Bittersweet Feelings von CatherineMiller ================================================================================ There's nothing to forgive -------------------------- Autor: CatherineMiller Titel: Bittersweet Feelings Fandom: Weiß Kreuz Kapitel: There's nothing to forgive Teil: 13/? Pairings: RanxNagi; BradxKen; SchuldigxYohjixSchuldig; FarfxOmi Warnungen: keine Danksagung: Vielen Dank an mein Betas emilyheart (kei83), Corrychan und Cap, die sichfleißig durch meine tausend Tippfehler mühen! Sonstiges: Bestechungen in Formvon Schokoladeneis mit Sahne und Schokoladenpudding sind immer gerne gesehen XDD Nein im Ernst, schreibt mir einfach Eure Wünsche und Vorstellungen in Form von Kommis, wenns mir möglich ist, geh ich auch gerne drauf ein ^^ Kommentare (diesmal leider nur zwei *Augen ausheul* Werde ich schlechter? Wahrscheinlich... *sniff*) @Shinn: Jaaa Ken der kleien Tollpatsch, ich liebe ihn einfach... ich hab mir gedacht, dass es ihm ähnlich sieht, sowas zu machen ^^ Er ist ja nicht wirklich dumm... nur ein wenig... tapsig eben ^^" Und Farfie hat ja nur ein Auge, also kann er schlecht, eine Unterhaltung ,unter vier Augen' führen, ne? Dank an dieser Stelle an meine beta Corry, die hat mich drauf aufmerksam gemacht XD Danke für die Kekse, waren sehr lecka ^^ @Yaya-chan1999: Weswegen musst du denn getröstet werden? *streichel* *neugierig desu* Mit was könnte ich dich denn noch aufmuntern? *fragend schau* Er rannte durch die Mittagssonne. Obwohl sich das Jahr bereits dem Ende zuneigte, war es außergewöhnlich warm und in seinem langen, schwarzen Mantel war es noch wärmer. Aya hatte keinen Blick für die Straße, keinen Blick für die Menschen oder seine Umgebung, er wusste noch nicht einmal, wohin er eigentlich rannte, er wollte einfach nur weg. Am liebsten weg vor seiner inneren Stimme, die ihn schon jetzt ausschimpfte, was für ein Narr er doch war, Omi die ganze Schuld zu geben, denn genau so würde der Kleine das interpretieren. So und nicht anders und es war seine Schuld. Irgendwann blieb er keuchend stehen, sah sich das erste Mal um. Er hatte keine Ahnung, wo er hier war, offensichtlich eines der besseren Viertel Tokios, er war hier noch nie gewesen und eigentlich war es ihm auch egal. Er würde einfach weiterlaufen und wenn er die nächste Bushaltestelle fand, würde er vielleicht einsteigen und in die Stadt zurückfahren. Die Metropole war zwar groß, aber selbst hier gab es ein gewisses System. Seufzend trottete er weiter. Er wusste selbst nicht so recht, warum er das Konneko verlassen hatte, er war doch sonst nicht so emotional. Er hatte Omi vorher gesehen, zusammen mit Prodigy, warum hatten ihn also die Worte des blonden Jungen so aufgewühlt? Schön, der Kleine hatte dem Feind geholfen, dem Feind, der für die Auslöschung der Hälfte seiner Familie verantwortlich war, der seine Schwester ins Koma gebracht hatte, aber seine Kollegen wussten nichts davon, niemand außer Kritiker wusste davon und weder Persha noch sonst jemand hatte ihn jemals damit konfrontiert, was für deren Gesundheit wirklich sehr förderlich war. Warum also hatte er einen solchen Ausraster bekommen? Er war gegangen, bevor er noch etwas sagte, dass ihm hinterher möglicherweise sehr leid tun könnte, es war das einzig richtige gewesen, auch wenn er die Anderen damit im Ungewissen ließ. Er musste sich erstmal selbst wieder unter Kontrolle bringen. Seine brodelnden Gefühle zum Trotz hielt seine Maske noch, aber er fragte sich ernsthaft wie lange. Irgendetwas an Omis gestottert hatte eine Lawine in ihm losgetreten, eine von der Sorte, die man nicht aufhalten konnte, egal wie weit und wie lange man lief. Er hasste den Gedanken, sich nicht mehr beherrschen zu können, etwas zu tun, dass er später bereute und er hasste sich selber dafür, dass er dem Kleinen wehgetan hatte. Er liebte den Jungen wie einen Bruder, auch wenn er es niemals zugeben würde, schon allein deshalb nicht, weil er sich wie ein Verräter an Aya-chan vorgekommen wäre. Aber er wusste genau, dass er alles getan hätte, um den Kleinen glücklich zu sehen, dass er alles versuchte, um ihn zu schützen, dass er auch deshalb heute vor der Schule nahe daran gewesen war, sich den kleinen Schwarz vorzuknöpfen. Und doch... noch einmal rasten Gesprächsfetzen durch seinen Kopf, noch einmal hörte er Omis Versuche, sich zu entschuldigen... //... weil... weil er mir leid getan hat... er ist da doch auch nur ein Schüler... es war einfach so... normal...// Dazu kam auch noch der flehende Blick auf großen, blauen Augen, der sich ihm eingebrannt hatte. Durfte er wirklich so vermessen sein, und Omi für seine Gutherzigkeit tadeln, vielleicht sogar verachten? Er hatte nicht gezögert, als es daran ging, den Jungen aus der Gewalt seiner psychopathischen Familie zu befreien, er hatte nicht einmal eine Sekunde lang darüber nachgedacht, dass es vielleicht eine Falle hätte sein können, er hatte den Kleinen getröstet, war für ihn da gewesen, obwohl es seiner kalten Schale schadete, Omi einen Blick hinter die Maske gewährt hatte, etwas, dass er niemals hätte zulassen dürfen. Und doch war es geschehen. War es unrecht, war der Junge einem Klassenkameraden half? Nein, das ganz sicher nicht, es hätte ihn doch stark gewundert, wenn es anders gewesen wäre, aber