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World of Faerûn - 4. Staffel

Begin Of A New Legend
von

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Vorwort, History und Prolog

Vorwort:

Hiermit leite ich also die 4. Staffel meiner Fantasie-Story ein. Die Geschichte spielt im Ad&D Universum in der mitteralterlichen Welt Faerûn. Die Geschichte basiert zwar auf dem Computerspiel Baldurs Gate 2, aber man muss es nicht kennen um die Geschichte zu verstehen. Für diejenigen die es kennen, wird es dagegen die ein oder anderen Begriff geben, den man bereits aus den Spiel kennt.
 

Ich hatte richtig viel Spaß an dieser Staffel zu schreiben, vor allem weil ich mich steigern wollte und mir das zumindest am Anfang auch ganz gut gelang. Ich weiß nicht ob ich mir irgendwann keine Mühe mehr gegeben hab, aber mit einigen späteren Folgen bin ich unzufrieden, so rein von der Qualität her. Ich glaube irgendwann hab ich es einfach nicht mehr geschafft eine gute Atmosphäre aufzubauen ;_;

Ursprünglich wollte ich schon Ende November beginnen das hier hochzuladen, aber wegen den zuvor genannten Problem sah ich mich gezwungen hier und da noch mal gewisse Dinge zu überarbeiten. Im Großen und Ganzen hat es sich dann auch gelohnt, aber entscheidet selbst ob euch mein Schreibqualität soweit zusagt.

Inhaltlich gefällt mir die Staffel noch mit am besten und ich hab sogar ein paar Lieblingsfolgen *lach* Ich hatte mich schon lange darauf gefreut diese Staffel zu schreiben und bin um so glücklicher sie zu Ende gebracht zu haben.

Die Staffel enthält viele Elemente, wie Humor, Fantasie, Action und sogar ein wenig Shojo Ai. Es gibt auch eine Folge die durch eine Passage ein bisschen zu Yaoi tendiert. Gegebenfalls kürze ich das noch raus, wenn das die Altersfreigabe negativ beeinflussen sollte. Dazu später mehr.
 

Für alle die, die ersten drei Staffeln nicht kennen, sei gesagt das man diese Staffel, trotz der Zusammenhänge, soweit auch ohne inhaltliche Kenntnisse der ersten drei Staffeln lesen kann. Ich hab mir stets Mühe gegeben Zusammenhänge, die auf die ersten 3 Staffeln zurückgreifen zu erklären, aber es kann natürlich trotzdem sein das man vereinzelt einige Kleinigkeiten nicht ganz nachvollziehen kann. Für den Fall stehe ich gerne für Fragen zur Verfügung.

Für die, die die ersten drei Staffeln kennen, wird es dagegen sozusagen einen kleinen Bonus geben, da sie durch mehr Hintergrundwissen gewisse Anspielungen erkennen und Geheimnisse lüften, bevor diese im Text gelöst werden.
 

Kritik und Kommentare sind gerne gesehen, wobei es natürlich schon hilfreich wäre mehr zu schreiben als "Das ist gut/schlecht" bzw. "Gefällt mir gut/nicht"
 

Lasst euch nicht von der Anzahl der Seiten oder Buchstaben die ein Kapitel hat schrecken. Ich habe beim schreiben schon versucht einen fließenden, leicht verständlichen Text aufzubauen der nie langweilig ist. Ich hab beim Testlesen jedenfalls keine Probleme gehabt und die Kapitel sind im Schnitt in 15 - 30 Minuten zu schaffen, je nach dem wie gut man lesen kann oder wie lang das Kapitel ist.
 

Die Geschichte ist also bereits fertig geschrieben und ich werde wahrscheinlich pro Woche eine Episode hochladen.
 

Ich hoffe darauf das die Damen und Herren Freischalter meine Geschichte nicht wieder so behandeln als wäre sie ein Kinderbuch. (sonst kommt es evtl. zu Verzögerungen) Ich hatte zuletzt immer wieder Beschwerden das ich zu wenig Absätze eingebaut hätte, aber dazu kann ich nur sagen, das ich nur dann einen Absatz einbaue wenn es inhaltlich Sinn macht. Es ist nun mal so das ein Kampf oder ein Geschehnis schon mal 2 Seiten einnimmt, ohne das da ein Absatz drin vorkommt. Ich habe trotzdem versucht viele Absätze wie nur möglich einzubauen - selbst bei kleinsten Szenenwechseln.
 

Zur Altersfreigabe kann ich sagen, das ich versucht habe die Geschichte trotz Gewaltelemente auch für unter 18-jährige lesbar zu machen. Wie bereits angedeutet würde ich entsprechende Änderungen vornehmen wenn gewisse Elemente der Geschichte dies nicht erlauen würden.
 

Rechtschreib-, Grammatik- oder Ausdrucksfehler hab ich zwar versucht zu vermeiden, aber es kann natürlich doch sein, das öfters mal ein Komma fehlt, oder ein Wort nicht ganz richtig geschrieben ist. Ich bitte dies zu verzeihen und hoffe das es nicht allzu negativ auf die Geschichte einwirkt.
 

Für all jene, die einen ausführlichen Chara-Guide brauchen kann ich meine Webseite empfehlen. Dort erfährt man alles wichtige: http://www.kyles-world.de/wof/chara-guide.htm
 

Damit endet langes mein Vorwort endlich ^^ Ich glaube es ist auch alles gesagt. Lasst die Geschichte beginnen XD
 


 

Historie:

Vier Wochen waren vergangen seitdem ein kleines Elfenmädchen namens Kyren ihre Heimat Suldanessalar verlassen hatte um einer Zwangshochzeit zu entgehen. Nur wenige Tage zuvor hatte sie in einer epischen Schlacht gegen eine grausame und bösartige Kreatur namens Jaygoyle gekämpft. Gemeinsam mit ihren Kameraden trug sie den Sieg davon, bezahlte dies aber mit duzenden von Leben, wie das ihrer Eltern, die nicht mehr gerettet werden konnten. Es gab keinen Priester, keinen Zauber der sie wieder ins Leben zurückholen konnte und auch vom legendären goldenen Drachen, der dieses Wunder bereits einmal vollbracht hatte, fehlte jede Spur.

Viele Namen der finalen Schlacht verschwanden auf andere Weise, wie Lee, der Mönch und Gerrard, dem heimtückischen Vampir. Dennoch ... seither war wieder Ruhe und Frieden in Amn eingekehrt. Das Böse schien ein für alle mal aus der Welt verbannt zu sein und doch zog ein dunkler Schatten über ganz Faerûn. Schon seit Monaten herrschte größte Unruhe in der Götterwelt.

Von all dem wusste Kyren jedoch nichts. Ihr Ziel war Thay, ein weit entferntes Land im Osten von Faerûn und Heimat der Roten Magier. Der Drang nach Freiheit und nach Abenteuer waren einige der wenigen Dinge die ihr halfen auch nach dem Tod ihrer Eltern noch Lächeln zu können. Jeden Tag lief sie nun schon bis zur völligen Erschöpfung nur um auf ihre beiden Freunde Shane, den jungen Halbelfen, und Jáin, den Dunkelelfenkämpfer, aufzuschließen, die einige Zeit vor ihr Suldanessalar in Richtung Thay verlassen hatten. Bisher verlief ihre Suche noch wenig erfolgreich, doch sie würde niemals die Hoffnung aufgeben.

Ihre Reise war von Einsamkeit geprägt. Nur selten, wenn überhaupt traf sie auf Wanderer die einen ähnlichen Weg wählten und ihr Gesellschaft leisteten. Gesellschaft die sie dringend nötig hatte, denn noch immer hatte sie einen Großteil ihrer magischen Kräfte, die sie im Kampf gegen Jaygoyle verloren hatte, nicht zurückerlangt. Somit blieb sie ein recht wehrloses und unerfahrenes 12 - jähriges Elfenmädchen, das ungeschützt durch Faerûn lief, einem Land wo hinter jeden Baum eine Diebesbande lauern könnte, die ihr für ein Kupferstück ein Arm oder Bein zu brechen würden.

Mit jedem Tag der verging vermisste sie ihre Freunde und Wegbegleiter mehr, die in Suldanessalar zurückgeblieben waren. Jason, der junge Mönch mit den Berserkerkräften genauso wie dessen Freundin Zelda, die sich nach einer Mutationsbehandlung durch einen Zentarimmagier in ein bösartiges Elementarwesen verwandeln konnte. Beide sollten eine spezielle Heilbehandlung erhalten, die ihnen helfen sollte ihre unbändigen Kräfte zu zügeln. Jasons Freund Mitch blieb ebenfalls in der Elfenstadt zurück, da es ihm nach langer Zeit endlich gelungen war, das Herz der einstigen Helm-Priesterin Larissa zu erobern.

Diesen Weg musste die kleine Elfe nun alleine gehen - zumindest so lange bis sie auf Shane und Jáin aufschloss. Schon bald sollten ihr die ersten dicken Steine in den Weg geworfen werden ...
 

Prolog:

Hunderte von Bürgern hatten sich zu einen wütenden Mob gebildet und forderten die Hinrichtung eines Mannes, der auf dem Schafott kniete. Er hatte langes, blondes Haar, trug eine halterlose Brille und priesterliche Kleidung. Sein Kopf war gesenkt, sein Körper gefesselt. Man hatte ihn in schwerste Ketten gelegt, die zusätzlich mit mächtiger Elfenmagie belegt waren.

Zwei mit einer Hellbarde bewaffnete Wachen standen links und rechts neben ihn und warteten auf den Befehl ihres Königs, der auf den Balkon eines nahegelegenen Gebäudes treten sollte um sein Urteil zu verkünden.

"Hängt ihn!" "Richtet ihn!" "Er muss sterben!", riefen die Leute von der Straße zum Schafott hinauf, doch eine Stimme verlangte etwas anderes und ließ somit zugleich Stille unter der Meute einkehren. Es war der König der sprach, nachdem er zusammen mit einigen Elfen auf dem Balkon getreten war. "Adrian von Nesseril! Deine Strafe wird hart und gerecht sein. Dir soll ein kirchliches Begräbnis gewährt werden, wenn du uns von deinen unendlichen Wissen und deiner Macht gibst!", entgegnete er seinem Gefangenen, worauf er seinen Kopf erhob.

"Ihr wollt meine Macht? Dann versucht es doch! Ihr könnt mich bändigen, aber irgendwo da draußen wird es jemanden geben der mein Werk fort führen wird!", warf er ihm dreist entgegen.

Die Mimik des Königs verfinsterte sich und noch bevor der Mann auf dem Schafott ein weiteres Wort sprechen konnte veranlasste der König mit einer Geste die Hinrichtung. Die Hellbarden gruben sich tief in den Körper des Mannes und er sackte zusammen. Blut floss herunter und doch gelang es ihm sich noch ein mal leicht aufzurichten. "Ihr könnt mich nicht töten .... das hier ... wird nicht mein Ende sein, ich komme wieder ... das schwöre ich!", sagte er mit eisernen Blick.

Folge 42: Aufbruch in eine neue Welt

Der Morgengrauen warf einige dichte Nebelbänke über das Land, dessen Schönheit somit verloren ging. Nur langsam kam Kyren in dieser Umgebung voran, kaum in der Lage ihre Hand vor Augen zu sehen. Mühsam tapste sie durch das nasse Gras und tastete sich Blindwegs vorwärts. Oft kam sie leicht vom Weg ab und lief gegen Steine und Sträucher. Schließlich stolperte sie sogar und stürzte auf den schlammig-grasigen Boden. Aber statt zu verdrecken glitt der Schlamm an ihrer Kleidung ab. Ein weiteres mal pries sie innerlich den alten Mann, der ihr diese Sachen geschenkt hatte. Ein Schutzzauber verhinderte wohl das ihre Tracht verschmutzte oder durchnässte, doch auch ihre Kleidung konnte sie nicht wirklich vor der Morgenkälte schützen.

Es dauerte einige Zeit bis sie endlich wieder bessere Sicht hatte und relativ klar vorausblicken konnte. Eine kleine Karawane trödelte in einiger Entfernung vor ihr her. Zwei Esel zogen einen überdeckten Planwagen, der mit allerlei Gerümpel beladen war, und sparten dem älteren Ehepaar an den Zügeln eine Menge Laufarbeit. Vorsichtig schloss sie auf, wohlwissend das gerade an den Grenzen von des amnischen Reiches Menschen gegenüber Elfen äußerst misstrauisch oder gar feindselig gesinnt waren.

Noch immer waren sich die beiden Völker nicht gerade freundlich gesonnen, doch dies entmutigte das Mädchen nur minder. Optisch gelassen schloss sie auf die Reisenden auf und blieb auf gleicher Höhe wie die beiden Zugesel. Mit einen kindlich bezaubernden Blick versuchte sie zunächst nicht nur auf sich aufmerksam zu machen, sondern das ältere Paar auch etwas milde zu stimmen. Im Gegensatz zu einigen anderen Leuten denen sie bisher begegnet war, reagierten diese Menschen ziemlich friedlich, freuten sich scheinbar sogar. "Sieh mal Agatha. Eine kleine Elfe.", machte der ältere Herr seine Gattin auf das Mädchen aufmerksam.

Prompt stoppte er seinen Karren, worauf sich seine Frau dem Kind annahm und sich einladend zu ihr beugte. "Na Kleines, wo kommst du denn her?", fragte sie neugierig. Etwas verschwitzt von so viel Freundlichkeit kratzte sich Kyren verlegen am Hinterkopf, während sie antwortete. "Nun ... also. Ich bin auf dem Weg nach Thay und ... komme aus Amn. Ich suche nach zwei Jungen. Einen Dunkelelfen und einen Halbelfen, der einen breiten Zweihänder mit sich trägt.", erwiderte sie nervös. Abstimmend blickte sich das Ehepaar an und wand sich wieder der Elfin zu. "Nein, tut mir Leid. Solche Leute haben wir nicht gesehen, aber wenn du willst nehmen wir dich ein Stück mit. Bis zum nächsten Dorf ist es noch sehr weit und für ein Kind kann es sehr gefährlich hier draußen in der Wildnis sein ... so ganz allein.", meinte der Mann und lud sie ein ebenfalls auf ihren Karren Platz zu nehmen. Dankend nahm sie an und sprang hinten auf ihren Wagen auf. Zwischen den Gerümpel der Menschen fand sich schließlich auch ein bequemer Platz wo sie in aller Ruhe vor sich hindösen konnte.

"Was haben wir für ein Glück. Das wir auf unsere alten Tage noch einmal so reich werden würden.", flüsterte der alte Mann seiner Gattin zu und schmunzelte etwas in sich hinein, nachdem er sich kurz dem leicht schläfrigen Elfenmädchen zugewendet hatte. Kyren vernahm seine Worte jedoch nicht, so dass sie ahnungslos liegen blieb. Sie merkte auch nicht das die Reise fortan in etwas schnelleren Tempo weiterging.
 

Fern von ihrer Route ereignete sich in diesen Tagen ein grausames Szenario. Glühend heiße Flammen verschlangen im Schutze der Nacht ein ganzes Haus, das weit draußen in der Wildnis gelegen war. Die recht einladend wirkende Holzhütte brannte bis auf ihren letzten Balken nieder. Niemand kam um das Feuer zu löschen. Wort - und Tatenlos sah ein Mann in dunkler Robe einfach zu, während ein junges Mädchen vor ihm kniete und bitter weinte, während als sie auf das Inferno sah. Sie wusste das ihre Familie noch in dieser Hütte war, die da gerade nieder brannte. Mit einen verzweifelten Blick wand sie sich der Gestalt hinter ihr zu, die abwertend auf sie herabblickte.

Noch war nicht klar welchen Sinn dieses bösartige Spektakel hatte, als sich der Blick des Mädchens auf einmal verfinsterte. Von diesen Moment an füllten nur noch Hass und Rache ihr Herz. Mit einen arroganten Grinsen blickte der Mann, dessen rechtes Auge eine Narbe zierte, in die hasserfüllte Miene des Menschenkindes, denn diese Gefühle, die sich da in ihr aufschäumten, waren genau die, die er wollte.
 

Währendessen ereignete sich an einen weit entfernten düsteren Ort ein anderes Szenario. Nur wenig Licht, in Form von einigen Fackeln, erleuchtete die Umgebung und doch war klar erkennbar das die weitreichenden felsigen Höhlenwände ein dunkles Geheimnis umschlossen.

Ein langer Gang, der dem einer uralten Katakombe glich, ebnete den Weg zu einen kleinen Saal, tief im Inneren der Höhle. Schon von weiten drang ein unheimliches Leuchten aus dieser Kammer, auf die eine gut berüstete und große Gestalt zielstrebig zumarschierte. Der Klang seiner Rüstung schallte durch die ganze unterirdische Anlage und kündigte bereits früh dessen Kommen an. Sein wohlverzierter schwarzer Körperschutz war mit duzenden von Stacheln und Klauen im Helm und Schulterbereich übersäht, so das man glauben konnte Sarevok, einst ein mächtiges und brutales Bhaalkind, höchstpersönlich würde erscheinen. Als das Ende des Weges erreicht war, bot sich der Gestalt ein für diese Zeit einzigartiger Anblick an.

Im Zentrum des Raumes standen zwei gläserne Behälter, von denen das mysteriöse Licht ausging, welches schon lange zuvor durch die dunklen Gänge zu sehen war. In ihnen befanden sich zwei nur schwach beleuchtete Gestalten, die an einigen merkwürdigen Geräten angeschlossen waren - Schläuche, die sie um ihren ganzen Körper wanden, teilweise sogar an ihren Adern angelegt waren, sowie merkwürdige Gesichtsmasken die die beiden mit Sauerstoff versorgten, damit sie in der grünlich-bläulichen Flüssigkeit der Behältnisse nicht zu ertrinken drohten. Die beiden Insassen waren scheinbar bewusstlos und fast nackt, doch die Finsternis umhüllte ihre Körper schützend vor allzu neugierigen Blicken.

"Ich spüre eure Ungeduld wächst, aber keine Sorge. Bald ... bald ist es so weit und eure Zeit wird kommen.", dachte der Mann in der Rüstung leise mit tiefer Stimme vor sich hin. Das schimmernde Licht der Flüssigkeit der Gefäße erhellte nur wenig von seinen Gesicht als er näher herantrat. Er schmunzelte zufrieden als ein paar Sauerstoffblasen unter der Maske von einen der beiden Insassen hervorstießen.
 

Gegen Abend genoss Kyren verträumt den Anblick des klaren Nachthimmels. Wie hypnotisiert sah sie aus dem fahrenden Planwagen hinaus und ließ das nächtliche Himmelsbild an sich vorbeiziehen. Sie merkte nicht das man sich bereits der nächsten großen Stadt näherte. Auch entging ihr ein Schatten der von hinter über sie fiel. Bevor sie überhaupt begriff was um sie geschah, spürte sie einen derb stechenden Schmerz an ihrem Hinterkopf, als man sie hinterrücks niederschlug. Lachend gab der alte Greis, mit dem die Elfe gereist war, seine Keule an seine Frau weiter, die weiterhin die Zügel hielt, und blickte argwöhnisch auf seinen Fang hinab. "Wir sind zwar alt, aber nicht blöd, kleines Fräulein. Hier draußen gibt es gutes Geld für junge Elfinnen wie dich. Tut mir ja Leid, aber die Zeiten sind hart und von irgendwas wollen wir in unseren Alter ja auch noch leben.", redete er auf das bewusstlose Mädchen ein.

Kyren fand sich zu diesem Zeitpunkt schon längst in einem Traum wieder, doch im Gegensatz zu den meisten anderen Träumen die sie sonst hatte, verspürte sie ein merkwürdiges Unbehagen. Als sie nach unten sah merkte sie das sie gar keinen richtigen Boden unter den Füßen hatte. Nebelschwaden zogen Meterhoch an ihr vorbei. Diese waren so dicht das man nur wenige Meter voraus schauen konnte. Fast Blindwegs schritt sie ins optische Nirgendwo voran, denn wohin sie auch schaute, außer sie selbst und dem Nebel war weit und breit nichts zu sehen. Kein Baum, kein Stein und kein Horizont füllte ihr Sichtfeld. Langsam begriff sie das dies kein normaler Traum mehr sein konnte.

Plötzlich ertönte eine Stimme und eine schattenhafte Gestalt trat in einiger Entfernung vor ihr an sie heran. "Stopp! Keinen Schritt weiter, Mädchen.", mahnte er sie, ohne wirklich drohend zu klingen. Zwar versuchte sie das Gesicht und den Körper der fremden Person zu erkennen, aber der allgegenwärtige Rauch verwischte dessen Konturen, was es ihr unmöglich machte Details zu erkennen. "Wer seid Ihr? Was wollt Ihr? Träume ich?", fragte sie drauf los, leistete aber den Worten des Fremden folge. "Es spielt keine Rolle wer ich bin, aber dennoch kann ich dir helfen.", meinte der Mann, dessen Worte so sehr schallten, dass man keine Rückschlüsse auf ihren Besitzer ziehen konnte. Seine Stimme klang ein wenig metallisch, was darauf schließen ließ, dass die Gestalt mit Absicht versuchte nicht erkannt zu werden. "Mir helfen? Wie denn? Ich verstehe nicht was Sie meinen?", hinterfragte Kyren weiter. "Ich kann dir sagen was ich weiß. Das ist meine Hilfe.", erwiderte ihr Gegenüber. "Ich verstehe noch immer nicht. Wieso sollte Ihr Wissen für mich eine Hilfe sein?", wunderte sich die kleine Elfe. "Höre was ich dir sage, denn ich sage es nur einmal. Es ist nicht immer alles so wie es scheint. Man versucht dein Schicksal zu manipulieren so gut es nur geht. Man lässt dich glauben deine Eltern seien vernichtet worden. Man lässt dich glauben dass deine Feinde geschlagen sind und noch vieles mehr. Eine Lüge folgt der nächsten und bald wird man dich nicht nur in die Irre, sondern auch in den Tod führen.", antwortete er ihr. "Eine Lüge? Meine Feinde sind nicht besiegt und meine Eltern sind gar nicht tot? Wie kann das sein?", fragte sie ungläubig zurück, wohlwissend das ihre Eltern vor nicht allzu langer Zeit auf einer Insel im Fegefeuer des Kampfes gestorben waren. "Du wirst benutzt! Man lässt dich Dinge glauben die nicht der Wahrheit entsprechen, nur um dein Schicksal zu ändern. Der Bhaalsprössling weiß von alle dem, auch wenn er sich dessen nicht bewusst ist. Such dir Verbündete denen du trauen kannst, aber vertraue Niemanden! Geh nach Thay, zur Stadt Tyraturos und erfülle dein wahres Schicksal. Finde den Phönix und du wirst Antworten auf all deine Fragen erhalten. Gehabt Euch wohl, Kyren Cyrissean.", sprach die rätselhafte Gestalt, bevor sie trotz einiger Widerrufe spurlos im Dickicht des Nebels verschwand und ein etwas ratloses Kind zurückließ.

Noch im selben Moment erwachte sie aus ihrer Ohnmacht und schrak ängstlich auf, mit dem Gewissen das dies kein normaler Traum gewesen war. Schnell merkte sie dass man sie Hinterrücks attackiert haben musste, als sie sich mit schmerzverzerrter Miene eine kleine Beule am Hinterkopf rieb. Neugierig blickte sie sich um, fand sich aber in völliger Dunkelheit wieder. Dennoch spürte sie einen rauen hölzernen Boden unter sich. Einige Sekunden später ging eine Tür auf und ließ ein stechend grelles Licht auf sie fallen. Ein Mann trat wortlos ein und noch bevor sie fragen konnte was überhaupt mit ihr passiert sei, zerrte man sie nach draußen.

Einen Augenblick später fand sie sich in einen anderen Zimmer wieder, welches gut beleuchtet und dekoriert war. In der Mitte stand ein kreisrunder Tisch an dem ein Mann mit Brille saß, der gerade seine Papierarbeiten erledigte. Seine Tracht glich dem eines Diebes, aber ansonsten machte er einen durchaus wohlhabenden Eindruck. Grinsend stand er auf und ging er auf das Elfenmädchen zu. Schweigend lief ein paar Runden um sie herum, was nicht gerade zur Entwirrung der Situation diente.

Ihm schien es egal das ihm fragende Blicke hinterhergeworfen wurden. Er konzentrierte sich ganz darauf die kleine Elfe genaustens zu mustern. Schließlich kam er wieder vor ihr zum stehen und legte seine Arme hinter seinen Rücken. "Gut, gut. Du bist ein wenig schwächlich gebaut für einen Jungen, aber die Minenarbeit wird deine Muskeln schon auf Fordermann bringen.", redete er ihr gut zu. "Was?! Junge? Ich bin ein Mädchen! Und überhaupt - was meinen Sie mit Minenarbeit?! Was geht hier vor?", protestierte sie lautstark, worauf der Mann überrascht zurückzuckte und seine Pläne änderte. "Ahhhh! Tatsächlich - deine Stimme klingt Mädchenhaft. Jetzt erinnere ich mich ... die neue Elfin. Ja, das ändert natürliches alles, Kleine. Dich stecken wir besser zu den Konkubinen. Du bist doch noch Jungfrau, oder? Das wäre gut, denn dann zahlen die Kunden mehr.", staunte er und strickte rasch ein paar neue Pläne über die Zukunft der Elfe zurecht.

Auch wenn es eigentlich traurig war, wie tief die Menschheit im Laufe der Zeit gesunken war, so war er sich durchaus bewusst das es immer genug lüsterne Männer geben würde, die sogar nicht einmal davor zurückschreckten sich an hilflosen Kindern zu vergehen. "Obwohl ... wenn ich dich so ansehe ...", fügte er nachdenklich an, als er unerwartet von Kyren unterbrochen wurde. "Einen Moment mal! Ich will wissen was hier überhaupt los ist!", unterbrach sie seine Gedankengänge aufgeregt. "Hm? Dann hat man dir nicht gesagt was wir mit dir vorhaben? Meinetwegen, dann sag ich es dir eben. Ich habe dich gekauft. Du bist hier in einer kleinen Stadt - in der Nähe von Riatavin, östlich von Amn und du befindest dich momentan in einer Schänke, in der, hinter verschlossenen Türen, mit Sklaven gehandelt wird, obwohl eigentlich jeder über unsere Geschäfte bescheid weiß. Wie dem auch sei - Elfen, wie du sind sehr selten in dieser Gegend, aber auch sehr wertvoll und ich habe dir eben erklärt was dich in den nächsten Jahren erwarten wird. Ich habe dich gekauft, also wirst du auch für mich arbeiten. Aber keine Sorge. Im Gegensatz zu den meisten anderen Sklavenhändlern bieten wir eine einigermaßen humane Unterkunft sowie Verpflegung an. Meine Gilde musste vor einiger Zeit aus Calimshafen flüchten - Ärger mit der Regierung verstehst du. Wir schätzen unser Kapital und lassen es nicht verhungern oder sterben. Reicht dir das als Antwort?", erklärte ihr der Herr und schockte sie mit jedem Satz mehr. "Soll das heißen Sie wollen mich versklaven?", fragte sie erschrocken nach, worauf er ihr eifrig zunickte. "Das dürfen Sie nicht! Ich gehöre niemanden! Das verstößt gegen das Gesetz!", schrie sie entsetzt, was ihren Gegenüber aber nur zum Lachen brachte. "Das Gesetz interessiert hier niemanden mehr, Mädchen. Du bist jetzt mein Eigentum, ob es dir passt oder nicht.", meinte er breit grinsend.

Kyren wusste das sie ohne ihre Zauberkräfte rein gar nichts gegen diesen Kerl und seine Gilde ausrichten konnte und so blieb ihr nichts anderes übrig als sich zähneknirschend zu fügen und vielleicht eine Möglichkeit zur Flucht zu finden. Dies war fortan ihr einzigster Gedanke, denn vor nichts ekelte sie sich mehr als von fremden Händen betatscht zu werden, so wie man es ihr prophezeit hatte.

Wieder wurde sie abgeführt und auf ein anderes Zimmer gebracht, aber diesmal war sie nicht allein. Ein anderes Mädchen, saß bereits zusammengekauert in einer Ecke. Sie war vielleicht erst 15 oder 16 Jahre alt und schien nur noch ein Schatten ihrer selbst zu sein. Der Raum selbst war einigermaßen anständig eingerichtet, aber dies tröstete kaum über die schlechte Lage hinweg in der man sich befand. Zwei Pritschen, Tische, Stühle und einige andere Kleinigkeiten füllten diese fensterlose Unterkunft. Kerzen sorgten für die nötige Beleuchtung und ein wenig Wärme.

"Pah, eine Elfe ... Du musst die Neue sein über die alle reden.", begrüßte sie das Menschenmädchen misstrauisch. Kaum hatte sie das gesagt öffnete sich die Tür hinter Kyren und ein bärtiger Mann mit einen Tablett trat ein. "Hier, euer Essen. Teilt es euch gut ein.", meinte er, stellte das Tablett mit dem Essen ab und verließ die beiden Kinder wieder, natürlich nicht ohne die Tür von außen abzuschließen.

Die kleine Elfin freute sich nur minder über das Gericht, denn es dieses bestand lediglich aus zwei Gläsern Milch sowie Brot und etwas Wurst. Es war nicht ihr Leibgericht, aber einen hungrigen Magen wie ihren war es egal.

"Wer bist du?", fragte sie und nahm sich nebenbei ein Glas Milch. "Mein Name ist Alice. Aber ich sage dir ... überleg' dir lieber ob du das trinkst.", erwiderte sie und raffte sich auf. Verwundert blickte Kyren auf den Inhalt des Glases, denn sie verstand die Warnung nicht. "Wieso soll ich sie nicht trinken?", fragte sie nach. "Diese Milch ist Marke Eigenproduktion. Du hast ja keine Ahnung wo sie her kommt oder was da drin ist. Ich weiß wovon ich rede. Diese Sklavenhändler kennen keine Skrupel und aus jedem Sklaven wird das maximale herausgeholt.", begann Alice zu erzählen. "Wie ... wie meinst du das?", fragte das Elfenkind verwirrt nach. "Die Jungen und Männer werden normalerweise zur Minenarbeit geschickt. Das soll sehr anstrengend sein und viele brechen dabei zusammen. Andere haben das Pech und werden für Showkämpfe mit wilden Tieren zum Amüsement der Gäste eingesetzt.", fuhr das Mädchen fort. "Wie schrecklich ...", schluchzte Kyren. "Wir Mädchen oder Frauen werden als Konkubinen eingesetzt oder auch als Kellnerin in der Schänke hier. Manche haben Glück und müssen nur Putzen, doch egal wo sie dich hin stecken. Aller 4 Wochen kommt jede von uns in die unterste Etage. Sie spritzen dir irgend so ein Zeug ein und dann ...", erzählte sie weiter, bevor sie kurz stoppte um nicht die Fassung zu verlieren. "Was ist in der untersten Etage? Was haben die mit uns vor?", fragte sie vorsichtig, erhielt aber zunächst keine Antwort. "Sie experimentieren mit uns! Grausame Experimente Jenseits deiner Vorstellungskraft! Diese Typen machen gemeinsame Sache mit den Zentarim! Ich halte es einfach nicht mehr aus!", gab sie mit zittriger Stimme von sich, bevor sie schließlich in Tränen ausbrach, sich in die Haare griff und wimmernd zu Boden sank.

Die Kinnlade des Elfenmädchens wollte gar nicht mehr zurückfahren, so sehr stand ihr die Angst ins Gesicht geschrieben. Völlig geschockt ließ sie das Glas Milch zu Boden fallen, welches duzende von Scherben hinterließ. "Oft mixen sie extaseanregendes Pulver in die Milch ... und ... schicken uns dann zu den Gästen, wo sie uns noch mehr trinken lassen damit wir betrunken werden und leichter zu haben sind ...", erzählte das Mädchen weiter, als sie sich langsam wieder zu fassen versuchte. Immer deutlicher sprach der Hass aus ihr anstatt Angst oder Verzweiflung. Ihre Worte ließen Kyren wie angenagelt dastehen, hatte sie von dieser Schattenseite der Welt bisher noch nichts gewusst. Sie konnte kaum glauben was ihr drohte und stand kurz davor ebenfalls in Tränen auszubrechen. Sie fragte sich ob ihre Reise solch ein frühes und grausames Ende finden würde.
 

Das Glück schien ihr zumindest ein wenig hold zu sein, denn am nächsten Morgen fand sie sich als Bedienung für die Gäste wieder. Nur zu genau hatte sie die barschen Worte des Gildenmeisters noch im Hinterkopf, der sie am Abend zuvor noch einmal zu sich rief. "Du bist völlig untauglich! Du bist flachbrüstig, unattraktiv, und zu dürr! Niemand wird dich wollen! Scherr' dich raus! Morgen wirst du meine Gäste in der Schänke bewirten! Ich rate dir ja keinen Mist zu bauen!", fluchte er sie an, bereits sichtlich dem Alkoholkonsum verfallen.

Man gab ihr eine Schürze und schickte sie in die Kneipe, in der sich vorzugsweise willkürliches niederes Gesindel aufhielt. Spieler, Räuber, Kopfgeldjäger, Duegar und alles was sonst noch so für das Übel der Welt gehalten wurde, verkehrte dort.

Spät am Abend leerte sich die Schänke jedoch von diesen Gesindel und Reisende und Abenteurer füllten die Tische. Ein Barde spielte im Hintergrund auf seiner Laute und ein Kasper amüsierte einige Gäste, während andere in diverse Kartenspiele vertieft waren.

Plötzlich schlug die Eingangstür auf und ein für Kyren altvertrautes Gesicht stürmte förmlich hinein. Es war Lee, der recht zornig schien. Seit der letzten Schiffsfahrt zur Insel auf der man Jaygoyle besiegt hatte, hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Leider sollte es auch dabei bleiben, denn sie bemerkte sein kommen nicht, da sie gerade einige Teller in die Küche zum Abwasch brachte. Stille kehrte unter den Gästen ein und der Barde stoppte mit seiner Musik. Misstrauisch musterten einige Leute den Mann im grellblauen Kampfanzug, wanden sich aber schließlich Schulterzuckend ab. "Hört her! Ich suche einen Kerl namens Gerrard! Man hat mir gesagt das er hier in der Gegend gesehen wurde.", schrie der junge Mönch erbost in die Reihen der Gäste. Es bestand kein Zweifel das er nach dem Vampir Gerrard suchte, der seit einigen Wochen wie vom Erdboden verschluckt war, doch nur wenige schenkten ihm überhaupt Aufmerksamkeit. Andere dagegen schüttelten nur unwissend mit den Köpfen. Daraufhin verließ er frustriert das Lokal und schlug die Tür heftig hinter sich zu. "Ich krieg' dich noch, Gerrard! Und dann prügele ich aus dir raus was du mit meiner Schwester gemacht hast!", fluchte er noch, während er das Lokal verließ. Kaum war er weg, setzte die Musik des Barden wieder ein und auch der Harlekin sorgte mit einigen Späßen wieder für Unterhaltung. "Spinner gibt's immer.", meinte letzterer und wand sich wieder seinen kleinen Publikum zu.

"Hey Gerrard! Ich denke mal der Typ wollte was von dir.", rief auf einmal ein angetrunkener, bärtiger Duegar unter den Gästen, worauf die Musik ein weiteres mal abrupt stoppte. Gemächlich zog der Barde seine Kapuze zurück und legte sein Gesicht frei. Tatsächlich war dieser Mann mit der Laute der den Lee gesucht hatte, doch statt auf den Kommentar des Zwerges einzugehen, schmunzelte er nur kurz und setzte er auf seinen Instrument ein neues, fröhlicheres Lied an. So als ob nicht gewesen wäre spielte er eine Weile gedankenversunken vor sich hin. Obwohl er wusste das es Lees Schwester Kazumi dank einer besonderen Heilprozedur mit Hilfe des magischen Zepters wieder besser ging, so hatte er nicht die Absicht Lee ihren Aufenthaltsort oder ihren Zustand preiszugeben. Zu groß war der Hass auf seinen alten Kameraden, der ihn vor langer Zeit verraten und hintergangen hatte. Es sollte die gerechte Strafe für ein Verbrechen sein, als er ihn schwerverletzt in einen Labyrinth zurückließ. Gerrard wusste, dass, egal wie viel gute Taten Lee auch noch vollbringen mochte, er immer der gleiche eingebildete Egoist bleiben würde, für den Worte wie Treue, Versprechen und Vertrauen keine echte Bedeutung hatten. Auch dessen eigene Schwester dachte inzwischen so. Im Endeffekt spielte es auch keine Rolle mehr für sie was früher war, denn seit sie ihren wahren Bruder kannte, fühlte sie nur noch Abscheu ihm gegenüber. Es war ihr nun lieber ihn nicht mehr zu sehen, so dass sie gut beraten war sich von ihren Weggefährten zu trennen.

Unerwartet schrak der junge Vampir aus seinen Gedankenzügen auf als er auf einmal eine ihm vertraute Stimme vernahm und erneut die Musik einstellte. "Wünschen Sie noch etwas, werter Herr?", fragte Kyren in diesen Moment einen der Gäste und lächelte ihm gezwungen freundlich zu, im Wissen das der Wirt eine geladene Armbrust unter der Theke hatte, die jede Flucht rasch beenden würde. Gerrards Augen weiteten sich als er das Mädchen sah, nicht nur vor erstaunen, sondern viel mehr sie in dieser Schänke zu sehen, von der er sehr wohl wusste was es dort für ein Etablissement hinter verschlossenen Türen gab. Er dachte stets das sie noch immer auf den Weg nach Thay war, so wie es ihn seine Quellen berichteten. Obwohl sein totes Herz eigentlich keinerlei Mitleid mehr für das Kind empfinden konnte, schloss er leicht wehmütig seine Augen und seufzte in sich hinein. Wortlos verließ er schließlich die Schänke und ließ ein saftiges Trinkgeld zurück. Kyren hatte nicht gemerkt wer da gerade gegangen war und hoffte noch immer auf ein kleines Wunder.
 

Diese Nacht schlief sie ziemlich unruhig, ähnlich wie Alice, die wie so oft in den Schlaf geweint hatte. Immer wieder wälzte sich die kleine Elfe auf ihren Bett hin und her, so als ob sie Albträume zu plagen schienen, bis sie schließlich schweißgebadet aufwachte und entgeistert in die Finsternis ihres Zimmers starrte.

Erinnerungen über die Dinge die sie zuvor gesehen hatte überfluteten ihr inneres Auge, Bilder von denen sie nicht einmal mehr wusste ob sie nun Traum oder Vision waren. Sie war sich sicher den legendären Phönix gesehen zu haben und immer wieder erblickte sie ihre Eltern, wie sie schützend untern den Flügeln dieses Wesens standen. Doch sah sie auch Gefahr in Form von fremden Gestalten, die noch nie zuvor ihren Weg gekreuzt hatten, in dessen Zentrum immer wieder ein Mann stand, dessen Rüstung mit Stacheln und Klauen gespickt war. Ein Wort durchschlich immer wieder ihre Erinnerungen an diesen außergewöhnlichen Traum. "Mogul.", rief jemand mit warnender Stimme und schrieb dessen Namen mit dem Blut tausender verdammter Seelen in den Boden. Sie war sich sicher zwischen all den Ereignissen in ihren Träumen, die Stimme des mysteriösen Mannes gehört zu haben, der ihr zuletzt erschienen war. Mehr und mehr kam ihr der Verdacht das auch er es war der er ihr diese Bilder und Visionen geschickt hatte.

Noch in Gedanken, fiel Kyren zunächst gar nicht auf wie sich ihre Zimmertür einen Spalt breit öffnete und ein schmaler Streifen Licht in ihr Zimmer fiel. Erst das knarksende Geräusch, das dabei entstand, lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich. Gerade noch rechtzeitig sah sie einen Schatten lautlos verschwinden, den sie unter dem Türspalt erblickte. Sie wusste das die Türen normalerweise immer von außen verschlossen wurden, damit man nicht fliehen konnte und deshalb interessierte es sie um so mehr was da vorging.

Vorsichtig tapste sie in Richtung Tür und linste durch den Spalt, der sich wie von Geisterhand geöffnet zu haben schien. Zögernd wagte sie es die Tür noch etwas weiter zu öffnen bis sie merkte das die Luft wohl rein war. Ihr Herzschlag nahm gehörig zu als sie spürte das sich gerade eine einmalige Chance zur Flucht ergeben hatte. Tatsächlich schien ihr weg frei, was sie freudig zur Kenntnis nahm und zur schlafenden Alice eilte. Schnell gelang es ihr sie durch einige sanfte Rüttler wach zu kriegen, worauf sie sie mit ihren müden Augen vorwurfsvoll ansah. Es dauerte einen Moment bis sie begriff warum sie die Elfe geweckt hatte, denn erst dann bemerkte auch sie, das die Tür offen stand. Erstaunt, aber erfreut riss sie sich die Decke weg und bedankte sich nickend bei ihrer Zimmergefährtin, die sie Wortlos darauf aufmerksam gemacht hatte.
 

Auf leisen Sohlen schlichen sich die beiden Mädchen daraufhin aus ihren Zimmer. Ihre Augen musterten unsicher die Gegend, in der Angst vielleicht entdeckt zu werden. Jedes noch so kleine Geräusch, und kam es nur von ihnen selber, nahmen sie höchst aufmerksam zur Kenntnis. Alice griff sich eine der wenigen Fackeln, die die Gänge erleuchteten, denn sie wusste das es nicht ganz einfach werden würde sich durch das unterirdische Labyrinth der Sklavenhändler zur Oberfläche durchzupirschen. Schon ein kleiner Fehler würde reichen um den Alarm auszulösen, was gleichbedeutend mit dem Ende ihrer Fluch wäre und so schritt man nur vorsichtig voran.

Kyren war nicht ganz wohl zu Mute, denn bei ihrer Flucht kam sie an vielen Zimmern vorbei in denen zahllose unschuldige Sklaven gehalten wurden, doch ohne den passenden Schlüssel für die Türen konnte sie nicht helfen und so war sie gezwungen weiter zu gehen.

Schließlich gelang es den beiden in die oberste Etage vorzustoßen, in der noch etwas Licht brannte, das unter dem Türspalt hervorstieß. Alice wusste das die Tür, die nun vor ihr lag, die vorletzte, aber auch die schwierigste war, die sie noch überwinden musste um endlich wieder frei zu sein, denn diese Tür führte direkt in die Schänke, wo noch immer einige Gäste ihren abendlichen Rausch ausschliefen. Die Mädchen spürten wie ihre Herzen vor Aufregung beinahe aus ihrer Brust springen wollten, als sie gemeinsam den Türknauf drehten.

Obwohl auch diese Tür beim öffnen nicht gerade Geräuscharm war, wurde niemand auf sie aufmerksam, denn alle Anwesenden, selbst der Wirt schienen tief und fest zu schlafen.

Beide hielten angespannt die Luft an als sie sich im Eiltempo vorbei an den Tischen und Stühlen in Richtung der Eingangstür schlichen. Alice wurde klar das sie von ihrer Freiheit nur noch wenige Augenblicke trennten und so öffnete sie auch die letzte Tür nach draußen, die sich ihr in den Weg stellte.

Zum ersten mal seit langem sollte ihr wieder die frische Luft Faerûns entgegenwehen. Draußen, in der eisigen Nacht, war es bitterkalt und doch frohren die beiden gern, denn endlich waren sie wieder frei. Noch einmal blickte Kyren hinter sich in die Schänke, die sie fast zwei Tage in Gefangenschaft gehalten hatte, bevor auch sie ihrer davoneilenden Gefährtin folgte.

Dennoch fragte sie sich wie es möglich war das sich die Tür so einfach geöffnet hatte. Wem gehörte dieser Schatten den sie unter dem Türschlitz ihrer Zelle gesehen hatte? Und warum plagten sie immer wieder solch merkwürdige Träume? Fragen auf die sie von nun an eine Antwort suchte.
 

Währenddessen strömten an einen nicht allzu fernen Ort noch immer Gäste in einer recht gemütlichen Schänke ein. Obwohl es schon sehr spät war, war die Gaststätte 'Blauer Fuchs' noch geöffnet. Die Kundschaft hier war allumfassend, großteils Leute die auf der Durchreise waren. Die meisten hatten an den Tischen platz genommen und schliefen dort gelegentlich gleich ihren Rausch aus. Unter ihnen war das ungemütlichste Spießgesindel das diese Gegend zu bieten hatte, doch der ungehemmte Alkoholgenuss hielt sie relativ friedlich und bei Laune. Dem schnauzbärtigen Wirt war schon seit längerem eine merkwürdige, einsame Gestalt an seinen Tresen aufgefallen, die ihr Gesicht unter einer langen schwarzen Kapuze seiner Robe verbarg. Obwohl er schon eine Weile anwesend war, hatte er recht wenig getrunken. Seine Haltung und seine Mimik die sich in seinem Whiskyglas wiederspiegelte wirkte wie die eines schwächlichen, kranken Mannes, kaum fähig eine Waffe zu halten. Vorsichtig näherte sich der Wirt dem Fremden und musterte ihn etwas genauer. "Alles in Ordnung mit dir, Junge?", fragte er und legte seine Hand auf die Schulter des Gastes. Als dieser daraufhin zu ihm aufsah glaubte er in das Gesicht einer Leiche zu sehen. Die Augen des Mannes waren so kalt und leer das er ängstlich von ihm abließ und ein paar Schritt zurück machte. "Tu-tut mir Leid ... ich wollte nicht ...", stotterte er nervös und sah ein das es besser war ihn in Ruhe zu lassen. Er ahnte nicht das ihm dort der Nekromant Diron gegenüber saß, der jedoch nur noch ein Schatten vergangener Tage schien.

Plötzlich trat einer der Gäste mit zwei seiner Freunde an die Theke und sah auf den Nekromanten hinab, so als wollte er erreichen, das er auf ihn aufmerksam werden würde. Die drei waren schon recht angetrunken was sie aber nicht davon abhielt sich weiter zu berauschen. "Ey, du, hör mal. Kannst du uns nicht ein bisschen was borgen damit ich meinen Kumpels noch ne Runde ausgeben kann ?", fragte er hicksend und lallend, doch Diron schien ihn gar nicht wahrzunehmen und starrte weiterhin auf sein Glas. "Ey, du, ich rede mit dir!", sagte der Gast und packte ihn an der Schulter, worauf sich ihm der Mann im dunklen Gewand endlich zuwand. "Also los, nun gib uns schon einen aus!", fuhr er barsch fort, wogegen sich sein Gegenüber weiter unbeeindruckt zeigte. In aller Seelenruhe erhob er sich von seinen Platz und griff nach der Hand des Mannes die noch immer auf seiner Schulter lag.

Das Geräusch berstender Knochen und das schmerzverzerrte Gesicht des angetrunkenen Gastes machten schnell klar das er alles andere vor hatte als eine Runde auszugeben. Schreiend vor Schmerz ging der Mann zu Boden und hielt sich seine zerquetschte Hand. "Los, verdammt, reißt ihm die Eingeweide raus! Das wird er büßen!", stachelte er seine beiden Freunde an, die daraufhin ihre Schwerter zogen. Ihre Waffen sollten ihnen aber nicht helfen können als Diron daraufhin seinen rechten Zeigefinger erhob und für einen Moment die Augen schloss. Röchelnd gingen die Beiden plötzlich in die Knie und ließen ihre Schwerter fallen. Verzweifelt hielten sie sich den Hals und schnappten nach Luft. Schon bald sollten auch sie sich wie zwei Würmer auf den Boden winden. Langsam merkte auch der Rest der Gäste was dort am Tresen geschah und wurde deutlich unruhiger, während der Mann mit der zerquetschten Hand sich gezwungen sah den aufmüpfigen Fremden Manieren bei zu bringen. Diron hingegen hatte genug von diesem Geplänkel für diese Nacht und verließ das Lokal gerade so, als ob er nicht in Gefahr wäre. Es kostete ihn nicht mehr als eine kleine Armbewegung und sein Angreifer zerfiel hinter seinem Rücken zu Staub, sehr zum Schock der anderen Gäste. Ein ängstlicher Aufschrei tönte durch das Lokal, bevor es wieder ruhig wurde und der Mann, der so zerbrechlich schien, gegangen war. Ein Häufchen Staub, zwei Männer, die gerade noch rechtzeitig wieder Luft bekamen und ein leeres Glas Whisky, war alles was noch an ihn erinnerte. Wieder einmal hinterließ der Nekromant auf seinen Weg nichts als Tod und Verderben.
 

Zusammen mit Alice erwachte Kyren am Morgen nach ihrer Flucht in einer leicht bewachsenen Baumkrone eines Waldes. Beide hatten eher unbequem geschlafen, was ihre Körper durch diversen Schmerzen äußerten. Dennoch überwog die Freude der Freiheit, was auch dies schnell vergessen ließ. So zogen sie eine Zeitlang gemeinsam einen abgelegenen Wanderweg in Richtung Riatavin entlang.

Freudig streckte das Menschenmädchen ihre Hände in den blauen Morgenhimmel und drehte sich im Laufen mehrmals im Kreis, bevor sie plötzlich abrupt stoppte. Verwundert hielt auch Kyren inne, die mit ihren Gedanken noch immer bei denen war, die sie zurücklassen mussten. Alice hatte am Abend zuvor noch erklärt dass es gar keinen Sinn machen würde sich an irgendwelche Stadtwachen oder Gesetzeshüter zu wenden, da diese eh schon alle eingeweiht waren und durch Bestechungsgelder zum Schweigen gebracht wurden.

"Kyren ... das war doch dein Name ... richtig? Ich ... habe mich noch gar nicht bei dir bedankt ... das du mich geweckt hast, obwohl ich ein Mensch bin. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich ... ich das wohl nicht für dich getan ... weil ihr Elfen in diesen Landen nicht gern gesehen werdet.", meinte sie auf einmal und nahm dankend die Hand der kleinen Elfin in die ihre, worauf sich Kyren verlegen am Hinterkopf kratzte. "Ach schon gut. Ich hatte keinen Grund dich zurück zu lassen, also mach' dir nichts draus.", erwiderte sie verschwitzt. Nachdenklich blickte die junge Menschin in den Horizont. Sie hätte wohl niemals damit gerechnet das ihr ausgerechnet eine Elfe eines Tages zur Freiheit verhelfen würde. Schließlich folgte auch Kyren ihren Blick und hoffte das sie schon bald wieder mit Shane und Jáin zusammen sein würde ...

Folge 43: Kyrens kleines Missgeschick

Fröhlich zwitscherten einige Vögel, an einem warmen Nachmittag, von den Dächern einer kleinen Stadt vor Riatavin, hinunter. Hier, so war sich Alice sicher, würde sie einen Neuanfang versuchen. Sie hoffte das eine Tante von ihr noch immer in dieser Stadt lebte, die sie in ihrer frühsten Kindheit öfters besucht hatte.

Schon seit einiger Zeit reiste Kyren mit der jungen Menschin, doch sollten sich ihre Wege nun langsam trennen. Die kleine Elfe drängte bereits darauf in die städtische Bibliothek gehen zu wollen, in der Hoffnung dort einen Zauber in einem der Bücher zu finden, der es ihr ermöglichte ihre magischen Fähigkeiten wieder herzustellen. Sie war den Morgen über verdächtig gut gelaunt, doch Alice konnte sich keinen Reim darauf bilden.
 

Schon der Weg zur Bibliothek hielt eine kleine Überraschung für sie bereit, denn als die beiden Mädchen nichtsahnend an einer langen Häuserwand vorbeigingen, blieb Kyren plötzlich geschockt stehen.

Ihr Blick war zufällig über die dort aufgehängten Fahndungsplakate gestreift. Sie sah das auch ihr Gesicht unter den vielen Gesuchten zusammen mit Shane und Jáin dort portraitiert war. Für einen Moment wusste sie nicht ob dies nur ein schlechter Scherz sein sollte, denn obwohl sie nun schon seit über 4 Wochen aus Suldanessalar fort war, hatte sie es noch nicht geschafft auf die beiden aufzuschließen. Schnell fragte sie sich, wie es wohl möglich war das sie jemand mit ihren beiden Freunden in Verbindung bringen konnte, wo sie in diesen Regionen doch noch gar nicht zusammen mit ihnen gereist war.

Verdutzt blickte auch Alice auf die Plakate und las einige dazugeschriebene Bemerkungen vor. "Gesucht wird das Elfenmädchen Kyren Cyrissean. Etwa eins fünfzig groß, rotblondes mittellanges Haar, 12 Jahre alt. Und hier steht - Gesucht wird der Halbelf Shane Richardson. Etwa 1,65 groß, goldbraunes kurzes Haar, 16 Jahre alt, sowie der Dunkelelf Jáin Hazard. Etwa 1,70 groß, auffälliges schwarz-buntes Haar, 102 Jahre alt. Belohnung pro Kopf: 5000 Goldmünzen - Die Elfe Lebend! Verbrechen: Mord und Diebstahl. Vorsicht - Alle drei sind bewaffnet. ... ?"

Kaum hatte sie das letzte Wort gesprochen riss Kyren erbost die Fahndungsplakate von sich und ihren Freunden ab. "Was soll das?! Wir sind keine Mörder oder Diebe - ich schon gar nicht! Wer setzt solche Gerüchte frei? Eine unverfrorene Frechheit ist das! Abgesehen davon ...", fauchte sie vor sich hin und zeriss das Papier in hunderte Schnipsel, bevor ihr Stimme verstummte. "Abgesehen davon ist heute mein Geburtstag ... Ich bin 13.", fügte sie traurig an und ließ die Überreste mit gesenktem Haupt zu Boden rieseln. Ihr war klar das niemand da war um mit ihr zu feiern, wenn es denn überhaupt etwas zu feiern gab. Obwohl zumindest Alice bei ihr war, so würde dies wohl der einsamste Geburtstag ihres bisherigen Lebens werden. Eigentlich hatte sie nur einen Wunsch, und der war wieder auf Shane und Jáin aufzuschließen.

"Hey, hey! Reg dich bitte ab!", redete Alice beruhigend auf sie ein, um die Aufmerksamkeit der mürrisch dreinschauenden Passanten nicht noch mehr zu erregen, doch es war bereits zu spät.

"Hey, habt ihr das gesehen? Sie hat das Fahndungsblatt zerrissen! Moment ... einen Augenblick mal ... Das ist doch diese Elfe, auf die 5000 Goldmünzen Belohnung ausgesetzt sind!", schrie plötzlich ein Bürger und deutete erregt mit dem Finger auf die Elfin als er begriff wen er da vor sich hatte. Diese schluckte tief, denn binnen Sekunden hatte sich ein geldgeiler, aufgebrachter Mob gebildet, der voll und ganz darauf aus war sich die Belohnung für das Kind zu schnappen. "Nun lauf schon. Geburtstag hin oder her. Ich kann nichts mehr für dich tun.", flüsterte ihr Alice zu und ging unauffällig auf Sicherheitsabstand, so als ob sie das Mädchen neben ihr gar nicht kannte.

Somit blieb ihr keine andere Möglichkeit als die Flucht, denn schon zückten einige Männer ihre Dolche und stürmten brüllend auf sie zu. "Hey! Steckt das weg! Da stand lebend auf dem Papier!", schrie Kyren geschockt und deutete hektisch auf einen der Papierschnipsel, der noch in ihrer Hand geblieben war.

"Lebend heißt nicht unverletzt! Los! Auf sie!", konterte einer von den Stadtbewohnern lautstark und stach zu. Nur durch einen blitzschnellen Reflex konnte sie den Stich ausweichen, der sie sonst schwer in die Nierengegend getroffen hätte. Stattdessen zerbrach der Dolch ihres Angreifers an der Wand, von der sie das Plakat gerissen hatte.
 

Panisch kreischend lief Kyren davon und obwohl sie so schnell rannte wie sie nur konnte, gelang es ihr nicht ihre Verfolger abzuschütteln. "Nein! Bleibt mir fern! Ich habe doch gar nichts getan!", schluchzte sie noch im Laufen, aber niemanden interessierten ihre Hilferufe. Ihre Flucht verlief entlang der Marktstraße, doch gab es keine Seitengasse in der sie sich hätte verstecken können, so eng standen die Häuser links und rechts von ihr. "Wenn ich doch bloß wieder zaubern könnte ...", dachte sie keuchend vor sie hin, während man ihr immer näher kam. Ihre kurzen Beine waren nicht schnell genug für die kräftigen jungen Männer der Vorstadt und so war es nur noch eine Frage der Zeit bis sie schließlich gefasst werden würde.

"Nein! Ich will nicht, lasst mich in Ruhe ... uaaah!", jappste sie, bevor ihre Flucht durch einen plötzlichen Sturz auf den harten Asphalt ein vorzeitiges Ende nahm.

Ihr Vorsprung betrug nur noch wenige Meter und ihr fehlte schon beinah die Kraft fehlte weiter zu laufen. Ihr war klar das sie nur noch eine letzte Chance hatte. Sie streckte ihre Arme in die Richtung der Meute und brachte diese für einen Zauber in Stellung.

"Bitte lieber Gott, mach das es klappt ...", betete sie leise und kniff die Augen zu. Die Männer erkannten jedoch dass das Mädchen etwas vorhatte und hielten erstaunt inne. "Was hat die vor?", fragte einer erstaunt. "Magisches Geschoss!", schrie sie ihnen daraufhin aus vollem Hals entgegen, so als würde sie ihre ganze Hoffnung in diese Worte legen. Für einen Moment glaubten ihre Verfolger bereits das der Zauber funktionieren würde als sich eine kleine Energiekugel in den Händen der Elfe bildete, aber diese verpuffte unerwartet - der Zauber war gescheitert. "Das war wohl nix.", höhnte einer der Männer belustigt.

Gerade als einige diese Gelegenheit nutzen wollten, geschah etwas unvorhersehbares, das ihre Lage gleichermaßen besserte wie auch verschlechterte. Wie aus heiterem Himmel stürzte auf einmal ein Gebäude links von ihr fast komplett ein. Im selben Augenblick explodierte ein Stück Straße was zwischen den beiden Parteien lag, so dass die ersten Männer die Flucht ergriffen. Überrascht öffnete die kleine Elfe ihre Augen und bestaunte das Chaos was sich vor ihr bot.

Einen Moment lang nahm sie sogar an das sie selbst für diesen Schaden verantwortlich war, doch durchschlichen sie schnell erste Zweifel. "War das ich? Das kann doch nicht sein ...", stotterte sie verdutzt und blickte abwechselnd auf ihr Hände. Rasch sollte sie das wahre Übel dieser Zerstörung kennen lernen als aus den entstandenen Staubschwaden plötzlich eine Gestalt hervortrat. Es schien sich um ein junges Mädchen zu handeln, das ihre Weiblichkeit unter ihrer Kleidung nur allzu gut versteckte. Ihr Haar war grellblond und ungewöhnlich kurz. Es wirkte so struppig als ob sie ihre Haare selbst mit einem Messer gestutzt hätte. Ihr schlanker Körper war durch eine Weste und typisch bürgerlicher Kluft bedeckt. In ihren Händen hielt sie ein kurzes Schwert welches sie auf das Elfenmädchen richtete.

"W-wer bist du?", fragte dieses erstaunt und richtete sich wieder auf. "Das spielt keine Rolle! Bring mich sofort zu deinen Freunden oder du wirst es bitter bereuen.", gab sie barsch zurück und warf ihr einen düsteren Blick entgegen. Nervös, aber auch ängstlich zuckte die rechte Augenbraue der kleinen Elfe immer wieder nach oben, als das fremde Mädchen auf sie zuschritt.

Wer immer sie war, sie hatte es innerhalb weniger Sekunden geschafft beträchtliche Schäden anzurichten. Schäden die ihr allerdings selbst gefährlich wurden, denn nach nur wenigen Schritten stürzte auch der Rest des angeschlagenen Gebäudes ein und verstreute duzende von Trümmerteilen auf der Straße.

Chancenlos wurde die Fremde unter gewaltigen Schutt und Staubmassen begraben, was Kyren sofort nutzte um ihren Fluchtlauf wieder aufzunehmen, während die verbliebenen Verfolger dem Spektakel atemlos beiwohnten.
 

Es dauerte einige Zeit bis sich die Staubschwaden verzogen, die hunderte von Trümmerteilen in sich versteckten. Entsetzt betrachteten die anwesenden Bewohner das Chaos das sich ihnen bot, aber als einige begannen die Trümmer zu räumen und somit das Mädchen freizulegen, sollte sie eine Überrauschung ereilen. Wie ein Blitz schoss die junge Dame plötzlich aus den Überresten des Hauses heraus und landete elegant auf dem Trümmerberg. Sie hatte zwar einige Kratzer, schien aber relativ unverletzt. Ihr Blick verfinsterte sich noch ein wenig mehr als sie merkte das die Elfe geflohen war. "Verdammt!", murmelte sie frustriert und ließ ihren Blick in die Ferne schweifen, atemlos von den Bürgern bestaunt.
 

Währenddessen lief Kyren sich die Lunge aus dem Hals obwohl sie schon lange nicht mehr verfolgt wurde. Oft drehte sie sich um, um sich dieser Tatsache zu vergewissern, lief aber dennoch im Eiltempo weiter. So kam es wie es kommen musste und ihr Lauf endete abrupt als sie gegen einen strammen Männerkörper lief, von dem sie förmlich abprallte. Unsanft landete sie mit dem Po auf dem Boden, worauf sie schmerzend ihr Gesicht verzog.

"Autsch! Verzeihung. Ich ... ich hab nicht aufgepasst.", entschuldigte sie sich und rieb sich den Hintern ohne darauf zu achten wer da eigentlich vor ihr stand. "Schon gut, Kyren. Es ist ja nichts schlimmes passiert.", tönte eine freundliche Stimme zurück. Wie vom Blitz getroffen schrak sie auf als sie diese Worte hörte, denn offensichtlich kannte ihr Gegenüber ihren Namen. Als sie aufsah bot sich ihr der Anblick eines umhüllten jungen Mannes an. Mit einen Kapuzenumhang und einen Tuch vor dem Gesicht schien die Gestalt ihr Aussehen verhüllen zu wollen, und doch erkannte sie die Stimme wieder, die da zu ihr gesprochen hatte. "Jáin? Bist du das?", fragte sie vorsichtig nach, worauf der junge Mann kurz seinen Mundschutz nach unten zog und zwinkernd ihre Vermutung bestätigte. "Japp, ich bin es. Ich war gerade auf den Weg in einen Abenteuerladen um ein paar Heiltränke zu besorgen. Aber was machst du hier? Ich dachte du wärst in Suldanessalar und würdest fleißig regieren.", antwortete er lächelnd.

Fröhlich sprang die Elfin auf und wusste gar nicht so recht wohin mit ihren Gefühlen. "Glaub mir Jáin, wenn du kein Drow wärst würde ich dich umarmen, so glücklich bin ich dich zu sehen.", jubelte sie ohne zu ahnen das sie ihn mit ihren Worten glatt umhaute. "Sehr nett ... danke.", gab er geplättet zurück.

"Wo ... wo ist Shane? Ist er nicht bei dir?", fragte sie nervös auf den Füßen tippelnd, nach ihm Ausschau haltend. "Ach ja, du freust dich mich zu sehen aber fragst gleich nach Shane, hm? Versteh einer die Jugend. Na ja, egal. Er treibt sich wohl noch auf dem Markt herum. Er wollte etwas Proviant besorgen, aber wenn du willst kannst du mich erst mal begleiten. Vielleicht treffen wir ihn unterwegs wieder. Ich wollte gerade noch mal in einen speziellen Laden vorbeischauen, wo es viele gute Zaubertränke geben soll.", entgegnete er ihr nüchtern und klopfte sich den Staub von den Sachen. "Zaubertränke? Auch solche die meine magischen Kräfte wieder herstellen könnten ... oder vielleicht sogar steigern?", fragte Kyren neugierig nach. "Ja ich denke schon. Angeblich kann man mit denen kann so ziemlich alles steigern. Von irgendwelchen magischen Fähigkeiten bis hin zur Potenz.", dachte ihr Gefährte breit grinsend vor sich hin und verschwand in nicht gerade jugendfreien Fantasien. "Potenz?", hakte sie verwirrt nach und riss ihn somit aus seinen Träumerein. "Ja, äh ... vergiss was ich gesagt habe. Am besten du kommst mit, dann finden wir vielleicht auch einen Trank der deinen Busen wachsen lässt oder so.", gab Jáin abwinkend von sich, womit er sich gleich eine strafende Kopfnuss einfing, die ihn erneut zu Boden brachte. "Gemeinheit!", gab sie verärgert zurück.
 

Einige Stunden später fanden sich die beiden am Rand des Vortortes wieder, der in ein kurzes Waldstück mündete. Sie hatten sich auf einen abgesägten Baumstumpf niedergelassen und waren von duzenden kleiner Fläschchen und Behälter umgeben die in allen nur erdenklichen Farben schimmerten. Ein Trank der Kyren helfen konnte war jedoch nicht dabei.

Etwas ratlos schauten sie auf die neugewonnen Waren hinab und warteten auf Shane, den Jáin an diesen Treffpunkt erwartete. "Ach her je, wir hätten uns die Tränke beschriften lassen sollen. Jetzt wissen wir nicht mehr welcher wozu gut war.", jammerte der junge Drow leise vor sich hin.

Noch während sich die Augen und Gedanken der beiden Gefährten in die Flüssigkeiten vertieften, schritt ein junger Halbelf unbemerkt auf sie zu. Erst als ihnen sein Schatten vor die Füße fiel, merkten sie das Shane endlich gekommen war. "Kyren?", staunte er verwundert als er auf seine ehemalige Gefährtin herabsah. Diese sah erleichtert auf als sie seine Stimme vernahm und zu ihm aufsah. Sie strahlte über das ganze Gesicht, denn ihr Geburtstagswunsch hatte sich tatsächlich erfüllt. Noch immer trug er den Zweihänder seines Vaters mit sich und noch immer sah er genau so aus wie sie ihn in Erinnerung hatte. "Shane! Shane! Ich bin ja so froh das es dir gut geht.", rief sie freudig und umarmte ihn so herzlich wie sie nur konnte. Er stand völlig verdutzt, gerade zu ratlos da und ließ die kleine Elfin wieder von sich ablassen. Fast schon misstrauisch musterte er das Kind, denn ihr Erscheinen verwirrte ihn zutiefst. "Kyren? Bist du das wirklich? Es freut mich dich zu sehen ... aber ... was ist passiert? Warum bist du nicht in Suldanessalar?", fragte er um sich Klarheit zu verschaffen. Ihre gute Stimmung verblasste augenblicklich und sie sah verwegen nieder. "Ich ... ich hab die Hochzeit ...", meinte sie zögerlich. "Sausen lassen?", ergänzte Jáin mit stichelnden Blick, worauf sie ihm kurz zunickte. "Ja, ich bin fortgelaufen. Ich gehöre da einfach nicht hin, versteht ihr.", fuhr sie schließlich fort. "Aber was ist mit diesen Prinz Atrix? Wolltet ihr nicht heiraten?", hakte Shane verwundert nach, doch da merkte er das sich beinah erste kleine Tränen in den Augen des Elfenmädchens bildeten.

Leicht in sich hineinschmunzelnd blickte sie in den rötlichen Vorabendhimmel. "Er hat mein Herz nicht so berührt, als das ich ihn hätte lieben können. Ich bin wohl noch zu jung für so was.", sagte sie leicht vor sich hin träumend und ging ein paar Schritt in Richtung Wald, so dass ihre beiden Freunde sie nur noch von hinten sahen. "Aber warum bist du uns gefolgt? Es ist ziemlich gefährlich hier draußen - selbst für uns.", erwiderte Shane streng, worauf sie sich ihn wieder zuwendete. "Ich weiß das es gefährlich für mich ist. Inzwischen liegt sogar ein Kopfgeld auf uns aus. Ich werde von Leuten gejagt die ich nicht kenne und von Visionen geplagt mit denen ich nichts anzufangen weiß. Bitte lasst mich euch begleiten. Ich verspreche euch nicht zur Last zu fallen.", entgegnete sie den beiden Jungen schluchzend, die sich unschlüssig ansahen. Einen Moment lang kehrte ein bedächtiges Schweigen in die Runde ein, doch schließlich erhob der junge Halbelf erneut sein Wort.

"Ich hatte eigentlich schon eine Ahnung das ich dich wieder sehen würde als ich dein Bild auf den Plakat gesehen habe. Irgendwen scheinen wir ein Dorn im Auge zu sein und nun wo du da bist möchte ich dich auch nicht zurückschicken. Alleine wäre der Weg zurück für dich zu gefährlich. Ich denke das ich dir den kleinen Gefallen tun sollte, aber es wird hart werden. Wir haben noch gut 2000 Meilen bis nach Thay zurückzulegen und wer weiß was uns da noch alles erwartet.", meinte er und senkte leicht bedächtig seinen Kopf. "Toll. Danke, Shane!", rief Kyren überglücklich und umarmte ihn ein zweites mal. "Ähm ... aber was wolltet ihr eigentlich in Thay? Ihr habt es mir nie wirklich gesagt.", stellte sie auf einmal fest und blickte fragend zwischen ihren baldigen Wegbegleitern hin und her. "Ich kann es dir nicht sagen Kyren. Allzu viel von Sens Erinnerungen sind mir nicht geblieben. Ich weiß nur das ich in Thay die Antworten finde die ich brauche.", meinte er nachdenklich. "Was für Antworten? Auf welche Fragen denn?", hakte sie neugierig nach.

"Mogul ... ein Ort ... ein Name. Er ist in meiner Erinnerung geblieben, so als wäre er darin hineingebrannt. Wer immer das ist, was immer dieser Name zu bedeuten hat - In Thay liegt die Lösung für diese und alle Fragen überhaupt die ich mir gestellt habe seit Sens Bewusstsein aus meinem Ich verschwunden ist.", erklärte er kurzerhand.

Wie angenagelt verharrte Kyren auf einmal an Ort und Stelle als sie diesen Namen vernahm, denn sie hörte ihn nicht zum ersten mal. In ihren Visionen tauchte er tausendfach auf und immer war er mit Blut geschrieben. Allein beim Gedanken daran wurde ihr etwas mulmig zumute. "Mogul sagst du?", staunte sie leicht geschockt. "Ja, weißt du etwa etwas darüber?", fragte er erstaunt zurück. "Nein, ich ... ich denke nicht.", gab sie etwas leiser zurück. "Womöglich ist dieser Mogul der Typ der das Kopfgeld auf uns ausgesetzt hat. Ich frage mich dann nur warum man nur Kyren lebend will.", dachte Jáin laut vor sich hin, doch erntete er einen zweifelnden Blick seines Gefährten. "Nein, ich glaube nicht das dieser Mogul, wer immer das ist, dahinter steckt, aber ehrlich gesagt kann ich dir keinen plausiblen Grund dafür nennen - nenn es Instinkt.", entgegnete er ihm. "Vielleicht hast du recht, vielleicht auch nicht. Dennoch. Ich denke wir sollten in diesen Waldstück unser Nachtlager aufschlagen. Es wird bald dunkel und wir sollten kein Risiko eingehen.", meinte Jáin.

"Moment! Das geht nicht! Ich wurde heute von Leuten angegriffen die hier ganz in der Nähe wohnen. Und dann ist da noch dieses merkwürdige Mädchen, das es ebenfalls auf mich abgesehen hat. Ihr wisst doch das ich nicht mehr zaubern kann. Wie sollen wir uns da wehren wenn man uns entdeckt?", protestierte das Elfenkind leicht verängstigt. "Die meisten Menschen hier fürchten die Drow wie den Tod. Sie glauben das sie Gesannte des Teufels sind - Ich weiß auch nicht warum. Jedenfalls wird uns Jáin jegliche eventuelle Verfolger vom Hals halten. Keine Sorge. Das hat bisher jedes mal geklappt.", beruhigte sie Shane gelassen. "Wenn ich ehrlich bin kann ich die Menschen gut verstehen ...", dachte Kyen leise vor sich hin, was ihre beiden Gefährten förmlich von den Füßen riss. "Vielen Dank für dein Vertrauen.", jammerte Jáin enttäuscht.

Schließlich packten sie ihre Einkäufe zusammen und verstauten sie im nimmervollen Beutel des Drow, bevor sie in Richtung Wald loszogen. Ein wunderschöner Sonnenuntergang sollte diesen Tag beenden, wenn gleich ihr Abenteuer gerade erst begonnen hatte.
 

Schon in den frühen Morgenstunden des nächsten Tages zogen die drei schließlich weiter, obwohl keiner wirklich richtig ausgeschlafen wirkte. Fast schon elegant jonglierte Jáin mit einigen Tränken, die er zum Zeitvertreib hervorgeholt hatte. "Hm, welchen probier' ich wohl zuerst? Den mit den Kirsch- oder den mit dem Apfelgeschmack.", überlegte er laut, während Kyren in regelmäßigen Abständen vor sich hin gähnte. "Haben wir auch Tränke gegen Müdigkeit?", fragte sie müde nach. "Klar! Einen Moment.", erwiderte er und holte seinen nimmervollen Beutel hervor. Wie ein Zauberer, der ein Karnickel aus seinem Hut ziehen wollte, grub er darin herum bis er schließlich einen pinkfarbenen Trank herausnahm. "Wenn ich mich nicht irre müsste dieser hier gegen Müdigkeit wirken. Ich hoffe es zumindest.", dachte er grübelnd vor sich hin und reichte ihr den Trank weiter. Zweifelnd nahm sie ihm den kleinen Glasbehälter ab und musterte den Inhalt eingehend. "Was soll das heißen, du hoffst es? Das ist doch der richtige Trank, oder?", gab sie mürrisch zurück. Leicht schmunzelnd wand sich nun Shane den beiden zu und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, während er rückwärts weiter lief. "Sei vorsichtig, Kyren. Manche von seinen selbstgebrauten Mixturen sind schon über ihr Verfallsdatum hinaus. Kaum auszudenken was wohl die daraus entstehenden Nebenwirkungen sein könnten.", scherzte er breit grinsend, doch seine Gefährtin hörte sehr wohl die leichte Priese Sarkasmus heraus und öffnete den Verschluss. "Vielen Dank. Wie aufbauend. Trotzdem bin ich Hundemüde, so müde das ich hier und jetzt auf der Stelle einschlafen könnte.", entgegnete sie laut und streckte ihm kurz die Zunge entgegen. Schon im nächsten Moment setzte sie den Trank an ihren Lippen an und nahm einen kräftigen Schluck daraus.

Kaum hatte sie die zweifelhafte Flüssigkeit geschluckt, protestierten ihre Geschmacksnerven aufs übelste, worauf sie angewidert das Gesicht verzog. "Bäh, das schmeckt ja wie der Schweiß eines Orks!", würgte sie röchelnd heraus, merkte jedoch nicht wie Jáin hinter ihr kurz aufschrak als sie den Geschmack beschrieb. Bevor sie noch ein weiteres Wort sagen konnte, war er schon bei ihr und riss ihr das Getränk aus der Hand. "Gib das her! Das ist nichts für dich!", fauchte er leicht nervös und verstaute seine Mixtur rasch in seinem Beutel. Etwas verwirrt blickte sie ihn an und wusste gar nicht so recht was ihren Kameraden so aufbrachte, der in seiner Drowsprache etwas vor sich hinbrabbelte. "Ich weiß nicht was du hast. Der Trank hat gewirkt - ich fühle mich jedenfalls fit.", stellte sie verwundert fest. "Äh ... ja ... dann ist ja gut.", stotterte er nervös und wühlte leicht schwitzend in seinen nimmervollen Beutel herum.

Zufrieden wand sich die kleine Elfin wieder ab und machte sich daran auf Shane aufzuschließen, der in einigen Metern Vorsprung auf seine Gefährten wartete. "Also von mir aus kann es weitergehen. Ich fühle mich blendend.", gab sie voller Energie strotzend von sich, so das man glauben könnte sie habe gerade reines Koffein getrunken, doch ihr Tatentendrang endete schon nach wenigen Schritten als es ihr plötzlich schwer fiel die Augen offen zu halten. Als sie dann auch noch Gleichgewichtsprobleme bekam und nur noch mit Mühe vorantorkelte, merkte Shane schließlich das etwas nicht stimmte. Besorgt eilte er ihr entgegen und fing sie gerade noch rechtzeitig ab, bevor sie widerstandslos auf die trockene Erde gefallen wäre.

"Kyren, was ist mit dir? Was hast du denn? Sag doch was!", redete er besorgt auf sie ein. Er sah zu seiner Überraschung, dass seine Begleiterin tief und fest schlief und keine Anstalten machte wieder aufzuwachen, egal wie sehr auch an ihr rüttelte. "Jáin! Was ist mir ihr?", fragte er leicht verstimmt. "Äh ... nichts! Wahrscheinlich ... ähm ... verträgt sie den Trank nicht ... oder die Dosierung war zu falsch.", wank er schwitzend von sich ab und obwohl seine Worte eher nach einer miesen Ausrede klangen war er gewillt dem Dunkelelfen zu glauben. "Und was machen wir nun?", fragte er mit schiefen Mund, als er auf die schlafende Elfe herabsah. Jáin blickte ihm ratlos entgegen, doch schnell sollte sich seine Unschuldsmiene verziehen, als sich ein fieses Grinsen über das Gesicht seines Kameraden ausbreitete.
 

"Shane! Bitte gib mir deine magische Halterung! Dieses Ding ist höllisch schwer!", jammerte der Drow einige Stunden später als er und Shane gerade eine kleine Wüste durchquerten, doch der Halbelf, der Kyren auf seinen Rücken trug, blieb hart. Er war sich entschieden sicher das es eine angemessene Strafe war, ihm sein Schwert in einer gewöhnlichen Zweihänderhaltung hinter sich herziehen zu lassen. Er wusste das die Waffe seines Vaters sehr schwer zu tragen war, selbst für einen Erwachsenen. Er selbst war nur durch eine verzauberte Haltung in der Lage die Waffe mit sich zu tragen. Es war ihm sogar ganz recht das ihr Weg an diesen Tag durch eine steinige Wüste führte, die nicht gerade von erfrischenden Winden geprägt war, denn dies trug gut zu Jáins Strafe bei. So schien die Sonne gnadenlos vom Himmel auf die junge Abenteurergruppe nieder, ohne einen Hauch von Gnade vor ihrer Last zu zeigen. Kyren hingegen schlief schon seit einiger Zeit tief und fest, doch auch sie riss nun die fortwährende Hitze aus dem Schlaf. Noch war sie zu müde und zu schwach um auf sich aufmerksam zu machen. Sie merkte noch nicht einmal das sie getragen wurde und öffnete ihren Augen nur ein Spalt breit.

Obwohl sie es erst gar nicht wahrnahm, fiel ihr langsam auf das ihr immer merkwürdiger zu Mute wurde. Wärme stieg in ihr auf, die nicht von den Außentemperaturen kam. Sie begriff zwar nicht was mit ihr Vorging, aber allmählich merkte sie das Shanes Schrittbewegungen und das minimale Aneinanderreiben ihrer beiden Körper dieses Gefühl immer mehr verstärkten. Was zunächst nur ein leichtes kitzeln war und sich in ein kribbeln weiterentwickelte, endete schließlich in einer entspannenden massierenden Wirkung, so dass sie es schließlich nicht mehr vermeiden konnte kurz aufzustöhnen. Völlig entsetzt kam Shane daraufhin zum stehen, ebenso wie Jáin, der panisch inne hielt.

Ein zweifelnder Blick lag Shane im Gesicht als er sich der Elfe zuwendete, die urplötzlich wieder hellwach war und eine leichte Röte an ihren Wangen vorwies. "Was war das?!", fragte er leicht verwirrt und wand sich vorahnend seinen dunkelhäutigen Begleiter zu, der nun nicht mehr nur von seiner Last und der Sonne in schwitzen geriet. "Na ja ... wie sag ich's dir am besten ... also ...", stotterte er aufgeregt vor sich hin, doch da packte ihn Shane schon am Kragen, nachdem er Kyren rasch abgesetzt hatte. "Ich frage dich nur ein mal! Was ist mit Kyren!?", fauchte er erzürnt. "Was soll mit ihr sein? Sie hat doch nur aufgestöhnt.", wehrte er verzweifelt ab. "Ich will aber wissen warum sie aufstöhnt! Ganz offensichtlich hat sie Schmerzen und ich bin mir sicher das es an deinen Trank liegt.", sagte er in deutlich ernster Stimmlage und griff noch etwas fester zu. "Schmerzen? So würde ich das nicht interpretieren. Ich denke ... die rhythmischen Bewegungen deines Körpers durch das Laufen, deine Hände fest um ihre Unterschenkel gelegt und das ständige, wenn auch nur schwache, aneinander reiben eurer Körper - ich würde sagen du hast sie gerade etwas massiert ...", gab Jáin leicht grinsend von sich, während die kleine Elfe im Hintergrund so rot anlief, das ihr eine kleine Dampfwolke aus dem Kopf entstieg.

"Was ... was sagst du da?!", erwiderte der Halbelf geschockt. "Tja, ich hatte den Trank wohl doch verwechselt. Das was sie getrunken hat ... nun ja ... das war ein Sensibilitätstrank. Ich hab ihn noch aus dem Drowreich. Er macht sämtliche Körperzonen empfindlicher, wenn du verstehst. Das ist besonders vorteilhaft bei Folter ... oder auch bei einen Schäferstündchen.", erklärte er ihm in einen deutlich leiseren Ton. "Was? Das ist ja furchtbar! Warum hast du das nicht gleich gesagt?", schrie sein Gegenüber entsetzt, ließ aber wieder von ihm ab. "Ich dachte er wirkt bei Kindern nicht!", rechtfertigte er sich gelassen.

Ihr Streit endete abrupt als Kyren plötzlich hinter ihnen schlafend zu Boden plumpste, worauf die beiden ihr zu Hilfe eilten. "Der Trank scheint bei ihr einige unangenehme Nebenwirkungen hervorzurufen. Offenbar verträgt ihr Körper das Mittel überhaupt nicht.", stellte der Dunkelelf fest, während Shane seine Gefährtin etwas anhob. Besorgt sah er auf sie herab und wedelte ihr etwas Luft zu, denn scheinbar hatte sich inzwischen auch noch ein leichtes Fieber zu ihrem Zustand hinzugesellt. Tatsächlich liefen ihr einige Schweißperlen von der Stirn während der Rest ihres Körpers leicht zittrig wirkte. "Wann lässt die Wirkung nach? Gibt es kein Gegenmittel?", fragte er voller Sorge um das Mädchen. "Ich hab keine Ahnung wann es nachlässt. An mir hat es nie jemand ausprobiert, aber von einen Gegenmittel habe ich gehört.", erwiderte sein Mitstreiter. "Sag schon. Was ist es?", drängte er mit ernsten Blick und hob sie noch etwas weiter an. "Mykonidensaft.", gab Jáin prompt zurück, was alles andere als beruhigend auf seinen Begleiter wirkte.

Shane schien zu wissen um was es sich bei Mykoniden handelte. Sein Vater hatte seiner Zeit schon oft gegen diese Pilzkreaturen gekämpft und daher wusste er das sie selbst für einen erfahrenen Kämpfer zur Gefahr werden konnten. Bei diesen Wesen handelte es sich um fleischfressende Pilzwesen die ihre Sporen dazu verwendeten um ihre Gegner zu verwirren um sie somit wehrlos zu machen.

Allein die Vorstellung von einen riesigen Pilz gefressen zu werden war schon grauenhaft genug, aber den beiden Jungen blieb gar keine andere Wahl als einen Mykonidenwald aufzusuchen um die kleine Elfe zu retten. Es war ihnen egal ob es nun Schicksal oder Zufall war, aber ihr Weg durch die Wüste hatten sie eben nur genommen um einen Mykonidenwald zu umgehen und so blickten sie angespannt in die östliche Ferne wo der rettende Wald lag.
 

Ein düstere Stimmung lag über diesen unheilvollen Stück Natur als Jáin und Shane, der die schlafende Kyren in seinen den Armen trug, durch den Wald schritten. Jáin war bereit das Risiko auf sich nehmen den Pilzmonstern Paroli zu bieten. Somit hatte er es geschafft seinen Gefährten davon zu überzeugen das es besser wäre wenn der den höllisch schweren Zweihänder in der verzauberten Halterung auf den Rücken tragen würde. Eine, im wahrsten Sinne, belastende Sorge war er dadurch zwar losgeworden, aber schon allein die kalten, feuchten Nebelschwaden, die über den Boden zogen, verhießen nichts gutes.

Die Bäume des düsteren Waldes ließen nur wenig Licht zur Erde durchdringen. Die Bäume trugen keine Blätter oder Früchte, doch dies war nicht weiter verwunderlich wenn man das Aussehen dieser Pflanzen genauer betrachtete. Die Stämme waren völlig verformt und abnormal mutiert. Sie waren von Moos und merkwürdigen Ranken übersäht, wie auch viele andere Stellen des Waldes.

Immer tiefer drang man in den Wald vor, doch der stolze Drowkrieger fand keinerlei Hinweise auf Mykonidenspuren. Dennoch durchschlich ihn ein ungutes Gefühl mit jeden Schritt den er machte.

Schließlich blieb Jáin geschockt stehen, als ihm ein Gedanke in den Sinn gekommen war und wand sich mehrmals im Kreis. Ängstlich musterte er die Umgebung um sich, bis er schließlich tief schluckte. "Shane, sie sind hier! Schon die ganze Zeit! Sie sind überall - duzende.", flüsterte er seinen Mitstreiter zu, der nun ähnlich nervös reagierte. Langsam zog Jáin sein Schwert aus der Scheide und musterte seine Umgebung genaustens, so als erwartete er jeden Moment einen Angriff.

Plötzlich schoss ein Arm aus dem Boden und griff nach Shanes linken Bein, der entsetzt aufschrie. Bevor sein Gefährte eingreifen konnte, kamen duzende von Mykoniden aus der modrigen Erde und versperrten ihm den Weg. Wenige Augenblicke später stand ein ganzes Pulk von diesen Wesen vor ihm, bereit sich auf ihn zu stürzen, während Shane verzweifelt versuchte sein Bein zu befreien. Immer wieder trat er wuchtig auf den Pilzkopf des Mykoniden ein, der sich an ihn festgeklammert hatte, doch seine Mühen zeigten noch keinen Erfolg. Jáin, dem sich eine wesentlich höhere Anzahl an Gegnern bot, begann trotz allen ein wenig zu Schmunzeln. "Was ist? Wollt ihr nicht eure Sporen einsetzen um mich zu verwirren? Es hätte keinen Sinn, denn bei mir erreicht ihr damit gar nichts. Eure Anzahl schreckt mich nicht ... und nun ... sterbt!", tönte er selbstsicher hervor und stürmte schreiend auf die Kreaturen zu. Zum ersten mal offenbarte er seine kämpferische Stärke und demonstrierte seine nahezu perfekte Drowschwertkampfkunst. Er beherrschte seine Waffe wie kein Zweiter und schnitt einen Mykoniden nach den anderen entzwei, ohne das sie ein echte Chance hatten sich zu wehren. Keiner seiner Gegner kam mit seinem hohen Tempo zurecht, so dass ihm nach und nach alle Mykoniden zum Opfer fielen. Einige von ihnen flüchteten bereits und auch das Pilzwesen was an Shane festgehalten hatte, entschloss sich zum Rückzug.

Gerade als der starke Halbdrow seinen letzen Gegner mit einen Schwerthieb so schwer verletzte dass es zu Boden fiel, rammte sich unerwartet ein Knie tief in seine Magengegend. Schnell war klar das es keiner der Mykoniden war, der es geschafft hatte ihn zu bremsen, als praktisch wie aus dem Nichts, sich vor ihm ein junges Mädchen enttarnte. Röchelnd und mit weit aufgerissenen Augen sah er aus seiner gebückten Haltung auf, um zu sehen wer ihn da so abrupt gestoppt hatte. Als Kyren in diesen Moment in Shanes Armen erwachte und ihr Blick auf die Fremde fiel, erstarrte sie fast vor Angst, denn es handelte sich um das Mädchen was sie schon in der Stadt gesehen und von ihr verlangt hatte sie zu ihren Freunden zu bringen. Der ganze Körper der kleinen Elfe war noch immer zu schwach als das sie hätte stehen oder gar weglaufen können, obwohl sie in diesen Moment nichts lieber als das getan hätte. Selbst ihre Stimme versagte bei den Versuch ihre Freunde zu warnen.

"Habe ich euch endlich gefunden. Jetzt wird es Zeit die Rechnung zu begleichen.", meinte das Mädchen mürrisch und verpasste Jáin einen so derben Tritt, dass er Meterweit davon geschleudert wurde, bevor er hart mit dem Rücken gegen einen Baum prallte. Seine Augen weiteten sich und er schrie laut auf, als mit dem Aufprall scheinbar auch einige Knochen brachen. Wie gelähmt rutschte er an den Baum zum Boden hinab, womit klar war wie heftig ihr Schlag gewesen sein musste. Entsetzt starrten seine Gefährten auf das grellblonde Mädchen, dessen Blick voller Zorn und Wut steckte. "Was soll das?! Wer bist du?!", schrie der junge Halbelf aufgeregt, und schon als sie sich ihm mit einen hasserfüllten Blick zuwand, merkte er in welche Richtung die Antwort wohl gehen würde. "Mein Name ist Sejya Lockwood, falls du es vergessen hast. Ich bin Kopfgeldjägerin und ich werde auch dein Henker sein, verfluchter Abkömmling Bhaals.", fuhr sie ihn schroff an, bevor sie sich wieder den schwächelnden Drow zuwand. "Und du, Drow, wirst dafür sterben das du gemeinsame Sache mit diesen Monster gemacht hast!", schrie sie laut und streckte ihm ihre Faust entgegen. Noch bevor er etwas sagen konnte, spreizte das Mädchen die Finger der Hand, die sie ihm zuvor noch als Faust entgegengestreckt hatte. Es wirkte wie Magie als zwischen ihren Fingern auf einmal einige, kleine, silberne Kugeln hervorstießen, die sie ihm mit voller Wucht entgegenwarf.

Fast so als ahnte der scheinbar wehrlose Kämpfer was ihm drohte hob er seinen Kopf an und grinste ihr frech entgegen, ohne jedoch seine Schmerzen zu verbergen. Zitternd erhob er seine rechte Hand und tat so als wollte er die Kugeln damit abwehren, doch es geschah, zum entsetzen seiner Freunde, nicht das was man erwartete. Die Kugeln explodierten urplötzlich als sie auf ihren Mitstreiter trafen und hinterließen eine gewaltige Feuerfontäne um ihn herum, die alles in einen Radius von 3 Metern zerstörte.

In diesen Moment war Kyren klar wie es das Mädchen geschafft hatte ein ganzes Haus derart zu beschädigen, denn mit diesen Geschossen musste es ihr ein leichtes gewesen sein. Gerade als jeder dachte das dies das Ende des Dunkelelfen gewesen sein musste, leuchtete ein helles blaues Licht in Form einer schützenden Kugel um ihn herum auf. Obwohl er höllisch laut vor Schmerzen schrie, verpufften die Explosionen an dem blauen Schutzschild, was er gerade noch rechtzeitig um sich herum aufbauen konnte.

Kaum waren die Rauchwolken der Explosion verschwunden verstand Sejya das die Handbewegung des Drow keine Geste war, sondern dazu gedient hatte ein Zauberschild um sich aufzubauen. Sie merkte jedoch das ihm die Kraft fehlte dies noch ein zweites mal zu schaffen und so legte sie noch einmal einige Kugeln nach. "Nicht schlecht ... aber es wird dich nicht retten!", schrie sie und warf ein weiteres duzend ihrer Geschosse in seine Richtung.

Als dieses mal sogar der Baum an dem er lehnte, explodierte, waren sich Shane und Kyren, die Hilflos als Zuschauer agieren mussten, schon sicher ihren Mitstreiter endgültig verloren zu haben, doch als sich die diesmal pechschwarzen Rauchwolken verzogen, fanden sie überraschenderweise keine Überreste des Drows vor.

"Was?! Wo ist er hin? Das kann doch nicht sein!", schrie das Mädchen entsetzt, als sie auf ihr zerstörerisches Werk blickte. Vergebens suchten ihre Augen nach dem verkohlten Überresten des Kämpfers. Es schien ihr zu unwahrscheinlich das ihn die Explosionen pulverisiert haben könnte und doch redete sie sich es ein.

"Jáin ...", schluchzte Kyren mitleidig als sie ihren Mitstreiter verloren glaubte, lenkte aber somit die Aufmerksamkeit der Kopfgeldjägerin auf Shane und sich. Voller Bosheit sah sie ihnen entgegen, so als wollte sie sie schon mit ihren Blick töten. "Was interessiert mich der Drow?! Du, Shane Richardson, bist es um den es mir geht! Du wirst jetzt für deine Verbrechen büßen. Du sollst auf genauso elende Art und Weise sterben wie meine Familie, die du getötet hast! Du sollst verrecken, hörst du, verrecken sollst du, Bhaal!", schrie sie ihm wütend entgegen.

Seine rechte Augenbraue zuckte nach oben, denn er wusste nicht wovon dieses Mädchen sprach und warf ihr nur fragende Blicke entgegen. "Moment! Wovon redest du? Ich habe niemanden umgebracht. Ich kenne dich nicht einmal. Was soll das ganze?", gab er verwirrt zurück, doch dies provozierte das fremde Mädchen nur noch mehr, so dass sie wutentbrand auf ihn zustürmte. "Du wagst es mich zu verspotten?!", rief sie und sprang ihn mit gestreckten Bein entgegen.

Shane hatte keine Wahl und ließ die kränkelnde Elfin zu Boden fallen um sie vor den Tritt zu schützen, jedoch blieb ihn somit keine Zeit mehr um den schnellen Angriff abzuwehren. So traf sie ihm ungehindert an der Brust und stieß ihn weit zurück. Der Treffer war so hart das auch er an einen morschen Baum prallte, der unter der Wucht des Aufpralls zerschmetterte. "Shane!", stöhnte Kyren leise am Boden liegend auf.

Da ihre Haut noch immer sehr empfindlich auf jegliche Art von äußeren Einwirkungen war, war auch dieser kurze Sturz zu Boden nicht gerade schmerzfrei gewesen. Auch ihr Gefährte schien von dieser Attacke sehr mitgenommen und rührte sich nur wenig. Nur mühsam gelang es ihm sich wieder aufzurichten, jedoch viel zu langsam um die Kopfgeldjägerin an ihren nächsten Angriff zu hindern, denn diese hatte schon wieder drei ihrer explosiven Kugeln parat. "Pah! Und nun stirb, Bhaal!", schrie sie lauthals und holte mit ihren Wurfarm aus. Der junge Halbelf wusste das er ihr nichts mehr entgegensetzen konnte, sah sein Ende schon kommen, doch kurz bevor das Mädchen ihre Hand öffnete um ihn die Geschosse entgegenzuwerfen, trat ihr Kyren mit aller Kraft gegen den Arm, in dessen Hand sie die Kugeln bereithielt, womit alle drei Geschosse ihr Ziel verfehlten und senkrecht in den Himmel flogen.

Die kleine Elfe schrie entsetzlich als ihr Fuß den Unterarm der Fremden traf, so stark war der Schmerz den sie aufgrund der Nebenwirkungen des Trankes erlitt, aber obwohl nun die Geschosse schon bald wieder auf sie herunterprasseln würden, nahm sie tapfer all ihre Qualen hin und rollte sich von ihr davon. Sejya, die immer noch leicht konfus in den Himmel starrte, begriff erst gar nicht was diese Aktion für Folgen haben würde als sich ihre Geschosse langsam wieder der Schwerkraft fügten. "Nein! Verdammt!", rief sie entsetzt als die Kugeln auf sie nieder rieselten und die Gegend um sie herum in drei kleinen Explosionen untergehen ließen.

Obwohl Kyren jede Rolle nur noch mehr Wehklagen zugefügte, war sie doch recht glücklich damit ihr Leben gerettet zu haben. Erschöpft kam sie nur wenige Meter vor Shane zum erliegen, während Sejya zwischen den Explosionen mittels einer Schriftrolle verschwand.

Noch etwas angeschlagen trottete der junge Halbelf auf sie zu und beugte sich zu ihr herunter. "Kyren!", rief er, sich an der Brust haltend, und rüttelte sie vorsichtig. "Kyren? Alles in Ordnung?", fragte er nach, als er in das schmerzverzerrte Gesicht der Elfe blickte. "Es geht schon ...", gab sie mit fiebrigen Blick zurück und zwängte sich ein Lächeln auf.

Als sich die Rauchwolken verzogen gaben sie nur einige Krater unter sich frei - die Kopfgeldjägerin selbst, war wie Jáin zuvor, spurlos verschwunden.

Noch einmal blickte er auf die verkohlte Stelle an der der Dunkelelf verschwunden oder gar gefallen war, bevor er sich schließlich daran machte ein wenig Blutsaft der verendeten Mykoniden in eines seiner Gefäße zu füllen. Einen Augenblick später war er fertig und hob Kyren wieder in seine Arme, wenn gleich sie dies bereits nicht mehr wahr nahm, da sie wieder in einem tiefen Schlaf verfallen war. "Hm ... man könnte fast glauben du bist nur aufgewacht um mich zu retten.", dachte er leise schmunzelnd vor sich hin als er auf das Mädchen in seinen Armen blickte. Dennoch fragte er sich was wohl aus Jáin geworden war, denn irgendwie fühlte er das es ihm gut ging. Nur zögerlich machte er sich schließlich daran den Wald zu verlassen, aber sein Gefährte blieb verschollen.
 

Es war bereits Abend und die Sterne erleuchteten den Himmel, als Shane endlich eine Rast einlegte und ein Lagerfeuer aufbaute. Während er in die Flammen des Feuers blickte durchfuhr ihn ein Gefühl der Sorge. Er wusste das er so schnell wie möglich in die nächste Stadt - nach Riatavin - musste, einen Ort den er eigentlich umgehen wollte, doch als er auf die zitternde Kyren herabblickte, die nahe am Lagerfeuer schlief, wurde ihm klar das er nur dort die Medizin bekommen würde, um ihr immer höheres Fieber zu senken. Zwar schien der Mykonidensaft seine Wirkung zu erzielen, aber die Nebenwirkungen konnte auch der Saft dieser Wesen nicht mindern.

Nachdenklich sah er in den Himmel und dachte an seinen Gefährten von dem er immer noch kein Lebenszeichen erhalten hatte. Er hatte ihm zwar nie voll vertraut, aber er glaubte bisher die Fähigkeiten seines Mitstreiters gut genug zu kennen. Sein Defensivzauber hatte ihn jedoch überrascht. Jáin hatte nie erzählt das er der Zauberei mächtig war und vor allen Dingen nicht, wie mächtig er ihr war. Er fragte sich ob er womöglich auch eine Magie beherrschte die ihn in dieser Situation gerettet haben könnte, als die Geschosse ein zweites mal auf ihn trafen. Viele Fragen warfen sich in seinen Kopf auf, die der Tag mit sich gebracht hatte und auf keine von ihnen kannte er eine Antwort.

Seufzend holte er schließlich seine Decke aus seinen nimmervollen Beutel hervor und machte sich daran sich schlafen zu legen. Er lag noch nicht einmal richtig, da fiel sein Blick auf Kyren, die zusammengekrümmt und zitternd, dicht am Lagerfeuer lag. Sie schien entsetzlich zu frieren, nicht nur wegen ihres Fiebers, sondern auch weil die Nacht Kälte mit sich brachte. Für einen Moment fragte er sich wie sie es wohl all die Nächte ohne eine Decke ausgehalten hatte, aber diese Frage geriet schnell ins vergessen. Er stand auf und legte seine Decke behutsam auf sie nieder. Vorsichtig schob er sie etwas vom Lagerfeuer davon, da er nicht wollte das herausspringende Funken die Decke oder sie selbst in Brand setzten.

Wie schon so oft an diesen Tag erwachte Kyren aus ihren Fieberträumen als sie spürte das sie jemand bewegte. Mit schwächelnden Blick sah sie zu Shane auf, der behutsam über sie wachte. Als er merkte das sie wach war, lächelte er kurz und beugte sich zu ein wenig ihr herunter um noch einmal ihr Fieber zu fühlen. Er sah das sie ihm einen ganz glasigen Blick entgegenwarf und schenkte ihr ein weiteres Lächeln, in der Hoffnung das es ihr bald besser gehen würde. "Mach dir keine Sorgen. Dein Fieber wird wieder weggehen ... ach ... und übrigens. Alles Gute zum Geburtstag, Kyren.", sagte er in einen sanften Ton als er ihr fürsorglich über die Stirn strich.

Leicht überrascht von dieser Geste stieg eine leichte Röte in Kyrens Wangen auf, was aber aufgrund ihres Fiebers nicht wirklich auffiel. "Woher weißt du? ...", fragte sie mit schwächlicher Stimme. "Du redest ab und zu wenn du schläfst.", erwiderte er ihr zuzwinkernd und streichelte ihr noch ein mal über die Stirn, worauf sich die kleine Elfe verschämt mit einen Teil ihres Gesichtes unter der Decke verkroch, so dass nur noch ihre Augen hervorlugten. "Schon gut. Morgen in Riatavin finden wir sicher auch ein passendes Geschenk für dich.", fügte er sorglos hinzu. Für Kyren war der erste Tag ihres neuen Lebensjahres ziemlich aufregend verlaufen, doch nun betete sie sich in den Schlaf auf das sie bald wieder gesund werden würde. Shane genoss währenddessen den wunderschönen Abendhimmel, an dem gerade eine Sternschnuppe vorbeizog ...

Folge 44: Akte ungeklärt

Ganze drei mal schlug der Gerichtshammer des Richters hart und laut auf sein Pult, so dass unter allen Anwesenden wieder Ruhe einkehrte. Der Gerichtssaal war nicht allzu groß und trotzdem schallte das Klopfen deutlich hörbar durch den ganzen Raum. Neben dem riesigen Eingangstor, durch das jeder kommen musste der in den Saal wollte, bot der Raum auch noch eine Fensterwand, die einen herrlichen Ausblick auf den Markt von Riatavin erlaubte.

Nach und nach verstummte das Getuschel unter den Beisitzenden nachdem zwei Ritter den Hauptangeklagten, der in schwerste Ketten gelegt war, eingeführt hatten. Seine Hände und Füße waren mit Gewichten versehen, so als ob man eine Bestie zu bändigen versuchte. Vorsichtig zog einer der Ritter dem Angeklagten die Kapuze seiner schwarzen Robe zurück, damit man dessen Gesicht besser sehen konnte. Wieder brach Getuschel unter den Beiwohnenden hervor, als das Gesicht des Mannes zum Vorschein kam.

"Ich bitte um Ruhe! Die Verhandlung im Straffall Diron X'elsion wird nun beginnen!", tönte der Richter lautstark und ließ seinen strengen Blick über das Publikum schweifen. Tatsächlich war es der Nekromant, der einst unter dem Dämon Belluzcius gedient hatte, dem man im Gerichtssaal anklagte. Kein Verteidiger stand ihm zur Seite, aber ein ganzes Pulk Geschworener gegen ihn.

Dirons Blick schien kalt und leer, ohne ein Funken Gefühl. Er starrte fast willenlos anmutend auf den hölzernen Boden, so als ob er nicht mehr Herr seiner Sinne war und überhaupt nicht mehr wahrnahm was um ihn herum geschah. Der alte Richter, der tradioniell sein Haar unter einer weißen gelockten Perücke versteckte, begann eine Schreckenstat des Magiers nach der anderen aufzuzählen, doch sah man Diron nicht an das er auch nur ein einziges Wort vernahm. "Diron X'elsion! Sie stehen heute hier weil Sie des Mordes bezichtigt werden. Sie haben ganze Familien ausgelöscht und das ohne ersichtlichen Grund. Sie haben Menschen getötet unabhängig vom Alter oder Geschlecht und dabei weder Gnade noch Reue gezeigt. Des weiteren sind Sie ein Zauberer der Nekromanie, eine Form der Magie die schon lange verboten wurde. Also - Wollen Sie etwas zu Ihrer Verteidigung sagen, oder ziehen Sie es vor zu Schweigen, wie sie es schon seit Tagen tun?", sprach der Richter schließlich und blickte mürrisch von seinen Pult herab, aber der Magier schwieg weiterhin und verharrte in seiner trüben Position. "Nun gut. Dann fahren wir mit der Verhandlung fort.", sagte er und schlug noch einmal mit seinen Hammer auf.

Natürlich war den Geschworenen klar das Diron nichts zu sagen brauchte, da man ihn mehrmals am Tatort vorfand. Ganze Armeen waren zum Opfer gefallen nur um ihn zu finden und viele Frauen verloren ihre Männer, bevor er endlich gefasst werden konnte. Duzende Zeugen waren vorgeladen, die nun nach und nach ihre Aussage machten. Es schien so als ob dies noch ein langer Tag werden würde.
 

Inzwischen hatte auch Shane Riatavin erreicht. Noch immer trug er Kyren in seinen Armen vor sich her. Ihr Zustand hatte sich nur wenig gebessert, ihre Stirn war nach wie vor kochend heiß und immer wieder fantasierte sie im Schlaf vor sich hin. Er ahnte nicht das Ausmaß ihrer Träume, die sich trotz ihrer Schrecklichkeit zu wiederholen schienen.

Allein und verlassen stand sie mitten in einen Meer aus Blut. Duzende verstümmelter Leichen trieben in Blutströmen an ihr vorbei. Verzweifelt blickte sie sich um, doch sie sah nur Not und Elend. Weinende Kinder, die die abgetrennten Köpfe ihre Eltern in den Armen hielten, brennende Häuser und der allgegenwärtige Gestank des Todes umgab lag in der Luft. Sie sah wie eine Stadt in Flammen stand und wie hunderte Menschen in Panik um Hilfe schrieen, während sie dem ganzen wie ein Geist beiwohnte. Nur wenige hundert Meter vor ihr erblickte sie plötzlich eine Gestalt wie sie sie noch nie zuvor gesehen hatte. Dieser Fremdling, dessen schwarze Rüstung an den Schultern mit Stacheln beschmiedet war, schien der Quell allen Übels zu sein. Von ihm allein ging all das Chaos aus, obwohl er einfach nur da stand. Unmengen von Blut flossen an seiner Schwertklinge herunter und zwei glühend rote Augen leuchteten unter seinem dunklen Helm hervor als er sich Kyren zuwand. Verängstigt kniff sie ihre Augen zu und sank kreischend mit beiden Händen über ihren Kopf zu Boden. "Nein! Bitte aufhören! Bitte nicht!", schluchzte sie, nicht länger in der Lage den Anblick dieser Bilder zu ertragen. Plötzlich wurde es still um sie und es schien fast so als ob der Alptraum ein Ende hatte. Als sie einen Augenblick später vorsichtig ihre Augen zu öffnen begann, merkte sie das all die Zerstörung um sie herum verschwunden war. Wie schon so oft fand sie sich an einem Ort wieder, der weder Boden noch Himmel zu haben schien. Nur einige dichte Nebelschwaden um sie herum zierten diese leere Landschaft. Langsam richtete sie sich wieder auf und sah sich verwirrt um. Schrittgeräusche ertönten, die sich langsam auf sie zu bewegten. Immer lauter wurden die Schritte bis schließlich die Konturen einer Gestalt im Nebel vor ihr erschienen.

"Hast du gesehen was passieren wird, wenn du es nicht verhinderst, Kyren Cyrissean? Wenn du ihn nicht aufhältst werden diese Visionen die ich dir schicke Wirklichkeit. Willst du das?", tönte der Fremde mit metallischer Stimme. "Hören Sie auf damit! Ich weiß nicht wer Sie sind und warum Sie mir das antun, aber ich will das Sie damit aufhören mir solche grausamen Dinge zu zeigen!", schrie ihm die kleine Elfe verzweifelt entgegen. "Mogul ist der Name des Mannes der für das alles verantwortlich sein wird. In Thay wird er sein Schreckenswerk beginnen und bevor seiner Existenz nicht ein Ende gesetzt wird, werden diese Visionen nie enden.", erwiderte die Gestalt nüchtern. "Wer sind Sie? Was wollen Sie? Sie erzählen mir das meine Eltern noch leben, das ein gewisser Mogul für Tod und Zerstörung verantwortlich sein wird, aber ich weiß ja nicht einmal ob ich Ihnen überhaupt vertrauen kann! Stattdessen stehlen Sie mir meine Träume und ersetzen sie durch solch schreckliche Visionen! Ich will endlich wissen wer Sie sind!", gab sie wütend zurück, doch damit entlockte sie ihren Gegenüber nicht mehr als ein kurzes Lachen. "Es spielt keine Rolle wer ich bin, Kind! Mich jetzt zu enttarnen hieße der Welt den Visionen auszusetzen die ich dir schicke. Noch ist die Zeit nicht reif dafür. Finde den Phönix und ich gebe dir die Antworten die du willst.", erwiderte er, worauf seine Stimme verblasste.

Noch bevor Kyren auch nur ein Wort erwidern konnte, brach der Traum ab. Sie erwachte und fand sich plötzlich in einen warmen kuscheligen Bett wieder, von dem sie nicht einmal wusste wem es gehörte. Sie spürte einen kalten Umschlag auf ihrer Stirn und hörte wie sich zwei Menschen angeregt miteinander unterhielten. Sie wusste zwar noch nicht wie, aber irgendwie war sie in das Haus zweier freundlicher Bürger gekommen.

Die Wohnung war sehr friedlich, geradezu einladend, eingerichtet. Hier und da stand ein Regal oder hang ein Bild, so dass man davon ausgehen konnte das dieses Haus einen älteren Ehepaar gehören würde. Eine große Uhr tickte harmonisch zum Sekundentakt vor sich hin und auf einen Tisch, nicht weit von ihr entfernt, standen einige schmackhafte Früchte bereit. Eine Treppe schien die einzige Möglichkeit zu sein eine Etage tiefer zu kommen, wo sich die beiden Einwohner scheinbar aufhielten.

Vorsichtig rekelte sich Kyren auf und nahm das feuchte Tuch von ihrer Stirn. Als sie aus dem entfernten Fenster blickte und ihr das helle Tageslicht ins Gesicht schien, merkte sie schnell das es wohl schon Nachmittag sein musste. Obwohl sie zwar noch etwas wackelig auf den Beinen war, mühte sie sich auf und ging ein paar Schritte in Richtung des Tisches auf denen der Obstkorb mit den Früchten stand. Ziemlich deutlich knurrte der Magen der kleinen Elfe nach Nahrung. Mit zittriger Hand nahm sie schließlich einen Apfel und bas genüsslich zu. Müde und erschöpft ging sie Richtung Treppe weiter, während sie einen Happs nach dem anderen machte. Auf dem Weg nach unten bot sich ihr ein ziemlich merkwürdiges Schauspiel.

"Los Junge, der Boden muss glänzen! Schrubb gefälligst etwas gründlicher!", meckerte eine etwas ältere Dame, die zusammen mit ihren Gatten teetrinkend an einen kleinen Tisch saß. Der Junge, den sie schimpfte, war kein anderer als Shane, der sich alle Mühe gab mit einen Mopp den Boden möglichst sauber zu wischen. Seinen Zweihänder hatte er zwar abgestellt, aber dennoch trieb ihn die Arbeit den Schweiß aus den Poren. "Und wenn du fertig bist kümmerst du dich wieder um den Garten. Wehe ich sehe nachher auch nur ein einziges Unkraut wuchern.", rügte ihn die ältere Dame weiter, bevor sie ihr Gatte schließlich leicht anstupste. "Meinst du nicht du bist etwas zu streng mit den Jungen, Martha?", fragte er vorsichtig nach und nahm bei der Gelegenheit seine Pfeife kurz aus dem Mund, nur um einen Augenblick später wieder genüsslich weiterzupaffen. "Nein, Edgar. Wir haben ihn die Medizin für das Mädchen besorgt und ihm Unterkunft gewährt. Nun soll er gefälligst was dafür tun!", fauchte sie energisch zurück und schlug erbost auf den Tisch. Fast unterunterbrochen stritten die beiden Tattergreise weiter, so dass sie gar nicht merkten wie Kyren die Treppe hinabkam.

"Entschuldigt ...", rief sie zögerlich dazwischen, als sie unten angekommen war und brachte somit ein bisschen Ruhe unter den Anwesenden ein. Erfreut blickte Shane auf als er ihre Stimme vernahm, doch die Dame des Hauses trübte seine gute Stimmung schnell wieder als sie den Apfelkrebs in den Händen des Kindes erblickte. "Sie hat ohne zu Fragen einen Apfel gegessen! Ungeheuerlich! Dafür musst du auch bezahlen, Junge!", schrie sie entsetzt und warf mit giftigen Blicken um sich, auf dass niemand auf die Idee kommen sollte ihr zu widersprechen.

"Ahh, wie ich sehe seit Ihr wieder auf den Beinen, kleines Fräulein. Die Medizin hat also gewirkt.", rief ihr der alte Mann zu und bat sie mit einer einladenden Handbewegung zu sich, doch sie zog es vor zunächst zu bleiben wo sie war. "Shane? Was ist passiert? Wo sind wir? Wer sind diese Leute?", fragte sie munter drauf los. "Ähm ... ja weißt du ... wir sind in Riatavin. Ich hatte nicht genug Geld um eine Medizin für dein Fieber zu kaufen, also hab ich diese netten Leute hier gebeten mir zu helfen. Na ja, und nun muss ich meine Schulden abarbeiten.", erklärte er ihr und kratzte sich verlegen am Kopf. "Das ... das hast du für mich getan?", staunte sie leise, bevor ihr eine gewisse röte ins Gesicht stieg und sie verlegen ihre Zeigfinger aneinander tippte.

Noch in Gedanken versunken realisierte sie gar nicht das ihr Gefährte schon bereit zu gehen war, nun wo es ihr besser ging. Rasch eilte er zu ihr, griff sie am Arm und stürmte mit ihr und seinem Zweihänder aus dem Haus des älteren Ehepaares. "Tut mir Leid, aber wir müssen leider schon gehen. Trotzdem vielen Dank für ihre Hilfe!", rief er den beiden Menschen zu, die ihm völlig verdutzt hinterher sahen. Bevor sie auch nur einen Schritt machen konnten war der junge Halbelf in Windeseile mit dem Mädchen verschwunden. "Sie sind abgehauen ...", staunten die beiden Gastgeber verdutzt, die mit soviel Dreistigkeit nicht gerechnet hatten.
 

Wieder schlug der Hammer des Richters auf seinen Pult auf um Ruhe im Saal zu erzeugen. Soeben hatte auch der letzte Zeuge vorgesprochen und sich unter dem Publikum eingereiht. Mit einer kurzen Geste deutete der Richter an, dass der Staatsanwalt ein paar abschließende Worte vortragen sollte.

"So denn, wir haben die Aussagen gehört und sie lassen für mich nur einen Schluss zu, nämlich das Sie und nur Sie, Diron X'elsion, diese Taten begangen haben. Da Sie es vorziehen nicht zu reden, nehme ich dies als Geständnis hin. Es konnte zwar nicht geklärt werden ob Sie auch für die Unruhen im Osten bei Ormath verantwortlich sind, aber allein die Tatsache das Sie bewiesenermaßen so vielen Menschen das Leben genommen haben, reicht schon aus um für Sie die Höchststrafe zu fordern, sollten sie die Geschworenen für schuldig erkennen. Ich fordere die Todesstrafe!", sprach dieser, während er im gehörigen Respektsabstand um den recht apathisch wirkenden Zauberer herumschritt.

Nur einige Minuten später verlasen die Geschworenen ihr Urteil, wobei einstimmig das Wort 'schuldig' durch den Gerichtssaal klang. Diron verharrte noch immer genauso regungslos wie man ihn eingeführt hatte und es schien so als ob ihn das Urteil völlig kalt ließ. Noch einmal schaute sich der Richter um, bevor er schließlich seinen Hammer hob um das Urteil rechtsgültig zu machen, doch er kam nicht dazu aufzuschlagen als sich plötzlich ein Mann aus dem Publikum erhob.

"Wartet!", rief er, allerdings ohne einen Funken Sorge um den Angeklagten zu zeigen. Ohne weitere Umschweife trat er aus seiner Sitzreihe hervor, die am anderen Ende des Gerichtssaals lag. Er trug einen langen Mantel, der genau wie der Rest seiner Kleidung, wie auch sein Haar, in tristen grau gehalten war. Er wirkte er nicht älter als 30 und hinterließ einen recht sympathischen Eindruck bei der Damenwelt, wenn gleich seine Tracht leicht altmodisch wirkte.

