Eternal Isolation von Versenspiegel ================================================================================ Kapitel 1: Auf einmal ist alles anders... ----------------------------------------- Eternal Isolation Grau zog der Nebel über das verschneite Moskau, so leblos und kalt. Weiche Flocken der Lieblichkeit stießen an endlose, leere Straßen. So unscheinbar, so ruhig. Nahe einer alten Fabrik stand ein wohl errichtetes Waisenhaus, aus dessen kühlen Fenstern rötliche Kinderaugen blickten, beinahe sehnsüchtig. Ein wohl junger Knabe im scheinbar zarten Alter von 5 Jahren, dessen filigrane Finger malend über das Glass glitten. Was wünschte er sich? Ein Zuhause...? Abrupt verblassten die Gedanken des Jünglings. Der Leib wandte sich der aufstoßenden Türe zu in dessen Rahmen die ältere Erzieherin stand. Wie sehr er das alles doch hasste. " Boris! Du solltest längst in deinem Bett liegen! " Wie oft wollte sie dies noch sagen? Er würde sich davon eh nicht beeinflussen lassen. Doch nicht einmal von solch einer Strenge ließ sich der Knabe beeindrucken. Das finstere Augenmerk widmete sich wieder seiner verschneiten, ruhenden Heimat. Schmerz durchdrang den bitteren Kinderleib, Seiten wurden erfasst, und hochgehoben, um ihn zur weichen Bettung zu tragen. Nicht einmal jetzt deutete er auf Widerspenstigkeit hin. Nein... Alles, wonach er sich sehnte war eine Familie. Doch wer konnte ihm diese schon geben? Einsamkeit. Nach dem Schließen der Türe erklang die zaghafte Stimme leise: " Hass." Wer hätte den Heranwachsenden jemals mögen können? Lieben können? Er war sich langsam seiner Sache sicher, die zerfressende Einsamkeit hatte Jahre dazu gebraucht, um ihn zu zerstören. Sein kühler Blick wandte sich einmal mehr dem großen Gebäude zu, dessen Mauern er schon lange nicht mehr erblickt hatte. "Heim, du hast mich wieder." Wie viele Paare hatten ihn schon fortgegeben? 15 zählte er bereits und dabei war sein Alter gerade einmal von 8 gezählt. Schmerzhaft glitt seine zierliche Hand an das schlagende Herz, das mehr und mehr entsagte der Menschlichkeit, doch anstatt nochmals zu den tiefen, dunklen Geheimnissen des Heimes zurückzukehren, machte er auf dem Absatz Kehrt. Polternd fiel der Koffer zu Boden, rasch und unbehaglich. Vertiefend im weißen Schnee, wie rasche Schritte. Hätte er es nicht besser wissen können? Was hatte man doch damals zu ihm gesagt? Tränen waren Schwäche? " Ja, dieses Mal entspricht es der Wahrheit. Dieses Mal weine ich wirklich. " Schwer war der dringende Zorn herunterzuschlucken. Und wie vor 3 Jahren war es Nacht, düstere Nacht auf verschneiten Straßen Moskaus. Noch einmal zurück? Zurück zu Schlägen und Beschimpfungen? " Wertlose Geschöpfe. " Sein feuchter Ärmel strich über sein blaues Auge, aus dessen Röte das salzige Nass sich ergoss. " Hör auf zu weinen, Boris. Du bist einsam. " Nun war er schon soweit und sprach mit sich selbst. Seine Schritte versagten, wurden langsamer und warteten bis zur gänzlichen Verharrung. Wäre seine Kehle nicht so trocken gewesen, hätte er geschrieen, so, wie es sich gehörte. Doch noch nicht einmal dies war ihm vergönnt worden? " Schmerzliche Erfahrungen gehören zum Leben, nicht wahr?" Die Bitterkeit begann Besitz von ihm zu ergreifen. Nahezu verschwommen wandte sich das Augenmerk einem alten Schlosse zu, dass ihm Jahre zuvor niemals aufgefallen war. Ob er dort Schutz fand? Jedenfalls schienen diese leer. Die eben noch verharrten Schritte traten langsam den Flügeltüren näher. " Beängstigend. Doch noch lange nicht so beängstigend, wie dein Aussehen, Boris. " Davon war er überzeugt. Im Schutze der tränkenden Trockenheit, platzierte er sich vor diese. Seine zierlichen Arme umschlangen seine Beine, dicht an seinen Körper