ausgerechnet DIESER? Und Ken, was war mit Ken? War es Unrecht, mit einem Jüngeren Fußball zu spielen? Auch diese Frage musste er verneinen, aber ausgerechnet mit dem FEIND? Durfte er das dulden? WOLLTE er das dulden? Omi hatte schon Recht, wenn er sagte, dass Prodigy in diesem Moment so... normal gewesen war. So normal, wie ein Killer, der zur Schule ging, so normal, wie ein Mörder, der Nachmittags mit Kinder spielte, so normal, wie ein Attentäter, der nachts durch Clubs zog und Weiber aufriss, so normal wie ein verdammter Schwertkämpfer, der heimlich seine kleine Schwester im Krankenhaus besuchte, damit niemand etwas von seiner Vergangenheit erfuhr.... Aya ließ sich gegen die nächst beste Hausmauer sinken und vergrub das Gesicht in den Händen. Die Gedanken hinter seiner Stirn rasten, ließen seinen Atem schneller gehen. Für einen kurzen Moment hatte er das Gefühl, verrückt zu werden, endgültig durchzudrehen. Es war nicht die Empfindung, die er hatte, wenn er etwas mitbekam, das mit Takatori zu tun hatte, nein es war das niederschmetternde Gefühl, dass alles zu viel wurde, ihm über den Kopf wuchs, nicht mehr unter seiner Kontrolle war. Doch nach ein paar Augenblicken siegte die Vernunft wieder, die selbe kalte Entschlossenheit, die ihn davor bewahrt hatte, den Verstand zu verlieren, als seine Eltern starben, die ihn befähigt hatte, sein Schwert zu ergreifen und Nacht für Nacht auf die Jagd nach dem Abschaum der Menschheit zu gehen, die ihn die Wand um sich herum hatte aufbauen lassen, die fast nichts und niemand durchdringen konnte. Niemand außer einem kleinen, schmächtigen Jungen mit großen, blauen Augen und der Fürsorge einer Mutter Theresa. Wider willen verzog sich sein Mund zu einem Lächeln, etwas, dass er nicht oft tat. Er dachte gerade absoluten Blödsinn und es amüsierte ihn, als er das selbst merkte. Mutter Theresa, so ein Schwachsinn, er sollte vielleicht weniger lesen und mehr schlafen... sein Lächeln wurde wehmütig. Irgendwie stimmte sein Gedanke ja, der Kleine half allem und jedem, egal wie unfreundlich, beleidigend oder eiskalt er war. Er hatte sich nicht durch seine harte Schale abschrecken lassen, war beharrlich geblieben und sich schließlich einen Platz in seinem Herzen erobert, auch wenn es noch so kalt war. Er seufzte leise, denn die Erinnerung, die dadurch heraufbeschworen wurde, verursachte ein leichtes Ziehen in seiner Brust. Irgendwie war er neugierig, wie sich Omi und Aya-chan verstanden hätten, die beiden würde sicherlich ein niedliches Paar abgeben.... aber dazu würde es niemals kommen, niemals... und außerdem wurde er seit ungefähr zehn Minuten beobachtet, meldete ihm soeben ein kleiner Bereich seiner Wahrnehmung, der bis jetzt von seinen außergewöhnlich starken Gefühlen verdrängt worden war. Ruckartig richtete er sich auf und sein Gesicht wurde wieder zu der üblichen, starren Maske, als er sich umsah. Weit musste er nicht schauen, da, keine fünf Meter vor ihm stand er, wie aus dem Boden gewachsen. Er musste wirklich tief in Gedanken gewesen sein, da er ihn nicht hatte kommen hören, die fremde Präsenz nicht gespürt hatte. Soweit er wusste konnte der sich nicht teleportieren wie Mastermind, zumindest hatte er es noch niemals mitbekommen. Seine Haltung war angespannt, als würde er einen Angriff erwarten, doch Aya war für den Moment viel zu verwirrt, zu aufgewühlt und zu verwundert, um an so etwas überhaupt zu denken. Mal ganz abgesehen davon, dass sie sich hier in der Öffentlichkeit befanden und er deshalb sowieso nichts machen konnte. Sein Katana lag auch zu Hause und er schalt sich innerlich für seine Dummheit aus, in Zeiten wie diesen ohne Waffe aus dem Haus zu gehen, nicht mal ein Wurfmesser hatte er mitgenommen, so überstürzt, wie er weggerannt war. Nicht, dass er gegen die verfluchten, übersinnlichen Kräfte eine Chance gehabt hätte. Was wollte der denn eigentlich? Stand da drüben und starrte ihn an, als gäbe es nichts Interessanteres zu sehen. Nicht einmal gerührt hatte er sich. Und warum war er überhaupt hier? Wollte er ihn erledigen, jetzt, wo er allein und ohne Waffe unterwegs war? War für die kleine Kröte bestimmt kein Problem, der musste nur einmal mit der Wimper zucken und er war so platt wie von einer Dampfwalze überrollt. Ein kleiner Teil seines Bewusstseins lachte sich gerade über ihn kaputt, seinen Sarkasmus hatte er ganz offensichtlich trotz allem doch nicht verloren, auch wenn er nur äußerst selten zum Vorschein kam. Vielleicht wurde er ja schizophren? Oder er bekam mehrere Persönlichkeiten, weil er den seelischen Druck nicht mehr aushielt. Viel wahrscheinlicher war allerdings, dass er einfach nur verflucht durcheinander war, sonst nichts. So ungern er es auch wahrhaben wollte. Er war eben doch nur ein Mensch und auch er hatte eine Belastungsgrenze. Der wenige Schlaf in Verbindung mit den heutigen Erlebnissen war schon Grund genug, ein wenig abzudrehen. Als sich sein kleineres Gegenüber immer noch nicht rührte, zwinkerte er kurz, befahl seinen Gedanken, die Klappe zu halten und zwang seine Gefühl zur Ruhe. Er brauchte jetzt all seine Aufmerksamkeit, auch wenn es ihm noch so schwer fiel. Der Junge machte keine Anstalten, seine Absichten zu erklären, also wäre es wohl das Beste, einfach mal nachzufragen. "Was willst