hoffte, dass der Kommandant nun bereuen würde, dass er so unüberlegt gehandelt hatte. "Enriel!" Rief plötzlich ein Elf, gefolgt von panischen Schreien. Enriel wirbelte herum. Eine Truppe Krieger hatte sich unentdeckt durch den nahegelegenen Wald geschlichen und griff sie von hinten an. Oder Ghayan hatten von vornherein erwartet, dass sie in ihre Falle laufen würden. Die meisten griffen nach ihren Schwertern, einige schossen Pfeile auf ihre Angreifer. Zum Glück waren es Elfen, Menschen währen schon lange in Panik ausgebrochen, dachte Enriel und zog ebenfalls sein Schwert, nachdem er einem Krieger mit einem Pfeil den Schädel durchbohrt hatte. Unten im Tal bemerkte man den Hinterhalt und einige Reiter kamen zu Hilfe. Enriel streckte einen Krieger nieder und warf sich in Deckung, als ein Pfeil angesirrte. Ein anderer Elf tötete den Übeltäter und half Enriel auf. Er hatte keine Zeit sich zu bedanken, denn schon waren weitere Krieger auf sein Leben aus. Mit einer gekonnten Drehung schaltete er den Ersten aus und parierte, als eine Klinge auf ihn zuraste. Enriel riss den Menschen von den Füßen und durchbohrte dessen Brust, bevor er überhaupt den Boden erreichte. "Zurück ins Tal!" Rief einer der Reiter, als der feindliche Trupp besiegt war. Alle folgten seiner Anweisung. Noch konnte man nicht erkennen, wer im Vorteil war. Es war ein Kampf zwischen Anzahl und Kampftechnik. Der Kommandant, Kirgo und einige anderer Soldaten versuchten den Eingang des Tempels vor den ghayanischen Kriegern zu schützen. Ein Krieger versuchte Enriel von hinten den Kopf abzuschlagen, doch der Elf, der ihm schon eben geholfen hatte warf sich auf den Ghayan-Krieger und schnitt ihm mit einem Messer die Kehle durch. "Nun steh ich schon zweimal in Eurer Schuld, Aran." Sagte Enriel und lächelte, was er nur gegenüber anderen Elfen machte. "Ich werde später darauf zurückkommen!" Entgegnete der alte Elf und kämpfte mit dem Schwert weiter. Enriel duckte sich unter einem Hieb weg und stach zu, doch der Krieger wich aus und schlug ihm das Schwert aus den Händen. Enriel rollte sich zurück um dem horizontalen Hieb auszuweichen und trat dem Menschen mit voller Wucht gegen das Knie. Enriel schnappte sich sein Schwert, als der Krieger stöhnend zu Boden ging und versetzte ihm den Gnadenstoß. Er keuchte vor Erschöpfung, er stemmte sich mit seinem Schwert hoch und rang nach Luft. Als er einen Brüllen von hinten vernahm, wirbelte er herum und konnte sich gerade noch rechtzeitig zur Seite werfen. Um ein Haar währe er von einer Axt in zwei Teile gespalten worden. Die Waffe wurde von einem muskelbepackten Mann geführt, der sie aus dem Boden zog und erneut nach dem Elf schlug. Enriel blockte, doch die Wucht des Schlages schleuderte ihm die Waffe aus den Händen. Der riesige Krieger stieß ein spöttisches Lachen aus. Ein Soldat wollte den Riesen von hinten erledigen, doch dieser bemerkte den Angriff und schlug den Mann nieder. Enriel nutzte die Gelegenheit um sich sein Schwert zu holen. Der Axtkämpfer kam erneut angerannt und schlug zu. Enriel duckte sich unter dem Schlag weg und wollte dem Riesen das Schwert ins Bein rammen, doch dieser machte einen reflexartigen Spagatsprung und das Schwert bohrte sich in den Boden. Enriel nutzte seine unstabile Haltung und schlug ihm die Faust mit aller Kraft unters Kinn. Der große Krieger fiel stöhnend nach hinten. Der Elf zog sein Schwert aus dem Boden und sprang