gepresst. Zu erschöpft, zu müde um klar Denken zu können. Letzte Tränen der Feuchtigkeit rinselten, und er schlief mit umwogenden Armen des kalten Windes, der an schwarzen Haaren zog. Der Nächste Morgen war überraschend herangeeilt. Behutsam schlugen sich erschöpfte Lider auf, erfassten das Bild eines Raumes, nicht gänzlich der Größe entsprechend. Warum lag er in einem Bett? Des Öfteren begann er mit den Augen zu blinzeln, um die Verworrenheit zu vertreiben. Und erst jetzt nahm er das runzlige Gesicht eines alten Mannes war, dessen Mimik alles andere als einladend schien. Seinen Gedanken nicht fern, behielt er erste Worte gegenüber dem Fremden für sich. ~ Wo bin ich hier eigentlich gelandet? ~ Nach einiger Zeit ergriff der wohl Grauhaarige endlich das Wort. " Du bist also endlich erwacht. Das wurde aber auch Zeit. " Nein, wohlgesonnen war dieser Mensch ihm nicht. War er überhaupt einer? " Wie heißt du, kleiner Mann? " Sollte er ihm antworten? " Boris... Boris Balkov, Sir. " " Du heißt also Boris? Mein Name lautet Voltaire. " Schrecklich war es. Der Namen war in seinem Hirn eingebrannt, aber dennoch erkannte er kein passendes Bild für den Fremden, der ihn anscheinend in den nötenden Zeiten mit hineingenommen haben musste. Alles ging so schnell. In seinen Augen zu schnell. " Warum haben Sie mir geholfen?" " Weil ich dir ein Angebot machen möchte, Boris. Du hast kein Zuhause, sehe ich das Richtig? " Das tat er allerdings. Hätte er wohl sonst auf dem steinernen Boden gekauert? Also galt die Antwort als zaghaftes, schüchternes Nicken. " Ich kann dir eines geben, wenn du mir deine Treue schwörst. Magst du Blades? " Was hatte die Frage damit zu tun? Warum sollte er sie nicht mögen? Jedenfalls war er ihnen nicht verweigert, begann sich also aufzusetzen. " Ja, ich mag Blades. Ich habe schon einige versucht zu basteln. " " Das hört sich viel versprechend an. Ich könnte deine Hilfe hier gut gebrauchen. " Der Schwarzhaarige wurde langsam misstrauisch. Sein Gefühl warnte ihn vor solchen Menschen, vor diesem Mann. Sollte er darauf eingehen? Vielleicht würde er ja nun endlich das ersehnte Vertrauen bekommen? Sogar einen Vater? ~ Der Kerl könnte mein Großvater sein. Solche Falten nenne ich Schluchten. ~ " Meine Hilfe? " " Ja, ich möchte jungen Bladern die Chance geben sich zu beweisen. Was hältst du davon, kleiner Mann? Wir könnten doch ein gutes Team werden? " Oder auch nicht. Zwei Wochen nach dem ersten Begegnen mit dem Leiter und Präsidenten der Biovolt Corporation hatte der kleine Schönling seinen Platz im Gebäude gefunden, welches er mehr begann zu hassen. Der alte Mann zeigte ihm Abwertung gegenüber, nicht nur die Missbilligung... Sondern ebenso grantige Beleidigungen, sogar geschlagen wurde er, obwohl er dies bis jetzt nicht mehr als Schlimm empfand. Aber der Jüngling versuchte sich dem Verruchten fair und gehorsam zu verhalten. Und nun war es an der Zeit... Der Schwarzhaarige zählte langsam die Sekunden. " 4... 3... 2... 1... " Und im letzten Augenblick seiner Abschätzung flog die Türe zum winzigen Zimmer ohne Fenster auf. Erst jetzt flutete das gedämpfte Scheinen der Kerzen in die Dunkelheit, blendete Boris, der blinzelnd versuchte zu erkennen, wer ihn denn da vergebens wecken wollte - Ein Trainer, neu eingestellt. " Steh' auf, du kleiner Bastard! " Aber den 5-Jährigen wunderte gar nichts mehr. Also erhob er sich aus der zierlichen Decke und streifte sich seinen Schlafanzug fort, um sich wieder in die spärliche Kleidung des Pullovers und der Jeans zu drängen. " Nngh~... Jeden Morgen das gleiche Spiel. " Seufzend folgte er dem wartenden Trainer langsam Richtung des Bades, wo dieser ihn hinein schubste. Viele der Jungen waren schon anwesend und versuchten sich