du?" Gut, seine Stimme klang wie immer, eiskalt, abschätzend, gefühllos höchstens ein wenig rau, aber das machte nichts. Er sah, wie Prodigy zusammenzuckte und ihn ansah, als hätte er eben ein Gespenst gesehen, bevor sein Gesicht wieder absolut ausdruckslos wurde. "Mastermind hat mir gesagt, wo du bist...", kam die unzusammenhängende Antwort. "Oracle schickt mich..." Aha, da kam man also der Sache näher. Beinahe hätte sich eine rote Augebraue steil gehoben, doch sie blieb dank guter Beherrschung, wo sie war. Auch sonst verließ kein abfälliges Geräusch die zusammengepressten Lippen des Weiß-Leaders, so gerne es auch hinaus wollte. Der arrogante Sack von einem Ami schickte den Jungen? Warum kam er denn nicht selbst? War sich wohl zu fein. Prodigy schien seine Gedanken zu erraten. "Er hat geschäftlich zu tun und befürchtet, dass du auf Mastermind sofort losgehen würdest...", meinte er deshalb erklärend. Aya blinzelte leicht überrascht. das hatte er dann doch nicht erwartet. Wollte Oracle etwa den Kindheitsfaktor seines Hackers nutzen oder was? Ok, so furchtbar Unrecht hatte er ja nicht, bei Mastermind hätte er wohl wirklich erst zugeschlagen und gar nicht erst zugehört, was wohl auch an der Art des Deutschen lag. Und dass er Farfarello nicht schickte, verstand sich ja von selbst. Blieb also nur noch das Kind... Die gleichgültige stimme riss ihn wieder in die Wirklichkeit. "Er will dich treffen.... zwei von euch und zwei von uns, du kannst wählen, wen du mitnimmst.... komm nicht allein, komm nicht mit mehr, so ist der Deal... keine Waffen..." Aya glaubte für einen Moment, sich verhört zu haben. Was sollte das denn? Warum zum Henker wollte der Kerl sich mit ihm treffen. Und, was die viel wichtigere Frage war, warum sollte er sich mit dem Feind treffen wollen, mit dem Mann den er bis aufs Blut hasste, fast so sehr verabscheute wie seinen Auftraggeber? "Warum sollte ich?", gab er deshalb zurück, denn diese Frage konnte er sich nicht verkneifen. Prodigy blinzelte etwas. "Er hat dir ein Angebot zu machen... hör es dir an, es wäre in deinem Interesse... Mastermind kann eine menge Sachen mit Menschen anstellen... auch mit solchen, die schon fast tot sind..." Er brach kurz ab, schien zu überlegen, ob er nun schon zu viel gesagt hatte, kam aber wohl zu dem Schluss, dass es in Ordnung war. "Übermorgen Nacht um drei im Park am Fußballfeld... du kennst die Stelle..." Damit drehte er sich um und war nach wenigen Sekunden aus Ayas Blickfeld verschwunden. Ein verwirrter Blick aus amethystfarbenen Augen folgte ihm. Taumelnd ließ sich der Weiß wieder gegen die Hauswand sinken. Was zum Teufel hatte DAS zu bedeuten gehabt? Der Kleine hatte keinen Versuch gemacht, ihn anzugreifen, obwohl sie zumindest momentan keine Zuschauer gehabt hatte, er hatte ihm nur eine Botschaft überbracht, aber was für eine! Was sollte er denn mit diesem Rätsel anfangen? //Mastermind kann eine Menge Sachen mit Menschen anstellen... auch mit solchen, die fast schon tot sind... auch mit solchen, die fast schon tot sind... fast tot...// Er hatte das dringende Gefühl, dass er die Antwort ganz genau kannte, doch er war zu aufgewühlt, sie zu erkennen. Am besten sah er erstmal zu, dass er sich wieder in den Griff bekam, bevor er weitere Schritte plante. Er musste nachdenken und zwar dringend! Langsam wandte er sich um und ging in die Richtung zurück, aus der er gekommen war, gelangte nach kurzer Zeit an eine Bushaltestelle und wartete einfach. //...fast tot...... fast...// ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nagi zwang sich dazu, nicht schneller zu gehen. Am liebsten wäre er einfach weggerannt, aber er musste stark sein, obwohl er innerlich zitterte. Natürlich hätte ihm Abyssinian niemals etwas antun können und doch waren seine Knie weich, als hätte er eben ein Gespenst gesehen. Sein Mund verzog sich abfällig. So weit hergeholt war das gar nicht, so wie sein Feind ausgesehen hatte. Leichenblass im Gesicht, was durch die blutroten Haare nur noch verstärkt wurde, Schweiß auf der Stirn und einen ganz leicht irren Blick, der ihm im ersten Moment einen kalten Schauer über die Wirbelsäule gejagt hatte. Doch das war nicht das eigentliche Problem, so sah der ja meistens aus, vor allem, wenn er auf Schwarz traf. Was ihn wirklich erschüttert hatte, war das Lächeln auf den Lippen des gegnerischen Leaders, zuerst amüsiert, dann ganz eindeutig wehmütig, als würde er an etwas denken, dass ihm Schmerz verursachte und zugleich schön war. Was hatte er neulich gelesen... bittersüß, ja so hatte das Lächeln ausgesehen. Irgendein Schriftsteller hatte diese Empfindung in einem Roman beschrieben, er wusste nur nicht mehr wer oder wann, aber wenn er ein Bild davon hätte machen sollen, dann wäre es dieses Lächeln auf dem Gesicht des Rothaarigen. Er ertappte sich bei der Frage, an was der andere wohl gedacht hatte, dass so schön und bitter zugleich war. Es rührte etwas in ihm, etwas, dass er schon lange glaubte, vergessen zu haben... Mitgefühl. Abyssinian hatte ihm Leid getan. Seine Stirn runzelte sich unwillig. So was durfte nicht passieren, Omi fing wohl schon an, auf ihn abzufärben und das nach dem ersten Tag. Er seufzte leise und kickte einen Stein vor sich her über den Bürgersteig. Dieses Gefühl von