auf den Riesen zu. Dieser bemerkte noch rechzeitig den Angriff und riss sein Bein hoch, sodass Enriel stolperte, doch er schaffte es noch dem ghayanischen Krieger das Schwert in die Schulter zu rammen. Der Riese schrie auf vor Schmerz und schlug Enriel mit aller Kraft gegen den Kopf. Der Elf flog ins Grass und blieb stöhnend liegen, sein Schädel brummte und er war kurz davor das Bewusstsein zu verlieren. Er hörte wie sich der Riese aufrichtete und seine Axt nahm. Enriel zwang sich die Augen zu öffnen. Verschwommen sah er, wie der große Krieger die Axt hob. "Hahaha, das ist dein Ende, Elf!" Ohne zu überlegen zog Enriel den Dolch aus dem Gürtel, dass jeder Elf bei sich trug und schleuderte es blind in Richtung des Kriegers. Enriel rechnete jedem Moment mit dem endlosen und endgültigen Schmerz, doch er blieb aus. Er hörte nur ein kurzes Keuchen und den Schlachtlärm. Enriel öffnete die Augen, seine Benommenheit ließ langsam nach. Vor ihm lag der Riese. Tot. Dass Messer hatte genau seinen Hals getroffen. Enriel sprang auf und sah sich um. Er konnte von Glück reden, dass niemand seine Besinnungslosigkeit ausgenutzt hatte um ihn niederzustrecken. Er schnappte sich sein Schwert und seinen Dolch. "Enriel!" Brüllte eine Stimme. Er wirbelte herum. Kirgo deutete auf einen Krieger, auf einem Pferd floh. In seinen Händen war das Adlerauge, das Artefakt, dass sie bergen sollten. Irgendwie hat er es geschafft im Kampfgetümmel an Kirgo und dem Kommandanten vorbeizukommen. Enriel lief ein Stück den Hügel hinauf. "Gebt mir Deckung!" Rief er und einige Elfen und Soldaten folgten seiner Anweisung. Enriel spannte den Bogen und zielte auf den fliehenden Krieger. Er nahm nicht mehr wahr, was um ihn herum geschah. Für Enriel gab es nur noch den Pfeil und das Ziel. Sie sind eins, dachte er. Er vernahm keinen Ton, die Zeit schien stillzustehen. Der Pfeil zischte von der Sehne und traf den Krieger im Rücken, der schreiend von seinem Pferd viel. Kirgo stieß einen triumphalen Schrei aus und der Kommandant befahl zwei Soldaten das Artefakt zu holen. Enriel hatte geraden noch rechtzeitig getroffen, bevor der Krieger in den Schutz des Waldes verschwinden konnte. "Bemerkenswert." Sagte Aran und klopfte ihm auf die Schulter. Enriel wischte sich den Schweiß von der Stirn und ging erleichtert in die Hocke. Aran rannte wieder zur Schlacht und ließ seine Klinge tanzen. Eine Hand legte sich auf Enriels Schulter. "Gut gemacht, Herr Meisterkämpfer!" sagte eine weibliche Stimme, "Du hast dem Kommandanten und dem König einen großen Gefallen getan." Sie wusste genau, wie sehr Enriel die beiden hasste. "Die Schlacht ist nicht vorbei, Aya." Sagte er. Aya lächelte nur, strich ihm durch das lange Haar und lief dann zurück zu den anderen Elfen um sie zu unterstützen. Bei den Elfen wahren Kämpferinnen zwar nicht so selten wie bei den Menschen, doch auch bei ihnen war der Anblick einer Elfe im Krieg ungewohnt. Enriel war wieder zu Kräften gekommen uns rannte zu Kirgo. "Wir haben das Artefakt." Sagte er breitgrinsend. "Ich bin außer mir vor Freude!" Sagte Enriel spöttisch. Kirgo sprang von den Stufen des Tempeleingangs und tötete zwei Krieger mit einem Schlag. Als noch mehr auf ihn zurannten, kam ihm Enriel zur Hilfe. Rücken an Rücken parierten sie die Schläge und streckten die ungeübten Männer nieder. Selbst ihre Überzahl nutzte ihnen nichts gegen die jahrelange Erfahrung, die die beiden Kämpfer