"Was ist mit Euch, Bürger? Warum plärrt Ihr mir dazwischen?", fragte der Richter erbost nach. "Ich denke Ihr solltet dieses Urteil nicht aussprechen. _Ich_ biete euch ein besseres an.", erwiderte die fremde Gestalt mit den langen schwarzen Stiefeln. "Wer seid Ihr überhaupt das Ihr es wagt meine Entscheidung in Frage zu stellen? Gebt Euch zu erkennen, Bürger!", entgegnete ihm der Richter misstrauisch. "Oh, natürlich ... meinen Namen wollt Ihr wissen. Ich heiße Gray - Gray Hawkins, wenn's recht ist. Ich leite in Thay eine außergewöhnliche Feste, die sich mit Phänomenen wie diesen Herrn dort beschäftigt. Ich könnte ihn vielleicht kurieren. Ich würde ihn gerne mitnehmen und seine Fähigkeiten studieren. Bedenkt nur welche Möglichkeiten in ihm stecken, wenn er ganze Armeen vernichten kann. Stellt euch vor ich käme hinter das Geheimnis seiner Macht und ich könnte jeden Ritter des Reiches so stark machen wie ihn. Wäre das nicht toll ein schier unbesiegbares Herr zum Schutze unseres Landes zu haben?", meinte er diskret anmutend. Für einen Moment überlegte der Mann am Pult noch, doch selbst dieses verlockende Angebot wies er barsch ab. "Nein! Er hat hingerichtet zu werden. Ich sehe keinen Grund Ihnen zu trauen!", rief er schließlich zurück. "Gut ... wie Ihr wollt, aber Euer Urteil bringt Euch ohnehin nichts.", erwiderte Gray schmunzelnd, wobei er seinen Kopf leicht absenkte. "Ach ja? Und warum bitte, wenn ich fragen darf?", gab der Richter mosernd zurück, sich über sein Pult beugend. "Lasst mich euch etwas demonstrieren. Seht genau hin.", antwortete er ihm mit verschlagenen Blick.

Gebannt richteten alle Anwesenden außer Diron selbst die Blicke auf den grauhaarigen Mann, der auf eine der Wachen zuging und sich dessen Schwert nahm. Der Ritter war so erstaunt über diese Dreistigkeit das er gar nicht einschritt und ihn gewähren ließ. Schließlich ging der Fremde ein paar Schritte in Richtung Ausgang, so, dass er auf einer geraden Linie mit dem Nekromanten stand. Er schwang das Langschwert ein paar mal und warf es plötzlich mit voller Wucht auf den Zauberer, der überhaupt nicht darauf reagierte. Ein lauter Aufschrei schallte durch die Halle, als das Schwert nur Millimeter hinter Dirons Kopf schwebend zum stehen kam. Es drehte sich langsam um die eigene Achse, schien aber von niemanden optisch beeinflusst zu werden. Selbst der Richter war aufgeschrocken und klammerte sich entsetzt an sein Pult.

"Seht Ihr? Ihr könnt ihn nicht einfach so töten - dafür schlummert zu viel Macht in ihm. Überlasst ihn mir und er wird Eure Welt nie wieder plagen.", rief Gray selbstherrlich und es schien so als ob sein Angebot nun um einiges verlockender war. Das ganze Publikum schrak zurück als das Schwert plötzlich zu Staub zerplatzte. Es entstand fast eine Panik, obwohl der Nekromant scheinbar gar nichts getan hatte, denn noch immer stand er einfach so da ohne seine Miene zu verziehen. "Seht Ihr die Macht? Seht Ihr die Gefahr? Gebt ihn mir!", drängte der Fremde weiter, worauf der Richter angesichts der Geschehnisse nicht länger zögerte und das Urteil entsprechend änderte. Mit dem Aufschlag seines Hammers war es getan und Diron hatte einen neuen Herrn, der ihn scheinbar das Leben gerettet hatte. Ohne jegliche Furcht schritt der grauhaarige Herr mit der sympathischen Stimme auf ihn zu und packte ihn sanft an den Schultern. "Du weißt das ich das mit dem Schwert war und du weißt wer ich bin. Es ist deine letzte Chance mich zu verraten.", flüsterte er ihm leise ins Ohr, wohlwissend das er nichts dergleichen tun würde. Dirons Mimik blieb leer und er beließ es dabei weiter zu schweigen. Der Richter war über den Mut des Mannes erstaunt, der sich so nah an den Magier heranwagte, aber er zog es vor sich heraus zu halten.

"Du wirst mich nicht verraten nicht, wahr? Ich weiß es! Du hast Angst, viel Angst ... du kannst es kaum kontrollieren, es frisst dein Herz auf, nicht wahr? Du hast Angst davor was aus dir geworden ist und was aus dir werden könnte, aber vertrau mir. Bei mir bist du in guten Händen, mein kleines Genie. Und nun komm, wir haben noch einiges miteinander vor.", flüsterte er weiter und zog ihn schließlich mit sich. Einen Augenblick später waren die beiden schon aus den Gerichtssaal verschwunden und niemand hatte auch nur einen Schimmer wer der Mann war, dem man soeben den Nekromanten überlassen hatte.
 

Bald wurde es Nacht und die Kälte zog durch die Gossen der Stadt. Die meiste Zeit hatten Shane und Kyren in einer Bibliothek verbracht, doch diese schloss nun. Die kleine Elfin wirkte immer noch sehr traurig denn auch in den riesigen Bücherregalen von Riatavin konnte sie keinen Zauber finden der ihr ihre verloren gegangen magischen Kräfte zurückgeben würde. Dennoch gab ihnen die Zeit zwischen den Bücherregalen die Gelegenheit um das neuste Stadtgeflüster zu hören. Glücklichweise interessierte sich niemand für ihre Kopfgelder. Stattdessen wurde immer wieder von mysteriösen Diebstählen gesprochen, womit klar war das die Stadt andere Probleme hatte.

Schließlich hatte sich eine Unterkunftsstätte gefunden die man brauchte um der Kälte der Nacht in einem warmen Bett zu entgehen. Der Wirtsherr betrachtete jedoch die paar Münzen, die ihm Shane auf die Theke gelegt hatte, mit ziemlichen Argwohn. "Bah ... das reicht gerade mal für ein Einbettzimmer ohne Verpflegung.", meinte er mürrisch und blickte das junge Duo grotesk an. "Was?! Aber das ist alles was wir haben.", gaben beide gleichzeitig protestierend zurück und legten ihre Hände auf ihre knurrenden Mägen. "Entweder ihr geht oder ihr nehmt das Zimmer.", tönte der Wirtsherr und drehte sich desinteressiert von den beiden ab. Wahrhaftig war seine Schänke nicht die beste der Stadt, aber dafür die billigste und somit die einzigste die sie sich leisten konnten. Überall stank es nach Qualm und Alkohol, so dass man sich entschloss das Angebot anzunehmen und auf das Zimmer zu gehen.

Dieses war genauso rustikal eingerichtet wie alle anderen auch. Der Holzboden knarkste, egal wo man hintrat und das Bett machte den Eindruck als ob schon allerlei Rassen darauf eine Liebesnacht verbracht hatten. Man sah sich gut beraten das Bettlaken oder gar die Matratze zu wenden. Ein Kamin, ein Stuhl, ein Tisch und ein Fenster an der Wand über den Bett, füllten das schlichte Zimmer aus. Eine fast aufgebrauchte Kerze, die auf dem Tisch bereitstand sollte ihnen das nötige Licht für die bevorstehende Nacht geben. Immerhin lag noch etwas Holz vor den kleinen Kaminofen, so dass man es nicht allzu kalt haben würde. Etwas enttäuscht vom Komfort des Raumes schloss Shane schließlich die Tür hinter sich und stellte seinen Zweihänder ab, während seine kleine Gefährtin zum Fenster eilte um einen neugierigen Blick daraus zu werfen.

Es war noch nicht so spät und die knurrenden Mägen würden die beiden eh noch eine Weile wach halten. Seufzend setzte man sich nebeneinander aufs Bett und versank in Träumen von einer wohlschmeckenden Mahlzeit. "Und was nun? Wir haben weder Geld noch Essen. Was machen wir dann erst Morgen?", gab der junge Halbelf leise von sich, doch auch Kyren hatte keine passende Antwort parat und blickte nachdenklich in Richtung des Kamins. "Mir ist kalt.", erwiderte sie leise und rieb sich kurz die Arme, worauf Shane kurzerhand aufstand um etwas Feuer zu machen. Er warf etwas Holz hinein und brachte es schließlich mit einem Streichholz zum brennen. "Kein Wunder das dir kalt ist, bei deiner Kleidung. Abends ist es immer kühler als Tagsüber. In dieser Gegend kann es sogar schneien. In Tethyr ist es viel wärmer. Da hast du sicher nie Probleme mit der Temperatur, aber du wolltest uns ja unbedingt folgen.", meinte er während er sich am Feuer erwärmte. Es dauerte nicht lange und die kleine Elfe kniete sich neben ihn um sich ebenfalls zu wärmen. "Ich weiß ... ich hätte euch nicht folgen sollen, aber ... weißt du ...", stotterte sie verlegen und begann ein wenig zu schluchzen. "Schon gut, ich kann es mir denken. Du willst frei sein wie ein Vogel und hingehen wo du willst, genauso wie ich, nicht wahr?", meinte er schmunzelnd und stupste sie kurz an. "Ja ... schon möglich ...", sagte sie in nachdenklich und legte ein Lächeln auf ihre Lippen.

Für eine Weile versank sie in Gedanken, so dass sie nicht einmal mehr wusste was sie mehr wärmte - die Nähe zum Feuer, oder die Nähe zu Shane, der direkt neben ihr saß. Sie merkte, dass, obwohl er sich verändert hatte, er im Herzen noch immer wie bei ihrer ersten Begegnung war. Sein einst recht edles Herz, das davon träumte Paladin zu werden und die böse Macht die es verdorben hatte, hatten ihn zu einen sehr aufgeschlossenen und fröhlichen Jungen werden lassen. Er schien es zu genießen nun endlich normal zu sein, denn die Macht Bhaals schlummerte tief und fest in seinem Blut, so dass es nie wieder sein Denken und sein Handeln beeinflussen konnte. Er hatte sich um sie gekümmert als es ihr schlecht ging, doch für ihn schien es nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit zu sein.

"Ich hoffe nur das Jáin noch lebt. Er hat noch genug Geld und noch ein paar nützlich Tränke bei sich. Ich frage mich was wohl mit ihm passiert ist.", sagte er auf einmal, worauf Kyren aus ihren Gedanken fiel und leicht erschrak. "Warum wollte Jáin eigentlich nach Thay?", fragte sie nach, worauf sich die Miene ihres Begleiters leicht trübte. Ein Weile herrschte Stille zwischen den beiden, die nur durch das knistern des Feuers gestört wurde, doch schließlich antwortete er ihr. "Ich weiß, es klingt verrückt, aber er hat mir gesagt dass er vom Orakel erfahren hat, das sich sein Vater dort aufhält. Wir wissen das er tot ist ... oder zumindest wollte man das uns glauben lassen ... irgendetwas geht dort vor und ich muss wissen was es ist. Irgendwas ist dort, es ruft mich ... und ich werde rausfinden was es ist.", antwortete er bedächtig, während Kyrens Augen sich weiteten.. Sie fragte sich ob es wirklich möglich sein konnte das Leath Hazard, einst ein Diener des Dämonen Belluzcius, doch noch lebte? Vielleicht hatte er etwas mit diesen Mogul zu tun, von dem immer wieder in ihren Träumen die Rede war. Sie fühlte wie sich ein gewaltiges Puzzle vor ihr aufbaute von dem sie erst wenige Teile gefunden hatte. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken von dem sie ein wenig Gänsehaut bekam. Ihr wurde wieder einen Moment lang kalt, aber noch näher ans Feuer konnte sie nicht mehr. "(Mogul ... wer ist das nur?)", dachte sie still vor sich hin und rieb sich die Arme, während Shane sich erhob und zum Fenster ging. Er schien etwas zu verbergen, denn als sie sein Spiegelbild im Fenster sah, entdeckte sie eine tiefe Trauer in seinem Gesicht. Wehmütig legte er seine Hand ans Fenster und blickte in den Vollmond des Abendhimmels. Sie fragte sich an was er wohl gerade dachte, das es ihn so bewegte, doch traute sie sich nicht zu fragen.
 

Schließlich wurde es Zeit sich schlafen zu legen als es auch draußen langsam ruhiger wurde und nur noch ein paar betrunkene Anwohner durch die Gassen schlenderten. Mit geweiteten Augen standen sich Kyren und Shane am Bett gegenüber. Immer wieder fielen ihre Blicke auf die einzige Schlafmöglichkeit im Zimmer, welches das eigentliche Begehr dieser Nacht werden würde. Zwar bot es gerade so genug Platz für zwei Personen, aber keinen der beiden schien die Möglichkeit akzeptabel. Kyren war nicht unbedingt so aufgeregt weil ihr dann weniger Platz zu Verfügung stand, sondern viel mehr weil sie noch nie mit einen Jungen in einem Bett geschlafen hatte. Shane ging es scheinbar ähnlich, doch bevor seine Gefährtin auch nur ein Wort sagen konnte kam er ihr zuvor. "Du schläfst im Bett. Ich mache es mir auf dem Boden bequem.", sagte er plötzlich und legte sich neben den Bett nieder, ohne das Kyren eine Chance auf Widerworte hatte. Einen Moment wollte sie ihn noch zurückhalten und streckte ihren Arm nach ihm aus, aber sie wollte seine Entscheidung nicht in Frage stellen, so dass sie wortlos verharrte. Er behandelte sie stets gut, wie ein großer Bruder und doch gelang es ihr nie sich zu bedanken. Leicht betrübt legte sie sich ins Bett und kuschelte sich dort ein. Es dauerte nicht lange und beide sollten einschlafen. Dieses mal blieben die Träume der Elfin normal. Kein Blut und Verderben suchten sie heim.
 

Ein merkwürdiges Geräusch riss Shane mitten in der Nacht aus seinem Schlaf. Es kam ihm wie ein merkwürdiges Stampfen vor das sich immer näher auf sein Zimmer zu bewegte. Zunächst dachte er an einen weiteren Hotelgast, aber als die Schritte kurz vor seiner Tür verstummten, begann er diesen Gedanken schnell zu verwerfen. Nervös blickte er sich um, denn er spürte förmlich das etwas nicht stimmte. Vorsichtig richtete er sich auf und ging mit seiner Hand zu Kyren herüber um sie wachzurütteln, ohne dabei die Tür aus den Augen zu lassen. Es gelang ihm ziemlich schnell das Mädchen aus ihren Träumen zu entreißen, denn als diese an sich hinabsah und bemerkte das jemand seine Hand auf ihrer Brust hatte, irritierte sie dies schon sehr. Bevor sie die Situation überhaupt begriff, kreischte sie höllisch laut auf, fast als ob sie die ganze Stadt wecken wollte.

Nur Augenblicke später brach die Tür in Tausend Stücke und eine dunkle riesige und stämmige Gestalt stürmte in das Zimmer hinein. Reflexartig sprangen die beiden Gefährten beiseite, während der Eindringling auf das Bett schlug und es mit nur einen Schlag völlig zerstörte. Er drosch wie wild um sich, richtete seine Wut aber großteils auf Shane und Kyren, die notdürftig ausweichen konnten. Binnen Sekunden war das ganze Zimmer völlig verwüstet, da es dem riesigen Fremden nicht gelang die beiden flinken Ziele zu treffen.

Durch den tosenden Lärm aufgeweckt waren auch die anderen Gäste schnell wach und herbei geeilt. Einer von ihnen versuchte den Riesen mit seinen Schwert niederzustrecken, doch die Klinge konnte dem Wesen kaum etwas anhaben. Mit nur einen Schlag schmetterte er den Gast durch mehrere Wände in ein anderes Zimmer.

Shane wollte gerade nach seinen Zweihänder greifen, da packte ihn der Fremde am Arm. Für einen Augenblick starrte der junge Halbelf gebannt in die feuerrot glühenden Augen seines unförmigen Gegners, der strafend auf ihn blickte. Mit voller Wucht schleuderte er dann auch Shane gegen die gegenüberliegende Wand, wo er benommen zum erliegen kam. Der Eindringling nahm sich das Schwert samt Halterung und sprang damit durch das Fenster. Glassplitter begleiteten seinen Weg nach unten, und doch schienen ihm weder diese noch die Höhe aus der er gesprungen war, noch die Glassplitter, etwas auszumachen.

Schon nach wenigen Sekunden war das Spektakel vorbei und der Fremde verschwunden. Besorgt eilte Kyren ihrem Gefährten zu Hilfe und half ihm auf. "Ist alles in Ordnung Shane? Wer war das? Was ist passiert?", fragte sie ängstlich. "Args, mir geht's gut, keine Sorge.", erwiderte er mit schmerzverzerrter Miene und rieb sich am Hinterkopf. "Keine Ahnung wer oder was der Typ von eben hier wollte. Jedenfalls hat er Carsomyr gestohlen und das werde ich mir zurückholen.", ergänzte er mit Blick auf das zerbrochene Fenster und raffte sich auf.

Als man ans Fenster ging um den Flüchtigen zu suchen, war dieser bereits verschwunden. "Verdammt! Er ist weg! Hättest du nicht rumgeschrieen wäre der Überraschungsmoment auf unserer Seite gewesen.", ärgerte er sich und schlug aufs Fensterbrett auf. "Entschuldige mal! Du hast mir an den Busen gegrabscht! Da wird es als Mädchen wohl erlaubt sein zu schreien!", gab die kleine Elfe trotzig zurück, so dass er sich ihr verwundert zuwand. "Aber ... das ... das .... d-das hab nicht gemerkt ...", erwiderte er völlig überrascht und fing sich sogleich eine deftige Kopfnuss von seiner leicht erröteten Gefährtin ein. "Wie gemein!", grummelte sie mit aufgeblasenen Pausbäckchen vor sich hin und verschränkte naserümpfend die Arme.
 

Kurze Zeit später waren die beiden jedoch schon wieder versöhnt und am Spurenlesen, denn der Dieb hatte riesige Fußstapfen in der leicht feuchten Erde hinterlassen. Dennoch schauten sie etwas ratlos drein, denn die Spuren waren so groß das sie gar von einen Elefanten hätten stammen können.

"Was sind das für merkwürdige Abdrücke?", fragte Kyren verwundert. Shane rieb kurz in der Erde herum und sah sich die restlichen Spuren an. "Ich bin zwar kein Experte in solchen Sachen, aber ich würde sagen, das war ein Golem.", antwortete er nüchtern. "Ein Golem?", stutzte sie verblüfft. "Ja, soweit ich weiß werden sie normalerweise von einigermaßen fähigen Magiern beschworen. Das würde auch erklären warum unser Angreifer so stark war. Man kann sie zu alles abrichten, aber eigentlich eignen sie sich nur gut als Testobjekt für diverse Zaubereien. Ein Golem hat keinen eigenen Willen, er gehorcht nur, also muss das heißen das jemand anderes hinter diesen Überfall steckt.", erklärte er und richtete sich wieder auf. Es war ein Glück für ihn das er in der Bibliothek rein zufällig ein Buch gelesen hatte indem es um diese Kreaturen ging, denn sonst hätte er ihre Frage nicht so leicht beantworten können. Beiden war klar das sie den Spuren folgen mussten und obwohl ein Golem kein leichter Gegner war, traten sie die Suche nach ihm an.
 

Wenige Augenblicke später war Kyren mit Lupe und Detektivmütze ausgerüstet und verfolgte Schritt für Schritt die Fußspuren des Wesens quer durch die Straßen von Riatavin. Die Nacht störte sie nicht, denn dank ihres Infrasionsblickes, sah sie alles klar und deutlich. Ihren Gefährten schien ihre Aufmachung dagegen nicht zu imponieren, weshalb er ihr grummelnd hinterher stampfte. "Sag mal, muss das sein? Wir verfolgen doch nur Fußspuren. Das ist doch kein Grund sich zu verkleiden und Detektiv zu spielen.", nörgelte er leise, worauf sie sich plötzlich zu ihm umdrehte und schwärmend in den Himmel starrte. "Tut mir Leid, Shane, aber in diesen einen Buch was ich heute in der Bibliothek gelesen habe, ist fast genau das gleiche passiert. Es ging auch um Diebstahl und niemand wusste wer der Täter war. Der Held dieser Geschichte, ein gewisser Shelling Ford, war auch ein Detektiv und er hat genau das gleiche gemacht wie ich jetzt. Am Ende hat er den Täter gefunden und gestellt. Das Buch war so toll. Diese Auffassungsgabe ... diese Brillanz und das alles ohne Zauberei.", schwärmte sie begeistert und widmete sich kurz darauf wieder ihrer Spurensuche, ohne das er eine Chance hatte auch nur ein Wort zu erwidern. "Wenn sie solche Bücher liest wird sie bestimmt kein Mittel finden ihre Zauberblockade aufzuheben.", murmelte er etwas geplättet in sich hinein, bevor er sich daran machte ihr zu folgen.
 

Nach einer Weile endeten die Fußspuren jedoch an einem Kanalisationsdeckel, womit die Verfolgung ein jähes Ende hatte. Die Blicke der beiden verrieten das sie nicht besonders wild darauf waren in die Abwassertunnel der Stadt einzutreten. "Willst du vorgehen, Kyren?", fragte er freundlich, mit einen leicht drängenden Tonfall.

Egal wie sehr er sie auch anlächelte und sie auf den Gullideckel verwies, so war ihr dennoch nicht danach dorthin hinabzusteigen. "Ich glaube das ist keine so gut Idee. Den Gestank werden wir nie wieder los wenn wir da runter gehen ...", meinte sie schwitzend und wank ab, doch plötzlich durchfuhr sie ein Gedanke, der ihre Augenlieder förmlich aufriss. "... warte mal ... hat denn der Golem gestunken? Ich meine, er hat dich doch gepackt und du warst ihm ziemlich Nahe ... hast du da irgendwas ... gerochen?", fragte sie erstaunt.

"Nein, er roch ... ich weiß nicht ... nach Stein oder Lehm oder so was, ... vielleicht war es auch bloß sein billiges Parfüm.", antwortete er scherzend, worauf sie ihm einen bösen Blick zuwarf, da er ihre Frage offensichtlich nicht allzu ernst nahm. Schnell sah er ein das es besser war seine Aussage noch einmal zu überdenken. "Ähm ... Ich denke nicht dass das etwas zu sagen hat. Schließlich muss er ja auf dem Hinweg nicht durch die Kanalisation gekommen sein.", ergänzte er hektisch und rieb sich nervös am Hinterkopf, doch da überraschte ihn seine Gefährtin schon mit einem lauten Aufschrei.

"Ha! Ich präsentiere Beweisstück Nummer zwei. Den Gullydeckel!", schrie Kyren auf einmal und hielt die runde Metallplatte direkt vor das Gesicht ihres Gefährten, ohne jedoch zu bedenken das ihre schwächlichen Muskeln das Gewicht dieses Deckels nicht lange halten konnten. Unweigerlich kippte sie nach nur wenigen Sekunden mitsamt des Beweisstückes nach vorne um.

"Was ist mit dem Deckel? Was soll das?", fragte er verwundert, während sie sich wieder aufrappelte. "Sieh doch hin und denk nach. Unser Gegner war mindestens 2 Meter groß und ziemlich breit gebaut. Ich würde sagen er ist breiter als wir beide zusammen gewesen. Dieser Deckel aber, ist nie und nimmer groß genug als das ein solches Ungetüm dort durch passen würde.", kombinierte sie eifrig. "Willst du damit sagen das er sich in Luft aufgelöst hat, oder was? Wenn ja bringt uns das nicht gerade viel weiter.", gab er stutzig zurück. "Nein, ich glaube wir sind hier richtig! Irgendwo, versteckt in einen dieser Häuser muss der Täter sein. Ich kombiniere - das die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, dass er sich in einer Behausung befindet in der noch Licht brennt.", erwiderte sie und ließ ihre Blicke um sich schweifen. Tatsächlich entdeckte sie ein Kellerfenster, eines scheinbar verlassenen Hauses, indem noch etwas Licht brannte. Neugierig traten die beiden heran und warfen einen Blick hindurch. Was sie dort sahen riss ihnen förmlich die Augenlieder auf.

Eine Menschin, höheren Alters, mit einer, für Zauberer üblichen Robe bekleidet, stand dort triumphierend vor einen recht luxuriös wirkenden Bett, an dessen Pfosten jemand gekettet war. Zudem wartete ein riesiger Koloss brav in einer Ecke des Raumes auf weitere Befehle. Der Golem stand ganz still da und hielt noch immer Shanes Schwert in den Händen, was ihn somit endgültig als Täter entlarvte. Die Frau wirkte, wie auch der ganze Raum äußerst Pompös und doch war bei der Betrachtung der Einrichtungsgegenstände schnell klar das wohl so ziemlich alles davon erstohlen und ergaunert war.

Kyren stockte der Atem als sie sah das es Jáin war, der angebunden auf dem Bett lag. Er war bei Bewusstsein und wirkte unverletzt, aber dennoch sah man ihm großes Unbehagen an als die Frau vor ihm auf einmal selbstverliebt zu lachen begann.

"Du, mein kleiner Freund, hast mir in den letzten Tagen sehr viel Glück gebracht. Es muss wohl ein Wink des Schicksals gewesen sein als ich dich einsam und schwer verletzt in einer Gosse vorfand. Seit dem lief alles wie am Schnürchen.", sagte sie und schritt arrogant um das Bett herum, während Jáin ihre lüsternen Blicke abwehrte. "So wie ich das sehe, habt Ihr mich meiner magischen Fähigkeiten beraubt, Euch reich geklaut und wollt mich permanent als Euren Lustsklaven missbrauchen.", gab er naserümpfend zurück und wand sich von ihr ab. Seine Augen weiteten sich kurz als er bemerkte welches Schwert der Golem, der vor kurzem eingetroffen war, bei sich trug, denn es war ihm nicht unbekannt.

"Du kannst es drehen und wenden wie du willst, Drow. Du wirst auch weiter brav meine Bedürfnisse befriedigen, denn sonst verrate ich dich an die Stadtwachen. Tja, und du weißt ja wie sehr man hierzulande auf Dunkelelfen wie dich reagiert. Wenn du Glück hast köpfen sie dich gleich, ohne dich vorher zu foltern.", meinte sie schmunzelnd und kroch zu ihm aufs Bett.

Shane konnte kaum glauben das ihn seine Sinne nicht getäuscht hatten und sein Gefährte tatsächlich noch lebte. Zwar befand der sich in einer recht prekären Lage, aber dies geriet für ihn zur Nebensächlichkeit, denn schon als er ihn sah fasste er den Entschluss ihn zu retten.

Sinnlich streichelte die Magierin seinen Gefährten über den Körper und errötete leicht, doch ähnliche Gefühle schien der ganz und gar nicht zu haben, da er sich ihr angewidert abwendete. Ihm blieb nur die Hoffnung das der Besitzer des Zweihänders, welches ihr Diener hielt, bald kommen würde um sein Eigentum zurückzuverlangen und ihn zu retten. Unaufhörlich drang sie ihm auf doch einmal einen Blick in ihren Ausschnitt zu werfen, in der Hoffnung das dies seine Stimmung etwas ändern würde. Schließlich tat er es auch, jedoch nicht um einen Blick auf ihren Busen zu werfen. Viel mehr weckte ein Amulett, an dessen Ende ein blauer flacher Stein hing, sein Interesse, denn er wusste das darin seine bescheidenen Zauberkräfte eingeschlossen waren, die sie für ihre nicht gerade edlen Zwecke missbrauchte. "Nun stell dich nicht so an! Zeig mir das dich das erregt!", fauchte sie plötzlich und rüttelte ihn leicht durch, denn er zeigte sich nicht Willens den Beischlaf mit ihr durchzuführen.

"So verzweifelt bin ich nun auch nicht. Gehen Sie von mir runter, alte Schachtel!", gab er grob zurück, was sie kurz darauf, mit verzogenen Miene, auch tat. Etwas enttäuscht setzte sie sich auf den Bettrand und legte ihre Hand stützend an die Wange. "Ach, du bist doch zu nichts zu gebrauchen. Na egal, ich finde schon ein Zauber der dich willig macht. Nun will ich mir erst mal ansehen was mein kleiner Edward mir heute mitgebracht hat.", dachte sie laut vor sich hin und ging auf ihren Golem zu, der sich keinen Millimeter seit seinem eintreffen gerührt hatte. Sie schien erstaunt und auch etwas verärgert über das Mitbringsel zu sein als sie es musterte, so dass sie es ihm wütend aus der Hand schlug. "Was soll ich denn mit einem Schwert? Seh' ich aus wie ein Ritter? Ist das dass wertvollste was dich deine Sinne haben erspüren lassen? Bist du kaputt oder was?", schimpfte sie und gab ihm einen heftigen Tritt gegen das Schienbein, der ihr aber mehr wehtat als ihm. Sich schmerzend am Fuß haltend hüpfte sie durch die Gegend und stieß einen Fluch nach dem anderen aus, bis sie sich schließlich wieder auf der Bettkante niederließ und ihrem Diener giftige Blick zuwarf. Für Jáin war das die Gelegenheit endlich freizukommen, weshalb er es wagte ihr einen Vorschlag zu unterbreiten.

"Hey! Darf ich etwas vorschlagen? Ein Deal - wenn Sie es schaffen den Zweihänder 5 Sekunden lang zu halten schlafe ich so oft Sie wollen mit Ihnen, wenn nicht dann lassen sie mich frei. Na was sagen Sie dazu? Steht der Deal?", schlug er plötzlich vor, wohlwissend das er die Wette gewinnen würde. Shane hatte ihn oft genug erzählt das nur ein Mensch mit extrem reinen Herzens dieses Schwert ohne seine Halterung anheben oder gar führen konnte. Er musste nur hoffen das sie diese vorher entfernte, denn sonst hatte er ein echtes Problem. Etwas stutzig blickte die alte Frau zwischen dem Schwert und ihren Gefangenen hin und her. Sie fragte sich ob es Sinn machte auf diesen Vorschlag einzugehen und ob dies nicht vielleicht ein Trick von ihm war. Nach kurzer Überlegung nahm sie schließlich an und schickte sich daran den Zweihänder zu heben. Jáin hatte Glück, denn sie entfernte die Lederhalterung und postierte sich wie ein Gewichtheber vor der Waffe, die sie vorher auf einen kleinen Hocker gelegt hatte. Er wusste das er sie dank ihrer Gier zu jeder Dummheit hätte verführen können, doch fragte er sich ob sie ihr Versprechen auch einhalten und ihn laufen lassen würde.

Mutig legte sie währenddessen ihre Hände unter das Schwert und setzte an es in die Luft zu heben, doch scheiterte sie kläglich. Wie eine Wahnsinnige versuchte sie es anzuheben ohne das es sich auch nur einen Millimeter bewegte. Schweißgebadet rief sie sogar ihren Golem zu Hilfe, aber selbst zu zweit gelang es ihnen nicht einmal das Schwert von der Stelle zu rühren. Nach einer Weile ließ sie erschöpft ab und ließ sich zu Boden fallen. Zwar merkte sie das dieses Schwert magischer Natur war, aber es war ihr zu absurd zu vermuten das der Drow dies ebenfalls wusste. Schließlich konnte er eigentlich unmöglich wissen das dieses Schwert verzaubert war, da er, so wie auch sie selbst, es noch nie zuvor gesehen haben dürfte. Sie ahnte nicht das ihr Gedanke falsch war.

Gerade als sie sich aufgerafft hatte um Jáin auszuschimpfen, pochte es an ihrer Kellertür, worauf ihr fast das Herz stehen blieb. Mit einer abweisenden Handbewegung schickte sie den Golem in eine dunkle Ecke, während sie dem jungen Drow unter der Bettdecke verschwinden ließ. "Einen Augenblick.", rief sie trällernd, während sie ihre Diebesbeute tarnte. Hektisch eilte sie zurück zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit um einen Blick hinaus zu werfen. Als sie sah wer da geklopft hatte, öffnete die Tür schließlich vollends.

Ein kleines Elfenmädchen offenbarte sich ihr und bat darum hereinzukommen. Sie war mit einer alten dreckigen Decke umhüllt und auch ihr Gesicht und ihre Haare waren nicht sehr sauber. Alles in allem wirkte sie wie ein einfacher Bettler, doch Jáin, der unter einem Spalt der Bettdecke hervorlinste, erkannte sie sofort wieder. Es war Kyren, die sich verkleidet hatte und die ihm Hoffnung gab bald frei zu kommen. Die Magierin betrachte sie mit äußersten Argwohn und trat ein paar Schritte zurück um das recht zerbrechlich wirkende Kind genauer zu mustern.

"Wer bist du? Was willst du? Ich hab nicht viel übrig für Bettler.", mahnte sie das Kind eindringlich. "Mir ist so schrecklich kalt, Werte Dame. Ich wollte fragen ob ich mich ein wenig bei ihnen wärmen kann.", erwiderte sie ihr in einen herzzereisenden Ton und legte ein trauriges Gesicht auf. "Ähm ... na gut. Ich bin ja kein Unmensch, aber in 10 Minuten verschwindest du von hier, hast du verstanden?", gab sie zögerlich zurück, jedoch nicht ohne ein wenig barsch zu wirken. Plötzlich lächelte die kleine Elfe vergnügt und umarmte die alte Frau kurz, sehr zur Irritation derselbigen. "Entschuldigen Sie bitte.", sagte das kleine Mädchen auf einmal und legte ihre Hände um Verzeihung bittend zusammen. "Äh ... bitte was?", stotterte sie verdutzt und bevor sie überhaupt begriff wie es ihr geschah, riss sich Kyren die Decke vom Leib und warf sie ihr ins Gesicht, wodurch sie nur noch schwarz sah. "Das hier!", erklärte die kleine Elfin lauthals heraus und trat ihr mit aller Kraft auf den Fuß, der auch noch ausgerechnet der war, an dem sie sich zuvor an ihrem Golem verletzt hatte. Ohne Sicht, sich am Fuß haltend und wild kreischend, hüpfte die ältere Dame daraufhin im Zimmer herum. Der Schmerz und die Nullsicht ließen sie nicht auf den Gedanken kommen ihren Golem rachegeltend einzusetzen. Vielmehr kam es noch schlimmer als Shane hinzustieß und ihr ein Brett auf den Kopf schlug, worauf sie bewusstlos zu Boden ging. Zwar brach das Brett dabei in zwei Stücke, aber er war sich sicher das sie mit einer einfachen Beule davonkommen würde.

"Super! Danke Leute!", freute sich ihr gefesselter Kamerad, dessen Kopf unter der Bettdecke hervorlugte. Kyren machte sich daran ihn aus seiner misslichen Lage zu befreien, doch ihr glückte es gerade einmal ihm von der Bettdecke zu befreien. Die Fesseln erwiesen sich als äußerst widerspenstig, so dass sie schnell begriff, das diese wohl verzaubert sein mussten.

"Kyren! Die Frau trägt ein Amulett um den Hals! Leg es mir in die Hand, dann kann ich mich selbst befreien.", rief er ihr zu als er merkte das sie Probleme hatte. "Okay!", gab sie nickend zurück und lief zu der Frau. Blitzschnell hatte sie das Amulett parat und legte es in seine Hand. Es begann kurz zu leuchten und zu schimmern, bevor sich der blaue Edelstein in Luft auflöste. Gleichzeitig öffneten sich die Fesseln an Händen und Füßen, womit er endlich wieder frei war.

Sein Gefährte hatte die Zeit genutzt um seinen Zweihänder wieder in der Halterung zu bringen und ihn sich wieder umzulegen. Binnen kürzester Zeit war Jáin gerettet und die Beute zurückerobert. "Ha, die Aktion war ein voller Erfolg!", rief Kyren voller Stolz und streckte ihre Hand mit dem Victory-Zeichen empor.

Misstrauisch stellte sich der junge Dunkelelf vor dem Golem, so als wollte er ihn die Stirn bieten, doch dies lag ihm fern. Nun wo er seine magischen Fähigkeiten wieder hatte, war es ihm ein leichtes ihm neue Befehle zu geben. Breit grinsend tippte er dem willenlosen Wesen auf die Stirn und prägte ihm seine neue Aufgabe ein. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren folgte er schließlich Shane und Kyren die bereits am Ausgang auf ihn warteten.

"Sag mal, was hast mit dem Golem gemacht?", fragte die kleine Elfin neugierig als sie das gehässige Grinsen ihres herbeieilenden Gefährten sah. "Nichts besonderes. Sobald die Lady aufwacht wird sie der Golem zur nächstbesten Stadtwache bringen, wo sie ihr Geständnis für die Diebstähle machen kann, denn vorher wird er sie nicht loslassen.", erwiderte er ihr zwinkernd.
 

Im Schutze der Dunkelheit flohen die Drei so weit und so schnell sie nur konnten, bis ihre Konturen im Abendnebel der Straßen verloren gingen. Keiner von ihnen bemerkte das eine finster dreinblickende Gestalt auf dem Dach eines großen Hauses stand, die jede ihrer Bewegungen verfolgte.

Einzig der abendliche Mondschein erleuchtete ihr Wesen und brachte sie sichtbar zum Vorschein. Es war Sejya, die Kopfgeldjägerin der man bereits im Mykonidenwald begegnet war. "Hab' ich euch also endlich gefunden ...", dachte sie leise mit finsterer Miene vor sich hin ...

Folge 45: Der Weg zum Ruhm

Das unheimliche Flüstern, duzender gequälter Seelen schallte durch die Gänge einer längst vergessenen Baute, die in eine Schlucht Thays gehauen war und deren alter Glanz gerade im Morgengrauen erstrahlte. Schon viele Jahrhunderte hatte dieser Ort durchlebt, doch wusste die Außenwelt nicht welchen Zweck sie erfüllte. Nur die geisterhaften Stimmen die durch die dunklen Flure drangen, ließen erahnen welch Schrecken sich Tag für Tag darin abspielte.

Zwei Gestalten bahnten sich ihren Weg durch das irre Geflüster, welches einen fast den Verstand zu rauben vermochte. Immer wieder drang ein gequälter Schrei zu ihnen durch, doch er wurde wie alles andere dezent ignoriert. Der Schritt der beiden war nicht von allzu hoher Geschwindigkeit geprägt, sondern zeugte eher von Gemächlichkeit. Einer der beiden Männer war in schweren Ketten gehüllt, die gleichen Ketten in denen er den Gerichtssaal von Riatavin verlassen hatte. Zusätzlich war dem Nekromanten eine metallene Handsperre verpasst worden, auf das seine Hände keinen seiner gefährlichen Zauber entfesseln konnten. Es war nicht mehr als eine reine Vorsichtsmaßnahme, denn er wirkte nach wie vor gar nicht Willens dafür seine Magie zu entfesseln.

Schließlich erreichten er und sein Begleiter das Ende des Ganges an dem eine geöffnete Zelle auf ihn wartete. Vor der Zelltür fehlten einige Steine in der Decke, so dass das Sonnenlicht hindurchdringen konnte und in den vor ihm liegenden Raum schien. Der Mann hinter ihm, der sich in Riatavin als Gray zu erkennen gegeben hatte, schmunzelte kurz und ließ Diron sich schließlich in die Zelle begeben, wo er sich nach kurzen zögern auf einer Pritsche niederließ. Als er aufsah, schloss sich die Tür bereits, womit er nicht einmal die Chance bekam den Mann mit den grau-weißen Haar ein letztes mal ins Gesicht zu sehen, der soeben die eiserne Zellentür verriegelt hatte. Gray zog einen kleinen Schuber an der Tür auf, gerade groß genug um mit seinen Augen in das innere der Zelle zu blicken, und warf noch einmal ein Blick auf den apathischen Magier. "Es ist nur zu deinen besten, Diron. Das wirst du doch verstehen, oder? Frei wärst du eine Gefahr für dich und andere. Aber keine Sorge ... deine Zeit wird kommen ...", sagte er in einen recht mitleidlosen Ton und schloss den Schuber wieder. Erst das Geräusch einrastenden Metalls setzte den fehlenden Punkt hinter seine Worte.
 

Zwei synchron knurrende Mägen und ein hungernder Blick einer Elfe bettelten begierig nach Essen, denn Shane und Kyren schleiften sich erschöpft durch die Straßen von Riatavin auf der Suche nach Nahrung. Immerhin hatte man dank Jáins Befreiung wieder etwas Geld auf der hohen Kante, denn der Halb-Drow war es, der das meiste mit sich trug. Sein Magen knurrte nicht, denn die verrückte Pseudomagierin die ihn einige Zeit gefangen hielt, hatte ihn recht gut bedient. Dennoch war Kyrens Anblick in seiner Nähe, die noch immer ziemlich verdreckt im Gesicht war, auch kein gern gesehenes Bild in dieser großen Stadt, so dass man es vorzog am ärmern Stadtrand nach einer geeigneten Möglichkeit zum waschen und Essen zu suchen. Die kleine Elfin mochte Menschenstädte nicht sonderlich, denn überall lag ein Hauch von Mord, Betrug und Korruption in der Luft.

Tatsächlich bot sich den dreien nach einiger Zeit am Stadtrand eine recht gute Chance ihre Bedürfnisse zu erfüllen, wo sie auf einen Freimarkt stießen. Überall waren Zelte aufgestellt und Musik tönte unter den Besuchermassen hervor. Jáin konnte es sich sogar erlauben unmaskiert durch die Reihen zu schreiten, denn niemanden interessierte in solchen Gegenden Abstammung oder gar Rasse. Alles was wichtig war, war das man zahlen konnte, egal aus welcher Tasche die Münzen kamen. Ob man Duegar oder Elf war, interessierte nicht einmal die wenigen Stadtwachen die sich mit alkoholischen Tränken bei Stimmung hielten. Viele kleinere Händler versuchten ihre Waren unter die Leute zu bringen und riefen immer wieder ihre Angebote aus.

Shane und seine Gefährten zog es allerdings zu einem Stand an dem es reichlich nach gebratenen und gekochten roch. Auch Gemüse und Kartoffelgerichte, bot der Besitzer dieses reisenden Wagons an, würde er auf Wunsch zubereiten. Selbst an Met und anderen Getränken mangelte es in seinen Regalen nicht.

"Hallo ihr Reisenden! Mein Name ist Gerry. Mit welchen Feinheiten darf ich eure Gaumen verwöhnen?", fragte er höflich und blickte erwartungsvoll auf die Drei hinab. Es war der Satz nachdem sich Kyren und Shane gesehnt hatten, weshalb ihnen die Entscheidung recht leicht fiel und sie mit hungrigen Augen eine reichliche Portion Hühnchen zur Bestellung aufgaben.
 

Wenig später schlugen sie sich schon die Bäuche voll, während ihr Gefährte bedenklich in seinen Geldbeutel sah. "Ich hoffe ihr seid satt, denn wenn ihr weiter so esst haben bald kein Geld mehr. Ihr solltet bedenken das Geld nicht auf Bäumen wächst. Am besten ihr seht euch nach einer Gelegenheit um, um an ein bisschen was zu verdienen.", meinte er und blickte die beiden aus den Augenwinkeln an, als diese gerade nach einer weiteren Portion fragen wollten. Jáin war nicht nur ein Drow mit fraglicher Gesinnung sondern auch noch ein knauseriger dazu. Shane zeigte sich einsichtig und verzichtete unter den gegebenen Umständen auf eine zweite Portion. "Ähm ... ja, schon gut. Für's erste bin ich satt.", erwiderte er schwitzend und klopfte sich auf den Bauch, der ihm sogleich knurrend wiedersprach.

Der Jahrmarkt bot zwar allerlei Attraktionen, die man sich aber fortan nur noch aus der Ferne ansehen musste. Immer wieder wurde man auf die Leere des Geldbeutels verwiesen, worauf man sich daran machte Riatavin schließlich zu verlassen. An einen nahegelegen See der Stadt bekam Kyren sogar die Gelegenheit sich ihr Gesicht und die Arme zu waschen, die noch von der Rettungsaktion in der Bettlerkluft ein wenig verdreckt waren. Das Bächlein war ideal um sich wieder etwas frisch zu machen, wie es auch einige junge Menschen auf der anderen Seite des Ufers taten. Manche schwammen sogar, mehr oder weniger leicht bekleidet, hinaus um sich ein wenig im Wasser zu entspannen.

Für Shane hingegen war es eine gute Gelegenheit seinen Gefährten über die Ereignisse der letzten Tage auszufragen. "Wie ich sehe hast du die Attacke des Mädchens ja ganz gut überstanden. Hätte nicht gedacht das du so gut im Zaubern bist.", meinte er und sah auf Jáin neben sich hinab, der sich sitzend an einen schattenspendenden Baum lehnte. "Sei nicht so naiv. Natürlich haben wir Drow auch einige kleinere Zaubertricks in Petto. Das gehört dazu wenn man ein starker Krieger sein will.", erwiderte er, auf einen Grashalm kauend. "Verstehe.", gab der junge Halbelf kurz nickend zurück. "Trotzdem ... irgendwie merkwürdig ...", ergänzte Jáin nachdenklich. "Was denn?", fragte Shane nach. "Teleportzauber gehören eigentlich nicht zu meinem Repertoire.", merkte er recht nüchtern an, wogegen seinen Gefährten diese Tatsache sichtlich mehr erstaunte. "Soll das heißen jemand hat dich gerettet?", hakte er leicht irritiert nach. "Keine Ahnung, aber das kann mir doch auch egal sein.", wank er gelassen ab, so als ob ihn das ganze gar nichts anging.

Kyren war indessen fertig damit ihr Gesicht und ihre Arme zu reinigen und gesellte sich zu den beiden. Shane fiel auf das ihre Kleidung kein bisschen unter den dreckigen Lumpen gelitten hatte, die sie sich am Vorabend zur Tarnung übergezogen hatte. "Woher hast du eigentlich diese Sachen? Die sind kein bisschen schmutzig. Wie kommt das?", fragte er neugierig, worauf sie überrascht an sich herabsah und inne hielt. So merkwürdig es auch war, sie hatte auch keine gute Erklärung für diese sonderbare Eigenschaft. "Ein alter Mann hatte sie mir vor einiger Zeit vermacht. Vielleicht sind sie verzaubert ... ", erwiderte sie sich am Kopf kratzend. "Ein alter Mann? ...", wunderte sich ihr Gefährte leise als er plötzlich durch einen hysterische Stimme aus seinen Gedanken gerissen wurde.

"Den Göttern sei Dank! Gepriesen sei Helm! Man hat uns eine Elfe geschickt!", rief ein gut beleibter Mensch aus der Ferne, der freudig auf das Trio zugerannt kam. Shane und Jáin, fehlten die Worte als der Fremde Kyren überglücklich in die Arme schloss. "Welch ein Glück! Du bist genau das, was ich brauche ... zwar noch etwas jung, aber mit etwas Make-Up siehst du aus wie zwanzig.", redete er fröhlich vor sich hin und hinterließ in den Gesichtern der Abenteurer mehr Fragen als Antworten. Jáin wollte schon sein Schwert ziehen um den Menschen in die Schranken zu weisen, da hielt ihn seine Kamerad zurück. Er erkannte das im Handeln des Fremden wohl nichts böses lag, also ließ er ihn vorerst gewähren.

"Was wollen Sie von mir? Was geht hier vor?", fragte Kyren überrascht und löste sich aus der Umarmung. "Oh, natürlich. Seht ihr ... mein Name ist Kaldran und ich bin Regisseur. Ich bin der Leiter eines Theaters. Sicherlich habt ihr es am Rande des Jahrmarkts gesehen. Seht ... dort drüben, auf der anderen Seite des Baches ... das sind einige meiner Schauspieler, die mir von deiner Anwesenheit berichteten.", erklärte er schließlich und nahm etwas Abstand von ihr. Jáin blieb dennoch misstrauisch, denn das erklärte noch lange nicht sein Verhalten. "Das mag ja alles schön und gut sein, aber was wollen Sie von ihr?", hakte er zweifelnd nach. "Diese Elfin dort ist eine Fügung des Schicksals. Ich brauche sie unbedingt für mein Theaterstück. Sie muss die Rolle einer Elfenprinzessin übernehmen, denn die Originalbesetzung ist seit nun mehr zwei Tagen verschwunden. Von ihr fehlt jegliche Spur und ich muss leider davon ausgehen das ihr etwas schlimmes zugestoßen ist. Die Stadtwachen konnten sie jedenfalls nicht finden. Ich habe gewartet das sie doch noch zurückkehrt, aber bisher vergebens. Ich wollte unsere Aufführung schon abblasen, aber die Nachfrage ist enorm. Ich kann es mir nicht leisten das Stück nicht aufzuführen, versteht ihr? Und darum bin ich so froh eine echte Elfin, hier am Rande von Riatavin zu treffen.", erzählte Kaldran weiter und klärte somit seine Motivlage.

"Moment mal? Sie wollen das ich in Ihren Stück mitspiele? Als Elfenprinzessin?", fragte Kyren erstaunt, deren Kinnladen ungebremste nach unten klappte, sichtlich zum Amüsement von Shane.

"Na was denn? Es sollte dir doch nicht zu schwer fallen eine Elfenprinzessin zu spielen, oder?", stichelte er breit grinsend und stupste sie leicht an, wohlwissend das sie ja eigentlich eine Elfenprinzessin war. "Ähm ... also ... ich weiß nicht so recht ... ob ich überhaupt schauspielern kann ...", stotterte sie verlegen, als sie genauer über die Bitte nachdachte. "Das ist überhaupt keine Frage! Ich rieche es drei Meilen gegen den Wind, wenn jemand auch nur ein Fünkchen schauspielerisches Talent hat!", brüllte der beleibte Mann enthusiastisch, doch selbst dieses Argument überzeugte nicht wirklich.

"Warum verkleiden Sie denn nicht einfach einen ihrer Leute als Elfe?", wollte Shane wissen. "Was?! Du bist wohl verrückt?! Für so ein Stück wie dieses kann man doch nicht mit solchen plumpen Mitteln arbeiten! Eine reinrassige Elfe strahlt eine schier unvergleichbare Aura aus. Diese Eleganz, diese Reinheit, dieser Anmut kann kein Kostüm zu ersetzen. Der sanfte Klang einer Elfenstimme vermag nur von einer echten Elfe kommen. Es ist die Gabe einer jeden Elfe.", beantworte der Regisseur energisch, nahezu Wahnhaft. Shane hingegen waren seine Ausführungen etwas zuwider, so dass er zweifelnd zu seiner Gefährtin hinüber blickte.

"Finden Sie nicht, sie übertreiben etwas?", fragte diese, sichtlich durch die Anreihung diverser Komplimente verunsichert. "Aber sicher! Du hast einen wirklich einmaligen Charme der auf die Bühne gehört.", bestätigte sie Kaldran ein weiteres mal. "So was soll Kyren haben?!", tönte es ungläubig aus Richtung des jungen Halbelfen hervor, was ihm sogleich eine Kopfnuss von ihr einbrachte. "Hey!!!", grummelte sie ein wenig gekränkt, nicht ahnend das ihr Jáin kurz darauf die Entscheidung abnahm.

"Was zahlen Sie?", fragte er plötzlich und legte ein zweideutiges Lächeln auf, so dass die junge Elfe schnell merkte das sie wohl nicht drum herum kam die Bitte anzunehmen. Schließlich schuldete sie ihren geizigen Gefährten immer noch Geld für das Essen mit dem sie sich den Bauch vollgeschlagen hatte. Man nahm es ihn nicht übel das er so fies und eigensinnig war wenn es ums Geld ging, denn es war eine recht übliche Verhaltensweise eines Drow. Er war seit je her mit solchen Sitten aufgewachsen, was es nicht immer leicht machte sein phasenweise skrupelloses Verhalten zu verstehen.
 

Kurze Zeit später fand man sich vor einer großen Theaterbühne wieder. Das Gebäude in dem die Aufführung stattfinden sollte war sehr prunkvoll und modern gebaut. Mehretagig, mit duzenden von Sitzplätzen ausgestattet, bot es auch Platz für ein größeres Publikum. Kaldrans Bemerkung das die Vorstellung reich besucht werden würde, weckte in Kyren nicht gerade ein gutes Gefühl, da sie soeben erfahren hatte das sie gerade einmal 40 Stunden Zeit hatte sich vorzubereiten. Selbst der Bürgermeister der Stadt wollte kommen und sich das Stück ansehen.

"Wie soll ich das denn schaffen? Das ist doch viel zu viel Text!", jammerte sie, als man ihr ein dickes Skript überreichte in dem der Text stand den sie lernen musste. Ihr Problem löste sich jedoch schnell als ein bis dahin unbekannter, älterer Mann hinzu stieß. "Keine Sorge. Ich habe mir erlaubt das Buch mit einen komplizierten Zauber zu belegen. Du brauchst es heute Nacht nur unter dein Kopfkissen zu legen, und wirst Morgen keinerlei Probleme haben an entsprechender Stelle die richtigen Worte zu sagen. Für dich wird nur wichtig sein sie gut herüber zu bringen.", rief er aus dem Hintergrund, so dass man sich zu ihm umdrehte.

"Seid gegrüßt. Ich war hoch erfreut als mir zu Ohren kam das eine Ersatzbesetzung gefunden sei. Mein Name ist Howen Towall.", sagte er und stieg die Bühne hinab. "Ah Howen! Darf ich vorstellen. Das sind Kyren, Shane und Jáin.", stellte Kaldran sie einander vor. "Wer ist das?", fragte Jáin und deutete fragend auf den Mann. "Er ist erst seit kurzem in unserer Truppe. Sein Vorgänger verstarb leider vor einiger Zeit bei einen Raubüberfall, aber ich halte ihn für fähig und denke das er seine Sache gut machen wird. Er spielt die Rolle des bösen Zauberers.", erklärte Kaldran.

"Und um was geht es in diesen Stück?", hakte er weiter nach um die letzten Zweifel zu beseitigen. "Oh natürlich. Die Details. Kurz gesagt, geht es um eine Abenteurergruppe die eine wunderschöne elfische Prinzessin - sie wird von einen bösen Magier gefangengehalten - retten wollen. Zusammen versuchen sie den bösen Magier und seinen Untertanen zu besiegen. Und natürlich gibt viele Intrigen und am Ende sogar einen großen Showdown.", erzählte er den drei Abenteurern begeistert, so stolz war er auf seine Geschichte.

"Klingt nicht sehr spannend.", dachte der junge Halbelf leise vor sich hin, rückblickend an sein Abenteuer mit Bell und trat etwas aus der Versammlung heraus. "Keine Sorge, Junge. Das war nur eine grobe Beschreibung. Wenn du Lust hast erzähle ich dir später etwas mehr. Meine Frau und ich haben ein ganzes Jahr an der Geschichte gearbeitet und glauben an ihren Erfolg.", wank der wohlbeleibte Mann die Kritik ab und lichtete somit auch das letzte bisschen Unentschlossenheit.

"Kommt! Lasst mich euch eure Unterkünfte zeigen. Deine Freunde sind natürlich meine Ehrengäste, junge Dame.", sagte er und führte Kyren und die anderen hinter die Bühne, vorbei an den Umkleidekabinen und den Requisitenräumen zu ihren Zimmern im zweiten Stock des Gebäudes. Zwar waren sie recht schlicht eingerichtet, machten aber dennoch einen recht bequemen Eindruck. "Es wäre nett wenn du dir versuchen würdest schon einige Zeilen einzuprägen, mein Kind. Wie fangen bald mit den heutigen Proben an.", sagte er, bevor er sie allein im Zimmer zurückließ. Kyren blickte voller Unbehagen auf das Script-Buch, denn die vierzig Stunden bis zur Vorführung tickten nun unaufhaltsam hinunter.
 

Nachdenklich starrte Jáin aus dem Fenster des Zimmers, während seine Gefährten hinter ihm, seufzend auf dem Bett saßen. "Ob das eine so gute Idee war? Die Bezahlung ist ja nicht schlecht und schließlich schulden wir dir ja auch noch etwas, aber Schauspielern ...?", fragte Shane sich leise, während Kyren eifrig versuchte sich einige Zeilen einzuprägen. "Welche Rolle hast du eigentlich bekommen, Shane?", hakte der junge Drow nach ohne seine Blickrichtung zu ändern. "So wie ich das mitbekommen habe werde ich als Bühnenrequisiteur gebraucht. Das heißt, das ich beim Aufbau der ganzen Kulissen helfen soll.", erwiderte er leicht enttäuscht. "Tja, ich dagegen habe eine Freikarte bekommen und darf mir das Stück morgen aus der ersten Reihe ansehen.", meinte er dreist schmunzelnd. "Das liegt doch nur daran weil die Leute Angst vor Dunkelelfen haben.", grummelnden seine Mitstreiter besserwissend vor sich hin, wenn gleich ein wenig Neid in ihren Ton lag.

Einen Moment später kam Kaldran herein und rief die drei zu sich. "Los kommt. Wir wollen mit den Proben anfangen.", rief er und bat sie ihm zu folgen. Er brachte sie zurück zur Bühne auf der sich inzwischen mehrere Schauspieler eingefunden hatten. Einige lernten noch eifrig ihre Texte, andere wiederum warteten darauf das es endlich losgehen würde. Auch die kleine Elfin sollte sich nur zu diesen Pulk gesellen und auf die Anweisungen des Regisseurs warten. Shane dagegen musste wie erwartet dabei helfen die Kulissen aufzubauen, während sein dunkelhäutiger Gefährte auf seinen Zweihänder aufpasste und den Proben aus der vordersten Sitzreihe beiwohnte.

"Hey Junge! Wir brauchen noch braune Farbe. Hier, nimm den Schlüssel und geh zum Lager.", rief auf einmal ein Bühnenarbeiter und warf dem jungen Halbelfen einen Schlüsselbund zu. Zwar passte ihm diese Aufgabe ganz und gar nicht doch schließlich eilte er los. Ihm war nicht wohl bei der Sache, denn eigentlich hatte er gar keine Zeit für so etwas. Er wusste das sein Ziel in Thay - der Heimat der roten Zauberer - lag, aber ihm war auch klar das er dieses ferne Land ohne Geld nicht erreichen würde.

Als er vor dem Lager ankam, schrak er plötzlich aus seinen Gedankengang auf, denn für einen kurzen Augenblick glaubte er das schmerzhafte aufstöhnen einer Frau gehört zu haben. Das Geräusch verschwand recht schnell wieder. Er wartete noch eine Zeit lang, in der Hoffnung das sich dieser Ton vielleicht wiederholen würde, aber dem war nicht so. So tat er es als Hirngespenst ab und öffnete die Tür zum Lager das er daraufhin betrat. Allerlei Gerümpel hatte sich dort angesammelt. Unter ihnen waren auch Farbeimer, wie sie auf der Bühne gebraucht wurden. Als er einen der Farbeimer nehmen wollte fiel ihm auf das die Kerzenlampe des Raumes bereits brannte und er sie gar nicht mehr anzuzünden brauchte um etwas Licht zu schaffen.

Plötzlich ertönte ein zweites mal die qualvoll klingende Stimme einer Frau, die er kurz zuvor gehört hatte, doch dieses mal war sie etwas deutlicher zu hören, so dass er sich sicher war das er es sich nicht einbildete. Aufmerksam lauschte er der Stille und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Vorsichtig beugte er sich nach unten und kroch auf allen vieren den Boden entlang, bis eine Wand seine Suche beendete. Als er diese musterte fiel ihm auf das sie ein langer senkrechter Spalt zierte, durch den er einen schwachen, kaum wahrnehmbaren, Lufthauch spürte. Er fragte sich ob der Wind für diese Geräusche verantwortlich war, doch konnte er sich nicht vorstellen das es wirklich bloß ein Luftstrom war, den er da gehört hatte.

In diesen Moment betrat eine weitere Person den Raum und ließ seinen Schatten über ihn fallen. Es war der Zauberer Howen, der kurz aufschrak als er den Jungen dort knien sah. "Oh, ich hatte nicht erwartet dich hier anzutreffen.", sagte er erstaunt, worauf sich Shane wieder aufrichtete und sauber klopfte. "Äh, ich sollte etwas Farbe holen.", erklärte er seine Anwesenheit und nahm sich rasch den angeforderten Farbeimer. "Was machen Sie eigentlich hier? Ich denke Sie sind Schauspieler. Sollten Sie nicht bei den Proben sein?", fragte er kurz darauf etwas verdutzt nach. "Ah ... das ist so. Ich wollte mein Zepter, was ich für die Rolle brauche, suchen und dachte es wäre vielleicht hier.", erwiderte er ihm leicht nervös. "Verstehe. Na gut, dann ... gehe ich mal wieder ... ähm ... eine Frage noch. Ist es hier üblich das Licht anzulassen? Es brannte bereits als ich reinkam.", meinte er und richtete einen fragenden Blick auf die Lampe, doch diese Frage geriet schlagartig in den Hintergrund als er ein weiteres mal das schmerzvolle Stöhnen vernahm. "Warten Sie! Seien Sie einen Moment leise! Haben Sie das eben auch gehört? Das stöhnt doch jemand, ... oder?", schrie er auf, bevor ihm der Magier auf seine Frage antworten konnte. Howens linke Wimper zuckte angespannt nach oben, aber seine nervöse Haltung normalisierte sich schnell wieder. "... Nein, tut mir Leid. Ich habe nichts gehört. Lass uns gehen. Die Lampe kannst du ausmachen. Jemand hat sie wohl versehentlich angelassen.", antwortete er desinteressiert. Shane stutze einen Moment, machte sich dann aber daran die Kerzenlampe auszumachen und den Bühnenarbeitern die Farbe zu bringen. "Wahrscheinlich war es doch nur Einbildung.", meinte er schulterzuckend und schloss ab, während sich Howen auf den Weg zu Bühne machte. Dennoch blieb ein kleiner Zweifel zurück ob er dort nicht doch etwas gehört hatte. Seine Gedanken folgten Howen, denn er schien nicht nur im Stück einen bösen Magier zu spielen.
 

Ein anstrengender Tag neigte sich für Kyren dem Ende zu. Schon morgen sollte sie ihren großen Auftritt haben. Nachdenklich hielt sie das Drehbuch in den Händen, welches Howen verzaubert hatte. Er sagte ihr, das sie es lediglich unter ihr Kopfkissen legen müsste damit sie den Text am morgigen Tag konnte, denn während der Aufführung durfte sie keine Zettel zu Hilfe nehmen von denen sie ablas. Ein kribbeln durchfuhr ihren Bauch, denn obwohl sie noch nie etwas mit Schauspielerei zu tun hatte, hatte ihr der heutige Tag gezeigt wie viel Spaß es machen konnte, obwohl es auch harte Momente gab. Immer wenn Kaldran die Umsetzung einer Szene nicht gefallen hatte, schimpfte er und wiederholte sie so lange bis auch das kleinste Detail stimmte. Er hang sehr an seinem Werk, aber leider reichte die Zeit nicht um alle Szenen durchzuproben.

Bald schon brach die Dunkelheit über das Land ein und es wurde Zeit schlafen zu gehen. Kyren legte das verzauberte Buch unter ihr Kissen und rekelte sich noch einmal ausgelassen, während sie ermüdet gähnte. Gemächlich zog sie ihre Schuhe aus und kroch unter ihre wärmende Bettdecke. Sie fragte sich was ihre Freunde wohl gerade in ihren Zimmern taten, denn Shane hatte sie meist nur aus der Ferne gesehen. Ihre Gedanken schweiften aber schnell zur morgigen Aufführung über und je mehr sie darüber nachdachte desto müder wurde sie auch, so dass sie schon bald einschlief.

Jáin dagegen war gar nicht zum schlafen zu Mute, obwohl er bereits auf seinen Bett lag. Sein lüsterner Blick richtete sich auf eine junge Dame aus der Schauspielertruppe, der er schon während der Probe öfters zweideutige Blicke zugeworfen hatte. Nach und nach entledigte sie sich ihrer Kleidung, was er ihr kurz darauf gleich tat. "Du hast einen tollen Körper, weißt du das?", liebsäuselte er charmant, worauf die junge Frau sich kichernd zu ihm aufs Bett gesellte. "Wollen doch mal sehen ob ihr Drow wirklich so gut seid wie ihr behauptet.", entgegnete sie ihm schmunzelnd und begann lustvoll an seinen Ohrläppchen zu knabbern. Jáin erstaunte es schon nicht mehr das er mit seiner forschen und frechen Art öfters zu solchen Nächten kam, denn schon bei seinem Volk war er hinter vorgehaltener Hand ein Frauenheld, dem es sogar gelegentlich gelang seine dunkelelfische Partnerin nach seiner Pfeife tanzen zu lassen.

Aber auch für ihn und seine Bettgefährtin kam nach ihren Liebesakt die Zeit in der sie in den Schlaf versanken, womit nur noch das Zirpen der Grillen der Nacht noch einen Laut gab.

Jedoch nutzte nicht jeder die Zeit zum schlafen, denn eine unheimliche Gestalt schritt leise durch die Gänge des Theaters und hielt schließlich vor Kyrens Zimmer inne. Es war ihr ein leichtes die unabgeschlossene Tür des Raumes zu öffnen, womit sie sich recht schnell Einlass verschaffte. Das Mondlicht das durchs offene Fenster schien ließ einen Dolch in den Händen des Fremden aufblitzen, den er langsam unter seiner Robe hervorzog. Wortlos trat die Gestalt an Kyrens Bett heran und ließ einen finsteren Blick auf das junge Mädchen wirken. Ohne weiter zu zögern holte er mit dem Dolch aus um das wehrlose Kind im Schlaf abzustechen, doch als plötzlich ein kleiner Bolzen durch seine Hand schoss und ihm somit den Dolch entriss, unterbrach dies das Attentat gerade noch rechzeitig. Sein lauter schmerzhafter Aufschrei schallte durch das gesamte Gebäude und bis auf Kyren, die unter dem Zauber des Buches stand, riss es jeden aus den Schlaf.

"Verdammt! Was war das?!", fluchte der Fremde als er plötzlich einen jungen Halbelfen auf den dicken Ast eines Baum vor dem Fenster der Elfin hocken sah. Er hielt eine Armbrust in der Hand mit der er auf ihn zielte. Dem Mann in der Robe war entgangen dass das Fenster geöffnet war und auch das dort jemand auf ihn gewartet hatte. Einen Augenblick später kamen Kaldran, Jáin und einige andere aufgeregt herbeigeeilt und beleuchteten das Zimmer mit ihren Lampen.

Schnell entlarvte das Licht der Lampen den Täter, der sichtlich angespannt schien und dessen Hand noch immer schwer blutete. "Howen??? Du hier?", staunte der wohlbeleibte Mann und auch sein Gefolge schien sichtlich entsetzt als man den Täter entlarvte, während der junge Drow zum Fenster sah. "Shane? Was machst du denn da draußen?", fragte er verwundert, doch statt zu antworten bevorzugte er es zunächst durch einen gewagten Sprung ebenfalls ins Zimmer zu kommen. "Es war nicht leicht dahinter zu kommen was hier eigentlich gespielt wird, aber dennoch - meine Vermutung war richtig.", meinte er selbstsicher und legte die Armbrust ab, während ihn der Zauberer entsetzt ansah. "Was geht hier vor?", verlangte Kaldran zu wissen und blickte zwischen den beiden hin und her. "Howen ist dafür verantwortlich das eure Elfin verschwunden ist. Genauer gesagt war sie die ganze Zeit hier, aber er hat sie ziemlich gut versteckt. Ich war heute Abend noch mal auf Erkundungstour. Im Lagerraum befindet sich ein Geheimgang der in ein Kellergewölbe führt. Dort hat er sie wohl in den letzten Tagen gefangengehalten.", erklärte Shane nüchtern. "Aber warum sollte er so etwas tun?", fragte einer der herbeigeeilten Schauspieler. "Wenn ich den Worten der Elfe glauben darf, dann aus Rache. Aus gekränkter Eitelkeit. Er ist nämlich eine sie oder war es zumindest einmal. Dein echter Name ist nicht Howen, sondern Nawoh - so ist es doch, nicht wahr?", klärte er weiter auf und deutete strafend auf den Magier, der sich sichtlich ertappt fühlte. "Was? Nawoh? Aber, dann bist du ja ...", stotterte Kaldran ungläubig, bevor der ihn unterbrach. "Ja, ich bin es! Ich bin die Elfin die du vor einen Monat entlassen hast. Du hast gesagt ich sei nicht gut genug und hast an meiner Stelle dieses Biest Kilian eingestellt, die dich wohl eher mit ihren Bettqualitäten überzeugt hat. Ich wusste von deinen Verhältnis mit ihr, Kaldran, und hätte deine Frau davon erfahren, wäre sie sicherlich ziemlich verstimmt gewesen. Du hast mich ruiniert, mir meine große Liebe - die Schauspielerei genommen, mir bösartige Gerüchte nachgesagt ... und deshalb schwor ich Rache. Dein geliebtes Stück sollte nie wieder aufgeführt werden, damit du siehst was es heißt nicht mehr Schauspielern zu können.", gab er schroff zurück. Einen Augenblick später löste sich die Illusion von ihrem Körper und wie man erwartete kam eine recht ansehnliche, doch ziemlich verbittert wirkende Elfin zum Vorschein. Wildes Getuschel entstand, denn plötzlich war allen klar welches Spiel hier gespielt wurde. Kaldran hatte zwar Glück das seine Frau nicht zu den Anwesenden zählte, doch auch die Tatsache das sie seit Tagen unterwegs war um für das Stück zu werben, rettete ihn nicht vor seiner bevorstehenden Strafe.

Kurz darauf traf die Stadtwache ein und geleitete die Elfin hinaus in Richtung Gefängnis. Nach riviatanischen Gesetzt stand ihr ein Verfahren wegen Freiheitsberaubung, Folter und versuchten Mordes bevor. Rat- und Wortlos sah die Schauspielertruppe ihrer einstigen Kollegin hinterher als diese abgeführt wurde.
 

Einige Zeit später traf Kaldrans Frau am Theater ein und begrüßte ihre Truppe mit einen fröhlichen Lächeln. "Hallo, ich bin's - Nallian! Guten Morgen! - Gute Nachrichten Freunde. Das Stück ist ausverkauft! Hat mein Mann eine Ersatzelfe gefunden?", rief sie, doch die betrübten Gesichter ihrer Leute ließen sie bereits schlimmes ahnen.

Es war bereits Nachmittags als Nallian, eine recht attraktive, aber schon ältere Frau zu den warteten Schauspielern und Bühnenarbeitern, unter denen auch Kyren und Shane befanden, auf die Bühne kam. "Ich habe lange überlegt und mit meinen Mann gesprochen, aber es wäre falsch das Stück jetzt abzublasen. Kilian ist zwar nach ihrer Folter zu schwach um ihre Rolle zu spielen, aber wir haben ja Ersatz. Das ist unser Stück. Wir haben es erst zu dem gemacht was es ist und egal wie die Dinge nun stehen - wir müssen der Welt zeigen was in uns steckt.", versuchte sie ihren Leuten Mut zu machen. "Seid ihr bereit? Seid ihr dabei? Wollt ihr zeigen was ihr könnt? Tut es nicht für mich oder Kaldran. Tut es für euch. Tut es für jeden von euch!", stocherte sie den bis dahin relativ lustlosen Haufen an, obwohl auch sie von den Ereignissen um ihren Gatten betroffen war. Tatsächlich schienen ihre Worte zu wirken, denn nach und nach rafften sie sich auf. "Hey - genau. Unsere ganzen Proben, all unsere Übungen, das soll doch nicht umsonst gewesen sein.", rief einer von ihnen, worauf sich immer mehr erhoben bis schließlich jeder stand und bereit war das Stück durchzuziehen. Kyren lächelte glücklich, obwohl sie nur ahnen konnte wie viel Arbeit wohl in solch einen Projekt stecken musste.

Dennoch gab es etwas mit Nallian zu besprechen, was ihr schlicht keine Ruhe ließ. Vorsichtig trat sie an die Dame heran, die mit Adlersaugen über die Bühnenarbeit wachte. "Entschuldigen Sie. Ich habe da noch ein Problem. Es ist wegen dem Text. Man sagte mir wenn ich das verzauberte Drehbuch unter mein Kopfkissen lege und darauf schlafe wüsste ich den Text, aber ich kann mich kaum an eine Zeile erinnern.", meinte sie etwas nervös. "Keine Sorge. Ich kenne diesen alten Zauber. Er wirkt so das du den Text erst dann weißt wenn du ihn aufsagen musst. Das geht dann von ganz alleine. Du musst nur noch gut Schauspielern.", erwiderte sie beruhigend und zwinkerte ihr zu. "Ach so. Dann bin ich beruhigt.", meinte die kleine Elfin erleichtert. "Nun los. Geh dich umziehen. Das Stück beginnt bald.", drängte Nallian schließlich und gab ihr einen Schupps in Richtung Umkleidekabinen.

Auf ihren Weg dorthin kam ihr Jáin entgegen der von einigen blauen Flecken und Kratzern im Gesicht gezeichnet war. "Was ist denn mit dir passiert?", fragte sie ihn erstaunt. "Ach, ich habe einen Illusionszauber versucht und mich als Mädchen in die Umkleidekabinen der Frauen einzuschleichen, aber der Zauber war nicht perfekt genug. Sie haben es bemerkt.", meinte er enttäuscht, jedoch innerlich tosend dass das Stück Papier auf dem der Zauber stand nicht das Geld wert war was er dafür gezahlt hatte. Kyren verstand in ihrer Naivität nicht einmal ganz den Sinn seiner fehlgeschlagenen Aktion und sah ihn fragend an. Wortlos standen sich die beiden eine Weile gegenüber, denn der grübelnde Blick der Elfin verriet das sie noch etwas sagen wollte. "... bist du etwa ein Spanner?", fragte sie nach Minutenlangen nachdenken, worauf es ihn glatt zu Boden riss. "Nein ... wir kommst du denn jetzt da drauf?", ächzte er fassungslos zurück, während sie noch immer nicht recht verstand was sie ihn dazu getrieben hatte.
 

Kurz darauf zog sie es dann doch vor die Umkleidekabinen aufzusuchen und sich für das Stück vorzubereiten, denn bis zur Aufführung dauert es nicht mehr lang. Schon als sie eintrat weiteten sich ihre Augen, so dass sie nur zögerlich die Tür hinter sich schloss. Der Anblick eines halben Duzend leicht bekleideter Frauen, von denen einige nicht mehr als Unterwäsche trugen, war auch für sie ein ungewöhnliches Erlebnis. Nach nur wenigen Schritten merkte sie das sie von den meist recht attraktiven und wohlproportionierten Frauen äußerst argwöhnisch gemustert wurde, worauf sie schließlich verwundert inne hielt.

"Warte mal, Kindchen. Das hatten wir doch eben schon mal. Du wärst nicht der erste Junge der uns mit einen Illusionszauber vorgaukeln würde er wäre ein Mädchen.", meinte eine Frau und trat näher an die junge Elfe heran, die deren kritischen Blick ängstlich auswich. "W-was soll das heißen? Erkennt ihr mich nicht? Natürlich bin ich ein Mädchen ... das sieht man doch.", erwiderte sie leicht verschwitzt, aber dies überzeugte keine der Damen. "Dann beweise es!", rief eine von ihnen und setzte einen drängenden Blick auf. Kyrens verlegene Griff an ihre Brust erzielte allerdings nicht den erhofften Effekt, denn niemand wollte dort etwas sehen was ihre Weiblichkeit bewies. Ein Moment der Trauer durchfloss sie in diesen Moment, denn tatsächlich hatte sich ihr Busen ja noch nicht so weit entwickelt als das man ihn als solchen anerkennen konnte. "Ich schwöre euch das ich ein Mädchen bin! Ihr kennt mich doch von den Proben! Warum glaubt ihr mir denn nicht?", entgegnete sie ihren Schauspielerkolleginnen verzweifelt, doch diese schienen nach wie vor zu zweifeln, worauf sich die junge Frau, die bei ihr stand, zu ihr auf Bauchnabelhöhe herunterbeugte. Kyren erstarrte vor Schock als sie ihr plötzlich die Hose herunterzog um einen prüfenden Blick auf die darunter liegenden Proportionen zu werfen.

"Keine Illusion kann so perfekt sein. Tatsächlich - Sie ist ein Mädchen ...", staunte sie verblüfft, doch diese recht aufdringliche Art gewisse Bereiche ihres Körpers einzusehen ließ ihre Wangen nicht nur knallrot anlaufen, sondern sie auch derart laut aufschreien das selbst Shane und Jáin, die auf der Bühne letzte Vorbereitungen trafen, sie mehr als überdeutlich hörten.

"Das war doch Kyren?! Was ist da passiert?", fragte sich der junge Halbelf besorgt in Richtung des Schreis sehend und ließ sein Arbeitswerkzeug zu Boden fallen. Aufgeregt folgte er dem Schrei, aber als er in die Tür zu den Umkleideräumen aufriss um nach dem rechten zu sehen, merkte er das er soeben einen fatalen Fehler begangen hatte. Sein verdatterter Blick fiel nicht nur auf Kyren, die mit dem Rücken und heruntergelassener Hose zu ihm stand, sondern auch auf ein duzend halbnackter, aufbrausender Frauen, die seine Anwesenheit gar nicht schätzten. Das Szenario gefror förmlich bis ein Tropfen Blut aus seiner Nase auf den Boden fiel.

Fast panisch Schlug er die Tür wieder zu und griff sich an die Nase, aus der ein wahrer Wasserfall an Blut heraus zu spritzten drohte, denn ein solcher Anblick war für einen Jungen in diesen Alter noch etwas zu viel des Guten. Verzweifelt lehnte er sich mit dem Rücken zur Tür und hoffte das dies alles gar nicht geschehen war, doch sein entzückender Alptraum sollte sich schneller wiederholen als ihm lieb war, als eine der wütenden Frauen die Tür kurz nach ihm um 180 Grad aufschlug, um den Jungen hinterher zu stürmen, ihn aber dadurch durch die Holzwand wieder in die Umkleidekabinen zurückpreschte, wo sein Blutfluss neue Nahrung fand.

Jáin wollte schon nach seinen Gefährten sehen, als wildes Gekreische aus Richtung der Umkleidekabinen ausbrach, aber als Shane ihm knallrot im Gesicht entgegengelaufen kam und eine Horde leicht bekleideter Frauen im Rücken mit sich brachte, verflüchtigte sich dieser Gedanke wieder. Nun sollte auch ihm der Anblick ein zweites mal zum Verhängnis werden.
 

Kurze Zeit später saßen beide mit Beulen und Pflastern übersäht am Bühnenrand und seufzten tief in sich hinein. "Das ist so ein Tag an dem man eigentlich nicht aufstehen sollte.", jammerte der junge Halbelf betrübt vor sich hin. "Sieh es mal so. Jetzt weißt du wenigstens welche Farbe Kyrens Höschen hat.", munterte ihn Jáin auf seine fragwürdige Art auf und erntete gleich einen bösen Blick zur Strafe.

Nallian trieb währenddessen im Hintergrund den Aufbau der Bühne weiter voran. Sie machte ihre Arbeit gut, so das alles rechtzeitig fertig werden würde, doch schon stand das ihr das nächste Problem bevor als sie einer ihrer Schauspieler an sie herantrat. Er war recht blässlich und hielt sich die Hand vor den Bauch.

"Lady Nallian. Es tut mir Leid, aber ich glaube ich kann heute nicht auftreten. Mir ist so schlecht. Ich habe wohl was verdorbenes gegessen.", ächzte er schwächelnd hervor. "Oh nein, Elgard. Wo soll ich so schnell einen Ersatz für doch herbekommen?", erwiderte sie haareraufend. Ihr blieb keine andere Wahl als ihn ins Krankenbett zu schicken und auf ein Wunder zu hoffen. Ihr verzweifelter Blick auf der Suche nach einem Ersatz verhaarte schließlich am Bühnenrand, wo die beiden Begleiter der jungen Elfin beinebaumelnd ihre Beulen auskurierten. Einen Dunkelelfen konnte sie unmöglich auf die Bühne schicken - das käme einen Skandal gleich - aber der Junge neben ihm konnte die Rolle perfekt ausfüllen. Ein schmunzeln zog über ihr Gesicht, denn ihr vermeintliches Opfer ahnte noch nichts von seinen sprunghaften Aufstieg vom Bühnenarbeiter zum Schauspieler.
 

Als alles bereit war, öffneten sich die Tore für das wartende Publikum das den Saal nach und nach restlos füllte. Die Stimmung der Besucher war angespannt und jeder wartete schon ungeduldig auf das Stück. Hinter der Bühne hielt Jáin sprichwörtlich die Fäden in seinen Händen, denn er wurde aus Personalmangel den Vorhangziehern zugewiesen. Noch einmal redete Kaldran motivierend auf seine Truppe ein unter denen auch Kyren stand. Sie merkte nicht das Shane hinter ihren Rücken grinste, da man ihr ein Outfit zugewiesen hatte welches ihrer alten Tracht, das sie auch bei ihren ersten Treffen trug, ziemlich ähnlich sah.

"Okay, ich erwarte das ihr alles gebt. Ich will das ihr das Publikum bannt und begeistert.", schwor Nallian ihr Team ein und schickte die ersten von ihnen auf die Bühne, so dass das Stück schließlich beginnen konnte. Voller stolz trat Kaldran auf die Bühne um sein Werk zu verkünden. Ein Riesenapplaus schallte durch das Theater und jedem kribbelte es schon im Bauch.

Noch einmal wand sich Nallian Shane zu, der noch eifrig am Textlernen für seine relativ wortarme Rolle war, und klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. "Keine Sorge. Wenn ich richtig informiert bin bist du doch sowieso eine Art Abenteurer. Du weißt ja im großen und ganzen was zu tun und zu sagen ist. Ich bin mir sicher du schaffst das.", spornte sie ihn an, denn schon bald musste auch er auf die Bühne. "Das ist wirklich nicht mein Tag.", seufzte er mit gesenkten Haupt vor sich hin.
 

Vor dem Theater geschah indessen etwas ungewöhnliches, wo eine scheinbar verspätete Besucherin Eintritt in die Aufführung verlangte. "Tut mir Leid, junge Dame. Das Stück ist ausverkauft. Es gibt keinen freien Platz mehr.", erklärte der Kassierer freundlich, doch das Mädchen blieb trotzig. "Das macht nichts. Ich kann auch stehen.", gab sie schroff zurück und warf ihm ein paar Münzen zu, die er als Eintrittsgeld nehmen sollte.

"So warten Sie doch! Sie können da nicht so einfach rein.", rief er und lief aus dem Kassierhäuschen, um die junge Dame zu stoppen als diese einfach weiterging. Ein starker Schmerz durchfuhr seinen Bauch als er sie an der Schulter packte um sie aufzuhalten, worauf er seinen Mageninhalt zu Boden brachte. Mit einen einzigen Ellenbogenschlag hatte sie ihn außer Gefecht gesetzt und ging nun weiter zielstrebig Richtung Eingangstür, während sie den röchelnden Kassierer reuelos zurückließ. Er ahnte nicht das die blonde Kopfgeldjägerin zu allem bereit war.
 

Das Stück auf der Bühne lief schon eine Weile und die Zuschauer saßen gebannt auf ihren Plätzen. Shane und Kyren machten ihre Sache sehr gut, obwohl man ihnen ansehen konnte das sie etwas nervös waren. Ein weiterer Bühnenwechsel vergönnte allen noch einmal eine kleine Pause. Nallian war recht stolz auf ihre Leute, doch besonderst auf den jungen Halbelfen, der seine Aufgabe bisher mit Bravour gemeistert hatte.

Bald darauf ging das Stück in die nächste Phase und jeder war wieder gewillt alles zu geben und den Zuschauern eine großartige Show zu bieten. Auch Shane musste bald wieder auf die Bühne und mit einigen anderen Schauspielern gegen die Truppen des bösen Magiers ankämpfen, die Kyren umzingelt hatten.

Er kämpfte sehr tapfer, obwohl alles nur gespielt war, um die Prinzessin zu retten. Kyren machte es richtig verlegen das man sich so eine Mühe machte um sie zu retten, obwohl es ja nur gespielt war.

Schließlich waren die Gegner besiegt und das Elfenmädchen gerettet. Der letzte Akt neigte sich dem Ende zu und jeder im Publikum wartete auf das Finale.

"Ich danke euch. Ohne euren Mut hätten wäre ich bestimmt verloren gewesen.", bedankte Kyren sich freundlichst bei ihren Rettern, während die drei verbliebenen Helden, inklusive Shane, demütig vor ihr niederknieten. Shanes Aufmerksamkeit auf das Stück änderte sich jedoch schlagartig als er eine mysteriöse Gestalt über der Bühne auf einen Stützbalken erspähte. Der Anblick des Mädchens, das er dort knien sah, raubte ihm den Atem, denn es war Sejya, die Kopfgeldjägerin aus dem Mykonidenwald, die das Stück mit einen finsteren Blick verfolgte. Ihm schwante böses, aber so einfach konnte er nicht eingreifen, da er sonst Gefahr lief die Aufführung zu zerstören. Gerade noch rechtzeitig kam ihm die rettende Idee das fremde Mädchen für das Publikum mit in das Stück einzubinden.

"Passt auf! Wir haben einen seiner Lakaien übersehen!", schrie er ängstlich auf und deutete auf den Stützbalken, auf dem Sejya saß. Diese schrak überrascht auf und verzog wütend ihre Miene. Nicht nur das Publikum war von dieser Wendung überrascht, so dass sie auf einmal im Mittelpunkt stand.

Kyren sah das daraufhin herabspringende Mädchen gerade noch rechtzeitig kommen um ihr mit einer reflexartigen Bewegung auszuweichen. Fast Explosionsartig zerschmetterte diese mit einen gezielten Faustschlag einen Teil des Bühnenbodens, der somit etwas zusammensackte. Für einen Augenblick verschwanden ihre Konturen zwischen den Holztrümmern, die durch die Luft wirbelten, doch als sie sich aufrichtete war jeden klar, das es damit noch nicht vorbei war. Shane war klar das sie absichtlich daneben geschlagen hatte nur um zu demonstrieren wie stark sie war. Allein schon das sie aus solch einer Höhe unbeschadet landen konnte, verblüffte die Zuschauer so sehr das diese atemberaubt aufschrieen.

"Du ...!", rief Shane verstimmt, während die kleine Elfin verängstigt zurückwich. Sejya schien jedoch kaum Interesse an ihr zu haben und widmete sich zunächst ihrem Gefährten. Zwar wollten ihn seine beiden Schauspielerkollegen zu Hilfe eilen, doch die schlug sie relativ leicht zu Boden, wie sie es schon zuvor mit dem Kassierer getan hatte. Das Publikum hielt alles für einen Teil der Vorführung und bestaunte abwartend das Geschehen. "Das war ein Fehler! Diesmal entkommst du mir nicht, Bastard! Ich werde dein jämmerliches Leben hier und jetzt beenden.", entgegnete die junge Menschin energisch, der es scheinbar egal war dass die Zuschauer ihr Auftreten zur Vorführung zählten. "Shane!", rief Kyren besorgt und wich weiter zurück, denn wieder einmal schien das Interesse der Fremden sich einzig und allein auf ihren Mitstreiter zu konzentrieren.

"Ich weiß nicht wer du bist und warum du so viel Hass auf mich und meine Freunde hegst, aber ich werde alles daran setzen das dein Spielchen hier endet.", rief er mutig und schritt langsam voran, worauf sie zum Angriff ansetzte.

"Ich reiß dir dein verfluchtes Herz raus!", kreischte sie wutentbrand und stürmte auf den Jungen zu, der rasch zu spüren bekam wie stark seine Gegnerin war. Ihre Schläge und Tritte waren so schnell, gezielt und hart, das er sich nicht zu wehren wusste. Es war schlichtweg grausam mit ansehen zu müssen wie er zusammengeschlagen und schließlich durch einen Kick in die Magengegend quer über die Bühne geschleudert wurde, wo er noch einige Meter am Boden entlang rutschte, bevor er zum erliegen kam.

"Nein! Shane!", rief Kyren voller Sorge, doch wie auch jeder andere Anwesende fühlte sie sich wie festgenagelt. Jáin wollte schon auf die Bühne eilen um zu helfen, aber Nallian hielt ihn zurück. "Bleib hier! Du ruinierst das Stück wenn du da jetzt rausgehst!", meinte sie mit ernsten Blick. "Aber sie bringt ihn um!", erwiderte er zähneknirschend, was jedoch nichts an ihrer Haltung änderte.

Sejya schien noch lange nicht fertig zu sein und setzte nach, als sie sah wie er sich langsam wieder aufrichtete. Mit schmerzverzerrter Miene sah er bereits sein Ende kommen als das fremde Mädchen ihn aus der Luft attackierte um ihn den entscheidenden, tödlichen Schlag zu verpassen. "Verrecke!", kreischte sie hysterisch und legte all ihre Kraft in diesen Angriff. "Nein!!!", schrie die kleine Elfin weinerlich und verharrte in Hilflosigkeit, doch nicht einmal das hielt Sejya ab ihre Attacke zu vollenden. Vor Kyrens Augen erstarrte alles wie in einer Zeitlupe, doch es endete nicht so wie sie es befürchtete.

Shane, der eigentlich schon am Ende war, holte plötzlich mit einen blitzschnellen Reflex aus und verpasste seiner Angreiferin einen derben Schlag mit den Ellenbogen gegen den Brustkorb. Sejyas Augen weiteten sich als der Schmerz ihren Körper durchfloss und sie Meterweit davon geschleudert wurde, bis sie am anderen Ende der Bühne aufschlug. Ihr ganzer Körper schmerzte und für einen Moment glaubte sie sogar dem Tod in die Hände zu fallen. Obwohl ihr sicher sämtliche Rippen gebrochen waren, musste das Jenseits jedoch noch warten.

"War ... War ich das?", wunderte sich der junge Halbelf und musterte erstaunt seinen Ellenbogen, denn scheinbar war ihm nicht einmal bewusst, was er überhaupt getan hatte.

Sejya verstand nicht wie es diesem schwächlichen Jungen möglich war ihr so eine schwere Niederlage beizufügen und hegte ernste Selbstzweifel. Trotz ihrer Schmerzen richtete sie sich wieder auf und hielt sich ihre inneren Wunden. Allein schon beim Anblick ihres Gegners schoss ein gewaltiger Hass in ihr auf. Nicht nur weil sie besiegt wurde, sondern auch weil es besonderst demütigend für sie war ausgerechnet von ihm besiegt worden zu sein. Der Gedanke das ihr überaus hartes Training umsonst gewesen war, schien sie innerlich aufzufressen, doch so schnell wollte sie nicht aufgeben, obwohl ihr klar war das ihr nun nur der Rückzug blieb. "Das wirst du büßen! Wir sehen uns wieder ...", ächzte sie ihm mit rauen Unterton entgegen, bevor sie in einen mittels einer Schriftrolle in einem Teleportationsfeld verschwand.

Einen Moment lang herrschte Ratlosigkeit auf der Bühne, denn wieder hatte das Mädchen sämtliche Antworten für ihr Verhalten mit sich genommen. Sie wollte Shanes Tod, soviel war klar, aber warum um so weniger. Shane fragte sich woher dieser gewaltige Hass auf ihn kam, wo er sie doch noch nie gesehen hatte. Er wusste ja nicht einmal wer sie überhaupt war.

Als Kaldran und Nallian hinter der Bühne auf einmal wild zu gestikulieren begannen, begriff Shane langsam das er trotz seiner Schmerzen noch ein Theaterstück zu Ende führen musste und auch Kyren wurde dies wieder bewusst. Es war der letzte Akt, den man gerade gespielt hatte. Die Elfenprinzessin war gerettet und das Böse würde nicht mehr siegen können.

Mit einigen Andeutungen machte Kaldrans Frau ihm deutlich das er einen passenden Abschluss finden sollte. Im Original sollte der eigentliche Held die Elfe zur Braut nehmen, aber der lag nach Sejyas Attacke bewusstlos am Boden. Das Stück war durch Sejyas Eingriff geändert und so blieb ihm keine andere Wahl. Kyren war es wie im Traum als er nach kurzen Zögern zu ihr ging. Er beugte sich zu ihr hinunter und setzte ein entspanntes Lächeln auf, was ihr eine gewisse Röte ins Gesicht steigen ließ. Sie schloss die Augen und war in tiefer Verlegenheit, bereit das geschehen zu lassen was immer auch kommen mochte.

"Ihr seid gerettet, Prinzessin. Es ist vorbei.", sagte er und umarmte sie friedvoll. Obwohl sie damit nicht gerechnet hatte, gab ihr seine Umarmung ein solch angenehmes Gefühl, das sie sich gar nichts anderes mehr wünschte als umarmt zu werden. Lächelnd erwiderte sie seine Geste und genoss den Augenblick. Es stimmte sie glücklich das Shane im entscheidenden Augenblick Charakter bewies, wie es nur ein echter Freund tun würde. Es war eine solch friedliche Szene das es viele Zuschauer zu Tränen rührte und sich der Vorhang langsam zum Klang der Abschlussmelodie schloss. Selbst Nallian und den anderen Schauspielern entwichen einige Tränen. Schon da war klar, dass das Stück ein voller Erfolg war.
 

Die Dunkelheit hielt bereits über das Land Einzug und obwohl Nallian Kyren und ihren Freunden eine Übernachtung anbot, zogen sie es vor weiter zu ziehen. "Ihr habt gute Arbeit geleistet. Hier ist euer Lohn. Ich wünsche euch viel Glück auf eurer Reise.", sagte sie und überreichte Shane einen Geldbeutel, der bis oben hin mit Münzen gefüllt war. "Ich danke euch nochmals das ihr unser Stück gerettet habt. Habt vielen Dank.", fügte sie an und verbeugte sich kurz. "Es hat uns Spaß gemacht ... vielleicht sehen wir uns ja eines Tages wieder.", erwiderte die kleine Elfe freundlich lächelnd. "Ja, vielleicht.", entgegnete sie ihr und lächelte zurück.

Schließlich verschwanden die drei jungen Abenteurer am Horizont der sie in Richtung Thay führen würde. "Sollte am Ende der Retter die Prinzessin eigentlich nicht fragen ob er sie heiraten würde?", fragte Jáin nach einigen Schritten, was seine beiden Gefährten ertappt aufzucken ließ. Verlegen, mit geröteten Wangen, sahen sich die beiden an, bevor sich ihre Blicke rasch wieder trennten, so als ob nichts gewesen wäre.

"Ach, halt doch die Klappe.", tönten sie synchron aufspringend zurück und streckten ihn mit einer strafenden Kopfnuss nieder. Noch war ihnen nicht klar wie schwierig sich ihr künftiger Weg noch gestalten sollte ...

Folge 46: Von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen

Nachdem Kyren und ihre Freunde Riatavin hinter sich gelassen hatten, führte sie ihr Weg nun weiter, vorbei an den Snowflake Mountains in Richtung Ormath, dem nächsten großen Ziel auf ihrer Reise. Östlich ihrer Route erstreckte sich ein beieindruckendes Gebirgsland, das an den höchsten Stellen von Schnee bedeckt war, während sie selbst das grasige Talland als Weg vorzogen. Jáin hatte seine beiden Abenteurerkollegen für eine Weile verlassen um in einen nahegelegenen Dorf einige gute Geschäfte zu machen, wie er es nannte. Er meinte das sie nicht auf ihn warten brauchten, da er sich sicher war, sie wieder rechzeitig einzuholen.

Shane wirkte stets nachdenklich, denn immer wieder dachte er an den vorherigen Tag zurück als Sejya während des Theaterstücks angegriffen hatte. Gedankenversunken starrte er auf seinen Arm, mit dem er das Mädchen besiegen konnte und hielt ihn etwas hoch. Noch immer war ihm nicht klar wie er das angestellt hatte, begriff nicht einmal was genau er getan hatte, so schnell war seine Bewegung. War es nur ein Reflex oder sollte tatsächlich das unmögliche möglich sein und sein Bhaalblut, das tief in und fest in seinem Körper schlief, wiedererwachen? Kyren merkte das ihn etwas bedrückte und sah besorgt zu ihm auf. "Was ist, Shane? Stimmt etwas nicht?", fragte sie zögerlich, doch er schüttelte nur kurz verneinend den Kopf und senkte seinen Arm wieder. "Nein, es ist nichts. Ich habe nur noch einmal über das Theaterstück nachgedacht.", gab er bedächtig zurück. "Oh ... weißt du ... ich hatte schon große Angst um dich als dieses Mädchen erschien und dich so zugerichtet hat. Äh ... also ... ich meine ... sie ist wirklich sehr stark!", meinte sie leicht verlegen.

Er merkte jedoch nichts vom besorgten Unterton ihrer Worte und dachte weiter stumm vor sich hin. "Wer immer sie ist, was immer sie antreibt - sie beherrscht ihre Kampftechnik perfekt. Verglichen mit den anderen Kopfgeldjägern, auf die Jáin und ich bereits getroffen sind, ist sie wirklich gefährlich.", sagte er rückblickend auf die bisherigen Begegnungen mit ihr. Es erstaunte ihn schon sehr mit welchen Ehrgeiz das fremde Mädchen an die Sache heranging. Dennoch glaubte er mehr und mehr das sie etwas von den anderen Kopfgeldjägern unterschied. Es war ihr Motiv ihn zu töten, ihr unbändiger Hass auf ihn, die kein anderer Angreifer bisher an den Tag legte.
 

Als die Sterne den Abendhimmel kleideten war es für die beiden Zeit ein Nachtlager aufzuschlagen und etwas Schlaf für ihre lange Reise zu tanken. Mit ein paar Matten und Decken aus Shanes nimmervollen Beutel war schnell ein Nachtlager aufgebaut. Ein wärmendes Lagerfeuer komplettierte ihr Camp so dass die beiden Abenteurer beruhigt einschlafen konnten.

Für die kleine Elfin sollte es jedoch keine allzu ruhige Nacht werden, denn wieder einmal quälten sie mysteriöse Träume. Blitzbildartig erschienen ihr Visionen von schrecklichen Dingen, die in ihrer Grausamkeit nicht zu überbieten waren. Schneller als sonst fand sie sich wieder in der Nebelgegend vor, in der die fremde Gestalt an sie herantrat. Mit jeder dieser Alpträume litt sie innerlich mehr, doch das schien ihren Gegenüber nicht weiter zu kümmern. Dieses mal sollte sie voller Zorn zu ihm sprechen, denn jeder dieser Träume war die reine Qual für sie. "Ich weiß nicht wer Sie sind und was sie wollen, aber hören Sie auf mich mit diesen grauenvollen Bildern zu quälen!", schrie sie ihren unbekannten Gönner an, dessen dunkle Konturen stets das einzige waren was sie erkannte. "Ich will dir helfen, das ist alles. Diese Bilder ...", wollte er sich erklären, aber da entriss sie ihm schon das Wort. "Mir helfen? Dann sagen Sie mir wo meine Eltern sind! Sagen Sie mir wer Sie sind! Sagen Sie mir was hier vorgeht!", schrie sie erbost.

Nach diesen barschen Worten schwieg der Fremde eine Zeit lang und verharrte regungslos in seiner Position, während sie atemlos vor Wut abwartete. "Nairdan ... nenn mich Nairdan. Alles weitere wird die Zeit zeigen. Wichtig ist nur das du Mogul findest und vernichtest, bevor er gefunden hat was er sucht. Was ich dir zeige sind seine Visionen und er wird alles daran setzen sie zu verwirklichen.", tönte es nach einer Weile zurück, bevor der Traum abrupt endete und sie in Furcht erwachte.

Es war noch dunkel und der Sternenhimmel erstrahlte über ihr. Shane war von ihren kurzen, aber leisen Aufschrei nicht erwacht und schlief friedlich weiter. Es erleichterte sie, denn früher hätte ihn selbst das kleinste Geräusch aus seinen einst unruhigen Schlaf gerissen. Er sah so friedlich aus wenn er schlief, fast wie ein Engel. Kyren konnte nicht anders und kroch leise zu ihm herüber. Vorsichtig näherte sie sich und beugte sich lächelnd über ihn. Ihr war klar das er nicht merkte wie sehr sie ihn bewunderte und mochte, sonst wäre er nie ohne sie von Suldanessalar fortgegangen. Sie nahm es ihm nicht übel, denn inzwischen versuchte er wieder ein relativ normales Leben zu führen, fern von den zweifelhaften Einflüssen seines Blutes, das ihn sogar schon so weit gebracht hatte, seine eigene Schwester zu lieben, obwohl es jeglicher natürlichen Neigung widersprach. Hier draußen, in der weiten Welt Faerûns, so dachte sie, konnte er endlich seine Vergangenheit hinter sich lassen und den Schmerz überwinden den ihm sein früheres Leben zugefügt hatte. Sie schämte sich es zuzugeben, aber noch nie war ihr die Nähe eines Freundes - seine Nähe, so wichtig wie in diesen Tagen. Vorsichtig kroch sie wieder zu ihrem Schlafplatz zurück und ließ ihren Blick ziellos in den Himmel schweifen.
 

Als die ersten Sonnenstrahlen über das Land schienen, waren Shane und Kyren bereits auf und klar zur Weiterreise. Sie erschraken etwas, als auf einmal ein merkwürdiges flimmerndes Geräusch hinter ihnen ertönte, dem sie sich daraufhin zuwanden. Ein Teleportationskreis öffnete sich für einen Augenblick vor ihren Augen, und brachte ihren Begleiter Jáin in steinerner Form mit sich.

"Was ... was ist das?", fragte Kyren verdutzt und musterte die Statue. Das Abbild des Drow wirkte sehr lebensecht, so dass ein wahrer Künstler am Werk gewesen sein musste um es zu schaffen. Es war klar das es Wochen dauern würde um eine solch perfekte Arbeit zu erstellen. Dabei war Jáin gerade mal einen Tag fort, nicht genug Zeit um sich in Stein meißeln zu lassen. Shane fragte sich ob da ein Zauber am Werke war als ihm auf einmal ein schlimmer Gedanke in den Sinn kam. "Warte Kyren! Nicht anfassen!", rief er der kleinen Elfe mit ausgestreckten Arm zu, die gerade dabei war sich dem Objekt zu nähern. "Warum denn? Was ist damit?", erwiderte sie mit fragenden Blick und hielt inne. "Das ist Jáin! Wahrscheinlich wurde er durch einen Zauber versteinert.", erklärte er ihr prompt und näherte sich seinem versteinerten Gefährten. Seine Vermutung schien richtig, denn der Gesichtsausdruck seines Begleiters war durch Angst geprägt, so als ob er angegriffen wurde. Doch wer, so fragte er sich, wusste wer seine Freunde waren, geschweige denn wo sie sich aufhielten? Wer wusste über ihren Aufenthaltsort bescheid? Wer konnte ihn direkt vor ihre Nase teleportieren?

Shane schaute sich einen Moment um, fürchtete schon einen Hinterhalt, doch es war weit und breit niemand zu sehen. Ihm entging eine dunkle, zwielichtige Gestalt mit ausdrucksloser Miene, die in einigen tausend Metern Entfernung auf einem Gebirgspass verharrte. Es verstrichen nur wenige Sekunden bevor auch diese sich nach kurzer Zeit durch ein Teleportationsfeld entfernte.
 

Der junge Halbelf fragte sich was sein dunkelhäutiger Mitstreiter wohl wieder angestellt hätte das er sich in so einen Schlamassel gebracht hatte. Physisch war Jáin tot, doch er wusste aus den vielen Abenteuergeschichten seines Vaters das es eine Möglichkeit gab ihn wieder zu Fleisch zu verwandeln. Allerdings war er selbst der Magie nicht mächtig und Kyren war sicher noch nicht soweit solche hochgradigen Entzauberungen anzuwenden, selbst wenn sie ihre magischen Kräfte wieder zurückerlangt hätte. "Was sollen wir tun?", fragte sie leicht verzweifelt und sah hilflos zur Statue hinüber. Die Lage schien hoffnungslos, denn selbst wenn man ihn in die nächste Stadt bringen könnte um dort einen Gegenzauber zu kaufen, wäre dieser viel zu teuer gewesen als das man ihn hätte bezahlen können. In Kyren tat sich immer mehr Verzweiflung auf, da sie den frechen Drow so nicht enden lassen wollte. Sie staunte über sich selbst, denn nie hätte sie gedacht Mitleid und Sorge für einen Dunkelelfen zu empfinden.

Betrübt senkte sie ihren Kopf und seufzte in sich hinein als auf einmal eine Stimme in ihren inneren Ohr ertönte. "Du willst ihn wieder zurückverwandeln nicht wahr?", sagte diese bevor ihr Schall wieder verblasste. Shane schien die Stimme nicht zu hören, doch sie selbst erkannte sie sofort wieder. Es war die Stimme der Person die ihre Träume mit bösartigen Visionen füllte. "Was? Wie kann das sein? Wo sind Sie?", fragte sie erstaunt zurück. Sie dachte nicht daran das es reichen könnte gedanklich zu antworten, so dass sie ihr Gefährte recht irritiert ansah. "Was sagst du?", fragte er mit wirren Blick, worauf sie sich zu ihm wand und hektisch schwitzend abwank. "Nichts, nichts. Ich .. hab' nur laut gedacht.", gab sie nervös zurück.

"Es reicht mir gedanklich zu antworten, Mädchen.", wies sie die Stimme an, worauf sie sich wieder Jáin zuwand und sich ihre Miene beängstigend verzog. "(Wie kann das sein? Wieso kann ich Sie hören? Ist das ein Traum?)", fragte sie gedanklich zurück. "Nein, aber ich habe keine Zeit für Erklärungen. Jede Sekunde so mit dir zu sprechen kostet mir viel Kraft. Hör was ich sage und folge meinen Anweisungen.", erwiderte Nairdan angespannt. Kyren hatte nicht viel Zeit zum nachdenken. Jede Sekunde konnte zählen und so tat sie was man ihr sagte.

Shane staunte nicht schlecht als seine Gefährtin ihre Arme ausstreckte und mit gespreizten Fingern so auf die Statue zielte als wollte sie einen Zauber darauf ausüben. Er traute seinen Augen kaum als sich plötzlich eine hellblau schillernde Energiekugel zwischen ihren Handflächen aufbaute. "Was zum ...", gab er überrascht von sich, schritt aber nicht ein. Er war vollkommen atemlos beim Anblick seiner Gefährtin die tatsächlich das unmögliche möglich zu machen schien. Gebannt sah er ihrer Magie zu, wenn gleich er sich nicht erklären konnte wie sie es anstellte. Schließlich ging der Energieball von ihren Händen auf den versteinerten Körper des Drow über und legte sich wie eine Schicht über dessen steinerne Haut.

Kaum war ihr Zauber vollendet verließen Kyren die Kräfte. Halb ohnmächtig und völlig erschöpft fiel sie nach hinten zu Boden. Shane reagierte sofort und eilte ihr zu Hilfe, wenn gleich er den Sturz nicht verhindern konnte. "Kyren?! Was hast du getan? Was ist passiert?", fragte er ganz aufgeregt, doch er merkte schnell dass das junge Mädchen schon gar nicht mehr ganz bei Bewusstsein war. "Er hat es mir gezeigt ... und ich habe gezaubert ... Shane, ich habe gezaubert ...", sagte sie mit schwächelnden Blick und fieberroten Wangen, bevor sie in seinen Armen endgültig in Ohnmacht fiel. Egal wie sehr er fortan rüttelte und ihren Namen rief - sie kam nicht mehr zu sich, doch wenigstens begann die Statue ihres Mitstreiters zu bröckeln.

Nach und nach löste sich die äußere Steinschicht wie eine harte Schale von seinen Körper bis er schließlich wieder in voller Montur zum Vorschein kam. "Hurra! Ich bin gerettet!", rief er freudig mit ausgestreckten Armen hervor, aber als Shanes Augen sich bei seinen Anblick erschreckt weiteten, schöpfte der Dunkelelf einen bösen Verdacht. Noch bevor Jáin die Reaktion des Halbelfen richtig deuten konnte, merkte er bereits das irgendetwas nicht stimmte. Panisch hielt er sich die Hände vor den Mund, denn seine Stimme schlug ungewohnt feminine Töne an. Genau wie Shane betrachtete er seinen Körper, der nun viel wohlgeformter war als vorher. Ein Busen ragte unter seiner Kleidung hervor, seine Haut war etwas erhellt und ein kurzer griff in den Schritt bestätigte ihm endgültig das er auf einmal eine vollblütige Frau war. Selbst sein Gesicht wirkte viel weiblicher als vorher und auch sein Muskelwuchs war etwas zurückgegangen. "Ich bin eine Frau!", schrie er entsetzt auf und sah entgeistert ins Leere, während sein junger Freund wortlos vor sich hinstotterte und immer wieder fragend auf Kyren hinabblickte, vor deren inneren Auge nichts als Dunkelheit lag.
 

Stunden vergingen als die kleine Elfe mit einem leisen Aufstöhnen in einem entfernten Waldstück nahe eines Flusses wieder zu sich kam. Shane war sofort bei ihr stütze sie etwas auf. "Ah, du bist wieder zu dir gekommen. Wie geht es dir?", begrüßte er sie lächelnd. Kyren war noch immer etwas benommen und legte ihre Hand auf die Stirn. "W ... was ist passiert?", fragte sie mit schwacher Stimme und richtete sich etwas mehr auf. "Wie soll ich dir das erklären ... du hast Jáin ... irgendwie wieder von seiner steinernen Form erlöst.", antwortete er ihr zögernd und half ihr schließlich auf. "Ich habe was? Ich kann mich an gar nichts mehr erinnern ... nur an eine Stimme ... und Schmerzen ... alles tat weh.", gab sie leise zurück und torkelte etwas als sie versuchte dabei ein paar Schritte zu gehen. Immer noch war ihre Hand an ihrem Kopf gestützt, der sich so schwer wie Blei anfühlte. Wie immer sie es auch angestellt hatte, es hatte sie sehr in Mitleidenschaft gezogen. "Wo ist Jáin denn?", fragte sie schließlich und wand sich Shane zu, da sie ihren dunkelhäutigen Begleiter nirgends entdecken konnte. "Etwas Fluss abwärts von hier kampiert eine Karawane von Händlern. Soweit ich weiß sucht er dort nach Heiltränken.", antwortete er und deutete in die Richtung in die Jáin gegangen war. "Heiltränke? Wofür denn? Geht es ihm nicht gut?", fragte sie etwas verwirrt zurück. "Doch, doch, gut schon ... nur ...", versuchte er sie zu beruhigen, aber es fehlten ihm die Worte um ihr verständlich zu erklären was passiert war. Es bedufte keiner weiteren Erklärung mehr als auf einmal eine weibliche Stimme hinter ihm aufschrie, die so laut war, dass sie glatt die Erde erschüttern konnte.

"KYREN!", brüllte sie aufbrausend und obwohl die Stimme ein femininer Klang durchzog, erkannte die kleine Elfin wer dahinter steckte. "J-J-Já-in?", stotterte sie verwundert als sie ihren Namen vernahm. Sie wusste gar nicht recht wie ihr geschah als Shane ihr kurz die Hand schüttelte, ihren Kopf tätschelte und sagte das es schön war sie gekannt zu haben, bevor er auf Sicherheitsabstand hinter einem Busch verschwand. Schon im nächsten Moment sah sie eine ziemlich grimmig dreinblickende Dunkelelfe auf sich zustampfen, deren Kleidung sehr an die ihres Gefährten erinnerte. Unsicherheit machte sie in Kyren breit, denn ihr schwante nichts gutes. Sie schluckte ängstlich auf als die Frau vor ihr zum stehen kam und sich mit bösen Blick zu ihr herab beugte. Misstrauisch beäugte sie das Elfenkind, fast so als wolle sie sie allein mit ihren Blicken töten. "Jáin, bist du das?", fragte sie zögerlich und trat vorsichtig einen Schritt zurück.

Durch die darauffolgende nickende Geste und einem zweifelhaft ekligen Blick ihres Gegenübers fühlte sie sich zunehmend unwohler, so dass sie es wagte einen weiteren Fuß zurückzusetzen. Für einen Moment wollte sie panisch aufschreien als Jáin, seine Hände nach ihr ausstreckte, doch sie bemerkte zu ihrer Überraschung das ein Lächeln auf ihren Lippen lag. Was zunächst wie ein Würgegriff schien endete in einer friedlichen Umarmung, worauf selbst Shane nicht mehr verstand was los war. "Danke Kyren! Ich weiß nicht wie, aber du hast mir ein großartiges Geschenk gemacht. Du hast den Traum eines jeden Mannes erfüllt, einmal in einen Frauenkörper zu stecken. Das Schicksal meint es gut mit mir wenn ich für die schreckliche Verzauberung des miesen Zechprellers so belohnt werde.", sagte sie mit sanfter Stimme und ließ wieder von der kleinen, völlig verdutzten Elfin ab.

Ihr Gefährte glaubte nicht richtig gehört zu haben und eilte herbei, aber auch er realisierte das diese Worte ernst gemeint waren und nicht aus einer Hörschwäche resultierten. "Jáin ... was ist in dich gefahren? Vor einer Stunde wolltest du sie doch noch lynchen.", staunte er und packte die Dunkelelfin an den Schultern. "Nenn' mich Jáina, Bürschchen. Unsere Kyren hat mich nicht nur wieder zu Fleisch verwandelt, sondern mir auch ein großartiges Geschenk gegeben. Ich habe einen wundervollen wohlproportionierten Frauenkörper ... und ... ich präsentiere. Ich habe einen Trank der diesen genialen Nebeneffekt dieser Rückverwandlung aufheben könnte.", erwiderte sie und präsentierte stolz das Gegenmittel. "Woher der Sinneswandel? Du wolltest doch ...", fragte er, aber sie entriss ihm schneller das Wort als er sprechen konnte. "Als ich gesehen wie der Kräuterhändler mich mit seinen Blicken förmlich ausgezogen hat ... da hat es richtig in mir gekribbelt. Als Mann habe ich die Frauen verführt. Nun verführe ich als Frau die Männer. Ich bin sicher das mir das einige interessante Erfahrungen einbringen wird.", meinte sie entschlossen und grinste selbstbewusst in sich hinein. "Ah ... verstehe. Du hast also nur wieder den Verstand verloren und ich dachte schon es wäre was ernstes.", gab Shane sarkastisch zurück und verschränkte die Arme. "Nein, nein! Warte, ich werde dir zeigen was ich meine. Du wirst verstehen.", sagte sie und griff sich einen von seinen Armen, dessen Hand sie dann prompt auf ihre rechte Brust platzierte. Shane sprangen vor Schock die Augen auf, denn Jáin presste seine Hand so fest an dessen füllige Brust das er sie ganz deutlich spüren konnte. Shane war wohl bewusst das er gerade eine recht intime Stelle des weiblichen Körpers berührte, an die man nicht so einfach fassen, geschweige denn reiben konnte, wie Jáin es gerade mit seiner Hand tat. Er war wie steif gefroren und so überhaupt nicht in der Lage sich wehren zu können. "Spürst du die Möglichkeiten die mir dieser Körper bietet? Ich kann mich sozusagen selbst verführen und wenn ich irgendwann einmal genug habe nehme ich den Anti-Fluch Trank und es hat ein Ende.", erklärte Jáin, während Kyrens Kopf deutlich errötete als sie sah was sie mit Shane machte.

"Du kannst doch nicht ...", stotterte der junge Halbelf und riss seine Hand schlussendlich los, doch sie widersprach ihm erneut. "Doch und wie ich kann! Ich werde jede noch so kleine und intime Stelle dieses empfindlichen Körpers erkunden und austesten ... und heute Abend werde ich auf Männerjagd unter den Händlern gehen.", gab sie grinsend zurück. "Was? Das darfst du nicht! Es ist nicht dein Körper!", protestierte er energisch. Allerdings umsonst, denn schließlich war es ihr Körper und es stand ihr frei damit zu tun und zu lassen was sie wollte. Ein Gedanke der seinen beiden Kameraden ziemlich perfide vorkam und doch war es typisch für den Drow so zu reagieren. Er war nun mal ein Dunkelelf und immer darauf bedacht einen persönlichen Vorteil aus einer Sache herauszuholen, egal wie misslich sie auch war. Fröhlich trällernd nahm sie Kurs in Richtung der Karawane und ließ seine beiden stutzenden Freunde zurück, die noch immer nicht ganz glauben konnten was ihr da durchs Hirn spukte. "Der Typ hat nicht nur den Verstand, sondern auch jeglichen Anstand verloren.", meinte Shane sich an den Kopf fassend. Er wagte es sich gar nicht auszumahlen was passieren könnte falls Jáin schwanger werden würde.

Ratlos sah er ihr hinterher als er auf einmal Kyrens zupfen an seinen Oberteil vernahm. "Sag mal ... was meinte er ... ich meine ... sie damit als sie sagte das sie jede noch so kleine und intime Stelle ihres Körpers austesten will?", fragte sie neugierig, in ihrer typisch unschuldig-naiven Art. "Ähm ... ja weißt du ... das erzähl' ich dir besser ein anderes mal ...", wiegelte er sie leicht schwitzend ab und folgte seiner dunkelhäutigen Gefährtin. Etwas trotzig blieb die kleine Elfin zunächst noch zurück bevor sie den beiden mit Warte-Rufen nachlief. Es war nicht das erste mal das er einer ihrer Fragen dieser Art auswich, aber es sollte sie nicht länger kümmern.
 

Als sich der Himmel langsam dunkel färbte, entschloss sich die reisende Händlerkarawane nach einen passenden Platz für das Abendlager umzusehen. Shane und Kyren hatten sich auf einem Dach der vielen Wohnwagons niedergelassen, während Jáin bisher erfolglos versuchte sich mit einen der Händler anzubandeln. Die meisten von ihnen waren vermählt und sehr treu, weshalb die Gespräche in der Regel nicht über einen Flirt hinausgingen. Andere wiederum hatten eine gewisse Abneigung gegen die Dunkelelfenrasse. Ziemlich gefrustet kletterte sie den Wagon zu ihren beiden Begleitern herauf und berichtete über ihren Tageserfolg. "Das ist eine einzige Katastrophe. Bis auf ein paar alte Knacker scheint niemand Interesse an mir zu haben. Alles ehrliche und loyale Leute. Bäh ... irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt.", jammerte sie, so dass man fast Mitleid mit ihr bekommen konnte.