Anteilnahme hatte sich noch verstärkt, nachdem er die Botschaft überbracht hatte, die ihm von Brad gegeben worden war. Er verstand sehr gut, wie verwirrt sein Feind wohl gewesen sein musste, ihm selbst ging es ja nicht anders. Er war, nachdem Brad gegessen hatte, aus dem Zimmer geschickt worden, während sein Leader Schuldig gerufen und mit ihm eine ganze Zeit diskutiert hatte. Zu gerne hätte er gewusst, um was es ging, denn dass es etwas mit der erzwungenen Vision vom Morgen zu tun hatte, war ihm klar und er machte ich sorgen um Brad. Nach einer knappen halben Stunde war der Orangehaarige wieder aufgetaucht und hatte ihn reingeschickt. Sein Leader sah noch blasser und schlechter aus als vorher, irgendwas schien ihm große Sorgen zu bereiten, dass sagte Nagi schon der Blick mit dem er ihn bedachte. Doch er hatte nichts dazu gesagt, ihm nur den Auftrag gegeben und gemeint, dass Schuldig gerade herausfinden würde, wo Abyssinian sich aufhielt, dass es keine Schwierigkeiten geben würde. Dann war er auch schon wieder eingeschlafen, wobei die Sorgenfalten noch nicht einmal jetzt aus seinem Gesicht verschwinden wollten. Er hatte die Mission erfüllt, aber jetzt war er noch verwirrter als zuvor. Nie hätte er gedacht, den kühlen, berechnenden Rothaarigen einmal so vorzufinden, offensichtlich am Ende mit allem, völlig fertig auf gut japanisch. Das gab ihm dann doch wirklich zu denken, denn er glaubte nicht an Zufälle. Beide Leader in desolatem Zustand, obwohl sich der gegnerische noch sehr gut beherrschen konnte, aber das musste doch irgendetwas zu bedeuten haben oder? Er lief etwas schneller, jetzt wo er außerhalb von Abyssinians Sichtweite war. Der Andere folgte ihm nicht, was ihm ganz recht war, er hatte nicht die geringste Lust, jetzt noch einen rießen Umweg machen zu müssen, nur um Verfolger abzuschütteln. Er war nahe dran an der heimatlichen Villa, erstaunlich, wie weit Abyssinian in der kurzen Zeit gelaufen war. Er musste wirklich gerannt sein, als wäre sein schlimmster Alptraum hinter ihm her. Wenig später erreichte er sein Zuhause, betrat das große Gebäude leise, wie immer wenn er nicht gerade extrem schlecht gelaunt war. Im Moment war er eher nachdenklich eingestellte, als er seine Schuhe auszog und ins Wohnzimmer schaute, wo nur der Ire auf dem Sofa saß und mit Notizblock irgendeiner Kochsendung im Fernsehen folgte. Er hatte zwar noch Hausaufgaben zu machen, aber irgendwie wollte er im Moment nicht alleine sein, deswegen gesellte er sich zu seinem Kollegen auf das Sofa, zog die Beine an und schlang die Arme darum. Er spürte, wie die Aufmerksamkeit Farfs von dem Fernsehprogramm auf ihn überging, wie ihn das goldene Auge musterte. Für einen kurzen Moment hatte er den Eindruck, dass der Weißhaarige etwas sagen wollte, doch dann blieb er stumm, was dem Jungen auch ganz recht war. Er wollte sich jetzt berieseln lassen und ein bisschen nachdenken. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Er war wirklich verflucht weit gelaufen, das merkte er jetzt, wo er mit dem Bus zurückfuhr sehr deutlich. Sechs Mal musste er umsteigen, um überhaupt in eine bekannte Gegend zu kommen, das letzte Stück lief er wieder, weil er in Ruhe nachdenken wollte. Am Liebsten wäre er jetzt ins Krankenhaus gefahren, hätte sich ein wenig mit Aya-chan unterhalten... naja hätte ein paar Worte zu ihr gesagt, aber es gab da noch etwas, was er unbedingt vorher erledigen musste und das wartete im Koneko in seinem Zimmer, war wahrscheinlich immer noch todunglücklich, nur weil er selbst sich nicht besser in der Gewalt gehabt hatte. Er wusste nicht, wie er sich am besten bei Omi entschuldigen sollte, er hatte nicht mal den blassesten Schimmer einer Ahnung. Er hatte so was seit Jahren nicht mehr gemacht, konnte man es verlernen, um Verzeihung zu bitten? Anscheinend, denn alle Worte, die ihm einfielen, klangen entweder gestelzt, arrogant, geheuchelt oder schlichtweg bescheuert. Vielleicht sollte er auch einfach gar nichts sagen, und darauf hoffen, dass Omi ach so verstehen würde? Aber das wäre dann doch zu mies.... Ehe er sichs versah, stand er auch schon wieder vorm Koneko. Der Rollladen war zwar noch nicht heruntergelassen worden, aber er sah auch keine Kundschaft mehr hinter der Glasscheibe, nur Ken, der irgendwas auffegte. Seufzend betrat er den Laden. Was hatte der Trottel denn jetzt schon wieder kaputt gemacht? Dem Haufen Scherben nach zu urteilen, irgendwas wertvolles... Er blieb knapp vor seinem Kollegen stehen, doch es dauerte eine ganze Weile, bevor er bemerkt wurde. Der Fußballer fuhr mit einem erschrockenen Keuchen zurück, als er beinahe Füße, die in schwarzen Stiefeln steckte, mit aufgekehrt hätte. "Man, Aya, musst du dich immer so anschleichen?", moserte sein Gegenüber auch sofort los und bewarf ihn mit bösen blicken... oder das, was er dafür hielt. Der Rothaarige überlegte einen Moment ernsthaft, ob er dem Braunhaarigen nicht mal Unterricht geben sollte, DAVOR hatten jedenfalls noch nicht mal die Schulmädchen Angst! Er schüttelte leicht den Kopf, sah dann auf den Berg Scherben und Erde zwischen ihnen. Er stellte keine Fragen, aber das musste er auch gar nicht. Ken zog leicht das Genick ein und wirkte auf einmal sehr schuldbewusst. "Naja, weißt du... Yohji und ich....", begann er