erlangt haben. Die Sonne war aufgegangen, der Nebel löste sich langsam auf und es wurde wärmer. "Siehst du? Wie ich es dir gesagt habe, unerfahrene Weichlinge!" Sagte Kirgo, als keine Gefahr mehr drohte. "Ja, du hattest Recht, weiser Kirgo. Zufrieden?" Enriel grinste und Kirgo lachte nur. Ghayan hatte verloren, die Krieger suchten ihr Heil in der Flucht. Die Soldaten des Königs hielten triumphal ihre Waffen in die Luft und brüllten. Der Kommandant stand oben auf den Hügeln und starrte hinunter, stolz über den Sieg. Er blickte Enriel an und grinste spöttisch. Enriel hatte Ghayan überschätzt, während der Kommandant Recht behielt. Das genoss er. Unbeschreiblicher Hass stieg in Enriel auf. Sie waren eine Stunde gelaufen, bevor sie einen guten Platz zum Übernachten fanden. Erschöpft vom Kampf aber auch erleichtert stellten die Soldaten ihre Zelte auf. Alle freuten sich auf die Heimreise und fanden sich abends bei den Lagerfeuern zusammen um zu erzählen und zu lachen. Überall im Nachtlager herrschte ausgelassene Stimmung. Das Adlerauge wurde gut in einem bewachten Wagen aufbewahrt, in dem auch schon zwei andere Artefakte lagen. "Kommandant Lagos. Eurer Zelt wurde aufgestellt." Sagte ein Soldat und salutierte. "Fein Fein," Lagos war in ein anderes Gespräch vertieft und lachte, er machte eine Geste, dass der Soldat gehen konnte, "Amüsiert Euch mit den Anderen, Soldat!" Der junge Mann verbeugte sich und suchte sich einen Platz bei einem nahgelegenen Lagerfeuer, wo bereits hitzige Diskussionen über Frauen ausgebrochen war. "Wie gesagt, ich denke nicht dass Ghayan einen Gegenangriff starten wird, ich glaube auch nicht, dass sie versuchen werden uns das Artefakt zu stehlen." Sagte Lagos und nahm einen großzügigen Schluck aus seinem Becher. "Ich währe mir da nicht so sicher. Sie sind verschlagen und sie setzten alles daran den König zu schwächen. Wir sollten vorsichtiger sein." Arans letzter Satz hatte einen gewissen Unterton, er dachte an den unüberlegten Angriff, doch der Kommandant überhörte ihn scheinbar. Lagos knallte seinen leeren Becher auf einen Baumstamm und rülpste ungeniert. "Wie auch immer, morgen früh geht´s zurück in die Heimat. Ich habe die Ebenen von Namon satt. Dieses schlechte Wetter und diese Einöde, ich will irgendwo an einem Strand liegen und ausspannen." Lagos seufzte und schenkte sich selber ein. "Wir Elfen würden auch lieber in unsere Wälder zurückkehren, aber der Krieg ist noch nicht zu Ende." Aran schüttelte den Kopf, als Lagos ihm einschenken wollte. "Warum helft ihr uns eigentlich? Ich dachte immer die Elfen gehen den Menschen aus dem Weg?" Der Kommandant nippte an seinem Becher und beobachtete den Dampf, der aus ihm stieg. Aran steckte sich seine Pfeife an und nahm einen Zug. "Das stimmt schon, eigentlich ist es bloß ein Zweckbündnis. König Damuar hatte versprochen, dass er uns alle Artefakte aus den alten Elfenkulturen überließe, wenn wir ihn unterstützten." "Wusstet ihr, dass das Königreich Westind Gavallia mit einer Kriegserklärung gedroht hat?" Fragte Lagos. "Nein, das wusste ich nicht. Warum?" Aran atmete Qualm aus. "Diese Hunde behaupten, dass unsere Rohstofflieferungen nie ausreichend waren und dass wir unsere Schulden nicht in zehntausend Jahren abbezahlen würden. Diese Bastarde, die kommen doch nie aus ihren dummen Bergen raus! Die sollte lieber die Klappe halten!" Lagos schlug zornig mit der Faust auf den Baumstamm. "In