Nach einer Weile hielten die Wagen an einen günstigen Rastplatz und die Händler stiegen aus ihren Karawanenwagons um sich die Füße zu vertreten. Die drei Abenteurer beschlossen hinabzusteigen als sie sahen das einige Frauen Kochkessel heraustrugen und Holz sammelten. Es war klar das es bald Essen geben würde und vielleicht war dies eine gute Möglichkeit etwas abzustauben ohne den Geldbeutel unnötig zu belasten. Die Händler an sich waren sehr misstrauisch gegenüber Fremden wie ihnen, aber man erhoffte sich dennoch irgendwie unter sie mischen zu können um etwaige Geschichten und Informationen zu erhaschen.

Es war fast beängstigend denn die meiste Zeit redete man über merkwürdige Ereignisse im Osten bei Ormath. Von Raubmorden, Verwüstungen und Gemetzel war die Rede. Eine unbekannte Gruppe schien dort zu wüten und niemand wusste woher sie kamen, welcher Rasse sie angehörten oder welche Ziele sie verfolgten. Nur Gerüchte wagten sich über die Lippen der verängstigt wirkenden Menschen, denn die Route die sie nahmen würde sie schon bald in das Krisengebiet führen, in dem diese Unruhen tobten. Für einen Moment dachte Kyren an ihre Träume in der sie immer vor Mogul gewarnt wurde, der Tod und Zerstörung über das Land bringen würde, aber schnell lenkte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit auf sich.

"Seht mal! Wir kriegen Gesellschaft.", rief sie plötzlich und deutete auf eine kleine Karawane, die aus westlicher Richtung anrückte. Scheinbar hatten sie die Lichter und Feuer der Händler angelockt, unter denen sie sich etwas Schutz vor nächtlichen Räubern erhofften. Es waren einfache Zigeuner, die ihr weniges Geld mit Kuriositäten und Glücksspielen verdienten. Trotz ihrer Ärmlichkeit hielten diese Menschen zusammen, gaben sogar verstoßenen ein Heim, unabhängig davon welcher Rasse diese angehörten. Zigeuner zählten zu einen sehr toleranten Volk, die es meistens vorzogen unter sich zu bleiben. Nur selten gelang es außenstehenden sie in ein tieferes Gespräch zu verwickeln. Genau diese Toleranz hegte bei Jáin die Hoffnung doch noch zu einem Date und einem warmen Bett zu kommen. Freudig rieb sie sich die Hände und grinste verdächtig vor sich hin. "Entschuldigt mich. Ich werde mich den Leuten kurz vorstellen.", meinte sie erheitert und tippelte zu den eben hinzugestoßenen Wagons. "Er kann es einfach nicht lassen ...", seufzte Shane und senkte enttäuscht den Kopf. "Hihi, lass sie doch. Wollen wir nicht lieber fragen ob uns die Händler an ihrem Abendmahl teilhaben lassen wollen?", meinte Kyren schmunzelnd als ihr aus der Ferne schon recht angenehme Gerüche in die Nase stiegen. Ohne die Chance zu antworten wurde er schon im nächsten Moment von ihr davon gezerrt. Unter Hunger schien die kleine Elfe Bärenkräfte zu entwickeln.
 

Jáin war recht schnell mit einen jungen Mann ins Gespräch gekommen, der bei den Zigeunern Unterschlupf gesucht hatte. Er rauchte an einen Glimmstängel und wirkte so nervös das man glauben konnte das ihm die frische Luft nicht gut tat. "Wollen ... wollen wir nicht lieber rein gehen?", fragte er schließlich und bat sie in seinen Wagon hinein. Sie musst kurz schmunzeln denn so wie er sich verhielt war es ziemlich klar das er Dreck am Stecken hatte. Er wollte draußen nicht gesehen werden, da er fürchtete erkannt zu werden. Ganz offensichtlich hatte er sich mit den falschen Leuten eingelassen, die ihm nun nach dem Leben trachteten. Es machte ihr nichts aus ihn nach drinnen zu begleiten, wo sie zunächst kurz von einigen misstrauischen Blicken der insässigen Zigeuner beäugt wurde, die friedlich an einem Tisch Karten spielten. Sie interessierten sich nicht weiter für die hübsche Dame mit der dunklen Hautfarbe und wanden sich wieder ab.

"Keine Sorge. Solange du dich benimmst, Jáina, tun sie dir nichts.", wollte sie der junge Mann beruhigen, doch sie wank lässig ab. "Schon gut.", sagte sie mit kichernder Stimme und hielt sich die Hand vor den Mund, fast so als wollte sie damit zeigen das sie eine feine Dame sei. Ihre Showeinlage wirkte eher fraglich, angesichts ihrer Rasse, aber das schien niemand weiter zu stören. "Ähm ... wir können leider nicht ins Schlafzimmer gehen ... aber draußen halte ich es einfach nicht länger aus.", meinte er und setzte sich mit gesenkten Kopf auf einen Hocker. "Wieso können wir nicht aufs Schlafzimmer?", fragte sie erstaunt, worauf er wieder zu ihr aufsah. "Ich ... okay ... ich zeige dir warum.", sagte er und erhob sich rasch. Seine Nervosität war selbst innerhalb dieser Wände kaum abgeklungen, so dass sich bei Jáin erste Befürchtungen breit machten das auch dieses Date floppen würde. "Oweia ... wenn der weiter so zappelig ist, kriegt der doch nie was zu stande.", murmelte sie leicht verstimmt in sich hinein, bevor sie ihm folgte. Als er die Tür zu seiner Räumlichkeit etwas öffnete und auf das Bett deutete, begriff sie warum sie nicht aufs Schlafzimmer gehen konnten, denn dort lag ein Mädchen auf dem Bett. Sie schlief und ihr war ein Verband um den nackten Oberkörper gewickelt.

"Die Zigeuner haben sie vor etwa einen Tag entdeckt. Sie lag mitten auf dem Weg ... sie ist wohl zusammengebrochen. Sie hat einige schwere Verletzungen im Brustkorbbereich. Mehrere Rippen waren zertrümmert ... innere Blutungen und Quetschungen. Jemand hat sie schwer zugerichtet. Brauchbare Heiltränke oder Zauber haben wir nicht. Ich hoffe sie wird bald wieder gesund. Meistens ist sie bewusstlos aber dennoch braucht sie Ruhe, sagen die Zigeuner.", erzählte er und wollte die Tür zu dem schmalen Zimmer schon wieder schließen als Jáin auf einmal etwas auffiel. Die Verletzungen die er beschrieb ließen eine Vermutung in ihr aufkeimen, dessen sie sich versichern musste. "Warte!", erwiderte sie streng und öffnete die Tür vollends. Für einen Moment wollte er sie noch zurückhalten und packte sie am Arm, aber sie riss sich mit Leichtigkeit los und lief ans Bett um das Gesicht des Mädchens genauer zu betrachten. Einen Moment schockte sie der Anblick, denn es war wirklich die Kopfgeldjägerin Sejya die dort lag, ganz wie er es vermutet hatte. "Ich ... kann etwas zaubern. Vielleicht kann ich ihr helfen. Lass mich mit ihr allein.", sagte sie, nachdem sie sich ihren Verehrer kurz zugewendet hatte. "Na ... okay ... meinetwegen.", meinte er brav nickend, schloss die Tür und ließ die beiden allein.

Eine Zeitlang verharrte sie wortlos vor ihr und fragte sich was sie nur mit ihr machen sollte. Vielleicht erhielt sie nun endlich die Antworten nach denen man suchte, denn Sejyas Antrieb und ihre Motive waren nach wie vor unklar. Ihr war klar das die Verletzungen alle samt von Shane stammten, weshalb sie sogar etwas Mitleid für sie empfand. Vorsichtig setzte Jáin sich aufs Bett und legte ihre Hand auf die Stirn des Mädchens. Mittels eines kleinen Heilzaubers gelang es ihr recht schnell sie wieder ins Bewusstsein zurück zu rufen. Nun war sie wach und in der Lage die Informationen preis zu geben die sie wissen wollte - zumindest für eine Weile.

Tatsächlich öffnete Sejya für einen kurzen Moment ihre Augen und wand sich ihr zu. Sie war noch schwach und öffnete ihre Augen nur einen Spalt breit. "Wer ... bist du? Wo bin ich?", fragte sie mit schwacher Stimme, was Jáin ein kurzes Lächeln entlockte, denn offenbar erkannte sie sie dank ihrer weiblichen Gestalt nicht.

"Mein Name ist nicht so wichtig. Du bist hier bei den Zigeunern. Sie ... wir haben dich bewusstlos und schwer verletzt auf einem Weg gefunden. Was ist mit dir passiert?", erwiderte sie mit freundlichem Ton, doch nach dieser Frage wand sie ihren Kopf zunächst ab. "Das geht Sie nichts an.", gab sie schroff zurück. "Weißt du ... wir Zigeuner haben keine Geheimnisse voreinander. Also kannst du dich uns ruhig anvertrauen. Vielleicht können wir dir sogar helfen.", meinte Jáin lächelnd.

Es dauerte noch einen Augenblick, aber schließlich begann das Mädchen zu sprechen. "Ich nehme an Sie lassen mich ja sonst eh nicht in Ruhe.", sagte sie leicht genervt als sie merkte das die Dunkelelfin auf ihrem Bett aushaarte. "Mein Name ist Sejya Lockwood und ich jage einen Bhaalabkömmling, der durch diese Lande zieht.", erzählte sie. "Ein Bhaalabkömmling? So, so.", erwiderte sie ihr kurz und ermutigte sie zum weiterreden. "Es gelang mir diese Bestie zu stellen ... aber irgendwie gelang es ihm mich zu besiegen. Ich trug eine schwere Verletzung davon und trottete seit dem durch die Wälder. Irgendwann schwanden dann meine Kräfte und ich bin zusammengebrochen."

"Erzähl mir ruhig mehr über dieses Bhaalwesen. Warum jagst du es denn? Ist es gefährlich?", hakte sie daraufhin nach, ohne dabei drängend zu wirken. "Diese Bestie, verbirgt sich in dem Körper eines Halbelfenjungen namens Shane. Er ist für den Tod meiner Familie verantwortlich. Meine Mutter, mein Stiefvater, meine Geschwister ... er hat sie alle auf dem Gewissen.", antwortete sie ihm. "Erzähl weiter.", meinte die Elfin höflich und beugte sich etwas vor. "Einer seiner Diener stand vor einiger Zeit vor meinem zuhause. Ich ahnte nicht wer er war und ging ihn begrüßen. Er sagte mir nur das mein Stiefvater sein Leben verbürgt hat und er zum Tode verurteilt ist ... das dies Bhaals Wille sei. Dann hat er einen Feuerball auf mein zuhause geschleudert ... alles hat gebrannt ... sie waren sofort tot. Der Mann ließ mich am Leben und zeigte mir, wer mein Feind ist. Er zeigte mir ein Bild des Halbelfen und sagte das er sterben müsse, damit es keine weiteren Opfer gibt. Er sagte, das dies das Wesen sein wird, welches Bhaal wieder auferstehen lässt, damit das Chaos und die Zerstörung wieder regieren kann. Er selbst sei nur ein Diener, dazu verdammt Bhaals Willen zu gehorchen und das auch er bald sterben würde.", sagte sie und schloss ihre trauernden Augen als sie am Ende ihrer Erzählung angekommen war. Jáin war überrascht von ihrer Geschichte und zuckte etwas zurück. Obwohl er Shane nicht allzu lange kannte war er sich sicher das er keine Diener dieser Art hatte. Zudem war die Essenz seines Bhaalblutes seit dem Kampf gegen Jaygoyle tief in ihm verschlossen. Es war schier unmöglich das sein Gefährte etwas damit zu tun hatte, aber nun war klar das jemand definitiv ein Interesse daran hatte ihn tot zu sehen. Doch wer war dieser Feind? Zwar zog sie es für einen Moment in Erwägung sie über Shane aufzuklären, doch es gab einfach zu viele Dinge die dagegen sprachen, denn sie würde ihr nie und nimmer glauben schenken. Das Risiko das wenige Vertrauen das sie zu ihr aufgebaut hatte zu zerstören, wollte sie nicht eingehen.

Noch einmal streichelte sie dem schwachen Mädchen über die Stirn und lächelte beruhigend auf sie hinab. "Schon gut. Du wirst wieder gesund werden und dich ... rächen können.", sagte sie und erhob sich schließlich vom Bett. "Sie ... Sie sind wunderschön ...", erwiderte sie ihr mit leiser Stimme, bevor die Wirkung des Zaubers nachließ und sie wieder in einen tiefen Schlaf fiel. "Du auch ... Sejya.", gab Jáin schmunzelnd zurück, obwohl sie seine Worte nicht mehr vernahm, und wand sich ab. Schließlich verließ sie das Zimmer, denn trotz allem wartete immer noch ein Liebesabenteuer auf sie. Was sie eben erfahren hatte, konnte warten, sagte sie sich und gesellte sich wieder zu dem jungen Mann, dessen Nervosität kaum abgeklungen war. Es war abzusehen das auch er nicht der Mann sein sollte, der ihr in diesen Abend eine Liebesnacht versprechen konnte.
 

Es war spät und die meisten schliefen bereits, als Shane durch eine verlockende Stimme aus den Schlaf gerufen wurde. "Shaaane ... oh Shaaane.", tönte sie in einen hypnotisierend anmutenden Tonfall hervor. Als er überrascht die Augen öffnete riss es ihm förmlich unter seiner Decke hervor, denn Jáina hatte sich heimlich über ihn gebeugt, während er geschlafen hatte und lockte ihn nun mit einen prallen Ausblick in ihr Dekollete. Lieblich schmiegte sie sich an ihn und strich ihm mit einen Finger verführerisch über die Brust. "Lieber Shane. Spürst du nicht auch manchmal das Verlangen? Meinst du nicht auch das du mit deinen 16 Jahren soweit wärst dich deiner Keuschheit zu entledigen? Willst du nicht spüren was es heißt ein Mann zu sein?", sprach sie mit lustvollen Unteron. "WAH! Ich glaube du spinnst! Was ist in dich gefahren?!", schrie er geschockt und in voller Röte auf, womit er auch Kyren weckte, die nicht weit von ihm entfernt schlief. Zögerlich öffnete sie ihre Augen und sah wie die Hände der Dunkelelfin zärtlich über den Körper des Jungen strichen. Dieser Anblick riss nun auch sie vollends aus dem Schlaf und ließ sie besorgt aufschrecken. Der Gedanke das Jáina ihn küssen oder berühren würde ließ eine befremdliche Angst in ihr aufkeimen, so dass es sie keine Sekunde länger an ihren Schlafplatz hielt. "Shane!", rief sie entsetzt, doch dessen Versuche sich von ihr zu befreien endeten immer wieder darin das Jáin nachsetzte. Schließlich setzte die Dunkelelfin dem ein Ende und drückte Shane ihren prallen Busen direkt ins Gesicht, worauf er unter Nasenbluten in die Bewusstlosigkeit entschwand.

"Ach wie süß. Du bist ja richtig schüchtern.", schmunzelte Jáin grinsend als sie merkte was sie mit dieser Aktion angerichtete hatte. Allen weiteren setzte Kyren ein jähes Ende als sie Shanes Oberkörper beschützend mit ihren Armen umschloss und ihren Leib an seinen Rücken presste. "Halt! Hör auf damit! Lass ihn in Ruhe! Er ... er will das nicht!", fauchte sie ihm leicht rotwerdend entgegen. Ihre beschützende Haltung wirkte so das ihre Gefährtin jeden weiteren Versuch einstellte und sich seufzend zurücklehnte. "Spielverderber.", grummelte sie einen Moment lang vor sich hin, bevor sie sich langsam auf ihre Tat besinnte. "Wie weit bin ich gesunken? Ich habe den ganzen Tag praktisch erfolglos versucht jemanden zu finden der mich verführt und nun vergreife ich mich schon an diesem Knaben. Wie deprimierend. Was soll ich nur tun?", jammerte sie vor sich hin und vergrub ihre Hände in der Erde. "Zum Beispiel aufhören dich wie ein Flittchen aufzuführen!", gab Kyren mit wütenden Blick zurück. Nachdenklich sah die Dunkelelfin auf und musterte den entschlossenen Blick ihrer kleinen Gefährtin. Ihr wurde klar das sie gar nicht so unrecht hatte, denn seit sie eine Frau war ließ sie jedes Zeichen von Selbstachtung und Würde vermissen. "Ja ... ich denke ... vielleicht hast du recht.", erwiderte sie nach kurzer Überlegung und erhob sich wieder. Ein Schmunzeln glitt über ihre Lippen als sie auf ihren Mitstreiter blickte, den Kyren noch immer fest umklammert hielt. "Willst du ihn nicht mal langsam wieder loslassen? Ich tue ihm ja nichts mehr.", meinte sie mit zweideutigen Blick. Erst jetzt bemerkte Kyren das sie noch immer nicht von ihm gelassen hatte. Fast panisch ließ sie von ihm ab und ließ ihn hart zu Boden plumpsen, was ihm eine kleine Beule am Hinterkopf einbrachte. "Oh nein ... das wollte ich nicht!", stotterte sie von Schuldgefühlen geplagt als sie sah was sie in ihrer Hektik angerichtete hatte. "Ihr beide seid schon ein komisches Pärchen. Ich werde euch Oberweltler wohl nie verstehen.", meinte Jáin lachend und wand sich zum Sternenhimmel ab. Die kleine Elfe sah erstaunt auf als ihre Gefährtin auf einmal einen Trank unter ihrem Gewand hervorholte. Es war der Trank der ihren Fluch aufheben und aus ihr wieder einen Mann machen würde. "Tja, als Frau passe ich wohl nicht in diese Welt. Nun wird mir dieses Gefühl wohl doch verwährt bleiben.", sprach sie leicht mehlahnkonisch und öffnete den Verschluss des Fläschchens, doch gerade als er den Trank ansetzten wollte, tönten aus der Ferne einige brummige Männerstimmen. "Hey, hübsche Drowdame. Wollt ihr euch nicht zu uns gesellen?" und "Kommt doch zu uns, schöne Frau.", riefen sie und luden sie mit einladend winkenden Gesten zu sich. Es waren ein paar Trunkenbolde die erst spät in der Nacht zu Karawane hinzugestoßen waren und unter ihr Schutz vor den Gefahren der Nacht suchten. Jáin zögerte keine Sekunde und steckte den Trank wieder weg. "Yeah! Strike! Einen Versuch hab ich noch!", geiferte sie enthusiastisch und zwinkerte Kyren kurz zu, bevor sie in Richtung der Männer entschwand. Leicht genervt hielt sich das Elfenkind die Hand an die Stirn und schüttelte enttäuscht mit dem Kopf. "Er wird es wohl nie lernen.", seufzte sie leise vor sich hin.

Sie wollte sich schon wieder daran machen sich schlafen zu legen als plötzlich ein Bolzen vor ihren Füßen einschlug. Eben noch in Müdigkeit versinkend, war sie nun hellwach. Es dauerte keine drei Sekunden bis zwei weitere Bolzen auf sie gefeuert wurden, die ihr jegliche fluchtartige Bewegung untersagten. Jáin hörte den kurz darauf folgenden Aufschrei des Mädchens und drehte sich verwundert um. Man brauchte nicht lange zu rätseln um dahinter zu kommen das hier ein Kopfgeldjäger am Werke war, der es auf Kyren abgesehen hatte. Verzweifelt rüttelte diese an den noch immer etwas konfus wirkenden Shane, doch bevor sie ihn wieder wach bekam, fiel bereits ein finsterer Schatten über sie. Als sie sich mit ängstlicher Miene umdrehte stand ein wahrhaft stämmiger Kopfgeldjäger hinter ihr und packte sie am Hals. Er war zu stark gebaut als das ihre verzweifelten Tritte und Schläge gegen ihn etwas ausrichten konnten. Er trug eine riesige Axt auf den Rücken mit sich und grinste schämisch drein. "Du bist die Elfin Kyren Cyrissean. Dich will man lebend, aber von deinen Freunden wird der abgetrennte Kopf verlangt.", sprach er mit rauer Stimme und grinste ihr hämisch entgegen, während sie nach Luft schnappte. Er ahnte jedoch nicht das Jáin angestürmt kommen würde um den Muskelprotz mit vollen Körpereinsatz beiseite zu rammen. Zwar zeigte er sich etwas überrascht, aber ihr weiblicher Körper hatte kaum die Kraft ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, so dass er nur seinen Fuß zurücksetzten musste. Am Ende stürzte sie selbst zu Boden und brachte sich in eine äußerst ungünstige Lage. "Was? Eine Drow?", staunte der Mann und stemmte seinen Fuß auf ihren Rücken. Rücksichtslos presste er sie zu Boden und sah stolz zwischen seinen Eroberungen hin und her.

"Verdammt! Arg ... Alles geht schief. Heute ist echt nicht mein Tag.", schellte Jáina sich selbst. "Ha, das war ja einfacher als ich dachte.", freute sich der Kopfgeldjäger schon vorfreudig, doch er hatte die Rechnung ohne den Stolz eines Dunkelelfenkämpfers gemacht. Niemals würde sich Jáin ergeben - lieber würde sterben. Zielsicher griff er nach dem Anti-Fluch Trank und schluckte ihn hastig hinter. "Hey, was wird das? Was trinkst du da?!", rief er ihr zu und trat noch einmal wuchtig auf ihren Rücken um sein vorhaben zu unterbinden. Jedoch war es vergebene Mühe, denn er kannte keine Schmerzen und nahm das Gegenmittel trotzdem zu sich. Binnen Sekunden verformte sich sein Körper vor den Augen des Kopfgeldjägers zu seiner Ursprungsgestalt zurück, der daraufhin etwas verunsichert den Fuß von ihm nahm. Plötzlich hatte er einen jungen Mann vor sich, dessen Augen vor Kampfeslust glänzten. "Das ist doch ...", staunte der Kopfgeldjäger mit der Axt verblüfft, bevor ihm Jáin das Wort entriss. "Ich lasse mich nicht von so einen 08/15 Kopfgeldjäger wie dich besiegen! Lieber sterbe ich als mich geschlagen zu geben! Mit dir werd' ich doch spielend fertig!", gab er frech zur Kenntnis und richtete sich auf. Sein Gegner schaltete schnell und warf die kleine Elfin einfach beiseite so dass er sich voll und ganz auf Jáin konzentrieren konnte. "Du willst sterben? Kein Problem!", brüllte der stämmige Mann zurück und zog seine Axt hervor. Kyrens Gefährte dagegen hatte sein Schwert leider in seinen nimmervollen Beutel verstaut so das es ihm nicht gleich griffbereit war. "Deine Streitaxt beeindruckt mich nicht, Mensch.", meinte er gelassen und grinste ihm sogar noch entgegen.

Folglich brach ein erbitterter Kampf aus, bei dem den jungen Dunkelelfen meist nur ein Ausweichmanöver als Verteidigung blieb, denn der Kopfgeldjäger schlug wie ein Berserker mit seiner Streitaxt um sich. "Jáin! Pass auf!", schrie Kyren ängstlich als er etwas in Bedrängnis geriet. Nach einigen weiteren Fehlschlägen änderte Jáin auf einmal seine Strategie und verharrte regungslos an Ort und Stelle. Wieder schwang die Axt auf ihn ein, womit dieser Kampf ein jähes Ende fand.

"Schockgriff!", schrie der Drow auf einmal und entgegnete der Axt seine bloße Handfläche, die auf einmal, genau wie seine Augen, rot aufleuchtete und die mächtige Waffe zersplittern ließ. Man konnte glauben er würde auf Glas schlagen, so wie die Axt in tausend Splitter zerbrach. Doch nicht nur das, denn nach einer geschickten Drehung erntete sein Gegner auch noch einen extrem straffen Fußtritt gegen sein Kinn, das unter der Wucht, genau wie sein Genick, brach. Wie ein Sack Kartoffeln fiel er daraufhin zu Boden und blieb dort Regungslos liegen, während Jáin als Sieger verblieb. "Wer mich unterschätzt muss mit dem Tod rechnen", gab er nüchtern von sich und sah auf seine blutige Hand, die durch die Splitterteile der Axt ein paar Schnittwunden erlitten hatte. "Er hat ihn getötet.", staunte Kyren sichtlich geschockt, die kaum glauben konnte wie hart ihr Gefährte gehandelt hatte. Für einen Drow war es normal seinen geschlagenen Gegner nicht am leben zu lassen und dennoch verbitterte sie dies, auch wenn er sich nur der Selbstverteidigung bedient hatte.

"Nicht schlecht.", tönte auf einmal eine Stimme hinter den beiden hervor, worauf man sich verwundert umdrehte. Es war Shane der aus seiner Ohnmacht erwacht war und wohl den ganzen Kampf mitverfolgt hatte. "Glaubst du der Sohn eines Leath Hazard, einer der mächtigsten Drow, würde ein Schwächling sein?", erwiderte er ihm mit frechen Blick. "Nein, natürlich nicht. Aber sag mal ... diese Technik die du eben angewendet hast. Ich glaube in der Oberwelt nennt man sie auch eiserne Hand. Aber Magier bevorzugen den Ausdruck Schockgriff. Man braucht schon ein gewisses Potential um diesen Zauber zu beherrschen. Ich bin beeindruckt. Nun weiß ich in etwa was du so drauf hast.", meinte er lächelnd. "Jeder der seine Stärken offen zeigt, zeigt somit auch Schwächen, denn dadurch wird man berechenbarer.", entgegnete ihm Jáin, während Kyren den Sinn und Inhalt des Gespräches nur mit fragenden Blicken würdigte. Shane erinnerte sich das auch Jason diesen Lehrsatz folgte indem er seine Berserkerkräfte verbarg. Es war nicht weiter verwunderlich das ihm die Mönche so etwas beigebracht hatten. Jeder große Kämpfer hielt sich eigentlich daran, aber die meisten vergaßen es mit der Zeit, denn mit zunehmender Stärke wurden viele von ihnen arrogant und prahlten mit ihren Kräften. Dieser Kopfgeldjäger war besiegt, aber man fragte sich wie viele wohl noch folgen würden.

Jáin zögerte seinen Freunden davon zu erzählen das Sejya schon ganz in ihrer Nähe war und er hielt es auch für besser so noch etwas damit zu warten.
 

Am nächsten Morgen entschlossen sich die drei ohne die Händlerkarawane weiterzuziehen. Jáin jammerte noch etwas weil er seine große Chance als Frau verpasst hatte, aber dennoch ging man wieder voller Optimismus den Weg nach Thay entlang. Es sollte noch eine lange Reise werden ...

Folge 47: Schlafende Mumien

Entsetzt von den schweren Vorwürfen die ihm gerade gemacht wurden, riss Shane seine Augenlieder auf. "Was soll ich getan haben?!", fragte er ungläubig. "Ich gebe nur das wieder was sie mir gesagt hat.", betonte Jáin seine Aussage nochmals. Dieses mal hatte es die Gruppe in einer wüstenähnliche Einöde verschlagen, wenn gleich hier der Staub und nicht der Sand regierte. Jáin hatte es sich auf einen der vielen Felsen gemütlich gemacht und erzählte was ihm am Tag zuvor im Zigeunerwagen wiederfahren war. "Aber ich habe keine Diener und auch niemanden befohlen irgendwen zu töten!", erwiderte Shane heftigst. "Vielleicht stammt der Befehl noch aus der Zeit, wo du Sen warst.", merkte Kyren an. "Ich kann mich zwar an nicht mehr sehr viel von dem erinnern was ich als Sen getan habe, aber ich kann mir auch nicht vorstellen das es in Bhaals Interesse lag eine Familie zur eigenen Belustigung auszurotten.", gab er grübelnd von sich. "Hm ... auch wieder wahr.", stimmte Jáin nachdenklich zu. "Ich kann mich an etliche Morde und Greuetaten erinnern die ich als Sen begangen hab, aber an solch eine nicht. Das wäre doch merkwürdig oder, das ich gerade diese vollkommen vergessen haben sollte?", grübelte er weiter. "Ich weiß nicht ... ich kannte Sen zwar nicht in und auswendig, aber soweit ich das sagen kann, war er absoluter Einzelgänger.", dachte die kleine Elfe laut vor sich hin. "Also muss wohl wirklich jemand anderes seine Finger im Spiel haben. Irgendjemand hat wohl ein brennendes Interesse daran dich tot zu sehen.", fasste Jáin zusammen, doch man war nun kaum schlauer als vorher. Zwar war Sejyas Motiv nun klar, aber die wahren Drahtzieher blieben wie so oft im Verborgenen.
 

Für Kyren war das Gespräch über die Erlebnisse des gestrigen Tages jedoch noch nicht abgeschlossen. Nachdenklich starrte sie auf Jáin während man weiterzog. Schon bald hatte er genug von ihren bohrenden Blicken und wendete sich der Elfin zu. "Was hast du?! Warum starrst du mich denn die ganze Zeit an?", fragte er leicht verstimmt. "Ich frage mich die ganze Zeit warum du den Mann gestern umgebracht hast? Er hätte seine Lektion auch sicher gelernt wenn ...", fragte sie zweifelnd nach als sie Shane überraschend unterbrach. "Hör zu, Kyren. Ich bewundere dein Denken, aber hier draußen zählt deine edle Einstellung leider gar nichts mehr. Wer hier überleben will muss auch bereit sein zu töten, ob es uns gefällt oder nicht, sonst werden wir eines Tages den kürzeren ziehen. Denk doch allein schon an dieses Mädchen das hinter uns her ist. Sie wird sich erholen und wieder angreifen. Hier draußen, Kyren, wird Gnade und Mitleid ausgenutzt und bestraft.", sagte er mit bedenklicher Miene. "Aber ich will nicht töten, Shane! Ich ...", schluchzte sie wehmütig, bevor ihr die Stimme vor Traurigkeit versagte. Es war nur ein kleiner Trost als er sich vor sie stellte und ihr beruhigend die Hand auf die Schulter legte. "Weißt du, meinen Eltern ging das in ihrer Abenteurer Zeit genauso. Sie haben nur getötet, wenn es notwendig war um ihr eigenes Leben zu schützen, genau wie wir. Dazu muss man bereit sein und das werde ich notfalls auch, denn ich plane nicht diese Welt so früh ohne ein paar Antworten zu verlassen.", meinte er und setzte ein friedliches Lächeln auf. Langsam aber sicher sah sie ein das er wohl recht hatte. Ihr wurde klar das man im Leben zu Dingen und Taten gezwungen wurde, die man nicht immer beeinflussen oder auf die man gar stolz sein konnte. Auch wenn sie in Suldanessalar wohl nicht mehr so gerne gesehen werden würde, so sehnte sie sich in letzter Zeit doch immer wieder in die Geborgenheit und Sicherheit dieser Stadt zurück.
 

Ein heißer Tag lag vor der Abenteuergruppe, deren Weg durch eine staubige und trockene Gegend führte. Es war recht unwahrscheinlich hier auf andere Wesen zu treffen, die eine Gefahr darstellen konnten. In Städten und Siedlungen war man einfach nicht mehr vor potentiellen Kopfgeldjägern sicher, so dass man immer wieder kleinere Umwege ging.

In diesen Tagen durchquerte man ein kilometerbreites Tal, das wohl ein uraltes ausgetrocknetes Flussbett war. "Seht mal!", rief Kyren plötzlich und deutete in die Ferne. Sie hatte eine kleine Gruppe von Menschen erspäht, die in einiger Entfernung mit ein paar Pack-Lamas ein kleines Lager aufgeschlagen hatten. Die Leute waren mit Pickeln, Schaufeln und Spitzhacken ausgerüstet und wie Archäologen gekleidet. Es war schnell klar das es sich dabei um Forscher handeln musste.

Kaum bei ihnen angekommen machte Jáin erste Bekanntschaften als seine Augen eine junge attraktive Frau unter den Menschen entdeckten. Hastig eilte er zu ihr und nahm ihre Hände an sich. "Hallo schöne Dame. Lassen Sie sich nicht von meiner Hautfarbe täuschen - ich bin ganz und gar gutmütig. Ich würde sie gerne zu einem Glas Rotwein einladen, falls sie mir nicht glauben, damit wir uns vielleicht etwas besser kennen lernen können. Mann nennt mich Jáin und wie lautet ihr wundervoller Name?", begrüßte er sie, nicht ohne eine kleine Anmache in seine Worte einzubauen, was Kyren sichtlich frustete.

"Wah, der Typ macht einen fertig! Der baggert doch alles an was einen Busen hat!", ärgerte sie sich über das Verhalten ihres Begleiters. "Na dann bist du ja wenigstens sicher von ihm, nicht wahr?", fügte Shane grinsend an, was ihm folglich eine deftige Kopfnuss einbrockte, die ihn kurzzeitig außer Gefecht setzte.

Dennoch fühlte sich die Frau durchaus geschmeichelt und erwiderte die Geste. "Oh, hallo. Vielen Dank. Ich heiße Claudia. Ich würde gerne ein Glas trinken ...aber ... später vielleicht. Meine Arbeit geht vor. Gehören diese beiden Elfen zu dir?", erwiderte sie und deutete auf seine beiden Gefährten, die gerade aufgeschlossen hatten. "Ich bin Shane und das Mädchen neben mir ist Kyren. Wir sind Abenteuer und eigentlich nur zufällig vorbeigekommen.", stellte sich der junge Halbelf freundlich vor.

"Können wir ihnen vielleicht behilflich sein? Was machen sie hier? Ausgrabungen?", fragte Jáin lieblich. "Oh, meine Leute und ich erforschen einen alten Tempel der unter der Erde vergraben liegt. Wir wissen noch nichts genaues darüber, weil wir bisher damit beschäftigt waren den Eingang frei zu schaufeln, aber wenn unsere Nachforschungen richtig sind dann ist der Tempel aus der Zeit der Klagen als die Götter gezwungen waren Fleisch zu werden und auf Erden zu wandeln. Wir nehmen an das dieser Tempel einem Gott aus dieser Zeit gewidmet ist und wollen ihn nun erforschen. Wir treffen gerade letzte Vorbereitungen, denn der Eingang ist fast frei. Gerade versuchen einige unserer Leute ein Tor zu öffnen das mit einem alten Schutzzauber versehen ist.", erklärte sie. "Ha, überlassen sie das mir, Claudia!", erwiderte er mit stolz geschwellter Brust. "Wirklich? Du bist der Anti-Magie mächtig? Hervorragend, wir könnten sogar noch ein paar Fackelträger gebrauchen.", meinte sie und schlug erfreut die Hände zusammen.

Augenblicke später waren Kyren und die anderen mehr oder weniger freiwillig mit Rücksäcken und Fackeln beladen. Am Tor angekommen erklärte Claudia ihren männlichen Mitstreitern die Lage, die daraufhin zurück traten und für Jáin platz machten. "Ja, ich spüre es schon. Ist ein mittlerer Schutzzauber, aber er sollte kein Problem darstellen. Tretet bitte zurück.", meinte er, nachdem er den Eingang genaustens gemustert hatte.

"Was hat er vor?", fragte sich Kyren leise, worauf es einen lauten Rums gab und ihr eine dicke Staubschicht entgegenwehte.

"Sag mal Shane, er hat doch jetzt nicht wirklich das gemacht was ich gesehen habe, oder?", fragte sie leicht bedröppelt und linste zu ihren bereits nickenden Gefährten herüber. "Doch, er hat das Tor mit einen noch mächtigern Zauber aufgesprengt.", erwiderte er nüchtern und auch Claudia war etwas überrascht von dieser etwas unkonventionellen Vorgehensweise. "Äh, entschuldige, Jáin. Das ist nicht ganz das was ich erwartet habe. Ich dachte du beseitigst den Schutzzauber ohne alles in die Luft zu jagen.", gab sie schwitzend zur Kenntnis während sie ihn zaghaft auf die Schulter tippte. "Wieso? Wo ist das Problem? Das Tor ist doch offen.", meinte er gelassen und ging einfach weiter. "Einen merkwürdigen Freund habt ihr da.", merkte sie vorsichtig an und wendete sich zu dessen Begleitern, die sich entnervt die Hand vors Gesicht schlugen. "Ach, ist das peinlich.", seufzten die beiden synchron und folgten den Forschern mit gesenktem Haupt.

Ihr Weg führte sie durch eine riesige Halle die von mehreren Säulen getragen wurde. Der Wind, der von draußen über den staubigen Boden glitt, und das abbröseln einiger kleinerer Schichten von den exotischen Wandmalereien, ließen schnell ein allgemeines Unbehagen aufkommen. Am Ende der Halle befand sich ein etwas kleinerer Gang, der noch tiefer in das Gewölbe zu weisen schien. Von der Neugier gepackt nahm man diesen Weg und auch wenn die Fackeln etwas Licht ins Dunkel brachten, so kam selbst Jáin die allgegenwärtige Finsternis etwas unheimlich vor.

Nach einigen hundert Metern erreichten sie eine Halle, die vollkommen in Dunkelheit gehüllt war. Schon bevor man eintrat stieß ihnen ein merkwürdig fauliger Geruch entgegen. So manch ein Forscher zuckte nervös zusammen als er glaubte hinter den vielen Stützpfeilern einen Schatten verschwinden zu sehen, der nicht zu ihnen gehörte. "Hier stimmt was nicht.", merkte Claudia an und ließ die Gruppe mit einer Handbewegung stoppen. "Was stinkt hier nur so?", fragte sich Kyren die sich bereits die Nase zuhielt.

So sehr die Blicke der Gruppe auch schweiften, sie konnten nichts entdecken. Die Dunkelheit verbarg mehr als man dachte, denn die Geräuschkulisse nahm zu. Merkwürdige Laute tönten aus der Dunkelheit hervor, die meist einen Stöhnen oder Knurren gleichkamen. Die drei Abenteurer hatten die Ehre als erstes zu sehen was ihnen da drohte, denn dank ihres Infrasionsblickes sahen sie besser in der Dunkelheit als ihre menschlichen Mitstreiter. "Zombies ... es sind Zombies.", merkte Jáin nüchtern, ja gerade zu unbeeindruckt, an. Einzig ihm und Shane stand die Angst nicht ins Gesicht geschrieben. Vor Kampfeslust schmunzelnd holte der Dunkelelf sein Schwert hervor und senkte seinen Kopf ab. "Und Action!", murmelte er leise vor sich hin, bevor er seinen Kopf mit entschlossenem Blick wieder erhob und sich ins Dunkel stürzte.

Schnittgeräusche durchzogen die Halle und obwohl niemand wirklich sah was da im Dunkeln passierte, so klang es so als ob dort ein wahres Gemetzel stattfand. Man mochte sich gar nicht vorstellen was dort vor sich ging und hoffte nur das man es überleben würde. Nach einigen Minuten verstummten die Kampfgeräusche nahezu vollends und Shanes genervte Mimik deutete schon an, das Jáin es mal wieder völlig übertrieben hatte. "Es reicht Jáin. Wir wollen weiter. Die sind tot genug. Komm jetzt.", gab er seufzend von sich. "Ja, ja, schon gut.", erwiderte er unzufrieden. Schließlich trat er wieder mit verschmierter Klinge aus dem Dunkel hervor an dessen Spitze noch der Kopf eines Zombies hing. Die Menge schrie auf als sie den Schädel des Monsters sah, worauf er erst realisierte das sein Schwert ein ungewolltes Mitbringsel hatte. "Oh, Verzeihung.", meinte er verlegen, zog den Kopf ab und warf ihn über die Schulter ins Dunkel. Die Kiefer der Menschen wollten fast nicht mehr einrasten als sie den dunkelhäutigen Elfen so sahen, in anbetracht dessen was eben geschehen war.
 

Wenn auch mit etwas zittrigern Knien, so konnte es doch weitergehen. Bald stieß man auf eine Tür, die sich wie von Geisterhand öffnete als man an sie herantrat. Was die Fackeln der Forscher dahinter erleuchteten ließ ihnen fast den Atem stocken, so dass man gebannt inne hielt. "Das ist kein Tempel. Das ... ist eine Grabkammer.", meinte Claudia verblüfft als sie sich weiter vorwagte, dicht gefolgt von ihren Kollegen. "Unglaublich.", staunten einige von ihnen, die sich weitschweifend umsahen. Der Raum war verhältnismäßig winzig im Gegensatz zur vorhergehenden Halle und doch hielten ihn vier Pfeiler. Die Wandmalereien waren noch sehr gut erhalten und es fanden sich sogar einige Feuerstellen mit denen man den Raum beleuchten konnte. Selbst der Boden war mit Malereien und mystischen Zeichen übersehen, die sehr alt sein mussten. In einigen Ecken entdeckte man Truhen, Spiegel und sogar Waffenständer, die mit Hellbarden und Lanzen gespickt waren. Am Ende des Raumes befand sich ein merkwürdiger mehrstufiger Sockel, dessen Bedeutung nicht ganz klar war.

Vorsichtig näherte sich Claudia dem Sockel um ihn etwas genauer zu betrachten. In dem Moment als sie auf die erste Stufe trat, überkam Jáin plötzlich ein ungutes Gefühl, so dass er kurz aufschrak. "Was hast du, Jáin? Stimmt etwas nicht?", fragte Kyren verwundert, der seine geweiteten Augen auffielen. "Ich ... ich weiß nicht ... ich hätte schwören können das mich eine Energie erfasst hat ... aber es war so kurz ... und nichts ist passiert.", stotterte er unsicher, während er sich nervös umblickte.

Seine Sinne sollten ihn nicht täuschen, denn kurz darauf begann der Boden zu erzittern. Das Zentrum der Vibrationen kam vom Sockel, den man gerade untersuchen wollte. Dieser öffnete sich auf einmal und ließ ein schier unbeschreibliches Objekt emporsteigen. Es schien sich dabei um eine Art Rüstung zu handeln, die wie eine Statue fungierte. Äußerlich glich der Helm dem Kopf eines Schakals, während der Rest menschliche Züge hatte, die jedoch an einigen Stellen raubtierkatzenähnliche Formen aufwies.

Gebannt und neugierig begutachtete die junge Forscherin das fremde Objekt. Auffällig war das es sich dabei um eine Ganzkörperrüstung handelte und auch wenn sie mit verschiedensten Farben geschmückt war, so sah es so aus, als ob sie aus purem Gold bestand, das im Laufe der Zeit jedoch an Glanz verloren hatte. Auf der Stirn des Objekts stach ein roter Rubin hervor, der dort hinein geprägt war. "Seht euch das an. Das ist einfach unglaublich.", meinte Claudia begeistert und schlug erfreut die Hände zusammen. "Ist das ein Schatz?", fragte Shane ungläubig und löste damit bei den Forscherkollegen Begeisterung aus, die ihren Fund kaum glauben konnten. "Ich habe ein ungutes Gefühl bei der Sache.", merkte Jáin misstrauisch an, während die Menschen bereits einander zujubelnd in den Armen lagen. Dennoch geschah entgegen seinen Erwartungen nichts weiter und die Forscher machten sich daran die Wandschriften und Symbole zu entschlüsseln um einen Hinweis zu ihrem Fund zu ergattern.

"Was ist das da an der Decke?", rief Kyren auf einmal und leuchtete mit ihrer Fackel an die Stelle, die sie meinte. Sie hatte eine Vertiefung entdeckt, die jedoch ohne Sinn schien. "Vielleicht ein Weg in eine weitere Kammer. Seht am besten mal nach.", tönte es von Claudia, die noch immer an der Rüstung stand. Shane zögerte nicht lange und nahm sich eine Lanze herbei um ein wenig dagegen zu stechen. Obwohl er sehr vorsichtig war, sprang die Vertiefung plötzlich auf, ohne sich jedoch von der Decke zu lösen. Geblendet, von einem plötzlich einfallenden Licht, ließ Kyren ihre Fackel fallen und hielt sich die Arme vors Gesicht, denn auf der anderen Seite des nun heruntergeklappten Deckels war ein Spiegel eingeprägt, der wohl über ein kompliziertes Spiegelgangsystem sein Licht von der Oberfläche erhielt. Etwas orientierungslos plumpste die kleine Elfin zu Boden und ließ somit das Licht auf einem Spiegel hinter ihr fallen.

Was zunächst wie eine Art Lichtschalter fungierte, da das Licht nun von Spiegel zu Spiegel sauste, stellte sich schnell als böse Falle heraus, denn als es schlussendlich auf den Rubin der Rüstung traf, schlug die Tür des Raumes plötzlich zu. "Was war das?!", rief Claudia erstaunt und wendete sich der Tür zu, die sich soeben von selbst verriegelt hatte. "Hier liegt Magie in der Luft!", gab Jáin angespannt von sich und sah sich immer nervöser um. "Was soll das?! Warum ist die Tür zu?!", kreischte die schöne Forscherin panisch, die nicht merkte das hinter ihr im Schakalhelm der Rüstung auf einmal zwei rot leuchtende Augen aufsprangen.

"Weil jemand will das wir hier nicht weg können ...", merkte Shane mit finsterer Miene an und sah zur Rüstung herüber, die sich in dem Moment vom Podest begab und sich prüfend umsah. Es war klar das man nicht nur einfach eine Rüstung gefunden hatte, sondern auch jemand darin steckte. "Eine Mumie!", schrie Kyren ängstlich auf als sie die fast zwei Meter große Gestalt herabschreiten sah. Claudia wich ängstlich zurück, denn damit hatte sie nicht gerechnet.

Die Atmosphäre war gespannt, war es doch ungewiss was als nächstes passieren würde. "Wir sollten machen das wir hier wegkommen! Das sieht nicht gut aus!", merkte Jáin hektisch an und schleuderte ein Zaubergeschoss auf die Tür, die darunter zu Bruch ging.

Während Claudia und ihre Forscherkollegen wie versteinert an Ort und Stelle verhaarten, nahmen die drei Abenteurer ihre Beine in die Hände und liefen so schnell sie nur konnten davon. "Los, raus hier!", rief der Dunkelelf, aber außer seinen Freunden leistete niemand seiner Bitte folge.

Die roten Augen der Mumie leuchteten immer stärker auf als sie sah wer ihren Schlaf gestört hatte. Gemächlich schritt sie voran, griff sich eine der Hellbarden und ging damit auf die Forscher los. Erst als der erste von ihnen der Mumie zum Opfer fiel wurde allen klar, das man den rat des Drow besser hätten befolgen sollen. Zwar versuchten einige von ihnen noch zu entkommen, aber es sollte niemanden mehr gelingen. Nach und nach metzelte sie einen wehrlosen Forscher nach dem anderen nieder. Nur Claudia, die hinter einer Kiste versteckt mit ansehen musste wie die Schatten ihrer Mitstreiter zerschlitzt wurden, blieb verschont.

Als es ruhiger wurde versuchte sie mit zittrigen Händen auf allen vieren kriechend aus der Kammer zu entkommen, aber als sich ihr plötzlich ein Bein der Mumie in den Weg stellte, war ihr klar das auch sie nicht lebendig aus dieser Ruine herauskommen würde. "Nein! ... was ... was haben wir nur geweckt?! Das habe ich nicht gewollt.", schluchzte sie mit Tränen in den Augen, ohne Hoffnung auf Gnade zu stoßen. "Ihr Menschen seid nicht mein Meister. Nur mein Meister darf mich erwecken. All jene die meinen Schlaf stören werden für meinen Meister geopfert.", sprach das untote Wesen mit tiefdunkler Stimme und ließ seine Hellbarde durch den Körper der jungen Frau gleiten. Ihr Todesschrei war noch bis zum Eingang der Grabanlage zu hören, aus der Kyren und die anderen gerade im Eiltempo herausliefen.

"Ihr könnt davonlaufen, aber ihr könnt mir nicht entkommen.", sagte die Mumie, während sie zu der aufgesprengten Tür seiner Kammer sah.
 

"Jáin, ich dachte du kannst zaubern! Du hast doch auch die Zombies besiegt. Kannst du die Mumie nicht aufhalten?", keuchte Kyren im Laufschritt. "Du spinnst wohl! Hast du das nicht gespürt? Das ist eine höhere Mumie und nicht irgend so ein Grufti den man in Klopapier eingewickelt hat! Ich glaub' kaum das ich den mit meinen Taschenspielertricks was anhaben kann.", gab er ächzend zurück. "Redet nicht! Lauft!", mischte sich Shane ein, der in diesen Moment an den beiden vorbeizog. Man wagte sich kaum umzudrehen, denn hinter ihnen kam die Mumie von einer Staubwolke begleitet förmlich aus der Grabanlage geschossen und ließ seinen Blick suchend in die Ferne schweifen, bis sie die drei Abenteurer in einiger Entfernung erspähte. Mit ungeheurer Geschwindigkeit nahm sie die Verfolgung auf und gewann mehr und mehr an Boden, obwohl ihre Rüstung sicher Tonnen wiegen musste.

"Unglaublich! Mit der Rüstung muss das Ding doch Tonnen wiegen! Wie kann es da nur so schnell sein?", rief Kyren verängstigt als sie ihren Verfolger bemerkte. Man merkte wie ihr Vorsprung schmolz, der schon bald nur noch einige Meter betrug. Shane wusste das er und sein dunkelhäutiger Gefährte noch schneller laufen konnten, doch Kyren hatte bereits Probleme schritt zu halten. Noch nie war er auf so einen starken Gegner getroffen. Er hatte nur eine Idee wie es ihm vielleicht gelingen könnte der Mumie zu entkommen, aber die war höchst riskant. "Folgt mir und hört erst auf zu laufen, wenn ich es sage!", schrie er lauthals auf und wies seine Freunde an sich an seine Fersen zu heften, was diese dann auch taten. Den beiden stockte fast der Atem als sie feststellten das er sie genau in eine Sackgasse führte. Erste Zweifel kamen, denn Shane lief weiter ungehemmt auf die Felswand zu, doch es blieb ihnen nicht viel mehr übrig als ihm zu vertrauen.

"Und haaaaalt!", befahl er nur wenige Meter, bevor er gegen das Gestein gelaufen wäre und bremste seinen Laufschritt ab. Jáin und Kyren taten es ihm gleich und kamen mitsamt einer Staubwolke kurz vor der Felswand zum stehen, während ihr Verfolger verzweifelt bremsend zwischen ihnen vorbeischoss und in das Felsgestein rauschte. Die Härte des Aufpralls ließ das Gestein zerbrechen und begrub die Mumie unter einen Haufen von Felsen unter sich.

Durch eine entgegenwehende Staubwolke und das Geräusch des Aufpralls wurde den drei Abenteurern schnell klar das die Idee von Erfolg gekrönt war und die viel zu schnelle Mumie ungehemmt in den Fels gelaufen war. Verblüfft sahen sich Kyren und Jáin an, während Shane erleichtert in gebückter Haltung ausatmete. "Und da heißt es immer wer bremst verliert. Mehr Masse bei solch einer Geschwindigkeit hat nun mal den längeren Bremsweg.", spottete er leicht zynisch und wischte sich etwas Schweiß von der Stirn. "Wir ... haben es geschafft. Es hat tatsächlich geklappt!", staunte das junge Elfenkind mit geweiteten Augen. "Das einzige was wir geschafft haben ist etwas Zeit zu schinden. Die Intelligenz einer Mumie ist zwar nicht die beste, aber die Dinger sind zäh. Das wird dieses Biest nicht lange aufhalten. Wir sollten machen das wir hier schleunigst wegkommen.", merkte Jáin mit finsterer Miene an, denn unter dem Schutt begannen bereits die ersten kleineren Steinchen zu bröckeln. Es war nur zu wahrscheinlich das er Recht hatte so dass sie sich noch einmal abstimmend zunickten und schleunigst verschwanden. Wieder liefen sie was die Beine hergaben um in der Ferne zu entschwinden. Die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich bald darauf, als das steinerne Grab der Mumie zu immer deutlicher zu bröckeln begann.
 

Die Beine der drei Gefährten lahmten vom vielen Laufen und ihre Lungen rangen nach Luft, aber obwohl sie den Canyon hinter sich gelassen hatten fühlten sie sich noch nicht sicher. "Haben wir es geschafft? Sind wir in Sicherheit?", fragte Kyren, die mit den Kräften völlig am Ende schien. "Ich würde nicht drauf wetten.", tönte es von Jáin ernüchternd zurück.

Am Horizont sah man endlich wieder Grünland, das ein Ende der Einöde durch die sie liefen andeutete, doch schon Augenblicke später war es bereits fraglich ob sie es überhaupt bis dahin schaffen würden. Ein vertrautes metallisches Geräusch eines aufstampfenden Fußes ertönte in einiger Entfernung hinter ihnen und es war klar das die Mumie ihren Spuren folgen konnte. "Ihr kläglichen Wesen. Ihr könnt nicht entkommen.", schallte eine tiefe Stimme unter der Rüstung hervor, bevor sie ihre Lanze in Richtung Shane reckte. Ihm wurde klar das weglaufen nichts mehr brachte und ein Kampf unausweichlich war. Die Flucht hatte schon arg an seinen Kräften und seiner Kondition gezerrt. Zähneknirschend durchdachte er die Situation, bis er schließlich zu einem Entschluss kam. Ausdruckslos senkte er den Kopf ein wenig zum Boden und ließ die Arme nach unten hängen. Es war nicht ganz klar was in ihm vorging, aber etwas schien ihn zu bedrücken. "Jáin ... Kyren ... versucht das Waldstück zu erreichen. Vielleicht könnt ihr euch da verstecken. Ich ... werde hier bleiben und es aufhalten.", meinte er deutlich in sich gekehrt. "Aber Shane?! Was wird ...", wollte Kyren protestieren, doch da packte sie ihr dunkelhäutiger Kamerad schon am Arm und zerrte sie hinter sich her. "Hör auf zu diskutieren! Wir können ihm nicht helfen! Er wird sich für uns opfern!", mahnte er sie, doch die kleine Elfin ließ sich nicht so einfach davon reißen, so dass Jáin seine Mühe hatte sie überhaupt ein paar Meter mit sich zu ziehen. Wie wild strampelte und kämpfte sie dagegen an, aber gegen ihren Gefährten hatte sie auf Dauer keine Chance sich zu widersetzten. "Shane! Hör auf! Das bringt nichts! Du hast keine Chance!", schrie sie besorgt und stürzte zu Boden, während die Mumie bei Shane angekommen war. "Warum hast du nicht auf mich gehört, Kyren? Jetzt müssen wir vielleicht alle sterben.", dachte er leise vor sich hin als er kurz zu ihr herübersah, schon vorahnend das die Mumie nicht länger warten würde. Schon der erste Lanzenschlag hätte tödlich enden können, doch der junge Halbelf erwies sich als äußerst widerspenstig und wich durch einen gekonnten Sprung zur Seite aus. "Kyren! Wenn wir jetzt nicht gehen kommen wir hier nicht mehr lebendig weg!", schimpfte Jáin wütend und packte sie am Nacken um ihr wieder auf die Beine zu helfen. "Wie kannst du nur! Er ist unser Freund! Wir können ihn doch nicht so einfach im Stich lassen!", erwiderte sie unter Tränen. "Unsinn! Ein Drow würde niemals einen anderen Drow helfen, wenn er dadurch sein eigenes Leben wegwerfen würde, egal wie eng man befreundet ist!", gab er wütend zurück. "Aber wir sind keine Drow!", entgegnete sie ihm lautstark und riss sich los.

Ungeachtet dessen wich Shane weiterhin tapfer den Schlägen der Lanze aus, wobei es ihm gelang einige Schläge mit Fußtritten zu blocken. Mit jeder Sekunde die verstrich atmete er schwerer, denn seine Kondition ließ immer mehr nach. Seine Freunde standen gebannt in einigen Metern Entfernung und sahen zu wie er sein bestes gab um gegen diese Kreatur zu bestehen. Er schien nicht verlernt zu haben was es hieß zu kämpfen, aber diesem Gegner war er hoffnungslos unterlegen. Kyren hielt es nicht länger zurück und eilte ihm mit kleinen Tränen in den Augen zu Hilfe. Sie nahm allen Mut zusammen und sprang der Mumie mit gestreckten Bein entgegen, doch diese reagierte gekonnt und schlug sie problemlos wie ein lästiges Insekt beiseite.

"Kyren!", schrie Shane erschüttert. Seine Augen weiteten sich um so mehr als er sie hart am Boden aufprallen sah. Jáin konnte kaum glauben was seine Gefährtin da tat, denn der Treffer dem man ihr zugefügt hatte wog schwer. "Warum tut sie das?! Diese Hochelfen sind einfach viel zu weich!", dachte er zähneknirschend vor sich hin, und doch war nun auch er nicht länger entschlossen Shane im Stich zu lassen. Rasch musste sich der junge Halbelf jedoch schnell wieder um seine eigene Gesundheit sorgen als die Mumie sich wieder ihm zuwendete und Kyren regungslos am Boden liegen ließ.

Die Augen der Kreatur leuchteten grell, bevor mit sie ihrer Stabwaffe ausholte. Noch einmal sollte er ausweichen können, aber dennoch blieb ihm das Glück nicht treu als er dabei auf einen kleinen Stein ausrutschte und seitwärts zu Boden fiel. Zwar versuchte er sich schnell wieder aufzustemmen, aber ihm sollte nicht mehr genug Zeit bleiben um den letzten Angriff zu entkommen. Resignierend, in Erwartung des Todes kniff er die Augen zu und wartete die letzten Sekunden mit schmerzverzerrtem Gesicht ab, bis die Lanze seinen Kopf entzwei spalten würde.
 

Er wartete lang und noch länger, doch er spürte nichts dergleichen, so dass er vorsichtig seine Augen zu öffnen wagte. Sei weiteten sich erschrocken und er zuckte zurück als er die Spitze der Hellbarde ruhend, nur wenige Millimeter vor sich, direkt vor seiner Stirn sah. Er wunderte sich, denn auch die Mumie verharrte nahezu regungslos vor ihm, bis sie die Waffe plötzlich zurückzog. Einen Augenblick herrschte Stille die nur durch eine leichte Priese unterbrochen wurde, die etwas Staub vom Boden aufwirbelte. "Verzeiht mir, Meister Bhaal. Ich habe nicht gemerkt das ihr euch so tief im Körper dieses Jungen verbergt.", sprach die Mumie auf einmal, sich ehrfürchtig vor Shane verbeugend. Dieser stutzte einen Moment, begriff aber schnell was die untote Kreatur meinte. Jáin glaubte seinen Augen kaum, verstand aber ebenfalls was Shane das Leben gerettet hatte. "Hey, ich glaube das Ding hält dich für einen Gott, weil du die Essenz Bhaals in dir trägst.", merkte er mit leicht zittriger Stimme an. Es war schon merkwürdig, denn obwohl die Essenz des toten Gottes tief und verborgen in ihm schlummerte, seit er Jaygoyle besiegt hatte, so war sie immer noch da, ja sogar greifbar für die Sinne eines höheren Wesens. "Heißt das, du wirst mich nicht töten?", fragte Shane vorsichtig und kroch ein Stück zurück. "Nein!", antwortete die Mumie streng. "Ihr habt mich erschaffen. Ich bin Euer Geschöpf.", fuhr sie in gleicher Tonlage fort. "Aber ... wozu bist du da?", fragte er unsicher nach. "Ihr habt mich erschaffen um den Träger Eures Blutes zu schützen, damit Ihr aus dessen Körper gestärkt emporsteigen könnt und Eurer Wiedergeburt nichts im Wege steht.", antwortete sie ihm prompt. "Das heißt ... du bist mein Diener? Mein Beschützer? Du tust alles was ich dir sage?", staunte er verblüfft und rappelte sich auf. "So ist es. Dafür wurde ich erschaffen.", ließ sein Gegenüber verlauten.

"Hey, Shane! Das Ding könnte uns nützlich sein. 'Ne höhere Mumie als Leibwächter kann man immer mal gebrauchen.", rief ihm Jáin erfreut zu. "Bist du bei Sinnen? Hast du nicht die Klinge gesehen? Das Ding hat die ganzen Forscher umgebracht!", protestierte er, weniger amüsiert über die neue Lage.

Als sein Blick dann auf Kyren fiel, fürchtete er schon das Schlimmste. Besorgt eilte er zu ihr und nahm sie auf. "Kyren! Alles in Ordnung? Sag doch was!", erkundigte er sich in der Hoffnung das sie ihre Augen wieder öffnen würde. Sie blutete etwas am Kopf und hatte einige Blessuren am Körper, aber sie schien nicht lebensgefährlich verletzt worden zu sein. "Sie ist Bewusstlos, aber sie wird sich erholen, Meister. Sind die beiden Eure Getreuen?", tönte es unter der goldenen Maske der Mumie hervor. "Äh ... ja .. sind sie. Ihnen darf kein Schaden mehr zugefügt werden, ist das klar?!", erwiderte Shane mit strengen Blick, nachdem er sich der Mumie zugewendet hatte. "Wie Ihr wünscht.", gab sie loyal zurück.

Als er auf den geschunden Körper seiner Gefährtin sah, versank er tief in Gedanken, denn er wusste dass er es hätte verhindern müssen.
 

Ein leicht stechender Schmerz durchfloss Kyrens Körper, der sie mit schmerzverzerrten Gesicht aus ihrer Ohnmacht erwachen ließ. Sie fühlte frische Grashalme unter sich und als sie sich umsah merkte sie das sie in der Nähe eines Waldgebietes lag. Ein weißer Verband war um einen Teil ihres Kopfes gewickelt, doch dies wurde zur Nebensache als sich neben ihr plötzlich eine große Gestalt in goldener Rüstung erhob.

Sie war bereits in Begriff erneut in Ohnmacht zu fallen, aber als sie Shane und Jáin ebenfalls friedlich zusammensitzend mit der Mumie sah, siegte ihre Neugier. Man sah ihr die Verwirrung an weshalb der junge Halbelf etwas schmunzeln musste. "Keine Sorge. Sie ist unser Freund. Die Mumie tut dir nichts mehr. Du bist in Sicherheit.", beruhigte er sie. "Wie ... ich verstehe nicht? Träume ich?", gab sie verwundert zurück.

"Die Mumie ist ein Diener Bhaals, von Bhaal erschaffen um seine Nachkommen zu schützen damit er in einen von ihnen wiedergeboren werden kann. Sie wird uns nichts tun.", erklärte er lächelnd, so dass sie endlich verstand. "Wer hätte gedacht das uns dein Blut mal auf diese Weise das Leben retten würde, Shane.", staunte sie erleichtert und sah großäugig an der Mumie herauf.

"Dann ... können wir ja beruhigt weiter ziehen.", meinte sie und sah in Richtung Wald. Ihre Mitstreiter schwiegen bedächtig, womit ihr klar wurde das etwas nicht stimmte. "Was ist, Shane?", fragte Kyren ungläubig. "Es tut mir Leid, aber ich werde euch beide für eine Weile verlassen.", antwortete er und mit gesenktem Haupt. "Wie-wieso denn? Was ist denn?", wollte sie wissen. "Solange ich bei euch bin, bin ich euch keine große Hilfe. Mit meinen Fähigkeiten haben wir auf dem Weg der uns noch bevorsteht keine Chance. Deshalb werde ich mit der Mumie als Lehrmeister trainieren gehen um stärker zu werden. Dafür wurde sie ja auch ursprünglich erschaffen. Außerdem stelle ich ein gewisses Risiko dar, denn diese Kopfgeldjägerin hat es mehr auf mich als auf euch abgesehen. Wenn ich nicht bei euch bin seid ihr nicht so interessant für sie.", gab er mit bedrückter Miene von sich. "Heißt das ... du willst mich und Jáin alleine zurücklassen?", fragte die kleine Elfe den Tränen nah. "Nein, keine Sorge. Ich werde bald wieder zu euch aufschließen, wenn mein Training abgeschlossen ist. Jáin wird so lange auf dich aufpassen. Ich wollte nicht gehen ohne dir Bescheid zu geben.", erwiderte er und versuchte sie mit einem Lächeln etwas aufzumuntern. Es war ihr kein richtiger Trost, denn eigentlich wollte sie nicht das er geht. Es war ihm klar das es ein merkwürdiger Zeitpunkt war um getrennte Wege zu gehen, doch blieb ihm kaum eine andere Wahl. "Keine Sorge. Ich pass' auf mich auf.", fügte er an zuversichtlich an.

Sein Blick fiel auf einen hohen Berg, der eine halbe Tagesreise entfernt am Horizont lag. "Hinter dem Berg dort, gibt es laut Karte eine Stadt. Am besten ihr geht in diese Richtung.", wies er seine beiden Gefährten an und deutete in die entsprechende Richtung. Schließlich erhob er sich und ging ein paar Schritte in Richtung Wald, ebenso wie sein neuer Lehrmeister. Ihr Weg sollte sie tief in den Wald hinein führen, dort wo die Natur noch unberührt war. Kyren fühlte sich bei dem Gedanken nicht ganz wohl sich von seiner Gesellschaft zu trennen und wollte ihm am liebsten nachgehen. "Lass es, Mädchen. Wenn er dich dabei gehabt haben wollte, hätte er das sicherlich gesagt.", merkte Jáin mit strenger Stimme an. Gemächlich stocherte er mit einem kleinen Stock im Boden herum, so als ob ihn das alles gar nichts ausmachte, auch wenn es in ihm ganz anders aussah.

Ein letztes mal drehte sich Shane zu seinen Freunden um. "Wir sehen uns wieder. Passt gut auf euch auf und macht euch keine Sorgen. Ich bleibe ja nicht für immer weg.", rief er ihnen zu. Er erwartete keine Gegenreaktion, denn seine beiden Mitstreiter wirklich wahrlich nicht glücklich. Wehmütig wendete er sich schließlich ab und zog seines Weges.

"Shane ...", seufzte Kyren leise in den Wind, traurig darüber das er gegangen war. "Du musst ihn verstehen. Er muss eine Zeit lang alleine sein um sich selbst zu finden. Seit er aufgebrochen ist hat ihn das Glück immer irgendwie aus der Patsche geholfen, wenn er in Schwierigkeiten steckte, aber auf das Glück will und kann er sich nicht länger verlassen. Du hast doch selbst gesehen wie stark seine Gegner hier sind. Allein schon diese Sejya und nun ... diese Mumie. Er hatte nie den Hauch einer Chance. Ohne seine Bhaalkräfte ist er in dieser Liga doch ziemlich aufgeschmissen. Wenn er wieder so stark wie früher werden will, muss er seine Fähigkeiten trainieren, verstehst du? Er will es sich beweisen, er will es ganz alleine schaffen, ohne Hilfe ... zeigen das er erwachsen wird.", meinte Jáin mit ruhiger Stimme. "Aber ... glaubst du, das ihm diese Kreatur wirklich helfen kann?", zweifelte sie, worauf sich der junge Drow erhob. "Dieses Wesen verfügt über alte aber effektive Kampftechniken und Wissen aus vergangener Zeit. Zugegeben, sie ist ein ungewöhnlicher Lehrmeister, aber sie ist Ideal dafür geeignet das beste aus ihm herauszuholen.", meinte er mit Blick in die Ferne und ließ den Stock zu Boden fallen, mit dem er zuvor im Boden gespielt hatte. Nachdenklich sah Kyren nach unten und dachte über seine Worte nach. Obwohl sie zunächst gedacht hatte er würde keinen Wert auf ihre Gesellschaft legen, verstand sie nun etwas besser was in ihm vorging. Es war nun klarer warum er sich für sie opfern wollte, als die Mumie sie wieder eingeholt hatte.

Sie wusste nicht genau ob er einen Einblick in ihre Gedanken werfen konnte, denn Jáin war zwar ihr Begleiter, aber noch immer ein Drow, eine Rasse die sie schon von Geburt an fürchtete. Nun musste sie eine Zeit allein lang mit einen von ihnen reisen, was auch für sie wie eine Art Training war, denn vollkommen vertrauen würde sie Jáin wohl nie. Die nächsten Wochen würde sie, genau wie Shane, auf sich allein gestellt sein und stärker werden, wenn sie es schaffen wollte zu überleben.

"Du musst wissen, Kyren - der Weg nach Thay ist keine Kaffeefahrt. In der freien Welt hier draußen muss man mit den Gefahren die hier lauern zurecht kommen können. Es wird Zeit das auch Shane das endlich einsieht. Lass ihn ziehen. Er weiß was er tut.", merkte er abschließend an und wendete sich der Richtung zu in die es nun weiter gehen sollte. "Los, wir machen uns auf den Weg. In der Richtung gibt es eine kleine Stadt in der wir vielleicht eine Weile bleiben können.", meinte er schließlich, worauf sie ihm ein wenig misstrauisch entgegen sah. "Keine Sorge. Ich werde dir schon nichts tun. Ich hab versprochen auf dich aufzupassen und das werde ich auch.", erwiderte er schmunzelnd auf ihren Blick. Ihm war klar wie dieses kleine Mädchen über seine Rasse dachte, aber das interessierte ihn nicht weiter. Ihm waren ganz andere Dinge wichtig und die lagen im fernen Osten - in Thay.
 

Eine wunderschöne Lagune, mit kristallklarem Wasser und mehreren Wasserfällen sollte für die nächste Zeit Shanes Trainingsgebiet sein. An diesem friedlichen Ort konnte er sich abhärten und stärker werden, so wie er es sich vorgenommen hatte. "Können wir anfangen?", tönte eine blecherne Stimme hinter ihm, worauf er sich seinem Lehrmeister mit einem motivierten Grinsen im Gesicht zuwendete. "Ja, lass uns beginnen. Wir haben keine Zeit zu verlieren.", meinte er mit selbstsicherem Blick als er plötzlich aufschrak. "Äh ... warte mal ... wie soll ich dich eigentlich nennen? Ich kann dich doch nicht immer mit Mumie anreden.", merkte er, sich am Kopf kratzend, an. "Nun ja, Ihr habt mir bei meiner Erschaffung keinen Namen gegeben.", erwiderte sie leicht schwitzend. "Gut, dann nenne ich dich ... Proper. Ja, genau ... ich nenne dich Meister Proper! ... äh ... nein, warte ... äh ... wie wäre es mit Nex? Das klingt nach nix und tut keinem weh.", gab er grübelnd von sich bis er schließlich einen Namen gefunden hatte. Die Mumie akzeptierte nickend, obwohl es ihr relativ egal schien welchen Namen sie trug. Die nächsten Tage sollten hart für den jungen Halbelfen werden, aber er war gewillt durchzuhalten um sich endlich den Herausforderungen seiner Reise stellen zu können.

Folge 48: Unbeglichene Rechnungen

Finsternis herrschte in den Katakomben von Shalana, einer florierenden Stadt am Deepwash See. Schon einige Zeit lang liefen die Geschäfte jedoch schlechter, denn ein Gildenkrieg hielt die Stadt im Würgegriff von Angst und Schrecken.

Laut und beständig schritt eine umhüllte Gestalt, die ihr Gesicht im Schatten ihrer Kapuze verbarg in den dunklen Gängen der Katakomben umher, in die sich schon seit Jahren kein sterblicher mehr traute der bei klarem Verstand war. Einige Fackeln an den Wänden erleuchteten seinen Weg, der zielstrebig zu einer Halle führte. Je näher er kam, desto deutlicher vernahm er leises Gelächter aus dem Raum. Flüsternde Stimmen, die durch die ganzen Gänge schallten, umgaben ihn schon seit er dieses Gewölbe betreten hatte, fast so als beobachtete man jeden seiner Schritte. Als der Fremde in den Raum eintrat, den er aufzusuchen gedachte, war er jedoch leer. Unheimliches Getuschel, merkwürdige Laute und Stöhnen umgaben ihn, aber dies schien ihn nicht zu schrecken. Unbeeindruckt schritt er weiter voran, bis er zu einem langen Tisch kam, an dem mindestens 50 Leute platz gehabt hätten. Am Tischende hielt er inne und verharrte regungslos, während die Stimmen um ihn herum immer lauter wurden. Gespenstische Schatten bildeten sich hinter der Gestalt und obwohl duzende von hektischen Schrittgeräuschen hinter ihm erklangen, blieb er ruhig, mit gesenktem Haupt, stehen. Es schien so, als ob er auf etwas wartete, doch dies waren nicht die finsteren Wesen die sich hinter ihm tummelten. Wie wilde Tiere fletschten sie ihre spitzen Eckzähne, bereit ihrem vermeintlichen Opfer einen Biss in den Hals zu verpassen. Es waren Vampire, duzende, wenn nicht sogar mehr und doch wagte keiner von ihnen einen Angriff auf den Eindringling. Die Fackeln des Raumes brannten nur sehr schwach, aber als die Gestalt ihre Hand erhob loderten sie, verstärkt durch seine Magie, förmlich auf. Die jungen Vampire die sich nach Frischfleisch sehnten hielt nun nichts mehr und griffen wie ein Rudel Raubkatzen an.

"Halt!", tönte auf einmal eine Gestalt mit strenger Stimme am anderen Ende des Tisches hervor, der noch in völliger Finsternis lag. Bei genauerer Betrachtung erkannte man dort die Umrisse einer weiteren Person, die dort die ganze Zeit über gemächlich mit gekreuzten Händen saß. Die Vampire hielten an und wagten es sich fortan nicht mehr sich dem Besucher zu nähern.

Eine weitere Fackel erleuchtete so das nun auch der Herr am anderem Tischende ins Licht kam. Seine Haut war blass und bläulich, denn er war nicht lebendiger als all die anderen Vampire. Er wirkte recht stämmig und gesund gebaut. Er trug ein großes, rundes, goldenes Amulett um den Hals das ihm vor dem Herzen hing. Seine Kleidung war recht bürgerlich und sein Haar schwarz wie die Nacht.

"Ich habe dich lange nicht mehr gesehen, Gerrard.", sagte der Vampir, der offensichtlich der Anführer seiner Sippe war. "Ich bin hier, weil ich versprach das ich zurückkehren werde, wenn du mich brauchst.", entgegnete ihn die umhüllte Gestalt und warf seine Kapuze zurück. Sein Anblick entlockte seinem Gegenüber ein kurzes, aber zufriedenes Schmunzeln. "Der Zeitpunkt deiner Rückkehr hätte nicht besser sein können. Wie du ja schon weißt plagen meine Gilde seit einiger Zeit Probleme.", sprach er mit ernster Stimme. "Dein Bote bat mich lediglich hier her zu kommen. Die groben Umstände sind mir inzwischen jedoch bekannt.", meinte Gerrard und nahm platz. "Nun gut, es bringt sicher nichts die alten Zeiten noch einmal aufleben zu lassen, alter Freund, deshalb will ich gleich zur Sache kommen. Meine Gilde ... musste in den letzten Wochen einige herbe Verluste einstecken. Die Probleme begannen als sich eine neue Gilde aus Ormath vor einiger Zeit hier angesiedelt hat. Es ist ihr innerhalb kürzester Zeit gelungen sich hier zu etablieren. Die wenigen meiner Leute die die Begegnungen mit ihnen überlebten berichteten von einer ... Diebesgilde. Versteh mich nicht falsch, normalerweise sind solch kümmerliche Menschen kein Problem für uns, aber diese sind anders. Sie scheinen immun gegen unsere Bisse und ein Teil unserer Magie zu sein.", erzählte der Vampir mit dem Amulett, doch die Miene seines Gegenübers blieb eiskalt. "Ich werde mich diesem Problem annehmen, Lezard, wie ich es versprochen habe. Beim nächsten Beutezug bin ich dabei. Du hast mein Wort.", erwiderte er nüchtern, bevor er sich wieder erhob. "Das ist das was ich hören wollte. Die nächste Jagd ist heute Nacht. Bis dahin ist noch etwas Zeit.", meinte Lezard zufrieden. "Ich werde mich so lange auf mein Quartier zurückziehen, wenn du erlaubst.", merkte Gerrard an und ging zu einer Seitentür des Raumes. "Es ist noch alles genau so wie damals. Ich habe nichts verändert.", rief ihm sein alter Freund schmunzelnd hinterher. Einen Moment lang hielt Gerrard an, rang schon mit den Gedanken sich noch einmal umzudrehen und ein paar Worte zu erwidern, bevor er schließlich seinen Weg mit finsterer Miene fortsetzte.
 

Bei seinem alten Gemach angekommen hielt Gerrard einen Moment lang inne, als seine Hand nach dem Türknauf griff. Erinnerungen überkamen ihn schon bevor er den Raum betreten hatte, Erinnerungen an ein schändliches Ereignis innerhalb dieser vier Wände das ihn dazu veranlasst hatte die Gilde vor langer Zeit zu verlassen. Schließlich öffnete er die Tür und trat ein worauf weitere altvertraute Bilder und Stimmen sein Gedächtnis fluteten. Bedächtig senkte er den Kopf und schloss die Tür hinter sich. Mittels eines kleinen Zaubers kombiniert mit einer Handbewegung erleuchtete er einige Kerzen um den Raum mit etwas Licht zu füllen. In Vergleich zu seinen Vampirbrüdern, die meist nur einen Sarg in ihren Gemächern stehen hatten, hatte Gerrard ein recht ungewöhnliches Zimmer, das wie das eines Dichters eingerichtet war. Mit Büchern gefüllte Regale, ein Schreibtisch mit allerlei Schreibutensilien, ein Stuhl und sogar ein Bett füllten sein fensterloses Gemach. Nachdenklich setzte er sich auf letzteres und starrte ziellos an die gegenüberliegende Wand. Nun, wo er wieder da war wo alles begonnen hatte, kehrten die Erinnerungen zurück, die er hier zurück gelassen hatte.

Er erinnerte sich noch gut wie ihn Lezard damals aufnahm, obwohl er im Geiste noch immer menschlich war. Er hatte nicht den typischen Weg gewählt ein Vampir zu werden und dennoch akzeptierten sie ihn dank der schützenden Hand, die er über ihn hielt. Nacht für Nacht ging er auf Beutefang und saugte Menschen das Blut aus, ohne sie jedoch selbst zu Vampiren zu machen. Seine Opfer waren immer jung, schön und weiblich, so dass ihr frisches Blut ein wahrer Hochgenuss für ihn war. Schon damals merkte er dass das Blut der Menschen seine Kräfte zu steigern vermochte, aber dies war ihm nicht weiter wichtig. Oft hypnotisierte er seine Opfer, bevor er sie aussaugte um mit ihnen eine erotische Nacht zu verbringen, denn er war es aus seiner Zeit als Barde gewohnt das ihm die Frauen schwärmend zu Füßen lagen. Ja, er genoss es ein Wesen der Nacht zu sein, seine Lust nach Blut und Frauenkörpern gleichermaßen zu stillen, doch eines Tages kam die Nacht an dem dies ein Ende hatte.

An diesen Abend zog er wie schon so oft mit Lezard durch die Stadt auf der Suche nach neuen Opfern. Sie waren gute Freunde geworden und in letzter Zeit häufig zusammen auf Beutezug ausgewesen. Genau wie Gerrard, so nahm auch er sich hin und wieder die Zeit seine Opfer in seinen Bann zu ziehen um sich mit ihnen zu vergnügen. Ein Königspaar war in diesen Tagen in der Stadt, das drei wunderschöne und junge Töchter haben sollte. Für die beiden war dies genau die Herausforderung die sie suchten und so drangen sie um Mitternacht in das adlige Anwesen ein. Jede der Töchter hatte ihr eigenes Schlafzimmer, doch war nicht ganz klar wo diese lagen. Sie klapperten Fenster für Fenster ab, bis sie schließlich fündig wurden und Lezard sich in das Zimmer der ältesten Tochter begab. Auch Gerrard sollte kurz darauf fündig werden und stieg durchs Fenster ein, so wie es für Vampire üblich war. Für beide sollte es zunächst eine berauschende Nacht werden, doch Gerrard fand länger am Liebesspiel gefallen und blieb noch etwas länger als sein Freund.

Bald darauf wollte auch er sich wieder zurückziehen als er plötzlich ein Geräusch vernahm. Fensterglas zerbrach und das nicht nur einmal. Auch das Fenster des Gemachs der zweiten Tochter in dem er war ging zu Bruch indem jemand einen brennenden Klumpen hineinwarf, der beim Aufschlag zerbrach und sich über das ganze Zimmer ausbreitete. In kürzester Zeit stand der ganze Raum in Flammen, doch sein Opfer war, wie es jedem Menschen nach einem Vampirbiss erging, noch zu sehr in Trance um all dies überhaupt wahrzunehmen. Während seiner Beutezüge hatte er getötet und auch dieses mal wollte er nicht für den tot eines unschuldigen Menschen verantwortlich sein.

Er zog sie aus dem Zimmer in den Flur hinaus, musste aber kurz darauf feststellen das bereits das ganze Haus in Flammen stand. Alles ging in rasender Geschwindigkeit in Flammen auf, so dass er sogar um sein eigenes Leben fürchten musste. Einen Augenblick später hörte er panische Schreie die aus der untersten Etage kamen, gefolgt von einem krachenden Geräusch. Es war die Treppe zu dieser Etage, die soeben in sich zusammengebrochen war, womit die kreischenden Eltern von ihren Töchtern abgeschnitten waren. Gerrards Augen weiteten sich, denn aus diesen Inferno schien es kein Entkommen zu geben. Resignierend ließ er von seinen Opfer ab in der Hoffnung es allein weiter zu bringen. Plötzlich schlug eine Tür hinter ihm auf und ein kleines Mädchen kam weinend aus dem Zimmer gelaufen. Es war die dritte und jüngste Tochter der Familie. Zunächst bemerkte sie ihn nicht, doch der Fremdling in ihrem Haus entging ihr nicht lange. Als sie erkannte das er ein Vampir war, weinte sie noch mehr, während seine Verzweiflung immer größer wurde.

Es wurde langsam eng für ihn und er rannte los zum Ende des Flurs, wo ein Fenster ihn die Möglichkeit zur Flucht gab. Einen Moment lang war er gewillt das Mädchen ihrem Schicksal zu überlassen, doch als er das Fenster öffnete überkamen ihn Zweifel. Er drehte sich noch einmal zu ihr um und sah das sie bereits am Boden lag und zwischen all den Dämpfen nach Luft rang. Seine Faust zitterte als er sah wie das Mädchen in den Flammen unterging. Schon der Gedanke das die beiden ältesten Töchter sich wegen ihrer Trance nicht retten konnten ließen den menschlichen Teil seines Herzens schmerzen. Nach kurzen zögern entschloss er sich dem Kind zur Hilfe zu eilen.

Seine Fähigkeiten als Vampir erlaubten ihn die Außenwände wie eine Spinne hinabzuklettern und das Mädchen in Sicherheit zu bringen, doch kaum unten angekommen traf ihn ein Pfeil in den Arm. Obwohl es schmerzte lief er weiter. Er realisierte bald dass das Mädchen auf seinem Rücken das einzige war, was dieses Grundstück lebendig verlassen würde. Ihre Eltern und die Diener des Paares fielen Räubern zum Opfer, die ihnen aufgelauert hatten. Es waren wohl Banditen oder Feinde des Königspaares, die das Haus in Brand gesetzt hatten und obwohl ein weiterer Pfeil sein linkes Bein durchbohrte entkam er mitsamt dem Kind.

In einer Gosse wollte er es absetzen, aber als er in ihr friedlich schlafendes Gesicht sah, überkamen ihn erneut Zweifel. Er fragte sich was aus ihr werden würde, wo ihre ganze Familie doch ausgelöscht wurden war. Schließlich war er nicht ganz unschuldig daran. Sie war noch so jung, kaum älter als 14 Jahre und hätte noch ein langes Leben vor sich gehabt. In ihrem Alter wäre es töricht gewesen sie einfach auszusetzen in der Annahme das sie schon irgendwie klar kommen würde und so entschloss er sich, sie mit auf sein Quartier zu nehmen. Augenzeugen sahen ihn in dieser Nacht vom Grundstück flüchten und vermuteten ihn als Täter der Brandstiftung. Die nächsten Tage wurde er Stadtweit gesucht, obwohl er ein Leben gerettet hatte. So zog er sich zurück, denn einem Vampir hätte niemand glauben geschenkt.

Viele seiner Artgenossen waren dagegen das ein Lebender inmitten ihrer Gruft weilte, doch Lezard garantierte ihm das dem Mädchen nichts geschehen würde. Ganze drei Tage brauchte Gerrard um dem Kind das erste Wort zu entlocken. Es war schon sehr ausgehungert, da es sein Essen nicht annahm, das er Nachts extra für sie aus den Lagerhäusern gestohlen hatte. Immer wieder wurde er von den anderen für sein Verhalten verspottet, aber er ignorierte ihre Worte so gut er konnte. "Was ist denn los, Gerrard? Willst du nicht endlich ihr Blut trinken?", tönten seine Mitstreiter immer wieder, die es nicht interessierte warum er sich um sie sorgte. Er dachte nicht daran irgend etwas dergleichen zu tun, denn dieses Mädchen hielt seine Menschlichkeit am Leben.

"Wie heißt du?", fragte sie ihn eines Tages. "Gerrard ist mein Name, und wie heißt du?", antwortete er freundlich lächelnd. "Teresa", erwiderte sie zögerlich, denn auch nach einer Woche war sie noch immer sehr eingeschüchtert. Er meinte es gut mit ihr, so dass sie immer häufiger redete, ja sogar lachte, als er ihr ein paar aufmunterte Lieder auf seiner Laute vorsang. Manchmal vergas sie, was aus ihrer Familie geworden war, wie auch er vergaß das er kein Mensch mehr war, so dass sie immer besser mit ihrer Situation umzugehen lernten. Draußen in den Gängen der Katakombe, so sagte er ihr immer, sei man als Lebender nicht sicher. Mit der Zeit störte es sie kaum mehr, das er ein Vampir war, worauf sie immer offner ihm gegenüber agierte.

"Warum tust du das alles für mich?", fragte sie als er ihr an einen Abend wieder frische Lebensmittel brachte. "Weil ich mich für dich verantwortlich fühle.", antwortete er trübselig. Er hatte ihr noch nicht erzählt das er Mitschuld am Tod ihrer Familie trug, doch er wusste, das der Tag kommen würde.

"Ich habe dich gerettet also passe ich auch auf das dir nichts passiert.", sagte er oft zu ihr und streichelte ihr über den Kopf, wenn sie wieder einmal weinte. Es dauerte nicht lange und die beiden wurden sogar Freunde. Er brachte ihr Teleportzauber bei, damit sie am Tag draußen sein und endlich wieder frische Luft genießen konnte. Sie war die einzige die ihn nicht als schrecklichen Vampir sah. Es war eine schöne Zeit und Teresa hatte ihn bald wie einen großen Bruder akzeptiert, doch es kam der Tag an all dies abrupt ein Ende fand.
 

"Du denkst noch immer an sie, nicht wahr?", tönte auf einmal eine Stimme hervor, welche ihn aus seiner Erinnerung riss. Es war Lezard der gekommen war um ihn zu sagen das die Zeit reif für einen Beutezug war, doch er reagierte nicht auf seine Frage. "Es ist Nacht, alter Freund. Zeit um jagen zu gehen.", meinte sein alter Gefährte, worauf sich Gerrard nach kurzem zögern erhob. "Tut was ihr tun müsst und ich werde tun was ich tun kann.", erwiderte er ihm nüchtern und fasste ihn kurz auf die Schulter, bevor er den Raum verließ. Mit unsicherer Miene folgte Lezard schließlich seinen Schritten in die Haupthalle, wo die anderen bereits auf ihn warteten.
 

Einige Minuten später hatten sie sich auf dem Dach eines großen Lagerhauses versammelt und ließen ihren Blick zu den Häusern und Unterkünften der Stadtbewohner schweifen. Ohne weitere Absprache verstreuten sich die Vampire und verschwanden in den Gassen und Häusern des Viertels, wo sie ihren Opfern auflauern konnten. Lezard versammelte sich mit einigen Leuten auf dem Dach einer Schänke, die Reisenden zu hauf Zimmer zur Übernachtung anbot. Gerrard hingegen blieb zurück und sah sich das Geschehen aus sicherer Entfernung an.

Eine Zeit lang tat sich, abgesehen von den Jagdzügen seiner Artgenossen, nichts. Es schien eine ruhige Nacht zu werden, bis er auf einmal ein seltsames Geräusch aus einer Seitenstraße vernahm. Seine Pupillen schweiften nach rechts, von wo er den Ton gehört hatte, während sich sein Blick zusehens verfinsterte.

Elegant sprang er vom Dach des Lagerhauses zum Boden hinab. Sein Umhang wehte so auf, das man glauben konnte er würde schweben als er in Richtung Boden sprang. Als Vampir war er nicht allzu schwer und so wirkte seine Landung umso ästethischer. Ähnlich wie Raubkatzen, konnte auch er aus extremer Höhe springen und sicher landen. Als sich sein Umhang vom Sprung gelegt hatte und er unten angekommen war, flohen einige verdächtige Schatten aus seinen Augenwinkeln. Er wollte gerade nachsehen was geschehen war, da lief vor ihm ein junger Vampir aus der Gasse. Seine Augen waren angsterfüllt und es schien so, als ob er vor jemanden flüchtete. "Gerrard! Gerrard! Sie sind hier!", rief er panisch, bevor er ungeschickt vor ihm auf den Boden fiel. Kaum hatte er dies gesagt kamen zwei weitere Gestalten aus der Gasse gelaufen, die eine recht einheitliche, wenn gleich auch bürgerliche Kleidung trugen. Es war recht offensichtlich das dies die Leute der Gilde sein mussten, die Lezards Leuten so zu schaffen machte. "Such die anderen und sag ihnen das sie verschwinden sollen.", wies er den jungen Vampir vor ihn an und schritt auf die beiden Fremden zu.

"Ihr dreckiges, untotes Pack habt es wohl immer noch nicht gelernt das man sich mit uns nicht anlegt. Das hier ist nun unsere Stadt, also verschwindet.", rief einer der beiden mit drohender Haltung. Unbeeindruckt blieb Gerrard unter einer Straßenlaterne stehen und musterte die beiden Männer einen Augenblick lang. "Haltet einen Moment still damit ich euch töten kann.", erwiderte trocken und richtete seine Hand nach ihnen aus. Die Männer erschraken als sich zwei kleine, rote Kugeln in seiner ausgestreckten Handfläche bildeten, die kurz darauf auf sie zugeschossen kamen. Zwei Explosionen erschütterten die Straße und es war klar das der Zauber sein Ziel nicht verfehlt hatte. Als sich die Rauchschwaden verzogen hatten, war Gerrard bereits vom Ort des Geschehens verschwunden.
 

Er schien nichts verlernt zu haben, so geschmeidig wie er von Dach zu Dach sprang um auf ein höheres Gebäude zwecks besserer Übersicht zu gelangen. Kaum dort angekommen, sah er sich schon von vier weiteren gegnerischen Gildenmitgliedern umstellt, die nicht lange zögern sollten und angriffen. "Das war ein Fehler sich mit uns anzulegen.", meinte einer von ihnen, doch dies beeindruckte ihn kaum. Mit spritzen Dolchen und kleinen Schwertern versuchten sie ihn zuzusetzen, aber er wich den Attacken seiner Angreifer immer wieder geschickt aus. Erst als es einen von ihnen gelang einen Riss in seinen Umhang zu schlitzen, drehte er den Spieß um. "Säurepfeil.", rief er und zauberte gleich mehrere dieser ätzenden Geschosse herbei, die er rasant auf seine Gegner abfeuerte. Drei von ihnen riss das Geschoss durch einen Volltreffer glatt vom Dach herunter, während es den vierten ein großes Loch in die recht Torsohälfte ätzte. Alle vier waren tödlich getroffen und Gerrard wollte sich schon abwenden als ihm etwas merkwürdiges auffiel. Mit mürrischer Miene betrachtete er noch einmal das letzte Opfer seines Säurepfeilangriffs das mit geweiteten Augen zu seiner Wunde herabsah.

Was Gerrard sah erschien selbst ihn ungewöhnlich, denn der Gildenanhänger blutete nicht. Er hatte nicht einmal Organe oder Gedärme unter seiner Haut, sondern war voll und ganz mit einer lehmig-sandigen Substanz gefüllt. Einige Augenblicke später erlag er der Verletzung und zerfiel er zu Staub, was zugleich auch alles war was von ihm übrig blieb. Gerrard war sich sicher so etwas merkwürdiges schon einmal gesehen zu haben, konnte es aber zunächst nicht zuordnen. Trotz kurzer Überlegung kam ihn der Gedanke den er suchte nicht in den Sinn und so verschwand er schließlich.

In dieser Nacht sollte es keine weiteren Versuche geben die Vorhaben der Vampire zu stören, so dass man sich nach dem blutigen Vergnügen wieder in die heimische Gruft zurückzog.
 

Dort angekommen herrschte ungemeine Aufregung. Duzende von Vampiren hatten sich in der Haupthalle um etwas versammelt und geiferten herum. Für Gerrard, der gerade hinzustieß, sah es so aus, als ob eine Horde hungriger Raubtiere mit ihren Opfer spielten. Zwischen den Körpern seiner Artgenossen blitzte im allgemeinen Gedränge immer wieder ein zusammengekauertes Mädchen auf, auf das es die Vampire wohl abgesehen hatten. "Hey! Was macht ihr da?! Verschwindet!", rief er mit strenger Stimme, worauf sie sich überrascht zu ihm umdrehten. Sie hatten sein Kommen nicht bemerkt und waren nicht sicher wie man auf seine Worte reagieren sollte. Dennoch war er mächtig genug um mit jedem von ihnen fertig zu werden, so dass man nach und nach platz machte.

Das Mädchen was er erblickte, ließ ihm an Ort und Stelle erstarren, denn er kannte das Gesicht der kleinen, zerschrammten Elfe. Es war das Mädchen das er unter den Namen Kyren kennen gelernt hatte, aber er hätte nicht erwartet sie je wieder zu sehen. "Du ...?!", staunte er verblüfft und auch sie schien von seinem Anblick sichtlich überrascht.

"Sieh es als kleine Wiedergutmachung an. Sie gehört ganz allein dir.", tönte Lezards Stimme hinter ihm hervor. Schmunzelnd trat der Führer der Vampire hinter Gerrard aus einem Schatten, doch dessen Reaktion war anders als erwartet. Wütend wendete er sich ihm zu und packte ihm am Kragen. "Was hast du dir dabei gedacht, Lezard?!", fauchte er erzürnt. "Sieh es doch einfach als Dank an, weil du zu uns zurückgekehrt bist.", erwiderte er gelassen mit zweifelhafter Miene, worauf Gerrard wieder von ihm abließ. Er verstand sehr wohl was er ihn eigentlich zu sagen versuchte, aber es half ihm nichts seinen untoten Körper länger zu würgen. "Wie wäre es? Wollen wir nicht auf ein Gläschen Blut anstoßen? Es war ein so erfolgreicher Abend heute. Tu es der alten Zeiten willen.", fuhr Lezard mit Blick auf das Mädchen fort. "Vergiss es ... offenbar hast du gar nichts verstanden.", gab er mürrisch zurück und ging auf Kyren zu. "Du kannst nicht leugnen was du bist.", mahnte ihn der Gildenführer mit verärgertem Blick. Es änderte jedoch nichts an seiner Meinung und so nahm er sie am Arm und brachte sie auf sein Quartier.
 

Als er die Tür zu seinen Räumlichkeiten hinter sich schloss war Kyren sich sicher das sie dort nicht unversehrt herauskommen würde. Ängstlich kroch sie in eine Ecke, krümmte sich dort zusammen und begann zu beinah vor Furcht zu weinen. "Bitte tu mir nichts! Ich flehe dich an!", schluchzte sie in der Hoffnung auf Gnade zu stoßen. "Spar dir dein Gewinsel! Vampire können keine Gefühle empfinden! Weder Mitleid, noch Reue ... noch Liebe.", gab er barsch zurück, wenn gleich er seinen Satz ergänzte als er sah das er ihr nur noch mehr Angst damit machte. "Du kannst beruhigt sein. Ich habe nicht vor dir irgendetwas anzutun.", sagte er in gleicher Tonlage, worauf sie verwundert ihre Haltung zu lösen begann. Tatsächlich schien er kein Interesse an ihrem Blut zu haben und setzte sich lediglich auf sein Bett.

Je näher sie ihn betrachtete desto mehr fiel ihr auf wie sehr er sich seit ihrer letzten Begegnung verändert hatte. Seine Arroganz war fast vollständig aus seinem Mittlerweile trübseligen Gesicht gewichen, obwohl er sich äußerlich nicht verändert hatte. "Du wirst mir nichts tun?", vergewisserte sie sich noch einmal, was er mit einem kurzen Nicken bestätigte. "Aber ... warum?", fragte sie irritiert nach, auch wenn sie wusste wie merkwürdig diese Frage klingen musste. "Ich werde bald sterben ... es gibt nichts was für mich noch von Bedeutung ist. Weder du, noch dein Blut.", erwiderte er mit leiser Stimme. "Ich hätte nie gedacht das ich einen Vampir mal sagen höre das er bald stirbt.", gab Kyren verblüfft von sich und rieb sich am Kopf. "Dummes Mädchen! Dieser Körper wird ewig weiter leben. Nicht ich werde sterben, sondern mein Ego, das was mich wirklich ausmacht, was mir einen Charakter gibt, was mich menschlich macht.", entgegnete er leicht erzürnt, wenn gleich sein Ton mit jedem Wort bedächtiger Worte. Kyren schwieg eine Weile, denn Gerrard saß einfach nur so da. Er wirkte nachdenklich, gewissermaßen sogar menschlich. Es dauerte noch einige Minuten, bevor er das Gespräch fortsetzte.

"Wie bist du eigentlich hier her gekommen? Das letzte mal hab ich dich in dieser Sklavenhändlerschenke gesehen. Reist du etwa immer noch ohne Gefährten?", wollte er schließlich wissen. "Ich ... äh .... woher weißt du das ich bei den Sklavenhändlern war?", staunte sie etwas verwirrt, was ihm ein kurzes Lachen entlockte. "Ich war dort eine Nacht lang Gast und hab dich gesehen. Du hast dort gekellnert, aber ich kann mir denken dass du da nicht freiwillig warst. Was meinst du denn wer an dem Abend die Tür zu deinem Zimmer geöffnet hat damit du fliehen konntest?", gab er noch immer schmunzelnd zurück. "Das ... warst du?! Dann hast du mich gerettet? Warum ...", fragte sie sichtlich überrascht nach, bevor er sie recht prompt unterbrach. "Ich habe dich nicht wirklich gerettet, sondern dir nur die Möglichkeit gegeben dein Schicksal zu ändern. Ich hatte meine Gründe das zu tun, aber die sind nicht weiter von belang. Mich würde viel mehr interessieren was du hier machst.", sagte er mit ernster Miene. "Ich ... ich bin unterwegs nach Thay und habe hier in der Stadt Rast in einer Schänke gemacht. Na ja ... zumindest bis mich deine Freunde entführt und hier her gebracht haben.", erwiderte sie schließlich. "Das sind nicht meine Freunde! ... nicht mehr.", erwiderte er leicht verstimmt. "Aber ... du lebst doch mit ihnen hier ... oder?", fragte sie vorsichtig nach. "Leben ... was bedeutet das schon für einen Vampir? Weißt du überhaupt was mich von einem Lebenden unterscheidet? Nein, sicher nicht.", meinte er trübselig. "Nein, keine Ahnung.", gab sie schulterzuckend zurück. "Meine Organe ... mein Herz schlägt nicht, meine Lunge atmet nicht mehr. In mir ist alles tot und doch lebe ich auf eine gewisse Art und Weise. Durch meinen Körper fließt eine Flüssigkeit die vom Blut der Lebenden lebt. Sie produziert Stoffe und Mineralien die meinem Körper nicht verwesen lassen und mir Kraft verleiht. Alles was ich brauche ist Blut, damit mein 'schwarzes Blut' weiter seinen Dienst tun kann. Der Nachteil ist das die Haut eines Vampirs sehr empfindlich gegen Sonnenlicht wird, der Vorteil das man gegen sämtliche Krankheiten immun und gewissermaßen unsterblich ist. Ein Vampir alleine entscheidet, ob sein Biss dafür sorgt ob sein Opfer zum Ghul wird, zu einem Vampir oder ein Lebender bleibt, je nach dem ob und wie viel dieser Substanz er beim Biss in den Körper des Opfers überträgt. Das ist das ganze Geheimnis, das ist es was mich von einem echten Lebenden unterscheidet.", erklärte er. "Ah, und wenn man euch einen Pflock durchs Herz rammt dann ...", wollte Kyren ergänzen, bevor er sie erneut unterbrach. "Ja, im Herz läuft alles zusammen. Obwohl es nicht schlägt ist es sozusagen die Schaltzentrale von allen. Ein Pflock dort hindurch ist absolut tödlich, obwohl es ein Dolch auch tun würde.", sagte er und je länger er mit ihr sprach desto mehr erinnerte er sich an damals, denn damals war alles fast ganz genauso. "Teresa ...", dachte er still in sich hinein. Einen Moment lang verharrte er in Gedanken als ihn das Elfenmädchen plötzlich ansprach.

"Was hast du nun mit mir vor?", wollte sie wissen und erhob sich aus ihrer Ecke. "Ich werde nicht lange hier bleiben. Ich habe nur noch eine Sache zu erledigen, bevor ich weiterziehe. Dann verschwinde ich von hier und nehme dich mit. Hier bist du auf Dauer nicht sicher ...", meinte er mit ernster Stimme und erhob sich wieder vom Bett. "Eine Sache zu erledigen?", fragte Kyren neugierig. "Sagen wir ... eine unbeglichene Rechung.", gab er mit düsterer Stimme zurück und wand sich ab. "Ich werde nun für eine Weile weg sein. Versuche nicht von hier zu fliehen, das wäre dein Ende. Wenn irgendwas ist, nimm das hier. Es wird dich beschützen.", sagte er und griff unter seine Kleidung. Er nahm ein Zepter hervor und legte es ihr aufs Bett. Kyrens Augen weiteten sich als sie sah welches Artefakt er da bei sich hatte. Sie fragte sich ob es wirklich möglich war das dies das Zepter war was sie vor langer Zeit einmal gesucht hatte um Shane, von dem sie dachte das er tot wäre, wieder lebendig zu machen. Gerrard verschwand derweil ohne weitere Worte aus seinem Gemach und schloss die Tür hinter sich ab. Kyrens Augen weiteten sich staunend, denn er zeigte eine Seite von sich die sie bisher noch nicht kannte. Sie fragte sich ob es Idiotie oder Vertrauen war, das ihn dazu bewog ein solch mächtiges Artefakt bei ihr zu lassen.
 

Auch in der folgenden Nacht hielt Gerrard wieder auf dem Dach eines Gebäudes Wache für seine Artgenossen die sich am Blut der Lebenden labten, doch diesmal kam es zu keinerlei Zwischenfällen. "Gratuliere, deine Präsents hier scheint unsere Gegner abzuschrecken. Mit deiner Hilfe werden wir sicher bald wieder die Oberhand über die Stadt gewinnen.", merkte Lezard hinter ihm an. Er hatte sich zu ihm auf das Dach eines Wirtshauses gesellt von dem man eine gute Übersicht über das Stadtviertel hatte, aber der einstige Barde schien nicht viel Wert auf seine Gesellschaft zu legen. "Was hast du eigentlich mit der Elfe gemacht? Lebt sie noch?", fragte Lezard mit verschlagenem Blick. "Sie ist unversehrt.", gab er eiskalt zurück, worauf der Gildenführer einen weiteren Schritt an seinen alten Freund heran trat. "Du willst es einfach nicht einsehen, nicht wahr? Solange du nicht akzeptierst was du bist, wirst du immer wieder leiden - so leiden wie damals. Deine menschliche Seite lässt dich schwach werden. Dein Mitleid ist einfach nur erbärmlich für einen Vampir deiner Klasse.", widersprach er hart, schrak aber leicht zurück als sich Gerrard mit finsterer Mine zu ihm umdrehte. "Meine menschliche Seite ... ich habe keine menschliche Seite mehr. Ich empfinde dieses Mitleid nicht von dem du sprichst. Und nun lass mich allein.", erwiderte er mit ernster Stimme, so dass Lezard schließlich aufgab, ihm dem Rücken zukehrte und sich zurückzog. "Tja-ja, der Tod verändert eben jeden.", tönte er noch vor sich hin, bevor er im Dunkel der Nacht verschwand.
 

Als die Nacht sich dem Ende neigte und auch der letzte Vampir schon seit einiger Zeit in die Gruft zurückgekehrt war, schritt eine einsame Gestalt durch die leeren Straßen der Stadt. Es war Gerrard der tief in Gedanken versunken war. In dieser Nacht lief noch einmal sein ganzes Leben vor seinem inneren Auge ab und er fragte sich ob er immer richtig gehandelt hatte. Als Barde war er beliebt und hatte duzende von jungen Frauen beglückt, als Vampir war er gefürchtet und hatte hunderte von Frauen beglückt, doch sein Innerstes brannte beim Gedanken das Erregung das einzige Gefühl sein sollte, was er für den Rest seiner Existenz empfinden sollte. Sein Entschluss war klar und somit auch sein Ziel. Genau wie Kyren würde er weiter nach Thay reisen, wo er vielleicht die ihm versprochene Erlösung finden würde, die ihn in seinen Träumen stets gepriesen wurde. Er fragte sich ob es einen Zusammenhang zwischen ihrer Reise und seiner gab, doch deswegen war er nicht zu seinen Ursprüngen zurückgekehrt. Ein anderer Gedanke beschäftigte ihn schon seit Tagen. An diesen Abend sollte er zu einer Entscheidung kommen, ob er die Vergangenheit gutheißen oder verurteilen sollte, und somit auch seine eigene Existenz.
 

Es war schon spät als er nach seinen Treffen in der Gruft eintraf, doch etwas erregte seine Aufmerksamkeit. Ein Schrei eines Mädchens hallte durch die Gänge und ihm war klar das dieser von Kyren gekommen sein musste. Rasch eilte er zur Quelle des Schreis um zu sehen was passiert war. Er erblickte die kleine Elfe außerhalb seines Gemachs wie sie versuchte sich den Griff Lezards zu widersetzen. Als die beiden ihn sahen stoppte das Gezerre einen Moment lang. "Sie wollte fliehen! Das hast du nun davon!", rügte ihn der Gildenführer. "Stimmt das, Mädchen?!", wollte er von ihr wissen und warf den beiden einen misstrauischen Blick entgegen. Bevor sie antworten konnte stieß auf einmal ein weiterer Vampir hinzu. Er war sichtlich aufgeregt und hatte ein dringendes Interesse mit seinem Herrn zu sprechen. "Meister! Sie sind hier! Sie haben uns entdeckt! Wir werden angegriffen!", berichtete er mit hektischen Gesten. Kaum hatte er seinen letzten Satz beendet erschütterte das Gewölbe und einige Brocken fielen aus der Decke. "Nun denn, sieht so aus als müssten wir unsere Gespräch auf später verlegen.", meinte Lezard und ließ rüde von dem Mädchen ab. Gerrard jedoch machte keine Anstalten ihn in die Schlacht zu folgen, sondern sah ihm nur kurz nach als er an ihm vorbeischritt. "Er hat die Tür aufgebrochen und ...", begann Kyren die vorherigen Ereignisse zu erklären als er sie barsch unterbrach. Durch das Zepter was sie noch immer in den Händen hielt war ihre Aussage für ihn genauso wenig glaubwürdig wie die seines alten Freundes. "Das ist jetzt egal, wir werden hier verschwinden. Folge mir.", sagte er und wies sie mit einer Geste zu sich heran.

Sie kamen jedoch nicht weit, denn in der Haupthalle tobte bereits ein Gemetzel das seines gleichen suchte. Mit geweiteten Augen sah Kyren wie duzende von Vampiren sich gegen einige wenige Menschen der feindlichen Gilde zu Wehr setzten. Fast desinteressiert vom Kampfgeschehen marschierte Gerrard mit ihr im Schlepptau einfach durch die kämpfenden Massen und für einen Moment schien es sogar so als ob er damit auch durchkommen konnte. Ein Augenblick der Unaufmerksamkeit sollte der kleinen Elfe zum Verhängnis werden als sich einige Vampire ihrer annahmen und sie aus Gerrards Begleitschutz entrissen. Ihr kurzer Aufschrei verstummte zwar im Kampfgetümmel, reichte aber dennoch um die Aufmerksamkeit ihres Begleiters zu wecken. Erschrocken drehte er sich um und sah sie in den Fängen einiger seiner alten Mitstreiter. Es überraschte ihn nur minder das sich ihm Lezard mit ausgestreckten Armen in den Weg stellte.

"Das Mädchen bleibt hier!", rief er mit ernstem Blick. "Geh mir aus dem Weg!", tönte er grob zurück, doch der Vampirführer wich nicht. "Du wirst doch dieser Göre keinen Glauben schenken? Ich bin es! Lezard! Vertraust du mir etwa weniger als dieser Sterblichen?", erwiderte er ihm mit harter Stimme und gefletschten Zähnen. Gerrard erwiderte seine Worte nicht und verharrte inmitten des Kampfgetümmels vor ihm. Nachdenklich blickte er seinen besten Freund und Lehrmeister in die Augen, doch er fand nicht das was er darin suchte, während Kyren sich zu befreien versuchte.

"Nein! Ieh! Geht weg! Lasst mich looooos!!!", kreischte sie mit dem Zepter um sich schlagend, doch ohne Erfolg. Die Lage schien Hoffnungslos für sie als es plötzlich zu einer unerwarteten Wendung kam. Ihr letzter Ausruf bewirkte wahre Wunder, denn das Zepter in ihren Händen begann auf einmal zu glühen. Ein warmes Kribbeln durchfuhr ihren Körper, bevor es einen gewaltigen Lichtblitz ausstieß, der jeden um sie herum blendete. Noch etwas perplex von dieser Reaktion wusste sie zunächst gar nicht was sie tun sollte, aber die Auswahlmöglichkeiten waren angesichts ihrer Situation auch nicht allzu groß. Gerrard stockte der Atem als er sah mit welcher Macht sie das Zepter füllte und einsetzte, ohne das es ihr bewusst war.

"Was ist das für ein vertrautes Gefühl ... ich ... ich glaube ...", stotterte sie erstaunt und sah auf das Zepter hinab. Verstärkt durch das Artefakt gelang Kyren endlich das von dem sie glaubte es für immer verloren zu haben. Ihre Augen weiteten sich voller Freude, denn sie konnte es kaum erwarten die nächsten Worte auszusprechen. "Magisches Geschoss!", rief sie so laut sie nur konnte, ihren Arm samt Zepter in Richtung ihrer Gegner ausgestreckt. Es trat ein was sie gehofft hatte, denn ihr Zauber funktionierte - und das mit einer beeindruckenden Stärke. "Nein, das kann doch nicht sein!", schrie Lezard fassungslos als seine geblendeten Vampirfreunde von ihrer Magie zerschossen wurden. Auch Gerrard wirkte überrascht, fand sich aber recht schnell wieder als er merkte das nun alle Aufmerksamkeit auf das Mädchen gerichtet war. "Kyren! Versuch ob du einen Nova-Spruch kannst!", rief er ihr zu, was sie leicht aufschrecken ließ. Es wunderte sie, denn es schien nicht nur so, als ob er ihr vertraute, sondern auch so, als ob er auf sie zählte. "Aber ...", wollte sie widersprechen als er ihr in höherer Lautstärke das Wort nahm. "Mach einfach! Du kannst das! Tu es!", schrie er mit eindringlicher Stimme, so dass sie bereit war es einmal zu versuchen. Mit angsterfülltem Blick wendete sich Lezard dem einstigen Barden zu. "Das kannst du nicht machen! Wir werden alle draufgehen, wenn sie das schafft! Bist du denn wahnsinnig?! Warum wendest du dich gegen deine Brüder?!", protestierte er mit zittriger Stimme. "Du bist nicht mein Bruder - du bist nicht wie ich. Du bist ein Lügner.", entgegnete Gerrard mit eiskaltem Blick.

"Sonnenfeuer!!!", schrie Kyren lauthals heraus und legte all ihre Konzentration ins Zepter. Ein gleißend helles Licht durchfuhr den Saal und drang in alle noch so geheimen Gänge der Gruft, bevor eine gewaltige Feuerexplosion das ganze Gewölbe erschütterte. Selbst an der Oberflache waren ihre Auswirkungen noch deutlich zu sehen als die Erde kurz aufbebte.
 

Der Staub im Gewölbe legte sich langsam, und dennoch wagte es Kyren kaum ihre Augen zu öffnen. Als sie es tat erblickte sie ein Meer von gefallenen Untoten um sich herum, allesamt von ihrem Zauber besiegt oder vernichtet. Sie konnte kaum fassen was sie getan hatte und starrte ungläubig auf das Zepter in ihren Händen. Wenn es so mächtig war das es sogar solche Zauber vollenden konnte, dann musste es wirklich das Artefakt sein was sie einst gesucht hatte. "Wow ... das war ein Zauber des fünften Grades ... ich hätte nie gedacht das ich so etwas schaffe.", staunte sie über sich selbst.

Unter den vielen Leibern erhob sich plötzlich eine Gestalt die ihr Gesicht mit seinem Umhang geschützt hatte. Es war Gerrard, der die Explosion recht gut überstanden zu haben schien. Sein Blick fiel auf Kyren, die ihm das Artefakt drohend entgegenhielt. Sein Blick war bösartig, doch lag keine Bosheit in seinem Handeln, so dass sie ihn nicht lange bedrohte. Nahezu freiwillig gab sie ihm das Zepter wieder als er danach griff und sah unsicher zu ihm auf. "Gut gemacht, aber nun wird es Zeit zu gehen.", meinte er und versteckte das Zepter wieder unter seiner Kleidung. Sie wusste nicht was sie von ihm halten sollte, oder was er womöglich vorhatte, aber dennoch war sie gewillt ihm zu folgen und endlich nach draußen zu gelangen. Er hatte sich stets wie ein Freund ihr gegenüber verhalten, obwohl sie keine allzu guten Erinnerungen an ihn hatte. Nie hätte sie gedacht das er sich so ändern würde. Sie fragte sich was wohl mit ihm geschehen war, das ihn so verändert hatte, obwohl sie fühlte das es wohl etwas mit seiner Menschlichkeit zu tun hatte.

Auf ihren Weg nach draußen kamen sie an einen leicht verschütteten Vampir vorbei, der schwer verletzt in einer Ecke lag. Es war Lezard, den die Druckwelle des Zaubers offensichtlich davon geschleudert hatte. "Gerrard ... egal was du tust. Du kannst nicht leugnen was du bist. Für einen Vampir gibt es keine Heilung. Du besudelst die Ehre der Untoten dich mit dieser ... Lebenden einzulassen.", schimpfte er, doch seine Worte entlockten ihm nicht mehr als ein Schmunzeln. "Du hast mal gesagt, ich soll mich amüsieren. Das war damals bevor ich von hier fort ging. Ich habe wirklich viel von dir über das Vampir-sein gelernt. Du warst mein Mentor und mein bester Freund, aber die Zeiten sind vorbei.", erwiderte er und sah nachdenklich auf ihn herab. "Wenn du ein Vampir bist, dann töte die Kleine, nimm ihr Blut und beweis das du einer von uns bist! Das ist deine Bestimmung!", mahnte er ihn eindringlichst, so dass Gerrard etwas in Gedanken verfiel. Er dachte zurück an die damaligen Ereignisse die ihm zum Gehen bewogen. Er erzählte sie leise vor sich hin, wodurch sie auch Kyren mit anhören konnte.

Er erinnerte sich noch gut als er eines Nachts von einem Beutezug zurückkam und sein Zimmer betrat, wo er Teresa halb nackt in einer Blutlache auf dem Boden liegend vorfand. Sie zitterte am ganzen Körper und winselte mit ihren letzten Kräften. Tränen kullerten an ihren Wangen hinab und Bisswunden zierten ihren ganzen Leib. Lezard, der all die Zeit wie ein Vater für ihn war, saß auf seinem Bett und sah ausdruckslos auf das Mädchen herab. Sein Blick fiel auf Gerrard als er das blutende Kind vorfand. Er erhob sich und ging zur Tür, während er ihm fragend verzweifelte Blicke nachwarf. "Ich kam zu spät. Die anderen haben es einfach nicht ausgehalten. Tut mir Leid.", gab er nüchtern von sich, so als ob eigentlich nichts schlimmes passiert wäre. Es schien niemanden zu kümmern was Gerrard fühlte. Das war der Tag an dem er entschloss die Gilde zu verlassen. Lezard, seinen treuen Freund und Meister, gab er damals das Versprechen zurückzukehren, wenn er ihn brauchte, doch niemals würde er vergessen was man ihm und Teresa angetan hatte.

Seine Erinnerung endete und sein Blick fiel strafend auf den Vampirführer hinab. Es bedurfte keine Worte damit der verstand was sein einstige Schützling ihm sagen wollte. "Du ... du hast es herausgefunden, nicht wahr?", fragte Lezard sich vergewissernd. "Ich war so dumm dir all die Jahre zu vertrauen. Wir waren Freunde, aber du hast mich nur betrogen und ausgenutzt.", erwiderte Gerrard mit gesenktem Haupt. "Hehe ... du hättest damals dabei sein sollen. Ihre Stimme war wie Musik in meinen Ohren als ich ihr die Unschuld und ihr Blut nahm. Sieh es doch ein - du kannst nicht verleugnen was du bist, Gerrard! Egal wie nett du zu ihr warst - eines Tages hättest du das gleiche getan. Wir sind Vampire und wir haben einen Blutdurst den wir stillen müssen! Ein Lebender wird nie in unsere Gesellschaft passen!", gab er mit leicht irrer Stimme zurück. Der einstige Barde war enttäuscht und wütend zugleich als er diese Worte hörte. Lezards Motiv, der Blutdurst, konnte und wollte er nie verstehen.