etwas stotternd, doch eine blasse, schmale Hand, die sich leicht hob, hinderte ihn am Weitersprechen. Aya wollte gar nicht wissen, was die beiden wieder angestellt hatten, Gott, die waren ja schlimmer als Kleinkinder, keine Sekund konnte man sie aus den Augen lassen, ohne dass sie irgendwelchen Blödsinn machten. "Wo ist Omi?" Ein verwirrtes Blinzeln aus dunkelbraunen Augen, die jedoch sofort einen seltsamen Ausdruck annahmen, folgte. Irgendwie verschloss sich Kens Gesicht, auch wenn der Rothaarige sich das nicht so ganz erklären konnte. Missmutig fegte der Fußballer weiter. Seine Wut war während der vergangenen Stunden etwas abgekühlt, aber lange nicht so, dass er nicht mehr sauer auf seinen Leader war, ganz und gar nicht. Er wollte ihn nur nicht mehr sofort umbringen, ein Vorteil wenn man bedachte, dass sie ohne den Rotschopf schlichtweg aufgeschmissen waren. Doch der schien sich nicht weiter aufhalten zu wollen, gar nicht auf eine antworte zu warten, so viele Plätze im Haus, wo sich ihr Jüngster aufhalten konnte, gab es ja auch nicht. Wortlos stiefelte er an Ken vorbei in den Wohnbereich, ließ Yohji einfach stehen, der gerade aus der Küche kam und ihn aufhalten wollte, nach einem einzigen Blick aus eiskalten Amethysten aber dann doch lieber aufgab und sich zu Ken in den Laden verzog. Aya schlüpfte aus seinen Stiefel, hinein in seine Hausschuhe und hängte seinen Mantel, sowie seinen Schlüsselbund ordentlich an ihre Plätze. Mit einem raschen Blick in die Räume des untern Stockwerks überzeugte er sich davon, dass Omi hier nirgends war, stieg dann die Treppe nach oben. Der Kleine würde um diese Uhrzeit sicher Hausaufgaben machen. Vor der Tür mit dem Hundewelpenposter blieb er einen Moment lang stehen. Er hob eine Hand, wagte aber nicht, anzuklopfen. Im gleichen Augenblick schalt er sich einen Feigling. Er hatte das ganze angezettelt, jetzt musste er es auch ausbaden, so einfach war das und er würde sich sicher nicht drücken. Entschlossen klopfte er leise mit den Fingerknöcheln gegen das helle Holz, wartete geduldig auf eine Antwort und trat erst ein, als der Junge auf der anderen Seite ihn dazu aufforderte. Mit einem harschen Befehl zwang er seine flatternden Nerven unter Kontrolle und rückte noch einmal seine Maske zurecht, betrat dann das Zimmer ihres Jüngsten. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Omi nahm sich seine Schultasche und verschwand die Treppe nach oben. Appetit hatte er keinen mehr, definitiv nicht, dafür fühlte er sich viel zu mies. Er fühlte sich... wie ein Verräter, obwohl er doch eigentlich gar nichts schlimmes gemacht hatte. Und trotzdem hatte er das Gefühl, Ayas Vertrauen missbraucht zu haben. Ok, sein Leader hatte ihm nie von seiner Vergangenheit erzählt, aber er hatte davon gewusst und Nagi trotzdem geholfen. Seufzend schloss er die Zimmertür hinter sich und ließ sich geknickt auf seinen Schreibtischstuhl fallen. Er vergrub das Gesicht in den Händen, fuhr sich verzweifelt durch die wuscheligen, blonden Haare. Alles, was er im Moment tun konnte, war warten und hoffen, dass Aya nichts Dummes anstellte. Eigentlich glaubte er das ja nicht, aber man wusste bekanntlich nie. Und bei dem Temperament des Rothaarigen, wenn es denn mal durchbrach, war ihm alles zuzutrauen. Aber er musste sich doch unbedingt entschuldigen, wenn sein Anführer wieder da war, auf der Stelle und er musste ihm versprechen, nie wieder ein Wort mit Na... Prodigy zu wechseln. Es würde ihm zwar nicht leicht fallen, das wusste er jetzt schon, aber ihm blieb nichts anderes übrig, er musste das Vertrauen seines Leaders wiedergewinnen, um jeden Preis. Omi schüttelte den Kopf leicht, um den Kopf etwas klarer zu bekommen, packte dann seine Mathehefte aus und versuchte, sich auf die komplizierten Rechnungen, die sie als Hausaufgabe bekommen hatten, zu konzentrieren. Ein sinnloses Unterfangen, wie er nach einer halben Stunde feststellen musste. Trotzdem machte er verbissen weiter, sonst würde er sich nur noch mehr Ärger einhandeln, wenn er morgen Anschiss von seinem Lehrer und womöglich eine Mitteilung mit nach Hause bekam. Aya war zwar nicht sein offizieller Vormund, aber er hatte schon ganz am Anfang die Aufgabe übernommen, solche Sachen zu unterschreiben. Zwei stunden und ein halbes Duzend Blockblätter später, war er keinen Schritt weitergekommen und nahe am Verzweifeln. Er konnte auch keinen der anderen fragen, Ken hatte keine Ahnung von höherer Mathematik, der hatte ja die Schule fürs Fußball nach seinen Pflichtjahren sausen lassen und Yohji hatte nie wirklich aufgepasst. Manchmal fragte sich Omi wirklich, wie der Playboy überhaupt seinen Abschluss geschafft hatte, so dumm, wie der sich manchmal anstellte. Er war fast soweit, dass er den Kram frustriert wegpacken wollte, und sich lieber noch seinen Japanischaufgaben widmete, als es leise an seiner Tür klopfte. Er erstarrte einen Moment, denn so ein Geräusch machte nur einer. Ken kam meistens sowieso rein, ohne vorher zu klopfen und Yohji schlug immer gegen das Holz, als wäre es für alles Unglück der Welt verantwortlich. Nur Aya klopfte leise und doch deutlich hörbar. Omi schluckt hart, schaffte es dann aber, ein 'herein' herauszuwürgen. Würde jetzt das große Donnerwetter folgen, dass er sich die ganze Zeit