Wirklichkeit sind sie auch hinter den Artefakten her!" "Das Volk von Westind ist sehr traditionell, vor allem die Zwerge. Ich glaube eher sie wollen nicht, dass die alten Relikte aus den Tempeln entfernt werden." Aran nahm einen Zug aus seiner Pfeife. "Was hätte das für einen Nutzen? Die Leute in Westind sind doch sowieso alle übergeschnappt!" Brummte Lagos, der Alkohol zeigte langsam seine Wirkung. "Übrigens, was haltet ihr von dem Typ da?" Er machte eine Geste in Richtung eines Elfen, der allein auf der Wiese lag. Aran schaute über seine Schulter. "Von Enriel?" Er wand sich wieder um und grinste den Kommandanten an. "Ich halte ihn für einen sehr fähigen Mann." Enriel lag abseits von den anderen, wo ihn der Lärm nicht so stark war, und kaute gelangweilt auf einem Grasshalm herum. Er beobachtete die Soldaten. Einer erzählte, wild gestikulierend, eine Geschichte, wahrscheinlich wie er eine große Bestie besiegte. Kirgo duellierte sich mal wieder im Armdrücken und trank soviel Gjenkrauttee wie er konnte. Ab und zu taumelte er lachend umher und erzählte allen wie lieb er sie hatte. Aya unterhielt sich mit zwei anderen Frauen. Beim Erzählen stemmte sie ihre Hände in die Hüfte, wie sie es immer tat, wenn sie empört war, dann lachte sie wieder und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Einige Soldaten bildeten einen gaffenden Kreis um zwei Männer, die sich prügelten. Der Kommandant stapfte mit wütendem Geschrei auf sie zu und brachte sie auseinander. Aran saß bei einer Gruppe von Elfen und rauchte seine Pfeife. Enriel spuckte den Grasshalm aus und schaute genervt hoch zu den Sternen. Aya hatte ihr Gespräch beendet und lief zu Enriel. "Aya, mein Mäuschen! Ich liebe dich!" Rief Kirgo und stolperte beinahe über einen Kameraden, der auf dem Boden eingeschlafen war. Aya grinste und streckte ihm die Zunge raus. Sie setzte sich neben Enriel ins Grass. Drei Männer versuchten den betrunkenen Kirgo in sein Zelt zu zerren, damit er seinen Rausch ausschlafen konnte, sie hatten erhebliche Probleme den schweren Mann überhaupt zu bewegen. "Möchtest du etwas?" Fragte Enriel ohne seinen Blick von den Sternen zu nehmen. "Brauch ich einen Grund, um mich zu dir zu setzen?" Aya ließ sich seufzend ins Grass fallen und schaute Enriel mit einer gespielt, beleidigten Miene an. "Entschuldige... ich bin etwas müde." Enriel schloss für einen Moment die Augen. Aya lächelte bloß als Antwort und sah zu den Sternen. Beide schwiegen, nur der Lärm, der vom Lager kam, störte die Ruhe der Nacht. "Sie mal! Die Sterne dort sehen wie ein Vogel aus." Sie zeigte auf eine Ansammlung von Sternen, die sich für ein paar Sekunden hinter einer Wolke versteckten und dann wieder zum Vorschein kamen. Enriel starrte gelangweilt die Sterne an. "Möglicherweise." Aya drehte sich herum, stemmte den Kopf auf die Arme und beobachtete Enriel eine Weile. "Was ist los? Vermisst du unsere Heimat?" Enriel schwieg. "Das geht uns allen so. Wir haben alle Sehnsucht nach unseren Wäldern." Aya strich verträumt mit der Hand durchs Grass. Enriel beobachtete sie. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber sie hatte Recht. Außerhalb der Wälder von Inithiél fühlte er sich unwohl und unsicher. Er schloss abermals die Augen und sah seine Heimat in Gedanken, die Lichtungen, die die Sonne mit ihren Strahlen beglückt oder die verborgenen Herzen des Waldes, geheimnisvoll und unergründlich, die noch nie ein menschliches Auge erblickt hatten. Enriel dachte an den ewigen Frieden, der in den Wäldern der Elfen herrschte und den Zusammenhalt, den die Elfen untereinander pflegten. Er musste unweigerlich seufzen. "Ich wusste es, du hast Heimweh!" Kicherte Aya und stupste Enriel an die Nase. "Wir Elfen gehören nicht hierhin, diese Welt ist rau, unsittlich und naiv. Von Ehre haben diese Menschen keine Ahnung." Enriel riss wütend ein Büschel Grass aus und ließ es vom Wind wegwehen. "Du hast ein stures Klischeedenken. Wir können doch nicht ewig in Inithiél bleiben, es darf uns nicht egal sein, was um uns herum geschieht," Aya hatte sich hingesetzt und sah Enriel mit einem Blick an, den er nicht richtig definieren konnte, "Wir haben die Möglichkeit zu helfen, also wieso sollten wir das nicht machen." "Es ist ein sinnloser Krieg, das ist es was um uns herum geschieht. Wenn wir diesen Wald verlassen, dann schon um diesen Krieg aufzuhalten." Die Machtgier des Königs und die Aggressivität Ghayans machten den Konflikt unausweichlich und von keiner Seite kommt der erste Schritt zu einer diplomatischen Verhandlung. Enriel konnte nicht begreifen, wie leicht so ein Krieg entstehen konnte. "Also bist du ein Pazifist." Aya riss Enriel abrupt aus seinen Gedanken. "Nein. Ich...also..." Er konnte seinen Standpunkt nicht in Worte fassen und musste lachen. Die junge Elfin zog überrascht die Augenbrauen hoch und lachte schließlich ebenfalls. Als sie sich beruhigt hatten sahen sie schweigend zu den Sternen hoch. Sie saßen noch lange dort, ohne ein Wort zu sagen, bis im Lager keine Stimme mehr zu vernehmen war. Enriel wurde unsanft aus seinem Schlaf gerissen. Er versuchte sich die Müdigkeit aus den Augen zu reiben, völlig schlaftrunken verließ er das Zelt und schaute sich um. Der Himmel war vom Sonnenaufgang gelb gefärbt, über den Pflanzen lag eisiger Frost, der schon bald von der Sonne verspeist wird. Die Zelte wurden abgebaut und in die Wägen gepackt. Die anderen Soldaten hatten tiefe Augenringe und gähnten gelegentlich herzhaft, doch der Schlaf wich nur langsam aus ihren Körpern. Enriel musste bei ihrem Anblick ebenfalls gähnen. Ein Soldat kam an ihm vorbei und wünschte ihm einen guten Morgen, Enriel grüßte benommen zurück. Kirgo saß auf einem Baumstumpf und starrte ins Leere, er sah noch mitgenommener aus, als die anderen Soldaten. Er hielt eine dampfende Tasse in der Hand und nippte ab und zu an ihr. Lagos stauchte ihn zusammen, weil er nicht mithalf, doch Kirgo schien ihn nicht einmal zu hören. Ein Elf setzte sich zu dem riesigen Wrack und fragte ihn etwas, worauf Kirgo lachen musste und dem Waldläufer auf den Rücken klopfte. Der Elf errötete und trollte sich, nachdem Kirgo irgendetwas zu ihm gesagt hatte. "Wir brechen auf!" rief der Kommandant, was eine Welle von Gejammer und Seufzern auslöste. Enriel warf sich seinen Mantel um, verstaute seine Waffen an einem Packpferd und spülte den Rest der Müdigkeit mit einem Schluck Tee hinunter. Alle waren bereit. Die riesige Menge aus Soldaten, Pferden und Wägen setzte sich in Bewegung. Es war noch immer sehr kalt und der starke Wind, der ungehindert über die Ebenen von Namon wehte, machte den Rückweg noch anstrengender. Man traf nur vereinzelt auf Bäume und bis zum Horizont sah man nichts als grüne Flächen und Hügel. Wolken waren aufgekommen und überschwemmten den Himmel mit tiefem grau. Die Region war für schlechtes