"Bis heute hast du mit einer Lüge gelebt. Sieh dich an, Lezard. Ihr streift durch die Nacht wie wilde Tiere, auf der Suche nach Beute. Weißt du, ein wahrer Vampir hat Eleganz ... Würde und Stolz. Du hattest das nie, bist nur eine verlogene Marionette deiner Instinkte. Ich schätze es ist nicht schlimm, wenn ich diese Welt von dir befreie ... alter Freund.", sagte er schließlich und rammte seine Hand durch das Herz des Anführers. Ein letztes aufstöhnen seines Lehrmeisters zeigte wie tödlich dieser Schlag war, bevor er schließlich leblos zusammensackte. "Du hast dich für etwas besseres gehalten, aber am Ende warst du auch nur eine hirnlose Bestie wie all die anderen.", sagte Gerrard, bevor er schließlich vor dem geschockten Blick der Elfin weiter in Richtung Ausgang ging. Sie folgte ihn nach kurzen zögern, denn was immer sich für ein Drama vor ihren Augen abgespielt hatte, es zeigte das Gerrard noch immer gefährlich war.

Oben angekommen schienen ihr gerade die ersten Sonnenstrahlen der Morgendämmerung am Horizont entgegen. Eine Weile sahen die beiden der aufgehenden Sonne zu, bis er sich schließlich ein paar Schritte entfernte. "Los, hau schon ab, bevor ich es mir noch anders überlege. Wir werden fortan getrennte Wege gehen, also baue nicht darauf das ich dir je wieder helfen werde.", meinte er ohne sich ihr zuzuwenden. Kyren staunte etwas, begann aber kurz darauf zu lächeln. Bisher hatte sie nie einen besonders guten Eindruck von ihm gehabt, doch er hatte ihr bewiesen das selbst die vermeintlich Bösen ihre guten Seiten haben. "Du hast diese Angreifer hier her geführt, nicht wahr?", merkte sie mit ihren letzten Worten an. "Du weißt doch ... ich hatte hier ... noch eine Rechnung zu begleichen.", gab er reuelos von sich und senkte bedächtig den Kopf.

Kyren verschwand schließlich und ließ Gerrard allein zurück. Noch eine ganze Weile stand er da und sah dem Sonnenaufgang entgegen.
 

Als Kyren an diesen Tag zusammen mit Jáin in der Nachmittagssonne weiter in Richtung Thay lief, merkte man ihr kaum an was ihr wiederfahren war. Der junge Drow hatte sie am Stadtbrunnen aufgegabelt und war nun wieder mit ihr unterwegs. Er war froh das sie alles heil überstanden hatte, denn er selbst hätte sie wahrscheinlich nicht gefunden.

Er merkte das sie sich immer wieder an den Handflächen musterte und jedes mal wenn sie dies tat, lächelte sie heimlich in sich hinein. "Ist irgendwas?", fragte er neugierig, worauf sie fröhlich in den Himmel sah. "Nein, es ist nichts.", gab sie gut gelaunt zurück. In Gedanken war sie bei Gerrard, der ihr dank des Zepters ihre magischen Fähigkeiten wieder erwachen ließ. Schon bald, so wusste sie, würde Shane zurückkehren, dem sie ihr großes Abenteuer unbedingt erzählen wollte.

Folge 49: Catgirl Maya

Schwer verletzt fiel ein ganzes duzend selbsternannter Kopfgeldjäger zu Boden als Jáin seine Klinge wieder in seine Schwertscheide steckte. Soeben hatte der stolze Drow sich seiner Angreifer erledigt, die ihm nach dem Leben getrachtet hatten.

"Ich hab so langsam die Nase voll! Jeden Tag laufen uns solche Möchtegernkopfgeldjäger über den Weg! Es lohnt sich ja schon gar nicht mehr die Klinge meines Schwertes zu putzen! So kann es doch nicht weitergehen!", beschwerte er sich und richtete seinen Blick auf Kyren, die dem ganzen mehr oder weniger untätig beigewohnt hatte. "Was schreist du mich so an?! Ich habe das Kopfgeld ja schließlich nicht auf dich ausgesetzt.", meckerte sie zurück. "Ja! Aber ständig muss ich mir von dir anhören lassen: 'Bitte töte sie nicht. Sie wissen nicht das sie für eine ungerechte Sache kämpfen.' Wenn ich sie immer am leben lasse ist es doch klar das sie immer wieder kommen!", erwiderte er sie kurz nachäffend. "Und was sollen wir deiner Meinung nach tun?", gab sie armeverschränkend zurück. "Lass dir gefälligst was einfallen.", meinte er lediglich und wendete sich naserümpfend ab.

Wieder einmal hinterließen die beiden ein recht blutiges Schlachtfeld, doch in den letzten Wochen war es schon fast zur Gewohnheit geworden. Die kampfunfähigen Kopfgeldjäger, die blutend und sich krümmend am Boden lagen, staunten über dieses merkwürdige Duo, das sie einfach liegen ließ und weiterzog.
 

"Wenn es doch wenigstens würdige Gegner wären, aber nein - jeder Dorftrottel der ein Schwert hat greift uns an sobald er uns sieht. Erst war es nur langweilig, nun wird es nervig.", grummelte Jáin noch Stunden nach dem letzten Gefecht. "Tja, die einzige die deinen Kampfkünsten gefährlich werden kann ist wohl diese Sejya, stimmt's?", stichelte Kyren mit entsprechenden Gesichtsausdruck. "Sollte das jetzt ein Kompliment sein, Waldelfe?", gab er grimmig, leicht zur Seite schielend, zurück. "Vielleicht ...", erwiderte sie in sich hineingrinsend und legte die Hände an ihren Hinterkopf.

An einem kleinen See legte man eine kurze Pause ein, um neues Trinkwasser mittels eines Reinigungszaubers zu gewinnen und sich ein wenig zu erfrischen. Nachdenklich saß Kyren auf einem abgetrennten Baumstamm und starrte ziellos in den weiten blauen Himmel hinauf. Das bersten eines Astes hinter ihr erregte jedoch ihre Aufmerksamkeit so dass sie sich leicht erschrocken umdrehte. "Shane?", fragte sie unsicher, da sie zunächst nicht erkannte wer da auf sie zuschritt. "Nein, ich bin's nur.", tönte es von Jáin zurück. Etwas enttäuscht sank ihr Kopf in Richtung Knie, denn sie wurde wieder einmal schmerzlichst daran erinnert das ihr jemand fehlte. "Du vermisst ihn wohl ziemlich, was?", fragte er nach und stellte sich neben sie, doch sie antwortete nicht, sondern lenkte ihren Kopf ein wenig zur Seite ab. In letzter Zeit waren ihre Gedanken oft um ihn gekreist, seit er mit seinem Sondertraining angefangen hatte. Sie hoffte jeden Tag das er zurückkehren würde, aber bisher vergebens. Zwar hatte sie sich inzwischen besser an die Gesellschaft des Dunkelelfen gewöhnen, aber die des Halbelfen wäre ihr lieber gewesen.

"Los, komm. Nicht weit von hier ist eine Lichtung, wo eine Schänke für Reisende steht. Wir sollten dort etwas essen gehen.", meinte Jáin schließlich und zog sich seine Kapuzenmaskierung über, die nur den Bereich um seinen Augenbereich unbedeckt ließ. Es war stets von Nöten dies zu tun, denn wenn man ihn als Drow entlarvte konnte das zu ungewollten Missverständnissen führen. Seufzend erhob sich die kleine Elfe und schloss sich seinen Weg zur Taverne an.
 

Dort angekommen nahm man einen Tisch an einer Fensterbank, nicht nur um nach draußen sehen zu können, sondern auch um notfalls schnell flüchten zu können. Die Sonne schien zudem angenehm warm durch das leicht verzierte Glas, was ein wohltuendes Prickeln auf der Haut hinterließ. Die Schänke erwies sich als ziemlich sauber und gut geführt. Im Gegensatz zu denen in den Städten wirkte diese nicht versifft oder gar so als ob es dort nächtlich zu Schlägerein kommen würde. Sie waren nicht die einzigen Gäste in diesen Lokal, das für diese Zeit schon recht gut mit Reisenden gefüllt war.

Ungeduldig tippelte Kyren mit dem Fingern auf den Tisch herum, denn die Bestellung die man gemacht hatte ließ auf sich warten. "Warum dauert das so lange? Ich glaube du hättest die Bedienung besser doch nicht anbaggern sollen.", jammerte sie leise, was er aber nicht weiter zur Kenntnis nahm. Selbst zwei leicht vermummte Gestalten, die etwas später gekommen waren und am Tresen platz genommen hatten, hatten schon ihre Mahlzeit, bevor die Bedienung auch endlich zu Kyren und Jáin kam. Vom Hunger geplagt sollte letzterer jedoch einen Fehler begehen, der den beiden die lang ersehnte Mahlzeit verderben sollte. Um zu essen war er gezwungen das Tuch um sein Gesicht nieder zu legen, was ihm als Maskierung diente, damit niemand seine Rassenzugehörigkeit erkennen konnte. Er wartete nicht bis die Bedienung auf Distanz war, so dass sie sah das er Drow war. Sie reagierte erwartungsgemäß so wie viele Menschen es taten, wenn sie einen seiner Art zu Gesicht bekamen. Mit einen lauten Aufschrei der Frau war seine Tarnung dahin und alle Blicke der Anwesenden auf ihn gerichtet. "Ein Dunkelelf! Herrje!", rief der Wirt eingeschüchtert und schlug die Hände über den Kopf zusammen, bevor er hinter dem Tresen in Deckung ging.

"Äh, schon gut ... ich tu euch nichts ... ich will einfach nur was essen.", versuchte Jáin die Situation vergebens zu entspannen. Es kam sogar noch schlimmer als ein Gast stutzig wurde und sein Gesicht genauer musterte. "Hey, das Gesicht kenne ich doch. Das ist doch der auf dem das hohe Kopfgeld ausgesetzt ist.", meinte er und deutete mehrfach auf ihn. "Ja genau! Und neben ihm sitzt das Mädchen - das will man lebendig!", stimmte ein anderer Gast zu und zückte sein Schwert. "Na vielen Dank, Jáin. Jetzt hast du uns das Essen verbockt.", meckerte Kyren und stopfte noch schnell ein paar Kartoffeln in ihren Mund, während die aufgebrachten Gäste sich ihnen bereits näherten. "Nicht schon wieder ... das ist heute schon das zweite mal.", seufzte er, sich an den Schläfen reibend, wohlwissend das ihn schon wieder ein Kampf bevorstand.

Die Lage bekam jedoch eine ungeahnte Wendung als sie jemand vom Tresen zu Wort meldete. "Hey, einen Moment! Ihr wollt doch nicht etwa das schöne Lokal durch eine Schlägerei und Blut verwüsten? Außerdem gehört es sich nicht eine junge Dame beim Essen zu stören.", rief einer der umhüllten Gestalten und stoppte somit die Menge, die sich verwundert zu ihm umdrehte. Die Worte stammten von den kleineren der beiden letzten Neuankömmlinge, der genau wie sein riesiger Gefährte eine Art Wüstentracht trug, die ihren Körper umhüllten und fast ihr ganzes Gesicht verdeckten. Während er einen Zweihänderschwert mit sich trug, wirkte sein Kamerad auch ohne Waffe recht stark.

"Was geht dich das an? Wir sind arm und brauchen das Geld, also halt dich da raus wenn du uns nicht helfen willst.", fauchte einer der Gäste schroff zurück. "Ahm ... Nex - würdest du dich bitte um diese Leute kümmern? Und vergiss nicht sie am Leben zu lassen. Ich denke einige von ihnen haben Familie.", tönte die fremde Gestalt leicht arrogant zurück und wies seinen großen Begleiter auf die Leute hin. "Jawohl, Meister.", gab dieser mit blecherner Stimme zurück und schritt auf sie zu. "Ach, und sei so nett und versuch nichts kaputt zu machen.", fügte die Gestalt am Tresen hinzu und lehnte sich entspannt zurück.

Kyrens Augen weiteten sich, denn mit jedem Wort was der junge Mann dort sprach, keimte in ihr die Hoffnung auf das endlich der Tag gekommen war, an dem Shane wieder zurück wäre.

"Das soll wohl ein Witz sein! Du bist zwar groß, aber wir sind in der Überzahl!", tönte es aus der Menge zurück, während sich die Bedienungen in Sicherheit brachten.

Die Angriffe der Leute endeten in einem Desaster, denn der große Fremde machte jeden von ihnen mit einen einzigen Schlag kampfunfähig. Den wenigen denen es gelang einen Treffer zu landen verzweifelten selbst dann noch, denn ihr Gegner schien unter seiner Kutte äußerst gut gepanzert zu sein. Keine zehn Sekunden dauerte der Kampf und ließ den großen Fremden als Sieger hervorgehen, womit das Angriffsgebrüll verstummte.

"Und nun iss, Kyren - lass es dir schmecken.", meinte sein Mitstreiter vom Tresen in die Richtung der Elfe. Für einen Moment lang war sie wie erstarrt und ließ sogar die Gabel fallen. Fortan hielt sich nichts mehr auf ihrem Platz, denn nun war sie sich sicher wer der Fremde war. Freudig sprang sie auf und rannte auf ihn zu, denn sie hatte seine Stimme schon längst erkannt, noch bevor er sich seiner Umhüllung entledigte. "Shane! Du bist es!", rief sie überglücklich, hielt aber plötzlich vor ihm inne. Sie wollte ihn umarmen so sehr freute sie sich ihn wieder zu sehen, aber ihre Unsicherheit und Schüchternheit machte ihr einen Strich durch die Rechnung, so dass sie verwegen vor ihm verharrte. "Ich ... ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Du bist endlich wieder da!", gab sie ganz aufgeregt von sich, während Jáin sich ebenfalls zu ihm gesellte. "Du warst ganz schön lange weg. Hoffentlich hat es was gebracht.", meinte er leicht scherzend. "Ja, ich habe viel gelernt. Und wie ich sehe hast du deine magischen Kräfte wieder zurück erlangt, Kyren.", erwiderte er schmunzelnd, worauf sie etwas verwundert zurückschrak. "Woher weißt du ...", fragte sie überrascht. "Ich kann Magieströme spüren, erst recht wenn ein fähiger Magier direkt vor mir steht.", erklärte er breit grinsend, mit entsprechender Geste.
 

Nach vielen Tagen war Shane endlich wieder zurückgekehrt und obwohl er etwas gestählt wirkte, hatte er sich nicht wirklich verändert. Während man gemeinsam in Richtung Ormath weiterzog erzählten ihm Kyren und Jáin von ihren Abenteuern und Erlebnissen, denen er gespannt lauschte. Es fiel kaum auf das sie mit Nex, der Mumie die der tote Gott Bhaal vor langer Zeit als Lehrmeister für seine Wiedergeburt erschaffen hatte, einen weiteren Begleiter in ihren Reihen hatten. Nach wie vor würde er jeden Befehl von Shane ausführen, da er der einzig verbliebene Nachkomme Bhaals in ganz Faerûn war und noch dessen Essenz in seinem Blut trug.

"Ihr meint also die Angriffe nehmen zu? Jeder will die Belohnung für unsere Köpfe?", fragte der junge Halbelf noch einmal nach als seine beiden Gefährten fertig erzählt hatten. "Ja, und wir können gar nichts dagegen tun. Wir bräuchten Masken oder so etwas damit wir endlich mal wieder in eine Stadt gehen könnten. Wie sollen wir sonst durch Ormath kommen?", bestätigte Jáin nickend. "Ha, wie wäre es mit einer Illusion?", meinte Shane daraufhin sich mit der Faust auf die Hand schlagend.

"Eine Illusion?", fragte Kyren unsicher nach. "Ja genau. Wir legen eine Illusion über unsere Körper die uns anders aussehen lässt.", erklärte er noch einmal seine Idee. "Ja gut ... aber ich beherrsche keinen solchen Zauber und Jáin ...", erwiderte sie, der ihr sogleich das Wort nahm. "... und ich erst recht nicht.", ergänzte er nüchtern. "Aber Nex hier schon.", merkte Shane an und deutete auf seinen eisernen Gefährten. "Ah, du meinst dein Schoßhund könnte dazu in der Lage sein?", stichelte der Dunkelelf, zweifelnd zu ihn herüberschielend. "Ja sicher! Passt auf. Nex - würdest du bitte eine Illusion über unsere Körper legen die uns anders aussehen lässt?", entgegnete er selbstbewusst und wies seinen Diener zum Zaubern an. "Ganz wie Ihr wünscht.", tönte es untertänigst zurück.

Man legte einen kleinen Stopp ein und wartete gespannt ob alles klappen würde. Es dauerte nur einen Augenblick und Nex bildete vier grünlich leuchtende Kugeln in seinen Händen, die er in den Himmel warf. Fast so als kannten diese ihr Ziel, fielen sie auf die jungen Abenteurer hinab. Mit ihrem Auftreffen legte sich ein Schleier um sie, der ihnen langsam aber sicher ein anderes Aussehen und sogar eine andere Tracht verpasste. Nach nur wenigen Sekunden war der Zauber bereits abgeschlossen und so manch einer erkannte sich selbst nicht wieder. Stutzend, mit geweiteten Augen betrachtete man sich und tastete seinen Körper ab. "Bist du das Jáin? Shane?", fragte Kyren ungläubig zwischen ihren Mitstreitern hin und her schauend, was die beiden leicht konfus benickten. "Wah, das darf doch nicht wahr sein! Diese Klamotten sind ja total veraltet. So liefen die Leute vor 100 Jahren rum. Wir sehen aus wie eine Bande von Barden.", meckerte Jáin schockiert über sein Aussehen. "Hättest du nicht etwas moderne Kleidung zaubern können?", fragte der junge Halbelf und blickte zu Nex auf, der nun wie eine Art Gladiator aussah. "Es tut mir Leid, Meister, aber ich wurde in einer Zeit erschaffen wo Eure Tracht in Adelshäusern üblich war.", gab er leicht verschwitzt zur Antwort. "Kannst du das denn nicht wieder rückgängig machen? Wir fallen so doch total auf.", meinte Shane sich an den Kleidern zupfend. "Nein, aber der Zauber hält nur 1 bis 2 Tage, wenn es Euch beruhigt.", erklärte er, worauf die drei enttäuscht und synchron ihren Kopf senkten.
 

Dennoch ließ man sich die Laune nicht verderben und wanderte weiter durch das Land. Das Wetter war gut und die Sonne strahlte eine angenehme Wärme aus, während man entlang einer idyllischen Gegend wanderte. Ein klarer Fluss strömte links ihres Weges entlang und rundete die Schönheit der sehr ländlichen Gegend ab.

Kyren war gerade ein wenig in Gedanken versunken als sie einen Hilfeschrei aus der Ferne vernahm. "Was war das?", fragte sie leicht erschrocken. "Klang wie der Hilfeschrei eines Mädchens.", meinte Jáin prompt. "Wir sollten besser mal nachsehen.", fügte Shane an.

Man sollte recht behalten, denn als man dem Hilferuf folgte, entdeckte man ein kleines Mädchen die in die Strömung des Flusses geraten war. Sie konnte offenbar nicht schwimmen, denn sie hielt sich verzweifelt an einem, aus dem Wasser herausragenden, Felsen fest, doch sie verließen die Kräfte und der Halt am glitschigen Gestein schwand immer mehr. Kyren zögerte kaum eine Sekunde und beschwörte mittels eines Zaubers ein Seil herbei dessen eines Ende sie Shane in die Hände warf und das andere um ihre Hüften band. "Hier! Nehmt das und haltet es fest. Ich werde sie retten.", sagte sie aufgeregt und sprang ins Wasser. "Warte doch! Soll nicht lieber einer von uns ...", wollte Shane ihr noch widersprechen, doch da hatte sie sich schon ins Wasser gestürzt. Es verwunderte ihn etwas das sie so forsch handelte, aber seit dem sie ihre magischen Fähigkeiten wieder erlangt hatte strotzte sie nur so vor Tatendrang und Selbstbewusstsein. Obwohl es anstrengend war in voller Kleidung zu schwimmen, gelang ihr es das Mädchen zu erreichen, während ihre Gefährten sie am Ufer mit dem Seil absicherten.

"Ich hab dich. Halt dich fest.", gab Kyren keuchend von sich und legte den Arm des Mädchens um sich. Nach einem kurzen Winksignal zogen sie ihre Freunde schließlich wieder zum Ufer zurück, womit die Rettung geglückt war.
 

Erschöpft, auf den Knien sitzend rang Kyren nach Luft und spuckte ein wenig Wasser aus. Es dauerte einen Augenblick bis sie wieder bei Kräften war und sich vom Seil befreite.

"Danke das du mich gerettet hast.", tönte es auf einmal eine piepsige Stimme hinter ihr hervor, worauf man sich zu dem Mädchen umdrehte, das man soeben gerettet hatte. Ein kleiner Schock durchfuhr die junge Heldentruppe als man die Gerettete genauer musterte.

"Ein Catgirl!!!", riefen die drei erstaunt. Lediglich Nex blieb unbeeindruckt und nahm dies wie die meisten Taten seines Meisters kommentarlos hin. Mit ratlosen Blick musterte man das kleine Mädchen mit den Katzenohren, dem Schwanz und der Stupsnase. Diese Kreaturen waren äußerst selten und nicht mal eine Rasse im eigentlichen Sinne. "Ich habe schon von solchen ... Kreaturen gehört, hätte aber nie gedacht mal eines zu sehen. Meistens sind sie Opfer von Werttigern, die sie zum Beispiel durch einen Biss mit einem seltenen Virus infizieren. Heraus kommen solche leichten Mutationen bei den Opfern. Erstaunlich, bis auf ihre Ohren, ihren zierlichen Gesichtsbau und einem Schwanz wirkt sie im Nachhinein noch sehr menschlich.", erklärte Shane fasziniert, der schon kurz darauf einen weiteren Beweis für ihre Abstammung sah. Das Mädchen schien nämlich nicht viel von seiner Erklärung zu halten und leckte reinlichst ihre Hände sauber. "Na ja, auch wenn sie gelegentlich Verhaltensweisen von Katzen zu Tage legen, sie sind immer noch mehr Mensch als Katze. Soweit ich weiß sind sie zumeist freundliche und anhängliche Kreaturen, denen keiner etwas zu leide tut. Ich frage mich wie sie in den Fluss gekommen ist.", fuhr er fort, während sich das Mädchen putzte.

"Was ist denn passiert? Wie bist du in den Fluss gefallen?", fragte Kyren leicht verwundert nach und gesellte sich zu ihr. "Warst ... warst du es der mich gerettet hat?", fragte es ihr mit glänzenden Augen, obwohl dies keine Antwort auf ihre Frage war. "Oh, na ja, ich glaube schon.", antwortete sie leicht verlegen. "Oh, vielen, vielen Dank!", gab es überglücklich zurück und schmiegte sich an junge Elfin, die nicht recht wusste was sie von dieser Reaktion halten sollte. "Ich heiße Maya. Darf ich auch deinen Namen erfahren?", meinte das Mädchen daraufhin und ließ wieder von ihr ab. "Ich heiße Kyren.", erwiderte sie noch immer etwas verwundert über ihr zutrauliches Verhalten. "Kyren? Ein merkwürdiger Name für einen Jungen.", meinte Maya leicht irritiert schauend, so dass Kyren leicht geknickt in sich zusammenfuhr. Jáin hingegen kringelte sich im Hintergrund vor lachen.

"Bwuhaha, sie hält dich echt für einen Jungen. Ich pack's nicht!", tönte er lachend hervor, was Kyren sichtlich verstimmte und ihm einige böse Blicke einbrachte.

"Na ja, genau betrachtet muss man schon zugeben das dich die Illusion um deinen Körper doch recht burschenhaft wirken lässt.", stimmte auch Shane schwitzend zu. Ihre Demütigung schien perfekt als sich Maya erneut um sie schlang und sie dankbar liebkoste.

"Hör mal ... ich bin ein Mädchen!", versuchte sie ihr verzweifelt das Missverständnis beizubringen. "Ich glaube dem Catgirl ist es ziemlich egal ob du männlich oder weiblich bist.", erklärte Jáin grinsend, obwohl er das eher sagte um sie zu ärgern als das er sich sicher war das dies Tatsachen entsprach. Wieder fuhr ihm die kleine Elfe mit einem bösen Blick an, so dass er endlich Ruhe gab, und wendete sich wieder Maya zu. "Aber sag doch mal wie du in den Fluss gekommen bist? Was ist passiert?", fragte sie nach und drückte das Katzenmädchen wieder etwas von sich weg. "Da war so ein Mädchen ... mit grellblonden Haar. Sie lief hier am Ufer entlang und ... sie interessierte mich. Sie blickte so finster drein und ich wollte sie trösten, aber als ich sie ansprach wurde sie ganz zornig und meinte ich solle verschwinden. Wenn nicht, würde sie mich in den Fluss werfen, drohte sie. Als ich sie fragte was ich ihr getan hätte griff sie mich mit einem Arm am Kopf und warf mich ins Wasser.", erklärte sie. "Wah! Wie unverantwortlich! Wie kann man nur so etwas gemeines tun?!", ärgerte sich Kyren über die Person von der das Mädchen sprach. "Kannst du uns sagen wohin diese ... Person hingegangen ist?", fragte Jáin interessiert nach. "Aber ja! Ich glaube sie wollte in mein Dorf.", antwortete sie ihm und deutete in die Richtung in der das blonde Mädchen gegangen war. "Sag mal Jáin, was dieses fremde Mädchen angeht ... denkst du das gleiche wie ich?", fragte Shane nachdenklich. "Sejya ...", erwiderte sein Gefährte mit kalten Blick und obwohl es nur ein Name war, sagte er mehr aus als ein ganzer Satz.
 

Es dauerte nicht lange und man traf im Dorf ein. Es war nicht besonders groß, verfügte aber dennoch über eine Kirche und eine Schänke, in der Reisende eine Unterkunft fanden. Es waren kaum Menschen auf den Wegen, was sicher auch daran lag das die meisten zur Feldarbeit ausgezogen waren.

Ihre Vermutung Sejya betreffend schien sich zu bewahrheiten, denn tatsächlich entdeckte man die Kopfgeldjägerin am anderen Ende des Dorfes, wie sie mitten auf dem Weg stand und auf etwas wartete. Sie bemerkte die vier Reisenden mit dem Katzenmädchen als Anhängsel zunächst nicht, da sie in ihrer Laufrichtung voraus stand. Die Gruppe hielt an als sie sich zu ihnen umdrehte und sie mit finsterem Blick musterte. Kyren schluckte tief, denn sie war sich nicht sicher ob sie in der Lage war ihr Illusionäres Äußeres zu durchschauen. Man wartete einige Augenblicke ab, aber es schien so als ob sie sie nicht erkannte. Sejya war schon dabei sich wieder abzuwenden als Maya plötzlich aufschrie. "Da, das ist das Mädchen was mich in den Fluss geworfen hat!", tönte sie lauthals hervor und deutete strafend in ihre Richtung, worauf sich die Kopfgeldjägerin wieder zu ihnen umdrehte. Nicht nur das Catgirl bekam es schnell mit der Angst zu tun und versteckte sich hinter Kyren. "Verdammt, wieso hat sie nicht ihre Klappe gehalten?!", ärgerte sich Jáin heimlich.

"He, ihr komischen Kauze! Wenn ihr etwas von mir wollt, sagt es lieber gleich. Ich habe keine Lust unnötig meine Zeit mit euch zu verschwenden.", rief ihnen die Kopfgeldjägerin mürrisch entgegen und legte einen strafenden Blick auf Maya. "Hehe, nein, wir wollen gar nichts von dir ... äh ... Euch. Entschuldigt uns.", wank Kyren schwitzend ab und trat, wie auch ihre Gefährten, die Flucht nach hinten an.

Zur Lagebesprechung verschlug es die Abenteurergruppe zunächst in die örtliche Schänke, wo man sich zusammen an einen Tisch setzte und die Lage beriet. "Sie scheint uns nicht erkannt zu haben, aber so wie es aussieht wartet sie auf uns. Was machen wir nun mit ihr?", meinte Kyren und sah in die Runde zu der sich auch Maya gesellt hatte, die nicht mehr von ihrer Seite wich. "Na ja, wir könnten sie einfach stehen lassen und aus dem Dorf verschwinden.", warf Jáin konsequent ein. "Wir können schlecht mit ihr reden. Sie würde mich sofort angreifen, ohne das ich ihr erklären kann das sie ausgenutzt wird. Also bleibt uns wohl nichts anderes übrig.", stimmte Shane nickend zu, bevor das Katzenmädchen auf einmal einen Einwand vorbrachte. "Es tut mir Leid euch das sagen zu müssen, liebe Freunde, aber ihr werdet heute nicht mehr von hier wegkönnen.", sagte sie, worauf sich alle Blicke auf sie richteten. "Wieso das denn?", fragte Kyren erstaunt. "Na ja, hinter unserem Dorf ist derzeit ein magischer Schild aufgebaut, den ihr besser nicht passieren solltet.", gab sie Däumchendrehend von sich und senkte beschämt ihren Kopf. "Was für eine Schild?!", wollte Jáin wissen und beugte sich etwas vor. "Unser Dorf wurde in den letzten Tagen immer wieder aus dieser Richtung angegriffen. Nur auf jene die eine gewisse Zeit im Dorf verweilen legt sich automatisch ein Zauber damit diese die Barriere durchschreiten können. Wenn ihr das Dorf vorher verlasst und die Barriere durchquert erkennt sie euch als Angreifer und wird euch nicht passieren lassen.", erklärte sie die Situation. "Na großartig! Wer ist denn auf die Idee gekommen?!", fauchte der Halb-Drow säuerlich und schlug auf den Tisch. "Der örtliche Priester. Er ist schon ziemlich alt und meinte es ja nur gut. Er wollte nur unser Dorf schützen. Sein Zauber steht nun schon eine Woche da und schneidet uns die Zufuhr aus Ormath ab, aber er sagt das sich die Barriere sicher bald auflösen wird.", antwortete sie. "Und wie lange müssten wir im Dorf bleiben, bis uns die Barriere durchlässt?", fragte Shane nach. "Nun, ich schätze 24 Stunden müssten reichen.", erwiderte sie leicht schwitzend. "Ah! Und wie lange dauert es wahrscheinlich noch bis die Barriere von sich aus zusammenbricht?", hakte Kyren nervös nach. "Hm ... ich denke zwischen 20 und 30 Stunden.", gab sie an den Fingern abzählend zurück, worauf es alle bis auf Nex von den Stühlen riss. "Das ist das ja alles Jacke wie Hose!", ärgerte sich der Dunkelelf und nahm wie auch die anderen wieder platz. "Vielleicht gibt es ja einen Zauber um die Barriere zu zerstören.", schlug Shane plötzlich vor, aber selbst diese Hoffnung machte das Catgirl schnell zunichte. Voller Panik schrak sie auf und wedelte wie wild mit dem Händen herum. "Nein! Das dürft ihr auf keinen Fall machen! Die Konsequenzen sind nicht berechenbar. Es könnte passieren das dies zu einer gewaltigen Explosion führt die alles im Umkreis von 5 Meilen zerstört!", protestierte sie aufgeregt.

"Es tut mir Leid. Wir im Dorf haben das alles schon durchgekaut. Man muss leider warten.", entschuldigte sich Maya für die Umstände. "Deshalb kann Sejya wohl auch nicht weiter.", meinte Shane sich nachdenklich am Kinn reibend. "Und was machen wir nun?", fragte Jáin sich die Haare raufend. "Uns bleibt wohl nichts anderes übrig als hier zu warten. Wenn wir einen Umweg nehmen, machen wir keine Zeit gut. Ich denke wir bleiben den Rest des Tages hier.", erwiderte er seufzend. "Ja genau! Ist ja alles halb so wild. Wir sitzen hier ja nur zusammen mit einer Wahnsinnigen in einem Dorf fest, was soll's.", moserte sein einst dunkelhäutiger Gefährte zynisch, der sich grummelnd vom Tisch abwand.

Den Rest des Tages verbrachte man beim gemeinsamen Kartenspiel und kleineren Gesprächen, bevor man sich auf seine Zimmer für die Nacht zurück zog. Kyren ahnte nicht das sie am nächsten Morgen ein böses erwachen haben sollte.
 

"Guten Morgen, Liebster.", flüsterte ihr jemand am Morgen des nächsten Tages liebevoll ins Ohr, so dass sie schlagartig erwachte. Als sie sich zur Seite drehte erblickte sie Maya, die bereits an ihrem Bett saß. Die Augen der Elfin weiteten sich, gefolgt von einem lauten Schrei durch dessen Lautstärke auch der Rest der Schänkengäste förmlich aus den Bett geworfen wurden. Auch Shane, den es ebenfalls mitsamt seiner Decke aus dem Bett gerissen hatte, lag nun völlig perplex am Boden und sah sich Schlaftrunken um. "Was is'? Haben wir Krieg?", murmelte er mit müden Blick. Er erschrak ein wenig als er vor sich eine große Gestalt wahrnahm, die ihm mit metallischer Stimme antwortete. "Ich denke der Schrei kam von Eurer Gefährtin, Meister.", erklärte sein Diener, der die ganze Nacht in seinen Zimmer verbracht hatte. "Ach du bist es nur, Nex.", gab er erleichtert von sich.

Erst am Frühstückstisch, wo man sich bald darauf versammelte, gab Maya eine Erklärung für den Aufstand ab. "Es tut mir ja Leid. Ich wollte ihn ja nicht erschrecken.", entschuldigte sie sich mit traurigen Blick, worauf sich Shane leicht mit seitlich vorgehaltener Hand zu seiner Gefährtin herüberbeugte. "Hast du ihr immer noch nicht beigebracht das du ein Mädchen bist?", stichelte er mit entsprechenden Blick. Sie antwortete jedoch zunächst nicht und aß grummelnd ihr Müsli weiter. "Ich kann doch nichts dafür! Sie hängt wie eine Klette an mir!", jammerte sie und nahm gefrustet einen Leib Brot zu sich. "Sei nicht mehr böse. Ich mag dich halt.", meinte Maya mit freundlicher Stimme und gab ihr spontan einen Kuss auf die Wange. Das Szenario erfror förmlich und Kyren fiel vor Schreck das Brot aus der Hand. Shanes Augen weiteten sich fassungslos, während die junge Elfin vor Verlegenheit knallrot anlief. Jáin hingegen konnte sich sein schadendenfrohes Gelächter kaum verkneifen als er das sah. "Hey, hey, hey, Kyren. Du bist ja eine richtige Aufreißerin.", scherzte er breit grinsend, bekam dafür aber ihre Müslischüssel mitten ins Gesicht gedonnert, die ihm glatt vom Stuhl riss. "Sei ja ruhig!", fauchte sie mit geröteten Gesicht und drohender Faust. Maya hingegen verstand nicht was sie denn dieses mal wieder falsch gemacht hatte.
 

Als man die Schänke bald darauf mit gefüllten Mägen verließ, strahlte ihnen bereits die warme Morgensonne entgegen. Zwar waren die 24 Stunden noch nicht um, aber den Rest der Zeit wollte man nicht in den Lokal verbringen. "Ich schlage vor wir warten den Rest der Zeit vor der Barriere ab.", meinte Shane und prüfte noch einmal ob sein Zweihänder richtig befestigt war. Kyren fiel auf das Maya ihr immer noch folgte. "Hör mal, es war ganz schön in deinem Dorf, aber wir müssen nun bald weiter. Es wird Zeit sich zu verabschieden.", meinte sie mit einem gutmütigen Blick. "Heißt das du willst nicht hier bei mir bleiben?", fragte sie mit traurigen Kulleraugen zurück. "Ich kann nicht. Ich muss weiter ziehen ... ganz weit weg in das ferne Thay.", versuchte sie sie zu beruhigen. "Kann ich dann nicht mit dir gehen?", wollte sie wissen und setzte all ihr Hoffnung auf eine positive Antwort. "Weißt du ...", erwidere das Elfenkind vorsichtig, sich am Hinterkopf kratzend, bevor ihre Antwort verstummte. Sie wusste nicht was sie sagen wollte, denn Maya war eigentlich ein liebes Kind dessen Gefühle sie nicht verletzten wollte. Wortlos verharrte sie vor dem kleinen Catgirl, dessen Blick immer mehr auf eine Antwort wartete, bis sie schließlich auch Shane drängte. "Los, komm schon.", rief er ihr zu, denn ihre Gefährten waren schon etwas vorausgegangen. "Ja, ich komme gleich, Shane!", entgegnete sie ihm.

Es lief ihr eiskalt den Rücken herunter als sie daraufhin plötzlich eine vertraute Stimme vernahm. Nie hätte sie gedacht einen solch harmlosen Satz einmal so bitter zu bereuen. "Shane?!", tönte eine kalte Stimme fragend hinter ihr hervor. Vergeblich hielt sich Kyren den Mund zu und auch ihre Freunde stockte der Atem als sie sahen wer gerade in diesem Moment aus dem Lokal getreten war und sie nun mit zweifelhaften Blicken musterte. "Verdammt ... es ist Sejya ... sie hat es gehört.", rügte sich Kyren selbst und versuchte sich heimlich ein paar Schritt von ihr zu entfernen, während Maya ungläubig zwischen den beiden Parteien hin und her sah. "Das hat uns gerade noch gefehlt.", meinte Shane zähneknirschend und ballte seine Hand. "Nicht so schnell!", rief Sejya mit drohenden Unterton in Richtung des getarnten Elfenmädchens. "O-kay.", gab sie zurück und verlangsamte ihren Gang. "Ich meinte eigentlich das du ganz stehen bleiben sollst!", ergänzte Sejya erbost, was sie dann auch tat. "Und ihr bleibt gefälligst da wo ihr seid!", fauchte sie ihren Gefährten zu und holte eine Schriftrolle unter ihrer Weste hervor. "Das haben wir gleich - Magie bannen!", rief sie und beschwor einen Zauber der in das Pergament eingeprägt war. Eine grünlich leuchtendes Licht strahlte der jungen Abenteurergruppe entgegen und riss ihnen förmlich ihr illusionäres Aussehen vom Leib. Alles was ihnen blieb, war sich abzuwenden um nicht zu sehr geblendet zu werden.

Sie waren enttarnt als das Licht nachließ und sie ihr wahres Äußeres wieder zum Vorschein gekommen war. Maya dagegen verstand nun gar nichts mehr als sie Kyren betrachtete. "Äh, tja ... siehst du Maya, ich bin ein Mädchen, genau wie du .", gab Kyren schwitzend von sich, während sie sich wieder weiter rückwärts in Richtung Shane und den anderen schlich, doch Mayas Augen strotzten nur so vor Konfusität. "Aber dein Busen ... warum ist er so klein?", fragte das Katzenmädchen erstaunt und deutete auf sie, womit es sie glatt zu Boden riss. "Weil ich erst 13 bin, klar!", fauchte sie leicht errötet zurück.

"Schluss jetzt mit dem Gelaber. Verschwinde Katzenmädchen! Du hast hier nichts verloren!", brüllte Sejya säuerlich dazwischen und stieß das Catgirl beiseite. "Habt Ihr geglaubt ihr könntet mir so leicht entkommen?! Jetzt werde ich endlich meine Rache bekommen! Heute ist es soweit! Ich habe bis zum äußersten trainiert nur um dich endlich fertig machen zu können!", schrie sie voller Hass in Richtung Shane und deutete strafend auf ihn. Plötzlich trat Nex aus den Reihen ihrer Gegner hervor und entledigte sich seines Umhanges, so dass seine Ganzkörperrüstung samt Schakalkopf zum Vorschein kam. "Wenn ihr ein Feind meines Meisters seid, dann muss ich euch töten.", sagte er und begann ohne Befehl anzugreifen. "Wer bist du denn?", rief Sejya verwundert über den ihr unbekannten Gegner. Ungeachtet dessen zögerte die Mumie nicht lange, nahm seine Lanze zu Hilfe und schlug damit mit aller Kraft auf das junge Mädchen ein. "Er wird sie zerlegen!", schrie Jáin besorgt, doch Nexs erster Schlag verfehlte sein Ziel und hinterließ ihn in einer gewaltigen Staubwolke.

Als die Staubwolke sich verzogen hatte war die stolze Kopfgeldjägerin verschwunden, so dass man sich nicht sicher war was aus ihr geworden war. "Hat ... er sie erwischt?", fragte Kyren vorsichtig, doch die angespannten Mienen ihrer Mitstreiter verhießen nichts gutes.

"Verschwinde!", tönte es auf einmal von oben aus der Luft aus der Sejya hinabstürzte. Der gewaltige Sprung in die Luft, der sie eben noch gerettet hatte, wurde nun zum Angriff umfunktioniert, doch Nex reagierte schnell und machte sich für einen Block mit seinen Armen bereit.

Das Szenario erstarrte in Unglaublichkeit als sie zum Schlag ausholte und die Abwehr der Mumie durchbrach, Nex sogar mit diesem einen Schlag zweiteilte. Blankes entsetzten machte die Runde, denn sie hatte soeben ein überaus mächtiges Wesen mit einem Schlag besiegt und vernichtet, das samt Rüstung zu Staub zerfiel. "Nex!", rief Shane besorgt, aber für ihn kam jede Hilfe zu spät.

"Ich habe keine Zeit mich solch armseligen Kreaturen wie dir zu messen!", meinte Sejya nachträglich und richtete sich wieder aus ihrer hockenden Haltung auf. "Sie ... sie hat ihn einfach so besiegt. Unglaublich!", stotterte Jáin geschockt. "Das sieht gar nicht gut aus.", ergänzte Kyren ängstlich mit den Kopf schüttelnd und wich weiter zurück.

"Ich muss sie irgendwie aufhalten.", rief ihr dunkelhäutiger Gefährte auf einmal und machte sich daran ihr entgegen zu treten. "Nein! Sie will nur mich! Du bist ihr relativ egal. Ich werde gehen.", widersprach Shane und stoppte ihn mit einer Armbewegung. "Aber Shane! Wenn sie stärker als Nex ist, wie willst du sie dann besiegen?", rief das Elfenkind ängstlich als er sich ihr zu nähern begann, doch sie erhielt keine Antwort.

"Ja, lass es uns endlich zu Ende bringen.", lechzte Sejya schon und machte sich kampfbereit, im Gegensatz zu ihrem Gegner, der eine friedliche Lösung wollte. "Hör zu Sejya, dieser Kampf ist sinnlos! Bitte, du musst mir glauben! Ich habe keine Diener ... ich habe niemanden getötet und ich habe auch niemanden befohlen jemand anders zu töten. Jemand benutzt dich nur um mich aus dem Weg zu schaffen.", redete er auf sie ein, aber sie blieb erwartungsgemäß stur. "Pah! Für wie blöd hältst du mich? Dieses Wesen eben hat dich Meister genannt! Und außerdem hab ich dir nie gesagt was du verbrochen hast! Woher willst du also davon wissen, wenn du nicht dafür verantwortlich bist?!", gab sie streng zurück.

"Oh, die Situation ist nicht gerade günstig für ihn.", merkte Kyren besorgt an, womit sie nicht die einzige war die so dachte. Jáin hatte nun keine andere Wahl als sich doch einzumischen, denn es schien die letzte Chance sie zur Vernunft zu bringen. "Er weiß davon weil du es MIR erzählt hast, Mädchen.", mischte er sich ein. "Was? Dir? Ich kann mich nicht daran erinnern dir jemals etwas davon gesagt zu haben.", erwiderte sie bissig, jedoch von ersten Zweifeln geprägt. "Als bei den Zigeunern warst, da kam ich in einer Nacht zu dir ... als Frau ...", begann er ihr erklären, aber sie war nicht gewillt sich weiterhin irgendwelche Erklärungsversuche anzuhören. "Schluss jetzt! Du lügst! Du bist nie und nimmer diese Frau! Alles Lüge! Ich werde mir keine Sekunde länger euer Geschwafel anhören!", unterbrach sie ihn lautstark mit dem Kopf schüttelnd und schickte sich an, Shane anzugreifen.

"Ich mach dich fertig!!!", kreischte sie und schlug immer wieder so hart sie konnte nach ihm. Seine Gefährtin wollte schon gar nicht hin sehen, mit solcher Härte und Schnelligkeit schlug sie zu, doch Jáin überzeugte sie eines besseren. "Warte! Sieh doch! Er kann mithalten!", rief er überrascht und deutete auf die Kämpfenden, so dass sie ihre Hände wieder von ihren Augen nahm. Tatsächlich war Shane zu Überraschung aller durchaus in der Lage jeden einzelnen Schlag auszuweichen, was seine Gegnerin schier zur Verzweiflung brachte. "Verdammt ... wieso bist du auf einmal so gut? Früher ... bin ich doch viel leichter ... mit dir fertig geworden.", redete sie im Kampf auf ihn ein, aber er dachte nicht daran ihr zu antworten, sondern sah sie nur mit trauriger Miene an, fast so als wollte er sein Mitleid für sie ausdrücken. Mit einen letzten Aufschrei und einen überraschenden Fußkick wollte Sejya das Duell schließlich für sich entscheiden, aber er blockte den Schlag mit optischer Leichtigkeit ab und blieb unbeeindruckt an Ort und Stelle stehen. "Bitte, hör auf Sejya. Glaub mir doch. Ich hab mit all dem nichts zu tun. Ich will dich wirklich nicht verletzen.", sagte er zu ihr und stieß sie ab, worauf sie auf Sicherheitsabstand zurücksprang. "Red keinen Blödsinn! Ich bin noch lange nicht am Ende!", fauchte sie ihm zähneknirschend entgegen.

"Unglaublich! Ich hätte nie gedacht das Shane so gut geworden ist.", stellte Kyren am Rande fest, der es damit ähnlich wie Jáin ging. "Das kannst du laut sagen! Ich kann kaum fassen das er so beweglich ist, obwohl er seinen Zweihänder auf dem Rücken hat.", ergänzte er mit geweiteten Augen.

Den beiden entging das sich hinter ihnen, angelehnt an einer Häuserwand, ein mysteriöser Zuschauer seelenruhig hinzugesellt hatte und das Schauspiel interessiert beobachtete. Er verbarg ein Teil seines Gesichtes unter einem Schlapphut, trug einen Umhang und schien recht nobel gekleidet zu sein.
 

"Mal sehen wie gut du mit einer Waffe bist!", schrie Sejya und zückte ihr Schwert hervor, das sie den jungen Halbelfen drohend entgegenstreckte. "Oh nein! Er hat keine Waffe mit der er kämpfen kann!", stellte Kyren aufgeregt fest. Der junge Drow reagierte sofort und warf ihm sein Schwert zu. "Hier Shane! Fang!", rief er, doch er drehte sich nicht einmal um, um das Schwert zu fangen, sondern ließ es neben sich im Boden einschlagen. "Was ist Shane?!", fragte sein Gefährte erstaunt. "Nicht nötig.", erwiderte er nüchtern und griff nach seinem Zweihänder, sichtlich zur Verwunderung seiner Freunde. Seine Gegnerin hingegen ließ keine Sekunde ungenutzt und kam mit ihrem Schwert angesprungen. "Stirb!", schrie sie voller Hass und schlug auf seinen Kopf ein, aber ihr Schwert sollte sein Ziel nicht erreichen. Weder Sejya, noch die Freunde ihres Gegners konnten glauben was sie sahen, denn er blockte ihren Schlag mit seinem Zweihänderschwert ab.

"Das gibt's nicht! Er hält Carsomyr! Das ist doch unmöglich! Wie macht er das?!", staunte Kyren mit geweiteten Augen, wohlwissend das nur Paladine oder Wesen mit extrem reinen Herzen dazu in der Lage waren.

"Hör endlich auf zu kämpfen, Mädchen. Dein Schwert hält meinem nicht stand. Du wirst verlieren.", sagte er zu der Menschin in der Hoffnung den Kampf unblutig beenden zu können. Sie war drauf und dran wahnsinnig zu werden und fuhr ihre Attacke zurück, bevor sie wieder elegant auf einige Entfernung davon sprang. Sie atmete bereits schwer, Schweiß lief ihr von der Stirn und sie war sicher alles gegeben zu haben, doch auch diesmal hatte es nicht gereicht. "Nein! Ich darf nicht wieder scheitern! Das darf nicht alles umsonst gewesen sein! Es kann doch nicht sein das er wieder davon kommt.", dachte sie laut vor sich hin und steckte ihr Schwert weg. "Sejya ... bitte ...", flehte Shane ein letztes mal, aber sie war nicht bereit ihn anzuhören. "Schnauze! Jetzt ist mir alles egal! Ich will das du endlich verreckst, du Bastard!", schrie sie mit gebrochener Stimme und Tränen in den Augen. Wieder holte sie eine Schriftrolle hervor, während ihre Tränen auf die Erde fielen. "Es muss enden! Jetzt und hier! Feuerball!!!", brüllte sie verbittert und rief den Zauber der Schriftrolle herbei. "Nein! Hör auf! Das ist Wahnsinn!", entgegnete ihr der junge Halbelf panisch. Er lief ihr entgegen, wollte sie noch abhalten, aber er kam zu spät. Der Zauber entfesselte sich wie es Sejya geplant hatte und schoss mit rasender Geschwindigkeit auf ihn zu. "Runter!", rief er und warf sich auf den Boden, wodurch das Geschoss über ihn hinwegsauste. Kyren und Jáins Augen weiteten sich als es nun auf sie zukam, wohlwissend das sie in der Schussbahn standen. Wie ihr Gefährte zuvor gelang es ihnen jedoch sich noch rechtzeitig auf den Boden zu werfen. "Duckt euch nur - das wird euch nicht retten.", mahnte Sejya die junge Abenteurergruppe, in dem Wissen das der Feuerball schon bald explodieren würde und alles in einen großen Radius verbrennen würde.

Es kam noch weitaus schlimmer als gedacht, denn das Geschoss explodierte nicht so schnell wie erwartet und bahnte sich unaufhaltsam seinen Weg zur Barriere hin. "Nein! Die Barriere! Wenn sie zerstört wird, fliegt hier alles in die Luft!", kreischte Maya verzweifelt, was Kyren und ihren Freunden förmlich das Blut in den Adern gefrieren ließ. "Ahhhh! Das darf nicht wahr sein!", schrie Shane verzweifelt und sah dem Zauber hilflos hinterher. Man schloss bereits mit dem unvorhersehbaren Folgen der Zerstörung der Barriere ab, als sich auf einmal eine Gestalt dem Feuerball in den Weg stellte. Durch das bloße ausstrecken seiner Hand gelang es dem Fremden mit dem Schlapphut das Geschoss zu stoppen, das fortan brav vor ihm herschwebte. "Pah, Kinkerlitzchen.", meinte er und schnippte es mit wieder zum Ausgangspunkt, über die Abenteurer hinweg, zurück. Sejya gelang es nicht mehr ausweichen, so dass sie der Zauber noch streifte und zur Seite warf, bevor er in sicherer Entfernung am anderen Dorfende explodierte. Erst jetzt schien die Gefahr gebannt und man war froh es noch einmal überstanden zu haben.

Langsam richtete man sich wieder auf und wendete sich dem fremden Mann zu. "Ihr solltet nicht mit dem Feuer spielen, wenn Ihr es nicht beherrscht, Kopfgeldjägerin.", rügte er sie mit vorwurfsvollem Blick, ungeachtet der Tatsache das sie verletzt war. Den Abenteurern fehlten die Worte und es schien auch gar nicht nötig zu sein etwas zu sagen, denn die Gestalt zog schon kurz darauf weiter. "Schönen Tag noch.", meinte er und fasste sich Abschiedsgestisch an die fordere Seite seines Schlapphuts. Schließlich wendete er sich ab und schritt durch die Barriere, wo er bald darauf in der Ferne verschwand.

"Wer ... wer war das?", fragte Kyren verwundert, aber niemand hatte eine brauchbare Antwort parat. "Keine Ahnung. Den Typ hab ich noch nie gesehen.", meinte Shane, der das ganze noch nicht recht fassen konnte. Jáin hatte derweil schon andere Dinge im Kopf und eilte zur am Boden liegenden Kopfgeldjägerin, die bis zur Verzweiflung gekämpft hatte. Ihr Gesicht war von Schmerz erfüllt und ihr Körper zierte eine Brandwunde an der linken Seite, die sie ziemlich zu schwächen schien. "Bist du okay?", erkundigte er sich vorsichtig bei ihr, aber sie blieb ihrer bissigen Art treu. "Das siehst du doch! Hau ab! Lass mich ja in Ruhe, Drow!", fauchte sie zerknirscht zurück. "Hier, nimm diesen Trank. Er hilft gegen deine Verbrennungen.", riet er ihr und holte einen Tank aus seinem Beutel hervor. Hektisch riss sie ihm den Trank aus der Hand und stieß ihn einige Meter zurück. Hastig nahm sie ein paar Schluck daraus, worauf ihre Schmerzen abklommen und die Wunde rasant zu heilen begann.

"Jáin! Alles in Ordnung?", riefen Shane und Kyren, die einen Moment später hinzukamen. "Du Narr, du hast gerade dein Todesurteil besiegelt. Ich komme wieder und dann werde ich dich und deinen Freund zur Hölle jagen, koste es was es wolle.", fuhr sie ihn barsch an und sprang einige Meter auf Abstand, bevor sie zwischen den Häusern verschwand. "So warte doch.", rief er ihr mit ausgestreckter Hand vergebens hinterher. Nachdenklich schüttelte Shane den Kopf und half seinen Mitstreiter auf. "Tut mir Leid ... wir .. können wohl nichts mehr für sie tun.", merkte er trübselig an und doch hoffte er in seinen Innersten das die Geste des Dunkelelfen ihr zumindest ein wenig Vertrauen zurückgegeben hatte. Jáin dachte ebenso und sah noch eine Weile in die Richtung in die sie entschwunden war. Er wusste nicht genau warum, aber aus irgend einem Grund war ihm ihr Leben wichtiger als all der anderen Kopfgeldjäger auf die man bisher getroffen war.
 

Maya wank Kyren und den anderen noch eine ganze Zeit lang nach als diese kurze Zeit später das Dorf verließen. Obwohl sie nun wusste das sie eigentlich für ein Mädchen geschwärmt hatte, waren ihre Gedanken noch immer bei ihr. Die drei Abenteurer erwiderten ihr Winken ein letztes mal, bevor auch sie in der Ferne verschwanden. Dennoch brannte der kleinen Elfin noch eine Frage auf der Zunge.

"Sag mal Shane, wieso hast du Carsomyr eigentlich führen können? Ich dachte das können nur ...", fragte sie neugierig, kam aber nicht dazu ihren Satz zu beenden. "Ach das ist ganz einfach. Ich habe mit Nexs Hilfe ein Lederband angefertigt und ihn gebeten den Zauber der auf meiner Halterung liegt auf das Band zu kopieren. Das Band hab ich dann um den Griff gewickelt und so kann ich mein Schwert benutzen ... auch wenn Carsomyrs magische Fähigkeiten dadurch unterdrückt werden und es nicht mehr Wert ist als ein ganz normales Schwert.", gab er schmunzelnd zur Antwort. "Und so zu kämpfen? Hat dir das alles diese Mumie beigebracht?", hakte sein dunkelhäutiger Gefährte nach. Shane grinste ihm breit entgegen und hob seinen Zeigefinger bis kurz vor seine Lippen an. "Das, mein Freund, ... ist ein Geheimnis.", erwiderte er ihm zwinkernd ...

Folge 50: Reise in die Vergangenheit

Harmonisches Vogelzwitschern und ein angenehm warmer Sonnenschein der durch das Zimmerfenster in Kyrens Gesicht fiel, ließ die kleine Elfin aus ihren Träumen erwachen. Nur zögerlich öffnete sie ihre Augen damit sich ihre Augen wieder an ihre Helligkeit gewöhnen konnten. Zaghaft sah sie sich um und erhob sich ein wenig. Als sie um sich blickte wirkte sie leicht orientierungslos, denn sie wusste nicht mehr wie sie in das bequeme Bett oder gar das Zimmer gekommen war. Dennoch kam ihr ihre Umgebung bekannt vor und mit jeder Sekunde die verstrich wurde ihr klarer wo sie war. "Aber ... das kann nicht sein!? Träume ich noch?", gab sie leise von sich, sich den letzten Schlaf aus den Augen reibend. Vorsichtig stand sie auf und bemerkte schon die nächste Überraschung, die sie immer mehr an ihren klaren Verstand zweifeln ließ. Ungläubig sah sie an sich herab und betastete ihren samtweißen Schlafanzug, obwohl sie wusste das sie für ihre Reisen gar keinen mitgenommen hatte. Für einen Moment fragte sie sich woher dieses Kleidungsstück stammte, aber bei genauer Betrachtung erkannte sie es wieder. Sie erschrak und lief hektisch zum Fenster, das in einer Schrägwand lag, um sich ihrer Vermutung zu vergewissern. "Das ... das muss ein Traum sein ... das ist doch ... unmöglich.", staunte sie als sie einen Blick aus dem geschlossenen Fenster warf, ihre linke Hand gegen selbiges gedrückt haltend.

Ungläubig schritt sie im Zimmer umher und musterte jedes Möbelstück eingehend, bis sie vor einem Spiegel stehen blieb. Wieder erschrak sie kurz als sie sich darin sah und ließ ihre Hand über ihre Wange streifen, fast so als erkannte sie sich selbst nicht wieder. "Es stimmt alles ... es passt ... bis ins kleinste Detail. Alles ist genauso wie damals.", dachte sie leise vor sich hin. Unsicher ging sie zur ihrem Kleiderschrank und öffnete ihn, doch das was sie darin sah bestätigte nur noch einmal mehr ihre Theorie. "Meine ... Sachen. Sie sind alle da!", stellte sie verwundert fest. Auch als sie die Fächer ihres Schreibtisches durchwühlte merkte sie das nichts fehlte und alles so war wie sie es zurückgelassen hatte. Nun war sie sich endgültig sicher das dies hier nicht nur ihr Zimmer war, sondern das sie auch weit in der Zeit zurückgereist sein musste, wenn dies kein Traum war. Sie verstand nicht wie, aber sie hoffte bald eine Antwort zu finden, denn ihre Erinnerungen an die letzten Stunden waren wie weggelöscht. Egal wie sehr sie sich auch anstrengte - was geschah nachdem man die große Stadt Ormath endlich erreicht hatte wusste sie nicht mehr.

Plötzlich hörte sie es an ihrer Tür klopfen, was ihr fast das Herz zum stehen brachte. Langsam öffnete sich ihre Tür und eine Gestalt trat leise ein. "Kyren, mein Schatz, bist du schon wach?", tönte eine sanftmütige Stimme hervor, die die kleine Elfin schon so lange nicht mehr gehört hatte. "Mama? ...", gab sie unsicher von sich. "Ah, du bist schon wach? Ich wollte dich gerade zum Frühstück wecken.", erwiderte sie freundlich und trat ins Licht. Kyren stockte der Atem, aber die Person die soeben ihr Zimmer betreten hatte war wirklich ihr Mutter. Es war die selbe Frau die sie im Kampf gegen Jaygoyle verloren hatte. "Mama!", rief sie mit kleinen Tränen in den Augen und lief ihr in die Arme. "Was hast du denn? Hast du etwa schlecht geträumt?", fragte sie verwundert und streichelte ihrem Kind behutsam über den Kopf. Sie ahnte nicht das Kyren einfach nur überglücklich war sie lebend zu sehen, so dass sich Kyren noch eine ganze Weile an sie schmiegte bis sie wieder von ihr abließ. "Schon gut, der Alptraum ist vorbei.", tröstete sie ihre Mutter, doch diese Aussage brachte ihre Tochter zum zweifeln.

Für einen Augenblick fragte sie sich, ob nicht alles was sie bisher erlebt hatte, all die Abenteuer mit Shane und den anderen, ein einziger Traum gewesen war, aber es fiel ihr ohnehin schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Alles was zählte war das sie wieder zuhause und bei ihren Eltern war, die sie so sehr vermisst hatte. Zusammen mit ihrer Mutter ging sie schließlich hinab ins untere Stockwert und gesellte sich zu ihrem Vater an den Frühstückstisch. Ihn zu sehen machte sie noch glücklicher so dass sie mit ungewohnt guter Laune am Tisch saß. Es gab ofenfrische Brötchen und all die Dinge, die es früher auch immer gab als sie noch mit ihren Eltern im Tethyrwald gelebt hatte.

"Warum bist du denn heute so gut aufgelegt, meine Kleine?", fragte ihr Vater etwas überrascht von ihrer morgendlich guten Laune, während er sich ein Brötchen schmierte. "Weißt du ... ich freu' mich einfach das ich euch hab.", gab sie glücklich zur Antwort, was ihren Eltern ein kurzes Lächeln entlockte.

"Wollt ihr beide heute wieder zum großen Baum gehen und Zaubern üben?", wollte ihr Vater nach einer Weile wissen. "Ja, heute wollen wir sehen ob wir das Verstricken schaffen, nicht wahr?", erwiderte ihre Mutter und sah vorfreudig zu Kyren hinüber, die daraufhin erschrak. "Was ... was hast du gerade gesagt?", fragte sie geschockt. "Du hast mich doch gestern gefragt ob ich dir den Verstricken-Zauber beibringen könnte. Du wolltest ranken aus den Boden schießen lassen, weißt du nicht mehr?", antwortete sie verwundert über ihre Reaktion. Sie wusste nicht was ihre Tochter wusste und was ihr gerade durch den Kopf ging als sie sie das sagen hörte.

"Es ... es tut mir Leid. Ja, du hast recht. Ich ... äh ... ich glaube ich muss kurz an die frische Luft.", gab sie stotternd zurück und verließ hektisch den Frühstückstisch. "Kyren! Warte! Was hast du denn?", rief ihr ihre Mutter hinterher, doch da war sie schon nach draußen entschwunden.

Sie lief ein paar Schritt in den Wald hinein, den das Haus umgab, und atmete tief durch. "Das kann doch alles gar nicht sein! Was ich bisher erlebt habe kann doch kein Traum gewesen sein!", redete sie zu sich selbst und fasste sich verzweifelt an den Kopf. Plötzlich hörte sie ein kichern neben sich, so dass sie sich diesem erschrocken zuwand. Auf einen gefällten Baumstamm saß ein seltsamer Geselle in merkwürdiger Tracht - einen Turban auf den Kopf und Nomadenkleidern am Leib.

"Ganz recht, aber dein bisher erlebtes könnte durchaus Wirklichkeit werden.", tönte die Gestalt mit listiger Stimme. "Wie meint Ihr das? Wer seid Ihr?", fragte sie erstaunt, denn dieser Fremde passte ganz und gar nicht in ihre heile Welt. "Wir beide wissen was in drei Tagen passieren wird. Leath wird vorbeikommen um deinen Vater zu töten und deine Mutter zu entführen. Du selbst allerdings wirst vor Bells Truppen entkommen können.", erwiderte ihr Gegenüber kichernd. "Woher wisst Ihr ... was geht hier vor?", entgegnete sie ihm mit geweiteten Augen. "Das spielt keine Rolle. Alles was du wissen musst ist das ich dir die einmalige Chance gebe deine Vergangenheit zu verändern. Du hast drei Tage Zeit um deine Eltern davon zu überzeugen von hier zu verschwinden ... oder sie zumindest zu warnen. Andernfalls wird das Schicksal seinen grausamen Lauf nehmen ... du hast ja erlebt was passiert.", erklärte der Fremdling mit erhobenen Finger.

Nachdenklich senkte Kyren ihren Kopf, mit der Gewissheit das es also wahr war - sie durchlebte ihre Vergangenheit noch einmal. Als sie ihren Kopf wieder erhob um eine weitere Frage zu stellen war die Gestalt jedoch plötzlich verschwunden, dessen Tracht sie gut umhüllt hatte, dass sie nicht einmal wusste mit wem sie es zu tun hatte. Es war noch etwas Zeit bis zu ihrer Magieübungsstunde und so ging sie auf ihr Zimmer zurück um noch einmal über alles nachzudenken.
 

Dort angekommen ließ sie sich auf ihren weichen bequemen Bett nieder und starrte nachdenklich an die Decke. "Aber ... wenn ich meine Eltern nicht warne ... dann ... was wird dann aus Shane ... und den anderen? Werden sie Bell ohne mich besiegen? Aber ... ich kann doch meine Eltern nicht ... es ist zum verzweifeln.", dachte sie leise vor sich hin. Immer mehr wurde ihr bewusst wie grausam diese Entscheidung doch war, denn es war nicht einfach zu sagen welches Leben sie lieber hätte - das der Abenteurerin oder das des einfachen Elfenmädchens das eine glückliche Kindheit durchleben würde. "Was ist los kleine Elfin? Willst du deinen Eltern nicht bescheid sagen?", tönte auf einmal eine Stimme von ihrem Fensterbrett. Wieder saß dort der merkwürdige Geselle von vorhin, der scheinbar auf eine Entscheidung wartete. "Aber wie soll ich mich denn entscheiden? Was wird denn dann aus meinen Freunden? Werde ich sie nie treffen?", fragte sie mit trübseligen Blick. "Mach dir keine Sorgen. Sie alle erhalten die gleiche Chance wie du. Allerdings ...", erwiderte er bevor er im Satz kurz anhielt. "Allerdings?", hakte Kyren nach und richtete sich etwas auf. "Allerdings wird die Erinnerung an deine Freunde und all das was du bisher erlebt hast ausgelöscht, solltest du dich dafür entscheiden deine Eltern zu warnen und die Vergangenheit zu ändern.", fuhr die Gestalt fort. "Aber ....", wollte sie widersprechen, doch da nahm er ihr das Wort. "Bedenke, Mädchen! Selbst wenn du dich für den natürlichen Weg entscheidest und deine Eltern nicht warnst, kann ich dir nicht garantieren das du auf deine Gefährten treffen wirst. Wie ich schon sagte. Jeder von ihnen hat die gleiche Chance wie du und wer weiß ob der ein oder andere sie nutzen wird. Niemand wird dir garantieren das du am fraglichen Tag im Wald auf diesen Jungen triffst, verstehst du Kind?", mahnte er sie, in der Hoffnung ihre Entscheidung herbeizuführen. "Noch hast du etwas Zeit. Überlege gut.", sagte er kurz darauf, bevor seine Konturen im Sonnenlicht verschwanden.

Seufzend sah sie an sich herab, denn trotz dieser Worte fiel ihr diese Entscheidung immer noch nicht wesentlich leichter. Sie schrak auf als sie merkte das sie noch immer ihren Schlafanzug trug, so das sie rasch zum Kleiderschrank eilte und sich dort umzog. Schon bald würde ihr Mutter nach ihr rufen und mit ihr zum großen Baum gehen wo sie fast täglich zusammen Zaubersprüche übten.
 

Auch Shane erging es ähnlich als er plötzlich in einer Lichtung eines ihm vertrauten Waldstückes erwachte und seine Schwester auf der anderen Seite des ausgebrannten Lagerfeuerplatzes sah. Sie schlief noch friedlich und doch war es ein Anblick der ihm den Atem stocken ließ. Hektisch riss er sich die Decke vom Leib und eilte zu ihr. "Alexandra! Alexandra!", sagte er aufgelöst und rüttelte an ihr, bis sie schließlich erwachte. "Ja ... was ... was ist denn?", murmelte sie leicht schlaftrunken und rieb sich die Augen. Shanes Mimik erstarrte als er sie sprechen hörte, so dass er zunächst gar nicht wusste wie er reagieren sollte. "Was hast du, Bruder? Ist irgendwas nicht in Ordnung? Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen.", meinte Alexandra verwundert und richtete sich etwas auf. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren schloss er sie in seine Arme, was sie nun noch etwas stutziger machte. "Was ist nur los mit dir?", fragte sie leise und erwiderte seine Geste ein wenig. "Nein, das kann nicht real sein ... das ist unmöglich.", murmelte Shane den Tränen nah in sich hinein.

Es dauerte einen Augenblick bevor er wieder von ihr abließ und sich neu orientierte. "Es tut mir Leid ... ich war nur so froh dich zu sehen.", entschuldigte er sich und lächelte ihr entgegen. "Wie meinst du das? Hattest du einen Alptraum?", fragte sie unwissend nach. "Einen Traum? Nein ... ich glaube nicht.", antwortete er in nachdenklicher Stimmlage, bevor er begann sich umzusehen. "Wo ... wo sind wir? Ich kenne diese Gegend ... aber ... ", grübelte er, worauf seine Schwester seinem Gedächtnis auf die Sprünge half. "Wir sind am Rande des Mirwaldes, weißt du nicht mehr?", erwiderte sie ihm mit fragenden Blick. "Mirwald? Aber das hieße ja ...", tönte er staunend zurück, doch auch diesen Satz sollte er nicht vollenden als er begriff was um ihn herum vorging. Ungläubig ließ er seine Hand über sein Haar streifen. Alles war wieder genau so wie damals, bevor er zu Sen wurde und ihm wurde klar das er irgendwie in der Vergangenheit gelandet sein musste. Hunderte von Gedanken prasselten auf ihn ein, doch einer bereitete ihn an meisten Sorge. "Wenn ich wieder in der Vergangenheit bin ... und wir beide am Rande des Mirwalds sind ... dann heißt das ...", dachte er laut ins Leere starrend vor sich hin, wohlwissend das der Tag an dem die Cyric-Sekte seine Schwester entführen würde kurz bevor stand.

Seine Gedankengänge endeten als sie ihn anstupste und leicht verängstigt auf die Krone eines Baumes hindeutete, in der sie eine merkwürdige Gestalt entdeckt hatte, wie sie sie auch Kyren schon gesehen hatte. "Ich nehme an inzwischen ist dir klar wo du bist ... oder besser ... wann du bist, junger Halbelf.", tönte die Gestalt mit listiger Stimme von dort herunter, so dass Shane sich ihm zuwendete. Sein Blick verfinsterte sich, denn er konnte sich nicht erinnern damals auf jemanden wie ihn getroffen zu sein. "Wer bist du? Was machst du hier? Du ...", entgegnete er dem Fremden mit drohender Stimme, bevor dessen kurzes Gelächter ihn unterbrach. "Ich gehöre hier nicht her, nicht wahr? Da hast du nicht ganz unrecht, mein Freund. Aber lass dir versichern das ich nicht hier bin um dir böses zu wollen.", tönte es aus dem Baum zurück.

"Was soll dann das ganze? Wie komme ich wieder hier her?", wollte er wissen, während Alexandra nicht verstand um was es überhaupt ging. "Du hast die einmalige Chance erhalten dein Vergangenheit zu verändern und dein Leben noch einmal neu zu leben. In zwei Tagen wirst du dich entschieden müssen. Bedenke die Vorteile. Du wirst nie zu Sen werden und kannst dadurch reinen Gewissens ein Paladin werden. Außerdem kannst du deine Schwester beschützen.", erklärte die Gestalt, worauf er nachdenklich zu Boden sah. "Aber wenn nicht alles so kommt, wie es kommen wird dann ...", dachte er vor sich hin, bevor seine Stimme in Nachdenklichkeit verstummte. "Ganz genau. Du wirst nie auf die Elfe und die anderen treffen. Du würdest alles vergessen was du bisher erlebt hast, aber dein Leben wäre frei von Sorgen und du könntest es mit deiner Schwester verbringen.", ergänzte der Fremdling, während Shane immer tiefer in Gedanken verfiel.

"Bedenke das deine Frist in zwei Tagen abgelaufen ist.", rief ihm der Fremde zu und verschwand schließlich genauso schnell wie er gekommen war.

Alexandra verlangte nun endlich nach Aufklärung und griff in das Oberteil ihres Bruders um auf sich aufmerksam zu machen. "Was hat das alles zu bedeuten? Was geht hier vor, Shane?", fragte sie mit leicht ängstlicher Stimme. Als er in ihre Augen blickte zerstreuten sich seine Gedanken noch etwas mehr, denn noch nie war er vor solch eine schwere Entscheidung gestellt wurden. Ihm wurde immer mulmiger zu Mute, so dass er sich schließlich von ihr abwendete. Nie hätte er gedacht das es ihm so schwer fallen würde zu entscheiden ob er seine Abenteuer mit Kyren und den anderen erleben oder ob er ein eher normales Leben mit Alexandra führen wollte. Das Bhaalblut in ihm regte sich bereits als er in sich hinein horchte und so stand er wieder vor der Frage, ob es vielleicht schon sein Denken und Handeln beeinflussen würde, so wie auch die Gefühle für seine Schwester. Sie wartete noch immer auf eine Antwort, eine Antwort die er ihr nicht zu geben vermochte, denn sollte er sagen was mit ihr geschehen könnte, würde dies schon einer Entscheidung gleich kommen.
 

Diese Nacht sollte für Kyren eine ganz besonders harte sein. Regungslos lag sie, schon im Schlafanzug, auf ihren Bett und starrte ziellos an die Decke. Das Mondlicht schien in ihr Zimmer hinein und leuchtete auf ihren Körper, während ihr Gesicht im Schatten blieb. Sie dachte nicht wie sonst über die Ereignisse des Tages nach, oder was sie alles gelernt hatte, sondern wie sie sich entscheiden sollte. Sie war nun schon so lange mit Shane befreundet, aber dennoch wusste sie nicht welche Entscheidung er wohl treffen würde.

Langsam wurde ihr kälter, wodurch sie sich schließlich aufbeugte um ihre Decke am Bettende zu sich heranzuziehen. Für diese Nacht, so sagte sie sich, wolle sie ihre Entscheidung noch ruhen lassen. Bald schlief sie ein, wissend was der Tag immer näher rückte, der ihr ganzes Leben verändern könnte.
 

Shane, der an diesem Abend auf dem Ast eines Baumes wachte und den weißen Mond betrachtete ging es ähnlich wie der kleinen Elfin. Nur wenige Meter unter ihm lag Alexandra und mit ihr die Möglichkeit ein anderes, ein womöglich besseres Leben zu führen. Bisher hatte er nichts getan um die Vergangenheit zu verändern und weiter den Weg eingeschlagen den man auch damals gegangen war. Schon morgen musste er entscheiden ob er diesmal bei ihr wäre, wenn die Cyrics sie ergreifen würden, oder ob er sie erneut für einen verhängnisvollen Moment allein lassen sollte.
 

Am nächsten Morgen saß Kyren wie gewohnt mit ihren Eltern zu Tisch. Gemächlich aß sie, während sie in Gedanken bei dem mysteriösen Fremden war, der ihr all diesen Kummer eingebrockt hatte. Sie fragte sich warum er das für sie tat. Aus Freundlichkeit, oder aus Bosheit, wohlwissend wie schwierig und qualvoll es für sie sein würde.

"Kyren? Du bist schon die ganze Zeit so ruhig. Was hast du denn? Bedrückt dich etwas?", fragte ihre Mutter auf einmal, so das sie leicht aufschrak und zu ihr aufsah. "Ich ...", setzte sie an, verstummte aber sofort wieder. Erst als die Hand ihrer Mutter sich auf ihre legte, fühlte sie, das es besser war weiter zu reden. Sie lächelte ihrem Kind ermutigend entgegen, so als ob sie sagen wollte das sie alles mit ihr bereden konnte.

"Ich ... habe eine Frage. Wenn man euch die Chance geben würde euer Leben noch einmal zu leben ... vielleicht sogar besser zu leben als jetzt ... und ihr dafür nur bereit sein müsstet eurer altes Leben samt eurer Erinnerungen zu geben ... wie würdet ihr entscheiden?", sagte Kyren schließlich und sah erwartungsvoll zu ihren Eltern. Zu ihrer Überraschung dauerte die Antwort nicht lange und kostete den beiden nicht mehr als ein kurzes Schmunzeln. "Ich weiß zwar nicht wie du auf so etwas kommst, aber die Antwort ist einfach.", begann ihr Vater zu antworten. "Kyren, seine Vergangenheit aufzugeben heißt seine Persönlichkeit aufzugeben, die sich über die Jahre entwickelt hat. All die Erfahrungen die man gesammelt hat wären verloren, und man müsste sie von neuen sammeln. All die Freunde die man bisher hatte und die schönen Dinge die man mit ihnen erlebt hat, wären unwiderruflich aus deinem Leben verschwunden. All das Erlebte wäre dahin. Niemals würden ich oder dein Vater ein solches Angebot annehmen.", fuhr ihre Mutter fort, bevor ihr Vater weiter redete.

"Als ich noch ein Krieger war und für mein Volk gegen die Drow und andere Bedrohungen gekämpft habe, habe ich in diesen Schlachten viele Freunde, ja sogar Teile meiner Familie verloren. Würde ich sie retten oder gar mein Leben für sie opfern, würde ich zum Beispiel deine Mutter nie kennen lernen, die mich heilte, als ich so schwer verletzt auf dem Schlachtfeld lag. Du wärst nie geboren und all die wundervollen Dinge die mit dir kamen wären vergessen. Ich würde mein Leben immer genau so leben wie ich es schon einmal gelebt habe, nicht weil mir meine Freunde und meine Familie nichts bedeuten, nein, sondern weil ich selbst an den schlechten Dingen die mir wiederfahren sind gewachsen und schließlich sogar mit einer wundervollen Frau und einer hübschen Tochter belohnt worden bin.", meinte er ergänzend, brachte seine Frau sogar mit seinem letzten Satz zum erröten. "Das hast du lieb gesagt.", erwiderte sie ihm lächelnd und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

Kyrens Herz begann zu rasen als sie die kurze Zärtlichkeit zwischen ihren Eltern erblickte und ihr wurde bewusst das sie Shane und die anderen auf keinen Fall missen wollte, womit sie schon fast zu einer Entscheidung kam. Dennoch blieb für sie offen, wie sich Shane entscheiden würde, denn sollte er nicht den Weg gehen, den sie nun gehen wollte, wäre alles umsonst gewesen. "Danke.", sagte sie schließlich in einem weichen Tonfall und verließ den Tisch. Ihr Weg sollte sie nach draußen führen, zu ihrem Lieblingsbaum, wo sie schon oft Stundenlang einfach nur saß und in den Klängen des Waldes lauschte. "Meine Vergangenheit ist ein Teil meiner selbst ...", dachte sie still vor sich hin und schloss die Augen. Noch ein mal wollte sie die letzten Stunden dieses Lebens genießen.
 

Auch Shane dachte noch immer darüber nach welche die beste Entscheidung wäre, obwohl ihn nach und nach bewusst war das er schon längst wusste was die richtige Wahl wäre. Wie so oft fanden seine Gedanken Rat bei dem was ihn sein Vater beigebracht hatte.

Plötzlich durchzog ein unerwarteter Schmerz seine Stirn, ein Schmerz so stark, dass seine Augen sich weiteten und sein Körper erstarrte. Bilder schossen durch seinen Kopf, Bilder die er bisher nur in seinen tiefsten Träumen sah. Sie zeigten in einer Flüssigkeit aufsteigende Sauerstoffblasen sowie zwei feuerrote Augenpaare, die ihm entgegenblitzten. Er vernahm einen Herzschlag, aber es war nicht seiner, bis die kurze Vision wieder verblasste. Er schrak kurz auf, denn so etwas war ihm bisher noch nicht wiederfahren. Er konnte nicht erfassen was er eben gesehen hatte und dennoch spürte er das es wichtig war.

Alexandra beäugte sein Verhalten mit Sorge und ließ sich neben ihm in der Wiese des Waldstücks nieder. Gemeinsam saßen sie da und blickten nachdenklich auf den ruhigen kleinen See vor sich. Shane hatte nun das was er sich immer erhofft hatte - eine zweite Chance, aber es fiel ihm nicht so leicht wie er immer dachte sie auch anzunehmen. Der Tag war gekommen an dem er sich für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden musste. Er war sich noch immer nicht sicher ob er Alexandra, so wie damals einen Augenblick allein lassen sollte den die Cyrics ausnutzen würden, oder ob er diesmal bei ihr wäre um sie vor ihren grausamen Schicksal zu bewahren. Es war noch Morgens und ihm blieb noch etwas Zeit, aber schon in wenigen Stunden stand der Moment bevor der sein weiteres Leben so sehr beeinflussen sollte, wie noch nie zuvor.

"Alexandra ...", sagte er schließlich und wendete sich ihr zu, ließ seine Stimme aber schnell wieder verstummen. Erwartungsvoll sah sie in seine Augen auf das er seinen Satz beenden würde. Shane hatte soeben seine Entscheidung getroffen.
 

Als Kyren an diesem Abend in ihr Bett ging und ihre Augen schloss stand auch ihr Entschluss endgültig fest. Sie wusste, das selbst wenn Shane nicht kommen sollte, ihr Leben nicht an Sinn und Wert verloren hätte. Sie betete sich in den Schlaf in der Hoffnung das der nächste Tag sie nicht enttäuschen würde. Eine Träne lief ihr aus dem linken Auge und lief an ihrer Wange bis auf ihr Kissen hinab. Die Stunden rannen wie Sekunden und der Sonnenaufgang war nah.
 

Es war ein wunderschöner und sonniger Tag im alten Königreich Tethyr. Nichts schien die Ruhe, die zu dieser Zeit über dem Mirwald lag, stören zu können. Wieder lief die kleine Elfin um ihr Leben, hastete von Baum zu Baum, wo sie immer wieder kurze Atempausen einlegte. Sie lief soweit und so schnell sie nur konnte, bis ihre Flucht an einem großen alten Eiche endete, dessen dicke Wurzeln teilweise aus der Erde ragten. Wie damals ließ sie sich dort nieder und wartete ab was passieren würde. Sie staunte etwas, denn diesmal spürte sie kaum Angst vor den Cyrics, sondern viel mehr davor, das Shane nicht kommen würde.

Die Zeit stand nahezu still für sie, so dass jede Minute zur Ewigkeit wurde. Sie lauschte aufmerksam in den Wald hinein, während sie am Baum ausruhte. Jedes Geräusch wurde geprüft, doch meistens war es nur Eichhörnchen oder einfach nur der Wind. Traurig senkte sie ihren Kopf und ihre Hoffnung schwand, das er noch kommen würde. Ihre Augen wurden schwer und sie war den Tränen nah als plötzlich wie durch ein Wunder ein Aufschrei durch den Wald schallte. Einen Augenblick später ertönten weitere Schreie und Rufe einiger Menschen, die mit Heugabeln und Fackeln bewaffnet waren. Kyrens Herz schlug höher so dass sie fast vor Freude aufspringen wollte. Ihre Augen weiteten sich erwartungsvoll als sie eine Gestalt auf ihr Versteck zurennen hörte, die kurz darauf über die Wurzel des Baumes sprang die ihr als Schutz diente. Kyren strahlte über das ganze Gesicht als sie Shane erblickte, der bereits ein freches Lächeln aufgelegt hatte.

"Shane! Du bist gekommen!", rief sie erfreut und sprang auf. "Tja-ja. Tut mir Leid falls ich so spät komme. Ich hab' wohl ein wenig getrödelt.", gab er scherzend von sich und rieb sich am Hinterkopf. "Äh, wieso weißt du eigentlich wer ich bin?", fügte er kurz darauf stutzend an und musterte die Elfin, die genau wie damals ein Röckchen und ein ärmelloses Top trug, worauf auch sie ins grübeln kam, woher er sie kannte, wenn ihr Gedächtnis doch nach ihrer Entscheidung gelöscht werden sollte.

"Ihr! Wieso habt ihr das getan?!", tönte auf einmal eine bissige Stimme aus dem Nirgendwo hervor. Es war die des merkwürdigen Fremden, der plötzlich einige Meter neben ihnen erschien. "Ich hab euch das Paradies angeboten und ihr wählt die Hölle! Das verstehe ich nicht!", fauchte er fassungslos gestikulierend herum. "Dein Angebot ist zwar ganz nett, aber mein Platz ist hier. Unsere Vergangenheit ist ein Teil unserer Persönlichkeit und die lassen wir uns nicht nehmen.", erwiderte Shane mit selbstbewusstem Blick. "Nein! Das kann doch nicht sein! Wie konntet ihr nur!? AHH!", fluchte die fremde Gestalt, bevor ihr Abbild in aufsteigenden Rauch verdunstete.

Zufrieden lächelnd sahen sich Kyren und Shane in die Augen. Beiden war klar das ihr Freundschaft nun fester denn je war. Sie wussten nun sich immer aufeinander verlassen und vertrauen zu können. "Beste Freunde für immer?", fragte Shane und reichte ihr seine Hand. "Ja, beste Freunde für immer.", entgegnete sie ihm entschlossen und erwiderte seine Geste.

Plötzlich, als sich ihre Hände umschlossen, erstrahlte die Gegend um sie herum in einem grellen, blendenden weiß in dem ihre Konturen verloren gingen.
 

Nur zögerlich öffnete Kyren ihre Augen und fand sich plötzlich an einen völlig anderen Ort wieder. Sie lag in einem bequemen Stuhl, mit angenehmer Rückenlehne, während sie um sich herum zunächst nur wenig wahr nahm. Ihr Hände und Füße waren an den Stuhl gefesselt, genau wie ihr Kopf, der durch ein Eisenband um ihre Stirn angeklammert war. Sie erkannte nun langsam das sie in einer alten Windmühle sein musste, denn im Zentrum des hohen Raumes waren die entsprechenden Gerätschaften gebaut. Das Dach und die Wände waren löcherig und ließen an einigen Stellen das helle Tageslicht in den Raum fallen. Rechts neben ihr erwachte nun auch Shane, der sich in einer ähnlichen Situation befand wie sie. "Shane! Was geht hier vor?", rief sie aufgeregt zu ihm herüber und rüttelte an ihren Bandagen. "Ich ... kann es nur ahnen.", gab er mit ernster Miene von sich und sah sich um. Plötzlich ertönten Schritte und eine Gestalt schritt aus dem Dunkel hervor. Es war die selbe die ihnen auch das Angebot gemacht hatte ihre Vergangenheit neu zu gestalten. "Ihr habt mich überrascht, Elfenwesen.", gab er mit finsterer Stimme von sich und begann nach und nach Teile seiner umhüllenden Kleidung abzulegen. Shane war klar wen sie da vor sich hatten als er seinen Turban abnahm und vor ihnen zum stehen kam. "Ah, ein Rakshasa! Lass mich raten - alles was ich gesehen habe war nur ein Traum, geschaffen aus meiner Erinnerung, richtig? Wir sind die ganze Zeit hier in Ormath gewesen, hab ich recht?", merkte der junge Halbelf frech an. "Ganz genau, aber leider hat euch eure Entscheidung daraus befreit. Hättet ihr euch anders entschieden, hätte ich euch bis in alle Ewigkeit quälen können bis ihr schließlich gestorben wärt, aber nun muss ich euch doch wieder auf die konventionelle Weise töten.", gab der Rakshasa mit fauchenden Tonfall von sich. "He, warte. Wenn du einer von den Kopfgeldjägern bist, dann musst du mich am Leben lassen. Man will mich lebend.", protestierte Kyren in der Hoffnung etwas Zeit gewinnen zu können, doch das Wesen schmunzelte nur ein wenig und begann sich ihr zu nähern. Ihr wurde immer mulmiger zu Mute als er ihr Kinn anhob und sich mit seinem Kopf bedrohlich näherte. "Tut mir Leid wenn ich enttäuschen muss, kleines Fräulein, aber ich gehöre nicht zu den Kopfgeldjägern, die euch jagen. Ich diene Mogul und der hat ein wirklich brennendes Interesse daran das ihr nie in Thay angekommen werdet.", erklärte er ihr und rückte ihr so nah dass sie seinen Atem spüren konnte. Die Augen der beiden Gefährten weiteten sich, denn bisher war man immer davon ausgegangen das Mogul für die Kopfgelder verantwortlich war. "Äh ... na gut, dann kehren wir eben einfach um, okay?", erwiderte sie schwitzend, worauf er wieder von ihr abließ und sich von ihr abwendete. "Nein! Das geht nicht! Allein schon deine Existenz ist ein viel zu großes Risiko!", tönte er barsch zurück.

"Was? Aber warum? Sie ist doch nur ein kleines Mädchen!", protestierte Shane erbost. "Schweig! Ich habe schon viel zu viel gesagt. Der Spaß ist vorbei! Zeit meine Aufgabe zu vollenden!", gab er fauchend zurück und deutete strafend auf ihn.

Verzweifelt wanderte der Blick des Halbelfen nach rechts neben sich, wo sein Schwert angelehnt stand, doch war es ihm nicht möglich es zu erreichen. Dennoch realisiert er das man nur zu zweit war und Jáin fehlte. So blieb ihn die Hoffnung das er kommen würde um sie zu retten.

"Du willst dein Schwert, was? Zu dumm das deine Fesseln verzaubert sind. Du wirst dich leider nicht befreien können.", meinte der Rakshasa hämisch und zog sein eigenes Schwert hervor. "Was hast du mit Jáin gemacht?!", rief Shane mit zäher Miene. "Du meinst den Dunkelelfen der bei euch war? Nun ja, er hatte meinen Angriff auf euch nicht überlebt, würde ich sagen.", antwortete er fies grinsend und setzte an ihm den tödlichen Schlag zu verpassen. Verzweifelt wendete Shane seinen Kopf ab und kniff die Augen zu, während Kyren ängstlich zu ihm herübersah. Sie konnte kaum glauben das es so enden sollte und begann um ein Wunder zu beten. Sie ahnte nicht das ihre Gedanken erhört werden würden.

"Und was wenn er es doch überlebt hat?", tönte auf einmal eine Stimme von oben, worauf alle erschrocken auf sahen. Einige Meter über ihnen stand tatsächlich Jáin auf einen wagerechten Stützbalken des Daches und blickte schmunzelnd auf das Geschehen hinab.

"Jáin!", riefen seine Freunde erleichtert, ganz im Gegensatz zu dem Rakshasa, dessen Miene ziemlich zerknirscht wirkte. "Wieso lebst du, verdammt noch mal? Ich hab dir doch meine Klinge genau durch die Brust gerammt!", fauchte er wütend. "Na und? Denkst du ich bin so dumm ohne einen Heiltrank durch die Gegend zu laufen?", entgegnete er ihm spöttisch und sprang ab, so dass die Kreatur ein wenig zurückweichen musste. "Nein! Du machst alles kaputt!", sagte er leicht irre klingend und griff den Dunkelelfen an, worauf auch dieser sein Schwert zog. Schon als die Klingen der beiden das erst mal aufeinander trafen war bereits absehbar wer der Sieger des Kampfes sein würde.
 

Gemächlich liefen die drei Abenteurer nach überstandenen Abenteuer weiter und ließen die Windmühle hinter sich. In einer Sache hatte sich Shane jedoch geirrt, man war nicht in Ormath sondern etwas abseits auf eine ländliche Gegend verschleppt wurden. Dennoch fehlten ihm und Kyren nach wie vor die Erinnerungen an die Geschehnisse die dazu führten das man in die Gewalt des Rakshasa geraten konnte. "Sag mal Jáin, du weißt nicht zufällig wie wir in Gefangenschaft geraten konnten, oder? Ich kann mich nur noch an den Traum erinnern, den ich mit Kyren teilte.", meinte er schließlich und sah fragend zu ihm herüber.

"Es war fast Abend und wir hatten gerade die Stadttore von Ormath passiert, als uns dieser Typ von hinten überfallen hatte. Euch hat er mit so einem Pulver besprüht und mich niedergestochen, wisst ihr nicht mehr?", erzählte er leicht verwundert über die Amnesie seiner Freunde. "Dann sollten wir besser aufpassen wenn wir diesmal die Stadttore durchqueren, was Jungs?", meinte Kyren und legte ihre Arme hinter ihren Kopf.

Ormath war bereits vor ihnen in Sichtweite und nur zehn Minuten Fußweg entfernt. Dieses mal war man mit einen blauen Auge davon gekommen und von nun an war klar das noch immer überall Gefahren auf sie lauerten. Die Nachmittagssonne strahlte wärmend vom Himmel hinab und man war froh das die Zukunft noch nicht geschrieben war ...

Folge 51: Die Legende des Phönix

Weißer unendlicher Horizont, durchzogen von Nebelschwaden so weit das Auge reichte - es war immer das selbe Szenario in Kyrens Träumen. Erneut fand sie sich in ihren immer wieder kehrenden Traum wieder und tapste ziellos umher auf der Suche nach Antworten. "Deine Suche wird ein Ende finden, Kyren.", tönte eine ihr altbekannte Stimme aus dem Nichts hervor. "Der Schlüssel zu allem ist der Phönix. Nur durch seine Macht wird es dir möglich sein Mogul zu stoppen und deine Eltern zu retten.", fuhr die Stimme fort. Ihr Traum verblasste, worauf sie inmitten der Nacht im Bett einer Schänke erwachte. Ihr war klar das sie ihren Freunden nicht länger verheimlichen konnte was sich Nacht für Nacht plagte.
 

Einen ganzen Tag hatte man in Ormath verbracht um Vorräte einzukaufen und sich von der langen Reise zu erholen. Frisch gestärkt zog man nun weiter in Richtung Osten zu den Osraun-Bergen. Bis man an der Hafenstadt Alaghôn ankommen würde, wollte man weitere Großstädte meiden in denen es von Kopfgeldjägern wimmelte. Man nahm einen Pfad durch das Gebirge, vorbei an den großen Städten, wie er für Reisende eigentlich unüblich war. Ihr Tag verlief ereignislos, so dass man, als es Abend wurde, beschloss eine Gaststätte aufzusuchen. Recht nah am Wegesrand fand sich schließlich eine kleine Schänke mit dem Namen 'Zum Roten Baron'. Schon als die drei Abenteurer eintraten waren sie von der angenehmen Atmosphäre gebannt. Das Haus wirkte sehr gepflegt und war durch exotische Holzschnitzereien in den Stützbalken verschönert. Da alle Tische belegt waren nahm man auf drei Höckern am Tresen Platz, hinter dem allerlei Alkoholischer und Nicht-Alkoholischer Getränke in den Regalen standen.

"Seit wann hast du denn nun diese Träume, Kyren?", fragte Shane nachdem man sich gesetzt hatte. "Seit ich aus Suldanessalar fort bin.", antwortete sie mit betrübter Stimme und gesenktem Haupt. "Hm, aber was kann das heißen das im Phönix die Lösung liegt und wir mit ihm siegen könnten?", dachte Jáin laut nach und starrte auf die Theke. "Jedenfalls kennen wir nun unseren Gegner. Es ist dieser Mogul, dieser Name mir nicht aus dem Kopf ging.", merkte sein Gefährte an und kreuzte die Finger ineinander.

"Vielleicht sollten wir fragen ob hier jemand schon mal etwas vom Phönix gehört hat?", schlug Kyren vor. "Keine schlechte Idee, aber erst einmal bestelle ich uns etwas zu trinken.", erwiderte er und hob die Hand um den Wirt herbeizurufen.

Schnell kam ein Mann im mittleren Alters herbei. Seine Haare waren etwas verweißt, genau wie sein kurzer Bart. Im Gegensatz zu vielen anderen Wirten war dieser Herr nicht übermäßig beleibt, und wenn doch, dann versteckte er dies gut unter seiner Kutte. "Ja?! Was wollt ihr?!", sprach er die Drei rüde und nicht ganz akzentfrei an. "Hey, nicht so unfreundlich.", beschwerte sich Jáin prompt, bevor ihm ihre beiden Begleiter hastig den Mund zuhielten als der Wirt seine Miene mürrisch verzog. "Ach, hören sie nicht hin - er ist noch neu in der Gegend." ,wank Shane hektisch ab, wohlwissend das sich ein Wirt nichts von einem Drow etwas sagen lassen würde. Zum glück für ihn war man in einer Gegend in dem seine Rasse nicht zu allgemeiner Panik oder Aggression führte.

"Na schön. Mein Name ist Edwin Odesseiron, aber da ihr offensichtlich Leute des einfachen Umgangs seid, dürft ihr mich auch gerne als 'Sir' ansprechen.", gab er arrogant zurück, worauf es Shane fast die Sprache verschlug. Nicht weil er offensichtlich einen unfreundlichen Proleten vor sich hatte, sondern weil er den Mann vor sich kannte. "Dieser Akzent, diese Arroganz - ihr seid Edwin Odesseiron!", rief er und sprang staunend auf. "Ja natürlich. (Das habe ich doch gerade gesagt du frivoler Idiot!)", tönte er leicht verwundert zurück und nuschelte etwas in seinen Bart hinein. "Ich meine, ich kenne Euch, ich habe von Euch gehört! Mein Vater ist euch vor langer Zeit begegnet.", erklärte er und nahm wieder platz. "Die Vergangenheit zählt nicht mehr, Junge. Sagt was ihr haben wollt und hört auf mich zu nerven.", gab er schroff zurück und wies er den forschen Jungen ab. "Mein Vater ist Mi'lan Richardson und er hatte einige interessante Dinge über Euch zu erzählen. Zum Beispiel das ihr ein Zauberer aus Thay seit, die Sache mit Dynaheir, oder wie Ihr ihm in Atkatla gegen Me'val geholfen habt.", meinte Shane, der nicht locker ließ. "Man sagt auch das Ihr euch unfreiwillig in eine Frau verwandelt habt als Ihr mit einer der Nessil-Rollen herumgespielt habt.", fügte er breit grinsend an, während Edwin immer nervöser mit seiner linken Augenbraue zu zucken begann. "Ja, das kenn' ich.", meinte Jáin, der dem Gespräch interessiert beiwohnte und hob kurz die Hand. Schließlich sprach er aus Erfahrung, auch wenn Kyren für dieses Missgeschick verantwortlich war. "Sei still, Tölpel! Entweder ihr bestellt oder ihr fliegt raus!", fauchte er ihn zähneknirschend an. "Äh, schon gut. Wir nehmen drei mal Saft, wenn's recht ist.", wank Kyren hektisch ab in der Hoffnung die Situation zu entschärfen, jedoch sehr zum Missfallen ihren dunkelhäutigen Mitstreiters. "Hey! Im Gegensatz zu euch bin über einhundert Jahre alt und krieg' nur einen Saft?!", meckerte er erbost. "'Tschuldigung.", gab sie schwitzend zurück.

Einen Moment später saßen sie wieder friedlich vereint am Tresen und tranken relativ gleichmäßig ihren Orangensaft. Dennoch brannte Jáin noch eine Frage auf der Zunge. "Sag mal, was sind eigentlich die Nessil-Rollen für Dinger?", fragte er und setzte sein leeres Glas ab. "Waaas?! Das weißt du nicht?", gaben seine beiden Freunde erstaunt zurück.

Shane war zwar etwas über sein Unwissen verwundert, zeigte sich aber bereit ihm weiter zu helfen. "Aaaalso, ich erkläre es dir. Die Nessil-rollen sind uralte Schriften aus der untergegangenen Stadt Nesseril. In jeder von ihnen steht uraltes, magisches und sehr mächtiges Wissen. Wer die Hieroglyphen darauf entschlüsselt und begreift kann unglaublich mächtig und weise werden. Manche von ihnen sind fast 10000 Jahre alt und ein Vermögen wert. Magier jedes Landes suchen danach, manche ihr Leben lang.", erzählte er eifrig. "Beeindruckend.", meinte Jáin nachdenklich und sah tief in sein leeres Glas.

"Hey Edwin, ich will noch was trinken!", rief er kurz darauf mit kurzer Geste. Als er ihm sein Getränk brachte ergab sich für Shane eine gute Gelegenheit beim Wirt etwas nachzufragen. "Sag mal Edwin, du bist doch auch ein roter Zauberer, also kommst du doch demzufolge aus Thay, richtig?", hakte er nach, worauf der gläserputzende Magier kurz inne hielt. "Ich war schon lange nicht mehr da. Angeblich sind diese Lackaffen aus Thay schon lange nicht mehr Herr der Lage über sich selbst.", erwiderte er mit kühler Stimme. "Schon gut, ich dachte nur du könntest uns mit deinen unermesslichen Wissen weiterhelfen.", fügte der junge Halbelf breit grinsend an, wohlwissend so die schwächste Stelle des Magiers getroffen zu haben - sein Ego. "Ja ... Ja, natürlich könnte ich das.", erwiderte er leicht geschmeichelt. "Schön! Schon mal 'was vom Phönix gehört? Wir sind nämlich auf der Suche nach ihm.", meinte Shane und beugte sich etwas vor. "Pah, den Phönix sucht ihr? Lächerlich. Den Phönix kann man nicht finden. Mann muss ihn beschwören. Ihr bräuchtet drei goldene Artefakte die irgendwo in der Gegend um die Osraun-Berge verborgen liegen sollen. Zusammen gelegt kann man den Phönix rufen, so steht es zumindest geschrieben. Der Legende nach wären das der Ring des Phönix, die Maske des Phönix und das Amulett des Phönix. Aber schminkt euch das aus euren Köpfen. Es ist tausende von Jahren her seit dem es jemanden einmal gelang den Phönix zu rufen, geschweige denn die Artefakte zusammen zu tragen.", erzählte er leicht verstimmt, so als ob diese Frage sein Wissen unterfordert hätte. "Interessant.", dachte Shane leise, sich am Kinn reibend.

"Ach ja, und haben Sie schon mal etwas von einen Mann namens Mogul gehört?", fragte Kyren plötzlich, worauf Edwin nachdenklich nach oben sah. "Mogul? Das klingt für mich wie ein fernöstlicher Fürst.", gab er schroff zur Antwort und senkte seinen Blick wieder. "Nein, wir meinen jemanden der sich wirklich Mogul nennt.", ergänzte Shane. "Hm ... die einzige Person die ich mit dem Namen Mogul in Verbindung bringen könnte wäre ein Schwertkämpfer der vor etwa 5000 Jahren gelebt haben soll. Das war so ein fernöstlicher Held, der aber hier in der Gegend als Ritter unter einem König diente. Er hieß Yosu oder so ähnlich, aber man nannte ihn Mogul, wegen seiner Herkunft.", meinte er schulterzuckend. "5000 Jahre?! Was ist aus ihm geworden?", fragte die kleine Elfin neugierig. "Pah, ich weiß es nicht und es interessiert mich auch nicht. Das letzte was ich von ihm weiß ist das er zusammen mit so einen anderen Helden in einer Schlacht gegen ein mächtigen Magier gekämpft hat. Wahrscheinlich ist er dabei drauf gegangen.", ließ Edwin verlauten und widmete sich wieder seiner Arbeit. Abstimmend sahen sich Kyren und Shane in die Augen, wohlwissend das sie das gleiche dachten.

"Ich weiß was ihr denkt, aber wenn er tatsächlich vor 5000 Jahren gelebt hat dann müsste er doch schon längst tot sein.", merkte Jáin an. "Nicht wenn wir es mit einem Untoten zu tun haben.", widersprach Kyren, bevor Shane schnell neue Prioritäten vorbrachte. "Das ist erst mal egal. Wir sollten lieber versuchen die Phönixteile zu finden.", sagte er, womit die Gemüter wieder beruhigt waren. Diese Nacht, so beschloss man später, wollte man in der Schänke verbringen.
 

Die Finsternis des Abends wurde nur durch den klaren strahlenden Vollmond am Himmel erhellt in dessen Licht zu später Stunde eine merkwürdige Gestalt trat. Ein angenehmes, wenn gleich auch nicht unbedrohliches ringeln ertönte als der Fremdling in priesterhafter Mönchskleidung mit seinem Stab auf den Boden aufsetzte. Am oberen Ende des Stabes befanden sich einige metallische Ringe, die dieses Geräusch beim aufeinandertreffen erzeugten. Er trug einen schwarzen Verband um seine Augen, war normal gebaut und hatte Haar so schwarz wie die Nacht selbst. Vor ihm lag die Schänke in der Kyren und ihre Freunde rasteten - genau der Ort den er gesucht hatte.

Die wenigen Gäste die zu so später Stunde noch wach waren staunten nicht schlecht über den merkwürdigen Besucher dessen Stab wie ein kleines Glockenspiel erklang als er diesen aufsetzte und sich an der Theke niederließ, ohne dabei von seiner Waffe abzulassen. Edwins Blick war mürrisch, denn es wunderte ihn sichtlich einen solch merkwürdigen Gesellen in seinem Lokal zu erblicken.

"Guten Tag, Herr Wirt. Wäret Ihr so gütig mir etwas Wein einzuschenken?", meinte der Neuankömmling mit nüchterner Stimme, jedoch ohne sich ihm zuzuwenden. "Ja ... einen Moment noch.", gab Edwin nach kurzer Verzögerung zur Antwort und machte sich daran den neuen Gast zu bedienen, auf den, schon seit er das Lokal betreten hatte, alle Blicke gerichtet waren. Vielleicht war es seine Behinderung die er durch sein schwarzes Tuch zu verdecken versuchte, aber sicher war auch die unheimliche Atmosphäre die er hinterließ ein Grund dafür.

Einigen Trunkenbolden gefiel der Anblick des Mannes scheinbar gar nicht, so dass sie sich aufrafften und sich ihn zur Brust nahmen. Rüde packte ihn einer an der Schulter und drehte ihn zur Seite, damit er in sein Gesicht sehen konnte. "Hör mal zu, du Clown. Du gefällst mir nicht, also verzieh dich hier.", lallte er und stieß ihn etwas zurück. "Verzeiht mir Herr Wirt, aber scheinbar bin ich in Euren edlen Lokal nicht willkommen. Dennoch würde ich gern bleiben, da ich hier noch ein paar persönliche Dinge zu erledigen habe.", sprach der Mönch unbeeindruckt von dem alkoholisierten Pöbel, welcher ihn immer mehr bedrohte. Edwin fehlten die Worte, denn er verstand nicht wie der Mann nur so ruhig bleiben konnte.

"Sag mal hörst du mir überhaupt zu?! Ich hab gesagt du sollst abhauen! Oder soll ich dir Beine machen?!", fauchte der stämmige Gast mit der kräftigen Portion Rum im Blut. "Es tut mir Leid Herr Wirt, wenn ich Eure Einrichtung in Mitleidenschaft ziehen sollte, aber ich sehe mich gezwungen mich dieses Pöbels zu entledigen.", erwiderte er ruhig und stand auf. Jedem war klar, das es gleich zu einer Prügelei kommen würde, doch Edwin war zu erstaunt über das Verhalten des Gastes.

Rabiat packte ihn einer der Angetrunkenen an der Schulter, musste aber feststellen das sein Gegenüber recht reaktionsschnell war und im selben Moment dessen Handgelenk griff auf das er unaufhörlich eindrückte. Bald schon wurden die Schmerzen unerträglich, worauf er ablassen musste und leicht zurückstolperte.

"Meine Hand! Was hast du mit meiner Hand gemacht!?", schrie der betrunkene Gast erbost und sah auf sie hinab. "Um deine Hand würde ich mir an deiner Stelle keine Sorgen machen.", tönte der Mönch arrogant zurück, worauf sich das restliche Pöbel auf ihn stürzte. Blitzschnell hatte er seinen Stab bereit und wehrte damit einen Angreifer nach dem anderen ab. Gezielt traf er empfindlichste Stellen, wie Kinn oder Magen, was seine Gegner zu Boden warf. Manch ein Knochen berstete unter der Wucht seiner Schläge, bis schließlich auch der letzte von ihnen zum Erliegen kam. Seine Kampftechnik mit der Stabwaffe war äußerst versiert, womit der Kampf schon nach wenigen Sekunden beendet war. Nur das klagvolle Jammern seiner besiegten Gegner, die sich nur mit Mühe vom Schauplatz entfernten, erinnerte noch daran,.

"Hier, dein Wein!", tönte Edwin schließlich hinter ihm hervor und servierte mit finsterer Miene was er bestellt hatte. Mit einem kurzen Lächeln nahm der Fremde wieder platz und bat um einen weiteren Gefallen. "Wäre es möglich mir für diese Nacht noch ein Zimmer zu geben? Die Reise war anstrengend und ich fühle mich ein wenig ... erschöpft.", sagte er in seinen bekannt freundlichen Tonfall. "Sicher doch, ich brauch' nur Ihren Namen und 20 Goldmünzen als Bezahlung.", erwiderte er in leicht barschen Ton und holte sein Reservierungsbuch hervor in dem er seine Gäste vermerkte. "Natürlich. Mein Name ist Jarod.", sagte er und legte ein kleines Säcken voll Gold auf den Tresen.
 

Gähnend und armeaustreckend kamen die drei Abenteurer am nächsten Morgen die Treppe der Schänke hinab die zu den Unterkünften im 2. Stock führte. Edwin war schon auf und tat das, was er die meiste Zeit hinter seiner Theke machte - Gläser polieren. Als sie am Tresen platz nahmen erwartete sie schon die erste Überraschung des Tages. "Na, ihr - habt ihr endlich ausgeschlafen?", begrüßte er sie in seinen typischen unfreundlichen Tonfall. "Draußen wartet jemand auf euch.", fügte er etwas freundlicher mit einer kleinen Geste an. "Ach ja? Ist sie hübsch?", fragte Jáin Augenbrauehebend nach, worauf es seine Gefährten von den Höckern riss. "Es ist ein Mann, einfältiger Drow! Schert euch raus und seht gefälligst nach.", gab er grob zurück und wendete sich ab. "Okay, sehen wir nach, damit wir endlich Frühstücken können.", meinte Shane seufzend und schritt mit leicht gesenktem Haupt voran.

Tatsächlich erwartete sie eine unbekannte Person, die sich am Abend zuvor mit dem Namen Jarod betitelt hatte. Etwas ratlos stand man da und wusste nicht was weiter geschehen würde, bis sich ihnen der Fremde schließlich zuwendete. "Ah, der Bhaalabkömmling und seine Freunde Kyren und Jáin. Schön das ihr euch die Zeit genommen habt.", sagte er und setzte mit seinen Stab auf, wodurch das altvertraute Geräusch entstand. "Bhaalabkömmling? Wer bist du? Woher weißt du wer wir sind?", fragte Shane misstrauisch nach. "Oh, wie unhöflich von mir. Natürlich ... mein Name ist Jarod ... aber ich glaube nicht das er euch bekannt sein sollte. Ich bin ein Mönch in Diensten der Harfner.", entgegnete Jarod in seinen typischen freundlichen Tonfall. "Und was wollen die Harfner von mir?", wollte er wissen und näherte sich den Mönch ein paar Schritt. "Die Harfner haben die Information erhalten das noch ein Nachkomme des toten Gottes Bhaals hier auf Erden wandelt. Zweifellos sehen die Harfner darin eine Bedrohung des Gleichgewichts. Gar nicht auszudenken welche Schwierigkeiten deine Existenz dieser Welt bringen kann.", begann er zu erzählen. "Worauf willst du hinaus?", drängte der junge Halbelf. "Ich denke es ist keine Überraschung wenn ich dir sage das ich geschickt wurde um dich und deine Gefährten zu töten bevor ihr Unheil anrichtet. Der Informant der uns Harfnern von dir berichtet hat, hat sehr warnend von dir und deinen Freuden gesprochen. Ich selbst bin jedoch ein wenig erstaunt, spüre ich die Essenz Bhaals doch äußerst schwach und tief verborgen in dir. Dennoch werde ich meinen Auftrag erfüllen müssen.", fuhr er fort, ohne dabei bedrohlich zu klingen oder gar zu wirken. "Sieh an, und ich dachte ihr Harfner seid in den letzten Jahren etwas vernünftiger geworden.", merkte Shane leicht zynisch an. "Versteh mich nicht falsch. Ich persönlich hege keinen Groll gegen dich. Meiner Meinung nach geht von dir keine Gefahr aus die bekämpft werden müsste, jedoch ist meine Meinung nicht von belang. Auftrag ist Auftrag und wird so erledigt wie es von mir verlangt wurde.", erwiderte er nüchtern.

"Was ist denn das für ein Typ?! Was glaubt der eigentlich wer er ist?!", fauchte Jáin erbost, doch Shane wies ihn zurück. "Man könnte sagen er ist so was wie ein Söldner der für die Harfner arbeitet.", erklärte er leise, fast so als wolle er vor ihn warnen.

"Sagt mal, warum trägt er den ein schwarzes Band vor den Augen?", fragte Kyren auf einmal dazwischen und deutete unwissend auf Jarod, den es bei solch einer naiven Äußerung ein Schmunzeln entlockte. "Mein Kind, ich bin blind, falls es dir entgangen ist.", gab er freundlich zurück. "Ich würde auch nichts sehen können wenn ich so ein schwarzes Band um die Augen hab.", protestierte sie etwas eingeschnappt, was ihre Freunde und Jarod nun endgültig aus der Fassung brachte.

"Äh ... nun ja, wenn ihr wollt könnt ihr gerne noch eine Mahlzeit zu euch nehmen. Ich denke es stört nicht wenn ich euch etwas später töte.", schlug der Mönch den Dreien vor und deutete mit seinen Stab auf die Schänke, was Jáin sichtlich auf die Palme brachte. "Das ist ja wohl die Höhe! Was glaubt diese blinde Nuss eigentlich wer er ist?! Den wird' ich Beine machen, wenn der glaubt so einfach mit uns fertig zu werden.", schrie er erbost und stampfte ärmelhochkrempelnd auf den Harfner zu. "Jáin! Warte!", warnten ihn seine Freunde noch, doch er ließ sich nicht bremsen und stürmte auf den Fremden zu, der bis zuletzt regungslos an Ort und Stelle verharrte.

Der Drow staunte nicht schlecht als Jarod mit seiner Stabwaffe ausholte und sie ihn in seine Magengegend bohrte, obwohl er versucht hatte auszuweichen. Mit einen weiteren Hieb riss er ihn von den Beinen und brachte ihn zu Boden, worauf er ihm das eine Ende seiner Waffe gegen die Kehle drückte.

"Bist du sicher das du blind bist?", scherzte der junge Drow mit schmerzverzerrten Gesicht, trotz misslicher Lage, und hielt sich den Bauch. Innerlich wurmte es ihn seinen Gegner so unterschätzt zu haben, aber nun ließ es sich nicht mehr rückgängig machen.

"Ich hab' doch gesagt das du warten sollst, oder glaubst du die Harfner sind so dumm und schicken jemand hier her der sich so einfach besiegen lässt?", schimpfte Shane. "Ganz offensichtlich braucht er kein Augenlicht um alles um sich herum wahr zu nehmen. Ich glaube das ist eine alte Technik die auf Magie basiert.", fuhr er nachdenklich fort. "Danke für den Tipp - da wär' ich nie drauf gekommen." ,tönte Jáin zynisch unter leichten Röchellauten zurück.

"Eure Auffassungsgabe ist wirklich gut, aber nun wo der Kampf einmal angefangen hat, werde ich ihn auch zu Ende bringen.", meinte Jarod und zog seinen Stab zurück, wohlwissend das sein erster Gegner nicht so schnell wieder aufstehen würde. "Warte! Eine Frage noch!", schrie Kyren plötzlich dazwischen, worauf er abrupt inne hielt und sich erstaunt zu ihr wendete. "Sie sei dir gestattet.", willigte der Mönch freundlich ein. "Der Informant der dir von Shane erzählt hat - wie ist sein Name?", fragte sie, wohl auch in der Hoffnung etwas Zeit zu schinden. Ein böser Gedanke durchfuhr sie, fast schon als hatte sie eine Vorahnung wer dahinter stecken könnte, aber die Antwort die sie erhielt half ihr nicht weiter. "Tut mir Leid, ich weiß es nicht.", antwortete er und machte sich daran seinen Auftrag zu vollenden.

Mit verbissener Miene sah sie zu Boden und schwor gedanklich darauf das nur Mogul hinter dieser Hetze stecken konnte. Es entging ihr fast das sie sich in einem ernsten Kampf befand in dem auch ihr Leben auf dem Spiel stand. Als sie wieder aufsah erblickte sie Jarod und Shane in einigen Metern Entfernung vor sich, die sich wie zwei duellierende Cowboys gegenüberstanden.

Ihr Gefährte schien zu spüren das der nächste Schritt den er tun würde schon sein letzter sein könnte, denn die schleierhafte Mimik seines Gegenübers ließ nur wage erahnen zu was er fähig war. "Es wird Zeit ...", sprach er in einen ruhigen Ton und schloss seine Hand noch etwas fester um seinen Stab. Nur Augenblicke später setzte er zum Angriff an und sprang auf Shane zu. Mit voller Wucht schlug er auf ihn ein, traf aber nur die herbeigezogene Klinge seines Zweihänders, die ihn förmlich abprallen ließ. Kaum gelandet setzte er zu weiteren Attacken an und schwang seinen Stab in einer Perfektion, das Kyren der Atem weg blieb. Einiger seiner Hiebe, denen Shane zurückweichend entkam, schlugen sogar kleine Krater in die Erde. Jarod ließ nicht nach und wirbelte seine Waffe mit einer unvergleichbaren Eleganz durch die Luft, bevor er wieder und wieder auf seinen jungen Gegner einschlug. Es blieb vergebens, denn jedes mal erwies sich das Schwert des Halbelfen als unüberwindbares Hindernis.