mit nervösen und angespannten Gesichtern so ansehnlich wie möglich zu machen, denn nun sollte endlich der Tag da sein, wo die Biovolt ihren großen Durchbruch startete. Eine Reihe an Sendern und Kameras sollten Einblick in das Leben der Trainierenden kommen. " Hey Boris, auch mal wach? " " Halt deine Klappe... Ich bin nicht hier, um mit dir zu streiten. " Der Junge fühlte sich hier weniger geborgen als im Waisenhaus. Aber anders wie dort, gab es in der Firma niemanden der ihm half, niemanden der mit ihm Freundschaft wollte... Aber mittlerweile mochte er keine Freunde mehr besitzen, die ihn ohnehin nur ausnutzen würden. Missmutig schritt er also an das Waschbecken, um sich sein Gesicht zu waschen, zuckte sogar beim Streifen seiner Wange zusammen und zog seine schlanken Finger zurück, um die winzigen Tropfen Blut zu betrachten, die die offene Wunde des gestrigen Tages zeigten. " Voltaire war wieder unzufrieden mit dir, he, du Winzling? " Verwundert sah der Schwarzhaarige auf zu einem der Größeren, der schon seit 3 Jahren als Forschungsmittel der Laborannten galt, ungefähr im Alter von 12 Jahren. Und soweit Boris informiert war, hieß der Blasshäutige Branimir - Den Nachnamen allerdings vollkommen vergessen. " Was willst du von mir Branimir? " " Nichts besonderes, du Zwerg. Dich aber vielleicht ein wenig zurecht stutzen... " Aber soweit kam der Schwarzhaarige nicht, denn sein Arm wurde gröblich erfasst und mitgezogen. Den 5-Jährigen wunderte nicht, dass die Männer den Sträubenden aus dem Bad zogen, denn er war mehr als nur vollgepumpt mit Mitteln des Gehorsams. Nachdenklich widmete sich der Schönling wieder seiner Wäsche, wurde allerdings nach wenigen Minuten ein weiteres Mal unterbrochen, wirbelte zornig umher und sah schließlich das schöne Gesicht einer Braunhaarigen, die ihm verwundert entgegen sah. Noch niemals hatte er ein Mädchen in diesen Wänden betrachtet... Ihm fehlte Atem und Spucke. " Huch... Ich... Ähm... " " Machst du mir vielleicht auch mal ein wenig Platz? Du nimmst ganz schön viel für dich ein. " Nahezu automatisch schritt Boris zur Seite, um sie mit nassem Gesicht an das Becken zu lassen, sie sich dort waschen zu lassen. " Was betrachtest du mich so? Sehe ich aus wie das 8. Weltwunder? " " Was...? " Er hatte nicht mitbekommen, dass er sie angestarrt hatte. " 'Tschuldige... " " Ich habe noch niemals einen Knaben gesehen, der sich bei mir entschuldigt. Du musst neu sein, oder? " " Neu...? Bin ich neu? Natürlich bin ich neu. Neuer als neu... " " Kann es sein, dass du vielleicht Fieber hast? " Ihre sanfte, zierliche Hand langte liebevoll nach seiner Stirn und der Jüngling errötete schlagartig. " Mir geht es gut... Mir geht es bestens. Ich bin gesund... Gesund... " " Du bist krank und ganz heiß. Komisch... Soll ich dich lieber mit deinem Waschbecken alleine lassen? Ich verstehe das, wenn du erst einmal deiner neuen Partnerin deine Zuneigung zeigen willst. Aber lass' es nachher bitte noch heil und andere benutzen. " Die Schönheit wandte ihm den Rücken zu und schritt wieder zur Türe. Boris realisierte erst jetzt, dass sie ihm einen Streich spielte. Skeptisch zogen sich seine Augenbrauen zusammen. "Nenn' mir deinen Namen, Mädchen. " " Sicher, dass du den hören willst? Nachher wird dein Waschbecken noch eifersüchtig. " " Hör auf damit! Es ist nicht mein Waschbecken! " " Ist das nun Zornesröte oder immer noch Verlegenheit. " Kichernd zwinkerte die Kleinere dem 5-Jährigen zu, der seinen Kopf zur Seite wandt. " Mein Name lautet Malenka... Und deiner? " " Boris... " " Gut, kleiner Boris, dann sehen wir uns ja beim Frühstück. " Und schon war sie verschwunden und als einziger blieb der Schwarzhaarige zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)