unbewusst ausgemalt hatte? Aus großen Augen sah er seinem Leader entgegen, wie er herein trat, die Tür leise hinter sich schloss, dann auf ihn zukam. Unbewusst duckte er sich ein wenig, sammelte schon Wörter auf seiner Zunge. Ihm fiel auf, dass Aya noch blasser geworden war, die Ringe unter seinen Augen tiefer. Überhaupt wirkte er erschöpft, auch wenn er versuchte, es zu überspielen. Einem weniger aufmerksamen Beobachtet wäre es wohl gar nicht aufgefallen, aber der blonde Junge kannte seinen Anführer inzwischen gut, zumindest was dessen äußere Erscheinung betraf. Er senkte betreten den Blick, schämte sich dafür, den Anderen so angestarrt zu haben, da er genau wusste, wie sehr sein Leader das hasste. Noch bevor der Rotschopf irgendetwas sagen konnte, sprudelte Omi bereits los. "Aya-kun... es tut mir so leid, bitte, ich hab einfach nicht nachgedacht, ich wollte nicht das Team verraten oder so etwas, ich hab auch gar nicht mit ihm über Missionen geredet oder auch nur daran gedacht, wirklich nicht und es war nicht meine Absicht, mich mit ihm anzufreunden, gar nicht, ich wollte nur ein bisschen nett sein, wie zu jedem anderen auch und ich werde natürlich nie wieder ein Wort mit ihm reden, ich schaff das, ganz bestimmt! Nur Aya-kun... Aya bitte verzeih mir..." Tränen standen in den großen Augen und man sah, wie der Rothaarige deutlich zusammenzuckte. In den violetten Augen blitzte deutlich Schmerz auf, auch wenn Omi nicht deuten konnte, worauf sich dieser bezog, er nahm einfach mal an, dass es auf seinen Verrat gemünzt war. Schon hob er an, noch mehr zu sagen, da fühlte er, wie sich schlanke, kühle Finger auf seine Lippen legten. Verwirrt schloss er den Mund wieder und blickte sein Gegenüber an. Was sollte das denn jetzt? Doch er traute sich nicht, nachzufragen. Die Sekunden vergingen, bevor Aya endlich antwortete. "Es gibt nichts zu verzeihen, Omi." Der Junge blinzelte leicht. Durfte er seinen Ohren trauen, hatte der Rothaarige da gerade im ernst verlauten lassen, dass er ihm nicht böse war, dass er keinen Verrat begangen hatte, dass es nicht schlimm war... Moment er sollte vielleicht nicht so viel interpretieren. Er wollte eine Frage stellen, doch wieder wurde er unterbrochen. "Ich muss mich entschuldigen, ich habe... überreagiert... es tut mir leid Omi, es war nicht meine Absicht dich zu verletzen... und du musst dich in der Schule nicht von Prodigy fernhalten, wenn du nicht willst... du hast absolut recht, dort seit ihr einfach nur Schüler, nichts weiter..." Wow. Überfahren starrte der Blonde Junge den Älteren an. Das erste was ihm aufging war eigentlich nicht der Sinn der Worte, die noch etwas brauchten, bis sein Gehirn sie verarbeitet hatte, sondern die Länge der Sätze. Und es waren noch gleich mehrere hintereinander. //Das wäre was für Yohji und den Kalender...//, schoss es ihm irr witzigerweise durch den Kopf. "Aber... Aya..." Er wusste nicht, was er sagen sollte, sein Leader hatte ihm verziehen, hatte wirklich gesagt, dass es nicht schlimm war, wenn er den Feind nett behandelte, hatte einen FEHLER zugegeben, etwas, dass noch nie, niemals vorgekommen war. Und in diesem Moment konnte Omi einfach nicht anders. Er warf sich Aya in die Arme, spürte erstaunt, dass er aufgefangen und nicht sofort weg geschoben wurde. Wieder stiegen ihm die Tränen in die Augen und wieder konnte er sie nicht zurückhalten. Er fühlte, wie schmale Hände ihm tröstend über den Rücken strichen, ihn an den warmen, schlanken Körper drückten, spürte die Zuneigung, die der Rothaarige nur so ausdrücken konnte, die ihm aber so unendlich viel bedeutete. Aya ließ den kleinen einfach weinen, streichelte ihm über den Rücken, wartete geduldig, bis er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, das war er ihm einfach schuldig. Er ließ die Nähe zu, vor der er seit über zwei Jahren geflüchtet war, die er nie hatte zulassen wollen und spürte erstaunlicherweise, wie sich auch seine eigenen, aufgewühlten Gefühle und Gedanken langsam beruhigten, wie sich die Wogen langsam glätteten und ihn zur Ruhe kommen ließen, wie er nach und nach wieder klar denken konnte, sich wieder vollständig in den Griff bekam. Und er war Omi dankbar dafür, auch wenn der Junge nichts davon mitbekam. Nach einiger Zeit verebbten die leisen Schluchzer schließlich und der Kleine löste sich langsam von ihm, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und lächelte verlegen. "Danke Aya...", nuschelte er leise und setzte sich schließlich wieder. Und Aya ließ es zu, dass sich seine Mundwinkel etwas hoben, schenkte dem Jüngeren ein Lächeln, dass dieser wirklich glücklich zu machen schien. Er schaute von dem etwas verheulten Gesicht auf den Schreibtisch, auf dem sich die Papiere und zerknüllte Zettel türmten. Schnell trat er noch einen Schritt näher und beugte sich über die Notizen, überflog sie kurz, nahm sich dann einen Stift und kritzelte ein paar Zeichen und Zahlen in seiner feinen, sauberen Handschrift aufs Papier. Dann richtete er sich wieder auf und fuhr Omi kurz über den blonden, zerzausten Schopf, bevor er sich zum Gehen wandte. Der Blick des Jungen und ein strahlendes Lächeln verfolgten ihn bis zur Tür. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Zwei Tage später lag Aya auf seinem Bett und versuchte, ein Loch in seine weiße Zimmerdecke zu starren. Jedenfalls würde es einem heimlichen Beobachter so vorkommen, denn bis auf gelegentliches Zwinkern rührte sich kein Muskel in dem schlanken Körper. Schon geschlagene drei Stunden ging das so, inzwischen war es draußen dunkel, das Abendessen lange vorbei. Yohji war auf Streifzug durch die Bars, Ken sah sich im Wohnzimmer ein Fußballspiel an, Omi machte in seinem Zimmer Hausaufgaben. Und noch immer war die Frage, wen er heute Abend mitnehmen würde. Denn dass er ging, stand unwiderruflich fest. So viel ihm seine Kollegen auch bedeuteten, seine Schwester hatte absoluten Vorrang, seinen Schwur würde er nicht brechen, niemals! Doch wer sollte ihn begleiten? Dass es ganz sicher nicht der blonde Playboy sein würde, hatte relativ schnell festgestanden, Yohji würde mit seinen dummen Kommentaren das Treffen womöglich platzen lassen. Seine erste Wahl wäre natürlich Omi gewesen, schon alleine aufgrund von dessen ausgeglichenem Temperament. Aber konnte er das dem Jungen auch wirklich zumuten? Nicht nur, dass er ihn in höchste Gefahr bringen würde, sollte schwarz ihnen eine Falle stellen, wovon er eigentlich fast ausging, nein, er musste auch noch zusehen, sogar mithelfen, wie er womöglich mit dem Erzfeind paktierte. Ken konnte er allerdings auch nicht mitnehmen, dessen Hitzkopf war viel zu stark aufgeprägt. Eine dumme Bemerkung, und sein Temperament ging mit dem Fußballer durch. Nicht auszudenken, falls Oracle Mastermind mitbringen sollte, was ja nicht auszuschließen war. Also doch Omi. Seufzend erhob der Weiß-Leader sich und machte sich auf den Weg ins Zimmer des Chibis. War der eigentlich immer schon so kurz gewesen? Sonst war er ihm immer länger vorgekommen. Wieder stand er vor der Tür, wieder zögerte er, anzuklopfen. Er hatte ein vages Gefühl von déja-vue, bevor er ärgerlich den Kopf schüttelte und gegen das Holz pochte. Die Antwort kam diesmal prompt und er trat ein. Omi sah ihm fragend entgegen und sein Herz krampfte sich einen Moment lang zusammen. Kurz, für die Dauer eines Lidschlags war er versucht, einfach wieder zu gehen, doch Ken mitzunehmen, oder Yohji anzurufen, doch dann sah er in die blauen Augen, wusste, dass er niemandem mehr vertrauen konnte als diesem schmächtigen Jungen. "Hallo Aya-kun... was gibt's?" Aya atmete noch einmal tief durch, bevor er sich auf das Bett des Jüngeren setzte und schließlich anfing zu sprechen. Er tat das sonst nie und vielleicht begriff der Kleine deshalb von Anfang an den Ernst der Lage. "Hör zu, Omi. Ich hab heute Abend eine Mission, eine sehr private... und ich muss jemanden aus dem Team mitnehmen. Es ist verdammt gefährlich, vielleicht tödlich..." Noch einmal holte er tief Luft, gab Omi die Zeit, schon jetzt zu protestieren, doch der Junge blieb stumm und so machte er weiter. Es war an der Zeit, sein Geheimnis zumindest einer Person zu offenbaren, auch wenn er es so knapp wie möglich halten würde. "Ich habe eine kleine Schwester, die im Koma liegt. sie ist der Grund, warum ich für Weiß kämpfe. Und jetzt wurde mir ein Angebot gemacht, dass mir vielleicht erlaubt, den Verursacher ihres Zustands endlich auszuschalten..." Jetzt, wo er es erzählte, klang es selbst in seinen eigenen Ohren unwahrscheinlich, unglaubwürdig, fast schon fantastisch. Den Teil der Botschaft, den er bis jetzt nicht deuten konnte, ließ er lieber weg, alles musste Omi auch nicht wissen. Noch immer schwieg sein Kollege, was er als Zeichen nahm, weiter zusprechen. "Der Haken an der ganzen Sache ist der, oder besser die, die mir diesen Deal angeboten haben..." Omis Augen weiteten sich und Aya konnte praktisch sehen, wie der Junge verstand. "Schwarz." Der Rothaarige nickte. "Ja, Schwarz. Prodigy hat mich vorgestern Nachmittag abgepasst und mir die Botschaft von Oracle überbracht. Zwei von ihnen, zwei von uns, heute Nacht im Park." Der Blonde riss die Lider noch weiter auf. "Und du willst MICH mitnehmen?", fragte er etwas ungläubig, suchte im Gesicht seines Leaders nach Zweifel, Zögern, Irgendwas, doch der sah ihm nur ruhig entgegen. Sonst fragte er nichts, bohrte nicht nach, wollte keine Antworten wissen, die er ohnehin schon lange kannte. Und Aya war froh darüber, froh, dass er nicht mehr sagen musste, dass Omi noch nicht mal wissen wollte, WER denn der Verursacher war, es hätte dem Jungen nur noch mehr Schmerz bereitet, wenn er gewusst hätte, dass auch diese Tat auf das Konto seines Vaters ging. "Ja, erstens brauche ich eine Fernwaffe für den Notfall und zweitens....." Diesmal zögerte er leicht, bevor er es aussprach, es offenbarte einfach zu viel von ihm. "... zweitens... vertraue ich dir." Diese Worte trieben dem Kleineren auch prompt die Tränen in die Augen. "Aya... ich.... danke Aya!" Es war ein so wahnsinnig gutes Gefühl, sein Leader, sein großer Freund vertraute ihm, sprach es sogar aus und Omi war sich ziemlich sicher, dass er das noch nie zu jemandem gesagt hatte, zumindest nicht, seit Aya-chan im Koma lag. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass ausgerechnet er dieses Vertrauen verdient zu haben schien , auch wenn er wirklich nicht wusste mit was. Er konnte nachvollziehen, wie schwer dem Rotschopf seine Offenbarung, die Lüftung zumindest eines Teils seines Geheimnisses gefallen sein musste, wo er doch so immer darauf bedacht war, seine drei Kollegen auf Abstand zu halten. Doch Aya wehrte rasch mit einer knappen Handbewegung ab. Es war ungewohnt, so viel zu sprechen, so viel von sich zu zeigen und er war sich sicher, dass er dieses Gefühl nicht mochte. "Danke mir nicht... vielleicht wirst du die Nacht nicht überleben, wenn du mit mir kommst..." Omi schüttelte nur den Kopf. "Ich bin ein Killer, irgendwann wird eben einer kommen, der schneller ist als ich und wenn das heute mein Schicksal sein sollte, kann ich auch nichts dagegen tun. Ich werde dir helfen!" Seine stimme klang fest entschlossen und er sah nicht so aus, als würde er noch davon abweichen, es sich überhaupt überlegen wollen. Und wenn Aya ehrlich war, dann erleichterte ihn diese Antwort ungemein. Hätte Omi abgelehnt, wäre er alleine gegangen, auf die Gefahr hin, das der Deal platzte. Ken hätte er sicher nicht noch gefragt. Langsam erhob er sich vom Bett. "In Ordnung, sei bis zwei Uhr fertig. Ken wird dann schon schlafen, er wollte morgen früh joggen gehen, Yohji ist dann noch längst nicht zurück. Und nimm ein paar Darts mit, die Armbrust lass hier, keinen Waffen hieß es..." Damit befand er, war alles gesagt, was gesagt werden musste und er ging zur Tür. Auch Omi blieb stumm, was sollte er auch antworten? Er würde sich noch etwas ausruhen, ein paar Pfeilspitzen präparieren und pünktlich fertig sein. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die Nacht war stockfinster. Kein Mond, kein einziger Stern war am Himmel zu sehen, nur das gelegentliche Blicken eines startenden oder landenden Flugzeugs. Es war kalt, ungewöhnlich, wenn man die Temperaturen des Tages bedachte, aber passend zur Stimmung der beiden Gestalten, die sich lautlos, nur als schatten sichtbar aus dem Hauseingang lösten. Kaum hörbare Schritte hallten auf dem Asphalt wider, ein unbedarfter Zuhörer hätte sie nicht einmal wahrgenommen. Es schien, dass das Sprichwort wirklich stimmte: der Tod kam auf leisen Sohlen und Aya und Omi machten ihren Codenamen alle Ehre, besser, leise, schneller hätte sich keine Katze fortbewegen können. Sie erreichten den Park innerhalb kürzester Zeit, ihre Schritte wurden langsamer. Sie würden genau pünktlich sein, nicht zu früh und nicht zu spät. Als Team eingespielt verständigten sie sich maximal mit knappern Gesten, kein Wort fiel, keine Bewegung würde unnötig gemacht. Um punkt drei Uhr traten sie aus dem Schatten der Baumgruppe am Fußballfeld, von der aus Aya schon Nagi und Ken beobachtet hatte. Im gleichen Augeblick lösten sich aus der Dunkelheit ein großer und ein kleinerer Umriss. Im blassen Schein der Straßenlaternen, die in einiger Entfernung brannte, konnte Aya den Schwarzleader, sowie den kleinen Telekineten erkennen. Erstaunlich, er hatte nicht erwartet, dass Oracle ausgerechnet Prodigy mitnehmen würde, er hätte eher auf Mastermind getippt. Aber so war es ihm auch recht. Noch machten die beiden keine Anstalten, irgendwie anzugreifen und die halbierten Teams blieben in gebührendem Abstand zueinander stehen. Der Amerikaner drehte den Kopf, nickte seinem kleinen Begleiter zu und Nagi erwiderte die Geste bestätigend. Automatisch spannten beide Weiß ihre Muskeln, wartete auf die erste Welle des telekinetischen Impulses, der sie wohl gegen die Bäume schleudern würde, doch nichts geschah. Prodigy trat zu Omi, berührte ihn ganz leicht am Arm und wenn man genau hinsah, konnte man fast ein zögerliches, sehr schüchternes Lächeln auf dem verschlossenen Gesicht erkennen. "Komm mit, wir gehen da rüber..." Die Stimme war kaum zu hören, aber Omi verstand. Doch erst als sein Leader ihm ein Zeichen gab, zu tun, was der Feind wollte, bewegte er sich wirklich vom Fleck, allerdings mit sehr gemischten Gefühlen. Er wollte Aya nicht alleine lassen, schon gar nicht mit Oracle, der Mann war ihm einfach unheimlich, nicht nur aufgrund seiner Gabe. Der Rothaarige fixierte sein Gegenüber mit dem üblichen, eisigen Blick, in den sich jetzt unverholener Hass gemischt hatte. "Nun Schwarz, ich höre? Ich bin hier, wie du wolltest, zwei von uns, zwei von euch, keine Waffen..." Der schwarzhaarige verzog geringschätzig die Lippen. "Keine Waffen? Soll ich nachprüfen? Ich wette der Kleine hat ein paar Darts mit Gift dabei, von dem Dolch in deinem Stiefel will ich gar nicht erst anfangen... aber lassen wir das, deswegen sind wir nicht hier..." Aya schwieg, wartete nur, dass der gegnerische Leader weiter sprach. Brad rückte seine Brille etwas zurecht. Er liebte es, den Rothaarigen so zappeln zu sehen, er würde jede Wette eingehen, dass der andere ihm am Liebsten an die Gurgel gegangen wäre, egal, wie aussichtslos die Sache eigentlich für ihn war. Wären seien Kopfschmerzen nicht, würde er das Spielchen sicher noch eine ganze Weile weitertreiben. Aus purem Sadismus wartete er noch ein paar Sekunden länger, bevor er schließlich wieder anhob. "Mastermind wird deine Schwester aufwecken." Sooo schluss für heute, aber für alle aufmerksamen, treuen Leserchen: Wer findet das eingebaute Zitat aus Herr der Ringe? (Gibt auch ne extra Widmung im nächsten Kapitel ^^") Kleiner Tipp: Es ist aus dem 2. Film (Die zwei Türme) ^^ Viel Spaß beim Suchen! Bye Cate Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)