Beide legten ein hohes Tempo vor, so hoch, das sie schnell aus der Puste kamen und ihren Kampf eine kurze Pause gönnten, aber selbst während sie nach Luft schnappten waren sie aufeinander fixiert. Shane überkamen Zweifel, denn er wusste nicht wie lange er das noch durchhalten konnte, trotz seiner neuerworbenen Talente, ohne die er sicherlich schon längst tot wäre. Einen solch starken und zähen Gegner hatte er seit Jaygoyle noch nicht erlebt. Er kämpfe auf so hohen Niveau das er sich fragte wie stark wer wohl wäre wenn er sein Augenlicht noch gehabt hätte. Plötzlich verließ Jarod seine leicht gebückte Kampfhaltung und setzte seinen Stab senkrecht auf den Boden auf, wodurch wieder das altvertraute Geräusch erklang. Ein zufriedenes Lächeln streifte sein Gesicht, was Shane und die anderen etwas verwirrt drein blicken ließ.

"Es reicht. Genug des Kampfes.", sagte Jarod auf einmal. "Was?! Ich verstehe nicht.", staunte sein Gegenüber. "Es gibt keinen Grund für mich weiter zu kämpfen. Offensichtlich sind wir uns ebenwürdig. Ich kann dich eh nicht besiegen, also brauche ich auch nicht unnötig Kräfte an dir zu verschwenden. Ich werde nun gehen. Mein Auftrag ist beendet. Lebt wohl.", erwiderte er gelassen und wendete sich ab. Kyren war genau wie ihre Gefährten so verblüfft das sie nicht wussten was sie sagen sollten. "Ach, ein guter Rat von mir. Seid besser vorsichtig. Wer weiß, vielleicht schicken die Harfner einen Besseren.", rief er ihnen mit zugewendeten Rücken zu und hob noch einmal seine Hand zum Abschied. Bis zuletzt strahlte er noch immer eine ungewöhnliche Ruhe und Gelassenheit aus, die man so noch nicht erlebt hatte. Er ging wie er kam, als Gentleman der besonderen Art.

Erleichtert sank die kleine Elfe in die Knie und atmete erst einmal tief vor Erleichterung aus. Kurz darauf ließ Shane seinen Zweihänder fallen und sank ebenfalls auf allen Vieren nieder. Er schwitzte noch etwas vom Kampf und ließ seinen Schweiß vom Gesicht zum Boden tropfen. Sein Blick wirkte geschockt, ja gerade zu ängstlich. "Alles in Ordnung, Shane?", fragte Kyren kurz nach, während sie zu ihm herüber sah. "Ja, glaub' schon.", antwortete er und legte sich auf den Rücken, die Arme zur Seite ausgestreckt.
 

"Das war knapp.", meinte Jáin, der sich noch immer den Bauch hielt und herbeigehumpelt kam. "Ich verstehe es nicht ...", dachte Shane leise und sah in den Himmel. "Was verstehst du nicht?", wollte der Dunkelelf wissen und ließ seinen Schatten über ihn fallen. "Er hätte mich besiegt ...", fuhr er nachdenklich fort. "Vielleicht hat er das nicht gemerkt. Ich meine, schließlich war er blind.", meinte Jáin schulterzuckend. "Nein ... ich glaube ... ganz im Gegenteil ... ich glaube er hat etwas gespürt ... was ich nicht gespürt habe ...", erwiderte er mit kurzen Pausen. "Aber vielleicht irre ich mich ja auch.", ergänzte er schließlich und richtete sich auf. "Genau, frag dich lieber wie es nun weitergeht.", stimmte sein Gefährte zu und half ihm auf. Bald war klar, das man sein Ziel, den Phönix zu finden wieder aufnehmen musste, wenn man wissen wollte, was es mit Mogul und seinen Machenschaften auf sich hatte.
 

Dumpfe, gespenstische Schritte tönten durch die Hallen und Gänge von Moguls unterirdischen Verließ. Er selbst hatte sich dort eingenistet, um das Tageslicht zu meiden, das er als Dämonritter so hasste, wenn auch nicht fürchtete. Auf seiner Wanderung erreichte er schließlich den Raum den er vor einiger Zeit schon einmal besucht hatte. Noch immer standen die zwei gläsernen Behälter mit deren Inhalt da, während die vielen Maschinen die überall verteilt herum standen ihren typischen brummenden Laut von sich gaben. Schließlich kam er vor den beiden Objekten zum stehen und musterte sie eingehend mit prüfenden Blick. Es überraschte ihn nicht das noch eine weitere Person im Raum war, die kurz darauf hinter ihm aus dem Schatten trat.

"Was ist, alter Freund? Offensichtlich sind deine Pläne gescheitert. Der Rakshasa den du angeheuert hast ist tot und die Harfner haben versagt. Sie werden sich nicht weiter um dein kleines Problem kümmern. Stattdessen kommt dein Problem Thay immer näher. Also, was gedenkst du nun zu tun?", stichelte die Gestalt hinter ihm. Der Mann war ihm nicht unbekannt, hatte er doch schon im Gerichtssaal von Riatavin für aufsehen gesorgt und Diron zu sich geholt. "Sag mir Gray, wie weit sind Dirons Forschungen eigentlich vorangeschritten gewesen?", fragte er unbeeindruckt dieser Kritik zurück. "Ah, ich verstehe. Du willst sehen ob seine Experimente wirklich so vielversprechend sind wie in seinen Unterlagen erwähnt, nicht wahr?", gab Gray mit zweifelhaftem Blick zurück. Mogul schwieg und senkte sein Haupt in Ungeduld, noch immer auf eine passende Antwort wartend. "Sein Forschungsstand liegt bei etwa 80 ... vielleicht 90 Prozent. Prinzipiell sind sie also einsatzfähig.", antwortete er schließlich, worauf er sich ihm leicht zuwendete. "Und wann wird Diron wieder zurückkehren können?", wollte er wissen. "Ah, das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Seit er die Kugel von Mesa in sich absorbiert hat ist sein Verstand ziemlich unbrauchbar geworden. Es braucht seine Zeit. Aber keine Sorge, ich bin mir sicher er hätte nichts dagegen wenn wir eines seiner Experimente ... testen.", erwiderte Gray grinsend. Bedächtiges Schweigen beherrschte für einen Moment das Szenario, bevor Mogul eine Entscheidung traf.

"Kannst du einen von ihnen bereit machen?", fragte er schließlich mit tiefer Stimme. "Den Drow kann ich erwecken, wenn du es wünscht, jedoch weiß ich nicht was dann passiert. Ich bin mit den Details seiner Arbeit nicht vertraut.", tönte er nüchtern zurück. "Tu was immer nötig ist.", wies der Dämonritter ihn an und blickte auf die Gestalt im ersten Gefäß dessen Schatten nun schwand. Trotz der kleinen Maske vor dem Mund die ihm Sauerstoff zuführte war deutlich zu erkennen wer dort schlummerte. Es war Leath, der seinerzeit von seiner einstigen Herrin - dem Dämon Bell - hingerichtet worden war ...

Folge 52: Verdorbene Geschmäcker

Alle Vorbereitungen waren getroffen und Gray machte sich daran Leath aus seinem gläsernen Gefängnis zu befreien. Langsam ließ er mittels einiger Hebel die grünlich schimmernde Flüssigkeit aus seinen Behälter und löste per Knopfdruck die Sauerstoffmaske. Nur Augenblicke später fuhr das schützende Glas herunter und ließ den recht leblos wirkenden Körper des Drow niederfallen. Stille beherrschte das Szenario, denn er regte sich nicht, so dass sich in Mogul erste Zweifel hegte. "Was ist? Hat es nicht funktioniert?!", fragte er mürrisch und richtete seinen Blick auf Gray, der am Kontrollpult stand. "Abwarten. Es dauert sicher noch einen Moment bis sein Geist wieder erwacht.", erwiderte er beschwichtigend. Kaum hatte er diese Worte gesprochen begann Leaths Körper zu atmen, ja erste Reflexe auf die Umgebung zu zeigen.

Plötzlich schrak er auf und hielt sich wild schreiend am Kopf. "NEIN! AHHHH! BELL!", kreischte er panisch, so als sei er dem Tode nah. Einen Moment später verstummte sein Schrei, genau wie der Schmerz der seinen Schädel durchfuhr. Verwirrt blickte er sich um, doch sah er nur Schwärze vor sich. Er spürte das er nicht alleine war und begann sich hektisch aufzurichten. "Wie? Was?! Was ist passiert?! Wer ist da?! Wo bin ich?", fragte er mit nervöser Stimme. Gray wirkte zufrieden, denn das Experiment erwies sich als Erfolg.

"Keine Sorge, du bist hier in Sicherheit ... und falls es dich beruhigt - in der Welt der Lebenden.", redete er beruhigend auf ihn ein. "Was ... was geht hier vor?! Warum kann ich nichts sehen?", fragte er zweifelnd nach, sich hektisch hin und her bewegend.

"Deine Blindheit ist nur ein vorrübergehender Effekt, der in den nächsten Minuten nachlassen sollte. Du bist hier in meiner Feste. Ich bin Mogul, dein neuer Herr, der dir dein Leben wieder gegeben hat.", erklärte der Dämonritter schließlich und trat etwas näher an den Dunkelelfen heran. "Das kann nicht sein! Ich wurde durch die Macht eines Dämonen vernichtet! Für mich gibt es keine Rückkehr mehr.", entgegnete er misstrauisch, was Gray veranlasste ihn noch etwas mehr zu beschwichtigen. "Es hat alles seine Richtigkeit. Dein alter Freund Diron hatte schon zum Zeitpunkt deines Todes an einer Methode gearbeitet die selbst von Dämonen getötete Wesen wieder ins Leben bringen kann. Laut seinen Unterlagen war es zwar etwas kompliziert deinen zertrümmerten Schädel wieder zusammen zu setzen, aber da dein Körper und deine Organe gut erhalten waren konnte er dich konservieren, wodurch deine Seele nicht vollständig ins Nichts gerissen wurde, ja jetzt sogar wieder vollends zu dir zurückgekehrt ist.", erklärte er, sich die Unterlagen des Nekromanten zur Hilfe nehmend. "Und wo ist dann Diron? Warum ist er nicht hier?", wollte Leath wissen, da er nur die befremdlichen Stimmen vernahm. "Leider kann er auf Grund einiger hinderlicher Umstände nicht bei uns sein, aber er wird sicher bald zurückkehren.", antwortete er mit listigen Blick.

"Also, bist du bereit mir, der deinen Leben eine weitere Chance gab, und meiner Sache loyal zu dienen? Bist du bereit meine Befehle mit allen Konsequenzen auszuführen?", tönte Mogul auffordernd, worauf Leaths Gesicht ein arrogantes Grinsen überzog. "Wenn der Preis stimmt.", erwiderte er frech und willigte somit ein. Er hatte sich schon einmal in die Dienste eines Dämonen gestellt, also war es nicht ungewöhnlich das er auch den Deal des Dämonritters nicht abschlug. Es sollten nur wenige Tage vergehen in denen die Welt noch sicher vor seinen Taten war.
 

Irre Klänge und verzweifelte Rufe durchschallten eine abgelegene riesige Baute in der Nähe von Ormath. Hinter dem prächtigen Anwesen verbarg sich jedoch kein Adelshaus, sondern ein Heim für geistig Verwirrte, wie es manch ein nahegelegener Anwohner höflich ausdrücken würde. Die beiden Wachen ahnten nicht das sie schon sehr bald Besuch bekommen würden und lehnten lässig vor den hohen, blechernen Eingangstoren der Anstalt, die mit allerlei kryptischen Bildern geschmückt waren.

Ein Teleportationsfeld das sich vor ihnen auftat beendete ihre Mittagsruhe jedoch schnell. Etwas überrascht sahen sich die beiden an, nicht wissend wer da kommen möge.

Als die Tore der Baute kurz darauf lautstark nach innen aufschlugen und eine berüstete Gestalt klangvoll eintrat, war klar das sie es nicht geschafft hatten den Eindringling aufzuhalten. Weitere Wachen und Aufseher kamen herbeigeeilt um zu sehen was vorgefallen war, doch auch sie sollten das aufeinandertreffen mit dem Fremden nicht überleben.

Qualvolle Schreie erweckten einen bis dahin schlafenden Insassen aus seinen irren Träumen, so dass er leicht von seiner Pritsche aufschreckte. Neugierig eilte er in leicht gebückter Haltung zu den Gittern seiner Zelle. Sein Gang war merkwürdig, seine Statur krüppelhaft und seine Haut mit Narben übersäht. Eine eiserne Maske war vor seinen Mund gespannt, die er nicht vermochte abzunehmen. Nur durch einen kleinen Schlitz konnte man ihm Essen und Trinken zuführen.

Schließlich verstummten die Todesschreie und er war voller Neugier was als nächstes passieren würde, während andere Insassen, wie auch sonst immer, apathisch eingekauert in ihren Ecken hockten. Plötzlich schlug die Tür zu seinem Zellentrakt auf und eine dunkle Gestalt kam den Gang entlang. Ihr Schritt war schnell und ihr Ziel war klar. Er war es den der Fremde aufzusuchen gedachte.

"Jeqyll?", fragte der Eindringling mit dunkler Stimme, sich vergewissernd das er den Richtigen auf der anderen Seite der Zelle vor sich hatte. "Ja, das ist mein Name. Was kann ich für dich tun, mein Freund?", gab er lechzend zur Antwort und musterte ihn mit durstigen Blick. Er kannte den berüsteten Dunkelelfen mit dem langen weißen Haar nicht. "Ich habe einen Auftrag für dich. Die Belohnung ist deine Freiheit. Wirst du annehmen oder wählst du den Tod?", tönte der Drow mit finsterer Stimme hervor. "Das kommt ganz darauf an.", erwiderte er, worauf ihm sein Gegenüber mit einem blutigen Schlüssel die Zellentür öffnete. Vorsichtig trat Jeqyll heraus, während ihn sein Befreier, der ihm bald unter dem Namen Leath bekannt werden sollte, als Aufforderung ihm zu folgen den Rücken zuwand. "Du bist also Jeqyll, der Menschenfresser, richtig? Hab viel von dir gehört.", begann er zu erzählen und warf ihm lässig einen kleinen Schlüssel zu, mit dem er den Mundschutz entriegeln konnte. "Ich hoffe für dich das du kein Problem damit hast Elfen zu essen, denn dein Auftrag besteht darin dich zwei von ihnen zu entledigen.", fuhr er mit strengem Ton fort. "Kein ... Problem.", tönte es hinter seinem Rücken hervor. Ein fieses Grinsen legte sich auf sein lechzendes und maskenfreies Gesicht, das bereits nach Frischfleisch gierte.

Vom Blutdurst gepackt wollte er keine Sekunde ungenutzt lassen und sprang Leath hinterrücks an, doch sein Vorhaben wurde durch selbigen vereitelt. Rasch, fast so als hatte er diese Reaktion erwartet, drehte er sich zu ihm um und schlug ihn seine Handfläche direkt aufs Gesicht, womit er ihn gegen eine Wand presste. Seine Finger schienen sich tief in die Haut seines Gesichts gegraben zu haben und hielten ihn so hoch das er mit seinen Füßen hilflos in der Luft umherbaumelte. Leath war durchaus in der Lage ihm mit bloßer Hand den Schädel zu zerquetschen, aber er war gewillt dem Menschenfresser eine Chance zu geben. "Mäßige dich, du Narr, sonst suche ich mir jemand anderes. Ich könnte dich zerquetschen wie eine Fliege, wenn ich wollte, also wage es nie wieder.", gab er mit bedrohlichen Blick von sich. Ein zustimmendes Stammeln sollte Jeqyll die Gnade geben die er brauchte wollte er je wieder ein Mahl zu sich nehmen. Einige Momente später ließ der Dunkelelf von ihm ab, worauf er von der Wand hinabrutschte.

Leath nahm zwei Fahndungsplakate hervor und drückte sie ihm in die Hand. "Das sind deine nächsten Mahlzeiten! Finde und töte sie!", wies er ihn barsch an und machte sich daran die Baute zu verlassen. Schon als er ging, mahnten seine hallenden Schritte und sein wehender Umhang das bevorstehende Unheil voraus.
 

Kyren, Shane und Jáin hatten sich derweil daran gemacht die Osraun-Berge zu erklimmen, wobei sie ein breiter Fußweg durch die Höhen der Gebirgskette führte. Man hatte die letzten Tage genutzt um diversen Gerüchten über die Phönixartefakte nachzugehen.

"Wah! Wie weit ist es denn noch? Wir laufen schon den ganzen Tag nur Bergauf. Wann sind wir endlich da?", jammerte die kleine Elfe die schon in deutlich gebückter Haltung ging. "Du hast doch selbst gehört was die Dorfälteste in der letzten Siedlung erzählt hat. Die Maske des Phönix soll in einem Kloster liegen das mitten in diesem Gebirge liegen soll. Und irgendwas muss ja dran sein, denn der Weg hier auf dem wir laufen scheint durchaus benutzt zu werden.", erwiderte Jáin streng. "Aber ich kann nicht mehr. Mir tut alles weh!", gab sie mitleidig zurück und blieb erschöpft stehen, worauf auch ihre Gefährten anhielten. "Wäre es dir etwa lieber gewesen wir würden die ganzen Steilwände hochklettern?", motzte der Dunkelelf mit stichelnden Blick, worauf sie betrübt ihren Kopf in Richtung Boden senkte. Ihr war schon klar das sie ihnen ein Klotz am Bein war, aber sie wollte genau wie sie den Phönix finden.

"Was soll das?! Verdammt Shane, ich hab' mir gleich gedacht das sie uns nur aufhalten wird. Wir sind viel zu langsam mit ihr. Sie ist noch ein Kind und hat einfach nicht die Kraft und Kondition hier hoch zu kommen.", meckerte Jáin, die Hände gegen die Hüfte stemmend. Tatsächlich hatten die beiden wegen ihr schon etwas Tempo aus ihrem Gang herausgenommen, womit sie ihr Problem aber nur herauszögernden. Sein giftender Blick zur seiner Gefährtin änderte sich schlagartig als ihn Shane auf einmal seinen Zweihänder vor die Nase hielt. "Du hast recht, wir sind so zu langsam.", stimmte er nüchtern zu. Verdutzt nahm er das Schwert samt Halterung an sich, nicht wissend was diese Aktion sollte. Erst als Shane vor Kyren in die Hocke ging, seine Arme nach hinten legte und sich leicht zu ihr umdrehte, war ihm klar was er vor hatte. "Los, steig auf. Ich trag' dich weiter.", meinte er freundlich, was ihr etwas Röte in die Wangen steigen ließ, die aber schnell wieder verblasste. Ohne lange zu zögern nahm sie sein Angebot an und stieg auf. "Du weißt doch noch was beim letzten mal passiert ist als du sie so getragen hast.", stichelte Jáin mit passenden Blick. "Ja, aber diesmal hast du sie nicht mit einen deiner Tränke vergiftet.", gab er zwinkernd zurück und nahm sie Huckpack. "Was meint ihr damit?", fragte Kyren unwissend, womit es die beiden fast aus der Fassung haute. "Tja, sie kann sich wohl nicht mehr daran erinnern.", meinte der junge Halbelf schwitzend.
 

Schließlich zog man weiter und Kyren genoss den Komfort ihrer Reise. Entspannt legte sie ihren Kopf auf Shanes Schulter und ließ die Nachmittagssonne auf sich scheinen. Zufrieden lächelnd schloss sie die Augen und träumte vor sich hin, während sie ihre beiden Freunde weiter unterhielten.

"Findest du es nicht merkwürdig das wir den ganzen Tag noch niemanden auf diesem Weg begegnet sind? Dabei sieht es gar nicht aus als ob er nicht benutzt werden würde.", meinte Shane stutzig. "Ja, aber ehrlich gesagt kann uns das egal sein, solange wir dieses Kloster finden.", erwiderte sein Mitstreiter leicht genervt von der anstrengenden Reise. Plötzlich entdeckte er in einiger Entfernung vor sich eine Gestalt die auf einem Stein saß, wohl um eine kleine Verschnaufpause zu halten. Als man näher kam erkannte man das es sich um einen relativ kleinen Menschen handelte, der teilweise etwas unförmig wirkte. Ein kleiner Buckel zierte seinen Rücken und trotzdem machte er einen friedlichen Eindruck. "Oh, hallo Wanderer! Es kommen nur selten Leute diesen Weg entlang. Wollt ihr etwa auch zum Kloster, wie ich?", fragte er mit sympathischer Stimme. Alle drei schraken auf, ein wenig erstaunt über den merkwürdigen Zufall, doch sie schöpften keinen Verdacht bei dem Fremdling der den Namen Jeqyll trug.
 

Fortan hatten die drei einen Führer, der sie durch ein paar Abkürzungen, die die einheimischen Bergziegen hinterlassen hatten, schließlich bis zum Kloster führte. Selbst aus der Ferne war das riesige Gebäude ein beeindruckender Anblick. Das Kloster umgab ein riesiges Anwesen und lag direkt an einer Schlucht. Dennoch, die Mauern wirkten alt und das Gebäude baufällig, wodurch es viel von seiner Schönheit einbüßte.

An den riesigen Toren des Bauwerkes angekommen verschaffte ihnen der kleine Menschling durch eine Tür neben dem Haupteingang zutritt. Die drei Abenteurer musterten ihre Umgebung ganz genau als sie den Hof betraten, aber auch dieser Teil wirkte alt und schäbig. "Sagt, lebt hier niemand mehr? Alles sieht so verlassen aus.", fragte Kyren unsicher, die inzwischen wieder alleine lief. "Äh, na ja ... die letzten Mönche die hier lebten sind vor langer Zeit ausgewandert, so weit ich weiß.", erwiderte er zögerlich, ohne sich ihr zuzuwenden. "Ein verlassenes Kloster? Denkst du das gleiche wie ich, Shane?", merkte Jáin leise an und linste misstrauisch zu seinem Gefährten hinüber, der kurz zustimmend nickte. Er zweifelte und wagte fortan nicht mehr seinen Blick von den kleinen Mann vor ihnen zu lassen, der sie in die Hallen des Klosters führte. Auch Kyren wirkte nachdenklich, ließ sich aber vom beeindruckenden Inneren des Gebäudes ablenken als man es betrat. Eine von Meterhohen Säulen gestützte Halle bot sich ihnen, an dessen Ende eine alter eingestaubte buddhaähnliche Statue stand. Vereinzelt fiel Licht durch die feinen risse im Dach der Baute, so dass der Saal auch ohne Fackeln mit atmosphärischen Licht gefüllt war. "Hm, meint ihr das die Mönche die hier lebten etwas zurückgelassen haben?", fragte Kyren unsicher und wendete sich ihren Gefährten zu, während Jeqyll vor der Statue inne hielt. "Wenn ihr mir sagt was ihr sucht, dann könnte ich euch vielleicht helfen.", merkte er freundlich an und drehte sich zu seinen Begleitern um.

Er erschrak als er sah das sich in Jáins ausgestreckter rechter Hand ein Energieball geformt hatte, der genau auf ihn zielte. "Sag mir lieber wer du bist und was das soll!", entgegnete der Drow mit drohender Stimme, worauf sich Jeqyll sichtlich ertappt fühlte und zurückzuckte. "Hey, Hey! Was soll das? Ich hab euch doch gar nichts getan!", gab er nervös mit beiden Händen vor sich her wedelnd zur Antwort, während er heimlich weiter in Richtung der Statue zurückwich. "Verkauf' uns nicht für dumm! Welcher Wanderer würde uns schon in ein verlassenes Kloster führen wo es absolut nichts gibt - schon gar nicht die Maske des Phönix. Also, wer bist du?! Ein Dieb?! Ein Kopfgeldjäger?!", fuhr er ihn barsch an und schritt weiter auf ihn zu.

"Eine Marionette!", tönte plötzlich hinter ihnen eine Stimme hervor, worauf man sich erstaunt umdrehte. Die Gestalt die zunächst noch im Schatten verharrte hatte bereits sein Schwert gezogen und schritt nun auf die drei Abenteurer zu. Ihre Augen weiteten sich fassungslos als der Fremde in einer der einfallenden Lichtstrahlen trat und die Dunkelheit Leaths Gesicht frei gab. "Leath!", riefen Shane und Kyren schockiert, während Jáin zunächst die Worte fehlten. "Zugegeben, er wird auch euer Henker sein.", kündigte Leath an und ließ seinen Blick zu Jeqyll schweifen, der sich nun im Vorteil sah.

"Vater ...", rief der dunkelhäutige Abenteurer auf einmal, verstummte aber schnell in seiner Aussage. "Was ist los? Ihr seht aus als hättet ihr einen Geist gesehen.", erwiderte er schmunzelnd. Kyren gefroren bei seinem Anblick sämtliche Glieder, so stark war die Angst die ihren Körper durchfuhr. Der einstige Mörder ihrer Eltern stand vor ihr und er schien noch genauso kaltherzig und skrupellos wie damals. "Wie kann das sein? Diron hat gesagt das Bell dich getötet hat.", stotterte sie ängstlich und wich etwas zurück.

"Von was redest du da?", fragte Jáin erstaunt, sichtlich irritiert von dieser Aussage. "Ha! Haben es dir die beiden etwa nicht gesagt? Du reißt mit ihnen und kennst nicht sie nicht einmal? Sie haben mich bekämpft, mein Sohn. Wir waren Gegner, bereit einander zu töten ... damals als ich kurz davor stand Suldanessalar zu finden.", erklärte sein Vater und streute somit ganz bewusst Misstrauen in die Gruppe. "Ihr ... ihr habt gesagt ihr kanntet meinen Vater ... aber nicht ... das ihr verfeindet wart. Und was soll das heißen er sei tot? Was hat das alles zu bedeuten?", wollte der Halbdrow wissen. Shane erkannte das nun die letzte Gelegenheit war seinen Gefährten über seinen Vater aufzuklären. Seufzend senkte er seinen Kopf, denn er wusste das sie sein Vertrauen missbraucht hatten. "Ich hatte gehofft es gäbe einen besseren Zeitpunkt dir das zu sagen, aber nun ist es wohl auch egal. Ja, es stimmt. Wir haben deinen Vater damals bekämpft ... waren sogar mit für seinen Tod verantwortlich. Er diente damals unter dem Dämon Bell und wollte Kyren entführen damit er den Dämon wieder in unsere Ebene rufen konnte. Er hatte bereits ihre Eltern getötet und trachtete nach ihrem ganzen Volk, aber zusammen mit Jason und Zelda konnten wir ihn damals besiegen.", erklärte Shane mit gesenktem Haupt. "Aber ... warum habt ihr mir das nie gesagt?!", fragte er mit verbissener Miene zurück. "Weil du uns sonst vielleicht nicht geholfen hättest, oder würdest du gerne mit den Leuten zusammen reisen die für den Tod deines Vaters verantwortlich sind, deinem Vater, zu dem so voller Stolz und Hoffnung aufgesehen hast?", erwiderte er reuehaft, doch dies änderte nichts an der Fassungslosigkeit seines Gefährten.

"Du siehst also, deine sogenannten 'Freunde' haben dich die ganze Zeit hintergangen. Du warst schon immer viel zu weich und viel zu gutgläubig.", rief Leath spöttisch, während in Jáin immer mehr Wut aufkochte. "Sei ruhig! Schweig!", schrie er ihn erbost an. Sein verzweifelnder, fast weinerlicher Blick ließ nur erahnen was gerade in ihm vorging. Zwar hatte er seinen Vater gefunden, aber er war noch viel schlimmer als er es in Erinnerung hatte. "Ich wollte dich die ganze Zeit finden, Vater, hab immer gehofft dich wieder zum guten bekehren zu können.. Ich wollte es nie glauben, habe dich immer verteidigt und heute stehst du vor mir und ich erfahre das all die schlechten Dinge die man über dich erzählt hat der Wahrheit entsprechen.", gab er mit gebrochener Stimme zurück. "Ja, ich habe Bell gedient, mein Sohn ... und wahrscheinlich stimmen auch all die anderen Geschichten über mich, die du gehört hast, aber es ist nichts im Vergleich zu dem Schmerz als ich erfuhr das du mit unseren Feinden ... mit dieser Waldelfe kooperierst, ja sogar befreundet bist!", tönte Leath grob zurück und ging ein paar Schritt auf die Gruppe zu.

"Jeqyll! Erledige das Kind und den Jungen! Ich werde mich meinem Sohn persönlich annehmen.", sagte er und richtete seinen strafenden Blick auf Jáin. Jeqyll wetzte bereits seine Zähne und zögerte nicht lange um den Befehl folge zu leisten. Irre lachend kam er auf seine beiden Opfer zugestürmt, bevor er zum Sprung ansetzte um sich auf die panisch aufschreiende Elfe zu stürzen.

Das Geräusch einer gezogenen Klinge unterbrach das Geschehen und somit auch den Angriff des Menschenfressers. Nicht mehr als ein paar Bluttropfen erreichten die kleine Elfe und spritzten ihr ins Gesicht, während der leblose, zweigeteilte Körper des Menschlings zu Boden plumpste. Sie konnte kaum glauben was gerade vor ihr geschehen war und verharrte regungslos an Ort und Stelle. Ihr starrer Blick konnte nicht von den toten Überresten Jeqylls lassen, so dass sie fast in eine Trance fiel.

Leath erschrak etwas, denn sein eigener Sohn war es der dieses Blutbad angerichtet hatte. Schnell stieg Wut und Hass in ihm auf, denn nun hatte er auch noch vor seinen Augen das Leben der Elfin gerettet. "Was?! Du stellst dich immer noch gegen mich?! Wie konnte ich nur so dumm sein dich verschonen zu wollen.", meinte er zähneknirschend, während sich ihm sein mit Blut befleckter Sohn zuwendete und sein Schwert in der Scheide verschwinden ließ. "Der Vater, den ich kannte, scheint bereits vor langer Zeit gestorben zu sein. Es gibt niemanden mehr gegen den ich mich stellen könnte.", gab er mit nüchterner Miene von sich.

Shane rüttelte indessen leicht besorgt an seiner völlig apathisch wirkenden Gefährtin. "Kyren? Alles in Ordnung?", fragte er in der Hoffnung sie wieder zu besinnen. Zu groß schien der Schock für sie gewesen zu sein, was sich vor ihren Augen zugetragen hatte. Dieses Erlebnis brachte alte, grauenvolle Erinnerungen in ihr Gedächtnis zurück, die ihr immer wieder zeigten auf welch grausame Weise Leath vor ihren Augen ihre Mutter getötet hatte. Erst Shanes Stimme vermochte sie wieder zu beruhigen und holte sie in die Realität zurück. "Es ... geht mir gut. Danke.", erwiderte sie schließlich in zögerlichen Tonfall.

Es blieb kaum Zeit sich zu entspannen, denn schon kam die nächste Gefahr auf sie zu, die jedoch nicht von Leath ausgehen sollte. Das Geräusch von berstenden Holz ertönte plötzlich, gefolgt von einer Gestalt die von oben aus der Decke hinabsprang. Mehrere Stützbalken und Etagen durchschlug der Eindringling, bevor das Mädchen elegant, in hockender Haltung, zwischen Leath und den Abenteurern landete. Etliche Holzteile prasselten um sie herum auf und hüllten sie kurz in eine Staubwolke.

"Verdammt, das hat uns gerade noch gefehlt!", fluchte Shane, der schnell erkannte wer da gekommen war. Es war Sejya, die motivierter denn je schien ihn endlich zu töten. "Du kannst dich nicht vor mir verstecken, Bhaal! Diesmal muss es eine Entscheidung geben! Entweder ich sterbe hier, oder du!", tönte sie mit fauchender Stimme und machte sich bereit in den Kampf zu schreiten. Es entging ihr scheinbar das Leath hinter ihr stand. Sie sah ihn nicht einmal als Gegner oder Bedrohung und doch sollte er ihren Kampf beeinflussen. "Ah, du musst die sein von der man mir erzählt hat. Sejya, richtig? Das Mädchen was von Diron angestachelt wurde um den Halbelf zu töten. Nur Diron selbst weiß zwar welchen Sinn das hatte, aber du spielst in unseren Planungen keine Rolle mehr, Mädchen.", sagte er und richtete so die Aufmerksamkeit aller auf sich. Sejya staunte nicht schlecht über diese Worte, trugen sie doch sehr zu ihrer Verwirrung bei. "Was erzählst du da, Drow?! Wer bist du überhaupt?!", wollte sie wissen. "Wer ich bin? ... für dich nur ein Geist, aber wenn du dich mir in den Weg stellst - dein Henker!", erwiderte er gelassen, wodurch sich für Shane eine letzte Gelegenheit ergab sie zur Besinnung zu bringen.

"Sejya, bitte! Ich hab es dir schon einmal gesagt! Ich habe nichts mit dem tot deiner Familie zu tun!", rief er eindringlich dazwischen, stieß aber auf Granit. "Es ist mir egal was du sagst! Dir werde ich nie ein Wort glauben, dreckiger Bhaalabkömmling!", schrie sie zurück und wendete sie wieder Leath zu. "Und du sagst mir jetzt sofort was du eben damit gemeint hast!", fuhr sie ihn barsch an, was ihm aber nicht mehr als ein kaltherziges Grinsen entlockte. "Du stehst mir im Weg, Mädchen!", antwortete er in einem ziemlich psychotischen Tonfall. "Du willst dich mit mir anlegen?!", fragte sie erzürnt zurück und ging in Kampfhaltung. Wieder blieb er unbeeindruckt und streckte seine freie Hand nach ihr aus, so als ob er auf sie zielen wollten. Ihr schwante was nun folgen sollte, doch viel mehr als einen geschockten Blick konnte sie ihm nicht mehr entgegensetzen so schnell und erbarmungslos handelte er.

Ein gewaltiges Geschoss drang aus seiner Hand und erwischte das Mädchen direkt in der Magengegend. Schmerzerfüllt riss sie ihre Augen auf und spürte wie ihre Knochen bersteten. Sie spuckte Blut und ihre Pupillen schrumpften schlagartig zusammen. Mit voller Wucht wurde sie, vorbei an den Abenteurern, weit bis in die buddhaähnliche Statue gerissen, die unter der Wucht ihres Aufschlags zu Trümmern zerfiel.

Nicht nur die Statue ging zu Bruch, nein, auch die gesamte Wand dahinter sprengte sie unter der Wucht des Zaubers förmlich auf. Dahinter, so sah man, ging es hunderte von Metern in die Tiefe.

Leath schmunzelnde zufrieden und senkte seine Hand wieder, während sich die drei Abenteurer langsam wieder besinnten. "Er ist deutlich stärker als damals!", meinte Kyren verängstigt. Shane nickte zustimmend und betrachtete noch einmal die Zerstörung die der Drow angerichtet hatte. Als er auf die Überreste der Statue blickte fiel ihm zu seinem entsetzen auf, das Sejya nicht wie erwartet dort lag, worauf sein Blick panisch hin und her schweifte. "Wo ... wo ist sie?!", rief er erschrocken, womit auch seine Freunde Kenntnis von ihren verschwinden bekamen. Erst einige an der Schlucht herabprasselnde Steine machten Jáin auf Sejyas Lage aufmerksam. "Shane!", rief er und deutete mit seinen Augen auf den Abgrund. Sofort eilte der junge Halbelf zur Stelle, wo er sie blutüberströmt mit einer Hand am Abhang festhaltend vorfand. Sie schien unglaubliche Schmerzen zu haben und doch vergoss sie keine Träne, rief nicht einmal um Hilfe. Selbst als er sich nieder kniete und ihrem Arm packte um sie vor dem drohenden Absturz zu retten, sah sie mit hasserfüllten Blick auf. "Lass mich los, Bastard! Ich will keine Hilfe von dir!", fauchte sie ihn störrisch an. "Du bist verletzt! Das schaffst du nicht!", erwiderte er, aber selbst im Angesichts des Todes wollte sie sich nicht helfen lassen und ließ schließlich vom Abhang ab, wodurch sie ihn ebenfalls beinah mit in die Tiefe riss. Auch wenn er zu Boden ging, so hielt er an ihr fest und schüttelte energisch den Kopf. "Ich lasse dich nicht los! Das ist es einfach nicht Wert, Sejya! Man hat dich getäuscht, betrogen und ausgenutzt - ich habe nichts mit dem tot deiner Familie zu tun, aber wirf dein Leben jetzt nicht weg!", redete er mit schmerzverzerrter Miene auf sie ein. "Lass mich los!!! Ich sagte ich will deine Hilfe nicht! Auch wenn du nichts mit den tot meiner Familie zu tun hast, so bist du immer noch ein dreckiger Bhaalabkömmling! Lass mich endlich in Ruhe, du widerliche Kreatur!", kreischte sie außer sich vor Wut, ohne zu merken das Shanes Augen auf einmal ganz kalt und leer wurden.

Sein Kopf neigte sich nach unten und seine Mimik verblasste, während das Geschehen um ihn herum erstarrte. Erinnerungen durchströmten sein inneres Auge und ließen ihn längst Vergangenes noch einmal erleben.

Hänselnde Kindergesänge tönten in seinem inneren Ohr hervor. [Meine Mama will nicht das ich mit dir spiele.], sagte eine andere Kinderstimme zu ihm. Bilder von Avariel-Elfenkindern erschienen, die von ihm wichen sobald er auch nur einen Schritt in ihre Richtung machte. Erst nachdem Kyren nach ihm rief verblassten diese Gedanken und er merkte das sich sein Griff um den Arm des Mädchens langsam zu lösen begann.

Sejyas Gekreische verstummte als ihr plötzlich eine Träne von oben auf die Wange fiel. Verwundert blickte sie zu Shane auf, der noch immer etwas weggetreten wirkte. Kurz darauf schloss sich seine Hand wieder etwas fester um ihren Arm, womit er ihr sogar etwas wehtat. Kyren und Jáin sahen sprachlos zu, während Leath genug gesehen hatte. Ein weiteres mal erhob er seinen Arm für eine neue magische Attacke um den ganzen ein Ende zu bereiten. Zu spät merkte man was sich da hinter ihren Rücken anbahnte, doch kam ihnen das Glück noch einmal zu Hilfe als plötzlich wie aus dem Nichts eine merkwürdige Gestalt zwischen ihnen und Leath erschien. "Entschuldige uns bitte.", sprach der Fremde Neuankömmling, den Kopf etwas nach unten geneigt. Einen Augenblick darauf erschien ein grelles Licht, das sich um Shane und die anderen legte, während sich Leath geblendet abwendete und blind einen Zauber in ihre Richtung abfeuerte. Nach nur wenigen Sekunden legte sich das Licht wieder, worauf er mit erstaunen feststellen musste das sowohl die fremde Gestalt als auch Kyren und ihre Freunde, samt der Kopfgeldjägerin verschwunden waren. Alles was zurückblieb war ein Schlapphut, der auf dem Boden lag. Mit finsterer Miene näherte er sich dem Hut und hob ihn auf. Er fragte sich wer der Mann gewesen war und musterte das Kleidungsstück ausdruckslos.
 

Jáin und die anderen staunten nicht schlecht als sie sich auf einmal mitten in der einöden Berglandschaft wiederfanden, weit weg vom Tempel. Verwundert und verwirrt sahen sie sich um, wobei Kyrens Blick sofort auf Shane fiel, der noch immer Sejyas Arm hielt. Die beiden lagen auf dem Boden und rührten sich einen Moment lang nicht. Die Kopfgeldjägerin schien Bewusstlos, so dass Shane schließlich von ihr abließ als er merkte das keine Gefahr mehr bestand. "Shane!", rief Kyren aufgeregt und rannte zu ihm. "Ist alles in Ordnung?", fragte sie besorgt, was er mit einen ungewöhnlich bedrückten Tonfall bejahte. "Sie scheint wirklich schwer verletzt zu sein.", meinte er leise und stand auf. Die Abenteurer wussten nicht was geschehen war. Umso mehr erschraken Shane und Kyren als eine Gestalt vor sie trat und einen unheimlichen Schatten auf sie warf ...

Folge 53: Auf der Jagd nach der Phönix-Maske

Leath war man entkommen, doch das Wie musste noch geklärt werden. Eine merkwürdige Gestalt war eingeschritten und hatte die Abenteurer gerettet, die gleiche Gestalt, die sich nun Kyren und den anderen präsentierte. "Wie ich sehe seid ihr alle wohl auf.", meinte der Fremde und verschränkte die Arme.

Seine Kluft kam ihnen bekannt vor, jedoch erinnerte man sich nicht mehr woher man sie kannte. Er war ein Mann normaler Statur, in diebesähnlicher Kleidung, dessen fülliges schwarzes Haar seinen leicht arroganten Tonfall gut unterstütze. Erst Jáin brachte etwas Licht in die Sache. "Ich ... ich kenne Sie doch irgendwoher!", rief er mit ernster Stimme. "Du hast ein gutes Gedächtnis, wie mir scheint. Woher willst du mich denn kennen? Aus dem Dorf nahe Riatavin, wo du mit dem Mädchen des Chefs des Glücksspielhauses geschlafen hast und er dich zum Dank dafür in Stein verwandelt hat? Oder denkst du eher an das Dorf des Katzenmädchens was ich vor der totalen Zerstörung durch ihren Feuerball gerettet habe?", erwiderte er arrogant und linste auf das vor ihm liegende Mädchen in Form von Sejya herab.

"Der Mann mit dem Schlapphut!", schrie Kyren auf, fast so als wollte sie die Fragen als erstes beantworten. "Ganz recht, auch wenn mir mein Schlapphut nun leider abhanden gekommen ist. Ihr könnt mich John nennen. Ich beobachte euch schon eine ganze Zeit lang.", bestätigte er leicht schmunzelnd, was nicht sehr zur allgemeinen Beruhigung der Lage beitrug. "Keine Sorge, ich bin hier nicht euer Feind. Ich bin nur deshalb hier weil wir den gleichen Weg haben.", gab er gelassen von sich. Obwohl er unbewaffnet schien, hegte Shane noch etwas Misstrauen und stellte ihn auf die Probe. "Woher sollen wir wissen das du nicht einer von diesen Kopfgeldjägern bist?! Wir haben keine Garantie dafür das du auf unserer Seite stehst.", rief er zähneknirschend. "Ich habe auch nie behauptet auf eurer Seite zu sein, aber ich kann euch versichern das ich kein Kopfgeldjäger bin. Schließlich war ich doch auch derjenige der den steinernen Körper des Dunkelelfen zu euch gebracht hat. Warum hätte ich das tun sollen wenn ich euer Feind wäre?", tönte er unbeeindruckt zurück.

"Du warst das also! Aber wieso hast du dich nicht schon früher gezeigt?", erwiderte Shane erstaunt. "Pah, ich wollte es nicht. Ich hatte kein wirkliches Interesse an euch, doch nun sucht ihr die Phönix-Artefakte - etwas was mich ebenso brennend interessiert.", antwortete er naserümpfend.

"Du weißt aber eine ganze Menge dafür das du dich nicht für uns interessierst.", merkte Jáin zweifelnd an und trat etwas näher heran. "Sagen wir ... ich habe eine exzellente Auffassungsgabe.", erwiderte er gerissen, worauf sich die Drei Gefährten zur Beratung zurückzogen.

"Was meint ihr?", fragte Shane und linste leicht zu John hinüber. "Ich weiß nicht, mir ist der Kerl irgendwie unheimlich.", sagte Kyren mit mulmiger Stimme. "Aber er könnte uns vielleicht dennoch nützlich sein.", lautete es von Jáin, bevor John die illustere Runde unterbrach. "Ihr wollt doch zum Tempel der Phönixmaske, nicht wahr? Ich führe euch hin, wenn ihr wollt.", rief er und sprengte somit die Minni-Versammlung. "Hm! Gut, einverstanden!", erwiderte der Dunkelelf entschlossen.

"Aber zuerst sollten wir uns um Sejya kümmern.", meinte Kyren und sah auf das tapfere Mädchen hinab, das mit schmerzverzerrter Miene am Boden lag. "Ja, sie hat eine Menge abgekriegt.", stimmte Shane bedenklich zu. "Ganz schön zäh die Kleine.", merkte sein dunkelhäutiger Gefährte leise an und verfiel in tiefen Gedanken als er an die Begegnung mit seinem Vater zurückdachte.
 

Sejyas Gesicht verzog sich leicht vor Schmerzen als sie einige Zeit nach dem Vorfall erwachte. Ein kalter Umschlag lag auf ihrer Stirn, eine zusammengefaltete Decke unter ihren Kopf und die warme Sonne strahlte ihr ins Gesicht. Durch ihr aufstöhnen aufmerksam geworden eilten Shane und seine Freunde zu ihr, wurden aber mit gewohnt giftigen Blick empfangen. "Du ...", tönte sie leise, mit aggressiven Unterton, doch der wank hektisch ab. "Nein! Bitte nicht wieder böse werden! Das du wieder bei Bewusstsein bist hast du ihr zu verdanken.", erwiderte er schwitzend und deutet auf die kleine Elfin, die sich gerade zu ihr niederließ. "Freut mich das es dir wieder gut geht.", sagte Kyren freundlich lächelnd und beugte sich etwas über sie. Sejyas Blick wirkte irritiert als sie dem Mädchen in die Augen sah, fast so als wusste sie nicht das es Dankbarkeit war, das sie fühlte. Schließlich richtete sie sich etwas auf und nahm den Umschlag von der Stirn. Ungläubig betrachtete sie ihre Arme und Beine, doch die schmerzenden Wunden waren wie von Geisterhand verschwunden. "Hast du ...?", fragte sie zögerlich, worauf die kleine Elfe ihr freundlich entgegennickte. "Ja, ich verfüge über einige gute Heilzauber. Ich bin froh das sie so gut gewirkt haben.", antwortete sie stolz. "Wo bin ich? Was ist passiert?", fragte sie verwundert als sie sich umsah.

"Das ist jetzt nicht wichtig. Wir sollten machen das wir endlich weiter kommen.", tönte eine weitere Stimme hervor. Sie kam von John, der desinteressiert einige Meter entfernt an einen Abhang stand. Dennoch nahm sich Jáin die Zeit ihr Rede und Antwort zu stehen. "Leath hat dich mit seiner Druckwelle voll erwischt und Shane hat dich vor dem Absturz gerettet, weißt du noch? Der muffige Typ da drüben hat uns dann schließlich alle hier her teleportiert.", erzählte er, worauf sich ihm John leicht eingeschnappt zuwendete. "Ich bin überhaupt nicht muffig!", fauchte er aufplusternd. Jáins Provokation gefiel Sejya, so dass sie etwas zu lächeln begann.

"Ich habe sie noch nie lächeln gesehen.", stellte Shane erstaunt fest, erntete dafür aber gleich wieder einen bösen Blick des Mädchens. "Glaub ja nicht das nur weil du mich gerettet hast ... oder weil du die ganze Zeit recht hattest ... das ich dir dafür irgendetwas schuldig bin.", gab sie mürrisch zurück. "Das heißt ... du ...", fragte er unsicher nach als er den Sinn ihrer Worte realisierte, doch bevor er seinen Satz vollenden konnte, nahm sie ihm das Wort. "Ja, du hast es diesem Leath zu verdanken das ich dir glaube, aber glaub ja nicht das ich dich leiden könnte.", gab sie in fauchenden Unterton zurück. "Na ja, solange du mich nicht töten willst, kann ich wohl damit leben.", meinte er mit verschwitzter Miene, sich an der Wange kratzend.
 

Schon bald darauf machte man sich daran den echten Tempel aufzusuchen, in dem die Phönix-Maske sein sollte. Wieder ging es ständig Berg auf und Sejya mied es nach wie vor Shane oder Jáin zu Nahe zu kommen, war sie doch trotz der Geschehnisse noch misstrauisch gestimmt. "Hör mal, wir haben dich nicht gebeten uns zu begleiten.", merkte letzterer grummelnd an, dem ihre Blicke langsam etwas zu viel wurden. "Glaubt ja nicht das ich euch begleite weil mir eure Gesellschaft so gut gefällt. Ich kann euch Männer eh nicht ausstehen, aber zum Glück für euch hat mich eure kleine Freundin hier geheilt.", erwiderte sie plump, wenn gleich sie einen anderen Grund hatte um ihnen zu folgen. "Du kannst uns ja viel erzählen, aber für mich ist völlig klar das du, nun wo du die Wahrheit kennst, dich an Diron rächen willst. An was anderes denkst du doch eh nie.", moserte er zurück und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf. Nachdenklich senkte sie ihren Kopf, denn so ganz unrecht hatte er mit seinen Worten nicht. Tatsächlich brannte ihr Herz nach Rache, nicht nur weil man ihre Familie ausgelöscht hatte, sondern auch weil der Nekromant sie für seine Pläne missbraucht hatte. Das Beisammensein mit dessen Feinden, so war sie sich sicher, würde früher oder später zu einer Konfrontation mit Diron führen und so war sie gewillt sich ihnen anzuschließen.

"Da liegt der Tempel.", rief John auf einmal, der die ganze Zeit einige Schritt vor ihnen gelaufen war. Als die anderen aufschlossen bot sich ihnen ein atemberaubender Anblick, der durch den roten Vorabendhimmel fast malerisch unterstützt wurde. Ein riesiger prunkvoller Tempel lag nicht weit entfernt vor ihnen, ragte optisch höher als jeder Berg um ihn herum, wie ein Prestigeobjekt hervor. Um die kolossale Baute herum lag eine Siedlung in der reges Treiben herrschte. Selbst zur Abendzeit gingen die Leute dort noch ihrem Handwerk nach oder verkauften ihre Waren. In der namenlosen Stadt sollte man schließlich eine wohl verdiente Rast finden.

Dort angekommen fiel vor allem auf das die Einwohner großteils wie östliche Mönche gekleidet und ihr Haar abrasiert war. Nur wenige unter ihnen wirkten bürgerlich, aber nicht minder sympathisch. John blieb zurück als man sich daran machte die Siedlung zu betreten und eine Schänke aufzusuchen.

"Was ist?", fragte Kyren verwundert, nachdem sie sich ihn zugewendet hatte. "Ihr könnt nun ohne mich weiter ziehen. Ich habe euch hier her gebracht und damit ist die Sache für mich erledigt. Ich lege keinen Wert darauf länger in eurer Gesellschaft zu sein.", gab er mit kaltem Blick zurück und verschwand schließlich im Getümmel. "Merkwürdiger Typ. Was hat er bloß?", merkte Shane irritiert an.

"Ihr könnt ja sagen was ihr wollt. Irgendwas stimmt mit dem nicht. Ich trau' ihm kein bisschen.", meinte Jáin mit misstrauischem Blick. "Kann mir egal sein. Einer Kerl weniger der mit euch rumhängt.", tönte Sejya forsch und ging desinteressiert in eine nahegelegenes Lokal, was Jains Laune etwas verstimmte. "Ah, die hab' ich ja ganz vergessen. Er hätte sie gleich mitnehmen sollen.", grummelte er vor sich hin und folgte ihr kurz darauf.

Die Schänke war nicht sehr gefüllt. Einige ältere Kauze saßen Kartenspielend an ihren Stammtisch und erzählten sich nebenbei Geschichten von Früher, während der Wirt gerade ein paar Gläser abtrocknete.

"Oh, Neuankömmlinge! Was kann ich für euch tun?", begrüßte er die vier freundlich. "Guten Abend der Herr. Hätten Sie vielleicht was zu trinken da und ein paar Zimmer zur Übernachtung?", entgegnete Shane und setzte sich, wie die anderen, an die Theke. "Aber sicher hab ich Getränke. Alles was ihr wollt, aber ... wenn ich mich recht erinnere hab ich nur noch ein Zimmer frei.", erwiderte er, worauf sich Sejya in den Vordergrund drängelte. "Das nehmen wir! Ich schlafe bei der Elfin und ihr seht gefälligst zu wo ihr bleibt!", mischte sie sich auf einmal ein und legte ein paar Goldmünzen auf den Tisch während sie ihren Arm um die etwas verdutzt drein schauende Kyren legte. "Hey! Du kannst doch nicht einfach ...!", wollte der junge Halbelf protestieren, stieß aber auf barsche Widerworte. "Klar kann ich! Ich hab ja schließlich eben dafür bezahlt!", gab sie rüde zurück und drückte das Elfenmädchen noch etwas mehr an sich. "Äh, Fräulein ... das reicht leider nicht.", tönte es vorsichtig vom Wirt, der auf die Münzen deutete die sie eben auf den Tresen gelegt hatte, wodurch sie sichtlich ins schwitzen geriet. "Okay, Kleine, ich hoffe du kannst mir aushelfen.", flüsterte sie ihrer potentiellen Zimmergenossin zu. "Tut mir Leid, aber Shane und Jáin tragen das Geld eigentlich immer mit sich.", gab sie im Flüsterton zurück, so das ihre beiden Gefährten immer mehr zu grinsen begannen. "Okay ... ... .... dann ist das jetzt ein Überfall!", sagte sie nach kurzer Überlegung und zog einen Dolch unter ihrem Lederarmbändern hervor, den sie den Wirt entgegenstreckte. Er konnte nicht recht glauben wie dreist das Mädchen war und erst recht nicht was sie alles tat um ihr Ziel zu erreichen. Zu seinen Glück stürzten sich ihre beiden männlichen Begleiter jedoch auf sie und überwältigten sie, während Kyren sich in Erklärungsversuchen wand. "Tjahahaha, so ist sie eben. Nehmen Sie sie nicht ernst. Eigentlich ist sie gaaanz harmlos.", beschwichtigte sie ihn mit guter Miene.
 

Schließlich nahm man das Zimmer, denn es war groß genug das alle darin Platz haben sollten, auch wenn nur zwei von ihnen ins Bett passten. Das Zimmer wirkte sehr modern und äußerst komfortabel. Der Boden war laminiert und das Bad mit feinsten Kacheln ausgestattet, so dass man durchaus sagen konnte, das es dem Preis gerecht wurde. Ein edler Teppich sorgte dafür das dem Gast nicht zu kalt an den Füßen wurde und einige schön verzierte Möbelstücke ließen ihre Unterkunft recht nobel wirken.

"Dieses miese Mannsweib hat uns beinahe Lokalverbot eingebracht.", meckerte Jáin, der auf dem Bett saß und sich gerade einen Stiefel auszog, was sein Gefährte aber nicht weiter kommentierte. Nachdenklich und stillschweigend verharrte er auf einem Stuhl wo er auf die beiden Mädchen wartete, die noch schnell ins Bad gegangen waren.

"Die nimmt sich viel zu viel heraus! Und überhaupt, was machen die beiden eigentlich die ganze Zeit im Bad?! Die sind doch schon eine halbe Ewigkeit da drin!", fuhr der Dunkelelf missgestimmt fort und starrte auf die grüne Badtür. "Ganze zwei Minuten.", tönte sein Freund gelangweilt und lehnte sich an einen Tisch neben ihn. "Wie kannst du nur so ruhig bleiben?! Regt dich das denn nicht auf?!", fragte er verständnislos. "Ach, weißt du ... seit wir auf dem Zimmer sind erzählst du nur von Sejya. Man könnte ja fast denken du magst sie irgendwie.", antwortete er nüchtern und stand auf. Seinem Freund fehlten die Worte, während Shane seinen Zweihänder beiseite legte, zur Zimmertür ging und nach dem Türknauf griff. "Ich geh noch mal runter in die Bar ... was trinken oder so.", meinte er mit merkwürdig traurigem Blick und verschwand aus dem Zimmer. Sein dunkelhäutiger Gefährte wollte widersprechen, doch da war er schon gegangen.

Nur Augenblicke später kam Kyren barfüßig aus dem Bad und rieb sich ein kleines Handtuch übers Gesicht. "Ah, so ein wenig erfrischendes Nass fürs Gesicht und die Füße tut gut.", meinte sie, bevor sie merkte das Jáin einen etwas konfusen Eindruck machte und Shane verschwunden war. "Was ist los? Wo ist Shane?", fragte sie verwundert. "Er ... ist noch mal runter gegangen.", sagte er mit geschocktem Blick. "Hab ich was verpasst? Du schaust so komisch.", gab sie unsicher von sich und legte das Handtuch beiseite. "Äh ... nein, es ist nichts. ... Ich glaub ... ich muss mal nur kurz ... ähm ... ist Sejya duschen?", entgegnete er leicht stotternd. "Ja, ist sie.", bestätigte das Elfenmädchen, worauf er sich ohne weitere Geste ins Bad begab. Kyren fehlten die Worte als er an ihr vorbei ging, wohlwissend das Sejya noch nicht fertig war. Sein Gesicht wirkte so als ob er einen Geist gesehen hatte, so dass sie es nicht wagte zu fragen was er vor hatte.

Es war fast schon zu offensichtlich als kurz darauf ein empörter Schrei aus dem Bad drang, und Jáin mit allerlei Gerümpel beworfen aus dem selbigen getrottet kam. Nachdenklich rieb er sich eine Beule am Kopf und setzte sich wieder aufs Bett. "Nein, das kann einfach nicht sein ... das ich auf die stehen soll.", murmelte er kopfschüttelnd vor sich hin, worauf es die kleine Elfin fassungslos zu Boden riss.
 

"Warum so traurig, mein Freund?", fragte der Wirt seinen jungen Gast in Form von Shane, der recht deprimiert mit dem Oberkörper auf dem Thresen lag. "Ach, nicht so wichtig. Schenken sie mir noch einen Kirschsaft ein.", gab er zur Antwort, worauf sein Wunsch erfüllt wurde. Er hatte es zwar den ganzen Tag geschafft nicht an die Ereignisse im Tempel zu denken, doch Sejyas hasserfüllter Blick und ihre wüsten Worte gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er fühlte sich kraftlos und niedergeschlagen. 'Kreatur' hatte sie ihn genannt, genau wie die Kinder damals in seiner Heimat, dem Sundabarberg. Gemieden und gehänselt hatten sie ihn, das schlimmste was man einen kleinen Jungen antun konnte, der nicht verstand.

Plötzlich riss die Tür des Lokals auf und ein Besucher trat etwas außer Atem in den Türrahmen, an dem er sich stützend festhielt. Er trug bürgerliche Kleidung, war normal gebaut und hatte kurzes schwarzes Haar. In seiner rechten Hand hielt er einen Zettel, schon etwas zerknittert, jedoch noch lesbar. "Dieses Blatt hier ... hab ich gefunden. Es ist ...", keuchte der Mann am Eingang, bevor ihn der Wirt unterbrach. "So beruhig dich doch und komm erst einmal rein.", wies er ihn an, worauf der Gast seinem Vorschlag folgte und sich zu ihm an die Theke setzte. "Hier, lest selbst.", sagte er und entfaltete den Zettel. Was dort stand verwirrte zunächst selbst Shane, der ebenfalls einen Blick darauf warf.

"So seid gewarnt, denn wenn der weiße Riese zur vollen Stärke erstarkt, dann werde ich kommen und mir das Gesicht holen was selbst in glühender Asche wieder zum Leben erwacht.", las der Wirt stirnrunzelnd vor. "Was bedeutet das?", fragte er den Mann, der jedoch auch keine Antwort wusste. "Gezeichnet, Meisterdieb 1-1-2.", fügte Shane nachdenklich an und las somit die letzten klein geschriebenen Zeilen vor. "Meisterdieb 1-1-2?!", tönten auf einmal die kartenspielenden Gäste hellhörig hervor.

"Ja. Kennt ihr den etwa?", fragte der Wirt verwundert. "Aber klar! Man muss schon in der größten Pampa leben um nicht von dem gehört zu haben ... oh ...", erwiderte einer der Kauze, bis er letztendlich merkte was er da sagte. "Schon gut. Hier kommen wirklich nur selten Leute vorbei die uns den Tratsch aus den großen Städten erzählen.", beruhigte ihn der Wirt.

"Woher kennt ihr den nun?", wollte der junge Halbelf wissen. "Na ja, man erzählt sich allerlei Geschichten um ihn. Er taucht meistens Nachts auf und kündigt seine Diebstähle immer mit verschlüsselter Botschaft an. Er soll in Ormath und Riatavin schon große Kunstschätze gestohlen haben. Niemand hat ihn je zu fassen gekriegt, oder weiß wer er ist.", berichtete der ältere Herr am Tisch. "Ja, aber die Stadtwachen haben ihn den Namen Weißer Falke - White Falcon - gegeben, weil er immer vom Himmel herabschweben soll, wie ein Falke der sich auf seine Beute stürzt.", ergänzte einer seiner Spielpartner mit gehobenen Finger.

"Gibt es denn irgendwelche wertvollen Besitztümer in dieser Siedlung?", fragte Shane neugierig und wand sich zum Wirt. "Nein, wir sind ein recht genügsames Volk hier. Ich glaube nicht das es hier etwas wertvolles gibt, es sei denn die Mönche haben es in ihrem Tempel versteckt.", erwiderte er kopfschüttelnd, worauf es dem Jungen plötzlich wie ein Blitz traf. "Was sagten Sie da?! Oh nein! Zeigen sie noch mal den Zettel her!", schrie er auf einmal auf. Eine Böse Vorahnung durchschlich ihn, die sich sehr bald bestätigen sollte. "Der weiße Riese der zur vollen Stärke erstarkt - das ist der Mond, der Vollmond genauer gesagt! Das heißt er kommt in einer Vollmondnacht! Das Gesicht ... das muss eine Maske sein! Und mit der Phrase 'in Asche wieder zum leben erwachen, macht er eine Anspielung auf den Phönix! Wie in der Legende wo der Phönix aus der Asche entsteigt, versteht ihr?!", gab er aufgeregt von sich und löste einen Rätselpunkt nach dem anderen. "Ja ... aber ja, das könnte sein. Er muss die Phönixmaske meinen, die im Tempel sein soll, aber ich dachte das wäre nur ein Gerücht.", stimmte der Wirt zu, was Shane immer nervöser werden ließ, wo er selbst und seine Freunde doch die Phönixmaske brauchten. "Ruhig Blut, junger Mann. Vollmond ist erst morgen.", tönte der Mann der den Brief gebracht hatte neben ihn hervor. "Gut, das verschafft uns noch etwas Zeit die Mönche zu warnen.", meinte er erleichtert und sank beruhigt auf seinen Platz nieder.
 

"Meisterdieb 1-1-2?", fragte Kyren ungläubig, als Shane seine Gefährten am nächsten Morgen am Frühstückstisch auf das Schreiben aufmerksam machte. "Was für ein merkwürdiger Name. Ist der etwa bei der Feuerwehr?", spottete Jáin ungläubig und sah sich den Text noch einmal an. "Vielleicht ist er ein neuer Gegner. Oder einer den dieser Mogul geschickt hat.", deutete Sejya an und schnitt sich etwas Brot ab. "Glaub ich kaum. Der Typ ist kein Neuling in dieser Branche. Soweit ich weiß treibt der schon eine ganze Zeit lang sein Unwesen in ganz Faerûn. Wenn wir nicht aufpassen ist die Maske weg und alles war umsonst.", widersprach Shane mit ineinander gekreuzten Fingern. "Na ja, wenn die Nachricht von gestern ist, und niemand weiß wer er ist, heißt das doch das er noch nicht allzu lange in der Nähe sein kann.", schlussfolgerte Jáin nüchtern und legte das Papier beiseite. "Ja, da ist was dran. Er müsste am gleichen Tag angekommen sein wie wir.", stimmte Shane zu, bevor den jungen Abenteuern plötzlich fast das Essen im Mund stecken blieb.

"Denkt ihr auch was ich denke?", fragte er in die Runde. "Ja, ich finde auch das wir zu wenig Butter bekommen haben.", meinte Kyren naiv und griff sich ein Brötchen, worauf es den Rest ihrer Begleiter zu Boden riss. "Nein! Quatsch! Es wäre doch durchaus denkbar das dieser John der ist den wir suchen.", klärte Shane sie auf, nachdem man sich wieder aufgerappelt hatte. "Ja, mir ist der Typ eh nie geheuer gewesen.", stimmte sie nickend zu und schnitt sich ihr Brötchen auf. "Gut, wir sollten zuerst zum Tempel um die Mönche zu warnen. Gleich nach dem Frühstück gehen wir dort hin und bitten um Einlass.", sagte er entschlossen.
 

Die Mienen der Gefährten waren lang als die Tempelwachen vor den riesigen Gittertoren des Palasts ihnen kopfschüttelnd und handabweisend den Zutritt verwährten. "Warum dürfen wir nicht hinein? Ich sagte doch - wir müssen euer Oberhaupt dringend sprechen!", beschwerte sich Shane fassungslos. "Tut mir Leid, aber dieser Tempel ist nur für Mönche. Der Zutritt ist für Fremde strengstens untersagt.", erwiderte eine der Wachen in einen strengen Tonfall. "Könntet ihr dann nicht wenigstens euren Oberhaupt etwas ausrichten, wenn ihr uns schon keine Audienz erlaubt? Es sieht so aus das jemand die Maske des Phönix stehlen will, die ihr angeblich im Gewahrsam habt.", mahnte Kyren eindringlich, doch die Mönche schalteten auf Stur, wollten auf das Geplapper eines Kindes offensichtlich nicht hören.

"Irgendwie wollen wir doch das gleiche, oder? Nur das wir sie nicht stehlen wollen.", tuschelte Sejya im Hintergrund ihren dunkelhäutigen Gefährten zu, der daraufhin zustimmend nickte. Es schien so als ob die beiden gerade die gleiche Idee entwickelten wie sie dieses Problem lösen konnten, denn kurz darauf griffen sie ihre Mitstreiter am Kragen und zerrten sie von den Wachen weg. "Äh, entschuldigt uns bitte. Wir gehen jetzt doch lieber.", sagte die grell-blonde Kopfgeldjägerin schwitzend und verschwand schließlich, samt ihrer Begleiter.
 

"Was sollte das?!", meckerte Shane als man sich hinter einer Hauswand den Blicken und Ohren der Wachen entzogen hatte. "Gib es auf, Junge. Die lassen uns da nie rein. Fakt ist aber das wir die Maske wollen, und Fakt ist auch das sie dieser Dieb will. So, oder so, diese Nacht wechselt sie den Besitzer.", erwiderte Jáin und lugte etwas um die Ecke um noch einmal einen Blick auf dem Tempel zu werfen. "Du willst das wir das Artefakt stehlen?", fragte Kyren ganz erschüttert, erntete aber nur einen zweifelhaften Blick. "Nein, ich will sie nur anschauen - natürlich will ich sie stehlen! Wir brauchen das Teil doch wenn wir den Phönix rufen wollen.", gab er zynisch zurück. "Aber ...", wollte sie protestieren, doch er nahm ihr schnell das Wort. "Ja, ja, ich weiß schon. Töte nicht, stehle nicht, sieh dir keine nackten Mädchen unter der Dusche an ...", moserte er zurück und beendete den Satz mit einer eingefangenen Kopfnuss von Sejya, was mit einigen fragenden Blicken gewürdigt wurde. "Jedenfalls ... das hier ist das harte Leben, Mädchen. Hier kriegt man nichts geschenkt. Hier muss man sich alles erkämpfen, verstehst du?", fuhr er fort und rieb sich seine Beule am Kopf.

"Schon gut. Sieht so aus als ob wir eh keine große Wahl hätten. Die Alternative wäre uns reinzuprügeln.", merkte Shane leicht nachdenklich an. "Wir warten bis es dunkel wird. Im Schutze der Nacht ist die Chance besser nicht entdeckt zu werden.", wies der stolze Drow seine Freunde an, worauf man sich zurückzog.
 

Am Abend versammelte man sich nach und nach wieder hinter der Hauswand von der man eine gute Sicht auf den Tempeleingang hatte. Schließlich traf auch Shane ein, der sich zu seinen hockenden Gefährtin hinzugesellte. "Und? Hat einer von euch John gesehen?", fragte er, bekam aber nur ein synchrones Kopfschütteln zur Antwort. "Also, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen der Typ ist aus der Siedlung verschwunden. Niemand will ihn gesehen haben.", meinte Jáin leicht irritiert. "Merkwürdig. Hat er nicht gesagt er hätte hier noch was zu erledigen?", grübelte der junge Halbelf gedankenversunken. "Für mich ist der Fall ganz klar. Der Typ ist schon längst im Tempel, sonst hätten wir ihn gefunden.", meinte Sejya mit Blick auf den Tempel.

Der Zeitpunkt war gekommen damit Jáin seine Geheimwaffe präsentieren konnte, die sich als Mönchsbekleidung mit tiefer Kapuze herausstellte. "Wo hast du die her?", fragte Kyren erstaunt als er die vier Kutten aus seinem nimmervollen Beutel holte. "Ich hab sie genäht! Nun frag nicht so doof!", erwiderte er leicht gereizt. Rasch zogen sie ihre Verkleidung über, die Kapuze weit über den Kopf gezogen und tapsten synchron in einer Reihe in Richtung Tempel. Die Hoffnung so einfach Einlass zu bekommen zerplatzte, denn die Wachen waren misstrauisch. "Halt Brüder - einen Moment! Was macht ihr zu so später Stund' noch draußen?", tönte eine von ihnen in strengen Tonfall und stellte sich der Gruppe in den Weg. "Wir ... äh ... müssen wohl die Zeit vergessen haben. Tut uns Leid.", gab Jáin in vorderste Reihe zögerlich zur Antwort, regte aber somit noch mehr misstrauen bei den Mönchen, so dass auch sein Kollege hinzustieß. "Wer seid ihr? Gebt euch zu erkennen", tönte dieser streng und verlangte nach Enttarnung. Die Sache sah schlecht aus und wieder schien es so als ob man schon am Eingang scheitern würde. Erst als plötzlich wie aus dem Nichts eine Gestalt hinter den Wachen erschien und ihre Köpfe aneinander schlug wendete sich das Blatt. Beide gingen bewusstlos zu Boden und gaben mehr oder wenig freiwillig den Eingang frei.

Erschrocken sprangen die vier Gefährten auseinander, doch zu ihrer Beruhigung erwies sich die Gestalt als John, den man schon den ganzen Tag gesucht hatte. "Jo-John! ... was machst du denn hier?", fragte Jáin erstaunt und nahm sich die Kapuze vom Kopf. "Ihr wolltet doch zur Phönixmaske und ... ehm ... ist euch nichts besseres eingefallen als diese Verkleidung?", gab er nüchtern zurück, bis er realisierte was seine Wegpartner vor gehabt hatten. "Lenk' nicht ab! Was machst du hier?! Wo warst du? Wir haben dich gesucht!", mahnte ihn Shane und warf, wie die anderen, seine Verkleidung ab. "Das ist doch jetzt völlig unwichtig! Ihr solltet machen das ihr reinkommt. Ich werde hier auf euch warten.", erwiderte er verständnislos.

"Das hast du dir so gedacht! Du kommst schön mit uns, weißer Falke, damit wir dich im Auge behalten können!", widersprach Jáin und nahm seinen Arm. "Was meinst du mit Weißer Falke?", gab John wirr zurück, was die Abenteurer jedoch nicht daran hinderte ihn mit ihn den Palast zu nehmen. Für sie war er einfach zu verdächtig als das man ihn unbeobachtet hätte lassen können.
 

Es sollte nicht lange dauern bis die ersten Alarmglocken erklangen und duzende von aufgebrachten Mönchen mit Fackeln bewaffnet aufgeregt durch das Gelände liefen. "Eindringlinge!", riefen sie immer wieder und leuchteten das Areal aus in der Hoffnung sie zu finden. Den jungen Abenteurern gelang es jedoch geschickt sich langsam ins in Richtung Tempelinneres einzuschleichen. Mal diente ein Busch als Versteck, mal eine der Statuen, die im Vorgarten verteilt standen.

"Los, schnell!", forderte Shane seine Kameraden auf, in Erwartung das sie in den Tempel laufen würden als die Luft einen Moment rein war. John war der erste der im Tempel ankam und musterte das innere des Gebäudes gleich auf potentielle Gegner. Das Tempelinnere barg eine riesige und hohe Halle die in regelmäßigen Abständen von einigen stützenden Säulen gehalten wurde. Ein roter Teppich und einige Kerzenständer deuteten ihnen fortan den Weg.

Nur zögerlich schritt man voran und drang schließlich tiefer in die Baute vor. Kaum hatte man sich einige Schritt vom Eingangstor entfernt schlugen die riesigen Eingangstore, durch die man gekommen war, wie von Geisterhand zu. Erschrocken drehte man sich um, konnte aber nicht verhindern das sie sich schlossen. Nur einen Augenblick später fiel ein helles Licht von der Decke, das eine im Schneidersitz meditierende Gestalt am Ende des kurzes Flures offenbarte. Shane erkannte den Mönch der da saß recht schnell und verzog angespannt seine Miene. "Verdammt! Der hat uns gerade noch gefehlt.", meinte er leise, mit geballter Hand. Auch Kyren und Jáin hatten noch recht unangenehme Erinnerungen an den blinden Mann mit dem schwarzen Band um den Augen, der sich nun an seinem Stab aufzurichten begann.

"Willkommen. Ich hätte nicht gedacht das wir uns noch einmal begegnen.", begrüßte er sie in seiner gewohnt freundlichen Art. "Wer ist das?", fragte Sejya unwissend und deutete auf ihn. "Das ist Jarod - ein Mönch, aber er dient den Harfnern.", erklärte ihr Jáin mit ernsten Blick. "Hör zu - es ist nicht so wie du denkst. Wir wollen Euch nichts böses. Wir ...", versuchte Kyren ihr Verhalten zu erklären, doch Jarod nahm ihr schnell das Wort. "Ich weiß um eure Absichten. Ihr wollte die Phönixmaske, nicht wahr? Ein seltenes Artefakt das man dazu braucht um den Feuervogel auferstehen zu lassen.", sprach er, ohne dabei in irgend einer Art und Weise bedrohlich zu klingen, so wie es für ihn typisch war. "Ja, aber wir hatten ehrlich nicht vor sie euch zu stehlen!", schwor sie ohne Erfolg. "Es ist mir nicht ganz klar warum ihr den Phönix rufen wollt, aber das spielt auch keine Rolle. Fakt ist das ihr unbefügt in diesen Tempel eingedrungen seid.", gab er zur Antwort und stampfte mit seinem Stab auf.

"Ich weiß nicht wer du bist, Freundchen, aber solltest du dich mir in den Weg stellen ...", drohte John energisch, bevor man auch ihn unterbrach. "Ja, ich weiß. Du würdest mich ohne Zweifel töten.", tönte er in einen ungewöhnlich strengen Tonfall dazwischen.

"Ich will nicht lange drum herum reden. Wirst du uns die Phönixmaske überlassen, oder nicht?", mischte sich Jáin ein und trat ein paar Schritt vor, worauf Jarod kurz zu schmunzeln begann.

Ohne zu antworten drehte er sich plötzlich um und streckte seine Arme in Luft aus, so als wolle er einen Regenbogen zeichnen. Eine Platte im Boden, am Ende des Teppichs senkte sich daraufhin ab und ließ einen kleinen Pfeiler aus dem Boden emporsteigen. Auf dem Podest lag das Objekt der Begierde - die Phönixmaske. Sie glänzte prachtvoll in goldenen Schimmer und war wie der Kopf des Feuervogels geformt. Schließlich drehte sich Jarod wieder um und war bereit die Frage des Dunkelelfen zu beantworten. "Es tut mir Leid. Unter anderen Umständen hätte ich sie euch vielleicht gegeben, doch diese Maske wird euch verwährt bleiben.", gab er freundlich zur Antwort. "Ich lass mir vor diesem Typen doch nichts vorschreiben!", rief John erzürnt und ballte seine Hände kampfbereit, als plötzlich ein paar Platten der Decke zerbrachen und um das Artefakt zu Boden fielen. Gebannt sah man auf, als eine ganz und gar weiß gekleidete Gestalt durch das Loch nach unten sprang. Die Zeit schien für einen Moment zu erstarren als der Fremde fast schon schwebend, leicht wie eine Feder, vor dem Sockel landete. "Wie ein Falke, schwebt er hinab, der sich auf seine Beute stürzt ...", dachte Shane still und schwer beeindruckt von diesen eleganten Auftritt vor sich hin.

Jeder der Anwesenden war nun klar das dies der gesuchte Dieb sein musste, der es auf die Maske abgesehen hatte. Selbst Jarod zeigte sich von seinen Auftreten überrascht, schritt aber vorerst nicht ein. Erst als sich der lange weiße Umhang des Eindringlings legte, konnte man ihn in Ruhe betrachten, verharrte er doch zunächst regungslos in kniender Haltung an Ort und Stelle. Er war seltsam gekleidet, trug einen weißen Mantel mit weiten Kragen, einen weißen Anzug, weiße Handschuhe, ja sogar weiße Schuhe. Eine Maske und ein modisch, flacher Hut verbargen Großteile seiner Gesichtszüge, so dass man nur ein selbstsicheres Grinsen zu Gesicht bekam als er seinen Kopf erhob. Wortlos warf er einen Blick auf die jungen Abenteuer und den Mönch, der abwartend nur wenige Meter vor ihm stand. "Gestattet mir mich vorzustellen. Man nennt mich White Falcon, aber man kennt mich auch als Meisterdieb 1-1-2.", begrüßte er die Anwesenden grinsend und richtete sich auf. John stutze als er die zweite Bezeichnung seines Namens hörte. "Was sagt er? 1-1-2? Ist das ein Zufall?", dachte er verwundert. "Was ist mein Herr? Warum so nachdenklich? Gefällt Ihnen etwas nicht an meinem Namen?", wirkte der Weiße Falke, nach wie vor lächelnd, auf ihn ein, womit nun auch seine Mitstreiter auf ihn aufmerksam wurden.

"Hey, Moment mal! Wenn John hier ist und der Dieb dort ... dann ist er ja gar nicht der Weiße Falke, wie wir gedacht haben.", rief Kyren verwundert, was den Mann in weiß ein kurzes Lachen entlockte. "Nein mein Kind, aber nah dran.", meinte er und trat ein paar Schritt zurück in Richtung des Artefakts. "Bevor ich nun gehe, will ich mich noch bei euch bedanken. Ihr alle habt wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Dank euch konnte ich Problemlos eindringen, waren doch alle Mönche darauf fixiert euch zu fassen.", fuhr er mit kühler Miene fort. "Was?! Argh, das war von Anfang an alles so geplant, nicht wahr? Mit dem Schreiben hast du nur einen Deppen gesucht der für dich den Lockvogel spielt!", fauchte Jáin erzürnt, was er stolz benickte. "Gut kombiniert. Aber weil ich kein undankbarer Mensch bin sage ich euch sogar wo ihr den zweiten Teil findet.", erwiderte er frech. "Was?! Damit wir noch mal für dich den Lockvogel spielen sollen?! Das kannst du vergessen du dreckiger Bastard!", fluchte der Dunkelelf und stürmte in Richtung des Sockels. Es sollte ihm jedoch nicht gelingen den Meisterdieb an seiner Tat zu hindern, denn als er versuchte an Jarod vorbei zu rennen, rammte der ihn seinen Stab in die Magengegend und brachte ihn somit mit schmerzverzerrten Gesicht zum erliegen.

"Jarod! Warum tust du das? Er entwendet das Artefakt!", schrie Shane entsetzt und eilte seinen Gefährten zu Hilfe, aber der Mönch blieb stumm und reagierte nicht. "Es wird Zeit für mich zu gehen. Auf bald, meine Freunde.", rief der Weiße Falke recht freundlich und nahm ein merkwürdiges metallisches Gerät hervor, nicht größer als eine Faust, während er sich mit der anderen das Artefakt griff. Per Knopfdruck schoss plötzlich ein Enterhaken samt angebundenen Seil aus dem Gerät heraus, das sich oben an der Einbruchsstelle verkeilte. Ein weiterer Knopfdruck bewirkte das er automatisch nach oben gezogen wurde und somit entschwand.

Fassungslos vom dem eben Geschehenen starrten Kyren und ihre Freunde ihm nach, waren sie doch nicht in der Lage etwas zu unternehmen. Ein Zettel fiel zu Boden als er entschwunden war und landete auf dem Podest, doch dies war zunächst nur nebensächlich. Vielmehr drängte sich die Frage auf warum Jarod nichts unternommen hatte.

"Was sollte das, Mönch?! Du hast ihn gerade mit der Phönixmaske entkommen lassen!", fauchte Sejya erzürnt, aber er war nicht gewillt sich zu erklären. Mit mürrischen Blick in Richtung des Mönches lief Kyren währenddessen zum Sockel und griff sich die Nachricht die man ihnen hinterlassen hatte. Gerade als auch Sejya ihr Unverständnis äußern wollte fiel ihr etwas merkwürdiges auf, denn John war plötzlich verschwunden, obwohl die Tore noch geschlossen waren. Ungläubig sah sie sich um und lief zu Shane, der gerade seinen Gefährten aufhalf. "Wo ... wo ist denn John hin?", fragte sie verwirrt, aber auch er wusste keine Antwort und suchte ebenfalls vergeblich mit seinen Blicken nach ihn. "Keine Ahnung. Eben war er doch noch hier.", erwiderte er schulterzuckend.

"Ihr solltet aufpassen wen ihr euch zum Gefährten nehmt. Dieser John ist nicht der, der er zu sein scheint. Ich kann nicht sagen welche Ziele er verfolgt, aber die Phönixmaske ist bei ihm nicht in guten Händen.", tönte Jarod plötzlich und wendete sich den Abenteurern zu. "Heißt das du hast den Dieb deshalb mit der Maske entkommen lassen?", fragte Kyren unsicher, was er kurz benickte. "Geht nun. Ich werde euch freies Geleit nach draußen geben.", meinte er freundlich und wies sie zu den Eingangstoren, die sich daraufhin öffneten.

"Schon gut, Kyren. Wir kriegen die Maske schon noch. Wenn er die anderen beiden Teile auch will, werden wir ihn zwangsläufig wieder über den Weg laufen und ihm die Maske abnehmen.", ächzte Jáin, der noch immer etwas vom Schlag des Mönches in Mitleidenschaft gezogen war. Seine aufbauenden Worte gaben wieder Hoffnung, so dass man sich nun auf dem Weg zum zweiten Teil der Phönix-Artefakte machen konnte. Neugierig breitete sie auf den Weg nach draußen den Zettel, den man ihnen hinterlassen hatte, in ihren Händen aus. "Den Ring des Phönix findet ihr im Norden, in den tiefen der Wälder von Starmantle.", las sie vor und sah nachdenklich auf. "Wie nett.", tönte Sejya zynisch.

Während sich drei der Abenteurer daran machten zu gehen, blieb Shane zurück. Sein sturer Blick fiel auf Jarod, der ihm ausdruckslos entgegen sah. "Eines noch ...", entgegnete er dem blinden Mönch. "Du hattest die Gelegenheit und die Kraft - warum hast du mich verschont?", fuhr er mit strenger Stimme fort. "Wäre es dir etwa lieber gewesen zu sterben, Junge?", gab Jarod schmunzelnd zurück. "Beantworte meine Frage!", rief er erzürnt als er nicht die Antwort erhielt die er hören wollte. Der Harfner begann ein wenig zu lachen, bevor er schließlich eine bessere Antwort gab. "Du selbst warst der Grund, Junge. Ich mag blind sein, aber ich kann in das Herz eines jeden Wesens sehen. Deine Einstellung und deine Gesinnung sind edel. Selbst im Kampf kontrollierst du dein Bhaalblut. Es gibt keinen Grund zur Annahme für mich das du eine Gefahr für die Welt darstellst."

Shanes Mimik entspannte sich langsam, bis er schließlich zu lächeln begann. "Jarod ... vielleicht habe ich dich falsch eingeschätzt.", sagte er geprägt von Zufriedenheit und Erleichterung. Schließlich wendete er sich ab und machte sich daran seinen Gefährten zu folgen. Noch wusste niemand welche Wendungen ihre Reise noch nehmen würde ...

Folge 54: Im Wald der Amazonen

Nachdenklich blickte Mogul in seinem dunklen Gemäuer auf zwei Elfen, die er in einer seiner vielen Verließe gefangen hielt. Sie hatten ihr Essen kaum angerührt, das er ihnen persönlich gebracht hatte und kauerten unsicher in einer finsteren Ecke ihrer Zelle. Ängstlich sahen sie zum Dämonritter auf, der ohne jegliche Mimik oder Geste auf der anderen Seite der Gitterstäbe verharrte. Ein Licht erschien in der Ferne hinter ihm und man vernahm wie eine Gestalt den Gang entlang kam, begleitet von einem niederen Dämonritter, der ihm die Fackel trug. Es war Leath der dort kam und sich zu Mogul gesellte, während der Fackelträger einige Meter hinter ihm wartete, gab es doch genug Fackeln die das Verließ erhellten. "Ihr habt mich rufen lassen?", fragte der Dunkelelf ohne einen Hauch von Demut. "Ja, das habe ich. Ich erwarte einen Bericht.", erwiderte Mogul streng ohne sich ihm zuzuwenden. "Sie sind mir entkommen.", berichtete er nüchtern. "Das weiß ich schon. Dann such' sie gefälligst!", tönte er barsch zurück. "Das habe ich. Ich konnte ihre Spur bis zu einem Mönchstempel in den Osraun-Bergen verfolgen. Wie es aussieht suchen sie drei Artefakte um den Phönix zu rufen. Sie sind wohl in Richtung Norden aufgebrochen, in Richtung Starmantle, aber in den dichten Wäldern hat sich ihre Spur verloren.", erklärte er recht nüchtern. "Den Phönix?", fragte Mogul verwundert nach.

Der Dämonritter wurde nachdenklich und schwieg eine Weile, während Leath geduldig abwartete. "Wie viele Artefakte haben sie bereits?", fragte er schließlich. "Keines, soweit ich weiß. Das erste Artefakt, eine Maske, soll einem Dieb in die Hände gefallen sein.", antwortete er prompt. "Leath, ich wünsche das die Artefakte nicht in die Hände von irgendwelchen Leuten gelangen die meiner Sache nicht dienlich sind - haben wir uns verstanden?", tönte er leicht gereizt auf seine Aussage zurück. "Jawohl.", erwiderte er loyal mit kurzer Verbeugung. "Du kannst gehen, Leath.", wies er seinen Diener kurz darauf an und wank ihn weg, worauf er sich erneut verneigte und sich daran machte die Räumlichkeiten zu verlassen.

Er wollte schon gehen, da drang auf einmal eine zaghafte Stimme aus der Zelle vor Mogul hervor. "Leath?", tönte sie unsicher, so dass dieser abrupt inne hielt als er seinen Namen vernahm. Die beiden Elfen in der Zelle krochen vorsichtig ins Licht um sich zu vergewissern das sie richtig gehört hatten und warfen einen Blick auf den stolzen Kämpfer. Niemals sollte er die Gesichter der beiden vergessen, die er dort sah, hatte er sie doch eigentlich schon vor langer Zeit mit Freuden getötet. Erstaunt neigte sich sein Kopf ein wenig nach links zu seinen Meister als er Kyrens Eltern in der Zelle sah. "Wie kommt es das diese Elfen bei Euch sind?", fragte er neugierig nach, ohne seinen Blick von den beiden zu lassen. Er jetzt wendete sich Mogul ihm zu und ging ihm ein paar Schritt entgegen. "Ich habe sie vor einiger Zeit auf einer Insel aufgegriffen, weit im Westen, in der Nähe von Amn.", antwortete er ruhig. "Ich dachte ihr könntet nicht weg von hier?", staunte er ein wenig überrascht von seiner Antwort. "Nun, gewissermaßen stimmt das auch. Je weiter ich mich von Tyraturos entferne, desto schwächer werde ich auch, aber in diesen Fall war es mir die weite Reise wert.", erwiderte er leicht schmunzelnd. "Ich nehme an Ihr wisst wer die beiden sind.", sagte Leath und deutete mit finsteren Blick auf die ihm verhassten Hochelfen. "Ja, sie sind meine letzte Garantie dafür das mein Vorhaben Erfolg haben wird. Ich weiß das sie die Eltern des Mädchens sind, wenn du das meinst.", erwiderte er ruhig und drehte sich wieder seinen Gefangenen zu. "Die beiden sind der perfekte Köder für ...", wollte sein Diener einwenden, jedoch unterbrach ihn der mächtige Dämonenritter schnell. "Ich weiß, aber noch ist es nicht nötig sie einzusetzen. Hab Geduld und erfülle solange deine Aufgabe, wie ich es dir aufgetragen habe.", gab er mit deutlichem Unterton zurück und wies ihn mit einer Geste an ihn nun alleine zu lassen. Mit unzufriedener Miene wendete sich Leath schließlich ab und ging in Richtung Ausgang.
 

"Ahhhr, ich glaube wir haben uns verlaufen!", jammerte Kyren und fuhr sich verzweifelt durchs Haar. Überall um sie herum erblickte sie Bäume - Bäume die bis weit in den Himmel ragten und deren Krone nicht einmal zu sehen war. Ihr Ausspruch brachte es auf den Punkt, denn schon seit Stunden irrte man in einem Dschungel herum, dessen Pflanzen und Bäume sogar noch aus der Urzeit stammen konnten.

"Wah, das musste ja so kommen! Das ist alles deine Schuld, Jáin!", meckerte Sejya mit ihrem typischen Männerhasserblick. "Hey! Ich kann auch nichts dafür das hier jeder Baum gleich aussieht. Sag du uns doch wie es weiter geht! Und zweitens haben wir dich nach wie vor nicht gebeten uns zu begleiten!", schimpfte er zurück, so dass sich die beiden schnell in die Haare gerieten. "Ne bessere Ausrede hast du wohl nicht mehr auf Lager, was?! Grr!", fauchte sie knurrend zurück, bevor Shane schließlich Ruhe zwischen den beiden einbrachte. "Hört mal, wenn ihr euch streitet hilft uns das auch nicht weiter. Die letzten Reisenden auf die wir getroffen sind haben doch gesagt das sie aus einem Dorf hier in der Nähe kommen, also muss es doch hier irgendwo sein. Wir werden es schon finden.", versuchte er zu schlichten, womit der Disput vorerst beendet war.

"Ja, du hast recht, aber das ist einfacher gesagt als getan.", grummelte Jáin noch etwas eingeschnappt.

"Wir bräuchten eine Waldläuferin wie Zelda. Die haben nämlich ein sehr gutes Orientierungsvermögen.", merkte Kyren stolz an, fast so als ob ihre Idee sie sichtlich weiterbringen würde.

"Ja, aber selbst wenn einer hier wäre, so kennen sich die meisten Waldläufer nur in ganz bestimmten Wäldern aus.", meinte Shane nachdenklich. "Ja, aber Zelda kommt doch ursprünglich aus Starmantle, oder?", fragte sie. "Das mag schon sein ... aber Zelda ist nun mal leider nicht hier.", erwiderte er nun leicht verzweifelt und wuschelte sich durchs Haar. "Ach, ich vermisse sie so. Mit ihr hätten wir uns bestimmt nicht so schnell verlaufen. Außerdem wusste sie immer was zu tun ist.", seufzte die kleine Elfe ein wenig niedergeschlagen, worauf Jáin plötzlich theatralisch vor ihr aufsprang. "Ich vermisse sie ja auch so sehr! Sie hatte so schöne, große Brüs...", himmel-hoch jauchzte er, bevor er sich von Shane eine Kopfnuss einfing, die ihn rasch ruhig stellte. "Kannst du eigentlich nicht mal an was anderes denken?!", fauchte er erbost und wendete sich armeverschränkend ab. "Außerdem ist die Größe doch völlig unwichtig.", ergänzte er in leisen Ton und errötete etwas. "Ich bin trotzdem dafür das wir eine Frau in unsere Reisgruppe aufnehmen. Ich krieg schon Entzugserscheinungen.", meinte Jáin, sich am Kopf reibend, worauf er mit Sejya schnell wieder bei seiner zweiten Lieblingsbeschäftigung war - streiten. "Sag das noch mal!", forderte sie ihn mit bösem Blick auf und geriet sogleich mit ihm ins Raufen. "Pah! Als ob du wüsstest was eine Frau ist! Ich sehe hier nur ein kleines Mädchen und jemanden der sich wie ein verkappter Bursche aufführt!", giftete er zurück, während Shane im Hintergrund entnervt den Kopf schüttelte und sich an die Stirn fasste. "Jetzt streiten sie schon wieder.", sagte er leicht genervt.

Schließlich fiel seine Aufmerksamkeit auf Kyren, die abgewandt von ihm, in träumender Pose nach oben starrte. Sie war wie verzaubert und ihre Augen glänzten. "Was ... ist mit dir?", fragte er zögerlich und folgte ihren Blick, der ziellos in die Wipfel der Bäume führte. "Die Größe ist nicht wichtig ...", brabbelte sie leise und glücklich vor sich hin, worauf es ihn glatt fassungslos zu Boden riss. "Hat denn hier wirklich schon jeder vergessen das wir uns verirrt haben?!", jammerte er beschämt über das Verhalten seiner Gefährten.
 

In weiter Ferne, auf dem breiten Ast der Krone eines Baumes, saß derweil eine unheimliche von Schatten umhüllte Gestalt. Der Mann wirkte nicht gerade gesund, denn seine Haut war nahezu kreidebleich und faltig. Es war nur schwer zu glauben das dies Gerrard war, der einst zu den gefürchtetsten Vampiren Faerûns zählte. Er wirkte schwach und zerbrechlich, kaum in der Lage sein Gleichgewicht zu halten. Seine Augen waren starr und kalt, fast so als ob er erblindet wäre. Er hatte tiefe Augenränder, seine Lippen waren spröde und sein Bart war an einigen Stellen kahl. Ausdruckslos blickte er in den Himmel auf und sah in die Sonnenstrahlen die vereinzelt durch das Blätterwerk fielen. Plötzlich begann sein linker Arm zu zittern, worauf er von seiner nachdenklichen Pose abließ. Das Zittern wurde schlimmer, so dass er bald seinen anderen Arm zu Hilfe nehmen musste um ihn zu halten. Es dauerte einen Moment bis er sich wieder beruhigte, doch selbst diese kleine Schwäche zerrte an seinen Kräften. Ihm lief etwas Blut von der Stirn und es war klar das es ihm wirklich nicht gut ging.

Eine Stimme ertönte in seinem Kopf und ließ ihn aufhorchen. Er kannte den Fremden der stets telepatisch zu ihm sprach, doch wusste er nichts davon das er auch Kyren in ihren Träumen erschienen war. "Du spürst es Gerrard. Es geht zu Ende mit dir. Du kannst dich nicht ewig deinem Blutdurst verwehren, sonst wirst du sterben, du Narr.", tönte die Stimme ernst. "Dann soll es so sein ... lieber sterbe ich als weiterhin das Dasein als Vampir ertragen zu müssen.", sagte er gelassen und senkte sein Haupt. "Du bist ein Dummkopf mein Angebot auszuschlagen! Es ist nicht weit zu mir nach Thay. Hier kann ich dich behandeln und dich wieder zu einem Menschen machen. Warum willst du diese Chance verstreichen lassen?!", erwiderte Nairdan streng. "Mein Körper mag schwach sein, aber mein Geist sagt mir das ich keinen Grund habe dir Glauben zu schenken. Was immer mich in Thay erwarten würde, es ist nichts gutes. Lieber sterbe ich jetzt und hier.", antwortete er und schloss seine Augen. "Dann ... sei es so.", tönte die Stimme etwas enttäuscht und verstummte.

"Du wirst kommen ... dein Blutdurst wird dich zu mir treiben ... ich weiß es.", sprach Nairdan noch ein letztes mal zu sich selbst, doch Gerrard vernahm seinen Laut nicht mehr. Ein paar Vögel flogen erschrocken davon als sich der Ast, auf dem der einstige Barde saß, sich zu bewegen begann. Nur einen Augenblick später war er verschwunden ohne auch nur einen auffälligen Laut zu hinterlassen. Nairdans letzte Worte sollten recht behalten.
 

Einen ganzen Tag waren Shane und seine Freunde inzwischen durch die Wälder geirrt als sie endlich im Zuge der Abenddämmerung ein Dorf inmitten des Waldes vorfanden. Ein Trampelpfad hatte sie zur rettenden Zivilisolation gebracht. Die meisten Häuser waren aus Holz gebaut, und die Siedlung schien gut hundert Einwohner zu fassen. Etwas erschöpft und mit leicht gebückter Haltung marschierten sie schließlich ein. Sie staunten als sie eintrafen, denn das ganze Dorf war auf den Beinen und hatte sich vor ihren Hütten versammelt. Ein paar Männer trugen mit langsamen Schritt einen schwarzen Sarg in Richtung Friedhof durch das Dorf, während der Rest der Bewohner ihre Häupter in Demut senkten.

Neugierig wie Shane war, näherte er sich einen der Einwohner und tippte ihn höflich auf die Schulter. "Ähm, entschuldigen Sie. Wir sind Reisende und gerade erst angekommen. Was ist denn passiert?", fragte er vorsichtig, worauf sich der Mann zu ihm umdrehte. "Ah, willkommen in meiner schönen Stadt. Ich bin Bürgermeister Walley. Die Tochter eines Bauern ist heute verstorben. Sie wurde wohl von Räubern überfallen und ermordet, vermute ich.", erwiderte er relativ anteilnahmslos. "Aber ihr seid euch nicht sicher, oder?", fragte Jáin, der seine Maskierung angelegt hatte. "Pah, meiner Meinung nach waren das wieder diese Amazonen die hier irgendwo im Wald hausen sollen. Sie terrorisieren unser Dorf schon seit langem. Manchmal kommen sie Nachts und stehlen uns unsere Töchter. Manche von ihnen kehrten wieder, wir wissen nicht warum, andere nicht. Wahrscheinlich hatte das arme Mädchen sich zur Wehr gesetzt und wurde dafür bestraft. Ihr könnt auch Dean fragen, den Knaben dort drüben. Er hat angeblich alles mit angesehen, aber ich finde er redet nur dummes Zeug.", erzählte er und deutete letztendlich auf einen Jungen in einigen Metern Entfernung, der auf einem Strohhalm kaute und lässig an einer Regentonne lehnte.

"Ich denke wir sollten uns anhören was er zu sagen hat.", schlug Shane vor und musterte den Knaben. "Warum? Das geht uns doch gar nichts an.", protestierte Sejya und stemmte die Arme gegen die Hüften.

"Ich würde dir gerne zustimmen, aber wir sollten besser jeden Hinweis nachgehen wenn wir das nächste Phönixartefakt finden wollen. Vielleicht hatte dieser John oder dieser Meisterdieb wieder seine Finger im Spiel.", meinte Jáin mit Blickrichtung zum Jungen.

Dean rechnete nicht damit das er Gesellschaft bekommen würde und ließ vor Schreck seinen Strohhalm aus dem Mund fallen, als ihn der junge Halbelf ansprach. "Hallo, wir sind Reisende und haben von dem Todesfall hier mitbekommen. Man sagt du hättest gesehen was passiert ist.", sagte er freundlich. "Oh, äh ... ja, das habe ich, ... aber ihr glaubt mir ja ebenso wenig wie jeder andere hier.", gab er zur Antwort, sehr zum Ärgernis der Kopfgeldjägerin, die einen kleinen Dolch zückte. "Sag uns einfach was du gesehen hast, oder ich schlitz dir (!) ...", drohte sie mürrisch, bevor Kyren und Jáin sie vor dem verängstigten Jungen zurückdrängten. "Hör nicht hin. Sie ist immer so leicht reizbar.", versuchte ihn die kleine Elfe zu beruhigen, wenn gleich er nun sichtlich eingeschüchtert war.

"Schon gut, ich sag euch alles was ich weiß! Ich war zufällig zu der Zeit als es passiert hat in der Nähe. Ihr Angreifer schien mich nicht gesehen zu haben, so dass ich mich noch rechtzeitig hinter einer Häuserwand verstecken konnte. Er stand auf dem Dach ihres Hauses, das sie gerade verlassen hatte. Ich glaube er lauerte ihr auf. Dann sprang er hinab und griff sie sich. Und dann ... dann hat ...", erzählte er bevor er etwas unruhig wurde und abbrach. "Sag schon, was ist dann passiert?", drängte Shane gespannt. "Ich schwöre bei allem was mir heilig ist das er sie in den Hals gebissen hat ... so wie ein Vampir. Es dauerte vielleicht eine Minute, vielleicht etwas weniger, bevor er wieder von ihr abließ und sie tot zu Boden fiel. Dann flüchtete er so rasch wie er gekommen war. Aber der Bürgermeister glaubt mir nicht. Er sagt Vampire erscheinen nie Tagsüber, weil sie kein Sonnenlicht vertragen.", fuhr er schließlich fort, worauf sich die vier Abenteurer nachdenklich ansahen.

"Kyren, glaubst du das er es gewesen sein könnte?", fragte der junge Halbelf stirnrunzelnd. "Ja, ich bin mir sicher. Das muss Gerrard gewesen sein, aber ich frage mich was er hier zu suchen hat.", erwiderte sie sicher. "Gerrard? War das nicht der Typ der uns damals auf die Insel gefolgt ist und Kyren vor den Vampiren gerettet hat?", grübelte Jáin, während Sejya ziemlich unwissend wirkte. "Ganz genau. Wir sollten aufpassen, auch du, Kyren. Er mag ein freundliches Äußeres haben, aber er ist ziemlich gefährlich und gerissen.", bejahte Shane nickend.

"Pah, eigentlich ist mir egal wer der Typ ist. Hauptsache ich habe diese Nacht ein Dach über den Kopf.", gab Sejya hochnäsig von sich. Gerade zu desinteressiert verschränkte sie ihre Arme hinter den Kopf und wendete sich ab. "Wir haben hier leider keine Schänke oder so etwas in der Art, aber der alte Zack hat sicher noch etwas Platz für euch in seinem Haus. Es steht dort drüben, hinter dem Brunnen.", meinte Dean und wies ihnen den Weg zum Haus des alten Mannes.

Da der Himmel immer dunkler wurde und die Nacht sich näherte beschloss man den Greis nach einer Übernachtung zu fragen und klopfte an seine Haustür, die sogleich geöffnet wurde. "Jaa? Was wollt ihr?", fragte der alte Mann misstrauisch und lugte hinter seiner Tür hervor. "Wir sind ein paar Abenteurer und wollten fragen ob wir uns für diese Nacht ein wenig an eurem Kamin wärmen könnten.", erwiderte Shane freundlich, doch der Herr des Hauses blieb skeptisch. "Abenteurer sagst du?", murmelte er in seinen Zottelbart hinein und musterte die vier recht penibel. Es dauerte einen Moment bis der alte Zack zu einer Entscheidung kam. "Nun gut, ich bin ja kein Unmensch. Ihr könnt bei mir nächtigen.", sagte er schließlich, öffnete die Tür vollends und bat sie einzutreten. "Wisst ihr, früher, als ich noch jung und knackig war, war ich auch ein Abenteurer und bin viel herumgereist.", erzählte er, während Kyren und die anderen eintraten. Er freute sich bereits das er endlich jemand hatte der seine Geschichten, die er so gern erzählte, noch nicht kannte.
 

Seine Hütte war recht altmodisch und schlicht eingerichtet, aber selbst dies hatte etwas gemütliches an sich. Schnell eilte die kleine Elfin zum Kamin um sich am Feuer dort zu wärmen. "Ich habe auch noch eine Couch auf dem einer von euch schlafen kann.", meinte Zack, der gerade ein paar Decken aus einer Truhe hervorholte und deutete seinen Blick auf sein Mobiliar. Dankend nahm Shane die Decken entgegen, doch stellte der Mann ihm noch eine Bedingung. "Ihr könnt hier gerne schlafen, aber ich habe noch eine Bedingung an euch.", meinte er. "Und die wäre?", fragte Jáin ahnungslos. "Es wäre nett wenn ihr mir diesen Abend Gesellschaft leistet und meinen Abenteurergeschichten lauscht.", erwiderte er händereibend voller Vorfreude. Noch ahnten die vier Gefährten nicht worauf sie sich da eingelassen hatten, denn als er sich kurz darauf erst einmal vor ihnen niedergelassen hatte und erzählte, hörte er so schnell nicht mehr auf. Eine Geschichte folgte der nächsten, während einer nach dem anderen in den Schlaf fiel. Nicht nur das die Geschichten langweilig waren, sondern meist auch noch kräftig übertrieben. Schon nach einer Stunde war auch der letzte im Sitzen eingeschlafen, was den alten Zack aber nicht davon abhielt weiter zu erzählen. Nach und nach wurde aber auch er von seinem Geplapper müde worauf er sich schließlich zurückzog und seine unwilligen Zuhörer zur Strafe in ihrer unbequemen Schlafpose sitzen ließ.

Shane jedoch erwachte aus seinen leichten Schlaf als der alte Mann sich erhob und sich auf den Weg zu seinem Schlafzimmer im oberen Stockwerk machte. "Warten Sie einen Augenblick. Ich wollte sie noch etwas fragen.", rief er leicht schläfrig und weckte somit auch seine Freunde auf. "Hmpf, was willst du denn wissen?", entgegnete er, noch immer etwas verbittert darüber das seine Zuhörer eingenickt waren. "Haben Sie vielleicht einmal davon gehört ob es hier in den Wäldern einen Ort gibt an dem der Ring des Phönix aufbewahrt wird?", fragte er höflich, worauf der Alte sich nachdenklich am Bart kratzte. "Ja natürlich hab ich davon gehört. Ich habe ihn sogar gesucht, aber ihn nie gefunden. Es soll irgendwo im Osten des Waldes einen Tempel geben wo der Ring aufbewahrt wird. Falls ihr vorhabt dort hin zu gehen, rate ich euch davon ab. Dort wimmelt es von Geistern und ich habe bisher von Niemanden gehört der dieses Gebiet je wieder verlassen hat.", erzählte er und lief die Treppen zu seinem Zimmer zuende hinauf.

Etwas ratlos sah man einander an und versuchte seine Schlüsse aus dieser Warnung zu ziehen. Dennoch wurde man sich schnell einig und beschloss es trotzdem zu wagen dorthin aufzubrechen. "Geister scheren mich nicht. Es brauch schon mehr um einen Drow meiner Klasse aufzuhalten.", merkte Jáin mit stolz geschwellter Brust an. "Ich kann nicht glauben das wir schon wieder in diesen Wald müssen.", seufzte Kyren auf den nächsten Tag vorausblickend. Schließlich machte man sich daran schlafen zu legen um Kräfte für den bevorstehenden Tag zu sammeln.
 

Die Nacht erwies sich als unruhig, denn im Haus des Bürgermeisters herrschte alles andere als Ruhe. Wimmernd, auf Knien flehend saß der Bürgermeister vor zwei recht animalisch gekleideten Damen, die in sein Haus eingedrungen waren und bat um Mitleid. Sie waren mit Speeren bewaffnet und mit Kriegsbemalung geschmückt. In ihren Händen befand sich die Tochter des Bürgermeisters, jedoch schon längst in Ohnmacht entschwunden. "Bitte, ich flehe euch an. Lasst sich gehen! Sie ist doch erst 16 und hat niemanden etwas böses getan. Bitte verschont mein Kind - sie ist mein ein und alles!", bettelte ihr Vater den Tränen nah, doch die Damen blieben hart. "Pah, es braucht schon mehr als Worte um deine Tochter frei zu geben. Euer Dorf hat in dieser Woche nicht genug Abgaben an uns aufbringen können, also holen wir uns eine eurer Töchter als Entschädigung, das wisst ihr doch.", erwiderte eine von ihnen streng. "Oder hast du geglaubt wir würden die Familie des Bürgermeisters verschonen?", fügte die andere schroff hinzu. "Ja ... aber ... aber ...", stotterte der Mann verzweifelt als ihm in seiner Not eine dreiste Idee kam. "Aber was wollt ihr denn mit einer, wenn ich euch zwei bieten kann? Zwei wunderbare Mädchen sind erst heute in unser Dorf gekommen. Sie schlafen beim alten Zack, soweit ich weiß. Nehmt doch sie, statt meiner Tochter.", schlug er ihnen skrupellos vor.

Die beiden Amazonen waren nicht abgeneigt und ließen von seiner Tochter ab. "Nun gut. Das klingt ganz passabel. Wir werden sehen ob du die Wahrheit sagst. Solltest du gelogen haben kommen wir wieder und dann Gnade dir Gott wenn wir dich erwischen!", meinte eine von ihnen und streckte ihm drohend ihren Speer entgegen. "Nein, ganz sicher meine Damen! Sie sind dort!", versicherte er und wischte sich etwas Schweiß von der Stirn, worauf die Amazone ihren Speer wieder zurückzog. Die beiden Frauen nickten sich noch einmal abstimmend an bevor sie schließlich aus dem Fenster entschwanden und die Tochter des Bürgermeisters zurückließen. Zwar atmete er erleichtert aus, doch plagte ihn schon sein Gewissen das er die beiden Abenteurerinnen an die Amazonen ausgeliefert hatte.
 

Kurz darauf trafen diese am Haus des alten Zack an und lugten durch die Fenster des unteren Stockwerkes. Das Kaminfeuer erhellte den Raum gerade noch hell genug um zu erkennen das dort vier Gestalten schliefen. "Das sind ja vier!", merkte die eine Amazone mürrisch an. "Wie nett, er hat uns verschwiegen das die beiden in Begleitung sind. Wir sollten lieber auf Note sicher gehen und das Schlaf-Puder anwenden.", ergänzte ihre Gefährtin. Geschickt öffneten sie daraufhin eines der Fenster und holten etwas Puder aus einem Säckchen. Glitzerstaub legte sich über die Abenteurer, womit sie in einen sicheren Tiefschlaf verfielen. Nun waren Kyren und Sejya eine leichte Beute für die beiden.
 

Als die kleine Elfe am nächsten Morgen erwachte, war es bereits zu spät, denn ohne es zu wissen hatte man sie und Sejya ins Lager der Amazonen gebracht. "Wo ... wo bin ich?", fragte sie und rieb sich am Kopf, nachdem sie sich aufgerichtet und umgeschaut hatte. Statt in der Hütte des alten Mannes zu erwachen, fand sie sich nun in einem geräumigen Zelt vor, dessen Boden mit Tierfellen gepolstert und dessen Wände mit Holzschmuckstücken bestückt war. Für einen Moment glaubte sie noch zu träumen, doch da erwachte ihre Gefährtin neben ihr, die eine ähnliche Reaktion wie sie zeigte.

"Ihr seid hier im Dorf der Amazonen.", sprach plötzlich eine friedliche Stimme zu ihnen. Sie kam von einer jungen Frau kam, die wie aus dem Nichts auf dem Boden kniend neben ihnen erschienen war. Man hatte sie zuvor nicht beachtet, doch nun galt ihr die gesamte Aufmerksamkeit der beiden Mädchen. Kyren erschrak etwas als sie die Frau mit dem blonden Haar eingehender betrachtete, denn ihr Gesicht kam ihr durchaus bekannt vor. "Moment, ich kenne dich doch! Du bist diese Gehilfin von Gerrard, die mich damals gefangen gehalten hatte als ihr mir die Schatzkarte geklaut habt!", gab sie erschrocken von sich und wich etwas zurück, doch sie warf ihr nur ein amüsiertes Lächeln entgegen, fast so als wollte sie sagen das sie keine Angst vor ihr haben musste. "Hai, das war ich. Kazumi ist mein Name.", erwiderte sie und verbeugte sich kurz, was Kyren etwas verwunderte, doch noch etwas anderes verwirrte sie an ihr. "Du ... siehst ... irgendwie anders aus.", staunte sie leise. "Ja, ganz recht. Das mag vor allem daran liegen das ich wieder vollkommen menschlich und keine Nymphe mehr bin.", antwortete sie lächelnd. "Aber wie ...", wollte Kyren erwidern, bevor sie ihr das Wort entriss. "Gerrard mag dich nicht gut behandelt haben, aber glaub mir - tief im Inneren hat er ein gutes Herz. Dank dem Zepter das er mit deiner Schatzkarte gefunden hatte gelang es ihm sogar mich vollständig wiederherzustellen. Selbst meine Erinnerungen an mein früheres Leben kehren täglich wieder. Hier bei den Amazonen konnte ich noch einmal ganz neu anfangen, frei von den Lasten der Vergangenheit.", erzählte sie und beantwortete somit schon Kyrens Frage bevor sie sie überhaupt stellen konnte. Nachdenklich senkte die kleine Elfe ihren Kopf, denn die erneute Begegnung mit Gerrards Gehilfin verlief anders als sie es erwartet hätte, ähnlich wie es bei Gerrard selbst eine Weile zuvor der Fall war.

"Was ist mit dir Mädchen? Du hast ja noch gar nichts gesagt.", sprach Kazumi schließlich Sejya an, die bisher nur zugehört hatte und sie unentwegt anstarrte. "Ich kann deinen Slip sehen.", tönte sie mit finsterer Miene zurück und deutete mit ihren Augen auf die recht knappe Bekleidung der Amazone. "Äh ... das ist typische Amazonenkleidung. Wenn es kälter wird tragen wir natürlich mehr. Es ist sozusagen ein Symbol gegen die Männerwelt. Wir Amazonen hier sind nämlich äußerst abgeneigt gegenüber männlichen Wesen eingestellt. Stört dich etwa etwas daran?", erklärte sie etwas verschwitzt und legte die Hände schützend über ihre Beine.

Als die junge Kopfgeldjägerin das hört entflammte ihr Herz förmlich vor Begeisterung, denn was sie hörte sagte ihr sehr zu. "Was?! Das ist ja fantastisch! Heißt das in euren Dorf gibt es kein männliches Wesen?!", schrie sie erfreut auf und beugte sich etwas nach vorn. "Ja, hier leben nur Frauen und Mädchen. Und wir leben ganz gut hier. Selbst ohne männliche Hilfe haben wir ein ganzes Dorf aufgebaut.", bestätigte sie. "Der Wahnsinn! Das ist als ob ein Traum in Erfüllung geht.", seufzte Sejya wie im siebten Himmel. "Ja, und ihr beide seid auserwählt worden unseren Stamm beizutreten.", kündigte sie mit erhobenen Finger an.

"Waaaas?!", riefen die beiden Mädchen erstaunt, doch blieb ihnen nicht die Zeit um weitere Fragen zu stellen. "Entschuldigt mich nun bitte. Ich muss gehen. Ich werde auf der Zeremonie zur eurer Berufung erwartet. Man wird euch nachher holen. Ihr müsst eigentlich nichts weiter tun. Besteht den obligatorischen Keuschheitstest und ihr seid aufgenommen.", sagte sie schon am Zelteingang stehend und verschwand schließlich in aller Eile. Sejyas Mimik erstarrte plötzlich als sie Kazumis letzte Worte hörte, während Kyren immer mehr ein mulmiges Gefühl bei der Sache bekam. "Ohje, ich mag eigentlich keine Amazone werden. Ich frag mich was aus Shane und Jáin geworden ist.", meinte sie leicht bedrückt als ihr auf einmal auffiel das Sejya ziemlich merkwürdig ins Leere blickte. "Was ist mit dir?", fragte sie verwundert und stupste sie leicht an, worauf sie aus ihre Trance entschwand. "Nein, nichts ... ich ... ach, vergiss es. Ist nicht weiter wichtig.", wies sie sie ab und legte sich wieder hin. "Hey! Du kannst dich jetzt doch nicht ausruhen. Ich brauche deine Hilfe wenn wir hier wieder wegkommen wollen!", beschwerte sich das Elfenmädchen verärgert. "Hier weg wollen? Pah, das hier ist das reinste Paradies für mich. Für mich wäre das hier wie eine neue Heimat. Hier gehöre ich hin, verstehst du?", erwiderte sie ernst. Für eine Weile wusste Kyren nicht was sie darauf erwidern sollte, denn eigentlich hatte sie gedacht sie würde zumindest so lange mit ihnen reisen bis sie Diron stellen konnte.

"Warum magst du keine Jungen? Du hast es uns nie gesagt.", fragte sie schließlich, während von draußen rhythmische Trommelklänge ins Zelt drangen. "Das geht dich nichts an! Ich hasse diese widerwärtigen Kerle nun mal und ich rate dir das gleiche zu tun. Am Ende wollen sie ja doch nur das Eine.", tönte sie schroff zurück und wendete sich leicht ab. "Das Eine?", dachte Kyren ungläubig vor sich hin und neigte den Kopf etwas zur Seite.
 

Es dauerte nur ein paar Minuten bis schließlich eine Amazonenkriegerin kam und sie nach draußen bat. Dort bot sich den beiden ein faszinierender Anblick als sie durch hunderte von Frauen und Mädchen zu einer Bühne geführt wurden, auf der die Stammesführerin bereits auf sie wartete. Zum ersten mal konnten sich die beiden Mädchen ein genaueres Bild der Amazonen machen. Sie schienen es gut zu verstehen ihre Häuser und Hütten auf und an Bäumen zu bauen, während sie auf dem Boden ihrer alltäglichen Arbeit nachgingen. Nur einige wenige von ihnen waren Bewaffnet und mit Kriegsbemalung im Gesicht geschmückt, während die Kleidung des Stammes meistens so geschnitten war, das sie nur das nötigste verdeckte.

Begleitet von aufstoßenden Speeren und allerlei Gesänge betraten die beiden Mädchen schließlich die Bühne, worauf Ruhe unter den Anwesenden einkehrte. Schnell erhob die Anführerin das Wort und streckte die Arme prophetenhaft nach oben. "Seht nur, meine Schwestern was uns die Götter zugesandt haben. Zwei neue junge Mädchen, die wir in unser Reich aufnehmen wollen.", verkündete sie, worauf Beifall ertönte.