Wetter bekannt, deshalb war es nicht unwahrscheinlich, dass das Wetter noch schlimmer würde. Nach ein oder zwei Stunden begann es zu regnen und die Landschaft hatte sich nur wenig verändert, nirgends gab es Deckung vor einem möglichen Sturm. Enriel schnürte den Mantel fest zusammen und zog sich die Kapuze über den Kopf, obwohl er schon vollkommen vom Regen durchnässt war. Man konnte die Elfen deutlich unter der Masse erkennen, denn jeder von ihnen trug den gleichen Kapuzenmantel, er war Kriegstradition, ebenso wie der Dolch. Diese Sitte stammte aus der Alten Zeit, in der noch die Kaste der Magier existierte. Enriels Hände waren steif vor Kälte, er rieb sie sich und umklammerte seinen frierenden Körper. Ein starker Windstoss kam auf und zerrte heftig an dem Mantel des Elfen und ihm war so, als hätte der Wind nun auch den letzten Rest Wärme aus seinen Körper geweht. Nach einiger Zeit, für Enriel war es eine Ewigkeit, hörte der Regen auf und Lagos beschloss zu rasten. Sofort wurden Lagerfeuer mit dem Holz, das in den Wägen gelagert wurde, entfacht. Aya kam mit drei dampfenden Bechern zu Enriel und Kirgo, gab ihnen den Tee und setzte sich. "Das ist wirklich ein schlechtes Wetter." Grummelte Kirgo und stöhnte, als er sich die Zunge am heißen Gebräu verbrannte. Enriel schniefte und nahm einen kleinen Schluck, der sofort ein bisschen Leben in seinen Körper brachte. "Du siehst nicht gut aus," Aya fasste Enriel besorgt an die Stirn, "hoffentlich holst du dir keine Erkältung." Weiter entfernt standen der Kommandant und Aran. "Die Soldaten sehen nicht gut aus." Bemerkte der alte Elf, als er sich umsah. "Sie sollen alle Tee trinken, wir können keine Kranken gebrauchen, das würde die ohnehin schon schwere Reise noch behindern." Lagos schnippte mit dem Finger und beorderte einen Soldaten Tee für alle zuzubereiten. "Bis Hynn ist es noch weit." "Ich weiß, Aran. Aber was sollen wir machen?" Lagos blickte besorgt in die Runde. Aya sah, wie der Soldat einige Kessel aufstellte und Wasser holte. "Ich werde ihm helfen. Bis später, ihr beiden." Sagte sie und eilte davon. Enriel lehnte sich erschöpft gegen einen Fels, Kirgo war neben ihm eingeschlafen und murmelte irgendetwas unverständliches. Enriel ließ seinen Blick wandern und verharrte bei dem Wagen, in dem das Adlerauge lag. Er fragte sich ob dieses Relikt wirklich solche Anstrengungen wert war, natürlich besaß es große Macht, aber so was sollte kein Grund sein, einen Krieg zu beginnen. Es helfe Wandoan viel mehr, wenn alle Nationen zusammen arbeiten würden, anstatt seine Macht in einem ewigen Konkurrenzkampf zu beweisen. Enriel musste innerlich über sich lachen, er hörte sich wirklich wie ein Pazifist an. Die Teekessel brodelten vor sich hin, Aya gab Kräuter ins Wasser, während sie sich lachend mit dem jungen Mann unterhielt. Nachdem der Tee fertig war verteilten ihn die beiden unter den Soldaten. Nach etwa einer Stunde gab der Kommandant den Befehl zum weiterreisen. Das Wetter hatte sich gebessert, die Wolkendecke brach langsam auf und erlaubte der Sonne die Ebenen ein wenig zu wärmen, trotz allem war es aber noch kalt. Je länger sie liefen, desto felsiger wurde die Landschaft, das Braggebirge war noch ein gutes Stück entfernt, aber sie würden es noch heute erreichen. Enriel fühlte sich schlapp, seine Kleidung war nicht getrocknet, deshalb fror er noch immer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)