"Aber Herrin. Die eine dort ist eine Elfe?", rief eine der Zuschauerinnen unsicher und hob fragend ihre Hand. "Ganz recht mein Kind, aber wir, die Amazonen, sind nicht so wie all die männlichen Wesen, die Vorurteile gegenüber anderen ziehen, nur weil sie anders aussehen oder einer anderen Rasse angehören.", beantwortete sie den Einwand, so dass es auch die letzte Amazone verstand.

"Nun lasst sie uns in unseren Kreis aufnehmen, doch zuerst müsst ihr noch den Keuschheitstest bestehen um zu beweisen das ihr nicht der Fleischeslust mit einem männlichen Wesen verfallen seid.", rief die Herrscherin aus und nahm sich eine ballgroße, rote Kugel, die ihr von einer Dienerin auf einem Samtkissen gebracht wurden war. "Nimm diese Kugel in deine Hände, Elfe. Sie wird uns sagen ob du würdig bist dich uns anzuschließen.", sagte sie daraufhin und gab Kyren die Glaskugel in die Hände. Sie war sich nicht sicher was sie von all dem halten sollte und nahm sie schwitzend entgegen. Immerhin war es in dieser Situation ratsam die Amazonen nicht zu verärgern.

Einen Moment lang tat sich nichts, doch plötzlich begann das innere der Kugel immer heller in einem klaren weiß zu leuchten. Zunächst schien alles normal, doch schon bald wurde das leuchten so hell, das sich Kyren und die anderen geblendet abwenden mussten. "Arh, Herrin! Was ist das?! Warum strahlt die Kugel der Reinheit nur so stark?", fragte die Kugelbringerin mit nahezu geschlossenen Augen. "Ich weiß es nicht. Vielleicht liegt es daran weil sie ein Elf ist ... oder vielleicht ist sie einfach zu jung.", erwiderte sie, den Arm schützend vor die Augen haltend. Es dauerte einen Augenblick bis das Licht wieder verblasste und man ungeblendet aufsehen konnte. Dennoch war man so erstaunt über das eben geschehene, das eine bedächtige Stille einbrach, die erst die Anführerin zu brechen vermochte. "Seht, sie hat sich eindeutig als würdig erwiesen!", pries sie das Kind und nahm ihr die Kugel wieder ab, während ihr Gefolge begeistert aufjohlte.

Nun war Sejya an der Reihe, die einen etwas mulmigen Eindruck machte als man versuchte ihr die Kugel in die Hände zu drücken. "Wisst ihr ... ich weiß eure Gebräuche und Riten zu schätzen. Ich wäre gern eine von euch, denn viele hier sind genauso wie ich. Hier würde ich mich zuhause fühlen. Ich wäre euch immer treu und loyal ergeben würdet ihr mich aufnehmen ... also lassen wir diesen unnötigen Test. Niemand wäre eine bessere Amazone als ich.", sprach sie zu der Führerin in der Hoffnung den Test umgehen zu können. "Wenn du unsere Riten und Gebräuche zu schätzen weißt, dann musst du den Test auch machen ... oder stimmt etwas nicht?", erwiderte die Stammesführerin. "Nein ...", gab Sejya mit bedrückter Miene zurück und nahm den Test an.

Es schien schon fast eine Selbstverständlichkeit zu sein das die Kugel weiß erstrahlte, wenn sie ein neu erworbenes Mitglied in den Händen hielt, so dass einige Amazonen schon euphorisch feierten, doch ihre Stimmung verblasste jäh als sie sahen was auf der Bühne geschah. Sejyas Kopf war nach unten geneigt, wodurch niemand ihr Gesicht sehen konnte. Ihre Arme, ihr ganzer Körper zitterte, während sie die Kugel hielt, denn statt eines weißen Lichtes füllte sie sich blutrot. Entsetzt schraken einige der Zuschauerinnen zurück als sie sahen das sie die Kugel als unwürdig anerkannte. Niemand außer Kyren bemerkte die Tränen die auf die Kugel fielen, doch war sie zu überfragt um zu verstehen was das alles zu bedeuten hatte.

Empört schritt die Anführerin er Amazonen bis an den Rand der Bühne und verkündete das Urteil. "Sie hat sich als unwürdig erwiesen! Sie hat sich der Fleischeslust mit einem Mann bereits hingegeben! Nie soll hier jemand willkommen sein, der für das verlogene männliche Geschlecht sympathisiert!", rief sie laut aus, als Sejya sie plötzlich unterbrach und die Kugel mit bloßen Händen zersplittern ließ, sehr zur Empörung der Amazonen. Obwohl sich duzende von Splittern in ihre Hände bohrten, schien sie nichts zu fühlen und sah mit tränenerfüllten Gesicht auf. "Lüge! Alles Lüge! Das ist alles gelogen! Das ist nicht wahr! Nie ... nie habe ich ein männliches Wesen begehrt!", schrie sie verbittert auf und ließ die Menge ein zweites mal erstaunt aufschrecken. "Die Kugel die du so frevelhaft zerstört hast irrt sich nie!", fauchte die Anführerin strafend zurück und deutete auf sie, auf dass sie die Wachen ergreifen sollten. "Lüge! Ihr habt keine Ahnung! Niemand von euch!", entgegnete sie lautstark und fixierte sich wie im Wahn auf die Amazonenherrscherin. Mit einem gekonnten Tritt wollte die junge Kopfgeldjägerin diese außer Gefecht setzen, doch sie wich elegant aus und sprang ohne sich umzudrehen von der Bühne, wo sie zwischen den davonlaufenden Zuschauern landete. Rasch wurde ihr zur Verteidigung ein Stab von ihren Dienerinnen zugeworfen, doch dies schreckte Sejya nicht. Mutig sprang sie auf und holte zwei kleine Messer unter ihrer rechten Armschiene hervor, die sie ihr mit voller Wucht entgegenwarf. Zwar gelang es ihr den ersten Dolch mit dem Stab zu blocken, doch der zerbrach zugleich, so dass sie dem zweiten nur ausweichen konnte. Es glückte nur knapp, denn trotzdem erwischte sie das Messer an der rechten Schulter und brachte sie ins schwanken. Sejya war in ihrer blinden Wut jedoch noch nicht am Ende. Kreischend sprang sie ihr entgegen und schlug sie mit einer gekonnten Armbewegung Meterweit davon, bis sie schließlich in eines der Zelte krachte. "Lasst mich in Frieden!", schrie Kyrens Gefährtin ein letztes mal, bevor sie davon lief.

"Sejya, warte!", rief die kleine Elfin mitfühlend. Sie wollte ihr nachlaufen, da stellten sich ihr zwei Speerspitzen in den Weg. "Deine Freundin hat gerade unsere Herrin verletzt. Du bleibst schön hier!", tönte eine der Amazonenwachen streng, so dass sie ihr nur noch vergeblich nachsehen konnte.
 

Weinend, immer wieder daran versucht ihre Tränen zu trocknen, lief Sejya nahezu Blindwegs durch den Wald so weit sie ihre Beine nur trugen. Ein tiefer Schmerz durchfuhr ihr innerstes, denn nicht einmal bei denen die so dachten wie sie war sie willkommen. Manch ein Baum spürte ihren Hass und ihre Faust auf ihren ziellosen Weg, bis sie sich schließlich an einem Baumstumpf niederließ um dort den Fluss ihrer Tränen in Ruhe enden zu lassen.

Es kam ihr überhaupt nicht recht als sie auf einmal zwei vertraute Stimmen hörte, die sich ihr näherten.

"Da ist Sejya!", rief Jáin erfreut und lief, gefolgt von Shane, auf sie zu. Als sie bei ihr ankamen, erhielten sie jedoch nicht die Reaktion die sie erwartet hatten. "Verschwindet! Lasst mich in Ruhe!", fauchte sie weinerlich und stieß Jáin von sich, der sich gerade zu ihr herunter beugen wollte. "Sejya? Was ... was ist denn passiert? Wo ist Kyren?", fragte er unsicher, nicht wissend was es mit ihrer abweisenden Haltung auf sich hatte. "Ich hab' gesagt ihr sollt verschwinden! Ich will mit euch nichts mehr zu tun haben!", kreischte sie unter Tränen, bevor sie ihren Kopf in ihren angewinkelten Beinen vergrub.

"Shane, was ist mit ihr?", fragte er seinen Gefährten ungläubig. "Ich habe ihr als Feind schon sämtliche Knochen gebrochen, aber ich habe sie noch nie so weinen sehen. Es muss etwas wirklich schlimmes passiert sein.", erwiderte er bedächtig, bevor auch er sich zu ihr herunterkniete und sich ihrer annahm. Vergeblich legte er seine Hände an ihre Arme um sie zu beruhigen, worauf auch er ihren Hass und ihre Verzweiflung zu spüren bekam. "Lass mich los! Geh weg! Ich hasse dich!", schrie sie verbittert, doch er blieb stur und redete unablässig auf sie ein. "Das ist mir egal, hörst du! Wir haben uns Sorgen gemacht als ihr auf einmal weg wart! Jáin hat das ganze Dorf auf den Kopf gestellt bis wir rausgekriegt haben was mit euch passiert ist, verdammt!", sagte er mit ernsten Blick, worauf sie schließlich ihre Gegenwehr einstellte und ihre Tränen stoppten. Verwegen sah sie auf und blickte dem jungen Halbelfen ins Gesicht, das voller Wut vor Sorge zugleich war. "Ihr habt euch Sorgen gemacht?", fragte sie leicht erstaunt. "Ja natürlich!", bestätigte er nochmals. Zum ersten mal sah Shane etwas in ihren Augen das an ein normales Mädchen erinnerte. Diesmal waren sie nicht voller Abneigung, Zorn und Einsamkeit, sondern voller Hoffnung und Güte, ja sogar Zuneigung. Schließlich ließ er von ihr ab, so dass sie sich aufrichten konnte und sich noch ein paar letzte Tränen aus ihren Gesicht wischte. Auch wenn ein Teil von ihr protestierte dem Worten eines Jungen glauben zu schenken, so spürte sie das es ihnen ernst war und sie sich wirklich Sorgen gemacht hatten. Es war schon zu lange her als sie das letzte mal Freundschaft fühlte.

"Was ist mit Kyren? Geht es ihr gut? Wo ist sie?", fragte Shane schließlich mit besorgtem Unterton. "Kyren ist noch im Amazonendorf. Es geht ihr gut, glaube ich. Ich bringe euch hin.", antwortete sie noch etwas schwach auf der Stimme.

Ihr Schritt war langsam, doch sie war gewillt die beiden Jungen zum Dorf der Amazonen zu bringen um Kyren aus ihren Fängen zu befreien. Sie musste einsehen das sie keine andere Familie mehr hatte als ihre Gefährten.
 

Zwei mit Speeren bewaffnete Amazonen wollten nicht recht glauben was sie sahen, als Sejya mit zwei Jungen auf ihre Siedlung zumarschierte. "Los, schnell, hol Kazumi her!", befahl die eine und wies ihre Kameradin mit einer Handbewegung ins Lager.

Die Spitze ihres Speers sollte den Vormarsch der Kopfgeldjägerin und ihrer Freunde zunächst stoppen, so dass man geduldig wartete bis Kazumi mit der Wache kommen würde. "Was willst du hier?! Nicht nur das du unsere Herrin verletzt hast, nein, nun entweihst du unser Dorf auch noch mit zwei männlichen Individuen.", tönte die Wache erbost und drohte mit ihrer Waffe. Sejya blieb unbeeindruckt, während sich Shane und Jáin deutlich im Hintergrund zurückhielten.

"Lass deine Waffe nieder!", tönte eine Stimme aus dem Amazonendorf hervor. Es war Kazumi, die mit der zweiten Wache eintraf. Die Amazone folgte ihren Worten mit finsteren Blick, worauf Gerrards einstige Gefährtin ihr Wort gegen Sejya erheben konnte.

"Ich kann mir schon denken warum ihr hier seid, aber die Führerin dieses Stammes wird eure Freundin nicht so einfach preis geben.", sprach sie mit strengen Unterton und musterte die Gefährten des Mädchens. Es dauerte einen Moment in den sie abwägen musste was das klügste wäre, bis sie schließlich zu einer Entscheidung kam. "Gebietet ihnen Einlass.", befahl sie den Wachen schließlich und wank die drei Abenteurer zu sich heran. Nur zögerlich, ja sogar widerwillig machten die Wachen platz. "Folgt mir!", befahl Kazumi und ging voraus. Jáin staunte nicht schlecht als er in ein Dorf trat das voll von leicht bekleideten Frauen war, so dass er arg damit zu kämpfen hatten seinen Blutfluss unter Kontrolle zu halten. Selbst die vielen feindseligen Blicke und das ständige Getuschel taten seiner Stimmung keinen Abbruch. "Na was sagst du, Jáin? Alles Frauen, von denen die wenigsten jemals Kontakt mit einen Mann hatten.", stichelte Sejya als sie die glänzenden Augen ihres lüsternen Gefährten bemerkte. "Wow! Ein ganzes Dorf voller potentieller, leicht zu verführender Bettgefährtinnen! Ein Traum!", seufzte er begeistert und musterte eine Amazone nach der anderen.

Kazumi führte sie zu einer Arena, dessen Grenzen mit weißen Kreidestein im Boden markiert waren. "Wegen deines Angriffs auf unsere Herrin und den Frevel den du über dieses Dorf gebracht hast, sollten wir dich eigentlich töten, aber wir sehen wie stark du bist. Als weibliches Wesen obliegt es dir, zu entscheiden wie du weiter handeln willst. Du hast die Wahl ob du gegen unsere stärkste Kriegerin des Dorfes kämpfst um in unseren Stamm aufgenommen zu werden, oder um mit deinen Freunden lebendig unser Dorf verlassen zu können.", verkündete Kazumi die Spielregeln, sehr zum Missfallen von Jáin. "Na toll! Eine Falle.", grummelte er.

"Was hast du erwartet? Das die uns einfach so hier rein spazieren lassen?", höhnte Shane mit entsprechenden Blick. "Ich vertrau' keiner Frau mehr die nur ein abgerissenes Stück Tigerfell um Brust und Hüfte hat.", murmelte er verstimmt zurück. "Mach dir lieber mehr Sorgen wie Sejya sich entscheidet.", erwiderte er besorgt, über ihr bisheriges Schweigen.

"Nun, wie ist deine Entscheidung? Wir könnten eine solche starke Kämpferin wie dich gut gebrauchen.", drängte Kazumi mit fordernden Blick. "Ich werde kämpfen ....", setzte sie an, worauf alle gespannt auf die Fortsetzung des Satzes warteten. Noch einmal sah sich Sejya um und überdachte die Situation. Hier, so wusste sie, konnte sie ein neues zu Hause finden, hier konnte sie ihre Rachegelüste gegen Diron vergessen, Freunde finden, doch tief in ihr rief ihr eine Stimme zu, das hier nicht ihre Zukunft liegen würde. "... um euch .... mit meinen Gefährten, wie auch der Elfin, zu verlassen.", fuhr sie mit kühler Mimik fort, was für lautes Getuschel unter den Anwesenden führte. "Gott sei Dank.", ächzte Jáin erleichtert und sank in die Knie. "Freu dich nicht zu früh. Wenn sie den Kampf verliert, sind wir sicher so gut wie tot.", meinte Shane schmunzelnd und verschränkte gelassen die Arme.
 

"Deine Entscheidung sei akzeptiert. Begib dich nun in den Ring!", rief Kazumi und wies sie an in den Ring zu betreten. Sejya folgte ihrer Geste und sah sich um, in der Hoffnung zwischen den vielen Amazonen ihre Gegnerin erspähen zu können. Es überraschte sie nicht als auf einmal eine ziemlich große Frau, mit Muskeln bepackt aus einem Zelt am anderen Ende des Ringes trat. Ihr rotes Haar war zu einem Zopf gebunden, und jede Faser ihres Körpers schien mit Muskeln übersäht, wodurch ihre Brustbekleidung fast überflüssig wirkte. "Das ist Garona, die stärkste unseres Dorfes!", verkündete Kazumi und bat diese ebenfalls in den Ring zu treten.

"Sag mal, Shane, was macht dich denn so sicher das sie gewinnt?", fragte sein dunkelhäutiger Gefährte leicht nervös, was ihm nur ein weiteres Schmunzeln entlockte. "Ich dachte du hast oft genug gesehen wie stark sie ist. Dieser Fleischberg hat nicht mal den Hauch einer Chance.", erwiderte er mit siegessicheren Blick nach vorn. "Tja, du musst es ja wissen.", tönte Jáin noch, bevor der Kampf zwischen Sejya und Garona freigegeben wurde.

Wie ein Berserker stürzte letztere im Laufschritt unter tosenden Gebrüll ihrer Anhänger auf das junge Mädchen zu, die seelenruhig an Ort und Stelle verharrte. Erst als sie mit voller Wucht ausholte, sprang Sejya im letztem Moment weit nach oben in die Luft, wodurch Garona sie verfehlte und in die Erde schlug. Gebannt sahen die Anwesenden den mehrere Meter hohen Sprung des Mädchens nach, die sich elegant ein paar mal in der Luft drehte um mit der Landung einen direkten Gegenangriff zu starten. Vorsorglich wich Garona ein paar Schritte zurück, doch Sejya tat nichts daran ihr bei Landung nachzutrachten. Stattdessen kam sie wieder an ihrer Absprungsstelle auf und schlug ungehemmt auf den Boden ein, der zugleich in einen großen Radius um sie herum zu einem relativ flachen Krater pulverisiert wurde.

Nicht nur die Amazonen staunten über die immense Kraft dieser Attacke, sondern auch Garona, die eingeschüchtert ein paar Schritt in Richtung ihres Zeltes machte. Nur Shane schmunzelte vergnügt, hatte er doch oft genug ihre Attacken am eigenen Leib erfahren. "Beeindruckend!", gab Kazumi erstaunt von sich, fast so als ob sie wüsste das der Kampf damit wohl beendet war. Tatsächlich kniete sich Garona kurz darauf nieder und verkündete ihre Aufgabe. "Ich gebe mich geschlagen. Du hast deine Kraft eindrucksvoll bewiesen.", meinte sie in demütiger Haltung verharrend.

"Lasst uns verschwinden.", erwiderte Sejya trocken und wendete sich von ihrer Gegnerin ab. "Gut gekämpft, Sejya.", rief ihr Shane mit erhobenen Daumen entgegen, der sie an ihren Ringende erwarte. Selbstgerecht grinsend erwiderte sie die Geste und trat aus dem Ring.

"Ich werde eure Freundin holen gehen.", sagte Kazumi, mit kurzer Verbeugung und machte sich daran ihnen Kyren auszuliefern. Sejyas zunächst Gute Laune verschwand jedoch schnell als sie merkte das Jáin nicht mehr da war. Er schien sich heimlich davon geschlichen zu haben, ohne das es jemand gemerkt hatte. "Wo ist Jáin?!", fragte sie leicht verwirrt, aber der junge Halbelf wusste keine Antwort und sah sich ebenso ratlos in der Menge um. Auch die Amazonen bemerkten den Verlust des Dunkelelfen und suchten nach ihm.

Derweil brachte Kazumi Kyren wieder zu ihren Freunden, die ihnen erleichtert entgegen lief. "Shane! Sejya!", rief sie erfreut. "Hey, Kyren!", entgegnete er ihr fröhlich. "Da seid ihr ja!", sagte sie glücklich und entlud ihre Freude in einer kurzen Umarmung. "Hey, das du frei bist hast du nicht mir zu verdanken. Sejya hat für deine Freiheit gekämpft.", meinte er lächelnd als sie wieder von ihm abließ. "Oh, dann danke ich dir natürlich. Schön das wir dir nicht egal sind.", erwiderte sie brav mit kurzer Verneigung in Richtung der Kopfgeldjägerin, wohlwissend dass das Amazonendorf ein verlockendes Angebot für dieses gewesen war.

Ein plötzlicher Aufschrei einer Wache, die gerade ein Blick in das Zelt ihrer Herrin warf, unterbrach schließlich das Widersehen und erregte die allgemeine Aufmerksamkeit. "Aber Herrin?! Was macht ihr da mit dem Drow?!", fragte die Amazonenwache empört als sie die beiden gemeinsam unter einer Decke erwischte. Schlagartig verfinsterten sich die Blicke der Frauen gegen Shane und seiner Freunde, die schwitzend zusammenrückten. "Äh, ja ... ich denke wir sollten dann gehen.", schlug er vor, worauf die beiden Mädchen nur allzu gerne ihr Einverständnis gaben.

Nur Kazumi blieb verblüfft über die jungen Abenteurer zurück, während diese sich eiligst aus dem Staub machten. Zusammen mit Jáin, lief man schließlich so schnell davon wie einen die Beine tragen konnten, dicht gefolgt von pöbelnden Amazonen, die ihnen an die Gurgel wollten. "Warum hast du es ausgerechnet mit der Anführerin getan, du Idiot!", schimpfte Sejya ihren dunkelhäutigen Gefährten während der Flucht. "Ich hatte doch keine Ahnung das es die Anführerin war!", entgegnete ihr Jáin und warf ein letztes mal einen Blick auf seine Verfolger. Sie sollten entkommen, aber wer konnte schon sagen welches Abenteuer sie nach den nächsten hundert Bäumen erwarten würde ...

Folge 55: Stadt der Statuen

Einen ganzen Tag irrte man inzwischen in den Wäldern von Starmantle herum und auch wenn der Weg in Richtung Osten meistens stimmte, so war man sich nicht mehr sicher ob man diesen Wald je wieder verlassen, geschweige denn das zweite Phönixartefakt finden könnte. Kyrens Magen knurrte bereits unablässig, hatte sie doch außer ein paar Waldfrüchten an diesen Tag noch nichts gegessen. Auch ihren Gefährten stand der Hunger ins Gesicht geschrieben.

Jáin schrak plötzlich auf als er ein Geräusch hinter einem Gebüsch bemerkte. "Wartet! Bleibt stehen! Still!", wies er seine Mitstreiter im Flüsterton an, im Glauben etwas essbares entdeckt zu haben. "Vielleicht ist es ein Hase, oder ein Reh.", meinte er mit hungriger Miene und pirschte sich an das Rascheln heran. "Er wird doch wohl keinen kleinen süßen Hasen töten wollen, oder Shane?", fragte Kyren mit leicht traurigen Blick. "Nein, ich glaub' dafür ist ein Hase zu clever.", erwiderte er schmunzelnd, bei der Beobachtung des Anpirschmanövers seines Gefährten. Als sich der Dunkelelf nahe genug wähnte, setzte er schließlich zum Sprung ins Dickicht an und streckte seine Arme fangbereit aus. "Hab ich dich!", rief er während er ins Gebüsch sprang, doch ein plötzlicher Aufschrei eines Mannes ließ schnell erahnen, das Jáins Jagdversuch nicht so endete wie man sich das vorstellte.

"Lass mich los, Drow! Fort mit dir!", schimpfte eine Stimme, während es im Gebüsch noch kräftig weiter raschelte. Kurz darauf purzelte Jáin mit einem alten, verzausten Wanderer im Schwitzkasten aus dem selbigen hervor und präsentierte somit seinen Fang.

"Jáin! Lass ihn endlich los, oder bist du etwa ein Kannibale?", rügte ihn Shane, mit entsprechenden Blick. "Nein, aber mit ein bisschen Fantasie sieht er aus wie ein Waldschrat - dann kann man ihn essen.", gab er hungrig, an der Schulter des Mannes nagend, zurück. Erst eine beherzte Kopfnuss Sejyas brachte ihn wieder zu Verstand und somit auch zu Boden. "Entschuldigt bitte sein Verhalten. Auf leeren Magen ist er immer so.", entschuldigte sich Shane freundlich beim Wanderer und half ihm auf.

Tatsächlich musste er schon lange in den Wäldern leben, seiner Kleidung und seinem ungekämmten Bartwuchs nach zu urteilen, aber er war auch jemand der noch nicht von alten Klischees abgelassen hatte. "Was?! Lauter Elfen? Wieso reißt ihr mit einen der Dunklen! Was treibt euch in diese Gegend?", fragte er wild drauf los, noch immer ein wenig von Jáins Attacke verängstigt. Seine Angst sollte sich steigern als ihn Sejya plötzlich am Kragen packte und zu sich zog. "Hey! Wen nennst du hier Elf?!", fauchte sie ihn temperamentvoll an, bevor ihn ihr Shane wieder aus den Händen riss. "Um deine Fragen zu beantworten alter Mann: Wir suchen einen Ort hier im Wald an dem der Ring des Phönix liegen soll. Schon mal davon gehört?", sagte er freundlich, doch der alte Wanderer war durch seine beiden Gefährten schon so eingeschüchtert, dass er antwortete als hinge sein Leben davon ab. "Ich weiß nicht viel darüber, ich schwör's! Bitte tut mir nicht weh! Ich sag euch auch alles was ich weiß!", stotterte er schwitzend zurück. "Reiß dich zusammen! Wir tun dir doch gar nichts!", pöbelte er nun etwas genervt zurück, wodurch der Mann noch nervöser wurde. "Ich rede, ich rede!!! Hier ganz in der Nähe, keine Stunde entfernt soll der Ort sein den ihr sucht, aber er verbirgt sich vor all jenen die sich nicht als würdig erweisen! Ihr müsst einfach nur den Weg hier weitergehen, dann seid ihr rasch da! Aber hütet euch vor den Basilisken! Er hat mein Dorf überfallen und alles in Stein verwandelt!", erzählte er hektisch.

"Einen Basilisken?", staunte Kyren, während Shane von ihm abließ und er zu Boden plumpste. "Ja, ja! Ich schwöre! Es ist keine drei Tage her, da wurden alle Menschen im Dorf zu Stein! Es muss ein Basilisk gewesen sein!", mahnte er das kleine Mädchen, das aber recht unbeholfen wirkte und zu ihrem Gefährten aufsah. "Was ist ein Basilisk?", fragte sie unsicher bei Shane nach.

"Schwer zu sagen. Ein sehr seltenes Wesen, sagt man. Man weiß nicht wirklich wie es aussieht. Die Berichte der Leute die eine Begegnung mit ihm überlebt haben sind sehr widersprüchlich. Ich weiß nur das es jedes lebende Wesen versteinern kann. Mein Vater hat mir mal davon erzählt das er gegen ein paar dieser Wesen gekämpft hat, aber ich erinnere mich nicht mehr so gut daran.", erwiderte er nachdenklich.

"Tja, dann macht's gut! Ich muss weiter!", stotterte der alte Mann und verschwand im Eiltempo im Dickicht des Waldes. "Und was wollen wir nun tun?", fragte Jáin sich am Kopf reibend. "Ich schlage vor wir gehen den Weg, der uns vorgeschlagen wurde. Wenn wir am Dorf ankommen sehen wir weiter.", meinte Shane mit entschlossenen Blick.
 

Ein kühler Luftzug durchzog für einen Moment eine Kneipe, fernab der Wälder durch die Kyren und ihre Freunde gerade gingen, als ein weiterer Gast das Lokal betrat. Es war nicht sehr voll um diese Zeit, besonders an der Theke, an der sich Gerrard gerade seinen zweiten Drink genehmigte. Er schmunzelte bei dem Gedanken das er für dieses Gebräu Geld ausgab, hatte der Alkohol doch kaum eine Wirkung auf ihn. Der Vampir, den es immer wieder perfekt gelang unerkannt unter den Lebenden zu bleiben, wirkte noch immer etwas blass, aber sein letztes Opfer hatte ihm wieder genug Kraft für die nächsten Wochen gegeben.

Der Wirt sah bedenklich aus als er seinen stillen Gast musterte, so dass er sich zu einen kleinen Gespräch hinreißen ließ und vor ihm seinen Tresen wischte. "Ich habe Euch hier noch nie gesehen? Seid Ihr neu in der Gegend?", fragte er freundlich und rieb sich kurz mit dem Handrücken am Schnäuzer. "Ja ... kann man so sagen.", erwiderte er leicht trübselig. "Was ist passiert Freund? Hat euch die Liebste verlassen?", fragte der Wirt weiter. "Nein ... eher das Leben.", antwortete er recht leise. "Wo kommt ihr her? Aus Richtung Starmantle ... oder aus dem Süden?", wollte der Wirt nun wissen und legte seinen Wischlappen beiseite. "Spielt das eine Rolle?", tönte Gerrard trocken zurück und nahm noch einen Schluck. "Na ja, ich meine ja nur. Ich hab gehört im Süden, in der Nähe bei Ormath sollen merkwürdige Dinge geschehen. Bis vor kurzen soll dort noch ein heftiger Gildenkrieg zwischen Vampiren und Dieben getobt haben, stell sich das mal einer vor.", erzählte er, worauf sein Gast endlich ansprang. "Und?", gab er grob zurück und stellte sein Glas wieder ab. "Tja, ich hab zwar keine Ahnung wer von den beiden Gilden der Sieger war, aber seit dem herrscht in der Gegend um Ormath Ausnahmezustand. Die Stadt wird angeblich von einer Hundertschaft von Rebellen belagert, die sie für sich beanspruchen. Niemand scheint zu wissen woher diese Männer kommen und wem sie dienen, aber sie sind gut bewaffnet. Sieht mir ganz nach Krieg aus, wenn Sie mich fragen.", fuhr er fort. "Ich warte noch auf den Überraschungseffekt.", moserte Gerrard etwas gelangweilt. "Dazu komme ich ja jetzt. Ich habe gehört das diese Rebellen zu Staub zerfallen, wenn man sie tötet. Unheimlich, was?", erwiderte der Wirt fast schon etwas Stolz auf seine Geschichte. "Zu Staub ...?", dachte sein Gast still vor sich hin und wendete nachdenklich seinen Kopf ab. Noch zu genau hatte er in Erinnerung was in Ormath passiert war, das auch er gegen Menschen gekämpft hatte die zu Staub zerfielen. Er fragte sich was es wohl damit auf sich hatte und ob in Ormath eine ganz neue Bedrohung heranwuchs.
 

"Wir sind da! Da hinten scheint es zu sein!", rief Kyren erfreut als sie zwischen einigen Bäumen und Sträuchern in der Ferne ein Dorf zu erkennen glaubte. "Gut. Gehen wir hin, aber seid besser vorsichtig.", meinte Shane und ging voran.

Im Dorf herrschte eine gespenstische Stille. Kein Laut war zu hören, kein Bewohner zu sehen, so als ob es nicht das geringste Anzeichen für Leben an diesen Ort gäbe. "Shane! Da!", rief Kyren plötzlich und deutete auf eine Statue, die einen völlig verängstigten Ausdruck im Gesicht hatte. Es schien so als ob der versteinerte Mann dort etwas abwehren wollte, aber dem Fluch nicht mehr entkommen konnte. Der Wanderer schien recht gehabt zu haben - hier musste ein Basilisk am Werke gewesen sein. Schon bald fand man weitere versteinerte Dorfbewohner. Das Wesen hatte vor nichts halt gemacht, weder vor Frauen, noch vor Kindern oder gar Alten. Manche Bewohner, die man in ihren Häusern fand hatte es bei ganz alltäglichen Dingen erwischt, wie beim Abwasch oder beim alltäglichen gang zum Bad, doch die meisten die man fand stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Viele hatten versucht zu fliehen, oder sich in ihren Häusern versteckt, aber die Suche nach Überlebenden blieb erfolglos.

In der örtlichen Kneipe beendete man die Suche nach Überlebenden, in der man sich eine kleine Pause gönnte. "Nichts. Fehlanzeige. Alle sind zu Stein verwandelt wurden.", seufzte Kyren, die sich gerade auf einen Tisch setzte. "Eine Schande ist das.", jammerte auch Jáin, der gerade seine Hand am steinernen Gesäß einer Bedienung des Lokals rieb, die es mitten bei der Bedienung eines Gastes erwischt haben musste. Neben dem Wirt waren nur noch zwei weitere Gäste, in dem relativ kleinen Lokal, die aber auch alle samt versteinert waren.

"Wie geht's nun weiter?", wollte Sejya wissen und warf Shane einen misstrauischen Blick zu. "Tja, ich hab keine 'Stein zu Fleisch' Zauber bei mir. Du etwa?", erwiderte er spitzfindig. "Ha, ha, sehr witzig, du ...", tönte sie höhnisch zurück, bevor ihr Jáin dazwischenfunkte. "Warte! Sei mal still! Ich hab da eben was gehört!", sagte er und hielt ihr den Mund zu, während er den Raum musterte.

"Ob es der Basilisk ist?", fragte Kyren mit ängstlicher Miene und setzte sich vom Tisch ab. Auch Shane wurde schnell misstrauisch, konnte er sich auf Jáins Gehör und Instinkte doch immer verlassen, so dass er sein Schwert zog. "Sejya, du bleibst hier bei Kyren. Wir sehen uns die Zimmer oben an. Wenn irgendwas ist, dann schreit.", meinte Jáin, der nun ebenfalls seine Waffe zog und sich in Richtung Treppe begab. Sie führte zu den Unterkünften der Schänke, wo er das Geräusch vermutete.

Den beiden fiel es nicht gerade leicht die Stufen zu erklimmen, knarksten sie doch unablässig bei jeder Belastung. Kyren war recht mulmig zu Mute, weshalb sie den beiden besorgt nachsah, bis sie es schließlich schafften im zweiten Stock anzukommen. Plötzlich hörten die beiden ein Poltern das auch bis nach unten zu ihren Gefährtinnen durchschallte, was die kleine Elfin verängstigt zusammenzucken ließ.

"Das kam aus dem Zimmer dort drüben.", gab Jáin seinen Mitstreiter flüsternd zu verstehen und deutete auf die Tür des Zimmers das er meinte. Der junge Halbelf schluckte nervös als er die Türklinke nach unten senkte und die Tür des Zimmers zu öffnen begann. Zunächst zögerlich, doch dann blitzschnell öffnete er die Tür und stürmte kampfbereit hinein. Aus Angst versteinert zu werden öffnete er seine Augen nicht ganz und stürmte fast Blindwegs auf eine Gestalt zu die sich hinter einer Couch versteckte. Ein panischer Schrei ertönte kurz bevor er auf sein Ziel einschlug, doch klang dieser zu menschlich für einen Basilisken, so dass er in letzter Sekunde von seiner Aktion abließ. "Shane!", rief sein dunkelhäutiger Gefährte aufgeregt. "Mach die Augen auf bevor du zuschlägst!", rügte er ihn und wies ihn darauf hin das er beinahe eine unschuldige Frau verletzt oder gar getötet hätte, die ängstlich ihr Gesicht von der Spitze seines Schwertes abwendete. "Bitte tut mir nichts!", flehte sie, worauf auch Shane erkannte das er beinah einen Fehler begangen hätte und seine Waffe zurückzog. "Entschuldigt. Ich dachte ihr wärt der Basilisk, der die ganzen Leute hier versteinert hat.", sagte er und trat ein paar Schritt zurück, so dass die junge Frau sich erleichtert aufrichtete. "Verzeiht, aber ich habe das selbe von euch gedacht. Ich hätte nicht erwartet das sich jemand in unser Dorf wagen würde.", erwiderte sie erleichtert. Schon kurz darauf kamen Kyren und Sejya, angestachelt vom Aufschrei der Frau, ins Zimmer gerannt um zu sehen was passiert war. "Alles in Ordnung? Was ist passiert?", fragte Kyren besorgt, bevor sie merkte das es allen gut ging. Die Frau, die man entdeckt hatte, trug ein langes rotes Kleid, das aber schon ziemlich verdreckt und angerissen war. Ihr Haar war ungewöhnlich grün und mittelang gewachsen, doch sie machte einen recht friedlichen Eindruck.
 

Kurze Zeit später erklärte sie im unteren Stock weitere Einzelheiten und was im Dorf geschehen war, während man versammelt um einen Tisch saß. "So, dein Name ist also Mary, richtig? Und du sagst das ein Basilisk schon seit Tagen durch euer Dorf schleicht und einen nach den anderen versteinert hat.", fasste Jáin noch einmal zusammen, der sich in seiner typisch charmanten Art um die junge Dame kümmerte und ihre Hand hielt.

"Ihre Aussage würde sich ja dann mit der des Wanderers decken.", merkte Shane nachdenklich an.

"Ja, aber wo ist dann der Basilisk? Ob er schon wieder weg ist?", fragte Kyren unsicher. "Möglich ...", erwiderte er nüchtern, was Mary aber sichtlich beunruhigte. "Nein, nein! Er kann nicht weg sein! Ich bin mir sicher er ist noch hier! Diese Wesen bleiben doch immer bei ihren Werken!", protestierte sie energisch.

"Wenn es weg wäre hätten wir eh ein Problem. Ich glaub die Leute hier kriegen wir erst wieder zu Fleisch wenn wir dieses Vieh töten, oder?", meinte der junge Drow und erhob sich vom Tisch. "Ja, wäre denkbar.", stimmte sein halbelfischer Gefährte zu. "Also würde ich sagen, wir teilen uns in Gruppen auf und suchen das Biest.", schlug Jáin vor.

"Das könnte gefährlich werden. Was wenn es uns dann auch erwischt? Außerdem wird es sicher bald dunkel draußen.", warf Kyren besorgt ein. "Das Risiko müssen wir eingehen. Diese Bewohner hier sind die einzigen die uns mit dem Ring des Phönix weiterhelfen können. Außerdem haben wir sicher noch ein paar Stunden bis zur Dämmerung.", wehrte Jáin entschlossen ab, was das mulmige Gefühl der kleinen Elfe aber nicht wirklich besänftigte.

"Okay! Wir teilen uns in zwei Gruppen auf. Ich bleibe bei Kyren. Sejya und Mary gehen mit Jáin. Wenn die Dämmerung einsetzt treffen wir uns wieder hier.", meinte Shane schließlich, so dass die Suche beginnen konnte. "Ich soll mit euch? Ich kann doch nicht kämpfen.", staunte Mary verwundert. "Egal. Alleine ist hier jedenfalls niemand sicher.", erklärte er ihr mit strengen Blick, worauf Jáin seinen Arm um sie legte. "Keine Sorge. Bei mir sind Sie bestimmt sicher.", flüsterte er ihr zwinkernd zu, was Sejya, ihren Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schon wieder die Galle hochkommen ließ.
 

Einige Stunden später setzte die Dämmerung ein, doch ihre Suche schien nicht von Erfolg gekrönt. Shane und Kyren waren die ersten, die wieder in der Schänke eintrafen und nun geduldig auf die anderen warteten. "Was meinst du, ob die anderen fündig geworden sind?", fragte die kleine Elfe, die sich gerade auf einen Stuhl gesetzt hatte und dort ihren rechten Fuß ein wenig zu massieren begann. "Entweder das oder es hat sie erwischt.", erwiderte er scherzend und lehnte sie an die Bar an. "Was? Wirklich? Du glaubst das sie auch versteinert wurden?", tönte sie verängstigt zurück, da sie nicht recht verstand wie er es gemeint hatte. "Nein, keine Sorge. Ich bin mir sicher das es ihnen gut geht. Ich glaub' das Jáin und Sejya wohl die letzten wären die sich von einen Basilisken besiegen lassen würden.", beruhigte er sie und sah entspannt zur Tür.

Nur einen Moment später stampfte Sejya hinein, die ziemlich frustriert schien. "Hey Sejya! Wo sind denn Jáin und Mary?", fragte Shane verwundert. "Die sitzen draußen und turteln miteinander!", antwortete sie mürrisch und setzte sich auf einen Tisch. "Hey, das klingt ja fast so als wärst du eifersüchtig.", stichelte er gekonnt zurück. "WAS?! Ich soll auf die eifersüchtig sein?! Mir tut nur das Mädchen Leid weil sie sich von ihn befummeln lassen muss!", gab sie lautstark zurück. "Na, wenn das so ist. Ich dachte doch tatsächlich das du Jáin ein bisschen gern hast.", meinte er zwinkernd, was ihr nun sichtlich etwas Röte ins Gesicht trieb. "Red nicht so einen Quatsch! Noch ein Wort und ich ramm dir meinen Dolch in den ...", fauchte sie temperamentvoll zurück bevor sich Kyren mit ausgestreckten Armen zwischen sie stellte. "Wartet! Aufhören! Nicht streiten, bitte! Ja?", versuchte sie mit friedvollen Blick zu schlichten, worauf sich Sejyas Gemüt wieder etwas beruhigte. Noch im selben Moment kam Jáin mit Mary herein, was sie naserümpfend zur Kenntnis nahm. "Wir haben das Dorf und den umliegenden Wald durchsucht, aber nichts gefunden. Ich denke wir suchen morgen weiter.", erzählte Jáin. "Einverstanden. Vielleicht haben wir morgen mehr Erfolg.", stimmte Shane nickend zu. "Und da ja aktuell niemand da ist den wir bezahlen müssten, nehmen wir uns für die Übernachtung doch am besten die Zimmer dieser Schänke hier. Ich und Mary haben schon beschlossen uns ein Zimmer teilen.", schlug er grinsend vor. "War ja klar.", grummelte Sejya leise vor sich hin.

"Sejya? Übernimmst du mit mir im Wechsel die Nachtwache? Dann teilen wir uns mit Kyren das andere Zimmer.", rief ihr Shane zu, so dass sie etwas verwundert aufschrak. "Wie? Was? Ach so ... ja, natürlich. Der Herr Jáin ist ja diese Nacht schon ausgebucht.", gab sie mit anschließenden Blick zu ihren dunkelhäutigen Gefährten zur Antwort.
 

Am späten Abend, nachdem alle gegessen hatten und auf ihre Zimmer gegangen waren, war für die junge Kopfgeldjägerin die Zeit gekommen die erste Schicht der Nachtwache zu übernehmen. Es war ihr ganz recht, denn sie konnte eh nicht schlafen, war sie doch ständig in Gedanken an Jáin, aus dessen Zimmer ab und zu einige eindeutige Laute ertönten. Sie schwor sich das sie ihn dafür hasste, für seine Art sich an jede Frau heranzumachen, aber irgendwas in ihr sagte ihr das es da noch etwas anderes gab was sie bedrückte. "Warum kann er nicht so wie Shane sein.", dachte sie einen Moment lang vor sich hin, bis sie merkte was ihr da eben durch den Kopf gegangen war. Wütend über sich selbst wuschelte sie sich durch den Kopf und rügte sich selbst. "Sejya! Das darf doch alles nicht wahr sein! Reiß dich zusammen, Mädchen!", schimpfte sie sich. Einen Moment lang lag sie einfach nur so da, auf den harten kalten Holzboden und lauschte in die Nacht, aber als sie das Bettgequietsche aus Jáins Zimmer und das unablässige stöhnen einer Frau hörte, hielt es sie keine Sekunde länger an der Treppe aus, worauf sie beschloss zur Bar im Erdgeschoss zu gehen.
 

Als Shane am nächsten Morgen erwachte und sich den Schlaf aus den Augen rieb war ihm zunächst gar nicht klar wo er war. Seine Augen weiteten sich verwundert als er merkte das er noch immer auf der Couch des Zimmers lag das er sich mit Kyren teilte, die friedlich im Bett lag und schlief. Schnell durchfloss ihn ein merkwürdiges Gefühl und er erinnerte sich das ihn Sejya eigentlich ablösen wollte, wenn ihre Wachschicht vorüber wäre. Rasch schlüpfte er in seine Schuhe, nahm seinen Zweihänder und stürmte aus dem Zimmer, womit er die kleine Elfin aus ihrem Schlaf entriss. "Was ... was ist denn los?", fragte sie schlaftrunken, doch da war er schon fort.

"Sejya? Antworte!", rief er als er sie nicht auf der Treppe vorfand und die selbige hinablief. Unten an der Bar angekommen, erblickte er sie so wie er gehofft hatte sie nicht vorzufinden. Er erstarrte eine Weile lang, bis schließlich auch Kyren und Jáin, vom Krach erweckt, zu ihm herunterkamen. "Oh, Gott! Nein!", gab letzter geschockt von sich, als er seine Gefährtin versteinert nahe der Theke stehen sah. Ihr Blick war ungewöhnlich kühl, ja sogar fast hasserfüllt, und ihr Mund geöffnet, so als ob sie gerade etwas sagen wollte. Was auch immer passiert war, der Basilisk schien sie erwischt zu haben.

Jáin ging geschockt in die Knie. Er konnte kaum glauben das es sie wirklich erwischt hatte. "Verdammt! Das hätte nicht passieren dürfen.", gab er traurig von sich. "Mach dir keine Vorwürfe. Es hätte jeden von uns treffen können.", meinte Shane tröstend und senkte sein Haupt. Schließlich kam auch Mary die Treppe hinab und sah was geschehen war. Auch sie war wirkte betroffen, doch da sinnte es den Dunkelelfen schon nach Rache. "Dafür wird dieses Vieh bezahlen! Los, wir machen uns sofort auf den Weg und suchen es! Vielleicht ist es noch in der Nähe!", meinte er wütend, womit jeden klar war, das ihm nichts davon abbringen könnte den Basilisken zu töten.
 

Nach einem kurzen Frühstück ging es für Jáin und Mary sowie Kyren und Shane gleich wieder auf die Jagd. Man war sich sicher den Basilisken diesmal zu finden und zu töten.

Der junge Halbelf wirkte nachdenklich während er mit Kyren durch das Dorf spazierte, so dass sie ihn schließlich ansprach. "Was ist? Stimmt irgend etwas nicht?", fragte sie vorsichtig. "Ich frage mich warum Sejya keine Angst hatte. Ihre Mimik ist nicht wie bei den anderen Dorfbewohnern. Vielleicht wollte sie uns damit irgendwie einen Hinweis hinterlassen. Ach, ich weiß nicht. Irgend etwas stört mich an der ganzen Sache.", erwidere er. "Wir sollten auf jeden Fall versuchen ...", fuhr er fort, als sie ihn aufschreiend unterbrach. "Shane! Sieh doch! Da ist Jáin!", rief sie aufgebracht und deutete auf eine Statue in einiger Entfernung. Schnell lief man zu ihr und stellte mit entsetzten fest das ihr erster Blick sie nicht getrübt hatte. Tatsächlich handelte es sich bei dieser Versteinerung um Jáin, der ähnlich wie Sejya, eher finster dreinblickte, als ängstlich. Auch hatte er wie Sejya keine Waffe gezogen, so dass es so aussah als ob er sich nicht einmal in Gefahr gesehen hatte.

"Verflucht! Jetzt hat es ihn auch noch erwischt!", schimpfte er verzweifelt und ballte seine Hand zur Faust. "Ich nehme mal an du kriegst das Kunststück kein zweites mal fertig ihn wieder in Fleisch zu verwandeln, oder?", fragte er Kyren ohne seinen Blick auf sie zu richten. "Nein, ich kann mich leider an nichts erinnern.", erwiderte sie traurig. Nachdenklich senkte Shane seinen Kopf und überlegte sich wie es ihm gelingen könnte den Basilisken zuvor zu kommen, bevor er ein weiteres mal zuschlagen würde. Als er auf den Boden sah, kam ihn etwas merkwürdig vor, doch er ließ von diesen Gedanken ab als er merkte das Mary fehlte. "Wo ... wo ist Mary? Wir müssen sie finden! Vielleicht hat sie überlebt!", schrie er aufgeregt. "Ja, du hast recht! Vielleicht hat sie ja etwas gesehen was uns weiterhilft.", stimmte seine Gefährtin zu und folgte seinen Laufschritt. Fortan durchsuchte er jeden Winkel des Dorfes, fand aber keine Spur von Mary, bis er schließlich ein wimmern aus der Schänke vernahm. "Hast du das auch gehört, Kyren?", fragte er seine Begleiterin. "Ja, hab ich. Es kam ganz sicher aus der Schänke!", bestätigte sie, so dass man kurz darauf dort eintrat.

"Das Wimmern kommt von der Bar!", merkte er nach kurzer Analyse an, worauf man sich zur selbigen begab. Es war nicht wirklich überraschend dort Mary vorzufinden, die zusammengekauert in einer Ecke hockte und vor sich hin weinte. "Mary? Was ist passiert?", fragte Shane besorgt und beugte sich zu ihr herunter. "Es war der Basilisk! Er hat Jáin erwischt!", erzählte sie weinend. "Ich bin davongelaufen, so schnell ich nur konnte und hab mich dann hier versteckt.", fügte sie etwas gefasster an, worauf er ihr hoch half. Die Lage wurde nun auch für die Abenteurer immer ernster.
 

Nun nur noch zu dritt verweilte man eine Weile in der Schänke um wieder einen klaren Kopf zu kriegen. Während Shane und Kyren gemeinsam an einen Tisch saßen und Sejyas Statue betrachteten, war Mary auf ihr Zimmer gegangen um sich etwas hinzulegen. "Was machen wir denn nun, Shane? Es sieht nicht gut für uns aus, oder?", seufzte die kleine Elfe bedrückt. "Wir haben ein Problem.", antwortete er mit kalten Blick. "Ach, was du nicht sagst.", stöhnte sie traurig zurück und stützte ihren Kopf auf ihren linken Arm. "Ich meine das Marys Aussage erstunken und erlogen ist. Irgend etwas verschweigt sie uns.", widersprach er leise. "Was meinst du?", fragte sie ungläubig. "Bei Sejya konnte ich noch keinen Verdacht schöpfen, aber Jáin wurde draußen versteinert.", meinte er, was sie aber nicht wirklich erleuchtete. "Ich verstehe nicht.", gab sie verwirrt von sich. "Ist dir eigentlich vorhin aufgefallen das um Jáin herum nur Marys Fußspuren zu sehen waren? Soweit ich weiß fliegen oder schweben Basilisken nicht.", erklärte er nüchtern, so dass sie endlich begriff was er ihr zu sagen versuchte. "Du meinst das Mary irgend etwas damit zu tun hat?", fragte sie vorsichtig, was er kurz benickte. "Ich glaube ihr nicht das sie die einzige Überlebende ist und auch das ein Basilisk das getan haben soll, ich glaube viel mehr das sie selbst die Ursache dieses Problems ist.", antwortete er und kreuzte nachdenklich seine Finger ineinander. Plötzlich tönte Applaus von der Treppe des Lokals, von der Mary klatschend herabtrat.

"Sehr gut kombiniert, Halbelf.", rief sie ihm mit frechen Blick zu, worauf die beiden schlagartig von ihren Plätzen aufsprangen. Das nette Mädchen, schien nicht mehr zu existieren, nun wo man sie entlarvt hatte. "Ich weiß nicht wie du es gemacht hast so viele Leute zu versteinern, aber du wirst es gefälligst rückgängig machen.", wies Kyren sie mit strafender Hand an, was ihr aber nicht mehr als ein kurzes Kichern entlockte. "Ich muss schon sagen, dein Freund ist verdammt clever. Das ganze Dorf hat es nicht geschafft hinter mein Geheimnis zu kommen.", tönte sie arrogant zurück. "Wer bist du?!", tönte Shane streng zurück und zog seinen Zweihänder hervor. "Wer ich bin? Ich zeig' es dir!", fauchte sie aggressiv und enttarnte sich. Ihre Augen begannen rot aufzuglühen, ihr grünes Haar kräuselte sich und formte sich zu etlichen Schlangen. "Ich bin eine Medusa!", zischte sie schließlich dominant empor und weitete ihre Arme. "Kyren! Lauf weg hier! Bring dich in Sicherheit!", rief Shane seiner Gefährtin zu, die kaum glauben konnte was für ein Wesen sich da vor ihnen aufgebaut hatte. Ihm selbst blieb kaum mehr Zeit um anzugreifen, spürte er doch nur wenige Augenblicke danach wie seine Füße erlahmten und zu Stein wurden. Der Blick der Medusa hatte ihn bereits erfasst so dass er ihr ausgeliefert war. "Schnell! Beeil dich!", schrie er, worauf die kleine Elfe sich endlich in Bewegung setzte. Binnen weniger Sekunden war sein ganzer Körper versteinert und er genau so zu einer Statue geworden wie all die anderen zuvor.

Fassungslos blickte Kyren, die noch einen Moment lang an der Eingangstür verweilte auf ihren Mitstreiter und rief vergeblich seinen Namen. "Du kannst rennen, aber entkommen wirst du mir nicht, Kind!", keifte ihr die Medusa nach. Panisch vor Angst lief Kyren schließlich davon, in den Wissen das nun alles von ihr abhing.

"Ha, ha! Mit jeden Wesen das ich versteinere wächst meine Macht und dieses Mädchen wird die nächste sein.", tönte die Kreatur vorfreudig vor sich hin und eilte ihr nach.
 

Tränen schossen der Elfin aus ihren Augen als sie durch das Dorf rannte, denn sie wusste nicht was sie tun sollte um ihren Freunden zu helfen. Selbst wenn sie entkommen würde, so konnte sie ihre Gefährten unmöglich zurück lassen oder allein weiter ziehen. Verzweiflung und Panik durchdrangen ihr Herz, ein Labyrinth aus Fragen baute sich vor ihr auf, aus dem es keinen Ausweg gab, wodurch sie kaum mehr darauf achtete wo sie überhaupt hinlief. Sie spürte wie ihr die Medusa folgte und immer mehr aufholte, so dass es nur noch eine Frage der Zeit war bis es auch sie erwischen würde. Blindwegs lief sie weiter, dicht gefolgt von der Medusa, während eine Träne nach der anderen aus ihren Augen floss. Ihr Lauf endete erst als sie in eine Gestalt rannte und unsanft zu Boden fiel. Verwundert hielt die Frau mit den Schlangenhaaren hinter ihr inne, hatte sie doch niemanden weiter erwartet. Es war John in den Kyren gelaufen war. Eiskalt blickte er auf sie nieder als sie zu ihm aufsah und sich ihre verweinten Augen klar rieb. Noch ahnte die Medusa nicht, das sie die Begegnung mit ihm nicht überleben würde.
 

Die Dunkelheit vor Shanes Augen schwand und sein Bewusstsein kehrte zurück, als er plötzlich spürte wie sein Körper wieder Fleisch wurde. Vorsichtig öffnete er seine Augen, deren Sehkraft nur langsam wieder zurückkehrte. Das erste was er erblickte war Kyren, die mit hoffnungsvollen Blick, Medusas abgetrennten Kopf an ihren toten Schlangenhaaren direkt vor seinen hielt, so dass er in ihre hässliche Fratze sehen konnte, und sich somit der Fluch wieder aufhob ...

Folge 56: Der Ring des Phönix

Wie jeder andere im Dorf, war auch Shane noch entkräftet nachdem er wieder zu Fleisch geworden war. Er musste sich in Geduld und Bettruhe üben, wenn er bald wieder auf den Beinen sein wollte.

Er war zusammengebrochen kurz nachdem der Fluch von ihn gewichen war und vor Erschöpfung in Ohnmacht gefallen. Shane wusste nicht wie er in das Zimmer der Schänke oder das Bett kam, jedoch war er sich sicher das dies bald beantwortet werden würde, als er von draußen jemand kommen hörte. Es war Kyren die zu ihm ins Zimmer kam. Sie lächelte als sie sah das er wieder wach war und setzte sich an sein Bett. "Schön das du wieder wach bist. Du hast ganz schön lange geschlafen.", sagte sie und schenkte ihm ein weiteres nicht enden wollendes Lächeln. "Was ist eigentlich passiert? Was mache ich hier?", fragte er leicht verwirrt zurück. "Die Medusa hatte dich versteinert, weißt du nicht mehr?", antwortete sie etwas verwundert. "Ja ... aber wie ... hast du es geschafft sie zu besiegen?", stotterte er unsicher, worauf sie sich verlegen am Hinterkopf rieb. "Aaach, weißt du, ich hab' sie gar nicht besiegt. Das war John ...", erwiderte sie. "John? Aber wie ...?", staunte er, worauf sie begann ihm die Einzelheiten zu erklären. "Ich weiß auch nicht. Er war auf einmal da .... und ist seelenruhig auf sie zugegangen. Sie schien ziemlich Angst vor ihm zu haben ... vielleicht konnte sie ihn deshalb nicht versteinern.", erzählte sie, bevor er sie unterbrach. "Was sagst du? Sie hat es nicht geschafft ihn zu versteinern?", stutzte er. "Ja, genau. Und dann hab ich gesehen wie er ihr mit bloßer Hand den Kopf abgeschlagen hat.", sagte sie mit bedrückter Stimme und senkte ihren Kopf um dieses grausige Bild aus ihren Gedanken zu verdrängen.

"Er hat mir gesagt was ich tun muss um den Fluch von euch zu nehmen und so habe ich dann einen nach den anderen von euch wieder befreit. John hat dann mit den anderen Dorfbewohnern weitergemacht.", fuhr sie etwas ruhiger fort. "Und warum fühle ich mich so schwach?", fragte er misstrauisch. "Ich denke das ist normal und nur ein vorrübergehender Effekt. Du wirst bald wieder auf den Beinen sein.", gab sie zur Antwort.

Eine Weile lang verharrte Shane nachdenklich in seiner aufrecht sitzenden Haltung, bevor er die Bettdecke griff und sie von sich nahm um aufzustehen. "Warte! Was hast du vor? Wo willst du hin? Du bist noch nicht wieder ganz bei Kräften!", rief Kyren besorgt. "Wo sind Jáin und Sejya?", fragte er mit strengen Blick. "Sie ... sind in den Zimmern neben uns. Sie schlafen noch.", antwortete sie zögerlich. "Und John?", wollte er wissen, wobei sich seine Stimme noch etwas mehr verfinsterte. "Ich weiß nicht ... er wird sicher irgendwo im Dorf sein und sich um die anderen Bewohner kümmern.", erwiderte sie, worauf er sich vom Bett erhob. "Nicht, Shane! Du brauchst Ruhe!", äußerte sie sich besorgt. "Es wird schon gehen, keine Sorge. Ich muss mit John sprechen!", meinte er, mit unverändert ernsten Blick.
 

Kyren wirkte verwundert als er ihr bald darauf vorführte was er unter 'mit jemanden sprechen' verstand. Rabiat packte er John, der gerade aus einem Haus eines Dorfbewohners gekommen war, am Kragen und drückte ihn gegen die Wand des Hauses. "John!", fauchte er erzürnt, doch dieser blieb ungewöhnlich gelassen. "Wie ich sehe bist du schon wieder auf den Beinen. Bist ein zähes Kerlchen. Darf ich fragen was dich so in Rage bringt?", erwiderte er kühl und löste sich relativ leicht von seinem Griff. "Ich finde es höchst interessant das du dich hier blicken lässt! Ich hätte da ein paar dringende Fragen an dich! Wo bist du die letzte Zeit gewesen?! Wo warst du auf einmal als der Weiße Falke mit der Phönixmaske abgehauen ist?! Und wie hast du die Medusa so einfach besiegen können?!", fuhr er wütend fort. "Ich wüsste nicht warum ich dir irgend eine Erklärung schuldig sein sollte. Wir sind weder Verbündete, noch Freunde, noch sonst irgend etwas.", gab er grob zurück und wies den jungen Halbelf somit in seine Schranken. "Dann wird es dich ja nicht stören wenn ich dir nicht vertraue, schon gar nicht nachdem Jarod uns vor dir gewarnt hat, egal was du auch für uns getan hast.", erwiderte er noch immer in Rage. "Vertrauen? Pah, das ist was für Feiglinge! Ich habe nie um euer Vertrauen geworben!", tönte er schroff zurück. "Also warum bist du dann hier?!", fragte Shane mit bösen Blick nach.

"Hör auf, Shane! Er hat doch niemanden etwas getan!", rief Kyren auf einmal dazwischen und beendete somit den Streit. "Lass gut sein, Elfenkind. Ich hatte eh nicht vor länger als nötig zu bleiben.", meinte John und wendete sich von den beiden ab. Ohne weitere Geste verließ er das Dorf in Richtung Wald wie er angekündigt hatte. Einen Moment lang war Shane geneigt ihn aufzuhalten, doch ihm wurde schnell klar, das es im Endeffekt auch nichts bringen würde. John war und blieb ein merkwürdiger Geselle, voller Geheimnisse, der immer dann auftauchte, wenn man es am wenigsten erwartete. Dennoch fragte er sich, wie schon so oft, nach den Motiven seiner Taten, lagen diese doch stets im Unklaren. Er war sich sicher, das John mehr wusste als er zugab.

"Shane ...", sprach ihn seine Gefährtin an und löste ihn somit aus seinen Gedankengängen. "Ich weiß, mir ist John auch jedes mal unheimlich wenn ich ihn sehe, aber er hat uns alle gerettet.", ergänzte sie mit friedvoller Stimme und beruhigte somit sein Gemüt. "Du hast recht. Es gibt wichtigeres zu tun. Wir sollten machen das wir alle wieder fit werden.", erwiderte er lächelnd, nachdem er sich ihr zugewendet hatte.
 

Nach einen Tag der Erholung waren Shane und seine Freunde, genau wie das gesamte Dorf wieder genesen. Man war den jungen Helden dankbar, so dass sie der Dorfälteste sie bereitwillig zu einer Audienz in sein Haus einlud. Es war eine recht gemütliche kleine Hütte, die die meiste Art von Komfort vermissen ließ. In der Mitte des einzigen Raumes war eine Feuerstelle, um die man sich versammelt hatte. Der Dorfälteste war ein alter Greis, der schon kein Haar mehr auf den Kopf hatte und dessen weißer zotteliger Bart ihn fast bis zu den Zehen gewachsen war, doch im Dorf genoss er auf Grund seiner Weisheit hohes Ansehen.

"So, ihr wollt also etwas über den Ring des Phönix wissen?", sprach er nach einer Weile des Schweigens und löste sich aus seiner starren meditativen Haltung. "Ja, deswegen sind wir hier. Wir haben gehört er soll in diesen Teil des Waldes in einen Tempel zu finden sein. Wir haben gehofft Ihr könntet uns weiter helfen.", erwiderte Kyren und beugte sich etwas vor. "Ihr habt uns alle gerettet, deshalb will ich ehrlich zu euch sein. Das der Ring des Phönix in einen Tempel versteckt sein soll ist nicht ganz richtig. Mein Vater hatte dieses Gerücht einst in die Welt gesetzt um Schatzjäger in die irre zu führen. Den Tempel den ihr sucht gibt es nicht mehr.", erzählte der Greis. "Was?! Und der Ring? Was ist mit den Ring?!", rief Shane aufgeregt. "Eure Suche ist hier beendet, meine Freunde. Ihr habt ihn schon gefunden.", meinte er und strich sich durch den Bart.

"Wie meint Ihr das? Ist her hier im Dorf?", staunte Jáin verwirrt um sich blickend. "Wenn ihr das Dorf in Richtung Osten verlasst kommt ihr zu den Ort den ihr sucht. Dort liegt eine kleine Lichtung, nur wenige Minuten von hier entfernt. In der Mitte der Lichtung liegt ein Hügel, auf dem ein schwarzer Monolith steht. Dieser Monolith ist alles was vom Tempel übrig geblieben ist, denn in ihm steckt das was ihr sucht.", fuhr der Dorfälteste fort.

"Wo ist der Haken bei der Sache?", fragte Sejya misstrauisch. "Schon vor langer Zeit haben Abenteurer versucht den Ring des Phönix an sich zu reißen, der im Monolithen eingeprägt ist, doch keinen ist es je gelungen den Monolithen zu zerstören oder den Ring aus ihm herauszukriegen. Das ist auch der Grund warum der Tempel nicht mehr steht nach dem ihr suchtet. Vor vielen Jahrzehnten meinte ein Laie von einem Abenteurer das er den Ring heraussprengen könnte, aber sein Sprengstoff zerstörte nur den Tempel, während der Monolith nicht einen Kratzer hatte.", erklärte er und nahm einen Zug aus seiner Pfeife, die er sich während der Erzählung angesteckt hatte.

Unsicherheit machte sich zwischen der Abenteurergruppe breit, denn sollte die Geschichte des alten Mannes stimmen, stünde man vor einen Problem. Nur Sejya zeigte sich weniger pessimistisch und sprang aus ihrer hockenden Haltung auf. "Ach, papperlapapp! Die Märchenstunde ist vorüber. Ich schlage vor wir gehen hin und überzeugen uns selbst!", meinte sie mit enthusiastisch geballter Hand. Zunächst zeigte man sich noch etwas überrascht von ihren Worten, doch den Vorschlag sich selbst ein Bild der Lage zu machen nahm man dankbar an, so dass man sich nach und nach erhob. "Habt Dank, alter Mann. Wir werden gehen und unser Glück versuchen.", meinte Shane zum Abschied und verließ mit den anderen die Hütte.

"Wartet! Ich habe vergessen euch etwas zu sagen! Seid gewarnt, denn mein Urgroßvater erzählte mir einst, das dem, der den Ring entfernen sollte, ein Fluch befällt!", rief er ihnen mit warnender Gestik hinterher, aber davon ließ sich keiner der Vier abschrecken. "Pah, Flüche - die taugen doch nur dazu kleinen Kindern Angst zu machen.", wies ihn Sejya arrogant zurück. Shane und die anderen hingegen wurde das Ganze nun langsam immer weniger geheuer. Dennoch war man gewillt sich auf den Weg zu machen und der Sache auf den Grund zu gehen.
 

Tatsächlich fand man nach kurzen Fußmarsch, wie es ihnen der Dorfälteste beschrieben hatte, im Osten der Siedlung eine Lichtung vor, in dessen Mitte, auf einen Hügel, ein Monolith stand. Das Gras war an diesen Ort außergewöhnlich kurz gewachsen, so als ob es jemand pflegen würde. Alles wirkte sehr friedlich und der warme Sonnenschein ließ den Monolithen in vollen Glanz erstrahlen, den man sich derweil nur langsam näherte. Sie merkten nicht das sie nicht allein waren als sie dieses Areal betraten. Ein wachender Blick fiel aus einer Baumkrone von der anderen Seite der Lichtung auf sie herab. Im dichten Blätterwerk des Baumes lehnte eine ihnen nicht ganz unbekannte Gestalt auf einen Ast, die das Treiben auf der Erde aus ihren Nickerchen brachte.

Der Mann der dort saß war ihnen als Meisterdieb 1-1-2 bekannt gewesen, jedoch hatte sich sein Kleidungsstil seit ihrer letzten Begegnung etwas geändert. Statt eines flachen Hutes trug er nun ein weißes Tuch um den Kopf und einen Umhang dessen Kragen den unteren Teil seines Gesichtes perfekt abdeckte. Obwohl auch der Rest seiner Kleidung recht hell gehalten war, erinnerte das ganze nun mehr an einen Piratenlook. Keiner der vier Abenteurer schien ihn zu bemerken, war man doch voll und ganz vom Monolithen eingenommen.

"Da sind sie ja endlich. Ich denke ... das könnte interessant werden.", dachte er leise mit einem offenen Auge vor sich hin und lehnte sich genüsslich mit einen Schmunzeln auf den Lippen wieder zurück.
 

"Seht doch!", rief Kyren aufgeregt und deutete auf den schwarzen Monolithen in dessen Zentrum ein goldener Ring erstrahlte. "Tja, der alte Mann hatte mit allen recht was er sagte. Fragt sich nur wie wir ihn jetzt da raus kriegen.", meinte Shane und verschränkte nachdenklich seine Arme. "Ich mach das schon!", tönte Sejya übermütig zurück und schritt auf den Monolithen zu. "Warte! Ich glaube nicht das ...", rief er ihr warnend nach, doch da setzte sie schon zum Schlag an. Mit bloßer Hand schlug sie mit voller Wucht auf das Zentrum des Monolithen ein - mit absehbaren Resultat. Ein tiefer Schmerz in ihrer Hand beim auftreffen auf das harte Material zeigte schnell ob ihre Aktion mit Erfolg gekrönt war.

"Es muss einen Trick geben.", grübelte Jáin sich am Kinn reibend während Sejya im Hintergrund fluchend, mit schmerzverzerrter Miene herumhüpfte und sich die Hand hielt. Vergeblich lief ihr Kyren hinterher um sie zu heilen, was die beiden Jungs aber nur minder interessierte. "Vielleicht sollten wir es mit Carsomyr versuchen. Immerhin ist es eine magische Waffe.", schlug Jáin schließlich vor. "Ja, aber der Griff ist doch abgewickelt damit ich es überhaupt benutzen kann. Dadurch sind sämtliche magischen Fähigkeiten des Schwertes unbenutzbar.", widersprach Shane mit Schulterblick auf seine Waffe. "Dann musst du eben versuchen es ohne diesen Schutz zu heben.", erwiderte er ernst. "Wie soll das gehen?! Ich bin kein Paladin, kein Mensch und das ich ein absolut reines Herz habe kann ich auch nicht gerade behaupten.", gab er ungläubig zurück. "Egal, versuch es einfach. Oder hast du eine bessere Idee?", wies er seinen Protest zurück, so dass Shane nach kurzer Überlegung zu den Entschluss kam es einmal zu versuchen.

Sejya, deren Hand gerade von Kyren geheilt wurde, hatte Zweifel ob diese Methode zum Erfolg führen würde, aber dennoch hoffte sie das es klappen könnte. Vorsichtig legte der junge Halbelf seine Waffe vor den Monolithen auf den Boden und löste die verzauberte Lederumhüllung vom Griff seines Schwerts, die es ihm bisher ermöglicht hatte es überhaupt einzusetzen. Er war sich ziemlich sicher Carsomyr nicht einen Millimeter bewegen zu können, aber er wollte es zumindest versucht haben. Noch einmal holte er tief Luft und legte seine Hände um den Griff. Seine Muskeln spannten sich an und sein ganzer Körper zitterte als er begann das Schwert anzuheben. Seiner Mimik nach schien es hunderte von Tonnen zu wiegen und tatsächlich gelang es ihm es ein wenig zu bewegen. Mehr als ein paar Zentimeter waren ihm jedoch nicht vergönnt, so dass er entkräftet ablassen musste und erschöpft rückwärts zu Boden fiel.

"Shane!", rief Kyren besorgt und eilte, wie auch Jáin, zu ihm. Er war völlig außer Atem und obwohl er alles gegeben hatte, hatte es nichts gebracht. "Unmöglich. Dieses Schwert kann ich unmöglich anheben.", ächzte er seinen beiden Gefährten zu. Einen Augenblick später kam Jáin schon eine weitere Idee als sein Blick auf die kleine Elfe fiel. "Hey Kyren! Versuch du es einmal anzuheben.", sagte er zu ihr und deutete mit seinen Augen auf das Schwert. "Was, ich?! Wie kommst du darauf das ich das schaffen könnte?", fragte sie völlig verblüfft. "Ganz einfach. Man sagt doch immer das Kinder die reinsten Herzen haben und du bist nun mal noch am meisten Kind von uns.", erklärte er mit frechen Blick, worauf sie grummelnd ihre Miene verzog. "Versuch es ruhig.", stimmte Sejya ihm zu, wenn gleich sie misstrauisch blieb.

Die Waffe, so stellte Kyren bei einem Blick darauf fest, schien schon so viel zu mächtig um sie überhaupt zu heben und dennoch war sie gewillt es auch einmal zu probieren. Genau wie Shane zuvor ging sie in Position und legte ihre Hände um den Griff. Ohne groß tief Luft zu holen versuchte sie es hochzustemmen und verbuchte dabei zur Überraschung aller recht beachtliche Erfolge. Blitze schossen aus ihren Händen und wickelten sich um das Schwert als ihre Bemühungen den Höhepunkt erreichten und sie es fast vollständig vom Boden erhoben hatte. Ihr Gesicht war Schmerzerfüllt und ein paar kleine Tränen bildeten sich in ihren zugekniffenen Augen. "AH! Es tut so weh!", schluchzte sie, vor den erstaunten Augen ihrer Freunde, die kaum glauben konnten was sie sahen. Trotz ihrer Schmerzen blieb Kyren tapfer, obwohl sie gar nicht realisierte wie weit sie schon gekommen war.

Selbst der Weiße Falke, der noch immer recht gemächlich in seinen Versteck lehnte, wunderte sich über die Geschehnisse dort unten. "Was machen die da bloß?", gab er verwundert von sich und rieb sich den Hinterkopf.

Zu jenem Zeitpunkt hatte es das kleine Elfenmädchen schon geschafft das Schwert vollkommen vom Boden zu lösen, doch der starke Schmerz, der ihre Hände durchfuhr zwang sie kurz darauf dazu es fallen zu lassen.

Enttäuscht und mit Tränen in den Augen ging sie schließlich in die Knie, war sie doch so nah dran gewesen. "Kyren!", rief Shane aufgeregt und eilte zu ihr. "Es tut mir Leid Shane ... ich konnte nicht mehr ... es tat so weh an meinen Händen ... mein ganzer Körper ...", gab sie weinerlich von sich und zeigte ihm ihre Hände, die zu voller kleiner, blutender Schürfwunden waren. "Kyren ...", staunte er leise, doch war er zunächst nicht in der Lage seine weiteren Gedanken in Worte zu fassen. "Was ... wie ... wie hast du das geschafft?", fragte er fassungslos. "Ich weiß nicht.", erwiderte sie schluchzend. "Schon gut, das mit deinen Händen kriegen wir schon wieder hin. Komm, am besten du ruhst dich erst mal etwas aus.", beruhigte er sie und legte tröstend seine Hand auf ihre Schulter. Jáin kniete sich noch einmal zum Schwert hinab und strich über dessen Klinge, bevor er den magischen Verband um den Griff wickelte. Mit zweifelhaften Blick sah er Kyren nach, die sich gerade in einigen Metern Entfernung im Gras niederließ. Nach dieser Aktion wusste er nicht mehr recht was er von ihr halten sollte.
 

Kurz darauf versammelte man sich im Kreis sitzend um das weitere Vorgehen zu besprechen. Um Kyrens Hände waren Verbände gewickelt, die ihre Blutungen stoppen sollten. Es waren schon einige Vorschläge gefallen doch keiner schien wirklich sinnvoll. Selbst der Weiße Falke der geduldig in seinen Versteck abwartete, gähnte als nach einer Stunde des Wartens noch immer kein Resultat vorlag.

Schließlich kam Kyren zu einem ernüchternden Resultat ihrer Diskussion. "Ich glaube nicht das wir das Ding mit bloßer Gewalt da herauskriegen.", meinte sie seufzend. "Aber wie denn dann?", merkte Sejya ungläubig an.

"Hmm ... es muss einen Trick bei der Sache geben.", gab Shane grübelnd von sich und linste zum Monolithen herüber. "Ja, vielleicht reagiert er auf Hitze oder Kälte ... oder vielleicht auf einen Zauber.", stimmte Jáin hoffnungsvoll zu. "Tut mir Leid dich enttäuschen zu müssen, aber so wie ich das sehe sind auf diesen Monolithen mehrere hundert Schutzzauber und Blockaden verhängt worden. Es sind so viele das ich sie ganz deutlich spüren kann.", widersprach die kleine Elfin mit gesenkten Haupt. "Kannst du die nicht irgendwie lösen? Du bist doch schließlich eine Magierin, oder?", wollte er daraufhin wissen, musste sich aber erneut mit einer enttäuschend Antwort zufrieden geben. "Tut mir Leid, Jáin. Die meisten dieser Schutzzauber sind so alt das ich sie nicht einmal identifizieren oder zuordnen kann. Und selbst wenn ich könnte, wäre es denkbar das auch Fallen dabei sind, die besser nicht aufgehoben werden sollten.", erwiderte sie recht hoffnungslos klingend. "Wir können doch nicht den ganzen Weg bis hier her umsonst gemacht haben. Irgendwie muss doch an den Ring ranzukommen sein.", ärgerte sich Shane und verschränkte die Arme.

"Wer hätte gedacht das der Monolith dieses blöde Artefakt nicht hergeben will.", meinte Sejya grummelnd in ähnlicher Pose verharrend. Sie ahnte nicht das sie mit diesen Worten bei Kyren einen Geistesblitz auslöste, die sie schließlich auf die rettende Idee brachte. "Das ist es!", schrie sie und sprang auf. "Was ist was?", wunderte sich der junge Halbelf. "Der normale Verstand sagt uns das wir Gewalt anwenden sollen, aber das ist der völlig falsche Weg!", erwiderte sie hochmotiviert, sich sicher das sie das Rätsel geknackt hatte.

"Aber wie soll uns das weiterhelfen? Sollen wir ihn streicheln oder lieb bitten den Ring herauszurücken?", fragte Jáin zweifelnd. "Äh ... nein, daran hab ich eigentlich nicht gedacht. Das Problem ist ... ich brauche etwas Rundes ... ähm ... wartet hier, ich muss schnell ins Dorf zurück.", gab sie aufgeregt zurück, wodurch nun auch der Weiße Falke auf sie aufmerksam wurde.

Ein Schmunzeln huschte über sein Gesicht und er begann sich aufzurichten. "Sieh an. Die Kleine hat es also herausgekriegt.", dachte er leise vor sich hin. Er wusste was er nun zu tun hatte und begann sich aufzurichten.
 

"Warte! Was soll das heißen? Was hast du vor?", wunderte sich Shane derweil als sie zurück zum Dorf gehen wollte und stand ebenfalls auf, doch gerade als sie antworten wollte erregte etwas anderes die allgemeine Aufmerksamkeit. "Bleib ruhig hier, Mädchen!", rief plötzlich eine Gestalt, die kurz darauf wie vom Himmel hinab zum Boden sprang. Geblendet vom Licht der Sonne erkannte man nicht gleich wer der Fremde war, der sich schon bald nach seiner Landung trotz neuer Tracht als Meisterdieb 1-1-2 herausstellte. Wie auch bei ihrer letzten Begegnung war sein Auftritt atemberaubend gelungen, so dass der Überraschungsmoment auf seiner Seite war. "Hier!", rief er und warf der kleinen Elfe mit lässigen Handschwung etwas glänzendes zu, das sie mit beiden Händen auffing. Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung als sie in ihren Händen ein goldener Ring vorfand, genau das was sie gesucht hatte und aus dem Dorf holen wollte. Die Situation war so konfus das sich ihre Gefährten verwirrt anschauten und auf Aufklärung hofften.

"Woher hast du gewusst ... ich meine, warum tust du das?", fragte Kyren unsicher und sah zu dem Mann in den weißen Gewändern auf. "Ich bin ein Spieler, aber dieses Spiel habe verloren. Hätte ich nicht gewollt das ihr hier her findet, hätte ich euch nicht gesagt wo sich der Ring des Phönix befindet. Ihr habt das Spiel gewonnen. Dein Gedankengang ist richtig, kleines Elfenmädchen. Das Volk das diesen Monolithen ursprünglich erschaffen hatte, verabscheute Gewalt. Für sie war das Geben und Nehmen sowie die absolute Harmonie der Dinge heilig. Wer das weiß, kennt die Lösung wie er an den Ring des Phönix gelangen kann. Sei es wie es sei. Der Ring des Phönix gehört euch. Dieses mal wart ihr clever genug.", erklärte er in seiner typisch sympathischen Art.

"Äh, habt ihr das jetzt verstanden?", fragte Jáin sich am Kopf kratzend.

"Nun denn - Zeit für mich zu gehen. Wir sehen uns sicher wieder.", tönte der Meisterdieb abschließend. Genauso schnell wie er gekommen war verschwand er auch wieder und lief in den Wald davon. "Warte! Sag uns wo sich der dritte Teil befindet!", rief Shane ihm vergebens hinterher, doch da war er schon im Dickicht der Bäume verschwunden. "Kann mir mal einer sagen was hier eigentlich los ist?!", fauchte Sejya säuerlich mit dem Fuß aufstampfend und den Händen an den Hüften, worauf sich Shane ihr zuwendete. "Kyren.", sagte er in einen ruhigen Ton und deutete nickend auf sie fast so als wusste was in ihren Kopf vorging. Sie erwiderte seine Geste und lief zum Monolithen, wo sie den Ring, den sie gerade erhalten hatte, gegen die Stelle presste in die der Ring des Phönix eingebettet war. Jáins und Sejyas Augen weiteten sich erstaunt als sie sahen dass das Geschenk des Meisterdiebes wie durch heiße Butter in den Monolithen ging, während das Ring des Phönix zur selben Zeit auf der anderen Seite herauskam. Nach nur wenigen Sekunden war der Austausch abgeschlossen und das Artefakt befreit. Eilig hob es die kleine Elfe auf und präsentierte es ihren Freunden. "Wie zum Geier hat sie das gemacht?!", fragte Jáin beeindruckt.

"Du hast doch gehört was der Weiße Falke gesagt hat. Der Trick an der Sache war ganz einfach der, das die Masse des Monolithen gleich bleiben musste, wenn man den Ring des Phönix haben wollte. Also braucht man einen Goldring gleicher Größe und Form um das Innere auszutauschen, verstehst du? Zerstören kann man den Monolithen wahrscheinlich nicht.", erklärte Shane sachlich.

"Aber eines verstehe ich immer noch nicht. Warum hat uns dieser Dieb den Ring so einfach überlassen. Egal wie gut er ein verlorenes Spiel verkraftet, das muss ihn doch wurmen. Das verstößt doch gegen jeden gesunden Menschenverstand.", warf Sejya ein. "Du hast es doch selbst gesagt. Er ist ein Dieb. Dem wird es doch im Endeffekt egal sein, ob wir den Ring haben oder er im Monolith steckt, er wird sicher versuchen ihn uns abzunehmen.", meinte Shane mit misstrauischen Blick in den Wald.

"Ich glaube sogar langsam das es dem ganz recht kam das wir den Ring haben.", merkte sein dunkelhäutiger Gefährte auf einmal an. "Wie meinst du das?", fragte Kyren verwundert. "Einen Ring von einen leblosen und unbewachten Stück Monolith zu stehlen ist wahrscheinlich keine echte Herausforderung für einen wie den. Das wir den Ring haben macht die Sache für ihn viel interessanter. Er hat doch gesagt, er ist ein Spieler.", erklärte er nüchtern.

"Ich schätze wir sollten wieder ins Dorf zurück.", meinte Shane schließlich, doch kam er keine zwei Schritt weit als er zu seinen entsetzen feststellen musste dass das ganze Dorf bereits zu ihnen gekommen war. Alle Einwohner, selbst Kinder und Alte, kamen mit Heugabeln bewaffnet aus dem Dickicht des Waldes hervor. Ihr schwankender Gang und ihr blasses Aussehen ließ erahnen das sie nicht Herr ihrer Sinne waren. Wie Zombies marschierten sich auf die vier entsetzten Abenteurer zu, die sich nicht sicher waren was sie davon halten sollten. "Was ist mit denen?", fragte Jáin leicht nervös. "Das muss der Fluch sein von dem der Dorfälteste gesprochen hat.", meinte Kyren und blickte kurz auf den Ring in ihrer Handfläche hinab.

"Keine Sorge, wenn's drauf ankommt mach ich die im Alleingang fertig.", protzte Sejya mit verbissenen Gesicht. "Das kannst du nicht tun! Sie können doch nichts dafür!", protestierte ihre Gefährtin energisch. "Na, okay. Dann treten wir eben feige die Flucht an.", gab sie zynisch gestikulierend zurück.

Die Dorfbewohner kamen immer näher so dass man schließlich einsah das man keine andere Wahl hatte als sich zurück zu ziehen, doch machte ihnen das Schicksal einen Strich durch die Rechnung.

"Daraus wird nichts!", tönte auf einmal eine altvertraute Stimme hinter ihnen. Überrascht drehte man sich um und erblickte Leath, der plötzlich wie aus dem Nichts erschienen war. "Was! Du hier?! Wie hast du uns gefunden?!", fragte Shane erzürnt und ballte seine Hand. "Ich hatte einen Spitzel unter den Dorfbewohnern der mir bescheid geben sollte wenn ihr den Ring des Phönix habt, wenn du es unbedingt wissen willst.", erwiderte er frech grinsend. "Du bist zu einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt gekommen, Vater!", entgegnete ihm Jáin. "Nenn mich nicht so, dreckiger Verräter. Einen Sohn der mit einer Elfe reist, werde ich nie als mein eigen Fleisch und Blut anerkennen!", fauchte er barsch zurück. "Und nun gebt mir den Ring!", ergänzte er in fordernder Tonart. "Seit wann interessierst du dich für Schätze?! Das letzte mal wolltest du uns nur tot sehen.", rief Shane ihm zu. "Meinem Herrn ist zu Ohren gekommen das ihr die drei Phönixartefakte sammelt. Das kann er leider nicht gutheißen. Deshalb wird eure Reise hier enden, solltet ihr nicht wieder so feige sein und euch retten lassen. Im Grunde ist es also egal ob ihr mir den Ring gebt oder ich ihn euren Leichen entnehmen muss.", tönte er arrogant zurück und richtete eine Hand auf die Abenteurer.

Jáin ahnte das er wieder einen Zauber auf sie abfeuern würde, doch dies wusste er geschickt zu verhindern. "Was denn Vater? Der große Leath weiß sich nur mit Zauberei zu helfen? Was ist denn aus den Schwertkämpfer in dir geworden? Oder bist du nur zu feige uns mit echten Waffen zu besiegen?", provozierte er ihn geschickt und zog sein Schwert. Er wusste das der Stolz seines Vaters ungebrochen war und er ihn somit zu einen etwas faireren Kampf herausfordern konnte. "Ganz wie du willst.", entgegnete er ihn mit finsterer Miene und zog sein Schwert hervor. "Jáin! Pass auf! Er ist auch so schon stark genug!", warnte ihn der junge Halbelf noch, doch da standen sich die beiden schon kampfbereit gegenüber.

"Shane! Die Dorfbewohner kommen immer näher! Was sollen wir denn tun?", rief Kyren aufgeregt und deutete auf das anrückende Pöbel. "Sejya, schaffst du es sie aufzuhalten ohne sie ernsthaft zu verletzen? Wir brauchen etwas Zeit.", meinte Shane sich an die Kopfgeldjägerin wendend. "Ich kann es ja mal versuchen, aber garantieren kann ich nichts.", erwiderte sie grummelnd.

Im Hintergrund machte derweil die Klinge ihres Gefährten zum ersten mal mit der seines Vaters Bekanntschaft, so dass man sich kurz ablenken ließ. Gebannt sah man wie zu wie die beiden sich bis aufs Blut bekämpften. Ein Schlag folgte dem nächsten, denn die beiden gönnten sich keine Pause. Jáin schien etwas im Nachteil, was Sejya nun keine Sekunde länger mehr zögern ließ. "Er braucht unsere Hilfe, also beeilt euch!", schrie sie und stürzte sich in die Menge.

"Sie hat recht! Kyren, beherrscht du einen Anti-Fluch Zauber?", fragte er hektisch, doch sie verneinte und schüttelte traurig ihren Kopf. "Verdammt! Hör zu, du musst dir was einfallen lassen. Ich versuche Sejya zu helfen um dir etwas mehr Zeit zu geben.", meinte er nervös als er merkte das Sejya erste Probleme bekam. "Was ist mit Jáin?!", fragte sie besorgt. "In ihm steckt das Herz eines Drowkämpfers. Er wird es schaffen.", antwortete er mit kurzen Blick auf das Kampfgeschehen auf der anderen Seite der Lichtung. Schließlich lief er seiner Gefährtin zu Hilfe, die immer mehr in Bedrängnis geriet.

"Was soll ich nur tun?", schluchzte Kyren vor sich hin und warf erneut einen Blick auf den Ring, den sie nach wie vor fest umschlossen in ihrer rechten Hand hielt. Er funkelte und strahlte so hell, als bestünde er aus dem reinsten Gold auf Erden. Ihre Gefährten gaben alles, aber auf Dauer würden sie dem Druck nicht standhalten können, so dass sie kaum eine Hoffnung hatte.

"Der Ring! Leg dir den Ring an ...", tönte auf einmal eine Stimme in ihren Kopf hervor. Sie erkannte wer da zu ihr gesprochen hatte, doch waren seine Worte so schwach das sie recht 0bald verstummten. Schon einen Augenblick später war sie sich nicht einmal sicher ob Nairdan wirklich zu ihr gesprochen hatte oder ob sie sich es nur eingebildet hatte. Letztendlich war es ihr egal, denn es war ihre einzige Chance auf ein friedliches Ende so dass sie den Ring schließlich anlegte. Kaum hatte sie sich den Ring über den Finger geschoben spürte sie wie sie eine seltsame Macht zu durchfließen begann. Es überkam sie wie eine Erleuchtung und sie wusste was sie tun hatte.

Sejya, die gerade in einem Würgegriff gefangen war, staunte als auf einmal jeder um sie herum die Kampfhandlung einstellte. Auch Shane, der gerade noch zwei Bewohner zu Boden geworfen hatte, stellte fest das plötzlich niemand mehr weiterkämpfte und ziellos nach vorn blickte. "Was ist los?", fragte er verblüfft und wendete sich Kyren zu. Ihr rechter Arm war ausgestreckt und deutete in seine Richtung. Ihre Hand war zur Faust geballt und man sah das sie den Ring trug. "Kyren!", rief er erleichtert, denn sie schien es geschafft zu haben die Menge zu beruhigen. "Mag ja sein das wenn man den Ring entfernt die Dorfbewohner ein Fluch trifft, aber der Ring selbst hat genug Macht um sie davon zu befreien.", entgegnete sie ihm lächelnd. Schon im nächsten Moment nahm die Hautfarbe der Menschen wieder ein normales Maß an und ihr starrer Blick verschwand. Ein jeder von ihnen wirkte verwundert, denn keiner wusste wie er an diesen Ort gekommen war.

Dennoch war das schlimmste noch nicht überstanden, denn Jáin kämpfte noch immer mit aller Kraft gegen Leath, der mehr und mehr Überhand gewann.

"Du bist schwach geworden, Jáin. Ich kämpfe nicht einmal mit vollem Einsatz und du bist ständig in der Defensive.", tönte Leath siegessicher. "Aber du wirst mich nie besiegen! AAAAHR!", schrie er erbost zurück und startete einen letzten Verzweiflungsangriff, den sein Vater jedoch mit optischer Leichtigkeit abwehrte. Jáins Deckung war nun offen so das Leath zu einen alles entscheidenden Angriff überging. Nur mit größter Mühe gelang es dem jungen Halb-Drow auszuweichen, allerdings nicht weit genug um nicht doch noch von der Klinge seines Gegners am Bauch getroffen zu werden.

Blut spritzte aus seine Wunde hervor, die er sich in krümmender Haltung zuzuhalten versuchte. Leath war bereit ihn den Gnadenstoß zu versetzen, doch reichte es ihm ihn mit einen heftigen Tritt außer Gefecht zu setzen. Ungebremst flog Jáin daraufhin durch die Luft und knallte schmerzaufschreiend gegen den Monolithen. Nur wenige Sekunden danach schlug sein Schwert neben ihn ein und versank im Boden.

"Jáin!", schrieen seine Freunde besorgt und eilten ihm zu Hilfe.

"Du bist ein Schwächling, Jáin, den Namen Hazard nicht würdig.", demütigte ihn sein Vater mit kühlem Blick. Sejyas Wut kochte über im Angesicht der Verletzungen die Jáin davongetragen hatte. "Wer von euch ist der nächste?", wollte Leath wissen, worauf sie sich ihm entgegen stellte. "Mit dir hab ich noch eine Rechnung offen du Bastard!", fauchte sie ihn zornig an und ging in Kampfposition, doch den Kampf den sie wollte bekam sie nicht als auf einmal Moguls Stimme in Leaths Kopf erklang. "Leath, zieh dich zurück.", tönte er streng. "Was?! Aber warum?! Sie werden mir diesmal nicht entwischen! Das ist die Gelegenheit!", antwortete er laut zurück, so dass man sich schon etwas wunderte warum er auf einmal Selbstgespräche führte. "Das ist ein Befehl, Leath! Ich erkläre es dir später!", gab Mogul klar und deutlich zur Antwort, worauf er schließlich mit verärgerten Blick sein Schwert wieder in der Scheide verschwinden ließ. "Was ist los, Leath?", fragte Sejya herausfordernd, noch immer in Kampfhaltung verharrend. "Schade, wir müssen das wohl ein ander mal austragen.", meinte er nüchtern und rief sich ein Teleportationsfeld herbei, durch das er schließlich verschwand. "Hey! Warte! Du kannst doch nicht so einfach abhauen!", rief sie ihm mit ausgestreckten Arm hinterher, doch er reagierte nicht mehr auf ihre Worte und entkam. Auch wenn sie sauer war das er sich vor diesen Kampf gedrückt hatte, so war sie auch erleichtert, das die Gefahr nun vorüber war.

"Jáin? Alles in Ordnung? Bist du schwer verletzt?", fragte Kyren ihren dunkelhäutigen Gefährten, wobei sie sich fürsorglich zu ihm niederkniete. "Nichts was ein Heiltrank nicht wieder heilen könnte ...", erwiderte er ausdruckslos ohne sie anzusehen, obwohl er ziemliche Schmerzen haben musste. Selbst ihr war klar was er zu sagen versuchte. Tröstend legte sie ihm ihre Hand auf die Schulter und ließ wieder von ihm. Je mehr man sich Thay näherte desto mehr seelische Wunden hinterließ ihr Weg, Wunden die man mit Heilzaubern nicht mehr regenerieren konnte ...

Folge 57: Das verlorene Dorf

"Warum habt Ihr mich zurückbeordert?!", tönte Leaths Stimme frustriert in den dunklen Hallen seines Herrn hervor, der ihm bisher die kalte Schulter gezeigt hatte. "Der Ring des Phönix ist eine sehr gefährliche Waffe wenn man ihn trägt. Du hättest keine Chance gehabt.", erwiderte er und ging dabei mit den Armen hinter dem Rücken ein paar Schritt in seinen Gemächern herum, wo er schließlich vor einem roten Vorhang stehen blieb auf dem allerlei mystischer Zeichen zu sehen waren. "Aber das ist doch nur eine kleine Göre! Ich hätte sie bestimmt ...", wollte er widersprechen als ihm Mogul abrupt das Wort entriss. "Schweig! Die Lage hat sich geändert!", tönte er missstimmig. "Laut unseren Informanten suchen sie nach den drei Phönixartefakten um den Feuervogel rufen zu können. Den Ring haben sie nun und die Maske ist in die Hände eines Diebes gefallen.", erzählte er weiter, worauf Leath eine Frage einwarf. "Worauf wollt Ihr hinaus?", fragte er direkt. "Wir konnten unter anderen in Dirons Unterlagen erstaunlicherweise etliches über diese Phönixartefakte herausbekommen, gerade noch rechtzeitig um dich zurückzuholen. Es gibt drei von ihnen. Eine Maske, einen Ring und ein Amulett, alle samt golden. Jedes dieser Artefakte beherbergt große Macht, aber in einen magischen Kreis zusammengelegt können sie den Feuervogel beschwören. Die Maske, verleiht dem Träger die Fähigkeit sich unsichtbar und geräuschlos zu machen, der Ring kann die Wahrnehmung erhöhen und das Bewusstsein anderer Lebensformen beeinflussen und das Amulett verleiht dem Träger ultimativen Schutz gegen jede Art von Gedankenkrümmender Magie. Die einzelnen Artefakte verhalten sich im Dreiecksprinzip zueinander, wie Diron es nennt. Das heißt, mit einem kann man die Eigenschaften eines anderen unwirksam machen, während man gleichzeitig gegen das dritte vollkommen Schutzlos ist.", fuhr er fort. "Verstehe. Würden wir das Amulett haben, könnte der Träger des Ringes nichts gegen uns ausrichten, aber derjenige der die Maske trägt wäre uns überlegen. Der Träger der Maske wiederum hätte keine Chance gegen die Wahrnehmungsfähigkeit des Ringes, während der, der den Ring trägt, keine Chance gegen das Amulett hat, richtig?", fasste Leath noch einmal zusammen.

"Das Risiko ist zu groß, falls die Elfe merkt was sie an ihrer Hand trägt. Solange wir sie nicht bedrohen und in die Enge treiben wird sie wahrscheinlich auch nichts davon erfahren. Bis wir das Amulett haben, halten wir uns zurück ... oder seid Ihr erpicht darauf Euch von einer Waldelfe herumkommandiert zu lassen, Leath?", ergänzte Mogul und warf einen hämischen Seitenblick zu seinem Diener, der sich nur kurz davon provozieren ließ. "Wenn Diron so viel über die Artefakte aufgeschrieben hat, dann müsste er doch auch wissen wo sich das Amulett befindet.", warf der Dunkelelf ein. "Leider ist der Aufenthaltsort des Amuletts durch ein Rätsel verschlüsselt. Möglich das der Nekromant es gelöst hat, aber in seinen Aufzeichnungen steht nichts davon.", erwiderte er nüchtern. "Wie lautet das Rätsel?", fragte Leath nach, worauf im Hintergrund Grays Stimme erklang, der gerade den Raum betreten hatte. "Wenn Licht und Dunkel sich vereinen, dann wird das Amulett des Phönix dir erscheinen, doch am Ort bist du verkehrt, wo man den Mantel nicht verehrt.", zitierte er aus einem Buch in seiner Hand und trat an die beiden heran. Etwas überrascht vom auftauchen des grauhaarigen Mannes, wendete sich Leath ihm misstrauisch zu. "Was soll das?", fragte er grob, während Gray relativ gelassen schmunzelte. "Du wolltest doch wissen wie das Rätsel lautet.", gab er schmunzelnd zurück und stellte sich vor ihn, so dass er sich seinen undurchschaubaren Blicken nicht entziehen konnte. Eine Weile standen sich die beiden regungslos gegenüber, bis Leath schließlich ohne weitere Geste ging.

"Ich nehme an du bist noch nicht schlau daraus geworden, hab ich recht?", fragte Mogul, der sich Gray leicht zuwendete. "Nein, aber ich kenne da jemanden der uns sicher weiterhelfen wird.", erwiderte er und vollendete seinen Satz mit einem diabolischen Grinsen. Er wusste das sein größter Trumpf noch immer in seiner Zelle, tief in den Canyons von Thay, auf ihn wartete.
 

Shanes Mimik wirkte genervt und verzweifelt als er und seine Freunde kurz auf ihren Weg inne hielten. "Toll. Das hatte ich mir eigentlich ganz anders vorgestellt.", seufzte er leicht frustriert.

Die Lage in der er und seine Mitstreiter steckten war die selbe in der sie in den letzten Wochen immer gesteckt hatten. Sie hatten sich verlaufen, was auf Grund der dichten, nicht enden wollenden Nebelbänke um sie herum nicht weiter verwunderlich war. Nicht nur der junge Halbelf durchlebte deshalb ein Stimmungstief, auch Sejya machte kurz darauf ihren Frust offenkundig. "Ich find' das mal wieder großartig! Hätten wir bloß nicht auf den Weißen Falken gehört! Dieser Bastard hat garantiert gewusst dass das dritte Phönixartefakt in Starmantle liegt! Wegen dem müssen wir nun wieder zurück nach Westen laufen!", fluchte sie.

"Wir können ja nicht einmal mit Sicherheit sagen ob es wirklich dort ist. Der Dorfälteste hat zwar gesagt das wir dort fündig werden könnten, aber was wenn er sich geirrt hat?", moserte Jáin.

"Er hat ja immerhin gewusst das wir nach einen Amulett suchen müssen.", warf Shane ein, was ihr Gemüt nicht sonderlich beruhigte. "Geht zur Küste, dann verlauft ihr euch nicht im Wald, hat er gesagt, aber er hat nichts davon gesagt das wir durch den Wald müssen wenn wir zur Küste wollen!", schimpfte Sejya im Hintergrund weiter.

Shanes Aufmerksamkeit fiel auf Kyren, die sich bisher eher Wortkarg gehalten hatte und sich auf einem alten Baumstumpf in nachdenklicher Pose ausruhte. Nach wie vor trug sie noch den Ring des Phönix am Finger. Die Verbände waren inzwischen wieder von ihren Händen abgelöst, nachdem ihre Wunden verheilt waren.

"Kyren? Ist irgendwas?", fragte er vorsichtig und ging ein paar Schritt auf sie zu. Sie erschrak etwas, wohl weil sie aus ihren Gedanken gerissen war. Einen Moment lang starrte sie nach links an ihm vorbei und verharrte im Schweigen. "Der Nebel wird immer dichter ...", antwortete sie betrübt, fast so als wollte sie seiner Frage ausweichen. Er ahnte nicht das sie am Abend zuvor schlecht geschlafen hatte und auch nicht was in ihrem Träumen geschehen war.
 

Es war der Mann der sich Nairdan nannte, der wieder in ihre Träume Einzug gehalten hatte. Wieder erkannte das kleine Mädchen nur seine Konturen, die in dichten Rauchschwaden verhüllt wurde. "Ich ... ich habe den Ring des Phönix, Nairdan, aber die Maske hat ein anderer gestohlen.", rief sie schüchtern, bevor er dazu kommen konnte auch nur ein Wort sagen. "Heißt dass das ich meine Eltern nicht wiedersehen werde?", fragte sie kaum dass sie ihren letzten Satz vollendet hatte.

"Wahrlich besitzt jedes einzelne der Artefakte große Macht, doch nur zusammen kann man deren wahren Kraft entfalteten. Wer immer die Maske hat, wird früher oder später versuchen dir auch den Ring abzunehmen. Dann wirst du Gelegenheit haben dir das zu holen was du brauchst. Was deine Eltern angeht. Der Phönix selbst hat nicht die Macht dir sie wieder zu geben, aber das Schicksal schon.", erwiderte er schließlich recht prophetisch. "Ich ... verstehe nicht ganz.", wunderte sich Kyren über seine Rätselhafte Aussage. "Mogul wacht in letzter Zeit fast ständig darüber ob ich dich in deinen Träumen besuche. Er kann es spüren. Es würde mein Ende bedeuten, sollte er von mir wissen. Es kostet mich sehr viel Kraft dich zu kontaktieren, auch wenn du Thay und somit auch mir immer näher kommst.", wich er aus. "Das heißt das du einen wichtigen Grund haben musst mich jetzt zu sprechen, oder?", fragte sie zögerlich. "Den Ring! Du solltest ihn nicht länger tragen! Nimm ihn ab, sonst wird es Mogul und seinen Schergen ein leichtes sein dich zu finden. Sei gewarnt.", erwiderte er streng. "Aber ...", wollte sie widersprechen, doch da endete ihre Traumvision abrupt.
 

"Du hast recht ... ich kann bald meine eigenen Füße nicht mehr sehen.", meinte Shane und sah an sich herab, wodurch er sie aus ihren Erinnerungen riss. Etwas verwegen sah sie an ihm auf und erhob sich schließlich. "Dann lass uns gehen.", erwiderte sie nachdenklich und zog sich dem Ring vom Finger. "Besser wir nehmen uns an den Händen damit wir uns nicht verlieren.", sagte er als er merkte das er seine beiden Gefährten kaum noch erkennen konnte und nahm ihre Hand. Kyren errötete kurz, aber im dichtem Nebel wäre wohl nicht einmal mehr das aufgefallen, selbst wenn er ihr noch zugewandt gewesen wäre. In letzter Zeit gab es für sie Momente in der sie es besonders angenehm fand in seiner Nähe zu sein.
 

Auch nach einiger Zeit Wanderung sollte es nicht besser werden, so dass man nur noch erahnen konnte wo man hintrat. Selbst Jáin, der als Dunkelelf gut sehen konnte, wurde immer unruhiger. "Verdammt noch mal! Dieser Nebel ist so dicht, dass ich Sejya nicht mal befummeln könnte.", jammerte er, was Sejya aber nur wenig kümmerte. "Ich weiß gar nicht wieso Shane vorangehen sollte. Er sieht doch genauso wenig wie wir.", moserte sie kritisch, worauf er sich zu ihr umdrehte. "Still, ich muss mich konzentrieren, sonst weiß ich wirklich nicht mehr wo ich hintreeeeheeete!", rief Shane mürrisch zurück, als sich plötzlich kein fester Boden mehr unter seinen Füßen vorfand und er seine aufschreienden Gefährten einen schrägen Hang mit hinunter riss.

Unten angekommen wehklagte man erst einmal laut, da dieser Fall vom Abhang nicht ganz ohne blaue Flecke als Resultat geendet war.

"Alle noch da? Alles noch dran?", fragte Shane nach und richtete sich etwas auf, während er sich am Kopf rieb. "Ja, natürlich! Der steinige Untergrund hier ist doch optimal für weiche Landungen geeignet.", tönte Sejya zynisch zurück. "Moment? Steiniger Untergrund?", stutzte Jáin, der nur unweit von ihr entfernt lag.

"Ja, hier ist gepflastert. Könnte ein Weg oder so was sein.", bestätigte Kyren die bereits den Boden abtastete. Shane merkte schnell das sie nicht ganz unrecht hatte als er sich etwas genauer umsah. Der Nebel war an diesem Ort nur noch relativ schwach und auf Fußhöhe, wenngleich die Gegend ziemlich dunkel für diese Tageszeit war. In einiger Entfernung fiel ihm eine hölzerne Umzäunung auf, wie die eines Dorfes oder einer Siedlung. "Seht mal! Da vorn scheint ein Dorf zu sein!", rief er aufgeregt und deutete auf seine Entdeckung. Schnell war man wieder auf den Beinen, denn es konnte die Rettung für sie sein.

Die Hoffnung der Abenteurer sank jedoch als man sich den Barrikaden etwas näherte, denn diese waren mit Moos bewachsen und wirkten sehr alt. Jáin wirkte misstrauisch angesichts der düsteren Atmosphäre die sie umgab. "Ziemlich ruhige Gegend hier, findet ihr nicht?", merkte er nüchtern an. "Ja. Wir sollten uns einmal umsehen.", tönte Shane in ähnlicher Tonart zurück.

Als man das kleine Dorf betrat schien sich der Eindruck zu bestätigen das dort niemand mehr lebte, so dass man kurz inne hielt. Ängstlich griff sich Kyren den Arm des jungen Halbelfen und klammerte sich an ihn. "Das ist unheimlich hier. Lass uns lieber wieder gehen.", meinte sie mit zittriger Stimme.

Tatsächlich wirkte die Stimmung sehr düster. Kein Laut war zu hören, nur ein leiser Wind, der durch die alten Hütten des Dorfes fegte. Der Nebel am Boden und die Dunkelheit trugen weiter zu einer düsteren Atmosphäre bei. Ein Specht, der plötzlich an einen Baum klopfte, ließ den Abenteurern für einen Moment das Herz gefrieren, so gespenstisch war das Szenario, das sich ihnen bot.

"Mir gefällt das hier nicht. Wir sollten machen das wir hier wegkommen.", stimmte Sejya mit mulmigen Blick zu. "Vielleicht hast du recht.", erwiderte Shane nach kurzen Bedenken. Die vier wollten schon gehen und wendeten sich ab als ihnen plötzlich jemand einen riesen Schrecken einjagte.

"Willkommen in unseren Dorf.", tönte plötzlich eine friedvolle Stimme hinter ihnen hervor, worauf es jeden einzelnen eiskalt den Rücken herunterlief. Schreckhaft wendete man sich dem Besitzer dieser Stimme zu, doch man erkannte schnell das keine Gefahr von der Gestalt ausging, die sich da so hinterrücks wie aus dem Nichts an sie herangeschlichen hatte. Es handelte sich um eine junge Frau, mit langen braunen Haar, gekleidet wie eine Magd, die sich gastfreundlich vor ihnen verbeugte. Sie wirkte etwas blass, machte aber sonst einen relativ friedvollen Eindruck. "Ja ... äh, danke.", gab Shane schwitzend zurück, der so schnell gar nicht wusste was er anderes sagen sollte.

"Was ist Jáin? Willst du sie nicht anbaggern?", stichelte die junge Kopfgeldjägerin gegen ihren Gefährten. "Hmmm ... nein, eigentlich nicht. Irgendwie komisch. Ob ich wohl krank bin?", erwiderte er über sich selbst erstaunt und prüfte seine Stirn nach Fieber. So war es schließlich Shane der den ersten Schritt zur Begrüßung machte und ihr die Hand reichte. "Ähm ... Hallo! Guten Tag! Wir sind Reisende und haben uns im Nebel verirrt.", sagte er verlegen, vergeblich darauf wartend das sie seine Geste erwiderte. "Ähm, kennt Ihr vielleicht einen Weg aus diesen Wald heraus? Wir wollen zur Küste.", ergänzte er freundlich und zog seine Hand wieder zurück, doch die Frau starrte ihn einfach nur an. Auch einige Sekunden später gab sie keinen Ton von sich, so dass man sich einander verwundert ansah. "Sprechen Sie meine Sprache?", fragte er weiter nach, unterstützt von einigen beigefügten Gestiken seiner Hände, aber statt zu antworten legte sie ihren Kopf schief und sah ihn ausdruckslos an. "Willkommen in unseren Dorf.", sagte sie erneut und verbeugte sich, was die vier Abenteurer vor Fassungslosigkeit glatt von den Füßen riss.

"Ach du Schande! Sieht mir ganz nach hirntot aus.", seufzte Jáin enttäuscht. "Äh, schon gut. Wir fragen jemand anders.", wank Shane der Magd ab, die wieder nicht auf seine Worte reagierte. "Kommt, wir suchen jemand anders.", meinte er schließlich, so dass man sich tiefer in das Dorf vorwagte.

"Der Wortschatz dieser Leute hier könnte ruhig etwas größer sein.", quengelte Sejya derweil misstrauisch während man durchs Dorf schritt, als Kyren plötzlich eine Gestalt durch das Fenster eines der Häuser wahrnahm. "Hee, ich glaub da ist jemand drin den wir fragen könnten.", rief sie aufgeregt und deutete auf die Hütte in der sie den Schatten gesehen hatte.

Die Tür stand einen Spalt weit offen und knarkste ein wenig als man sie öffnete. Etwas verunsichert trat man ein und sah sich um. Obwohl es ziemlich dunkel war brannte in diesem Haus, wie auch in den anderen kein Licht. Der Bewohner dieser Behausung schien Schreiner zu sein, was man an der Möblierung erkannte. Schon bald bestätigte sich die Sichtung der kleinen Elfe als sie hinter einer Werkbank einen Mann entdeckte, ähnlich blass wie die Magd, der regungslos an Ort und Stelle verharrte.

"Huhu, können Sie uns vielleicht weiter helfen?!", rief ihm Kyren winkend zu. Der bärtige Mann senkte seinen Kopf auf ihre Blickhöhe, doch tat er dies so langsam, das es zweifelhaft war ob dies als eine gute Geste zu verstehen war. "Der ist ja völlig neben sich.", merkte Jáin misstrauisch an, während seine elfische Gefährtin derweil nach einen Ausweg fragte. Wie schon bei der Magd erhielt sie aber keine brauchbare Antwort. "Nur der Eine darf mit euch sprechen.", erwiderte er in einen ziemlich emotionslosen Tonfall. "Der Eine? Welcher Eine? Was meinen Sie damit?", fragte sie verwundert zurück, erhielt aber die gleiche Antwort wie vorher. "Ja, aber sagen Sie uns doch wenigstens wer der Eine ist und wo wir ihn finden können?!", bettelte sie mit kindlichen Blick, mit dem selben Resultat als Antwort.

"Lass es Kyren. Diese Leute hier scheinen verflucht oder so was zu sein. Das sind nur leere Hüllen ohne Seelen wie mir scheint.", mischte sich Shane ein und zog sie behutsam vom Schreiner weg. "Hm, das würde zumindest erklären warum man mit ihnen nicht reden kann.", stimmte Jáin, sich am Kinn reibend, zu. "Na ja, jetzt wissen wir zumindest schon mal das es hier im Dorf zumindest eine Person gibt mit der wir reden können, oder?", warf Sejya ein und verschränkte die Arme. "Ja, dieser Eine. Vielleicht klärt sich ja alles wenn wir ihn finden.", bestätigte der junge Halbelf nickend.

"Gut, dann sollten wir ihn suchen. Am besten wir teilen uns auf. Ich glaub nicht das diese 'Zombies' hier gefährlich sind und selbst wenn werden wir mit denen schon fertig.", schlug Jáin entschlossen vor, mit Blick auf den Schreiner, der sich noch immer nicht gerührt hatte und ins Leere starrte.
 

Wieder im Freien einigte man sich in welche Himmelsrichtungen man sich aufteilen würde um nach dem Einen zu suchen. Sejya lief nach Osten um dort alle Hütten zu überprüfen, während Jáin nach Westen ging, so dass Shane und Kyren zunächst allein zurückblieben. "Uns bleibt noch der Nordteil des Dorfes.", meinte er mit Blick nach vorn. Da man ja aus südlicher Richtung gekommen war, entfiel diese Richtung, zum Glück der kleinen Elfin die nach wie vor recht ängstlich wirkte. "Keine Angst. Ich glaube nicht das man sich vor irgendwas hier fürchten müsste. Es ist ein bisschen neblig und es scheint nicht viel Sonnelicht von oben, aber davor wirst du doch keine Angst haben, oder?", sagte er frech grinsend und stupste sie etwas an. "Nein ... Natürlich nicht!", erwiderte sie entschlossen und marschierte mutig voraus. Schließlich folgte er ihr, nicht ahnend das dieses harmlos wirkende Dorf ein dunkles Geheimnis barg, das ihre schlimmsten Albträume zum Leben erwecken konnte.
 

Angewidert sah Jáin an seinem rechten Stiefel herab, der gerade mit einem kleinen moosigen Loch im Boden Bekanntschaft gemacht hatte. Etwas gefrustet ging er schließlich weiter und murmelte einen Fluch nach dem anderen in seiner Drow-Sprache vor sich hin. "Das war nun schon das zweite Haus, aber dieses Kaff ist ja wie ausgestorben. Vielleicht ist ja in der nächsten Hütte jemand mit dem ich diese spannenden Ein-Satz Konversationen führen kann.", dachte er höhnisch vor sich hin, mit Blick auf die nächste Unterkunft vor ihm. Als er einen Moment lang schwieg vernahm er das Geräusch eines brechenden Astes nur unweit hinter sich. Ein Rabe flog nur Augenblicke später von einem Baum neben ihn davon und verschwand im Nebel, doch war es nicht dieser Vogel der diesen Ton verursacht hatte. Als er sich umdrehte gefror ihm fast der Atem als er dort seinen Vater mit gezogenen Schwert stehen sah. Sein Blick war eiskalt und völlig auf ihn fixiert, so dass Jáin zunächst nicht wusste wie er reagieren sollte. Etwas verunsichert trat er ein paar Schritt zurück, doch als er merkte das Leath ihm nachkam, blieb er stehen. "Wie ... hast du mich hier gefunden? Was machst du hier? Was willst du?", entgegnete er ihm nervös und zog ebenfalls sein Schwert. Leath aber antwortete nicht und schritt weiter auf ihn zu ohne auch nur ansatzweise seine Mimik zu verändern. "Was ist mir dir, Vater? Was hast du vor?", fragte er unsicher und ging in Kampfstellung. All seine Fragen schienen ihm unwichtig, denn er ging ohne weitere Verzögerung zum Angriff über.

Seine Schläge und Hiebe waren schnell und versiert, so dass Jáin Mühe hatten ihnen auszuweichen. Jeder einzelne Schlag vermochte ihn zu köpfen oder tödlich zu verletzten. Zähneknirschend brachte Jáin die Angriffe seines Vaters zum stehen, da er es immer wieder schaffte dessen Attacken mit seinem Schwert zu blocken. "Was soll das?! So stürmisch kenne ich dich ja gar nicht!", wunderte er sich, doch mit seinen Worten verfinsterte sich die Miene seines Gegners nur noch mehr. Der Kampf nahm ein ungeahntes Tempo an und doch konnte sich der junge Halb-Drow einigermaßen halten. Eine Tatsache die ihn beunruhigte, war ihm sein Vater doch bisher kämpferisch überlegen gewesen. Aber er hatte kaum Zeit im Kampf genauer darüber nachzudenken.
 

Kyren und Shane waren gerade auf dem Weg zum nächsten Haus als auch sie plötzlich ein unheilvolles Geräusch vernahmen. Es war das hektische Flügelschlagen eines Raben der über die beiden flog und sich am Rand des Daches des Hauses vor ihnen niederließ. "Nur ein Rabe.", gab Shane erleichtert von sich und musterte das Tier, das ihn mit seinen kalten, schwarzen Augen anstarrte. Stille beherrschte für eine Weile das Szenario, dem nur das Grollen eines kaum wahrnehmbaren Windes zu trotzen vermochte.

Erst als Kyren auf einmal ängstlich aufschrie wand der junge Halbelf seinen Blick vom Raben ab und blickte zu ihr. Sie kniete nur wenige Meter hinter ihm und hielt sich schützend die Hände über Kopf. "Shane! Shane! Bitte hilf mir! Mach das sie weggehen!", schluchzte sie verzweifelt. Ihre Worte verwirrten ihn jedoch, denn egal wohin er auch sah, es war niemand zu sehen vor dem sie überhaupt hätte Angst haben können. "Wo, Kyren? Ich sehe niemanden!", rief er aufgeragt zurück, doch sie wimmerte so sehr das sie kaum noch in der Lage war zu antworten. Er kannte das Mädchen gut genug um zu wissen das sie ihm keinen Streich spielen wollte, weshalb er sein Schwert zog und sich ihr rückwärtsgehend näherte. Ihre Angst macht ihn immer nervöser, denn was immer sie sah, schien näher zu kommen, so wie sie sich krümmte. Schließlich war er bei ihr und kniete sich zu ihr, immer darauf bedacht das zu erspähen was ihr solche Panik bereitete. Nach wie vor erblickte er nichts außer dem allgegenwärtigen Nebel, so dass er ihr tröstend seine rechte Hand über den Rücken rieb. "Hey, schon gut. Niemand ist hier. Niemand tut dir etwas.", sprach er ihr gut zu und sah auf sie herab. Für einen Moment sah es so aus als ob sie auf ihn hören würde als sie ihren Kopf erhob und in er ihre verweinten Augen sehen konnte. Diese weiteten sich jedoch rasant als sie aufblickte. Er wusste nicht recht wie ihm geschah als sie ihn packte und einige Meter zurück zerrte. "Hey ... was ... was ist nur mit dir?!", gab er verwundert von sich, während sie von ihm abließ und noch etwas weiter zurückroch. "Sie hätten dich fast getötet! Siehst du sie denn nicht?! Siehst du sie denn nicht?!", rief sie immer wieder und starrte verängstigt hinter ihn, doch als er sich umdrehte erblickte er niemanden. "Wen?! Wen soll ich nicht sehen?!", erwiderte er verwirrt und stand wieder auf. "Diese Wesen! Die Kreaturen dort! Diese grässlichen Monster!", gab sie mit zittriger Hand zurück, stets hinter ihn deutend. Sein Blick wanderte nervös hin und her, aber er sah und hörte nichts von dem was seine Gefährtin beschrieb. Ihm blieb nur noch eine Chance und so schloss er kurz die Augen um die Auren seiner Gegner zu erspüren. "Pass auf! Sie sind direkt vor dir!", kreischte sie panisch, worauf er seine Augen wieder aufriss und instinktiv mit seinem Schwert ausholte. Für ihn sah es so aus als schlug er nach Luft, denn auch eine Aura konnte er nicht wahrnehmen.

"Kyren! Du musst mir sagen wo sie sind!", rief er ihr aufgeregt zu, nun fest entschlossen blind weiterzukämpfen, doch seine Gefährtin fiel im selben Moment in Ohnmacht. "Verdammt! Nein!", fluchte er angesichts der aussichtlosen Situation. "Was mach' ich nur!", dachte er laut und wich zu ihr zurück.
 

Sejya bekam von all dem nichts mit und durchsuchte gerade eine weitere Hütte. Bisher war jeder der auf den sie getroffen war nicht in der Lage gewesen ihr mehr als ein und den selben Satz auf ihre Fragen zu erwidern. Die Hütte, die sie gerade betreten hatte, war allerdings anders als die anderen. Ein Kerzenlicht baumelte an der Decke und erleuchtete den ersten Raum ein wenig. Sie verspürte hier etwas was sie bisher in keinen anderen Haus gespürt hatte - Wärme. Der Boden knarkste mit jeden Schritt den sie tat laut auf, was sie aber nicht davon abhielt weiter zu gehen. Die Hütte war recht lumpig eingerichtet, wenn gleich auch weniger verstaubt als die anderen. Eine Uhr tickte an der Wand und ihr kam immer mehr der Eindruck auf als ob sie den Einen, den man suchte, womöglich gefunden hatte. Zwei Türen führten aus dem recht kleinen Wohnzimmerbereich heraus. Eine in die Küche und die andere wohl in das Schlafgemach des Hauses. Sie nahm die erste, in die Küche, in der sich der Abwasch Meterhoch türmte. Ein nicht minder penetranter Geruch lag von den vielen Essensresten in der Luft. Von der Küche aus führte eine Tür in das Nebenzimmer, das sie vorhin als das Schlafzimmer vermutet hatte. Sie war nur angelehnt und quietschte ziemlich als sie diese vorsichtig öffnete.

Das Schlafzimmer war noch der sauberste Ort im ganzen Haus. Durch ein Fenster fiel ein schwacher Lichtschein auf ein Ehebett das etwa in der Mitte des Zimmers stand. Einige Kommoden und Schränke füllten den Raum, obwohl es nicht so aussah als ob sie je benutzt worden wären. Vorsichtig ging sie zum Bett und streichelte über das Laken, in der Vermutung dort etwas Wärme zu ertasten, was ihr bestätigen würde das hier jemand lebte. Ihr entging das die Tür zum Wohnzimmer, mit der sie zum Rücken stand, im Gegensatz zu dem Zeitpunkt als sie die Hütte betreten hatte, nun offen stand.

Tatsächlich glaubte sie ein wenig Wärme auf dem Laken des Bettes zu spüren. Sie erschrak kurz als sie die Präsents einer weiteren Person vernahm und richtete sich langsam aus ihrer leicht gebückten Haltung auf, so dass sie sich der Gestalt hinter ihr zuwendete. Sie schien auf alles gefasst und ballte bereits ihre Hände, falls es zum Kampf kommen würde, doch der Mann den sie dort erblickte ließ jede ihrer Bewegungen erlahmen. "Willkommen, mein Kind. So sehen wir uns also wieder.", tönte der Mann mit rauer Stimme und legte ein zweifelhaftes Grinsen auf.
 

Mit schmerzverzerrten Gesicht ging Jáin schließlich in die Knie. Er hielt sich den rechten Arm, der einen Treffer abbekommen hatte. Es blutete schwer und seine Hand war kaum mehr in der Lage sein Schwert zu halten. Trotzdem sah er voller Eifer zu Leath hinauf, dem er sich nie geschlagen geben wollte. Die Lage sah äußerst schlecht für ihn aus, denn sein Vater schien ihm ohne jegliche Hemmung ein Ende machen zu wollen. In Erwartung des tödlichen Schlages senkte Jáin seinen Kopf und sah wehmütig zu Boden. "Ich habe immer daran geglaubt das doch noch etwas von meinem Vater in dir steckt ...", sagte er mit trauriger Stimme, während Leath ungerührt mit seinem Schwert ausholte. Jáin schloss die Augen in der Hoffnung das nun all der Schmerz der ihn quälte ein Ende haben würde, doch der Todesschlag seines Vaters sollte ihn nie erreichen.

Es dauerte einige Momente bevor er sich traute wieder aufzusehen. Für einen Moment glaubte er das er ihn verschont hatte, doch Leath war plötzlich nirgends mehr zu sehen. Es schien so als ob er nie da gewesen wäre, doch die Wunden die er ihm zugefügt hatte waren echt. "Was ... was geht hier vor?", fragte er sich selbst, bevor ihm schwarz vor Augen wurde und ihm das Bewusstsein entschwand. Zu viel Blut hatte er verloren, so dass er erschöpft zu Boden sank.
 

Für Shane stand die Lage ähnlich schlecht, denn Blindwegs in die Luft zu schlagen brachte ihn nicht wirklich weiter. Immer wieder wanderte sein verzweifelter Blick hin und her, aber von den Monstern die Kyren beschrieb fehlte jede Spur und inzwischen spürte auch er das er nicht allein mit ihr war.

Dennoch wollte er nicht so einfach aufgeben und spielte seinen letzten Trumpf aus. Sein Vater hatte ihn vor langer Zeit einst eine Technik gezeigt die es ihm ermöglichte Böses zu erkennen. Vielleicht, so hoffte er, konnte er damit die Kreaturen sichtbar machen, die ihn und seine Gefährtin bedrohten. 'Böses erkennen' war eigentlich eine Technik die nur Paladine anwendeten, doch da er einst selbst ein Paladin werden wollte, hatte er sich dieses Talent angeeignet. Es brauchte nur einen Moment Konzentration und eine einfache Handstellung um die recht simple Magie auszuführen, so dass er sein Schwert wegsteckte und seine Augen schloss. Ein paar einfache Worte, die er vor sich hinflüsterte reichten aus um die Technik schließlich anzuwenden. Ein kurzes elektrisierendes Gefühl durchstieß seinen Körper und erhöhte seine Wahrnehmungskraft für Böses.

Er hatte kaum Zeit sich darüber zu freuen das der Zauber gelungen war, denn als er die Augen öffnete, sah auch er endlich die Wesen die Kyren beschrieben hatte in einen schwachen rötlichen Farbton aufleuchten. Sie bewegten sich wegen ihrer gewichtigen Körper sehr schwerfällig und waren mit Tentakeln, scharfen Klauen und Zähnen übersäht. Beim Anblick dieser Kreaturen geriet er ins stutzen, denn solche Wesen hatte er noch nie zuvor gesehen. Sie waren keiner Rasse zuzuordnen und mit nichts vergleichbar von dem er je etwas gehört hatte. Auch der rote Farbton die sie umgab war so hell das sie als extrem bösartig anzusehen waren. Er brauchte nicht viel mehr tun als eins und eins zusammenzählen um zu verstehen das hier etwas nicht stimmte. "Das sind nur Illusionen ... oder so etwas in der Art. Die sind nie und nimmer real.", dachte er analysierend vor sich hin, während sie immer näher kamen.

Ein kurzer Seitenblick verriet ihm schließlich die wahre Quelle des Übels, denn der Rabe auf der Dachkante des Hauses glühte aus seiner Sicht so rot auf, das sich Shane sich sicher war in ihm seinen eigentlichen Feind gefunden zu haben. "(Was immer das ist, das kann kein Rabe sein.)", fuhr er gedanklich fort und zog seinen Zweihänder wieder hervor, wohlwissend das die Wirkung des Zaubers nur wenige Sekunden halten würde.

"Ich hab' dich entlarvt! Der wahre Feind hier - bist du!", schrie er und wendete sich in Richtung des Raben, dem er seinen Zweihänder mit voller Wucht wie ein Speer entgegenwarf. Das Tier hatte keine Chance auszuweichen und wurde brutal vom Schwert des Halbelfen zerrissen.

Wie er richtig vermutet hatte lösten sich die Monster wie Illusionen auf, während einige wenige Federn des Raben, von dem Versuch auszuweichen, in Richtung Erde glitten. Das Tier selbst war mitsamt des Schwertes zu Boden gestürzt. "Ja!", rief Shane erfreut und zugleich erleichtert über seinen Volltreffer, doch seine Freude währte nur kurz als sich die Überreste des Raben plötzlich in eine dunkle neblige Substanz verwandelten, die immer mehr an Masse gewann. Bald schon war die Masse Menschengroß in Form einer schwarz umhüllten Gestalt geformt, die nun an der Stelle des Raben stand. Noch immer steckte sein Schwert in seiner Brust, das der Fremde jedoch wie einen Strohhalm wieder herauszog und Shane vor die Füße warf. Ein kalter Atem stieß unter seiner dunklen Kapuze hervor und es war klar das der eigentliche Kampf noch nicht vorüber war.

"Aaahr! Du bist ganz schön clever, Halbelf.", tönte sein Gegenüber mit kratziger Stimme. "Wer bist du?! Was bist du?", wollte Shane wissen und musterte ihn misstrauisch. "Ich bin der Herr dieses Dorfes. Nichts hier geschieht ohne meinen Willen, denn dies ist mein Reich. Ich bin der, der deine schlimmsten Alpträume wahr machen kann. Ich bin der Eine, den ihr sucht. Und nun seid ihr Gefangene in meinen Reich. Bald schon werdet ihr nichts anderes sein Schatten, so wie die anderen Dorfbewohner.", erwiderte er und erhob seinen Kopf, auf das man ihn in seine rot glühenden Augen sehen konnte.

Es schockte Shane nur kurz dass der Fremde zwar einen Kopf, aber kein Gesicht hatte, denn er realisierte schnell mit was er es zu tun hatte. "Ein Todesalb ...", erwiderte er leise, jedoch nicht leise genug das es ihn nicht hören konnte. "Genau! Ich war es der diese Trugbilder aus euren schlimmsten Ängsten und Alpträumen erschaffen hat. Ihr Lebenden habt so viele Ängste in euch, das es mir ein wahres Vergnügen ist ihnen Realität zu verleihen.", tönte es selbstsicher, während er langsam sein Schwert wieder aufnahm.

"Was wird das für ein sadistisches Spiel?!", gab Shane zähnknirschend zurück. "Die Kreaturen eben stammen aus den Alpträumen des Mädchens dort. Ich habe mir erlaubt dies mit einer deiner größten Ängste zu kombinieren um die Qual die ihr durchleidet vollkommen auskosteten zu können.", entgegnete das dunkle Wesen. Shane wirkte irritiert und verunsichert zugleich, denn er hatte keine Angst gespürt als er gegen die unsichtbaren Kreaturen gekämpft hatte. "Meine größte Angst?", fragte er ungläubig nach und schaute sich um. "Du hast Angst davor die nicht beschützen zu können die dir wichtig sind, aber deine edle Gesinnung wird dir gegen mir nicht helfen. Du wirst der erste sein an dessen Seele ich mich laben werde. Schon bald wirst du nicht mehr wissen was real und Illusion ist, du wirst nicht mehr unterscheiden können ob du Träumst oder bereits wach bist, genau wie all die anderen Bewohner hier, denen ich langsam und genüsslich die Seele und den Verstand geraubt habe. Von euch wird nicht mehr übrig bleiben als eine leere Hülle - eine Erinnerung.", erwiderte er und beendete seine Worte mit einem giftigen, selbstherrlichen Lachen. "Verdammt, das sieht nicht gut aus.", dachte der junge Abenteurer und erhob sein Schwert gegen das Todesalb. "Das wird dir nichts nützen. Dein Schwert ist nicht mächtig genug um mir ernsthaft zu schaden.", tönte es höhnisch zurück, womit der Kampf schon verloren schien bevor er überhaupt begonnen hatte.

"Dann nimm das!", schrie plötzlich eine Stimme hinter dem Halbelfen hervor, gefolgt von etlichen magischen Geschossen, die das Todesalb mit voller Wucht in den Torso trafen und weit in den dichten Nebel davon schleuderten. Als er sich umdrehte erblickte er Kyren, die wieder auf den Beinen war und noch immer in ihrer Zauberstellung mit ausgestreckten Armen verharrte. "Kyren! Du bist ja wieder wach!", rief er erleichtert und eilte zu ihr, worauf sie ihre Haltung wieder entspannte. "Ja, natürlich.", erwiderte sie breit grinsend. "Nicht schlecht. Deine magischen Kräfte scheinen ja wieder ganz gut in Form zu sein.", lobte er sie bei Betrachtung der Wirkung ihrer Geschosse. "Ja? Findest du?", erwiderte sie geschmeichelt und errötete etwas. "Los komm! Wir müssen die anderen suchen. Ich hab' so das Gefühl das es das nicht lange aufhalten wird.", meinte er mit Blick in den fernen Nebel des Dorfes in das sie das Todesalb katapultiert hatte. "Einverstanden.", stimmte sie zu, worauf sich die beiden eiligst auf den Weg machten.
 

Jáin war der erste den sie im Westen des Dorfes entdeckten. Er lag in einer Blutlache und regte sich nicht. Viele Anzeichen deuteten auf einen Kampf hin, doch von seinem Gegner war keine Spur. "Jáin!", rief Shane aufgeregt und lief zu ihm. Schnell entdeckte er die tiefe Wunde in seinen rechten Arm, der genau wie der Rest seines Körpers an Farbe verloren hatte. "Kyren! Kannst du ihn heilen?", fragte er die kleine Elfe aufgeregt, die sich gerade neben ihn kniete. "Ich weiß nicht. Es sieht so aus als hätte er schon sehr viel Blut verloren, aber ich werde mein bestes geben.", erwiderte sie während sie ihn nach weiteren Verletzungen untersuchte. Kurz darauf machte sie sich daran ihre Heilzauber auf ihn zu wirken, während Shane nur zusehen und das Beste hoffen konnte. Jáin sollte Glück haben, denn nachdem die ersten Wunden erst einmal behandelt waren, wich die Blässe langsam aus seinem Gesicht.

Dennoch war es nicht ausgestanden als Shane kurz darauf bemerkte wie das Todesalb aus einer fernen Nebelschicht auf sie zukam. "Kyren, du musst dich beeilen! Es kommt!", mahnte er seine Gefährtin, die jedoch bereits ihre Heilzauber so schnell und wirksam ansetzte wie sie nur konnte.

"Ich gebe zu, die Kleine hat mich etwas überrascht, aber im Endeffekt war es nicht schlimmer als ein kurzes Zwicken.", tönte das Todesalb gelassen als es nur noch einige Meter von den drei Abenteurern entfernt war. "Kyren! Wir haben keine Zeit mehr!", warnte sie ihr Mitstreiter heftigst, doch noch war Jáin nicht bei Bewusstsein. "Lasst es bleiben. Ihr kommt hier nicht weg. Ein zweites mal entwischt ihr mir nicht.", merkte es kühn an, so dass Shane sich erhob. Er wusste was zu tun war und zog sein Schwert zum Kampf hervor. "Kyren, ich versuche etwas Zeit zu schinden. Sorg du dafür das Jáin wieder auf die Beine kommt.", meinte er und stellte sich dem Todesalb entgegen, das seine Aktion höhnisch belachte. "Ach wie rühmlich. Aber du bist kein Gegner für mich. Niemand ist ein Gegner für mich, denn ich spüre selbst eure intimsten Ängste.", entgegnete ihm das Todesalb und stieß einen weiteren miesen Lacher aus.
 

Sejya befand sich derweil noch immer im Gespräch mit dem Mann, der sich als ihr leiblicher Vater herausgestellt hatte. Sie hatte nie damit gerechnet ihn wieder zu sehen und so war ihre steife Reaktion auch berechtigt. Ihrer Mimik nach war schwer zu sagen ob sie sich freuen sollte ihn zu sehen oder ob sie ihn in blinden Hass niederschlagen wollte. Zu tief saßen die Wunden der Vergangenheit in ihr, die er ihr, ihren Geschwistern und ihrer Mutter zugefügt hatte. Dennoch war er der letzte noch lebende aus ihrer Familie, während all die anderen, auch ihr Stiefvater, im Feuer ums Leben gekommen waren.

"Vater ...", gab sie, noch immer erstaunt ihn hier zu treffen, von sich. "Sejya, schön dich zu sehen. Du bist inzwischen ja richtig groß geworden. Lass dich ansehen.", entgegnete er ihr in einen leicht irren Tonfall und schritt auf sie zu. In aller Ruhe strich er mit seinen Händen an ihren Armen entlang, während sie ablehnend den Kopf schüttelte. "Nein, das darfst du nicht. Das kann alles nicht sein. Du kannst unmöglich hier sein.", sagte sie mit kleinen Tränen in den Augen, die ihr schließlich die Wange entlang liefen. "Was denn, Sejya? Erkennst du deinen eigenen Vater nicht mehr?", erwiderte er grinsend und glitt mit seinen Händen über ihre Hüften. Sejya jedoch stand einfach nur da und wehrte keine seiner Bewegungen ab. Wie eine Puppe ließ sie sich betrachten und betasten.

Sie flehte innerlich das all dies nur ein böser Traum sei und versank dabei in nahe Trance. Zu viele schreckliche Erinnerungen stiegen in ihr herauf, die sie schon längst vergessen geglaubt hatte. Wie schon in ihrer Kindheit sprach ihr Vater nun die Worte zu ihr die sie seit dem ersten Tage hasste und fürchtete an dem sie sie hörte. "Dein Papa hat dich sehr lieb, Sejya. Ich liebe alle meine Kinder, das weißt du doch. Lass mich dir zeigen wie sehr ich dich liebe.", flüsterte er ihr in einen recht psychopatischen Ton ins Ohr. "Nein Vater, tu das nicht. Tu das bitte nicht.", flehte sie kopfschüttelnd.

Allein sein Anblick ließ ihren Körper erstarren und machte ihn willenlos für jede Bewegung die sie ihm entgegen hätte setzen können. Ihre ganze Stärke, ihr Willen und ihr Mut brachen in sich zusammen als ihr Vater so nah vor ihr stand. "Scht, ganz ruhig, Sejya. Du warst schon immer mein Liebling, Es wird alles wieder so schön wie früher.", widersprach er und legte seinen Zeigefinger auf ihren Mund. "Denn nichts hier in diesen gottverdammten Dorf ist real, nicht einmal du, doch auch wenn du wie all die anderen nur eine Illusion bist, werde ich es genießen dich zu lieben.", ergänzte er und streichelte ihr über die Wange. Sejya jedoch war für seine Worte nicht mehr hörig und klammerte sich instinktiv an eine fiktive Welt, was sie immer tat, wenn ihr Vater sich an ihr verging und wie er es schon seit ihrer frühsten Kindheit getan hatte.

Sie war bereits nicht mehr Willens als er begann sie zu entkleiden. Er ließ ihr ihre Armschienen, doch ihre Weste und ihr Top zog er ihr aus, so dass sie mit entblößten Oberkörper vor ihm stand. "Wundervoll.", lechzte er und legte seine Hände an ihre Brüste, von denen er nach einer kurzen, sanften Behandlung wieder abließ. Gedrängt vor Erregung ließ er schließlich auch ihren Gürtel zu Boden und stieß sie mit einen Schupps ins Bett, worauf er sich ihrer Stiefel und ihrer Hose entledigen konnte.

Nun begann auch er sich vollends vor ihr zu entkleiden und beugte sich zu ihr aufs Bett hinunter. "Was habe ich doch ... für einen aufreizende Tochter.", dachte er leise vor sich hin und begann ihren Körper mit lustvollen Küssen zu übersähen, während er mit seinen Händen über ihre nackte Haut fuhr. Es scherte ihn nicht das sie noch immer weinte und zu allen übel ein wenig aus ihrer Trance erwachte. Ein letztes mal schüttelte sie verzweifelt ihren Kopf hin und her als er ihr ihr Höschen nahm und sie zu sich heranzog, doch von ihren flehenden Worten hatte er sich noch nie bremsen lassen. Es war so als ob ihr schlimmster Alptraum real werden würde und das einzige das sie noch als Familie bezeichnen konnte, ihr Vater sein würde, den sie so sehr verachtete wie nichts anderes auf der Welt. Er konnte ihr nicht die familiäre Geborgenheit geben die sie sich so sehr wünschte und doch war er der einzige der ihr geblieben war. "Vater ...", wimmerte sie verzweifelt und stieß eine weitere Träne aus als dieser zum letzten Schritt ansetzen wollte, aber auch dies konnte seine kranken Triebe nicht bremsen.

Plötzlich zersprang das Fenster im Wohnzimmer das direkt vor der Tür zum Schlafzimmer lag in Tausend Scherben, während die Mimik ihres Vaters schlagartig erstarrte und er sein Vorhaben gerade noch rechtzeitig stoppte. Seine Augen und sein Mund waren weit aufgerissen, aus dem er nur noch kurze, ächzende Laute von sich gab. Sejya realisierte erst nicht was passiert war, bis er auf einmal regungslos zu ihr aufs Bett fiel. Erst als sie ihn von sich nahm bemerkte sie den Pfeil in seinen Rücken, der so tief auf der linken Seite eingedrungen war das er mit Sicherheit sein Herz durchbohrt hatte. Ihr Blick schweifte nach draußen, zum zerbrochenen Fenster wo sie eine junge Frau mit langen braunen Haar in einer Waldläuferkleidung vor der Hütte wahrnahm. Sie senkte gerade ihren Bogen mit dem sie den tödlichen Pfeil abgefeuert hatte.
 

Im selben Moment sackte auch das Todesalb vor Shane zusammen, als ob es gerade einen Hexenschuss erlitten hatte. Der Kampf hatte noch nicht begonnen, weshalb er sich wunderte was passiert war. "Verdammt! Nein! Mein Meister ... meine Kräfte weichen von mir ... wie kann das sein?!", gab es schmerzvoll klingend von sich und torkelte in gebückter Haltung hin und her, bis es schließlich erschöpft zu Boden ging. "Was ist das?! Ist das irgend ein Trick?!", fragte der junge Halbelf mürrisch, bis auch er sah das es immer schwächer wurde.

"Nein, ohne das Bündnis bin ich zu schwach ... ahhhr.", jammerte es klagevoll und formte sich langsam zu einem nahezu durchsichtigen Schattenwesen in Raubtiergestalt - der Vorstufe eines Todesalben. Nun, so ahnte Shane, konnte auch sein Schwert mit ihm fertig werden. Ohne weiter Zeit zu verlieren stürmte er auf die dunkle Kreatur zu und versetzte ihn den finalen Schlag um die Existenz der bösen Kreatur zu beenden. Tatsächlich löste es sich nach dem Treffer in Dunst auf und wehte mit dem allgegenwärtigen Nebel davon.

Nur Augenblicke später verschwand der Nebel um das Dorf und überall begannen aus den Hütten der Bewohner kreisrunde Lichter wie Glühwürmchen in den Himmel aufzusteigen. So wunderschön es auch war das die vielen Seelen endlich ihren Frieden gefunden hatten, so traurig war es auch zu sehen wie viele unter dem Todesalb gelitten hatten. Zum ersten mal erstrahlte das Dorf im vollen Tageslicht womit der Fluch ein für alle mal gebannt war.

Erleichtert atmete Shane auf als er sich sicher war gesiegt zu haben. Noch im selben Moment rief Kyren nach ihm, weil Jáin gerade wieder das Bewusstsein erlangt hatte. "Shane! Jáin ist wieder wach!", sagte sie freudig und wank ihn zu sich heran. "Hi Leute.", gab der Halb-Drow mit schwacher Stimme von sich und zwang sich ein Lächeln auf die Lippen. "Du hast uns ganz schön Sorgen gemacht.", meinte Shane und half ihm auf. "Hoffen wir das Sejya nichts passiert ist.", merkte Kyren besorgt an, was die positive Stimmung wieder etwas trübte.

"Ihr geht es den Umständen entsprechend gut.", rief auf einmal eine Frauenstimme, nicht weit von ihnen entfernt. Nur einen Moment später trat dessen Besitzerin hinter einer der Hütten hervor und zeigte sich somit den Abenteurern, bei denen sich ein breites Lächeln über das Gesicht zog als sie die Waldläuferin sahen. "Zelda!", riefen die drei synchron und eilten freudig zu ihr. Auf einmal war der verwundete Jáin Nebensache, der prompt von seinen beiden Stützen in Form von Shane und Kyren fallen gelassen wurde. Zu groß war die Freude der beiden, die die Menschin nacheinander herzlich umarmte. "Zelda, was machst du denn hier? Ich dachte ...", wunderte sich der junge Halbelf, bevor sie ihm das Wort nahm. "Ich freue mich auch euch wieder zu sehen, aber darüber können wir auch nachher noch reden. Ich denke ihr solltet erst zu eurer Freundin gehen. Ich glaube sie braucht eure Hilfe.", sagte sie mit ernsten Blick, was selbst den angeschlagenen Dunkelelfen rasch wieder auf die Beine brachte. "Wieso? Was ist mit ihr?!", fragte er aufgeregt, worauf sie ihre Freunde mit einer Geste anwies ihr zu folgen.
 

Sie brachte sie zu der Hütte in der sie Sejya gerettet hatte und führte sie ins Schlafzimmer. Fassungslos entdeckten sie das Mädchen in eine graue Decke eingewickelt auf dem Bett sitzen. Ihre Sachen lagen um sie herum verstreut und sie schien nicht ganz bei Sinnen zu sein. Ihr Körper wankte vor und zurück, fast so als ob sie etwas predigte. Neben ihr lag ein nackter Mann im Bett, in dessen Rücken noch immer Zeldas Pfeil steckte. "Was ... was ist hier passiert?!", fragte Jáin schockiert. "Das kann ich nicht genau sagen, aber der Mann der dort liegt ist wohl ihr Vater. Ich hab ihn dabei erwischt wie er sich gerade an ihr vergehen wollte.", erklärte sie recht nüchtern.
 

Es dauerte eine Weile bis sich ihre Gefährten fassen konnten. Shane hatte im Wohnzimmer zusammen mit Zelda und Kyren platz genommen. Die kleine Elfe hatte den ganzen Anblick nicht gut vertragen weshalb er ihr schon seit einiger Zeit beruhigend über den Rücken strich. Ein Kübel stand neben ihr bereit, doch langsam schien sie sich wieder zu fangen, während Zelda ihre Geschichte erzählte.

"Ich bin zur Zeit in der Stadt Amry, einer Küstenstadt hier ganz in der Nähe, und habe dort ein kleines Geschäft am laufen. Da ich als Waldläuferin bekannt bin, hat mich die Stadt beauftragt den merkwürdigen Ereignissen die hier in dieser Gegend schon seit einigen Jahren passieren auf den Grund zu gehen. Als ich zum ersten mal hier eintraf spürte ich gleich das etwas faul war also hab ich mich erkundigt und einige wichtige Dinge herausgefunden. Der tote Mann der dort im Schlafzimmer liegt heißt Graham Lockwood. Er kam vor einigen Jahren hier in das Dorf ... oder sagen wir, er tauchte hier unter, gesucht wegen diverser schwerer Verbrechen gegen junge Frauen. Irgendwie ist er wohl eines Nachts einem Schattenwesen begegnet, doch statt ihn einfach zu töten und sich an seiner Seele zu laben hat es sich mit ihm verbündet um noch mächtiger zu werden. Die beiden schlossen eine Art dämonischen Pakt um dies zu bewerkstelligen. Was das Todesalb aus den Dorf gemacht hat, habt ihr ja gesehen. Ich hatte beschlossen das Dorf erneut aufzusuchen und dem ein Ende zu setzen in dem ich Graham tötete. Damit löste sich der Pakt und das Todesalb war nur noch ein ganz normaler Schatten. Eure Freundin hatte Glück das ich gerade noch rechtzeitig kam, bevor er über sie herfallen konnte. Er hatte wahrscheinlich schon lange den Verstand verloren. Inzwischen gibt es hier niemanden mehr. Alle die geblieben waren, wurden zu leblosen Hüllen und sind vorhin als Irrlichter in den Himmel aufgestiegen. Sie waren leider nicht mehr zu retten. In diesem Dorf war nichts real, aber die Illusionen eines Todesalben können einen Lebenden trotzdem Schaden zufügen, so wie es bei Jáin der Fall war.", berichtete sie, womit sich eine Unklarheit nach der anderen auflöste. "Was ist mit Sejya? Wird sie wieder normal?", fragte Kyren besorgt. "Das weiß ich leider nicht. Als ich sie ansprach konnte sie mir zwar darauf antworten wie sie heißt und wer sie ist, aber auf Fragen wie es ihr geht und ob ich etwas für sie tun könne, hat sie gar nicht reagiert.", seufzte sie betrübt, passend zur Stimmung.

Nachdenklich sah Shane zur Schlafzimmertür, wohlwissend das Jáin noch bei ihr war. "Jáin ist jetzt schon eine halbe Stunde mit ihr da drin. Ich hoffe er kann ihr irgendwie helfen.", meinte er nach kurzem Schweigen. "Kann schon sein. Die Drow kennen sich gut mit der Psychologie von Menschen aus. Na ja, wohl aber auch nur weil die Menschen die sie zu fassen kriegen und die sie dann in Käfigen halten, am Ende auch so werden wie sie jetzt.", merkte Zelda an und vollendete ihre Aussage in einen weiteren Seufzer. Einen Moment später öffnete sich die Tür zum Schlafzimmer wieder und Jáin kam heraus. Seine Mimik war schwer zu deuten, aber er sah nicht besonders fröhlich aus. "Was ist Jáin? Geht es ihr wieder besser?", fragte Kyren aufgeregt, worauf er sich erst einmal auf einen Stuhl setzen musste. "Kein Wunder das sie Männer hasst. Ihr Vater hat sie von klein auf über Jahre missbraucht. Ihre Mutter und ihre Geschwister auch. Als sie in die Pubertät kam hat sich ihre Mutter an einen guten Freund des Hauses gewand und ihn um Hilfe gebeten. Er war ein Ritter und hat ihn verhaften lassen, aber er schien wohl damals entkommen zu sein.", erzählte er, worauf die anderen betroffen ihre Köpfe zu Boden senkten. "Sie ... es geht ihr besser. Ich hab ihr etwas Schlafmittel gegeben und die Leiche ihres Vaters aus dem Zimmer geschafft. Sie wird sich nun ausruhen und morgen werden wir weiter sehen.", ergänzte er bedächtig. "Danke Jáin. Ich hätte nicht gewusst was ich tun sollte.", meinte Shane, doch sein Mitstreiter wank schnell ab. "Schon gut, mir wäre es lieber gewesen ihr wäre das nie passiert. Ich denke nach etwas Schlaf wird es ihr wieder besser gehen. Entschuldigt mich, ich will nun etwas an die frische Luft.", erwiderte er und verließ die Hütte. Draußen angekommen atmete er tief ein und lauschte den Wind des Waldes der ihm durchs Haar fuhr. Er hoffte das Sejya ab dieser Nacht einen Alptraum weniger haben würde ...

Folge 58: Das Liebste der Frauen

Ein strahlender Sonnentag und die Aussicht auf die Küstenstadt Amry deutete bereits darauf hin dass die junge Abenteurergruppe es endlich geschafft hatte den Wäldern von Starmantle zu entkommen.

"Ah! Herrlich! Zivilisation ist doch was wunderbares.", schwärmte Jáin als er mit seinen Freunden gerade den Waldrand verließ. Nach den Ereignissen der letzten Tage stand die Stadt symbolisch für einen Neuanfang und bessere Zeiten. Dank Zeldas Hilfe war es ihnen ein leichtes gewesen die Wälder zu verlassen, so dass man sich nun um so mehr auf eine richtige Stadt freute, in der man sich richtig von der anstrengenden Reise erholen konnte.

"Seht ihr, das dort ist Amry.", meinte Zelda und deutete auf die Stadt in einiger Entfernung vor ihnen. Erst jetzt fiel Kyren etwas merkwürdiges bei ihr auf, worauf sie sich sogleich danach erkundigte. "Sag mal, wo ist eigentlich Jason? Ist er nicht bei dir?", fragte sie verwundert, was Jáin schnell hellhörig werden ließ. "Sag bloß ihr seid nicht mehr zusammen. Dann bist du doch bestimmt wieder solo.", geiferte er händereibend und fing sich gleich eine Kopfnuss von Sejya ein, die ihn zu Boden streckte. "Vergiss es! Sie hat was besseres verdient als dich!", schimpfte sie ihn, was der Waldläuferin ein kurzes Kichern entlockte. "Nein, nein. Äh ... ich bin erst seit kurzen in Amry und warte dort auf Jason. Er streunt sicher irgendwo in der Küstengegend herum und sucht nach Informationen. In ein paar Tagen müsste er zurück sein.", erklärte sie lächelnd, womit sich für Shane jedoch schon die nächste Frage aufwarf. "Informationen? Es wundert mich ohnehin was dich eigentlich in diese Gegend verschlagen hat.", merkte er mit zweifelhafter Miene an. "Ja, weißt du ... wir haben einen Auftrag erhalten, der uns zufällig nach Amry verschlagen hat. Das ist eigentlich auch schon alles was du wissen musst.", gab sie schwitzend, sich am Hinterkopf reibend zur Antwort. "So, so, und was ist das für ein Auftrag?", fragte er neugierig und beugte sich näher an sie heran. "Tut mir Leid, ... das kann ich dir nicht sagen - das ist streng geheim. Ich bin mir zudem sicher das es nichts mit euch und euren Zielen zu tun hat.", erwiderte sie etwas nervös und wank ab. Einzig Jáin schien es nicht zu interessieren welchen Auftrag sie erhalten hatte, beschäftigten sich doch seine Gedanken mit einer ganz anderen Thematik.

"Egal, ich find's trotzdem 'ne Sauerei das du noch mit Jason zusammen bist. Ich dachte schon du hättest diesen Berserker-Menschen verlassen.", murrte er und verschränkte enttäuscht die Arme. "Ach weißt du, so ein Nachteil ist das gar nicht das er sich in einen Berserker verwandelt.", meinte sie ihm zuzwinkernd.

"Wieso? Wie meinst du das?", wollte Kyren wissen. "Na ja, ich will es mal so sagen - nicht nur sein Bizeps wächst, wenn er sich verwandelt und das kann manchmal ganz praktisch sein.", erwiderte sie lieblich kichernd und stupste ihr neckisch mit dem Ellenbogen an den Arm. Während Jáin vor Neid zu platzen schien, verstand die kleine Elfe nicht einmal was Zelda ihr damit sagen wollte und blickte konfus an ihr herauf.

Schließlich wand sich die Elfin den recht nachdenklich wirkenden Halbelfen zu und zupfte ihn an der Kleidung. "Sag mal, was hat sie eben damit gemeint.", flüsterte sie ihm ins Ohr, worauf er schnell ins Schwitzen geriet. "Ach weißt du, das erklär ich dir lieber ein ander mal.", erwiderte er nervös lachend und rieb sich verlegen am Hinterkopf. Für ihn war es eh viel interessanter was Zelda zuvor gesagt hatte, denn auch wenn es nicht gelogen klang, so spürte er das es dort noch mehr gab; etwas was sie nicht sagen wollte.

"So, kommt mit. Ich bringe euch zu meiner Waldläuferhütte. Ich will euch noch unbedingt etwas zeigen. Danach können wir ja gerne nach Amry.", rief Zelda schließlich und wies ihre Gefährten an ihr zu folgen.
 

Auf den Weg zu ihrer Hütte fiel Shane auf das Sejya immer wieder verlegen zu Zelda herübersah. Manchmal starrte sie sie so lange an bis Zelda es bemerkte und ihr ein Lächeln schenkte, worauf sich die junge Kopfgeldjägerin hektisch wegdrehte und so tat als ob nichts gewesen wäre. Er ließ es unkommentiert und schmunzelte heimlich in sich hinein. Scheinbar war er der einzige der gemerkt hatte das ihr die schöne Waldläuferin gefiel.

Zelda hatte eine recht gemütliche Hütte, gerade groß genug um allein darin eine Weile zu Leben. Sie lag nahe am Wald, umgeben von einigen Bäumen und machte von Außen einen recht gemütlichen Eindruck.

"Wartet hier. Ich hole es nur schnell.", meinte sie und eilte in ihre Hütte. Man war gespannt was sie ihnen wohl präsentieren würde und wartete geduldig ab. Es dauerte nicht lange uns sie kam mit einem Karton in den Händen heraus gelaufen. Kyren und Sejya lugten neugierig nach vorn und fragten sich was wohl darin sei. "Wisst ihr, zur Zeit reise ich ja viel herum, aber ich habe trotzdem eine Möglichkeit gefunden mir noch nebenbei etwas dazu zu verdienen. Es ist der neuste Schrei sag ich euch.", erklärte sie kurz und öffnete den Deckel des Kartons.

"Was ist es denn?", fragte Jáin ungläubig, worauf sie in die Kiste hineingriff. "Hihi, es sind Büstenhalter! Aus ganz feinen Material!", rief sie freudig und präsentierte stolz einige ihrer samtweißen Exemplare. Es herrschte allgemeine Verwirrung, denn so richtig wusste niemand etwas damit anzufangen.

"Sind die nicht etwas dünn für eine Rüstung? Wozu sind die gut?", fragte Shane mit faltiger Stirn, den eigentlichen Zweck nicht ahnend. "Unsinn! Das ist keine Rüstung und schon gar nicht für Männer ... na ja, zumindest nicht direkt. Man trägt sie wie Bustiers, damit der Busen besser sitzt. Es ist viel angenehmer zu tragen als vergleichbare Korsetts.", erklärte sie mit rügenden Blick.

"Ja, ich glaube ich habe davon gehört, in einigen Regionen trägt man so was ...", grübelte Sejya nachdenklich. "Hier nehmt. Für euch habe ich auch welche.", meinte Zelda freudig und drückte ihr und Kyren jeweils einen in die Hand. Beide wirkten zunächst recht unbeholfen da sie nichts damit anzufangen wussten. "Probiert es ruhig! Ich trage auch einen.", drängte sie die beiden Mädchen, sehr zur Freude des Dunkelelfen. "Wirklich?! Wo?! Kann ich mal sehen!?", lechzte er hellhörig, wurde aber rasch von einer derben Kopfnuss Sejyas zu Boden gebracht.

Es wirkte unfreiwillig komisch als die junge Kopfgeldjägerin ihre Weste ablegte und sich den BH vor das Top hielt um ihn dort irgendwie zu befestigen. "Aber nein, Mädchen! Das ist für drunter, wie Unterwäsche verstehst du?", meinte die Waldläuferin schmunzelnd. Auch Kyren probierte es oben drüber zu ziehen und wand sich mit einen ernüchternden Resultat an ihre alte Gefährtin. "Zelda, er passt nicht. Er ist zu groß.", merkte sie enttäuscht an. "Was? Aber das kann nicht sein! Das ist die kleinste Größe ... er muss passen ...", erwiderte sie ungläubig, aber als sie an Kyrens weinerlichen Augen bemerkte, realisierte sie was ihre Aussage für eine Bedeutung hatte. "Oh ... ähm ... ja weißt du ... du wächst da schon noch rein ... bestimmt.", beruhigte sie sie schwitzend und tätschelte ihr tröstend auf den Kopf. "Zelda? Hilfst du mir mal?", rief Sejya derweil, so dass sie sich wieder ihr zuwendete.

Shane erntete folglich zwei böse Blicke der Frauen als sie ihr Top ausziehen wollte und er sich noch nicht umgedreht hatte. Seufzend wand er sich ab, verstand er doch eh nicht was der ganze Aufwand sollte. Ohne zu murren nahm er den bewusstlosen Dunkelelfen am Bein und zog ihn mit sich davon. Erst in einigen Metern Entfernung kam man schließlich mit dem Rücken zum Geschehen zum stehen, wo man abwarten musste bis die Damen soweit waren.

Schließlich glückte das Unterfangen Sejya ihr neues Wäschestück anzulegen. Sie schien überrascht und machte einige Oberkörperbewegungen um zu sehen ob es irgendwelche störenden Nebeneffekte hatte. "Ja, er sitzt. Fühlt sich gar nicht mal so schlecht an. Findest du er steht mir?", fragte sie und wendete sich zu Zelda. "Ganz ausgezeichnet.", antwortete sie lächelnd und brachte sie somit etwas zum erröten.

Kyren saß derweil im Gras und zupfte einen Halm nach den anderen heraus, innerlich grummelnd das sie nichts davon hatte.
 

Bald darauf stand der versprochene Stadtbummel in Amry bevor. Die Straßen dort waren gut gefüllt und die Händler priesen Lautstark ihre Waren an. Es gab viel zu sehen und viel zu kaufen, weshalb man sich schließlich in Gruppen aufteilte. Für Shane war es nicht überraschend das Sejya bei Zelda bleiben wollte, die ihr ihr kleines Geschäft zeigen wollte, während er und der Rest die Stadt auf eigene Faust erkundeten.

Noch während sich die Gruppe aufteilte, betrat eine weitere Gestalt den Markt, der niemand weiter Beachtung schenkte. Er war mit einem schlichten grauen Cape und normal bürgerlicher Tracht gekleidet. Sein langes schwarzes Haar war hinten zu einem Zopf gebunden und dennoch hingen ihm einige Strähnen ihm Gesicht. An seinem Gürtel befand sich ein kleines braunes Säckchen, kaum größer als ein Kräuterbeutel. Etwas auffälliger jedoch schien die silberne Flöte die er dort ebenfalls eingehakt hatte, obwohl er nicht wie ein Barde oder Musikant aussah. Ein mieses Grinsen breitete sich in seinem Gesicht aus als er ein paar Kinder in einiger Entfernung entdeckte die gerade Ball spielten. Kurz darauf verschwand der Mann im allgemeinen Markgetümmel so als ob er nie da gewesen war.
 

Sejyas Augen weiteten sich vor Begeisterung als Zelda ihr ihren Laden präsentierte. Er war recht provisorisch eingerichtet woran sich erkennen ließ dass sie ihn noch nicht lange betrieb. "Ist das echt dein Laden?", fragte sie mit glänzenden Augen und musterte die vielen Wäschestücke in den Regalen und Ausstellpuppen. Sie verkaufte nicht nur Unterwäsche sondern auch feine Kleider. Modisch schien sie auf den allerneusten Stand zu sein, denn auch Badeanzüge und Bikinis fehlten nicht in ihrem Sortiment welches sich einzig und allein an Frauen richtete. "Gefallen sie dir? Wenn du willst kannst du gerne ein paar anziehen.", meinte die schöne Waldläuferin und legte ein freundliches Lächeln auf. Sejya griff gerade nach einem schicken Oberteil, da verstummte ihre gute Laune plötzlich und ihre Hände vergruben sich im Stoff. "Du ... sag' mal. Wie lange kennst du Shane und die anderen eigentlich schon?", fragte sie auf einmal in einen leicht betrübten Ton ohne sich ihr zuzuwenden. "Oh, ich denke ein oder zwei Jahre vielleicht. Ich habe ihn damals im Mirwald getroffen. Ein Dämon bedrohte Amn und hatte Kyrens Eltern auf den Gewissen gehabt. Ich habe mich ihnen damals angeschlossen und so auch Jason kennen gelernt. War wohl eine glückliche Fügung des Schicksals.", erwiderte sie in ihrer typisch ausgelassenen Art. "Dieser Jason ... wie ist er denn so?", fragte die junge Kopfgeldjägerin im gleichen Tonfall weiter. "Er ist ein sehr starker Kämpfer und hat jede Menge Muskeln, aber auch ein gutes und ehrliches Herz. Ich liebe ihn sehr ...", gab sie zunächst stolz zurück, bevor auch ihr Tonfall mit ihrem letzten Satz verblasste. "Was ist? Stimmt etwas nicht?", fragte Sejya erstaunt als sie dies bemerkte und drehte sich zu ihr um. Zeldas Kopf war bedächtig gesenkt, doch nur einen Augenblick später zeigte sie wieder ihre gute Laune. "Nein, nein, es ist nichts. Ich vermisse ihn nur so sehr.", wank sie optisch gelassen ab. Sejya schluckte tief denn sie konnte nicht länger leugnen das sie sich immer mehr zu der jungen Dame vor ihr hingezogen fühlte.

"Wie bist du eigentlich zu Shane gekommen? Ich weiß noch so wenig über dich. Wie alt bist du und wo kommst du her?", fragte Zelda auf einmal und riss sie somit aus ihren Gedanken, was sie kurz zum erröten brachte. "Nun ja ... um ganz ehrlich zu sein ... wollte ich ihn töten weil ich dachte er wäre für den tot meiner Familie verantwortlich.", erwiderte sie verlegen. Sie schwieg einen Moment, bevor sie etwas erheiterter fort fuhr. "Aber inzwischen kenne ich die wahren Mörder und werde sie zur Strecke bringen. Und ... oh, ich bin 17 Jahre alt. Meine Heimat sind die Wälder von Tethyr. Geboren wurde ich in der Nähe von Handelstreff.", ergänzte sie hektisch. "Was für ein Zufall. Jason ist auch aus Handelstreff. Vielleicht kennt ihr beide euch sogar.", meinte sie lächelnd. "Ja, schon möglich. Weißt du ...", gab sie verwegen zurück als plötzlich eine recht harmonische und fröhliche Musik erklang.

Zeldas Mimik verfinsterte sich schlagartig zu einen bisher nie dagewesenen Grad. "Da ist er! Ich wusste das er kommen würde!", sagte sie mit kalter Stimme, während Sejya nicht ganz verstand um was es eigentlich ging. Binnen Sekunden fand das angenehme Gespräch ein Ende. Zelda schien plötzlich nicht mehr die zu sein, die sie zuvor gewesen war.
 

Die Melodie kam von der Gestalt mit der silbernen Flöte, die auf einem Dach eines hohen Gebäudes stand und dem Instrument die klangvollen Töne entlockte. Seine Augen waren geschlossen, fast so als ob er für die Melodie, die er spielte, schwärmen würde, doch als er seine Augen einen Spalt weit öffnete und auf er die Straßen der Stadt hinabsah, war schnell klar das er mit seiner Aktion alles andere bezweckte als nur Musik zu spielen.
 

Auch Shane, Kyren und Jáin erreichten die Klänge der Flöte, dessen Hall sich über die ganze Stadt ausbreitete. "Was ist das?", fragte letzterer verwundert als er die Töne vernahm und wendete sich in die Richtung aus der er glaubte sie kommen zu hören. "Was ...!", staunte auch der junge Halbelf, der schlagartig verkrampft aufschrie und sich den Kopf hielt. "Shane?! Was ist mit dir?! Sag doch was!", rief sein dunkelhäutiger Gefährte verwirrt als er sah wie er daraufhin in die Knie ging. Er schien große Schmerzen zu haben und hielt sich immer wieder den Kopf, während er einen Schmerzlaut nach dem anderen von sich gab. Egal was Jáin auch versuchte, es half nichts. "Kyren! Was ist hier los?!", rief er seiner Gefährtin zu, die seit einsetzen der Melodie völlig anteilnahmslos in die Richtung sah aus der sie kam. Im Gegensatz zu Shane wirkte sie wie weggetreten und reagierte in keinster Weise auf die Rufe ihres Mitstreiters. Ihre Augen war kalt und leer so als ob sie nicht mehr Herr ihres Willens war. Schließlich ging sie gemächlich mit wankenden Gang und baumelnden Armen in Richtung der Quelle der Musik. "Kyren! Wo willst du denn hin?! Bleib hier!", schrie Jáin, doch auch er verstummte als er sah das sie nicht das einzige Kind der Stadt war das wie hypnotisiert durch die Straßen lief. "Was geht da vor?", fragte er sich ungläubig mit geweiteten Augen. "Es tut so weh! Es soll aufhören!", wehklagte sein Gefährte weiter, der sich krampfhaft am Boden wand und sich noch immer den Kopf hielt. Jáin war ratlos, denn mit einer solchen Situation war er noch nie konfrontiert worden. Dennoch war klar das er der Ursache auf den Grund gehen musste und beschloss Kyren zu folgen.
 

Der Flötenspieler, der mittlerweile von den Dach des Hauses gekommen war, hatte bald schon etliche Kinder hinter sich versammelt, die ihm wie Zombies hinterherliefen. Er tanzte durch die Straßen von Amry und führte eine ganze Armee von Kindern an. Sein Weg sollte ihm zum Stadtausgang führen während er weiter unablässig auf seiner Flöte spielte. Obwohl er mit seinen Instrument nicht gerade leise war, vernahm er plötzlich das Geräusch eines sich anspannenden Bogens, worauf er abrupt inne hielt und sein Spiel unterbrach.

Seinen Blick nach zu Urteilen überraschte es ihn gar nicht das sich ihm Zelda in den Weg gestellt hatte und nun mit einem Pfeil auf ihn zielte. Die beiden trennten nicht mehr als 20 Meter und doch rang ihr erscheinen ihm nicht mehr als ein Schmunzeln ab, das voller Arglist und Tücke war.

"Bleib stehen, David! Keinen Schritt weiter!", rief sie ihm drohend zu und spannte den Bogen noch etwas mehr. Es schien so als kannten sich die beiden und doch lag so viel hass in der Luft das man daran ersticken konnte. "Ich wusste das du wieder zuschlagen würdest, aber dies mal entkommst du mir nicht!", ergänzte sie in gleicher Tonlage. "Ich hatte mir unser Wiedersehen etwas anders vorgestellt.", tönte er arrogant zurück. "Sei ruhig! Du hast dich kein bisschen geändert! Selbst jetzt entführst du immer noch Kinder für deine kranken Zwecke!", fauchte sie erbost zurück und spannte den Bogen so sehr, dass sie etwas zu zittern begann. "Du wirst nicht auf mich schießen und du wirst mich auch nicht umbringen, habe ich recht? Schließlich bin ich doch deine erste große Liebe.", gab er kaltschnäuzig zurück und legte ein irres Grinsen auf. "Du Mistkerl! Du hast mich benutzt und beinah mein Leben ruiniert!", schrie sie hasserfüllt. "Schon gut, ich weiß worauf das hinausläuft. Du willst das ich die Kinder gehen lasse, nicht wahr?", rief er ruhig zurück und deutete auf seine Anhängsel unter denen inzwischen auch Kyren in erster Reihe stand.

"Gut, ich lasse sie gehen, aber dafür senkst du deinen Bogen.", ergänzte er mit strengen Blick. "Du bist nicht in der Lage Forderungen zu stellen!", entgegnete sie ihm mit säuerlichen Blick. "Doch, ich denke schon, oder willst du etwa gar nicht wissen was aus all den anderen Kindern wurde die ich entführt habe?", erwiderte er kühl.

Schweigen kehrte zwischen den beiden ein und nur der Wind vermochte diese Stille zu brechen. Jáin belauschte das ganze Geschehen hinter einer Hausecke mit. Neben ihn lehnte Shane schweißgebadet an der Wand und schnappte nach Luft. Für einen Moment konnte er sich erholen, da der Fremde aufgehört hatte zu spielen, doch noch immer schallten die Töne durch sein Hirn. Auch Sejya war ganz in der Nähe und betrachtete das Szenario vom Dach eines Hauses. Niemand verstand jedoch so recht um was es eigentlich ging, so dass man zunächst nicht einschritt.

Schließlich senkte Zelda ihren Bogen wieder, worauf der Flötenspieler ein Siegerlächeln auflegte. "Ich wusste doch du würdest vernünftig sein. Ich kenne dich schließlich schon lange genug.", griente er hämisch und provozierte sie somit noch etwas mehr. "Nun sag wo du die anderen Kinder hingebracht hast!", forderte sie ihn auf. "Du bist noch immer ein dummes, dummes Mädchen, Zelda!", tönte er gelassen zurück und legte die silberne Flöte wieder an seine Lippen. Zeldas Augen weiteten sich, denn zu spät begriff sie was er vorhatte.

Wieder spielte er eine Melodie, die jedoch kaum hallte und ganz anders klang als sein vorheriges Stück. Nun spürte auch Sejya einen leichten Schmerz im Kopf, während sich Jáins Augen wie die der Kinder leer und seelenlos füllten. Nicht nur Jáin fiel dieser Hypnose zur Attacke, denn auch Zelda stand nun unter dem Einfluss des Flötenspielers, der langsam, jedoch stetig spielend, auf sie zuschritt.

"Ich dachte du würdest mich besser kennen, Zelda, aber gut, nun sage ich dir gerne wo die anderen Kinder sind und wo ich sie hinbringe.", sagte er und unterbrach sein spiel. Arrogant stellte er sich direkt auf Augenhöhe vor sie, wohlwissend das sie ihn am liebsten würgen würde. Willenlos wie sie war konnte sie sich nicht bewegen obwohl es so schien als verstand sie alles was er erzählte. "Ich kenne da einige Leute, die ich während meiner Zeit im Gefängnis kennen gelernt habe. Sie bringen die Jungen und Mädchen für mich nach Calimshan. Dort bringen diese Rotzlöffel jede Menge Geld ein. Keine Ahnung was die da mit ihnen machen und es interessiert mich auch nicht.", erklärte er ihr und ging zu der Schar von Kindern zurück. "Natürlich bin ich ein gewissenhafter Geschäftsmann und prüfe meine Ware gelegentlich, wie du dir ja sicher denken kannst.", fuhr er grinsend fort und streichelte einem Mädchen über die Wange.

"Dieses Schwein!", fauchte Sejya leise, die noch immer auf Lauerposition lag. Es machte sie fast wahnsinnig daran zu denken welches Schicksal die armen Kinder erleiden würden, so dass sie vor Wut einen losen Dachziegel mit der bloßen Hand zerdrückte. Es war schon traurig genug das ihr Vater vom gleichen Schlag wie der Flötenspieler gewesen war, weshalb sie mit jedem seiner Worte mehr und mehr die Selbstbeherrschung verlor.

"Sieh mich an, Zelda! Das ist meine ganz persönlich Rache an dir oder glaubst du ich habe nicht gewusst das du mir nachspionierst! Du hast mich damals verraten, du hast mich ins Gefängnis gebracht und dafür wirst du heute büßen. Solange ich diese Zauberflöte habe, kann ich jeden kontrollieren der sich mir in den Weg stellt.", gab er lachend von sich und hielt die Flöte thronend empor, bevor er seine Haltung wieder normalisierte. Gemächlich näherte er sich der Waldläuferin und redete auf sie ein.

"Ach weißt du, ich erinnere mich noch gut daran als wir uns kennen lernten. Du warst noch jung und naiv. Du hast mir alles geglaubt was ich dir gesagt habe und dich mir sogar anvertraut wenn du Sorgen hattest. Ich habe dir die Liebe beigebracht, doch am Ende hast du mich verraten ... oder sollte ich sagen ... durchschaut? Sei es wie es sei. Hier und heute erhalte ich endlich meine Rache, in dem ich dich ... töte ...", wisperte er ihr schlussendlich zu und zog einen Dolch hinten aus seinen Gürtel hervor.

Sejya erkannte schnell den ernst der Lage und griff nun ein. Durch ein paar gezielte Würfe mit ihren explodierenden Kugeln, die rundherum um David einschlugen, gelang es ihr zunächst die Aufmerksamkeit des Mannes von Zelda zu lenken, die nach wie vor völlig willenlos war. "Was zum ...?!", rief er erstaunt und hechtete beiseite in Richtung der Kinder, wo er sich mehr Schutz erhoffte.
 

Die Staubwolken der Explosionen verzogen und zeigten erneut die verheerende Wirkung ihrer Spezialwaffe. Die Straße war an drei Stellen aufgesprengt und hatte einige kleinerer Krater hinterlassen.

Verzweifelt schweifte der Blick des Flötenspielers durch die Luft auf der Suche nach seinem Angreifer, bevor er ihn schließlich über sich fand. "Bastard!", schrie Sejya wutentbrand und setzte zum Angriff aus der Luft an.

Nur knapp entkam er ihrem gezielten Faustschlag, der stattdessen den Boden traf und diesen zugleich in einen kleinen Radius um sie herum einige Zentimeter tief absenkte. Er traute seinen Augen nicht als er sah dass das Mädchen mit einen einzigen Schlag mehr Schaden angerichtet hatte als ihre drei Explosionskugeln. "Wer-wer bist du?", fragte er voller Angst als sie ihren Kopf erhob und sich aus ihrer knienden Landungspose erhob. Ihr hasserfüllter Blick war fast Antwort genug, so dass er ihr rasch einen Dolch entgegenwarf. Mit optischer Leichtigkeit stoppte sie das anfliegende Geschoss mit bloßer Hand am Griff und ließ es wie ein wertloses Stück Blech zu Boden fallen, sehr zum erstaunen ihres Gegenübers.

"Was du getan hast ist unverzeihlich! Du bist genau so ein Mistkerl wie mein Vater. Nenn mir nur einen guten Grund warum ich dich leben lassen sollte, du dreckiger Bastard!", fauchte sie ihn an und schritt immer weiter auf ihn zu. Sein Griff zur Flöte konnte ihm am Ende auch nicht mehr retten, denn schon hatte sie ihm am Kragen gepackt und riss ihm das silberne Stück aus der Hand. "Du darfst noch wählen, ob ich dir das Genick brechen oder dich beim lebendigen Leib das Herz rausreißen soll.", tönte sie mit eiskalter Stimme, während er hilflos an ihr herumzappelte als sie ihn in die Luft hob. "Nein! Hör auf! Du darfst mich nicht töten!", ächzte er verzweifelt. "Und warum nicht?", fragte sie mit kühler Stimme. "Du bist doch eine von den Guten, hab ich recht? Du darfst mir nichts tun! So was dürft ihr nicht!", erwiderte er hektisch, doch das daraufhin folgende Schmunzeln in ihrem Gesicht ließ ihn nichts gutes erahnen. "Falsch gedacht! Ich töte wann ich will und wen ich will. Das ist alles was ich noch bin.", antwortete sie und streckte ihre freie Hand zum tödlichen Schlag aus.

"Nicht Sejya!", rief plötzlich eine etwas schwächliche Stimme hinter ihr, worauf sie sich verwundert umdrehte. Dort stand Shane, sich an einer Hauswand abstützend. Er wirkte ziemlich mitgenommen und doch quälte er sich weiter voran. "Selbst wenn du kein rechtschaffend gutes Herz hast, ist er zur Zeit der einzige der weiß wie diese Flöte funktioniert. Wir wissen noch gar nicht ob die Hypnose von Dauer ist oder nachlässt. Wenn du ihm am leben lässt, kann man vielleicht sogar den Kinderhändlerring sprengen den er beliefert.", erklärte er mit schmerzverzerrter Miene. Ihr Blick wanderte zurück zum Flötenspieler, der noch immer an ihren Arm baumelte. Schließlich ließ sie ihn fallen, worauf er verängstigt zurückkroch. Nur einen Augenblick später eilten duzende von Stadtwachen herbei, die die Situation entschärfen sollten. "Du hast Glück, ohne deine Flöte und dein Wissen wärst auch du jetzt nur ein wertloses Stück Fleisch.", meinte sie und sah mit bösen Blick auf ihn herab.
 

Kyren und die anderen hatten Glück, denn die Wirkung war tatsächlich nicht von langer Dauer, so dass sie kurze Zeit später nicht mehr unter dem Einfluss der Flöte standen. Zelda und die Kinder der Stadt waren gerettet und die Welt vor einem weiteren Schurken sicher.

Zum Dank lud die schöne Waldläuferin all ihre alten und neuen Freunde zu sich auf ihre Waldläuferhütte ein und feierte mit ihnen den Erfolg ihrer Mission. Es war schon Nacht, was der Stimmung rund ums Lagerfeuer jedoch keinen Abbruch tat. Man hatte es sich bereits, mit Ausnahme von Sejya, die etwas abseits auf einem Stein saß, drum herum gemütlich gemacht und Platz genommen, während man die Ereignisse des Tages noch einmal durchging.

"So war das also. Deswegen wolltest du Jason nicht mit dabei haben. Du hattest hier eine offene Rechnung zu begleichen, nicht wahr?", fasste Kyren zusammen. "Ja, ihr habt mich durchschaut. Das hier war etwas was ich ohne Jasons Hilfe machen musste.", erwiderte sie ertappt, worauf Jáin sie wieder etwas aufmunterte. "Tja, und dieser David ist nun erst mal wieder hinter Schloss und Riegel, aber diesmal in einem besseren Gefängnis. Es ist ein vielleicht ein schwacher Trost, aber durch seine Aussagen kann man bestimmt noch mehr solcher Menschenhändlerringe auffliegen lassen.", merkte er an und nippte an seinem Getränk.

"Aber sag mal, warum hatte die Flöte eigentlich bei Sejya nicht funktioniert?", stutzte Kyren derweil. "Tja, ich nehme an er hat erst Töne gespielt auf die nur Kinder reagierten und dann um welche die Erwachsene wie Jáin und mich gefügig zu machen. Sejya ist aber erst 17, körperlich damit weder ganz Erwachsen noch ganz Kind, ähnlich wie bei Shane.", erklärte sie mit den Zeigefinger nach oben ausgerichtet. "Ja, aber ich hatte trotzdem höllisch Kopfweh.", seufzte Shane leise.

Zeldas Blick schweifte derweil zur eigentlichen Heldin des Tages die ganz allein, abseits vom Lagerfeuer saß und in die Sterne sah. Während ihre alten Gefährten munter weiterdiskutierten zog es die schöne Waldläuferin vor sich zu ihr zu gesellen. "He, alles in Ordnung mit dir? Willst du nicht zu uns kommen?", fragte sie mit freundlicher Stimme und kniete sich neben sie. Als Sejyas Blick zu ihr fiel, blieb er im ersten Moment noch an ihren unbedeckten Beinen hängen, bevor sie ihr schließlich verlegen ins Gesicht sah. Zeldas Kleid war wirklich nicht sehr lang, schon gar nicht wenn sie in der Hocke saß, aber das störte die Waldläuferin nicht weiter. Stattdessen schenkte sie ihr ein verständnisvolles Lächeln, so dass sie wieder etwas errötete. "Ich weiß schon. Jáin hat mir erzählt das du Mädchen lieber magst.", meinte sie mit freundlicher Stimme, während sie immer röter vor Scham anlief. "Ich wollte mich noch mal bei dir bedanken. Du hast nicht nur mich heute gerettet sondern auch viele unschuldige Kinder. Du bist ein echte Heldin.", fuhr Zelda mit sanfter Stimme fort und gab ihr einen Kuss auf die Wange, was Sejyas Kopf tomatenrot aufglühen ließ. Sie wollte und konnte sich nicht wehren als die schöne Waldläuferin ihre Hand griff und sie mit zum Lagerfeuer nahm. Für alle sollte es noch ein wunderschöner Abend werden, der sie für den Moment ihre eigentlichen Sorgen vergessen ließ.
 

Am nächsten Morgen hieß es Abschied nehmen, denn Zelda wollte noch eine Weile in Amry bleiben, obwohl sie gern wieder mit ihren alten Freunden gereist wäre. Mit zuversichtlichen Blick, auf das man sich bald wieder sehen würde, stand man sich am Stadttor gegenüber. "Ihr müsst also nach Starmantle - dann passt auf euch auf. Der Weg an der Küste entlang ist auch nicht gerade ungefährlich. Selbst hier in dieser Gegend gibt es Kopfgeldjäger die nach euch fragen.", meinte sie mit wohlwollender Stimme. "Und du willst wirklich nicht mitkommen?", fragte Kyren leicht enttäuscht. "Tut mir Leid, aber die Stadt Amry braucht mich zur Zeit etwas mehr als ihr mich. Dieser Wald braucht eine Hüterin. Ich bin mir sicher das wir uns wieder begegnen, wenn ihr dann weiter nach Thay reisen werdet.", entschuldigte sie sich bei ihr, obwohl Shane schnell klar war das sie schon wieder nicht ganz die Wahrheit sagte und somit etwas in Schmunzeln geriet.

"Ja, und außerdem wäre unsere Liebeshungrige hier dann ja nicht mehr vor Schwärmerei zu kontrollieren.", gab Jáin breit grinsend von sich und deutete neckend in Richtung Sejya, die sofort erbost, wenn auch ein wenig errötet, aufsprang. "Wer ist denn hier Liebeshungrig, Herr Romeo?!", fauchte sie angestachelt zurück, worauf sich die beiden schnell wieder in die Haare gerieten und sich gegenseitig aus den Dorf rauften.

"Ah, entschuldige die beiden - so sind sie nun mal.", meinte Kyren schwitzend und rieb sich am Hinterkopf. "Schon gut.", erwiderte sie mit freundlicher Miene, worauf man sich endgültig von ihr verabschiedete. Noch lange wanken Kyren und Sejya ihr zu, während sie weiter nach Osten zogen. Starmantle war nicht weit weg und man hoffte dort schon bald den dritten Teil der Phönixartefakte zu finden.
 

Währenddessen schritt Gray in den Gängen des Verließes voran in das er Diron gebracht hatte. Noch immer klangen die Stimmen von geplagten Seelen aus den unmenschlich engen Zellen der anderen Gefangenen, deren, bis auf die Knochen abgemagerte, Arme schlaff durch das vergitterte Beobachtungsfenster ihrer Zellentüren heraushingen. Überall lagen Überreste von früheren Insassen in Form von einzelnen Knochen herum, an denen noch manch eine Ratte nagte. Obwohl die alte Feste schon sehr staubig und brüchig war, war sich Gray sicher das sein Schützling hier gut untergebracht war. Fast alle Zellen waren mit Schutzzaubern versehen die man nicht überwinden konnte.

Eine gespenstische Atmosphäre überzog diesen Ort selbst wenn es wie jetzt helllichter Tag war. Vor Dirons Zelle angekommen öffnete er zunächst noch einmal die schmale Beobachtungsluke um zu prüfen ob sich sein Insasse noch darin befand. Das Licht das durch den schmalen Spalt schien waren seit Wochen die ersten Sonnenstrahlen die Diron zu sehen bekam. Schließlich öffnete Gray die schwere Metalltür zu seiner Zelle und warf somit einen langen Schatten über den Nekromanten, der noch genau so verharrte wie er ihn zurückgelassen hatte. Regungs- und anteilnahmslos saß er auf seiner schmalen Holzbank, die ihm während der Zeit in der Zelle auch als Schlafplatz gedient hatte. Links von ihm stand noch etwas Essen und Trinken am Boden das ihnen die Wärter gebracht hatten, doch er hatte es kaum angerührt. Dennoch wirkte er kein bisschen abgemagert, sehr zu Grays Verwunderung. "Steh auf. Es ist Zeit.", sagte er in einen ruhigen Ton, worauf sich Diron wie auf Befehl erhob. Er atmete noch einmal tief ein, so als ob er die frische Luft genießen wollte die in seine Zelle strömte und ging auf Gray zu. Ohne eine Geste schritt er gemächlich an ihm vorbei, während seinem Befreier ein zufriedenes Schmunzeln übers Gesicht huschte. Dirons Blick war so kalt war das man fast glaubte das er damit töten konnte. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln machte sich Gray daran ihm zu folgen, nicht jedoch ohne zuvor noch einmal einen Blick in die Zelle zu werfen, die nun durch die Öffnung in der Decke vor der Zelle gut ausgeleuchtet wurde. Ein unheimliches Grinsen schlich sich über seine Lippen als er bei genauerer Betrachtung der Zelle feststellte in welchen Zustand sie der Nekromant hinterlassen hatte. Die Wände waren mit Blut und Zentimetertiefer Krallenspuren übersäht, die so aussahen als hätte er die Wände mit seinen bloßen Fingern zerkratzt. Dies, so wusste er, waren nicht die Spuren eines Menschen, dies waren die Spuren einer Bestie ...

Folge 59: Helden gesucht

Nach gut einer Woche Wanderung war es endlich so weit - in der Ferne frohlockten bereits die ersten Gebäude der Hafenstadt Starmantle. Die lange Reise auf der Suche nach dem letzten Phönixartefakt sollte hier endlich ein Ende haben, so dass man sich um so mehr freute endlich dort angekommen zu sein.

Schon beim betreten der Stadt erkannte man wie prächtig sie sich in den letzten Jahren entwickelt hatte. Die Stadt florierte und Waren gab es im Überfluss. Nicht einen Bettler entdeckte man auf den sauberen Straßen, während etliche gastfreundliche Schänken zur Rast einluden.

"Wow, es ist ja wunderschön hier! Alles wirkt so sauber und gepflegt.", staunte Kyren, die sich kaum satt sehen konnte. "Ja, soweit ich weiß ist Starmantle seit einigen Jahren Thronstadt einer Königin. Ihr Einfluss hat sich scheinbar ausgezahlt.", merkte Sejya an. "Los, gehen wir weiter.", meinte Jáin desinteressiert und zog sich seine Maskierung über. Wie schon so oft verbarg er in großen Städten wie diesen sein Gesicht hinter Tuch und Kapuze damit die Bewohner nicht allzu feindselig auf ihn und seine Rassenangehörigkeit reagierten.
 

Am Marktplatz angekommen stach den jungen Abenteurern sofort ein Menschengetümmel in die Augen. Eine Scharr von Menschen hatte sich um etwas versammelt, so dass man, neugierig wie man war, beschloss einmal nachzusehen was dort vorging. Es kostete sie einige Mühen sich durch die geballten Massen der Männer und Frauen zu quetschen bis man schließlich das Zentrum des Getümmels erreichte. Lediglich Sejya machte sich auf ihre typische Art und Weise Platz und stieß jeden beiseite der es wagte sich ihr in den Weg zu stellen. So manch einer der sich das nicht gefallen lassen wollte, bezahlte mit einer zerquetschten Hand bei den Versuch sie zu ergreifen.

Nach und nach lichteten sich die Reihen wodurch man schließlich Problemlos einsehen konnte um was es eigentlich ging. Allen vieren sprangen die Augen auf als sie ein schwarzes Brett entdeckten an dem ein Zettel angeheftet war, der ein großes Kampfsportturnier anpries. "Seht ihr auch was ich sehe?", fragte Shane erstaunt. "Hm, dort steht das die Königin ein Turnier stattfinden lassen will in dem sich die besten Kämpfer der Gegend miteinander messen können.", erwiderte Jáin nüchtern, so als ob er nicht daran interessiert war.

"Ja, aber ließ doch einmal was der Preis für den Sieger ist!", meinte sein Gefährte aufgeregt, worauf er sich die Zeilen noch einmal etwas genauer durchlas. "Der Sieger erhält die Ehre die neue persönliche Leibwache der Königin zu werden. Außerdem erhält derjenige der das Turnier gewinnt, das Amulett des Phönix das von der Hoheit selbst überreicht wird.", las er vor, womit es auch bei ihm Klick machte.

"Fantastisch! Wenn wir gewinnen dann gehört es uns!", warf Kyren begeistert ein.

"Dann sollten wir uns besser anmelden.", meinte Sejya nüchtern mit Blick auf die Anmeldfrist.

"Ja, wir haben Glück. Das Turnier beginnt erst morgen. Es findet im Palast der Königin statt.", erwiderte Shane nach kurzer Musterung des Schreibens. Bald schon machte man sich in Richtung Palast auf, der vom Markplatz aus kaum zu übersehen war.
 

Im Schloss der Königin war es ruhig. Es war aus weißen Marmor gefertigt und wirkte von Außen wie von Innen eher wie ein Tempel als ein Palast. Die Atmosphäre wirkte sehr reinlich, so als ob das halbe Personal nur zum Putzen da war. Einige wunderschöne Statuen aus Marmor und elegant verzierte Stützpfeiler schmückten den Hauptsaal der Königin die sich gerade auf ihren Thron niederließ. Ein Butler hatte sie begleitet und fragte höflich nach weiteren Wünschen. "Nein, danke James, ich möchte nur einen Moment allein sein.", erwiderte sie freundlich lächelnd, worauf ihr Diener nach kurzer Verbeugung abtrat.

Sie war eine wunderschöne Frau, Mitte dreißig, mit langem weißen Haar. Selbst ihre Tracht aus Seide war genau wie ihr Palast in weiß gehalten. Sie schien die hellen Farben sehr zu mögen, wohl auch damit ihre Blässe nicht so gut zum Vorschein kam.

"Wie fühlt ihr euch, Majestät?", tönte auf einmal eine ihr vertraute Männerstimme hinter ihr hervor. "Um ehrlich zu sein, nicht besonders gut. Ich fühle mich noch immer sehr schwach, aber ich glaube das Turnier morgen wird mich etwas ablenken.", antwortete sie mit sanfter Stimme und hielt sich die Stirn. "Der Giftanschlag auf Euch scheint doch schwerer zu wiegen als ihr der Öffentlichkeit preis geben wollt, nicht wahr?", fragte er besorgt. "Ihr durchschaut mich so gut wie niemand anders.", gab sie schmunzelnd zurück. "Keine Sorge, die Idee mit dem Turnier wird sich bezahlt machen. Ich bin mir sicher das der Attentäter die Gelegenheit euch so nah kommen zu können nutzen wird um Euch zu töten. Dann haben wir ihn. Macht Euch keine Sorgen, Ihr könnt Euch ganz auf Eure Genesung konzentrieren. Ich habe für Euren Schutz garantiert.", meinte die Gestalt hinter ihr und stellte sich neben sie ins Licht. Voller Dankbarkeit nahm sie seine Hand und sah lächelnd zu ihm auf. "Ich bin Euch wirklich sehr dankbar für Eure Hilfe, Mi'lan.", sagte sie mit leiser Stimme. "Es ist mir eine Ehre. Wenn Ihr mich nun entschuldigt. Meine Frau erwartet mich.", gab er charmant zurück, beugte sich zu ihr herunter und küsste ihr in Ehre die Hand. Schließlich verließ Mi'lan den Saal mit gemächlichen Schritt, nicht ahnend das er in diesem Turnier auf seinen Sohn treffen würde.
 

Am Palast angekommen fiel Kyren und den anderen sofort ein Anmeldestand ins Auge, der mit Plakaten geschmückt auf das große Turnier hinwies. Die Mimik der vier Abenteurer erstarrte jedoch im selben Moment als sie sahen wer sich dort gerade für die Kämpfe eintrug. "John ...", gab Shane mürrisch von sich als er den jungen Mann am Stand erkannte. "Toll, der hat uns gerade noch gefehlt. Was will der hier?", moserte Jáin und verschränkte die Arme. "Ich denke mal er ist aus dem gleichen Grund hier wie wir. Er will wahrscheinlich auch das Phönix-Artefakt haben das der Gewinner erhält.", erwiderte sein Gefährte verstimmt.

Nichtsdestotrotz entschloss man sich dort ebenfalls anzumelden um den ersten Preis zu gewinnen. Am Stand angekommen zeigte sich John nicht wirklich überrascht sie wieder zu sehen.

"Sieh einer an, ihr wollt also auch mitmachen.", merkte er schmunzelnd an und gab seinen Anmeldebogen ab. "Ja, und ich frage mich warum du immer dann auftauchst wenn es um die Phönixartefakte geht.", entgegnete Shane mit bösen Blick. "Wag es ja nicht uns in die Quere zu kommen.", drohte ihn Sejya mit erhobener Faust, was ihm aber nur ein kurzes Lachen entlockte. "Mein Interesse an den Artefakten beschränkt sich zur Zeit auf Null, wenn es euch beruhigt.", erwiderte John schmunzelnd und ging ohne weitere Geste davon. Man war sich nicht sicher ob in seinen Worten eine tiefere Botschaft lag, so dass man sich fragend ansah. Wie immer hinterließ er einen fragwürdigen Eindruck bei den Abenteurern, denn er war so durchschaubar wie die Dunkelheit selbst. Nur Jáin glaubte dessen Fassade zu entschlüsseln, auch wenn es im Grunde nur wenig Licht ins Dunkel brachte. "Er will nicht das Artefakt, er will den Weißen Falken. Das sagt mir mein Gefühl.", sagte er auf einmal, während er ihm nachsah. "Wir sehen uns auf dem Turnier.", rief John ihnen abschließend zu, ohne sich ihnen zuzuwenden. Einzige eine Geste in Form einer erhobenen Hand schenkte er ihnen als er in einiger Entfernung war. Ein mulmiges Gefühl durchschlich die Abenteurergruppe, denn seine Anwesenheit verhieß meist nichts gutes.
 

Am nächsten Tag war es endlich soweit und das große Turnier konnte beginnen. In der Eingangshalle des Palastes, so wurde es verkündet, sollten sich alle Teilnehmer versammeln, wo die Königin den Start der Veranstaltung offiziell verkünden wollte.

Es waren viele Kämpfer und Kämpferinnen gekommen, die nach einen besseren Leben als Leibwache oder nach dem Artefakt trachteten. Kyrens Augen weiteten sich vor erstaunen als man in die riesige Einganshalle eintrat, an dessen Ende eine lange und breite Treppe lag, die ins nächste Stockwerk führte. Die Halle war vollkommen weiß gestrichen und wirkte sehr reinlich. Gemälde, Teppiche und Vorhänge schmückten den Raum aus. Ritter hielten vor einigen Seitentüren wie auch an der Treppe wache, so dass niemand auf die Idee kommen brauchte den Palast nach Diebesgut zu durchstöbern.

"Schade das du nicht mitmachen willst, aber keine Sorge, wir kriegen das Artefakt schon.", meinte Sejya, die direkt neben ihr stand. Schon am Tag zuvor war der kleinen Elfin klar geworden das sie die Bedingungen für dieses Turnier nicht erfüllte. Sie war eigentlich ganz froh darüber das sie zu jung zum kämpfen und ohnehin nur der Magie mächtig war. Gerade letzteres war während der Kämpfe verboten, wobei ihr Interesse sich mit anderen zu messen eh ziemlich gering war. "Ja, aber ich werde euch tatkräftig anfeuern.", erwiderte sie und wedelte mit einen kleinen Wimpel das sie sich eigens für das Turnier gebastelt hatte.

Plötzlich trat eine der Wachen an sie heran und musterte Shane und seine Freunde. "Ist einer von euch Shane Richardson?", fragte der Ritter mehr oder weniger höflich. "Ähm, ja, das wäre ich. Ist irgend etwas nicht in Ordnung?", antwortete der gesuchte verwundert, vorahnend das es womöglich um das Kopfgeld ging, dass auf ihn ausgesetzt war. "Ihr werdet im Ostflügel erwartet. Folgt mir.", gab die Wache recht militärisch von sich. "Aber das Turnier ...", wollte er widersprechen, bevor ihn der berüstete Mann unterbrach. "Keine Sorge. Ihr werdet rechtzeitig wieder hier sein. Folgt mir nun bitte.", meinte er und schritt voraus.

Schulterzuckend folgte man den Mann der sie zu einer der Seitentüren brachte, welche zu einem Flur mit vielen Räumen führte. Schließlich beendete er seinen Marsch und bat sie mit freundlicher Geste in eines der Zimmer hinein. Niemanden war klar um was es eigentlich ging, leistete den Anweisungen jedoch folge.

Das Zimmer in das sie gebeten wurden war wunderschön. Die Fensterwand ermöglichte einen grandiosen Ausblick auf die Stadt und überall stach ihnen Luxus ins Auge. Ein edler Kamin, ein weiches Bett und schön verzierte Holzmöbel schmückten den Raum aus. Dennoch interessierte Shane etwas anderes, so dass er sich zur Wache wendete, die vor der Tür verharrte. "Warum sind wir hier?", fragte er verwirrt, doch die Antwort darauf gab ein anderer. "Shane.", tönte auf einmal eine sanfte Frauenstimme hinter ihm hervor, der er sich daraufhin zuwendete. Das Sonnenlicht das durch die Fenster fiel, hinderte ihn zunächst zu erkennen um wen es sich handelte, doch als die schöne Elfin, die sich gerade aus einem zum Fenster ausgerichteten Sessel erhoben hatte, näher trat, erkannte er wen er dort vor sich hatte. Seine Augen weiteten sich, doch auch wenn sein Mund sich öffnete fehlten ihm die Worte um zu antworten. "Shane!", rief die Frau etwas lauter. "Mutter.", erwiderte er zaghaft, während sie zu ihm eilte und ihn fest in ihre Arme schloss. Ihre Umarmung war wie Balsam auf seine Seele so das er sie zugleich erwiderte. Kyren zeigte sich gerührt, während Jáin und Sejya nicht recht wussten wie sie darauf reagieren sollten.

Schließlich ließen die beiden wieder voneinander ab und traten tiefer ins das Zimmer ein. "Ich bin so froh dich wieder zu sehen, Shane. Dein Vater und ich dachten schon das wir dich für immer verloren hätten. Ich hab so oft Alpträume gehabt wie du die Klippe hinabgestürzt bist und ich dich nicht erreichen konnte, obwohl ich damals ja nicht einmal dabei war. Ich bin fast vor Freude gestorben als uns ein Elf aus Suldanessalar erzählte das du dort gewesen bist, aber als wir ankamen warst du leider schon wieder abgereist. Gestern hat man mir zugetragen das dein Name auf der Liste der Teilnehmer steht. Ich ... ich war .... ich bin so glücklich das du noch lebst.", erzählte sie unter Freudentränen und setzte sich. Shane schien sichtlich von ihrem Leid betroffen, doch noch etwas anderes schien ihn zu bedrücken. Ihm war damals in Suldanessalar die Gelegenheit gegeben gewesen seine Eltern zu erreichen, aber er nahm die Möglichkeit nicht wahr. Auch jetzt noch hielt er es für besser wenn ihn seine Eltern für tot gehalten hätten. Zu viel Leid hatte er ihnen in irgend einer Weise bereits zugefügt. Nie hatte er sich verziehen das er seine Schwester nicht retten konnte, ganz egal ob seine Eltern ihn seine Gefühle für sie verziehen hätten. "Es tut mir Leid ... aber ich konnte euch einfach nichts sagen. Nach all den Taten die ich als Sen begangen, nach all dem Leid das ihr durch mich erlitten habt. Alexandra ist tot ... und das ist meine Schuld. Wie konnte ich euch da noch unter die Augen treten.", erwiderte er in einen reuhaften Ton.

"Es ist mir egal was du als Sen getan hast. Du bist immer noch mein Sohn und ich liebe dich, egal was auch passiert.", sagte sie und nahm seine Hände. "Danke ... Mutter.", gab er mit gesenktem Haupt zurück und griff etwas fester nach ihren Händen. Selbst wenn sie ihn verzeihen konnte - er selbst würde sich von dieser Last nie befreien können.

Plötzlich schrak die schöne Elfenfrau auf, denn erst jetzt registrierte sie das sie mit ihrem Sohn nicht allein war. Schmunzelnd über sich selbst, ließ sie von Shane ab und stellte sich den anderen vor. "Verzeiht, ich habe mich euch noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Aerie, Shanes Mutter. Ihr seid sicher seine Freunde.", stellte sie sich leicht verlegen vor. "Guten Tag, Frau Richardson!", rief Kyren fröhlich mit erhobener Hand in ihrer typisch kindlichen Art, fast so als ob sie unbedingt die erste sein wollte die ihr antwortete. Es brauchte keiner größeren Vorstellung, denn die beiden kannten sich noch von früher. Nach wie vor reiste sie mit ihrem Sohn zusammen, was ihr ein kleines Schmunzeln entlockte. "Wie ich sehe bist du immer noch mit ihm zusammen.", meinte sie und tätschelte ihr leicht auf den Kopf. "Das klingt ja fast so als ob die beiden ein Paar wären.", merkte Sejya mit stichelnden Blick an, während sich Kyrens Wangen röteten. "Na, stimmt das etwa?", fragte Aerie gezielt in Richtung des kleinen Elfenmädchens, das immer verlegener wurde. "Nein! Wir ... wir sind zusammen unterwegs ... und nach wie vor gut befreundet.", stotterte sie sichtlich nervös und sah beschämt zu Shane herüber, der das ganze nicht ganz so ernst nahm und nur ein wenig schmunzelte. Bevor er sich versah hatte sich Jáin an ihn herangeschlichen und beugte sich an sein Ohr. "Deine Mutter ist ja echt ne heiße Biene - sieht echt scharf aus.", flüsterte ihm ins Ohr, womit er sich zugleich von ihm eine Kopfnuss einfing. "Hey! Das ist immer noch meine Mutter, du Lustmolch! Abgesehen davon ist sie viel jünger als du!", stauchte er ihn zusammen, doch Aerie störte sich nicht an den Komplimenten des maskierten Dunkelelfen. "Du hast aber ein sehr charmanten Freund, aber sag ihm ruhig das ich bereits vergeben und glücklich verheiratet bin.", gab sie kichernd von sich.
 

Obwohl man sich noch viel zu erzählen hatte wartete das Turnier nicht ewig auf sie, so dass man sich bald darauf wieder trennte. Kyren blieb zurück, da sie dem Turnier wie Aerie nur als Zuschauer beiwohnen wollte.

Shane, Jáin und Sejya kehrten gerade noch rechtzeitig in der Eingangshalle, in den Moment als die Königin unter Trompetengebläse die Treppe hinabkam.

"Schön das ihr so zahlreich erschienen seit. Mir wurde gesagt das nun alle Kämpfer eingetroffen sind. Bevor es mit Kämpfen los geht, erkläre ich euch hiermit noch die allgemeinen Regeln des Turniers. Zunächst einmal müsst ihr all eure Waffen abgeben.", verkündete sie, worauf allgemeines Getuschel unter den Teilnehmern ausbrach. "Ich versichere euch das jeder von euch seine Waffen nach dem Turnier wieder zurück erhält. Im Turnier wird es euch freistehen mit Händen und Füßen zu kämpfen oder mit eigens für das Turnier angefertigten Waffen. Diese Waffen sind verzaubert, so dass sie zwar Schmerz verursachen, aber nicht Schaden können. Wer die Verzauberung seiner Waffe entfernt wird disqualifiziert. Zauberei und Magie ist ohnehin untersagt.", fuhr sie etwas lautstärker fort.

"Aber wie sollen wir dann unsere Gegner besiegen?", rief einer aus den Teilnehmerkreis heraus. "In diesem Turnier geht es nicht darum zu töten. Gewonnen hat der, der es schafft seinen Gegner zur Aufgabe zu bringen, ihn aus den Ring zu befördern oder ihn K.O. schlägt. So lange man nicht den Boden außerhalb des Ringes berührt hat man den Ring nicht verlassen. Für alle die, die es bevorzugen ohne Waffen zu kämpfen sei gesagt, das ich es nicht dulde wenn ihr euren Gegner im Ring zu Tode schlagt. Im gegebenen Fall entscheide ich wann ein Kampf gewonnen oder verloren ist.", erwiderte sie streng, worauf wieder etwas mehr Ruhe herrschte.

"Da wir 63 Teilnehmer haben, werde ich noch einen weiteren Kämpfer aus meinen Reihen am Turnier teilnehmen lassen. Damit haben wir 64 Kämpfer, was für den Turnierablauf äußerst günstig ist, wie ihr euch sicher denken könnt. Die Namen aller 64 Kämpfer kommen in einen Lostopf, woraus sich nach dem Zufallsprinzip die ersten Kampfpaarungen ergeben. Die Sieger aus den daraus resultierenden 32 Kämpfen kommen dann wieder in einen Lostopf. Die 16 Sieger aus diesen Kämpfen werden dann im Achtelfinale gegeneinander antreten. Die Sieger daraus im Viertelfinale und so weiter. Die ersten Kämpfe werden draußen im Gartenbereich abgehalten. Ab dem Viertelfinale werden die Kämpfe hier im Palast in meinem Hauptsaal ausgetragen. Der Sieger des Turniers hat die Ehre meine Leibwache zu werden und erhält zusätzlich ein mächtiges Artefakt. Ich hoffe ihr habt alle verstanden.", erklärte sie die weiteren Regeln. "Noch irgendwelche Fragen?", fragte sie mit Blick auf die Teilnehmer, doch niemand reagierte. "Gut, dann begebt euch in den Garten. Einer meiner Angestellten wird euch dort hin führen. Die ersten 32 Kämpfe wurden bereits ausgelost, so dass ihr gleich beginnen könnt.", fuhr sie schließlich fort als sich niemand auf ihre Anfrage meldete. Man sah es ihr zwar nicht an, aber ihr Gewissen plagte sie schon etwas als die Kämpfer nach draußen abzogen. Sie war sich nicht sicher ob sie im Tonfall vielleicht etwas zu streng mit ihnen gewesen war.

Ganz in Gedanken versunken merkte sie gar nicht das Mi'lan plötzlich neben sie trat und ihr beruhigend auf die Schulter fasste. "Keine Sorge, Ihr habt das großartig gemacht.", meinte er schmunzelnd und stieg die Treppe nach unten hinab. "Mi'lan?", rief sie ihm zaghaft nach, worauf er sich ihr noch einmal zuwendete. "Passt auf Euch auf, ja?", ergänzte sie, wohlwissend das sie ihm für die Finalrunden brauchte. "Keine Sorge, ich werde gut aufpassen. Ich bin mir sicher das derjenige der euch vergiften wollte mit unter den Teilnehmern ist, denn so schnell wird er bestimmt nicht mehr die Gelegenheit haben Euch so nahe zu kommen.", erwiderte er schmunzelnd und deutete ihr mit dem ausgestreckten Daumen nach oben an, dass er das Turnier gewinnen würde.
 

Brav legten die Teilnehmer einer nach dem anderen ihre Waffen am Gartentor bei den Palastwachen ab. Jeder musste notieren welches seine Waffe war, damit er sie nach dem Turnier auch wieder bekommen würde.

Was die Königin so harmlos als Garten bezeichnete stellte sich als eine Nutzfläche heraus, die 10 mal so groß war wie ein normales Fußballfeld. Der Boden war größtenteils mit Gras bewachsen auf den mit weißen Linien bereits die Kampfringe in großzügigen Abständen markiert wurden waren. Eine steinerne Mauer zäunte das ganze Gelände ab, weswegen man, wenn man nicht gerade vier Meter groß war, nicht sehen konnte was dahinter lag. Nur einige wenige Blumen an der Mauer ließen erahnen wozu dieses Gelände eigentlich gut war, obwohl es nicht so schien als ob man es extra für das Turnier so hergerichtet hatte. Duzende Kampfrichter warteten bereits an den Ringen, während sich die Teilnehmer zur Duellliste begaben um zu sehen wer ihr Gegner sein und in welchen Ring gekämpft werden würde.

Insgesamt gab es 10 Ringe in denen die Kämpfe ausgetragen werden sollten. Ein paar Heilkundige hatten sich bereits auf eine Bank gesetzt und warteten auf den Beginn des Turniers.

Shane musste sich zum zehnten und letzten Ring begeben, wo bereits sein Gegner auf ihn wartete. Er erschrak etwas, denn nicht nur sein Gegner, sondern auch Kyren und Aerie warteten dort bereits als Zuschauer auf ihn. "Hey Kyren! Mutter! Was macht ihr denn hier?", fragte er erstaunt. "Na, wir wollen dich anfeuern.", erwiderten sie synchron, was ihn einen kleinen, unsichtbaren Klaps gegen den Hinterkopf gab. "He, ich brauche keine Anfeuerung oder glaubt ihr ich schaffe den da nicht?", erwiderte er mürrisch und deutete flüchtig in die Richtung seines Gegners.

"Ach was! Was kann es schon schaden wenn dich zwei hübsche junge Damen anfeuern.", tönte plötzlich eine vertraute Stimme hinter ihm hervor. Es bedurfte nur einer kurzen Wendung um herauszufinden das diese Worte von seinem Vater gekommen waren. Zum ersten mal seit langen blickte er nicht in verachtenswerter Weise sondern mit Stolz auf ihn. "Schön das es dir gut geht, mein Sohn.", meinte er, während Shane die Worte fehlten. "Aber Vater, was machst du hier?", fragte er verwundert und blickte kurz zu seiner Mutter herüber. "Aerie hat absichtlich nichts gesagt. Sie wollte dich überraschen. Ich nehme auch am Turnier teil und habe meinen ersten Kampf bereits bestritten.", gab er lachend zurück. "Du? Du kämpfst auch mit?", staunte er völlig überrascht. "Ja natürlich. Oder warum glaubst du sind Aerie und ich hier?", erwiderte er schmunzelnd. "Ich ... ich weiß nicht. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Ich habe in der Teilnehmerliste gar nicht den Namen Mi'lan Richardson gesehen. Außerdem dachte ich deine Zeit als Abenteurer sei vorbei?", entgegnete er leicht verunsichert und entlockte seinen Vater ein weiteres Lachen. "Weißt du, man ist nie zu alt um etwas gutes für die Welt zu tun. Und mein Name stand deshalb nicht auf der Liste weil ich der Ritter im Dienste der Königin bin.", meinte er und legte seine Hand auf Shanes Schulter, bevor er sich zu Aerie und Kyren gesellte.

"Los nun, Shane! Du musst gewinnen!", rief die kleine Elfe enthusiastisch, wodurch ihm erst wieder klar wurde warum er überhaupt hier war. "Ja, du hast recht.", gab er motiviert zurück und lief in den Ring.

Sein Gegner war ein glatzköpfiger Mönch, der bereits geduldig im Ring gewartet hatte. Der Mensch schien sich seines Sieges recht sicher, denn offensichtlich ließ er sich von Shane keineswegs beeindrucken.

"Seid ihr soweit?", fragte der Ringrichter, was beide benickten. "Gut, dann könnt ihr noch eine Waffe wählen mit der ihr kämpfen wollt.", fuhr er fort und deutete auf eine große Holztruhe vor sich, die ein reichhaltiges Waffenangebot beinhaltete. "Nein, ich denke ich brauche keine Waffe.", wies Shane ihn kopfschüttelnd ab, sehr zur Überraschung seines Gegners. "Das solltest du dir lieber noch einmal überlegen, Kleiner.", tönte dieser arrogant von sich, obwohl er als Mönch ebenfalls waffenlos kämpfen wollte. "Danke für deine Fürsorge, aber wie wär's wenn wir einfach anfangen?", erwiderte Shane selbstbewusst. "Ganz wie du willst!", gab der Mönch verärgert zurück und ging in Kampfposition. Mit einem kurzen Ausruf gab der Ringrichter schließlich den Kampf frei.

Der Mensch staunte, denn obwohl der Kampf eröffnet war ging sein Gegner nicht in Kampfstellung. Er rührte sich nicht vom Fleck und wartete geduldig auf die Aktion des Mönches, der schließlich mit einem gezielten Schlag zum Angriff ansetzte.

Kyrens Augen weiteten sich erstaunt als Shane die Attacke mit Leichtigkeit durch seine rechte Hand direkt vor seinem Gesicht abfing. Sein Gegner konnte kaum glauben wie schnell er reagiert hatte und wirkte nun sichtlich verunsichert. "Das wird nun ein kleines bisschen weh tun.", meinte Shane zwinkernd und setzte zum Gegenangriff an, obwohl er die Faust des Mönches noch immer festhielt. Dieser wusste gar nicht recht wie ihm geschah als er auf einmal einen Druck auf seiner Brust spürte, der ihn aus dem Ring warf. Mit einer einzigen Handbewegung hatte es der junge Halbelf geschafft den Kampf für sich zu entscheiden, so dass ihn der verblüffte Ringrichter schließlich zum Sieger ausrief, während der Mönch bereits an seinem Verstand zweifelte.

Kyren war die erste die ihren Gefährten gratulierte und ihm eifrig die Hand schüttelte. "Hey, das war klasse, Shane! Das ging ja viel schneller als gedacht.", jubelte sie erfreut. Auch seine Eltern wirkten sichtlich stolz auf ihren Sohn und sahen einander lächelnd an.
 

Kurz darauf war Jáin an der Reihe, der durch seine Maskierung ein gewisses Aufsehen erregte. Sein erster Gegner war eine junge Frau mit langen braunen Haar das zu einem Zopf gebunden war. Sie wählte eine Lanze als Waffe, während er selbst, wie sein Gefährte zuvor, unbewaffnet blieb. Shane und die anderen kamen gerade noch rechzeitig am Ring an, um den Kampf als Zuschauer zu verfolgen.

"Was denn? Du glaubst wohl eine Frau könnte dich nicht besiegen.", fauchte seine Gegnerin erbost über seine Entscheidung keine Waffe zu wählen. "Nein, ich habe nur ein Problem damit solch einen entzückenden Körper mit einer plumpen Waffe zu schänden.", erwiderte er charmant, was seine Gegnerin nur noch mehr provozierte. "Dir wird ich's zeigen, du Schleimer!", tönte sie verärgert zurück. "Warte, machen wir einen Deal. Wenn ich dich besiege probieren wir aus ob wir im bei gemütlicher Stimmung nicht besser miteinander auskommen. Vielleicht kann ich dir ja noch das ein oder andere beibringen. Na, was sagst du?", flirtete er unbeeindruckt zurück, was seine Freunde kollektiv zu Boden riss. "Er kann es einfach nicht lassen.", seufzte Shane.

"Ich werde dir gleich zeigen, wer hier wen was beibringt.", rief die junge Frau sichtlich erregt und stürmte auf ihn zu. Wie wild schlug sie nach ihm, doch wich er jeden ihrer Schläge ohne Probleme aus, so dass die meisten ihrer Attacken in der Erde endeten, die sie so ganz allmählich umpflügte. Ein letzter alles entscheidender Schlag sollte ihr schließlich den Sieg bescheren, aber auch diesen entkam Jáin durch einen gekonnten Sprung. Für einen Moment verlor sie ihn aus den Augen, bevor sie ihn zu ihren erstaunen hockend auf ihrer Lanze wiederfand. "Was soll das?!", fauchte sie wütend, während er ihr einen Luftkuss zuwarf. "Mein Angebot gilt noch, Süße.", erwiderte er freundlich, während sie mit zitternden Armen versuchte sein Gewicht zu halten. "Auf gar keinen Fall, du Perversling!", gab sie rasend vor Wut zurück. "Oh, ich hoffe ich bin dir nicht zu schwer.", meinte Jáin mit Blick auf ihre zitternden Arme, so als ob er ihre Antwort gar nicht wahrgenommen hatte.

"Jáin! Mach endlich Schluss damit! Wir haben für so was keine Zeit!", schimpfte Shane ungeduldig vom Ringrand aus. "Ja, ja, schon gut. Du gönnst einen aber auch gar nichts.", grummelte er zurück und trat seiner Gegnerin im selben Moment die Waffe aus der Hand, worauf er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. "Was ...", stotterte sie verblüfft und wich etwas zurück. Bevor sie sich versah stand er schon direkt vor ihr und schuppste sie einfach aus den Ring hinaus, wo sie durch einen kurzen Gleichgewichtsverlust hinfiel. Bestürzt gingen die Arme der Frau schützend vor ihren Busen, denn Jáin hatte dabei die Gelegenheit genutzt sie kurz zu begrabschen und begann bereits gestisch erste Schätzungen ihrer Körbchengröße abzuwägen, während ihn der Ringrichter zum Sieger des Duells kürte. "Hey! Der Kerl hat mich begrabscht!", beschwerte sie sich. "Na und? Das verstößt nicht gegen die Regeln.", gab er fratzenschneidend zurück und fing sich sogleich eine doppelte Kopfnuss seiner beiden Gefährten ein, die ihn sogleich außer Gefecht setzte. "Das solltest du echt mal behandeln lassen!", schimpfte Shane kopfschüttelnd und schleifte ihn an den Füßen davon.
 

Als nächstes wollte man nach Sejya sehen, die einen 2 Meter großen Muskelprotz zum Gegner hatte, der es kaum abwarten konnte sie hart ranzunehmen. Bis auf ein paar Shorts trug er nichts und ließ seiner Muskeln in der Sonne glänzen um sie zu beeindrucken. Sejya hingegen wartete eher darauf das der Ringrichter den Kampf endlich frei geben würde, damit sie die muskelbetonenden Posen ihres Gegners nicht mehr länger ertragen musste. Beide hatten auf Waffen verzichtet.

Wieder kam man gerade rechtzeitig bei ihr an um den Kampf mitzuverfolgen. Kyren konnte kaum glauben gegen was für ein Monster von Mensch ihre Mitstreiterin da kämpfen musste. "Wow, der hat ja mehr Muskeln als Jason wenn er zum Berserker wird.", staunte sie. "Ob sie gewinnen wird?", ergänzte sie besorgt und erhielt sogleich eine eindeutige Antwort des Halbelfen. "Hey Sejya! Brich ihn bitte nicht sämtliche Knochen, ja!", rief er in den Ring, und beantwortete somit die Frage der kleinen Elfe. Kurz darauf ließ der Ringrichter den Kampf beginnen.

"Na, was ist, Kleine? Ich will dir ja wirklich nicht weh tun. Wäre besser gewesen du hättest dir eine Waffe genommen. Mädchen wie du sollten lieber zu Hause sein und beim Kochen helfen.", protzte der Muskelberg unbeeindruckt vom Zuruf des Halbelfen. Sejya jedoch blieb gelassen und verschränkte lediglich ihre Arme in der Hoffnung das es der Angeber vor ihr endlich schaffen würde anzugreifen. "Was denn? Gibst du etwa schon auf? Eine weise Entscheidung.", meinte dieser lachend. "Was ist nun, Schlaffi? Greifst du heut noch an oder musst du erst deine Mutti um Erlaubnis fragen?", provozierte sie ihn mit eiskalten Blick. Ihre Worte hatten Erfolg, denn das wollte er sich nicht bieten lassen. "Das wirst du bereuen, du Luder!", erwiderte er säuerlich und plusterte sich auf, bevor er zum Angriff überging. Ähnlich wie Shanes Gegner versuchte er es mit einem direkten Schlag ins Gesicht, den sie aber mit ihrer bloßen Hand stoppen konnte. Kyren fiel fast aus allen Wolken als sie das sah, so unglaublich wirkte es auf sie. "Das gibt's nicht! Sie hat ihn einfach so aufgehalten!", rief sie erstaunt und nahm den Gegner ihrer Mitstreiterin damit die Worte aus dem Mund. "Was?! Woher hat ein Mädchen wie du die Kraft ...", schrie er erbost als er plötzlich spürte wie der Druck auf seiner Hand zunahm, die eben noch ihr Gesicht treffen sollte. Die junge Kopfgeldjägerin agierte gnadenlos und zerquetschte, unter den Geräusch berstender Knochen, mit ihrer bloßen Hand die seinige. Ihr Gegner schrie noch vor Schmerz, da setzte sie schon zur nächsten Attacke an und trat ihn von unten mit voller Wucht in den Bauch, so dass er Meterhoch in die Luft flog. Damit war es nicht genug, denn kaum war ihr Tritt vollendet sprang sie ihm hinterher und beförderte ihn durch einen Ellenbogenschlag auf den Rücken wieder in Richtung Erde auf der er nach kurzem Sturz wie ein Meteor aufschlug. Zwar kam er noch im Ringbereich auf, doch durch seine Bewusstlosigkeit und die schweren Verletzungen erklärte man Sejya durch K.O.- Schlag zum Sieger. Die Kinnladen der Heiler, die gesehen hatten was passiert war, wollten gar nicht wieder einrasten, während Shane nur wieder den Kopf schüttelte.

"Ihr sollt euch hier benehmen. Was glaubt ihr denn wo wir seid? Das ist ein ernsthaftes Turnier.", schimpfte er Sejya, die dies gelangweilt zur Kenntnis nahm.

"Was sind das nur für Leute ...?", fragte sich der Ringrichter fassungslos als er die drei Gefährten mit Mi'lan und ihren Begleiterinnen davon gehen sah. Auch die folgenden Kämpfe gewann man mit optischer Leichtigkeit. Oft reichte ein einziger Schlag um zu gewinnen. Jáin hatte das Glück immer wieder gegen weibliche Gegner zu kämpfen, die er sogar noch während des Kampfes anbaggerte. Schon bald war man für das Viertelfinale qualifiziert, so dass man sich in Richtung Palast begab.

"Wow, ihr habt alle Kämpfe souverän gewonnen.", gab Kyren begeistert von sich, obwohl es nicht so schien als ob einen ihrer Freunde dies etwas bedeuten würde. "Ja, ein Wunder das ihr noch nicht gegeneinander antreten musstet.", stimmte Aerie zu. "Im Viertelfinale wäre es durchaus denkbar das ich einen von euch zum Gegner habe.", merkte Mi'lan ernst an. "Ja, so langsam werden die Kämpfe herausfordernder.", meinte Shane bedächtig nickend als sein Blick plötzlich auf ein letztes Duell fiel. "Seht mal!", rief er und deutete mit seinen Blick nach rechts. "Hey, da ist ja John!", sagte Kyren erstaunt als sie erkannte wer da kämpfte. Er schien einen ziemlich harten Gegner erwischt zu haben, der sich ein Krummsäbel als Waffe gewählt hatte. Er schwang seine Waffe sehr versiert, während John mit Händen und Füßen kämpfen wollte. Der Kampf schien gerade erst begonnen zu haben und neigte sich doch schon dem Ende. John war viel zu schnell und wich den ersten Schlag seines Gegners mit Leichtigkeit aus. Noch im selben Atemzug setzte er dem Duell ein Ende und beförderte seinen Gegenüber mit einem Fußkick weit aus dem Ring hinaus. Erst die Mauer sollte den Flug des Mannes bremsen, womit klar war, das auch er im Viertelfinale zu erwarten war.

Shane war klar das auch John ein nicht zu unterschätzender Gegner war, der bisher noch nicht gezeigt hatte über welche Fähigkeiten er verfügte. Seinen Gegner zu kennen war schon immer ein Vorteil, einer der bei ihn sehr hilfreich gewesen wäre. Johns Blick war unheimlich und es schien so als war er fest entschlossen dieses Turnier zu gewinnen.
 

Kurz darauf traf man gemeinsam an der Auslosungstafel für die nächste Runde ein. Es kam so wie es früher oder später kommen musste, so dass manch einer erschrocken die Augen weitete. Fassungslos raufte sich Jáin die Haare, denn seine Paarung gefiel ihm ganz und gar nicht. "Was?! Ich gegen Sejya?! Das darf doch nicht wahr sein! Das ist ja ein Alptraum!", rief er entrüstet. "Ja, ja, jammer' nicht rum. Ich werde dir schon nicht weh tun.", stichelte sie arglistig zurück. "Hast du eine Ahnung ...", seufzte er und ging enttäuscht voraus. "Was hat er denn?", wunderte sie sich und kratzte sich verwundert am Kopf.

"Puh, Shane muss gegen einen Typ namens Kallen antreten.", meinte Kyren erleichtert als sie die Auslosung analysierte. "Tja, und dieser John gegen Nel'jad, einen Samurai-Kämpfer aus den fernen Osten. Ich muss mich mit einen Typ namens Fahed messen. Damit wäre das Viertelfinale komplett.", ergänzte Mi'lan zufrieden.
 

Im Hauptsaal der Königin herrschte dichtes Gedränge unter den wenigen erlesenen Zuschauern, die größtenteils aus Adelskreisen stammten. Sie hatten sich allesamt auf zwei Sitzreihen im östlichen Teil des Raumes platziert. Die anderen Teilnehmer warteten bereits auf ihre Gegner als Shane und die anderen endlich eintrafen.

Nur Augenblicke später trat die Königin ein und nahm auf ihren Thronstuhl platz, wo sie den Fortgang des Turniers verkündete. "Ich möchte erst einmal allen Kämpfern die es bis hier hin geschafft haben zu ihrer Leistung gratulieren. Von nun an wird hier weiter gekämpft. Die Regeln bleiben jedoch die gleichen.", sagte sie mit ruhiger Stimme.

Fortan sollten die Kämpfe in einen etwas kleineren rechteckigen Ring abgehalten werden, an dessen Ecken jeweils eine Stützsäule stand. Eine blaue Linie markierte die Begrenzung, wobei die Säulen je zur Hälfte im Ringbereich standen.

Der Ringrichter ging wie üblich am Rand des Rings in Stellung, so dass der erste Kampf zwischen Jáin und Sejya beginnen konnte. Aerie und Kyren nahmen in der ersten Reihe der Zuschauerbänke platz, wo auch die restlichen Kämpfer sich niederließen um ihren Einsatz abzuwarten. Nur Mi'lan bevorzugte es sich neben die Königin zu stellen und auf sie aufzupassen solange er nicht noch nicht in den Ring musste.

"Ihr habt beide auf Waffen verzichtet. Somit ist der Kampf hiermit eröffnet.", rief der Ringrichter aus und senkte seinen Arm ab, womit er das Startsignal gab.

"Oh, man Sejya. Können wir das nicht irgendwie anders regeln?", seufzte der Dunkelelf und legte seine Hände bettelnd zusammen. "Was denn? Hast du so großen Schiss vor mir?", erwiderte sie lachend und ließ bereits ihre Finger knacken. "Du weißt ganz genau das ich dir nicht wehtun kann!", fauchte er leicht erregt zurück. "Ah ja? Warum denn? Weil ich eine Frau bin?", stichelte sie schmunzelnd zurück. "Ja, schön wär's.", murmelte er leise in seine Maskierung hinein. "Was nun? Greifst du an oder gibst du etwa schon auf?", rief sie ihm zu als er keine Anstalten machte sie zu attackieren. "Pah, ich lehne es ab gegen dich zu kämpfen.", tönte er hochnäsig zurück und verschränkte stur seine Arme, sichtlich zum Ärgernis seiner Gegnerin, die sich fluchend an Kyren und Shane wandte. "Hey! Sagt doch mal was! Der weigert sich doch glatt gegen mich zu kämpfen.", schrie sie aufgeregt und deutete auf ihren Gefährten. "Tja, vielleicht solltest du versuchen seinen Stolz ein bisschen anzukratzen.", meinte Shane schmunzelnd.

"Ja, genau!", stimmte sie ihm nach kurzer Überlegung zu und richtete sich wieder gegen Jáin. "Hey Jáin! Ich hab gehört im Bett bist du ne Niete!", rief sie ihm provokant zu, worauf es alle, selbst die Königin, aus den Sitzen haute. Jáin jedoch reagierte genau so wie geplant so das es nun doch noch zu einen Kräftemessen der beiden kommen konnte. "Was?! Das nimmst du sofort zurück oder ich beweis' dir das Gegenteil!", erwiderte er gekränkt und deutete drohend auf sie, ohne zu merken das er sie damit etwas in Verlegenheit brachte. "Was hat er da eben gesagt?", staunte sie ungläubig und weitete die Augen.

Sie hatte nicht mehr genug Zeit sich weiter darüber Gedanken zu machen, denn schon stürmte er auf sie zu. Beide kämpften extrem schnell und versiert. Mit Händen und Fußkicks versuchten sie die Oberhand über den Kampf zu gewinnen. Das Publikum kam aus dem staunen nicht mehr heraus, da die beiden Gegner sich keine Pause gönnten und unablässig weiter kämpften. Jeder einzelne ihrer Schläge und Tritte endete darin geblockt zu werden, während andere Attacken einfach ihr Ziel verfehlten.

"Sie sind gleichstark!", gab Kyren verblüfft von sich, während das Kampfgeschehen unvermittelt weiter lief. Es dauerte eine Weile bis sich die beiden Gefährten eine kleine Pause gönnten und auf Sicherheitsabstand sprangen um neue Luft zu schnappen. Im Publikum kam erstes Getuschel auf, denn man konnte kaum glauben was für einen Kampf sie geboten bekommen hatten, aber gerade Sejya, als Mädchen, schindete viel Eindruck bei ihnen. "Was ist los Sejya? Brauchst wohl ne Pause?", rief Jáin höhnisch zu ihr herüber, doch sie reagierte anderes als erwartet. "Wir beide wissen doch ganz genau das du nur mit halber Kraft kämpfst. Selbst ohne deine Zauberei wärst du mir gewachsen, also streng' dich gefälligst an!", antwortete sie mit ernsten Blick, sehr zu seiner Überraschung. "(Wie? Sie hat es gemerkt?)", wunderte er sich gedanklich.

Es war ihr ein Rätsel warum er so vorging, obwohl sie sich sicher war das es etwas mit Stolz und Taktik zu tun haben musste. Schließlich gingen beide zu einen weiteren Angriff über, der dieses Duell entscheiden sollte. Wieder begann man beiderseitig mit einer Schlagkombination, wobei Jáin nach und nach mehr mit den Beinen arbeitete. Tatsächlich gelang es ihm so Sejya in Bedrängnis zu bringen und sie mit einem gezielten Lufttritt zu Boden zu bringen. Man hatte kaum Zeit zum staunen, denn keine zwei Sekunden später stand Sejya wieder auf den Beinen, bereit es ihm heimzuzahlen. Es dauerte nicht lange und sie brachte ihn mit einem gezielten Schlag zu Boden, obwohl er ihn blocken konnte. Auf den Rücken liegend wusste er das er nur eine Möglichkeit hatte diesen Kampf für sich zu entscheiden, so dass er aufsprang und auf sie zustürmte um sich mit einem Sprungkick aus den Ring zu treten. Sejya hatte jedoch im selben Moment die gleiche Idee, so dass sie sich in der Luft trafen. Beide drohten aus den Ring zu fliegen, doch Sejya gelang es im letzten Augenblick sich mit ihrer linken Hand an einen der Eckpfeiler zu halten, während er ihn knapp verpasste und außerhalb des Rings am Boden landete. Damit war der Kampf entschieden, obwohl Jáin recht schnell wieder auf den Beinen war und erst gar nicht merkte wo er sich befand.

"Der Kampf ist entschieden! Sejya Lockwood ist die Gewinnerin!", rief der Ringrichter aus und deutete auf das Mädchen, das sich an die Säule geklammert hatte. "Was?! Oh nein!", tönte es aufgeregt von Jáin, der ziemlich enttäuscht schien, das er diesen Kampf auf diese Art und Weise verloren hatte, während Sejya ihm mit einem Siegerlächeln entgegengrinste. "Tja, nimm's nicht so hart, Jáin. Du hattest eben einfach nur Pech.", tröstete sie ihn, gut gelaunt auf Grund ihres Erfolges. Unter tosenden Beifall ließ sie sich feiern als sie den Ring verließ und obwohl sie sich äußerlich glücklich gab, so spürte sie doch ganz genau Jáins seltsamen Blick hinter ihrem Rücken. Sie fragte sich noch immer warum er nicht mit voller Kraft gekämpft hatte.
 

Der nächste Finalkampf stand bereits bevor und alle waren gespannt ob dieser das Niveau des letzten noch toppen konnte. Shane und Kallan standen sich nun im Ring gegenüber, der mit seiner gewählten Waffe, einem Dolch ziemlich siegessicher schien. Der junge Halbelf hingegen verzichtete erneut, wie er es schon das ganze Turnier über getan hatte.

Die Königin wirkte nach der letzten Vorstellung etwas nervös so dass sie sich an Mi'lan wand, der neben ihr stand. "Haben wir schon einen Verdächtigen?", fragte sie leise und unbemerkt, was er kurz benickte. "Ja, einige Ringrichter haben mir bestätigt, das der Gegner des jungen Halbelfen immer wieder auf kleinere magische Tricks zurückgegriffen hat um den Kampf zu gewinnen. Er scheint wirklich ein brennendes Interesse daran zu haben das Turnier zu gewinnen. Alle die bisher ausgeschieden sind, wurden bereits geprüft.", flüsterte er unauffällig zurück. "Ich bin gespannt wie er reagiert wenn er verliert.", ergänzte er schmunzelnd, fast so als wusste er schon wer der Sieger des Duells sein würde.

"Seid ihr bereit? Dann los!", rief der Ringrichter und eröffnete den Kampf nach Einverständnis der Teilnehmer. Kallan ließ sich keine Zeit und setzte sofort zur ersten Attacke an. Ein Dolch war eine recht unkonventionelle Waffe um ein solchen Kampf zu gewinnen, doch er wusste geschickt damit umzugehen. Shane schien das allerdings nicht zu stören, denn ihm gelang es ohne sich von der Stelle zu bewegen, jeden einzelnen der Stiche ausweichen konnte. Nach etlichen fehlgeschlagenen Attacken griff er den Arm seines Gegners und zerrte ihn ein wenig zu sich heran. "Hör zu, ich hab langsam genug von deinem Rumgefuchtel. Wenn du nicht mehr zu bieten hast beende ich den Kampf.", entgegnete er ihm leise, so dass nur die beiden verstehen konnten was er gesagt hatte. Kaum hatte er seinen Satz beendet warf er seinen Gegner zu Boden, der nun etwas perplex wirkte. "Halt ja deine Klappe, du Rotzlöffel! Du solltest mich nicht unterschätzen!", gab er wütend zurück und rappelte sich wieder auf. Dennoch wurde ihm langsam klar das der Junge ihm überlegen war. Er musste sich etwas einfallen lassen, wenn er sein Ziel noch erreichen wollte.

Sein Blick schweifte über die Schulter des Halbelfen zur Königin, die gespannt war wie der Kampf weiter gehen würde. Noch im selben Moment fiel seine Entscheidung und er setzte alles auf eine Karte. "Der hier ... ist für dich!", schrie er und warf den Dolch in Richtung seines Gegners, der jedoch nicht einmal ausweichen musste. "Pah, du zielst miserabel!", entgegnete er ihm lautstark und fing dem Dolch im Flug ab, obwohl er deutlich an ihm vorbeigegangen wäre. Shane bedachte nicht das hinter ihm die Königin saß, die sehr wohl gemerkt hatte das sie das eigentliche Ziel dieser Attacke war. Das Publikum schrak auf, denn auch sie merkten gegen wen sich diese Attacke eigentlich gerichtet hatte. Dessen ungeachtet zögerte Shane nicht um ihm seine Waffe zielgenau zurückzuwerfen. Er staunte nicht schlecht das der Dolch nicht an Kallan abprallte und ihn umwarf, sondern sich in sein Fleisch bohrte. Sein Gegner war zu langsam gewesen um den Wurfgeschoss auszuweichen und starrte nun entsetzt an die blutende Wunde in seiner linken Schulter. "Wie ...? Nein! ...", ächzte er schwächlich und brach schließlich im Ring zusammen. Shane hatte nicht gemerkt das Kallen heimlich den Schutzzauber vom Dolch entfernt hatte und sah verwirrt auf seine Wurfhand. Erst als sein Vater in den Ring lief und die Sache klärte, verstand er und das aufgebrachte Publikum was gerade passiert war.

"Nein! Es ist nicht deine Schuld. Es war nicht dein Wurf! Der Schutzzauber liegt nicht mehr auf dem Messer.", rief er und legte seine Hand auf die Schulter seines Sohnes, doch damit konnte er den Aufruhr im Publikum nicht legen. "Hört zu! Vor einer Woche wurde die Königin von einen vergifteten Pfeil getroffen. Glücklicherweise hat sie den Anschlag überlebt. Sie hat das Turnier nur veranstaltet in der Hoffnung das der Täter die Gelegenheit nutzen würde sein Werk zu vollenden. Es war von Anfang an alles unter Kontrolle.", erklärte er den Zuschauern und löste damit das Rätsel seines Verhaltens.

"Pah, ich war nicht derjenige der den Pfeil auf die Königin abgefeuert hat. Unserer gibt es viele. Die Bewegung der Rebellen wird durch meinen Tod nicht enden. Irgendwann wird es uns gelingen die Königin zu töten und die alte Ordnung wieder herzustellen, damit die Diebesgilden wieder über Starmantle herrschen können!", gab Kallen keuchend von sich, der schwer atmend am Boden lag. Er begann irre zu lachen als einige Heiler ihn nahmen und aus den Ring trugen. Bis zuletzt schwor er immer wieder das er sich rächen würde.

Nach dem ganzen Aufruhr kehrte Stille ein. Das Publikum wurde wieder ruhiger und wartete gespannt darauf was als nächstes passieren würde. "Heißt das, dass das Turnier jetzt abgeblasen wird?", fragte Kyren leicht besorgt. "Nein! Es wäre ungerecht den Kämpfern gegenüber, denn sie haben viel geleistet um bis hier her zu kommen. Das Artefakt bleibt als Siegesprämie erhalten.", widersprach Mi'lan streng und wendete sich zu seinem Sohn. "Du hast gut gekämpft, aber nun bin ich dran.", meinte er schmunzelnd und wies ihn mit einer lässigen Handbewegung aus den Ring.
 

Schließlich konnte es weitergehen und Mi'lan trat gegen Fahed, einen Säbelrassler an, der sich zwei Krummsäbel als Waffen wählte. Er selbst entschied sich für ein Langschwert, worauf der Ringrichter den dritten Viertelfinalkampf freigab. Beide Kämpfer ergriffen gleich die Initiative und stürmten aufeinander los. Schon als sie zum ersten mal aufeinander trafen war der Kampf bereits beendet, denn Mi'lan wich nicht nur blitzschnell aus, sondern durchbrach auch noch seine Verteidigung und rammte ihn sein Schwert in die Seite. Normalerweise war dieser Treffer tödlich doch dank der magischen Waffe, durchfuhr seinen Gegner nur ein magischer Blitz und riss ihn bewusstlos zu Boden. Das Publikum staunte, denn der Kampf war schon nach einen Angriff beendet gewesen. Auch Kyren und ihren Freunden, die sich vor ihr versammelt hatten fehlten die Worte. Nur Shane wirkte relativ unbeeindruckt, so als ob ihn das Resultat in keinster Weise überrascht hatte. Mi'lan lächelte zufrieden und sah zu seiner Frau herüber, die ihm ebenfalls ein glückliches Lächeln schenkte. Kurz darauf, nachdem ihn der Ringrichter zum Sieger gekürt hatte, gab er seine Waffe wieder ab und verließ den Ring,. Fahed musste wie schon der letzte Verlierer aus den Ring getragen werden, während Mi'lan duzende von ehrfürchtigen Blicken erntete. Auch er setzte sich nun zu Kyren und ihren Freunden um den nächsten Kampf aus nächster Nähe zu betrachten. "Das eben war sehr beeindruckend.", meinte Sejya, obwohl es ihr fern lag ihm damit ein Kompliment zu machen. "Wir werden sehen. Der letzte Viertelfinalkampf steht ja noch bevor.", erwiderte er nüchtern und lehnte sich etwas zurück.
 

Zu guter letzt standen sich Nel'jad und John im Ring gegenüber. Beide Kämpfer machten einen recht konzentrierten Eindruck. Nel'jad hatte wie schon das ganze Turnier über ein Katana als Waffe gewählt, während John auf Waffen verzichtete. Eine ungeheurer Anspannung lag im Ring, die jeden darum förmlich elektrisierte. "Nel'jad ist wohl einer der stärksten Kämpfer im Turnier. Dieser John sollte ihn nicht unterschätzen.", merkte Mi'lan an, bevor der Ringrichter den Kampf schließlich eröffnete.

Keiner der beiden Kämpfer rührte sich jedoch, was nicht unerheblich zum Anstieg der Spannung beitrug. Beide sahen sich nur in die Augen, fast so als wollten sie das Duell mit ihren Blicken entscheiden.

Shane schrak leicht auf als er auf einmal etwas ungewöhnliches bei John spürte, doch bevor er etwas sagen konnte nahm ihm sein Vater schon das Wort aus dem Mund. "John's Aura steigt ... er wird stärker.", sagte er bedächtig. "Merkwürdig, nicht wahr?", erwiderte Shane nüchtern, was seine Freunde etwas beunruhigte. "Dieser Typ wird mir von mal zu mal unheimlicher.", meinte Sejya mit misstrauischen Blick.

Nel'jad liefen erste Schweißtropfen von der Stirn, denn scheinbar spürte auch er das sein Gegenüber noch zulegen konnte. Seine Hand legte sich noch etwas fester um den Griff seiner Waffe, bevor er schließlich zum Angriff überging. Obwohl er flink war und sein Schlag präzise, gelang es John sich noch rechtzeitig abzuducken und seinen Gegner im selben Moment durch einen kräftigen Tritt in die Seite aus den Ring zu kicken. Wie schon bei seinen letzten Gegner konnte dieser Abflug erst von einer Wand gebremst werden. Das Publikum sprang fassungslos aus seinen Sitzen und konnte kaum glauben was sie eben geboten bekommen hatten. "Wah! Habt ihr gesehen wie schnell der war?!", schrie Kyren aufgeregt und deutete auf John. "Unglaublich - der Junge hat was drauf.", stimmte Jáin zu, während ein paar Heiler Nel'jad zu Hilfe liefen.

"Ähm ... damit heißt der Sieger John Doyle. Wir werden nun die Halbfinalpaarungen auslosen.", rief der Ringrichter aus, der selbst etwas von Johns Reaktionsgeschwindigkeit geplättet war.

Das Turnier war nun auf dem Höhepunkt angelangt, denn nun standen sich die vier besten Kämpfer im Halbfinale gegenüber ...

Folge 60: Das Amulett des Phönix

Das Turnier strebte langsam seinem Ende entgegen als die Königin die Halbfinalpaarungen bekannt gab. "Den ersten Halbfinalkampf werden Mi'lan Richardson und Shane Richardson bestreiten, den zweiten folglich Sejya Lockwood und John Doyle.", verkündete sie und setzte sich wieder auf ihren Thronstuhl. Die Konstellationen lösten allgemeine Unruhe im Publikum aus. Auch Kyren wurde etwas nervös, denn schließlich war Mi'lan ein weltweit bekannter Held und somit auch ein harter Gegner, ganz abgesehen davon dass er gegen seinen eigenen Vater kämpfen musste. "Oh, nein! Er muss gegen seinen eigenen Vater kämpfen!", gab sie enttäuscht von sich. Er hatte ihr ganzes Mitgefühl, denn sie schien zu ahnen was es für ihn bedeuten musste. Zunächst wirkte Shanes Blick noch starr vor Schock, aber nach und nach wurde er gefasster, während sein Vater von Anfang an relativ gelassen blieb. Er war eher neugierig was ihn sein Sohn, den er in jungen Jahren im Kampf ausgebildet hatte, wohl abverlangen würde.

"Wenn ich die beiden ersten Kämpfer nun in den Ring bitten dürfte.", rief der Ringrichter und geleitete sie gestisch in den Ring. Dort standen sich nun zwei entschlossene Kämpfer gegenüber, die dem Publikum eine große Show bieten sollten. Der erfahrene Mi'lan, ein bekannter und ehrenhafter Held aus vergangener Zeit und sein Sohn Shane, der die Hoffnung einer neuen Generationen von Helden mit sich trug. Keiner der beiden wirkte äußerlich auch nur im geringsten nervös, so dass es völlig offen war, wer als Sieger hervorgehen könnte. "Wollt ihr eine Waffe wählen?", fragte der Ringrichter höflich und beugte sich leicht vor. "Den Zweihänder, bitte.", tönten beiden gleichzeitig zurück und versetzen allein schon damit das komplette Publikum ins staunen, war solch eine schwere Waffe schwer zu führen, erst recht für einen 16-jährigen Jungen wie Shane.
 

Schließlich konnte der Kampf beginnen und für Shane kam die Zeit seinen Vater endlich zu beweisen was er konnte. "Dann wollen wir mal sehen wie fit du noch bist.", rief er und setzte zum Angriff an.

Kyren mochte erst gar nicht hinsehen, während ihren Gefährten fast die Augen aufplatzten. Fassungslos sahen sie mit an wie Shane seine Waffe meisterhaft gegen seinen Vater schwang. Den ersten Angriffen vermochte Mi'lan noch mit einem Schmunzeln auszuweichen, doch schließlich war auch er gezwungen seine Waffe zur Hilfe zu nehmen um einen Angriff zu blocken. "Du bist ganz schön schnell geworden, Junge.", meinte er frech grinsend und drängte ihn durch einen kleinen Stoß etwas zurück, so dass wieder Abstand zwischen den beiden herrschte. "Ich mach mich doch gerade erst warm, Vater.", erwiderte er selbstsicher und griff erneut an.

Manch einen Zuschauer fiel bei den darauffolgenden Kampfspektakel das Monokel aus dem Auge. Der junge Halbelf beherrschte seine Waffe wirklich meisterhaft, doch Mi'lan gelang es immer wieder geschickt seine Angriffe abzuwehren. Die mächtigen Klingen ihrer Schwerter trafen ein ums andere mal aufeinander und ließen dabei manch einen Funken sprühen. Shane gelang es immer mehr seinen Gegner in die Enge zu treiben, worauf der sich durch einen spektakulären Salto über seinen Sohn hinweg wieder etwas Platz verschaffte.

Der junge Halbelf verharrte einen Moment lang in seiner Position in der er Mi'lan gerade verfehlt hatte, doch dieser nutze die Gelegenheit nicht, die sich ihm bot ihn in den Rücken zu fallen. Obwohl sein Sohn mit dem Rücken zu ihm stand, wollte er lieber abwarten was er als nächstes machen würde.

Schließlich drehte er sich ihm um und geriet etwas ins Schmunzeln. "Dachte ich's mir doch. Du kämpfst absichtlich so passiv um erst einmal zu sehen wie stark ich bin, nicht wahr?", sagte Shane mit genügsamen Blick. "Gut erkannt, aber ich bezweifle auch das du mit allen Mitteln kämpfst.", erwiderte er, wohlwissend das sein Sohn eine ähnliche Taktik eingeschlagen hatte. "Nun gut, lassen wir die Aufwärmspielchen und kommen zur Sache, einverstanden?", entgegnete er ihm forsch. "Ganz wie du willst.", meinte Mi'lan nüchtern.

Kyren war sehr beeindruckt und konnte kaum glauben was ihr Gefährte da eben gesagt hatte. "Soll das heißen die beiden haben bis eben nur miteinander gespielt?", gab sie fassungslos von sich. "Oh, du würdest staunen wenn du wüsstest was für Reserven meine Männer noch haben.", merkte Aerie neben ihr kichernd an.

Shane tat nun etwas was sogar seinen Vater etwas überraschte als er eine Hand vom Zweihänder nahm und sein Schwert einen wenig ums Handgelenk drehte. "Beeindruckend! Du kannst es also tatsächlich mit einer Hand führen.", staunte er für einen Moment, tat es ihm aber schon im nächsten Moment gleich. "Du doch auch, Vater.", erwiderte er ohne sich weiter davon verunsichern zu lassen.

"Das ist unglaublich! Wie schafft er das?! Wo nimmt er nur die Kraft her?!", schrie Kyren aufgeregt und gab somit auch die Stimmung des restlichen Publikums wieder. Lediglich John verharrte kritisch dreinblickend an seinen Platz.

Mit einem kurzen Aufschrei setzte Shane schließlich zur nächsten Angriffswelle an und brachte seinen Vater damit ein ums andere mal in brenzlige Situationen. Die Kinnladen der Zuschauer streiften den Boden als sie sahen mit welchen Tempo der Knabe das nicht gerade leichte Schwert schwang. Seine Schlagkombinationen waren bissig und äußerst tückisch, so dass Mi'lan sichtlich Mühe hatte zu parieren. Der junge Kämpfer ließ nicht locker und brachte ihn somit immer mehr in Bedrängnis, bis es ihm gelang den Kampf kurzzeitig zum Stillstand zu bringen und den Zuschauern somit eine Atempause zu vergönnen.

"Das hast du nicht von mir gelernt! Wer hat dir das beigebracht?", gab Mi'lan zähnknirschend von sich und presste sein Schwert sich gegen den Druck seines Sohnes. "Das ist ein Ge-heim-nis.", erwiderte er schmunzelnd mit angestrengten Blick, bevor sich die beiden wieder ihrem Kampf widmeten.

Eine Attacke jagte die nächste, während Shanes Schlagkombination von mal zu mal gefährlicher wurden. Der Kampf der beiden wirkte sehr ästhetisch, fast wie ein Tanz, doch in Wirklichkeit war es hartes, aber faires Duell zweier Giganten am Zweihänderschwert. Nachdem ein weiterer Angriff des Halbelfen gestoppt werden konnte und die beiden Kontrahenten wieder auf etwas Abstand gingen sollte der Kampf sein Ende finden.

Der junge Halbelf atmete schwer und senkte seine Waffe langsam ab als ihm langsam klar wurde was er ihm als letztes zu tun blieb. "Gut, ich denke ... es reicht. Der Kampf ist vorbei. Ich ... gebe auf.", meinte er leicht keuchend, obwohl sein Blick noch so voller Kampfeslust war. Mi'lan war etwas erstaunt akzeptierte aber die Worte seines Sohnes und senkte seine Waffe ebenfalls. Das Publikum verstand nicht ganz, denn Shane hatte über die gesamte Dauer des Duells den Kampf dominiert und doch gab er nun auf. Stolz, fast wie ein Sieger, schritt er aus den Ring und legte seine Waffe beim Ringrichter ab, der somit Mi'lan zum Sieger kürte.

Sofort eilte Kyren zu ihm und bot ihm ein Handtuch an um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Er nahm es dankbar an und setzte sich zu ihr und seinen Gefährten hinzu. "Was ist los, Shane? Du hattest ihn doch fast gehabt!", gab Sejya verwirrt von sich und sprach damit auch für Kyren und Jáin. Er musste Schmunzeln und blickte auf seinen Vater, der noch immer im Ring stand und ihn beobachtete. "Ach was. Seht ihr das denn nicht? Ich schwitze und schnappe bereits nach Luft, und er, er steht so da als ob er sich gerade mal aufgewärmt hätte. Er kann mir nichts vormachen.", erwiderte er und warf ihm einen gewissen Blick zu damit auch er verstand warum er aufgegeben hatte. Jáin staunte über seinen jungen Mitstreiter, der eine Sache bemerkt hatte, die manch anderen entgangen war. Viel mehr wunderte ihn jedoch das Mi'lan noch so gut in Form war, obwohl Shane wirklich kein leichter Gegner im Turnierdurchschnitt gewesen war.

Tatsächlich wirkte der alte Held noch so frisch wie zu beginn des Kampfes und verließ nun unter Applaus den Ring. "Damit liegt wohl alle Hoffnung bei dir Sejya. Du musst John besiegen.", seufzte Kyren, etwas enttäuscht über die Niederlage, während sich Mi'lan zu ihnen gesellte. "Guter Kampf, mein Sohn. Ich bin stolz auf dich.", sagte er und blickte würdevoll auf ihn hinab.
 

Bald darauf standen sich Sejya und John im Ring gegenüber um den letzten Finalteilnehmer zu ermitteln. Die junge Kopfgeldjägerin wirkte angespannt, obwohl sie anfeuernde Zurufe ihrer Gefährten erhielt. Der Ringrichter hatte den Kampf kaum freigegeben da stürmte sie schon auf ihren Gegenüber zu und versuchte ihn mit einigen gezielten Schlägen in Bedrängnis zu bringen. Jeder ihrer Angriffe scheiterte jedoch an der enormen Geschwindigkeit ihres Gegners, der lässig einen Schlag nach dem anderen auswich. Sie schien John zu keinen Zeitpunkt gewachsen, der es nicht einmal für nötig hielt seine Arme einzusetzen, welche er vor der Brust verschränkt hielt. Seine Mimik war kalt, ja sogar fast gelangweilt, während Sejya bis an ihre Grenzen ging. Mit einem einfach Fußkick verschaffte sich John schließlich etwas Abstand von ihr und brachte sie zu Boden.

"Hör lieber auf dich zu blamieren. Tu es deinen Gefährten gleich. Du siehst doch das du mir nicht gewachsen bist.", rief er ihr zu. Diese Worte stachelten sie jedoch nur noch mehr an, so dass sie sich rasch wieder aufrappelte. Sie hatte selbst bemerkt das sie bisher schlecht gegen ihn gewirkt hatte, doch so leicht wollte sie sich nicht geschlagen geben. Ihr fiel auf das John nicht weit vom Ringrand entfernt stand. Es lag nahe den Versuch zu wagen ihn aus den Feld zu stoßen um den Kampf zu gewinnen. Mit einen kurzen Aufschrei packte sie das Unterfangen an und lief auf John zu, der unbeeindruckt an Ort und Stelle verharrte um schließlich im entscheidenden Augenblick auszuweichen, ihr ein Bein zu stellen und ihren Angriff in einem Desaster enden zu lassen.

Mit der darauf folgenden unsanften Landung wollte sie sich jedoch nicht begnügen und sprang sofort wieder auf um sich zu rächen. "Na, warte! Dich mach ich fertig!", schrie sie erbost. "Wie denn? Du hast doch schon verloren.", gab John arrogant zurück. "Wie? Was redest du da?!", fauchte sie mit erhobener Faust. "Sieh mal nach unten, Mädchen.", erklärte er nüchtern und deutete auf ihre Füße. Sejyas Augen weiteten sich fassungslos als sie merkte das sie nach ihren letzten Angriff aus dem Ring gefallen war. Die Linie war zum greifen nah, doch sie hatte sie um zwei Fuß überschritten.

"Oh nein!", rief Kyren traurig und hielt sich die Hände vors Gesicht. "Verdammt!", ergänzte Jáin wütend und traf damit auch die Stimmung seines Gefährten, dessen Mimik das gleiche sagte. "Jetzt ist alles aus.", meinte er enttäuscht und senkte den Kopf. Das Publikum schien fast enttäuscht, verlief dieser Kampf doch viel unspektakulärer als der vorherige.

"Der Sieger ist damit John Doyle!", rief der Ringrichter aus und beendete somit sämtliche Siegeshoffnungen von Shane und seinen Freunden. Für Mi'lan war somit die Zeit gekommen das Finale anzutreten. Gemächlich erhob er sich von seinen Platz neben seiner Frau Aerie, die ihm ein motivierendes Lächeln schenkte.

Er kam jedoch zunächst nicht bis zum Ring als sich ihm Kyren plötzlich mit ausgestreckten Armen in den Weg stellte. Ihre Augen wirkten verzweifelt und zugleich auch traurig. Er verstand nicht recht was sie von ihm wollte, wartete aber ab um zu hören was sie zu sagen hatte. "Warten Sie bitte noch einen Augenblick, Herr Mi'lan!", sagte sie demütig. "Kyren!", rügte sie Shane, doch sein Vater ließ durch eine kurze Geste vermerken das es in Ordnung war. "Würde es Ihnen etwas ausmachen uns das Amulett zu vermachen falls Sie gewinnen sollten?, fragte sie hoffnungsvoll. Mi'lan begann auf ihre Frage etwas zu schmunzeln und tätschelte ihr auf den Kopf. "Natürlich könnt ihr das Artefakt haben. Ihr seid Freunde meines Sohnes und ich wüsste eh nicht was ich damit anfangen sollte.", antwortete er mit freundlichen Blick und erntete sich somit eine herzliche Umarmung der kleinen Elfe ein, die ihr Glück kaum fassen konnte. "Danke! Sie sind sehr nett!", erwiderte sie unter kleinen Freudentränen. Shane musste lächeln als er sie so sah und aus irgend einen Grund war er schon gar nicht mehr böse wegen ihrer kleinen Dreistigkeit.
 

Kurz darauf konnte das Finale schließlich beginnen. Die Zuschauer waren höchst gespannt und beide Kämpfer hatten den Ring bereits betreten. John schien zu allem bereit, während Mi'lan die Ruhe selbst war. Beide entschieden sich das Finale ohne Waffenhilfe auszutragen, worauf der Ringrichter den Kampf frei gab.

"Nun denn, alter Mann, lass uns kämpfen!", rief John selbstbewusst und griff als erster an. Mit einer Schlagkombination, die ihres gleichen suchte, setzte er Mi'lan, so gut er konnte zu, doch dieser blockte einen Schlag nach dem anderen mit Leichtigkeit ab. Ähnlich wie beim Kampf mit Shane verhielt er sich äußerst passiv und wartete ab was sein Gegner als nächstes tun würde. Es bedurfte nur einen schnellen Konter um John etwas zurückzustoßen, ohne das er merkte wie ihm überhaupt geschah.

"Was zum ...?", grummelte er und hielt sich den Bauch, bevor ihn Mi'lan das Wort nahm. "Was ist mit dir? Du kämpfst nicht mit voller Kraft. Ich spüre doch ganz genau das du noch Reserven hast.", entgegnete er ihm gelassen. "Was?! Du solltest mich nicht unterschätzen!", fauchte er erzürnt zurück. Sein einst so kühler Blick füllte sich mehr und mehr mit Hass, denn so einfach wie er sich diesen Kampf vorgestellt hatte, wurde er nicht.

"Spürt ihr das?! John wird tatsächlich stärker.", merkte Shane fasziniert an. "Dieser Kerl wird mir immer unheimlicher.", gab Kyren mit mulmiger Miene von sich als sie sah das sich eine mächtige Aura um ihn herum aufbaute.

"Du wirst es noch bereuen mich herausgefordert zu haben!", drohte John wütend und setzte zu einer weiteren Attacke an. Mit einer ungeheuren Geschwindigkeit stürmte er auf Mi'lan zu und setzte ihn mit etlichen Schlägen zu, denen er jedoch allen ohne größere Anstrengung ausweichen konnte, obwohl er ihn zunächst bis zu einer der Säulen zurückdrängen konnte. "Was wird das? Du kämpfst immer noch nicht mit voller Kraft.", entgegnete ihm Mi'lan noch während seiner Angriffe und erzürnte ihn somit immer mehr. "Halt endlich das Maul!", schrie er erbost zurück und setzte ihn mit einen wahren Bombardement von Fußtritten zu.

Die Zuschauer konnten den Angriffen schon gar nicht mehr folgen, so rasant prasselten seine Tritte auf Mi'lan ein, der sich einfach wegduckte und zur Seite auswich. Nicht nur Kyrens Atem stockte als die Mitte der Säule vor der Shanes Vater eben noch gestanden hatte zu Staub zerfiel, da sie von Johns Tritten förmlich pulverisiert wurde. John setzte weiter nach und versuchte das Ausweichmanöver mit einem Fußtritt zu beenden. Er verfehlte sein Ziel zwar, verursachte damit aber einen solchen Windstoß das es manch einen Zuschauer den Hut vom Kopf oder das Kleid hoch riss. Das Publikum staunte fassungslos über die gewaltige Windprise, die sogar den Ringrichter ins wanken gerieten ließ.

"Hey! Pass gefälligst auf was du machst! Das Publikum ist nicht dein Gegner!", schimpfte Mi'lan leicht verstimmt als der Kampf gerade eine kurze Pause einlegte. "Halt dein Maul! Von dir lass ich mir gar nichts sagen!", fauchte er zornig zurück, womit auch die Miene von Shanes Vater etwas ernster wurde.

"Was ist nun? Du hast deine Kräfte zwar gesteigert, aber du kämpfst immer noch nicht auf deinen Maximum. Wenn du mich besiegen willst hast du aber keine andere Wahl als alles zu geben.", erwiderte er mit strengen Blick, was sein Gegner zähneknirschend zur Kenntnis nahm. Wieder ging er auf den einstigen Helden los und setzte ihn mit allen was er bieten konnte zu. Obwohl Mi'lan nun nicht mehr mit Leichtigkeit mit ihm zurechtkam wirkte er im Kampf nach wie vor klar überlegen. Schließlich wich er den letzten Angriff seines Gegners auf recht spektakuläre Art und Weise aus. Das Publikum traute seinen Augen kaum als er auf einmal über John schwebte, der sicherhaltshalber ein paar Schritte zurück trat, sich aber nur wenig beeindrucken ließ.

"Dein Vater ist ja wirklich unglaublich! Dabei war John bisher so stark gewesen!", staunte Kyren, die gebannt das Kampfgeschehen verfolgte.

"Wenn du glaubst das du mich damit beeindruckst, hast du dich aber ganz schön geschnitten.", tönte John mit finsterer Mimik und entschwebte zum entsetzten aller ebenfalls in Richtung Decke.

"Das gibt's nicht! Der kann auch schweben!", rief Sejya fassungslos, während Mi'lan sich nur minder geschockt zeigte und in aller Ruhe wieder zur Landung ansetzte. John hingegen blieb in der Luft und setzte zur nächsten Attacke an, die Mi'lan jedoch perfekt konterte und ihn somit kurz zu Boden brachte.

"Sei nicht dumm! In der Luft bist du viel unbeweglicher und leichter auszurechnen als auf dem Boden.", meinte er und deutete strafend auf ihn.

"Glaubst du das er John besiegen kann?", fragte Kyren Shane hoffnungsvoll, der ihr relativ gelassen entgegenschmunzelte. "John hat keine Chance.", antwortete er mit sicheren Blick. "Woher weißt du denn das?", wunderte sie sich. "Glaubst du denn wirklich das mein Vater auch nur eine Sekunde lang befürchtet hat, das ich ihn besiegen könne. Er hat doch selbst gegen mich nicht mal mit halber Kraft gekämpft, wenn überhaupt mit ein Drittel seines Potentials. Ich bin zwar auch nicht bis zum Äußersten gegangen, aber das hätte am Ausgang auch nichts mehr geändert.", erklärte er. "Woher weißt du ...?", wollte sie gerade fragen als er ihr schon die Antwort gab. "Glaub mir, ich kenne meinen Vater lange genug. Ich hab schon so oft mit ihm trainiert das ich sehr wohl weiß wie stark er noch immer ist wenn es darauf ankommt.", sagte er ohne dabei allzu rühmlich zu klingen. "Aber wie ist das möglich? Er ist doch schon ... etwas älter. Ich dachte er hat die Essenz Bhaals damals abgegeben. Woher kann er die Kraft nehmen?", meinte sie ungläubig. Sein Blick fiel auf Aerie, die das Gespräch scheinbar nicht mitbekam. "Weißt du, es ist die Liebe. Die Liebe zu meiner Mutter die solche Kräfte in ihn geweckt hat. Als er damals seine Bhaalessenz und ein Großteil seiner Kräfte einbüßte, fühlte er sich schwach. Er hatte Angst er könnte meine Mutter und seine baldige Familie nicht mehr so gut beschützen wie früher. Deshalb ist er immer wieder herumgereist und hat sich all die Fähigkeiten die ihm das Bhaalblut gab auf andere Art und Weise angeeignet. Er hat sich oft geschunden und gequält, aber liebte und liebt meine Mutter so sehr, das er alles dafür tat und tun würde um sie zu beschützen.", erzählte er, worauf es ihr ganz warum ums Herz wurde. "Das ... das ist irgendwie ... romantisch, finde ich.", seufzte sie lieblich und schloss die Augen als sie Aerie auf einmal in das Gespräch einschaltete. "Ja, so ist es. Selbst das Alter spielt keine Rolle mehr für ihn. Ihm wurde als Retter von Suldanessalar die Ehre zu teil einen Bund mit dem Baum des Lebens zu schließen, wie wir Elfen. Deshalb lebt er auch genauso lange wie wir, damit ihn die menschliche Lebensspanne nicht allzu bald von mir trennen kann.", ergänzte sie lächelnd.
 

John war indessen fast so weit auch seine letzten Reserven zu mobilisieren als seine Augen auf einmal kurz zu Kyren und ihren Freunden schweiften. Ihm war klar, das er nur unter einer Bedingung seine volle Kraft einsetzten konnte, doch er wusste dass, wenn er dies tun sollte, seine Pläne dahin wären. "Pah ... das ist es mir nicht wert.", meinte er mit verbissener Mimik und ging aus seiner Angriffspose heraus. Mi'lan wunderte sich, denn ihm war nicht entgangen das er kurz auf die junge Abenteurergruppe geblickt hatte. Er fragte sich wo der Zusammenhang zwischen ihnen und seiner Aufgabe war.

"Soll das heißen ... Sie geben auf?", fragte der Ringrichter vorsichtig und beugte sich etwas vor. "Ja, das tue ich.", erwiderte er schroff und verließ den Ring. "Na gut ... dann ... damit steht der Sieger des Turniers fest! Es ist Mi'lan Richardson!", fuhr der Ringrichter fort.

Überglücklich sprang Aerie auf und applaudierte, wie auch der Rest des Publikums. Sie alle hatten einen großartigen Kampf und ein großartiges Turnier gesehen. Unter Beifallhymnen ging Mi'lan schließlich zum Thron der Königin und kniete sich vor ihr nieder um geehrt zu werden.

"Mi'lan, Ihr habt mit Mut, Kraft und Geschick bewiesen das Ihr es würdig wart das Turnier zu gewinnen. Ich gratuliere euch hiermit herzlich zum Sieg.", sagte sie voller stolz und legte ihm einen Siegerkranz um, worauf er sich wieder erhob. "Habt Dank.", erwiderte er geschmeichelt. "Ich weiß natürlich das ihr mein Angebot ablehnen werdet meine persönliche Leibwache zu werden, aber dennoch würde ich Euch gerne mit diesem Artefakt belohnen.", fuhr sie fort und ließ sich eine kleine Holzschachtel von einen ihrer Diener herbeireichen. Kyren und ihre Freunde lugten neugierig nach vorn um zu sehen was wohl darin sei, aber das Kästchen war geschlossen und so blieb ein Einblick zunächst verwehrt. "Ich fühle mich sehr geehrt, aber ich würde dennoch vorschlagen dies den Jungen zu geben der das Attentat auf euch verhindern konnte. Ihm gebührt es mehr als mir.", schlug er demütig vor, womit er nicht nur Shane überraschte. "Nun gut, es sei so wie Ihr es wünscht.", stimmte die Königin nach kurzer Bedenkphase zu und bat den jungen Halbelfen zu sich heran.

"Tja, John, sieht so aus als ob du am Ende mit leeren Händen dastehen würdest.", stichelte Jáin den zweitplatzierten des Turniers geschickt, der ebenfalls geblieben war um zu sehen welches Artefakt sich in dem Kästchen verbarg. Dennoch ließ ihn seine Bemerkung relativ kalt, fast so als ob es ihn gar nicht interessierte was darin war.

Dankbar nahm Shane den Preis entgegen und lief damit zu seinen Gefährten, wo er ihn vor versammelte Meute öffnete. Tatsächlich glänzte ihnen etwas goldenes in Form eines Amulettes entgegen als er den Deckel anhob, so dass sich die Augen der vier erfreut weiteten. Lediglich John sah dem ganzen recht misstrauisch entgegen und ließ sich nicht vom Glanz des Goldes blenden. "Herzlichen Glückwunsch. Ihr habt das Amulett des Phönix gewonnen.", gratulierte die Königin mit freundlichen Blick.

Die Stimmung trübte schnell als John sich plötzlich abwendete und ohne weitere Umschweife den Saal verließ. "Hey, wo willst du denn hin?", fragte Kyren erstaunt. "Warum sollte ich bleiben? Hier hält mich nichts mehr. Viel Spaß noch mit der Fälschung.", rief er zurück ohne sich ihr zuzuwenden, sehr zum entsetzten der vier Abenteurer. "Fälschung?", gaben sie verwundert zurück. "Wie kann er sich so sicher sein das es eine Fälschung ist?", fragte sich die kleine Elfe am Kopf kratzend.

Einen Moment herrschte Ratlosigkeit, bevor sich Jáin auf einmal an eine wichtige Sache erinnerte, während er John beim verlassen des Raumes nachsah. "Der Weiße Falke ist nicht gekommen.", meinte er nüchtern. "Ja und? Das kann uns doch freuen.", erwiderte Kyren, was ihn ein paar mal verneinend den Kopf schütteln ließ. "Nein, der Weiße Falke war bisher immer in der Nähe wenn wir eines der Artefakte gefunden haben. Es wäre nicht logisch, wenn er jetzt nicht kommen würde. John weiß das, denn er hatte es von Anfang an nur auf diesen Meisterdieb 1-1-2 abgesehen.", erklärte er, woraufhin die Königin seine Vermutung bestätigte. "Euer maskierter Freund hat recht. Das ist eine Fälschung, aber eine original getreue Nachbildung des echten Amuletts. Es beherrscht auch einige magische Fähigkeiten, aber ist bei weiten nicht so mächtig wie das Original.", stimmte sie einsichtig zu. "Aber ... wo ist dann das Original?!", fragte das Elfenmädchen aufgeregt.

"Es liegt hier in Starmantles Katakomben verborgen. Es gibt einen verfluchten Ort in den Gruften von Starmantle an den sich keiner mehr wagt der bei klaren Verstand ist. Niemand der dort hingegangen ist, ist je wieder zurückgekehrt.", erwiderte sie mit mahnender Stimme. "Dann müssen wir dahin!", meinte Shane entschlossen und wollte schon aufbrechen als ihn sein Vater plötzlich an der Schulter packte. "Nein! Dieser Ort ist wirklich sehr gefährlich!", sagte er mit strengen Blick und hielt ihn zurück. "Keine Sorge, wir haben bis jetzt noch jeden Gegner geschlagen, Vater.", wollte er ihn beschwichtigen, aber ohne Erfolg. "Auf diesem Ort liegt ein Fluch, Shane! Und selbst wenn du dich dem entziehen solltest gibt es dort noch einen Wächter.", ergänzte er mit unveränderter Mimik. "Einen Wächter?", fragte Sejya misstrauisch. "In den Legenden hat er viele Namen, doch die Leute hier in Starmantle nennen ihn Le Fú, den schwarzen Fuchs.", erklärte Mi'lan. Er wusste zwar das Shane ein ziemlicher Sturkopf war, doch er hoffte das er seinen Rat annehmen und nicht gehen würde.

"Der schwarze Fuchs? Hmm ... ich denke wir sollten auf deinen Vater hören.", meinte die junge Kopfgeldjägerin schließlich. "Wieso denn? Ich hätte nicht gedacht das du vor jemanden Angst hast.", protestierte Shane. "Ich habe schon viele Geschichten von diesen schwarzen Fuchs gehört und glaub mir, der ist kein Zuckerschlecken. Da kämpfe ich lieber gegen Dämonen.", gab sie ungerührt zurück. "Und was sollen wir stattdessen machen? Wir brauchen das Artefakt doch!", widersprach Kyren enttäuscht. "Wir müssen uns wohl darauf verlassen das der Meisterdieb seinen Namen alle Ehre macht. Wenn er dann den Ring will werden wir sicher noch einmal die Gelegenheit haben ihn die anderen abzunehmen.", merkte Jáin an.

Langsam sah man ein das man kaum eine andere Wahl hatte als zu warten, wenn dieses Verließ sogar Sejya verschreckte.
 

Niemand ahnte das sich bereits jemand in die finsteren Katakomben aufgemacht hatte um sich das Amulett zu holen. Es war Diron, der begleitet von einem kleinen Lichtzauber, in den unterirdischen Gängen von Starmantle umherwanderte. Sein Schritt war gemächlich und sein Blick ließ nicht einmal die Spur von Angst erkennen. Der allgegenwärtige Gestank des Todes stach in seine Nase, aber selbst Skelette und Leichen früherer Abenteurer an den Wänden schreckten ihn nicht davon ab zielstrebig auf ein Licht am Ende des Ganges zuzugehen. Er kannte die Gefahren dieses Gemäuers nur zu gut, hatte er sie doch lange Zeit zuvor aus alten Büchern studiert. "(Wenn Licht und Dunkel sich vereinen, dann wird das Amulett des Phönix dir erscheinen, doch am Ort bist du verkehrt, wo man den Mantel nicht verehrt.)", schallte Grays Stimme immer wieder durch seinen Kopf, der sich an diesem Rätsel vergeblich versucht hatte. Diron hingegen kannte die Antwort und wusste das sich Licht und Dunkel am Sternenhimmel vereinen, während ihm der Rest des Spruches zeigte das er in Starmantle zu suchen hatte.

Schließlich kam er in einer großen Halle an in deren Mitte ein kleines Podest stand. Auf ihm lag das Amulett das er suchte. Nahe an den Wänden standen Säulen, die das nächste Stockwerk über ihn hielten, in dem es von Gängen nur so wimmelte. Er konnte problemlos einige Etagen über sich blicken, da seine Etage die einzige war, die kein riesiges Loch in der Bodenmitte hatte. Vom höchsten Punkt des Raumes strahlte ein Licht genau auf das Amulett hinab. Es kümmerte ihn scheinbar nicht ob Fluch oder Feind an diesem Ort auf ihn lauerten, wenn gleich er vor dem Podest wachsam inne hielt. Für einen Moment lauschte er in die Stille der Hallen als er auf einmal das knirschen zweier Zahnreihen vernahm. "Le Fú.", dachte Diron leise vor sich hin, fast so als hatte er darauf gewartet. Schmunzelnd sah er auf das Artefakt hinab und griff danach, scheinbar ohne der schattenhaften Gestalt im Stockwerk über ihn weiter Aufmerksamkeit zu schenken.

"NEIN!", kreischte der Fremde lauthals von oben hinab als Diron es an sich riss und sprang rasend vor Wut zu ihm hinab. Le Fú stellte sich als ein äußerst beleibter Mann mit Zylinderhut heraus, doch wusste Diron das er ihn nicht zu unterschätzen hatte.

Blitzschnell zog Le Fú zwei merkwürdig gebaute Waffen unter seinen breiten Mantel hervor und zielte damit auf den Nekromanten der abwartend an Ort und Stelle verharrte. Erst im letzten Moment wich er den Geschossen aus die er aus dessen Pistolen abgefeuert hatte. Zwei heftige Explosionen erschütterten die Stelle an der der Magier zuvor noch gestanden hatte, womit klar war das Le Fú mit diesen Waffen schwer zu besiegen sein würde. Diron suchte zunächst Schutz hinter einen der Säulen an den Wänden und resümierte gedanklich über seinen Gegner. "Nicht schlecht. Er feuert Explosivgeschosse mit Hilfe von Schießpulver ab.", analysierte er die Lage, während Le Fú immer weiter ballerte und alles zerschoss was nicht niet und nagelfest war.

"Wahhh! Gib es wieder her! Es ist meins!", schrie er mit irren Ton und zerstörte einer Säule nach der anderen, die wie Glas zersplitterten. Auch die Säule hinter der Diron sich versteckt hatte ereilte diese Schicksal, doch der Nekromant stellte sich als äußerst widerspenstiger Gegner heraus und wich seinen fatalen Geschossen immer wieder aus. Ihm war klar, das wenn sie ihn trafen, sie ihn zerfetzen würden. Le Fú schoss unbändig weiter auf ihn und lachte irre vor sich hin, womit der Magier kaum eine Chance hatte einen Zauber zu Gegenwehr abzufeuern. "Verdammt! Die Geschosse sind fast so schnell wie ich!", gab er ächzend von sich, als er kurz Schutz in einer Staubwolke fand.

Le Fús Angriffe gingen unvermittelt weiter und erschütterten die ganze Halle, doch auch er sollte bald merken das ihm Diron überlegen war, als dieser auf einmal direkt vor ihm auftauchte und ihm einen Faustschlag verpasste, wodurch er etwas zurückgeworfen wurde. Nun hatte er die Zeit die er brauchte um ihn einige Zauber entgegenzuwerfen und feuerte diese gnadenlos auf ihn ab. Seine Miene verfinsterte sich als er merkte das jeder einzelne von einer Art Schutzschild, das sich um Le Fú aufgebaut hatte, abgefangen wurde. Dieser zögerte nicht lange und Sinnte auf Rache. Wieder griff er unter seinen Mantel und tauschte seine Bewaffnung aus. Diesmal waren seine Pistolen etwas größer, wie auch ihre Schadenswirkung. "Stirrrrrrrb! Stirrrrrrb!", fauchte der beleibte Mann, der ganz offensichtlich nicht bei Sinnen war und feuerte weiter auf den Zauberer. Wie ein Gummiball sprang er durch die Etagen den nach oben flüchtenden Diron hinterher.

"Wenn der so weiter macht stürzt hier bald alles ein!", grummelte dieser mit angespannten Blick, während schon die nächsten zwei Geschosse auf ihn zurasten. Sie verfehlten ihn erneut, wenn auch nur knapp. Obwohl die Lage für Diron äußerst brenzlig war, behielt er stets einen kühlen Kopf. Ihm war klar das nur der Tod des Irren ihn endlich etwas Ruhe verschaffen konnte, so dass er beschloss der Sache ein Ende zu bereiten.

"Zeit dieses Spielchen zu beenden.", dachte er still vor sich hin und fixierte seinen Blick auf Le Fú, der ihn kurz aus den Augen verloren hatte. Dieser wusste gar nicht wie ihn geschah als Diron plötzlich hinter ihm auftauchte und ihn seinen Arm in den Rücken rammte. Seine Augen weiteten sich geschockt als sich die Hand des Nekromanten durch seinen Körper bohrte und sein Herz zerfetzte.

Schließlich ließ er wieder von ihm ab und ließ ihn zu Boden stürzen, während er noch einen Moment lang über ihn schwebte. Ausdruckslos sah er auf den toten Körper seines Angreifers herab, bevor er zu ihm zu Boden schwebte. Le Fú zuckte noch etwas, wie ein Fisch, den man aus seinen Element genommen hatte. Blut floss über den Boden und breitete sich rasend schnell aus.

"Du warst also der gefürchtete Le Fú. Nicht schlecht ... der Fluch hat wirklich ganze Arbeit geleistet.", sprach er zu ihm hinab, während die Blutlache immer mehr anwuchs. "Zeit dich von deiner dreihundertjährigen Existenz zu erlösen.", ergänzte er und setzte dem Leben des wimmernden Mannes ein Ende, indem er seinen Schädel mittels eines Zaubers zerschoss.

Ohne weitere Worte verließ er schließlich den fast völlig zerstörten Ort auf dem gleichen Weg wie er gekommen war. Mit Hilfe des Amulettes, so wusste er, würde er einen großen Schritt in Richtung Sieg voran machen können. Eine davonflatternde Fledermaus war das letzte die die Ruhe dieses Ortes störte.
 

Nach dem großen Kampfturnier hatte Shane endlich die Zeit die er brauchte um sich mit seinen Eltern auszusprechen. Zusammen mit seinen Freunden hatte man es sich in einen der vielen Zimmer des Schlosses bequem gemacht und erzählte von den Abenteuern die man in letzter Zeit erlebt hatte. Kyren hatte ihn schon lange nicht mehr so fröhlich gesehen. Sie erinnerte sich noch zu gut wie das Verhältnis zu seinen Eltern war als sie sie kennen lernte. Erst als er durch Belluzcius aus ihren Leben gerissen worden war, merkten sie das sie ihren Sohn noch immer liebten, egal wie viel er für seine Schwester empfand. Er genoss es nun sichtlich wieder bei ihnen zu sein. Niemand merkte das Kyren von mal zu mal stiller und betrübter wurde, denn das Schicksal ihrer Eltern lag noch immer im Unklaren. Sie vermisste sie so sehr, dass sie, während Mi'lan gerade eine seiner alten Geschichten erzählte, plötzlich aufstand. "Entschuldigt mich ... ich ... ich muss kurz etwas frische Luft schnappen.", sagte sie mit kurzer Verbeugung und verließ das Zimmer, sehr zu Verwunderung der anderen. Auch wenn sie es Shane gönnte, so konnte sie das Bild einer glücklichen Familie nicht länger ertragen ohne immer wieder an ihre eigene zu denken.

"Hab ich etwa etwas falsches gesagt?", wunderte sich Mi'lan, nachdem sie das Zimmer verlassen hatte. "Kyren ...", dachte Shane etwas besorgt vor sich hin, da ihm nicht entgangen war welch trauriger Ausdruck in ihren Gesicht lag als sie gegangen war. Stille beherrschte für einen Moment die Runde, bis Aerie ihren Sohn einen kleinen Ellenbogenstups gab. "Na los, geh ihr schon nach.", meinte sie mit einem lieblichen Lächeln. "Ich? Wieso denn ich? Sie ist doch nur ...", erwiderte er mit naiven Blick "Sie freut sich sicher über etwas Gesellschaft da draußen.", unterbrach sie und zwinkerte ihm zu.
 

Es war etwas kalt draußen geworden, so dass sich die kleine Elfe wärmend an den Armen rieb. Sie hatte sich auf einer der vielen Treppenstufen vor dem Haupteingang des Palastes niedergelassen und blickte ziellos über ihre angewinkelten Knie hinweg.

"Ist alles in Ordnung?", tönte auf einmal vorsichtig eine Stimme hinter ihr. Sie war etwas überrascht das sich Shane zu ihr gesellte, antwortete aber nicht. Er wollte sich mit ihren Schweigen nicht zufrieden geben und beschloss sich neben sie auf die selbe Stufe zu setzen. Für einen Moment tat er so als ob er die Frage gar nicht gestellt hatte und streckte seine Beine aus, während er in den Himmel sah an dem mehr und mehr Wolken aufzogen. "Tut mir Leid.", sagte er plötzlich ohne ihr zu versuchen in die Augen zu sehen. Kyren wunderte sich weswegen er sich bei entschuldigte und fragte nach. "Was tut dir denn Leid?", staunte sie verdutzt, womit er es geschickt eingefädelt hatte sie in ein Gespräch zu vertiefen. "Es muss sicher sehr schwer für dich sein nicht zu wissen was mit deinen Eltern ist ... und ich ... ich feiere mein Wiedersehen mit meinen, ohne daran zu denken wie es dir wohl dabei gehen mag.", erwiderte er nachdenklich. "Aber das muss dir doch nicht Leid tun, Shane. Wenn, dann bin ich Schuld. Ich habe dir die Stimmung vermiest.", protestierte sie und löste sich aus ihrer trauernden Haltung. "Gar nichts hast du vermiest. Das ist doch nur natürlich was du fühlst.", meinte er und wendete sich ihr zu. "Ich vermisse sie so schrecklich. Und es ist alles meine Schuld. Ich hätte damals Suldanessalar nicht verlassen dürfen.", gab sie traurig, begleitet von ein paar kleinen Tränen in den Augen von sich. Der stechende Schmerz in ihren Herzen, der bei diesen Gedanken aufkam, verschwand jedoch plötzlich als Shane sie sanft in den Arm nahm. "Hey, es gibt nichts was du dir vorzuwerfen hast. Woher hättest du denn wissen sollen was passieren würde? Und wenn die Gestalt in deinen Träumen recht hat, dann siehst du deine Eltern ja auch bald wieder, wenn wir den Phönix rufen.", tröstete er sie. Wie schon so oft fand sie an seiner Schulter ein Gefühl von Geborgenheit wieder. Er war stets wie ein großer Bruder zu ihr und auch wenn er ihre Familie nicht ersetzten konnte, so gelang es ihm wenigstens sie von ihrer Trauer zu befreien.

"Vertrau mir. Wir werden es bestimmt schaffen alle Teile zusammen zu tragen und dann wird alles wieder gut.", ergänzte er mit aufmunternden Blick. Kyren durchfuhr ein merkwürdig warmes Gefühl als er das sagte, das ihr, gemischt mit ihrer aufkeimender Hoffnung, neuen Mut und Zuversicht gab. Der schöne Moment endete jedoch, als sich plötzlich eine ihnen altvertraute Stimme in ihr Gespräch einmischte. "Wenn ihr alle drei Teile zusammentragen wollt solltet ihr euch etwas einfallen lassen. Euren Feind ist es gelungen das Amulett das Phönix an sich zu reißen.", sprach eine Gestalt am unteren Ende der Treppenstufen, die ihr Gesicht unter einer langen Kapuze versteckte, worauf die beiden von einander abließen. "Diese Stimme ...", dachte Kyren laut vor sich hin, denn sie war sich sicher sie nicht zum ersten mal gehört zu haben.

"Wer bist du?", fragte Shane misstrauisch und stand auf. "Nur eine einsame Seele die auf den Pfaden der Nacht wandert.", erwiderte der Fremde poetisch und zog von dannen. "Hey, warte!", rief ihm Shane hinterher.

Gerade als er ihm nachsetzen wollte, streckte der umhüllte Mann seinen rechten Arm nach ihm aus und warf ihm ein Zaubergeschoss entgegen. Es war nicht allzu stark, jedoch heftig genug um den jungen Halbelfen zurückzuhalten, der seine Arme schützend vor sein Gesicht hielt. Nur einen Moment später war die Gestalt verschwunden und die Gefahr vorbei.

"Shane!", rief Kyren aufgeregt, den es scheinbar ganz und gar nicht passte das der mysteriöse Mann entkommen war. "Verdammt, er ist weg. Wer war der Typ bloß?", ärgerte er sich. "Ich ... ich bin mir nicht sicher ...", gab Kyren zaghaft zur Antwort, obwohl sie sich sicher war Gerrards Stimme erkannt zu haben. Sie wusste nicht ob es klug war ihm das zu sagen, denn der Vampir war für ihn nicht mehr vertrauenswürdig als John. Sie jedoch hatte bereits die Gelegenheit gehabt ihn etwas näher kennen zu lernen und traute seinen Worten.

"Wir ... wir sollten reingehen und den anderen davon erzählen.", schlug sie schließlich vor. "Ja gut, in Ordnung.", erwiderte und suchte noch einmal mit seinen Augen die Gegend nach dem Fremden ab.
 

Ihre Freunde sahen nicht gerade begeistert aus als sie ihnen von den Geschehnissen berichteten. Auch Mi'lan wirkte etwas beunruhigt und äußerte sich dementsprechend. "Dadurch hat sich eure Situation nicht gerade gebessert. Das macht alles nur noch unnötig komplizierter.", meinte er und legte nachdenklich ein paar Finger an sein Kinn. "Wenn Mogul wirklich in den Besitz dieses Artefaktes ist, haben wir ein Problem. Er brauch es bloß für sich behalten und wir werden den Phönix nie rufen können.", resümierte Jáin seufzend.

"Mogul?", gab Aerie auf einmal stutzig von sich als der Name fiel. "Ja, das ist der Name der immer wieder in Kyrens Visionen auftaucht. Kennt Ihr ihn etwa?", erwiderte er mit fragenden Blick. "Ähm ... nein, ich glaube nicht. Ich fand nur das dies ein sehr merkwürdiger Name ist. Ich dachte dies sei eine Adels-Bezeichnung aus den fernen Osten, aber ich habe den Namen schon einmal gehört.", meinte sie und verkrampfte in Nachdenklichkeit, bevor es sie wie ein Blitz durchfuhr. "Genau! Im Buch der Legenden ist von einen Mann Namens Mogul die Rede. Er müsste vor etwa 5000 Jahren gelebt haben. Er war ein großer Held in seiner Zeit und kam aus den fernen Osten. Im Volk war er vorwiegend wegen seiner Abstammung unter den Namen Mogul bekannt. ", erzählte sie, worauf Kyren ihre Bedenken äußerte.

"Ja, wir haben bereits etwas ähnliches gehört, aber wenn er ein Mensch war kann er unmöglich so lange überlebt haben. Nicht einmal wir Elfen werden so alt. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen das da ein direkter Zusammenhang besteht. Ihr sagtet doch selbst er war ein Held. Unser Gegner hingegen plant wahrlich nichts heldenhaftes.", erläuterte sie nickend.

Das Gespräch endete als plötzlich eine Wache der Königin in das Zimmer hereinkam und Mi'lan bat unverzüglich mitzukommen. "Mi'lan, Ihr sollt euch unverzüglich zur Königin begeben. Es ist ein Notfall eingetreten. Folgt mir bitte.", sprach sie und deutete bereits an sofort wieder gehen zu wollen. "Ein Notfall? Klar - ich komme sofort.", entgegnete er prompt und folgte der Bitte. "Warte, wir kommen mit.", rief Shane ihm hinterher, nahm seinen Zweihänder vom Bett und ging ihm mit den anderen nach.
 

Das leicht betrübte Gemüt der Königin beruhigte sich allmählich als sie bei ihr im Thronsaal ankamen. "Welch ein Glück das Ihr noch hier seid. Eure Hilfe wird dringend benötigt.", entgegnete sie Mi'lan als er vortrat. Sein Blick feil zunächst auf eine Elfin, die nahe der Majestät stand. Ihr langes blondes Haar und ihr hübsches Gesicht ließ Jáin verzücken. Sie war in typischer Elfentracht gekleidet sowie mit einem Bogen auf ihren Rücken bewaffnet. Es war genau diese Elfe die daraufhin an ihn herantrat und ihre Bitte vortrug. "Seid gegrüßt. Ich bitte um eure Hilfe, werter Mi'lan. Mein Name ist Sylviann und ich komme gerade durch ein Portal aus Telpir. Die Stadt wird angegriffen und steht unter schweren Beschuss. Die Angreifer sind uns zahllos überlegen und werden schon bald alles zerstört haben, wenn es so weiter geht.", sagte sie in einen recht nüchternen und doch verzweifelten Ton. "Was sagt Ihr da?! Angegriffen? Von wem denn?", gab er fassungslos zurück. "Ich weiß nicht wer unsere Angreifer sind. Telpir liegt mit niemanden im Konflikt. Es kam völlig überraschend.", meinte sie, unwissend wirkend.

Einen Moment lang sah er der schönen Elfe in ihre flehenden Augen und überlegte was er tun sollte, bis er schließlich zu einem Entschluss kam. "Natürlich fühle ich mit Euch, aber ...", sagte er als Jáin ihn plötzlich unterbrach und sich Sylviann fast vor die Füße warf. "Haltet ein! Meine Gefährten und ich würden uns geehrt fühlen wenn Ihr uns Bitten würdet Euch zu helfen.", meinte er in charmanten Ton und nahm ihre Hand, sichtlich zur Überraschung seiner Freunde. "WAS?!", staunten diese synchron mit geweiteten Augen.

"Wie?! Doch nicht etwa diese drei?! Das sind doch noch Kinder!", gab Sylviann stutzig zurück, doch Mi'lan beruhigte sie schnell. "Nun ... ich versichere Euch das sie mich würdig vertreten würden.", merkte er zuversichtlich an und bekam dabei unverhoffte Unterstützung von der Königin. "Es ist wahr, Sylviann. Sie haben sich außergewöhnlich gut auf einen kürzlich veranstalteten Kampfturnier geschlagen. Ich bin mir sicher sie könnten eine große Hilfe sein.", stimmte diese zu.

Trotz dieser Worte stand Shane dem ganzen recht skeptisch gegenüber und auch Aerie wirkte verunsichert. "Ihr wollt da wirklich hin? Aber es könnte gefährlich werden.", warf Sylviann besorgt ein, nicht wissend das Jáins einzige Motivation darin bestand, die schöne Elfe früher oder später zu verführen. "Warum nicht? Wir sind gute Kämpfer und können mit jeder Situation umgehen. Außerdem liegt Telpir im Osten. Von dort bietet sich sicher eine Schiffüberfahrt nach Thay an.", meinte er selbstsicher, noch immer die Hand der Elfe haltend. Erst Sejya, die ihm beherzt am Ohr packte und davon zerrte brachte ihn wieder zur Besinnung zurück. "Sag mal, kannst du nicht ein mal mit deinen Kopf denken?!", schimpfte sie verärgert, bevor Shane sie überraschend unterbrach. "Nein, warte. Er hat vielleicht gar nicht so unrecht. Telpir hat ja wirklich einen Hafen und sicher auch Schiffe die uns nach Thay bringen würden. Außerdem frage ich mich ob nicht vielleicht unser Feind hinter diesen Angriffen steckt.", merkte er an und entspannte somit die Lage. "Euren Mut in Ehren, aber ich glaube nicht das ich drei Kinder und einen Maskierten an meiner Seite brauchen kann.", mischte sich Sylviann ein.

Kyren wurde etwas ängstlich zu Mute bei den Gedanken daran das Mogul und seine Schergen für das Chaos in Telpir verantwortlich sein könnten, aber genau dies gab ihr auch die Motivation dem nachzugehen. Sie wusste, wenn dort wirklich Moguls Truppen wüteten, dann gab es keine bessere Möglichkeit mehr über den schrecklichen Kriegsherr herauszufinden als dort hin zu reisen.

"Wartet! Mag sein das wir nicht die Hilfe sind die Ihr euch erhofft habt, aber es wäre uns wichtig wenn ihr uns trotzdem mit dort hin nehmt! Vielleicht können wir am Ende ja sogar wirklich helfen.", rief sie mit entschlossenen Blick und trat ein paar Schritte vor. Shane war erstaunt, denn solch eine Reaktion hätte er von ihr gar nicht erwartet. Nun lag es in Sylvianns Hand das Risiko einzugehen sie mitzunehmen oder nicht. Eine Weile blieb sie stumm und starrte unentwegt auf das kleine Elfenmädchen, bis sie zur Antwort kam. "Ich weiß zwar nicht warum ihr glaubt mir helfen zu können, aber aus irgend einen Grund denke ich das ich euch trauen kann und ihr uns helfen könnt.", sagte sie schließlich mit einen kleinen Lächeln auf den Lippen. "Wir werden Sie nicht enttäuschen.", rief Jáin, mit nach oben ausgestreckten Arm. "Das kann ja was werden. Jetzt sind wir also unter die Söldner gegangen.", grummelte Sejya neben ihm, schloss sich dem Unterfangen jedoch an.

"Gut, dann folgt mir zum Portalraum. Das Portal wird nicht ewig geöffnet sein.", wies sie Sylviann an. "Einverstanden. Ich möchte mich nur noch kurz verabschieden.", erwiderte Shane und wendete sich seiner Mutter zu.

Sie sah es nicht gern sich schon wieder von ihm trennen zu müssen und ihn in Gefahr zu wissen. Es stimmte sie etwas traurig und doch lächelte sie ihm Verständnisvoll entgegen. "Ich verstehe dich, Shane. Versprich mir nur auf dich aufzupassen und heil wieder zurück zu kehren wenn alles überstanden ist.", sprach sie bevor er überhaupt nur ein Wort herausbringen konnte. Ein letztes mal vor Aufbruch sollte er eine Umarmung durch ihre Arme spüren. "Versprochen.", gab er mit frechen Blick zurück als ihm sein Vater auf einmal von hinten auf die Schulter fasste. "Sieht so aus als müssten wir uns schon wieder verabschieden.", meinte er recht nüchtern, worauf er sich ihm zuwendete. "Vater ... ich ...", stotterte etwas verunsichert, bevor er ihn unterbrach. "Nein, du brauchst dich nicht zu erklären. Du sollst nur noch wissen, das egal was passiert ist, ich immer stolz auf dich sein werde.", erwiderte Mi'lan.

Es waren Worte die sich Shane schon so lange Zeit gewünscht hatte zu hören, so dass in diesen Moment ein kleiner Traum für ihn in Erfüllung ging. Er zeigte sich gerührt, aber dann doch entschlossen auch weiterhin sein bestes zu geben und für die Gerechtigkeit zu kämpfen, so wie sein Vater einst.

"Vater, ich möchte dir noch etwas geben, bevor ich gehe.", sagte er und nahm Carsomyr ab. "Es liegt mir sehr viel daran das du es wieder nimmst. Es soll in die Hand seines rechtmäßigen Besitzers zurück.", ergänzte er und reichte es ihm hin. Mi'lan zeigte sich überrascht, wie auch die Gefährten des jungen Halbelfen. Schließlich war es sein einziges Andecken an seine Schwester, doch es bedeutete ihm scheinbar wirklich viel dass sein Vater es nahm. "Aber ...", wollte er widersprechen, bevor er merkte wie wichtig es seinem Sohn war. Er verstand welchen Wert es hatte, welche Geste er damit zum Ausdruck bringen wollte und nahm es schließlich an.

"Gut, gehen wir.", entgegnete er seinen Freunden schließlich und machte sich mit ihnen und Sylviann auf dem Weg zum Portalraum, der nur eine Tür weiter lag.

Der Raum war nicht minder kleiner als der vorherige und ebenfalls in Weiß gehalten. Ein mit Runen bestückter Halbkreis aus Metall in der Mitte stellte das Portal dar, von dem die Elfe bereits gesprochen hatte. In ihm flackerte ein helles blaues Licht, das fast wie eine Flüssigkeit wirkte. Kyren war beeindruckt vom Anblick des Portals obwohl sie bereits einmal ein ähnliches gesehen hatte. Ein letztes mal hielt man inne bevor man den entscheidenden Schritt wagen wollte. Gerade noch rechtzeitig erreichte Shane der Ruf seines Vaters. Verwundert drehte er sich um und sah wie er ein Schwert, samt Halterung in seinen Händen hielt. Auch Aerie und die Königin stand mit einigen Wachen bei ihm.

"Hier, Shane! Das ist für dich! Es stammt zwar aus einer Rumpelkiste und ist auch schon etwas alt, aber ich bin mir sicher das du seinen wahren Wert noch zu schätzen wissen wirst.", entgegnete ihm Mi'lan und warf es ihm samt Halterung zu. Ohne Probleme fing er es auf und sah dankend zurück. "Vielen Dank, Vater. Ich werde es in Ehren tragen.", rief er gerührt.

Von nun an sollte ein bronzenes Schwert sein ständiger Begleiter sein, das er auf den Rücken mit sich trug. Noch einmal wank man sich fröhlich zum Abschied zu, bevor man im Portal verschwand.

Aerie wirkte etwas trübselig nachdem ihr Sohn gegangen war, doch Mi'lan wusste sie schnell aufzuheitern. "Du kannst wirklich stolz auf ihn sein oder hast du je von einen Jungen in seinen Alter gehört, der da schon fast eine Legende war?", merkte er lächelnd an und legte seinen Arm um sie. Sie wussten nicht was ihn erwartete, aber was immer es war, sie waren sich sicher, dass er damit fertig werden würde.

Folge 61: Aufstieg einer Legende

Obwohl zwischen Starmantle und Telpir viele hundert Meilen lagen dauerte die Reise durch das Portal dorthin nicht mehr als ein paar Sekunden. Am Ziel angekommen erwährte sich recht schnell der Eindruck das die Lage ernst war. Obwohl man in einem kellerähnlichen Geheimversteck herauskam, drang das Schlachtgeschrei bereits deutlich hindurch.

"Wir sind da.", merkte Sylviann nüchtern an. "Und ... wo sind wir?", fragte Jáin, der gerade seine neue Umgebung musterte. "Wir sind im zweiten Erdgeschoss eines alten Lagerhauses einer Händlergilde - einer der wenigen Orte die bisher noch nicht geplündert oder entdeckt wurden.", erklärte sie, während sich die anderen noch etwas umsahen.

"Kommt! Wir haben nicht viel Zeit.", rief die Elfenkriegerin und ging voraus. "Hach, ich liebe diesen befehlshaberischen Ton.", liebsäulselte der Dunkelelf und machte sich eiligst daran ihren Worten folge zu leisten. "Warum kann er nicht ein mal mit seinem Kopf denken?!", grummelte Sejya mürrisch vor sich hin.
 

An der Oberfläche angekommen wurde erst das ganze Ausmaß der Zerstörung klar. Überall stiegen Rauschschwaden auf, Häuser standen in Brand, andere wiederum waren fast bis auf die Grundmauern zerstört. Selbst das Lagerhaus aus dem man kam war teilweise eingestürzt und die Straße auf der man stand war überall aufgerissen.

"Man, hier sieht es ja aus wie im Krieg.", staunte Jáin, der dabei unbewusst seine Maskierung herunternahm. "Du wirst es nicht glauben, aber seit dem Angriff ist nicht mal eine Stunde vergangen.", erwiderte Sylviann die seinen Fehler noch nicht bemerkt hatte. "Oh nein, wie schrecklich!", rief Kyren schockiert, beim Anblick all der Zerstörung und brachte Sylviann unbewusst dazu sich zu ihr und den anderen umzudrehen. "Ich weiß sowieso nicht was ein Kind wie du ... eh ... was zum ...", entgegnete sie ihr, brach aber abrupt ab als ihr auf einmal Jáins entblößtes dunkelhäutiges Gesicht ins Auge stach. Bevor der sich versah war ihr Bogen geladen und auf seinen Kopf gerichtet. "Verrat! Einer von euch ist ein Dunkelelf!", fuhr sie mit böser Stimme fort.

"Nein! Wartet!", riefen seine drei Gefährten synchron und warfen sich wie Bodyguards vor den Drow, sehr zur Verwunderung der Hochelfe. "Nicht schießen! Er ist ein guter Drow, so wie der legendäre Drizzit.", rief Kyren mit geweiteten Augen und herumfuchtelnden Armen, worauf sie ihren Bogen etwas absenkte.

"Ja, genau. Er ist auf unserer Seite, glaubt uns.", stimmte Sejya eifrig nickend zu, wurde aber prompt zurückgewiesen. "Ich vertraue keinem Menschen ... ... aber dem Wort einer Elfe.", gab sie mürrisch zurück, was Sejya sichtlich verstimmte. "Irgendwie scheint selbst Eure Toleranzgrenze ein wenig chaotisch!", fauchte sie in ihrer temperamentvollen Art zurück.

"Schluss jetzt! Wir sind nicht zum streiten hier.", tönte Shane schlichtend dazwischen und beendete somit den Disput. Er hatte recht, denn schon im nächsten Moment war klar das man größere Probleme als alte Vorurteile hatte.

"Leute, ich glaube wir kriegen besuch.", merkte Jáin auf einmal an und deutete hinter sich. Sein Daumen wies auf eine Gruppe von Angreifern, die bereits ihre Schwerter zogen. "Verdammt! Man hat uns entdeckt!", meinte Sylviann überrascht.

"Na, wen haben wir denn da? Aufständische!", tönte einer der Angreifer hervor. Sie alle trugen die selbe Uniform, die jedoch keinen legitimen Königreich oder Herrscher zugeordnet werden konnte.

"Ob das Moguls Leute sind?", fragte Kyren leicht verängstigt. "Kann ich mir nicht vorstellen, es sei denn es sind Söldner.", antwortete Shane nachdenklich. Sylviann verstand nicht wie die jungen Abenteurer nur so ruhig bleiben konnten, aber ihre Konzentration wollte sie in den nächsten Momenten nicht damit verschwenden darüber nachzudenken. Ihr war klar, dass ein Kampf unausweichlich war, sofern man nicht die Flucht ergreifen würde.

"He he, nur ein paar Kinder - leichte Beute!", lechzte einer der Soldaten bereits. "Verdammt! Die schaffen wir nicht alle auf einmal!", meinte Sylviann mit angespannter Miene. Sie war schon kurz davor zu bereuen solche junge Abenteurer mitgenommen zu haben, da erhob Sejya ihre Stimme.

"Was glaubt ihr wie viel das wohl sind?", wollte sie wissen, während ihre Augen kampfeslustig aufblitzten. "Zehn oder zwölf Kämpfer, schätze ich.", erwiderte Jáin, der nur flüchtig hinübersah. "Dann will ich mal nachzählen!", entgegnete sie hochmotiviert und setzte an auf die Angreifer zuzustürmen. Zunächst bemerkte sie nicht dass sie auf der Stelle trat bis sie schließlich die Hand ihres dunkelhäutigen Gefährten im Kragen spürte. "Nicht so schnell, Fräulein. Das knobeln wir schön brav aus.", rügte er sie und zerrte sie zurück.

"Was?! Seid ihr denn von Sinnen?!", schrie Sylviann erstaunt, fassungslos über das Verhalten ihrer Mitstreiter, während Shane, Jáin und Sejya zusammentraten. "Tsching, Tschang, Tschung - Stein - Schere - Papier!", tönte es von den Dreien, während sie ihre Hände entsprechend der Spielregeln zum Einsatz brachten.

"Was machen die denn da?!", wunderte sich die Elfenkriegerin am Rande des Nervenzusammenbruchs. "Tja, so sind sie nun mal. Sie können sich nicht anders einigen.", erwiderte Kyren, sich verlegen am Hinterkopf kratzend.

"Was soll das werden?!", rief einer der Soldaten ungläubig, die allesamt den gleichen Gesichtsausdruck wie Sylviann hatten. Nur einen Augenblick später hatten die drei Abenteurer einen Sieger ihres Spieles.

"Schere.", sagte Shane, wie auch Sejya deren Hände den gespreizten Zeige- und Mittelfinger zeigten. "Stein.", entgegnete Jáin breit grinsend, dessen Hand zur Faust geballt war.

"So ein Mist! Der Elf hat gewonnen!", ärgerte sich die junge Kopfgeldjägerin vor sich hingrummelnd.

"Das meinen die doch nicht ernst, oder?", gab Sylviann verblüfft von sich und deutete auf Kyrens Gefährten, die ihr jedoch nickend bestätigen musste das sie es ernst meinten.

So war es Jáin der sein Schwert zog und sich den Angreifern entgegenstellte. Noch einmal ließ er die Klinge seines Schwertes vor seinen Augen vorbeiziehen um schließlich in Kampfhaltung zu gehen. Er war sich sicher das es nicht viel schwerer werden dürfte als seine Kämpfe mit den anhänglichen Kopfgeldjägern.

Bevor einer seiner Gegner überhaupt realisierte was geschah griff er an und ließ sein Schwert, begleitet von Schnittgeräuschen, durch die Reihen gleiten. Seine Schnelligkeit und Wendigkeit war ernorm, so dass keiner seiner Gegner dazu kam auch nur einen Schlag abzuwehren. Es dauerte nur ein paar Wimpernschläge da hatte er ihre Reihen passiert und kam hinter ihnen wieder zum stehen.

Sylvianns nach unten hängender Kiefer zeigte deutlich wie beeindruckt sie war. Sie konnte kaum glauben was sie eben gesehen hatte und war sich sicher jeden Moment den Verstand zu verlieren. Ihr ging es nicht anders wie den Soldaten die geschockt an ihren Körpern hinabsahen, während Jáin sich ihnen zuwendete.

Sein Blick verfinsterte sich jedoch schlagartig als er merkte das keiner seiner Gegner zu Boden ging. "Das kann doch nicht sein! Ich habe jeden schwer getroffen und die stehen immer noch!", dachte er beunruhigt vor sich hin. Auch seine Freunde kamen schnell zu dieser Erkenntnis und blickten misstrauisch auf die Scharr von Männern, die noch recht konfus wirkte. "Was ist, Shane? Hat Jáin sie etwa alle verfehlt?", fragte Kyren verwundert, doch der Blick ihres Gefährten verriet ihr schon das etwas nicht stimmte.

Langsam begannen sich die Soldaten wieder zu sammeln, so dass es so schien als ob es doch etwas schwerer werden könnte als man erwartete. "Moment mal! Sind das nicht ...", rief einer der Männer und deutete auf Kyren und Shane. "Verdammt! Das sind die ...", bestätigte ihm ein anderer. "Wie sind die so schnell hier her gekommen?", fragte ein weiterer Gefährte. "Los, sofort weg hier! Wir dürfen uns nicht von denen erwischen lassen!", befahl ein anderer, worauf sie schlagartig die Flucht ergriffen und genauso schnell verschwanden wie sie gekommen waren.

"Was ... was war das denn jetzt?", stotterte Sejya verwundert. "Die schienen vor irgendetwas panische Angst gehabt zu haben.", merkte Sylviann an, womit sie offenbar gar nicht so falsch lag. Jáins finsterer Blick lag nun auf Shane und Kyren, die noch nicht recht verstand was gerade passiert war. "Rede, Shane! Warum sind die vor dir und Kyren abgehauen?", rief er ihm zu. "Ehrlich gesagt, das wüsste ich auch gerne.", antwortete er nachdenklich.

Sein Gefährte schien unzufrieden mit dieser Antwort und musterte sein Schwert. "Kein Blut ... nicht ein einziger tropfen Blut auf meinem Schwert.", sagte er und ging zurück zu seinen Freunden, bevor er seine Waffe wegsteckte. "Vielleicht waren es ja doch welche von Moguls Männern.", meinte Kyren. "Ich hoffe ... du hast recht.", erwiderte Shane kühl, den mehr und mehr ein ungutes Gefühl beschlich.

Immerhin hatte das ganze ein gutes, denn Sylviann hatte nun so viel Vertrauen in die Abenteurer das sie sich sicher war, dass man effektiver sein würde, wenn man eine neue Strategie einschlagen würde. "Ich schlage vor wir teilen uns bis auf weiteres auf. Ich bleibe bei dem Dunkelelfen und der Menschin. Ihr wartet hier besser und sichert die Position.", meinte sie und wies die junge Elfe mit einen strengen Blick in die Schranken. "Aber ... aber warum soll ich nicht ...", wollte sie protestieren, kam jedoch nicht dazu ihr Anliegen zuende vorzutragen. "Bei aller Achtung vor euren Fähigkeiten - ein kleines Mädchen hat meiner Erfahrung nach nichts an solchen Orten verloren.", widersprach sie ihr prompt.

"Kyren ist eine gute Heilerin und ihre Magie ...", merkte Shane an, sich für seine Gefährtin einsetzend, aber auch ihm entriss sie das Wort. "Das ist mir egal - Kinder haben im Krieg nichts verloren! Du bleibst bei ihr, damit sie nicht alleine zurück bleiben muss.", unterbrach sie ihn mit harten Tonfall. "Hey, warum sollte ich auf Euch hören?!", beschwerte er sich beleidigt. Sylvianns Reaktion war nicht ganz die, die er erwartet hatte, denn ihr recht befehlshaberischer Ton änderte sich auf einmal schlagartig. Sie näherte sich ihm ein paar Schritt und legte einen Arm auf seine Schulter. "Weil ich dich darum bitte.", erwiderte sie mit sanfter Stimme und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. Jáin und Sejya drohten vor Fassungslosigkeit ihren Kiefer im Boden zu verlieren und sahen sich ungläubig an. Kyren hingegen schien innerlich zu zersplittern als sie mit verzweifelten Blick hilflos mit ansehen musste wie sie ihm einen Kuss gab. Ein Gefühl von Angst machte sich in ihr breit, ein Gefühl das sie vor einiger Zeit schon einmal gespürt hatte, wenn gleich es nie lange blieb. Shane wirkte etwas konfus und nicht minder gerötet, kaum in der Lage irgendwas zu sagen was einem Wort glich. "Sei ein braver Junge und höre auf die Erfahrung einer 127-jährigen Elfe, ja?", ergänzte sie in einen lieblichen Ton und tätschelte ihm kurz aufs Haar.

Nur einen Moment später ging sie voran um mit seinen Gefährten in die Schlacht zu ziehen. Der junge Halbelf stand noch eine ganze Weile wie geschockt da, bis er merkte das Kyren auf ein paar Worte aus seinen Mund wartete. "Sie .... sie hat mich wie einen kleinen, dummen Knaben behandelt! Das ist doch nicht zu fassen!", sagte er entrüstet und deutete ihr nach, was seine Gefährtin glatt von den Füßen riss. "Was glaubt die eigentlich wer sie ist?!", grummelte er mit verschränkten Armen, tat aber zunächst nichts um ihren kleinen Wunsch zu gefährden. "Und was machen wir nun?", fragte Kyren vorsichtig. "Hm ... ich würde sagen wir folgen ihnen, aber so, dass sie uns nicht bemerken.", erwiderte er mit einem frechen Schmunzeln im Gesicht.
 

Der Ausflug ins Kampfgebiet wurde für Jáin und Sejya zu einen recht langatmigen und langweiligen Fußweg. Zwar fand man überall auf den Straßen Verletzte und Tote der Schlacht, aber von etwaigen Angreifern fehlte jede Spur.

"Hey, ich bin nicht hier um mir die Stadt anzusehen - wo sind denn die ganzen Angreifer?!", moserte der Dunkelelf verstimmt und auch Sylviann hatte bereits Bedenken. "Ich finde das auch merkwürdig ... vorhin haben wir sie doch noch klar und deutlich gehört. Es scheint fast so als seien sie aus der Stadt geflüchtet.", erwiderte sie verwundert. "Aber das macht doch keinen Sinn. Warum sollten sie denn auf einmal abhauen wo sie dem Sieg so nahe sind? Wir haben gerade mal eine Hand voll von Euren Soldaten gesehen die überhaupt noch kampffähig waren.", meinet Sejya misstrauisch.

Der Zufall schien es gut zu meinen, denn ein herbeitrottender Soldat, der sich entkräftet auf seinem Schwert stützte, konnte vielleicht ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Erschöpft blieb er vor den dreien stehen und versuchte seine Schmerzen zu unterdrücken.

"Hey, alles in Ordnung? Was ist passiert? Wo sind die Angreifer?", fragte die Elfin drauf los. "Ah, Lady Sylviann. Ihr scheint zu spät zu kommen. Unsere Angreifer haben sich vor wenigen Minuten komplett aus der Stadt zurückgezogen.", berichtete er mit schwacher Stimme. "Heißt das ihr habt sie zurückgeschlagen?", fragte sie nach. "Nein, sie waren viel zu viele. Ich weiß nicht warum sie ihren Angriff abgeblasen haben. Nur ein paar Söldner von denen streunen noch durch die Stadt und plündern die Häuser.", tönte er schwächelnd zurück. "Was ist mit Euch? Braucht ihr Hilfe?", fragte sie besorgt nach, doch er wies sie zurück. "Nein, ich denke komme schon klar.", keuchte er. "Gut, geht trotzdem zum Lazarett. Wir werden uns um die verbliebenen Söldner kümmern.", entgegnete sie ihm und wies ihm die Richtung in die er gehen musste.

"Wenn man vom Teufel spricht.", gab Sejya kurz darauf von sich, die sah wie sich ihnen eine Gruppe Söldner näherte. Jeder einzelne wirkte wie ein ernstzunehmender Gegner und doch entschloss sich Jáin ihnen alleine entgegen zu treten. Indem er seinen rechten Arm kurz zur Seite ausstreckte hielt er seine Mitstreiter zurück und näherte sich den Angreifern schließlich allein. "Jáin! Das ist doch nicht dein ernst!", rief ihm Sejya verwundert nach, aber er schien entschlossener denn je. Mutig streckte er der Meute sein Schwert entgegen und forderte sie zum Kampf. "Ihr habt zwei Möglichkeiten - entweder ihr redet und sagt mir wer eure Verbündeten sind, oder ihr werdet alle durch diese Klinge sterben.", entgegnete er ihnen mit passender Mimik.

"Er kann das doch unmöglich alleine durchziehen!", schrie Sylviann hinter ihm. "Schon gut, das ist bei den Dunkelelfen so. Er liebt diese Herausforderungen. Er ist ein sehr stolzer und fähige Krieger. Ihm helfen zu wollen würde seinen Stolz verletzen. Lieber würde er in der Schlacht sterben.", beruhigte sie die Elfenkriegerin mit zuversichtlichen Blick.

"Gegenangebot, Drow! Wir reden nicht und schneiden dich in feine Scheibchen!", tönte einer der Söldner zurück. "Abgelehnt.", erwiderte er prompt und griff an. Diesmal sollte der Kampf etwas schwieriger werden, denn obwohl er den ersten Söldner relativ schnell erledigt hatte, gelang es dem nächsten seinen Schwerthieb mit seiner Waffe abzuwehren. Trotz allen schmunzelte Jáin und erledigte auch sein zweites Opfer, das ihm zuvor noch siegessicher entgegen gegrinst hatte, mit einen weiteren Schwertschlag.

Schnell stürzten sich nun auch die anderen auf ihn und versuchten verzweifelt mit seinen Können mitzuhalten. Es verschlug Sylviann die Sprache, aber es gelang ihn einen nach dem anderen zu erledigen und sich aus jeder brenzligen Situation zu befreien. Auch seinen letzten Gegner stand die Angst ins Gesicht geschrieben, obwohl es ihm gelang das Schwert des Dunkelelfen zu blocken. Nur einen Moment später sollte auch er erliegen und mit einer kurzen Drehung zu Boden fallen. Als Jáin diesmal seine Klinge betrachtete war sie mit Blut getränkt, so dass er sie zufrieden mit einem Tuch abwischte und wegsteckte. Dem Siege sicher entging ihm das sich einer seine Gegner noch einmal hinter seinen Rücken aufstemmte und eine hinterhältige Attacke startete. Zu spät hörte er Sejyas panischen Ruf, die ihn noch warnen wollte. "Jáin! Pass auf! Hinter dir!", schrie sie lauthals und eilte ihm so schnell sie konnte zu Hilfe, doch auch sie konnte nicht verhindern das der Söldner sein Schwert durch Jáins Rücken stieß, das ebenso seinen Bauch durchbohrte. Der Schock über den plötzlichen Schmerz war zu groß als das er hätte reagieren können. Als seine immer kleiner werdenden Pupillen die Spitze des Schwertes aus seinen Bauch herausragen sah, war ihm klar was passiert war.

Mit voller Wucht trat seine Gefährtin den Meuchler gegen den Hals und schleuderte ihn somit mehrere Meter davon. Obwohl dieser Tritt mit Sicherheit tödlich war, kam er zu spät um Jáin zu retten der nun langsam zu Boden sank. Sie reagierte schnell und zog ihm das Schwert heraus, obwohl ihr klar war das dies nichts wesentliches an der Lage ändern würde. Vorsichtig legte sie ihn auf den Boden, während Sylviann herbeigeeilt kam.

"Verdammt ... ich hab's verbockt ...", ächzte er mit schwacher Stimme und blinden Blick. "Nein! Jáin! Nicht! Halt durch! Du darfst jetzt nicht sterben!", schrie die junge Kopfgeldjägerin den Tränen nah und griff seinen Beutel. "Halte durch - ein Heiltrank und du bist wieder auf den Beinen!", fuhr sie aufgeregt fort und löste das Band vom Beutel. "Lass gut sein. Es ist nicht deine Schuld. ... ein Heiltrank hilft mir nicht mehr.", erwiderte er und schüttelte leicht den Kopf während ihm etwas Blut aus dem Mund lief. "Was?! Was erzählst du denn da?", fragte Sejya ungläubig.

"Er ... er hat recht, Mädchen. Das Schwert hat sicher seinen Darm zerfetzt. Sein Verdauungssystem arbeitet nicht mehr. Ein Trank würde überhaupt nichts bringen.", gab Sylviann stellvertretend zur Antwort. "Nein! Jáin!", schrie das junge Mädchen erneut und packte ihm am Kragen als er langsam begann seine Augen zu schließen. Jáin jedoch spürte bereits das es mit ihm zu Ende ging, so dass er beschloss die Zeit die ihm blieb zu nutzen, um sich ihr zu erklären. "Du ... du wolltest doch wissen warum ich beim Turnier ... beim Turnier nicht alles gegeben habe ...", hustete er mit sanfter Stimme und versuchte sie so etwas zu beruhigen. "Es lag daran ... das ich dich ... irgendwie mag und dir nicht wehtun wollte.", fuhr er mit schwächer werdender Stimme fort. Sejya traute ihren Ohren nicht und noch weniger den Gefühlen die sie gerade empfand, so dass sie leicht gerötet aufschrak. Seine Stimme verstummte und seine Atmung wurde schwer, was sie noch an den Rand der Verzweiflung trieb. Niemals wollte sie akzeptieren das der erste Junge, der sie so mochte wie sie war vor ihren Augen wegsterben würde. "Nein! Nicht sterben! Halte durch! Hörst du?! Kyren ... Kyren wird sicher gleich hier sein und dann kann sie dich heilen! Bitte! ...", flehte sie weinend und griff immer tiefer in seine Kleidung. Ihre Hoffnung auf ein Wunder erlosch, doch gerade in diesem Moment ertönte eine Stimme, von der sie nie gedacht hätte froh zu sein sie zu hören. "Jáin!", rief Shane besorgt als er seinen Gefährten in der Ferne in einer Blutlache am Boden liegen sah. Neben ihn stand die letzte Hoffnung die der tapfere Dunkelelf noch hatte, die kleine Elfin namens Kyren.

Schnell war sie bei ihm und setzte einen starken Heilzauber auf seine Wunde an. Ihre Handflächen, die über seiner Wunde lagen, glühten hell auf und es stand ihr ins Gesicht geschrieben das es sie sehr anstrengte.

"Wie ... wie konnte das passieren?!", fragte Shane aufgeregt. "Er hat ... nur einen Moment lang nicht aufgepasst ... ich habe nur einen Moment zu lang gezögert ...", antwortete Sejya mitgenommen und senkte ihren Kopf trauend nach unten.

Die Mimik der kleinen Heilerin wurde immer angestrengter, während das helle Licht unter ihren Händen an Stärke verlor. "Ich schaffe es nicht. Seine Vitalfunktionen sind fast erloschen, seine Verletzungen sind zu schlimm ... er hat zu viel Blut verloren.", schluchzte sie traurig. Kleine Tränen bildeten sich in ihren Augen, denn mit Jáin entglitt auch ihr ein wichtiger Freund und Gefährte. Klar war er ein Casanova und sehr von sich eingenommen, aber er war auch der einzige Drow den sie vertraute und nicht fürchten brauchte. Ihre Kraftreserven ließen nach, womit seine Chancen mehr und mehr schwanden gerettet zu werden. Sie merkte nicht einmal das sie vor Anstrengung in eine tiefe Trance fiel und nur noch schwärze um sich herum wahrnahm, begleitet vom unablässigen Wunsch ein Leben zu retten. Schon längst hatte sie die Realität verlassen und fand sich nun an einen völlig leeren Ort wieder. Ein winziges Licht erschien ihr in der Ferne, nicht größer als eine Murmel. Es war bei weitem nicht im Stande die Dunkelheit verschwinden zu lassen und doch spürte sie welche Kraft davon ausging. Es strahlte wie ein Stern am Abendhimmel und je mehr sie sich danach streckte desto wärmer wurde ihr in der eisigen Umhüllung der Finsternis. Ihre Sinne blühten auf als sie es zum greifen nah vor sich hatte und doch durchfuhr sie im selben Moment ein grausamer Schmerz, so dass sie glaubte ihr Körper würde in Tausend Stücke zerreißen.

Was für sie wie eine Ewigkeit war, waren für ihre Freunde nur ein paar Sekunden. Gerade als das Licht unter ihren heilenden Handflächen zu erlöschen drohte pulsierte es schlagartig so grell auf das man sich geblendet abwenden musste. Jáins Augen weiteten sich schlagartig als er spürte wie ihn eine Kraft durchfuhr die seinen ganzen Körper verkrampfen ließ. Nur wenige Augenblicke später erlosch das Licht wieder und er stellte fest, das seine Wunde vollkommen geheilt war. Kyrens Augen hingegen wirkten leer und leblos. Sie schwankte etwas und wirkte ganz und gar Willenlos. Zum Entsetzen spuckte sie etwas Blut aus, bevor sie, zum Schock aller, leblos sie auf den Körper des Dunkelelfen fiel.
 

Selbst im fernen Thay spürte man noch die Auswirkungen ihres Zaubers. Erschrocken wendete sich Diron, der gerade in der unterirdischen Bibliothek von Moguls Feste saß, in die Richtung aus der er die Energie gespürt hatte. Ihm schien klar zu sein was passiert war und er wusste was er zu tun hatte.
 

"Kyren!", schrie Shane besorgt als sie über seinen Gefährten zusammenbrach und hob sie auf. "Was ... was ist passiert?", fragte Jáin verwundert, der die Situation noch gar nicht richtig erfasst hatte. Sejya schien ziemlich verblüfft über den Zustand der kleinen Elfe und das was sie soeben vollbracht hatte, so dass sie kaum in der Lage war ihm zu antworten.

"Kyren! Wach doch auf! Was ist mit dir?!", wirkte der junge Halbelf weiter auf das Mädchen in seinen Armen ein, das nach wie vor keine Reaktion zeigte. "Leg sie auf den Boden!", meinte Sylviann die sich zu ihnen kniete. Er folgte ihren Anweisungen, denn ihm war egal was er tun musste solange es half. Panisch tastete er nach Kyrens Puls, aber er war viel zu aufgeregt um etwas zu spüren, weshalb er rasch zum nächsten Schritt ging und seinen Kopf auf ihre Brust legte um ihren Herzschlag zu hören. Die Augenblicke die er so verbrachte kam den anderen wie eine Ewigkeit vor. Gespannt wartete man auf seine Reaktion, in der Hoffnung das sie positiv sein würde. Shanes Mimik entspannte sich nur minder als er wieder von ihr abließ, denn er wusste nicht wie er ihr noch helfen konnte. "Ihr Herz schlägt noch, aber nur schwach ... sie atmet sehr flach, ich weiß nicht was ich tun soll!", gab er verzweifelt von sich. Es schien wirklich schlimm um sie zu stehen. Ratlosigkeit machte sich breit, da schritt Sylviann ein und kniete sich über sie. In dem sie ihre Stirn an die des Mädchen presste und ihre Hände an ihre Wangen legte, so hoffte sie, könnte es ihr möglich sein ihren Zustand mittels eines alten Elfenzaubers zu verbessern. Die Körper der Elfen glühten leicht auf, wobei es offensichtlich war das es Sylviann sehr anstrengte.

"Was macht sie da?", wunderte sich Sejya, doch niemand wusste eine Antwort darauf. Ihre Haltung dauerte nur ein paar Sekunden bevor sie sich wieder erhob.

"Was ... was habt Ihr eben getan?", wollte Shane wissen, der recht verunsichert wirkte. "Ich habe ihr etwas von meiner Lebensenergie gegeben. Mehr kann ich nicht für sie tun.", antwortete sie schwer amtend, doch die wirren Blicke der Abenteurer verlangten nach einer besseren Erklärung. "Das ... das ist ein alter Schamanenzauber, der meistens von uns Elfen angewandt wird. Wir geben ein Teil unserer Lebenskraft an einen anderen Elfen weiter.", fuhr sie fort. "Deshalb wirkt Ihr so erschöpft?!", ergänzte Jáin analysierend. "Ja, das ist der Nachteil daran. Man braucht einige Tage um sich davon wieder zu erholen. Und wenn man nicht aufpasst, kann man daran sterben.", gab sie japsend zurück.

All dies wurde zur Nebensache als Kyren einen Moment später wieder zu sich kam und vorsichtig ihre Augen öffnete. "Kyren!", riefen ihre Gefährten erfreut. "Wo ... wo bin ich? Was ist passiert?", fragte sie mit leiser Stimme. "Weißt du das denn nicht mehr? Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt.", meinte Sejya und half ihr auf.

Shane wusste nicht ob er erleichtert sein sollte, dass es ihr wieder gut ging oder was er davon halten sollte was sich zuvor vor seinen Augen abgespielt hatte. Es war nicht das erste mal das er etwas derartiges erlebt hatte, denn schon als sie Jáin von seinen steinernen Fluch erlöste brachte sie eine ähnliche, ihm völlig fremde, Kraft zum Vorschein. Ähnlich wie er durch sein Bhaalblut, schien auch sie ganz unbewusst eine höhere Veranlagung mit sich zu tragen die es noch zu klären galt. Langsam fügte sich ein Motiv vor seinen inneren Auge zusammen warum die Kopfgelder auf sie ausgeschrieben waren. Für den Augenblick reichte es ihm jedoch schon Kyren wieder gesund und munter auf den, zunächst noch wackligen, Beinen zu sehen.

"Hab ich es geschafft? Ist Jáin wieder ...?", fragte sie leicht orientierungslos. "Ja, ich bin wieder fit.", erwiderte er breit grinsend und legte seine Zeigefinger gestisch unterstützend auf seine Wangen.

"Erstaunlich über welche Heilkräfte du verfügst.", merkte Sylviann grübelnd an, doch man kam nicht dazu das Thema zu vertiefen als am Himmel auf einmal eine helle, magische Kugel mit rasender Geschwindigkeit auf die Stadt raste.

"Was zum ... ?!", schrie Shane überrascht, gefolgt vom verheerenden Einschlag des Geschosses, unweit ihrer Stellung. Staub wirbelte auf und ihnen zugleich entgegen. Häuser zerbrachen wie Holz unter der gewaltigen Energie die dort freigesetzt wurde, aber man überlebte dieses windige Spektakel unverletzt. Schnell ließ man von der schützenden Haltung ab und analysierte das Geschehene.

"Was war das?!", rief Jáin geschockt und erhielt sogleich eine ungewöhnliche Antwort des Elfenmädchens. "Er .... er ist hier ....", stotterte sie mit ängstlichen Blick, zum Erstaunen aller. "Wer ist hier?", fragte Sejya verwirrt, doch sie verweigerte mit einen kurzen Kopfschütteln die Antwort und lief in Richtung des Einschlags, so als ob sie magisch von diesen Ort angezogen wurde. "Hey! Warte! Wo willst du denn hin?!", rief sie ihr nach, bevor man sich daran machte ihr zu folgen.
 

Am Ort des Einschlags wehte ein staubiger Wind und erst dort wurde klar welches Ausmaß die Zerstörung hatte. Ein erstaunlich flacher, nur wenige Zentimeter tiefer Krater, markierte die Stelle an der das Geschoss eingeschlagen war. Um sie herum standen nur noch ein paar Trümmer bürgerlicher Häuser von Telpir, während die Pflasterstraße völlig unter dem Staub verschwunden war.

Shanes Mimik verfinsterte sich als er erkannte zu wem ihn Kyren geführt hatte. Er hatte gehofft diesen Namen nie wieder aussprechen zu müssen, doch ihm schwante schon lange dass man ihm früher oder später begegnen würde. "Diron.", gab er kühl von sich, als sich die Staubschleier um die Gestalt am anderen Ende des Kraters legten. Der Wind verflachte, der seinen Mantel eben noch empor wehen ließ und es war klar das man schon wieder in Problemen steckte. Kyren stockte der Atem bei seinem Anblick, wogegen Sejya blanker Hass ins Gesicht geschrieben stand.

"Das ist er! Du hast das Leben meiner Familie auf dem Gewissen, du Bastard!", schrie sie aus vollen Hals, aber es ließ ihn völlig kalt. Jáin hatte alle Mühe sie in ihren Schranken zu halten, wollte sie den Nekromanten doch am liebsten an die Gurgel gehen.

In überlegener Haltung, mit verschränkten Armen, sah Diron zu den Abenteurern hinüber und ließ ein gehässiges Schmunzeln über seine Lippen gleiten. "Schön das ihr alle hier her gefunden habt.", tönte er recht arrogant heraus. "Was soll das? Bist du etwa für den Überfall auf diese Stadt verantwortlich?!", fauchte Shane erbost zurück, was er lachend verneinte. "Mit Nichten. Ich habe nicht die geringste Ahnung was hier vorgeht ... und es interessiert mich auch nicht. Ich bin aus einen anderen Grund hier.", erwiderte er recht nüchtern.

"Und warum bist du hier?!", rief Jáin mit verbissenen Blick, worauf er seinen Arm mit geöffneter Handfläche in ihre Richtung ausstreckte, so als wollte er das man ihn etwas geben würde. "Der Ring ... gebt ihn mir.", entgegnete er nach kurzen Schweigen. "Was? Den Ring des Phönix? Auf keinen Fall!", erwiderte Kyren störrisch.

"Ihr könnt damit nichts anfangen, ihr Narren. Abgesehen davon ... habe ich das hier.", gab er leicht verstimmt zurück und zog das Amulett des Phönix unter seinen Mantel hervor, was er daraufhin an seiner Hand herabbaumeln ließ. Von einen Moment auf den anderen hatte sich die Situation verschärft, denn nun war klar, dass er es war, der den dritten Teil besaß.

"Verdammt! Das darf doch nicht wahr sein! Er hat das Amulett!", fluchte Shane mit verbissenen Gesicht, ähnlich wie seine Gefährten. "Also, gebt ihr es freiwillig her oder muss ich etwa gemein werden.", entgegnete Diron höhnisch, sehr zu Sylvianns Unmut. "Ich verstehe nicht was hier vorgeht, aber wer mich bedroht muss mit den Konsequenzen rechen!", schrie sie und spannte ihren Bogen zum Angriff.

"Nicht!", rief Kyren vergebens, denn da feuerte sie ihren Pfeil schon ab. Obwohl sie gut gezielt hatte und der Pfeil blitzschnell auf seinen Kopf zuflog, mühte sich Diron nicht sonderlich ihm mit einer ausweichenden Kopfbewegung zu entgehen. Unbeeindruckt schmunzelte er vor sich hin, während es Sylviann die Fassung raubte. "Du hast hier nichts zu suchen - verschwinde.", rief er und schickte ihr mit der anderen Hand eine heftige Druckwelle entgegen. "Pass auf!", rief Kyren, der es gerade noch rechtzeitig gelang sie mit beiseite zu reißen, so dass die Welle ihr Ziel verfehlte und stattdessen ein Haus im Hintergrund in Trümmern legte.

Mit geweiteten Augen blickte die Elfenkriegerin auf die Zerstörung und langsam wurde ihr bewusst das mit ihm nicht zu spaßen war. "Alles in Ordnung?", erkundigte sich ihre kleine Artgenossin, die halb auf ihr lag. "Äh ... ja ... danke. Du ... du hast mir das Leben gerettet.", stotterte sie, noch etwas schockiert vom Anblick des Schadens.

Diron hingegen gab sich mit diesen Resultat nicht zufrieden und erhob erneut die Hand gegen die ahnungslose Elfin. Seine selbstherrliches Grinsen erlosch jedoch plötzlich, genau wie die Aktion die er geplant hatte, als ein ungewöhnlicher Windhauch aufkam. "Was ...", wunderte er sich und lenkte seinen Blick nach rechts. Auch Shane und den anderen war aufgefallen das dort wie aus dem Nichts gerade eine Gestalt ganz in weiß auf einen großen Trümmerstück eines Gebäudes hinabzuschweben schien, fast so als wolle sie von dort eine thronende Position einnehmen. Im Gegensatz zu Diron hatte man bereits Bekanntschaft mit dem maskierten Mann in weiß gemacht. Ein weißes Piratenkopftuch und ein Cape in gleicher Farbe, kombiniert mit einer recht bürgerlichen Kleidung zierte sein Aussehen, wobei sein unterer Gesichtsteil wieder einmal durch den hohen Kragen des Capes verdeckt blieb.

Obwohl sein Auftritt recht lautlos verlief zog er die gesamte Aufmerksamkeit auf sich, ohne das er auch nur ein Wort gesagt hatte. "Welch amüsantes Spiel hier doch gespielt wird.", gab er dichterisch von sich und blickte zwischen den beiden Konfliktparteien hin und her.

"Wer bist du?!", fragte der Magier im schwarzen Gewand mit finsteren Blick. "Mann nennt mich Weißer Falke, werter Herr, aber den meisten bin ich als Meisterdieb 1-1-2 bekannt.", erwiderte er freundlich, mit kurzer Verneigung. "Und was willst du hier? Du hast hier nichts verloren!", tönte er schroff zurück. "Oh! Ich denke ich bin schon ganz richtig hier, nicht wahr?", antwortete er schmunzelnd und zog eine goldene Maske unter seiner Tracht hervor, sehr zu Dirons erstaunen. "Er hat die Maske. Das wird ja immer interessanter.", dachte er leise vor sich hin und grinste selbstgefällig zu Kyren und den anderen herüber.

Die Präsents des Weißen Falken schien zu einen schlechten Omen zu werden, als er den Grund für sein Kommen nannte. "Ehrlich gesagt interessiert es mich brennend was die böse Seite mit solch wertvollen Artefakten vorhat. Ich gebe zu ich bin durchaus geneigt es herauszufinden ...", meinte er mit Blick auf den Nekromanten. "Wie praktisch - das heißt du gibst es mir und ich muss mir nicht die Finger mit dir schmutzig machen.", erwiderte er zufrieden. "Nein, es interessiert mich nämlich noch mehr was wohl passiert wenn die das Artefakt kriegen.", tönte er charmant zurück und warf die Maske in Richtung der Abenteurer. Der Wurf war präzise, so dass Kyren nichts weiter tun musste als ihren linken Arm nach oben auszustrecken um die Maske zu fangen. Sie war überrascht es in ihren Händen zu halten, hatte doch niemand mit dieser Wendung der Geschehnisse gerechnet.

"Ha, was sagst du jetzt?! Es steht zwei zu eins für uns!", rief Jáin freudig, mit herausgestreckter Faust, doch auch dies schien Diron nicht im geringsten zu verunsichern. Obwohl sich die Lage nicht zu seinen Gunsten gebessert hatte, begann er zu lachen und setzte ein teuflisches Grinsen auf. "Es spielt doch überhaupt keine Rolle wie viele Artefakte ihr habt. Ich bin mir sicher das ihr sie mir trotzdem geben werdet.", gab er spöttisch zurück. "Ach ja? Du glaubst doch nicht ernsthaft mit uns allen allein fertig zu werden?!", fauchte Sejya erbost zurück. "Es wird mir eine Freude sein euch das Gegenteil zu beweisen.", entgegnete er nüchtern und streckte seine freie Hand nach ihnen aus. "Was hat er vor!?", schrie Jáin geschockt als sich daraufhin eine immer größer werdende Energiekugel in seiner Handfläche bildete.

"Das könnte eng werden!", meinte Shane zähneknirschend, in Erwartung des Schlimmsten, doch Diron sollte nicht mehr dazu kommen seinen Zauber zu vollenden als plötzlich direkt vor ihm ein anderes magisches Geschoss einschlug und die Gegend erneut für einen Moment in dichten Staub verschwinden ließ.

"Wer war das?!", rief Sejya verwirrt, mit Blick in Richtung des Weißen Falken. Dieser hatte sich jedoch keinen Millimeter gerührt und stand mit verschränkten Armen da. Sein sicherer Blick nach vorn verriet den anderen recht schnell woher der Zauber kam, denn er hatte den Angreifer bereits erspäht.

"Da ist John!", schrie der junge Halbelf überrascht als er die Gestalt auf der gegenüberliegenden Seite des Meisterdiebes entdeckte. Auch er hatte sich auf den Überresten eines alten Gemäuers postiert und mischte sich nun in das Geschehen ein. "Wie kann das sein? Er war doch noch vorhin in Starmantle?", wunderte sich Kyren. "Vielleicht kam er auch durch ein Portal.", versuchte ihr dunkelhäutiger Gefährte es zu erklären. John war jedoch nicht darauf aus sein erscheinen zu rechtfertigen und widmete sich dem dunklen Magier.

"Tut mir Leid, Magierlein, aber ich habe ein persönliches Interesse daran sie weiterhin im Reich der Lebenden zu haben. Zudem kann ich mir nicht vorstellen das die böse Seite mit den Artefakten Interessen vertritt die mir zum Vorteil sind.", rief er recht arrogant von seinen Posten herunter und warf Diron strafende Blicke zu.

"Sieh an, ein weiterer ungebetener Gast.", erwiderte dieser unbeeindruckt und zog seine Hand samt Zauber wieder zurück.

"Ich habe mich schon gefragt wie lange du noch brauchen würdest, John.", tönte der Weiße Falke höhnisch herüber und unterbrach somit den kurzen Dialog. John schien nicht sehr begeistert von der Anwesenheit des Meisterdiebes zu sein und verfinsterte seine Mimik dementsprechend. "Du ...", erwiderte er kühl und fixierte seinen Blick auf ihn. "Was ist? Freust du dich etwa nicht mich zu sehen?", gab er schmunzelnd zur Antwort. "Ich will endlich wissen wer du bist! Warum nennst du dich Meisterdieb 1-1-2?!", schrie John wütend zurück. "Ich denke du kennst die Antwort bereits. Sie dir jetzt zu geben würde ohnehin nicht gut in deine Pläne passen, hab ich nicht recht?", erwiderte er gelassen mit Blick auf Kyren und ihre Freunde. "Was?! Das kann nicht sein! Das ist unmöglich! Das kannst du nicht wissen!", gab er erbost zurück. Diesmal reagierte er nicht auf seine Worte sondern legte nur ein Lächeln auf, dass es den anwesenden Abenteurern eiskalt den Rücken herunterlaufen konnte. "Dann verschieben wir das auf ein ander' mal. Wir sehen uns wieder.", rief der Weiße Falke gut gestimmt, bevor sich seine Konturen plötzlich wie Nebelschwaden auflösten und er verschwunden war.

"Was geht hier nur vor?", fragte sich Shane, dessen Aufmerksamkeit jedoch schnell wieder zum Ursprungspunkt zurückging, denn noch immer harrte Diron an Ort und Stelle aus. "Sieht so aus als wollte euch da jemand beschützen.", tönte der Nekromant hervor und sah zu John auf, der nun recht gefrustet wirkte.

"Ha! Jetzt sind wir zu fünft! Du solltest deine Position besser noch einmal überdenken!", rief Sejya motiviert, was ihm nicht mehr als ein kurzes Lachen entlockte, denn trotz allen schien er recht zuversichtlich. "Es ist egal wie gut eure Lage oder euer fragwürdiger Beschützer ist. Ihr seid mir dennoch nicht gewachsen. Ich würde euch ja gerne von eurer Existenz befreien, aber ich fürchte ich kann das Risiko nicht eingehen das dabei die Artefakte zerstört werden. Es ist auch gar nicht nötig Gewalt anzuwenden. Ihr werdet sehen - wenn ich es will wird das Mädchen auf allen Vieren angekrochen kommen und darum winseln mir die beiden Teile geben zu können. Es spielt noch nicht mal eine Rolle ob ich einen von euch dafür töten müsste.", entgegnete er ihnen selbstsicher.

"Was? Wie meint er das?", fragte Kyren leicht verängstigt und drückte die Maske noch etwas fester an sich. "Machen wir dem ein Ende. Wir haben lange genug geplaudert.", rief Diron lautstark und trat ein paar Schritte zurück. Erwartungsvoll folgte man seinen Bewegungen, nicht ahnend was nun kommen sollte.

Plötzlich öffnete sich ein Portal durch das zwei gefesselte Gestalten herausplumpsten. Shane verschlug es beim Anblick dieser recht abgemagert wirkenden Elfen fast die Sprache. "Aber das ist doch ...!", staunte er mit Blick auf die Geiseln des Magiers, während Kyren vor Schreck die Maske fallen ließ. Ihre Augen weiteten sich, während ihre Pupillen immer kleiner wurden, denn dort sah sie diejenigen nach denen sie so lange gesucht hatte.

"Mama ... Papa?", fragte sie ungläubig, fast so als ob sie jemand kneifen müsste damit sie sicher sein konnte, dass dies kein Traum war. Nun war klar was Diron mit seinen Worten gemeint hatte, ebenso wie die Tatsache das den jungen Abenteurern noch schlimmes bevorstand ...

Folge 62: Tag der Entscheidung

Diron hatte einen Trumpf ausgespielt mit dem niemand gerechnet hatte und jeder der ihn kannte, wusste das man einen hohen Preis für das Leben der beiden Elfen zahlen müsste, wollte man sie in Freiheit sehen.

Kyren jedoch verließ beim Anblick ihrer Eltern jegliche Vernunft, so dass sie ungehemmt auf sie zulief. "Mama! Papa!", rief sie tränenreich, schon gar nicht mehr realisierend in welche Lage sie war. Nairdan, der ihr immer wieder in ihren Träumen erschienen war, hatte also recht behalten - ihre Eltern lebten noch. Das Warum und Wie war ihr in diesen Moment egal, so dass sie beinah vergaß das mit Diron noch jemand zwischen ihnen stand der sie nicht so einfach passieren lassen würde.

Sie kam ohnehin nur wenige Schritt weit, da sie Shane auf einmal am Arm packte und zurückzog. "Kyren! Nicht!", warnte er mit strengen Blick, doch obwohl seine Bedenken berechtigt waren, war ihr das egal. Sie wollte sich losreißen und weiterlaufen, weshalb er sie ganz fest an sich drücken musste, damit sie keine Dummheit beging. "Hör auf, Kyren! Er bringt dich um!", mahnte er sie eindringlichst, doch selbst das sollte ihr Gestrampel nicht mindern. "Nein! Lass mich los! Das sind meine Mama und mein Papa!", kreischte sie widerspenstig und überschüttete ihren Wangen mit einem Meer von Tränen.

Nur langsam brachte sie der Nekromant wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, worauf sich Kyren allmählig beruhigte.

"Verzeiht wenn ich nicht in Tränen ausbreche, aber ich denke der Deal ist klar. Die beiden Artefakte, gegen die beiden Elfen hier.", rief Diron kühl herüber. "Ach ja?! Das wollen wir mal sehen!", tönte John in ähnlicher Tonlage zurück und stellte sich ihm entgegen, obwohl es nicht so schien als wollte er wirklich helfen. Ohne die Antwort des Nekromanten abzuwarten bereitete er schon einen ersten Zauber in seiner rechten Hand vor. Es war nicht weiter überraschend das sein Gegenüber entsprechend reagierte und seine Hand mit einen Zauber füllte der sich gegen Kyrens Eltern richtete.

"NEIN! John! Er bringt sie um!", schrie sie panisch, was ihr Dirons Grinsen bestätigte. John hingegen blieb unbeeindruckt. "Wie kommst du darauf das es mich interessiert ob du beiden da drauf gehen.", entgegnete er kühl, sehr zum Unmut der Abenteurergruppe. "Verdammt! John! Du Bastard!", rief Shane wütend. "Na dann ...", tönte Diron kaltherzig und setzte an seinen Zauber auf die beiden Elfen abzufeuern. Es scherte ihn nicht einmal mehr das sein Widersacher noch etwas mehr Energie in seinen Zauber legte.

Die Lage schien zu Dirons Gunsten auszufallen als sich seine Mimik schlagartig änderte, so als sei er vom Blitz getroffen worden. Seine Augen weiteten sich überrascht und sein Zauber verstummte schlagartig. "Was ... aber ...", stotterte er leise vor sich hin, bevor er von seiner Aktion abließ.

Verblüfft beendete auch John seinen Zauber als sich die Situation ungewöhnlich entspannt hatte. Dirons Blick erstarrte, fast so als hätte man ihn hinterrücks erstochen. Erst als eine fremde Stimme ertönte wurde langsam klar warum er sein Vorhaben abgebrochen hatte. "Na, na, Diron. Das würde Mogul sicher nicht gefallen, wenn er erfährt das du seine beiden Edelgeiseln so einfach für deine eigenen Zwecke einsetzt.", tönte die Stimme, die zumindest der Magier selbst zu der von Gray zuordnen konnte.

"Wer sprich da?", fragte sich Shane, der sich, wie auch die anderen, vergeblich nach einer Person umsah. "Schätze du hast einen Fehler gemacht, Diron. Die Elfen kannst du vergessen - die bekommst du nicht wieder weg ohne das sich der Herr mit der seltsamen Aura dir in den Weg stellt. Und töten darfst du sie auch nicht, weil das Mogul missfallen würde. Zieh dich zurück, dann werden wir weiter sehen.", fuhr die Stimme fort und verblasste schließlich.

Ein kalter Blick war alles was er den Abenteurern noch entgegen zu setzten hatte, bevor er sich, zum erstaunen aller, einfach abwendete. "(Du Dreckskerl! Dafür wirst du büßen!)", dachte er still in sich hinein. Schon im nächsten Moment lag ihm wieder ein Schmunzeln auf den Lippen, worauf er sich noch ein letztes mal zu den Abenteurern umdrehte. "Nun, es ist doch eigentlich völlig egal wer von uns beiden den Phönix ruft. Tut was ihr wollt.", rief er und ging auf Kyrens Eltern zu, denen er das Amulett vor die Füße warf.

Die beiden Elfen verstanden seine Geste nicht recht, wie auch die anderen Anwesenden. Zum Abschied nahm er eine Schriftrolle unter seinem Mantel hervor, knüllte sie zusammen und steckte sie der Mutter des Elfenmädchens recht barsch in den Mund. "Verschluck dich nicht, sonst werdet ihr den Phönix nicht rufen können.", sagte er hämisch grinsend und tätschelte ihr den Kopf. Vor den verwunderten Augen der anderen verschwand er schließlich mit Hilfe eines Teleportzaubers und ließ sie allein zurück. "Wir sehen uns sicher wieder.", hörte man seine Stimme noch tönen, während man sprachlos an Ort und Stelle verharrte.

"Was ... was hatte das jetzt zu bedeuten?", fragte Shane nachdenklich, doch für Kyren zählte in diesen Moment etwas ganz anderes. Nun hielt sie nichts und niemand mehr auf den Weg zu ihren Eltern. Voller Freude lief sie zu ihnen um sie endlich nach so langer Zeit in ihre Arme zu schließen.
 

Das Lazarett von Telpir war gut gefüllt, wenn gleich noch genug Platz für Kyren und die anderen vorhanden war. Eine warme Mahlzeit für ihre Eltern war ihnen eine der größten Annehmlichkeiten der letzten Monate. Während ihre Tochter ihnen Gesellschaft leistete, mussten Shane und die anderen schon wieder das nächste Problem bewältigen.

Gemeinsam mit John und den Artefakten hatte man sich an einen Tisch versammelt und hielt Rat über die aktuelle Situation. "Danke John, wer weiß wie das ausgegangen wäre wenn du nicht eingeschritten wärst.", meinte der junge Halbelf leise. "Dein Dank ist Verschwendung. Ich hatte schließlich nichts damit zu tun das sich der Magier zurückgezogen hatte.", erwiderte er schroff, was Shane etwas ins Grübeln brachte.

"Hmm, das macht die Sache nicht leichter für uns. Wir kennen die genauen Hintergründe nicht. Vielleicht ist das ganze gar eine Falle.", merkte er an.

"Ja, er hat uns das Amulett und Kyrens Eltern einfach so überlassen - da muss doch was faul sein.", stimmte Sejya zu. "Ich kenne Diron. Man sollte ihn nicht trauen, aber wir haben kaum eine andere Wahl als den Phönix zu rufen und zu sehen was passiert.", meinte Shane.

"Ja, dieser Typ aus Kyrens Visionen meinte ja das der Phönix der Schlüssel zum Sieg über Mogul sei. Wir sollten es riskieren, wenn wir hinter das Geheimnis kommen wollen.", ergänzte sein dunkelhäutiger Gefährte.

"Was mich angeht ... die Sache ist für mich gegessen. Ich muss mich nun um andere Dinge kümmern. Mit diesen Mogul-Typen habe ich nichts zu schaffen.", sagte John prüde und erhob sich vom Tisch. "Hm, warum hab ich dann das Gefühl das wir dich nicht zum letzten mal gesehen haben?", merkte Shane frech schmunzelnd an. "Wer weiß, vielleicht hast du gar nicht so unrecht.", tönte er mit zweifelhafter Mimik zurück und verschwand in Richtung Ausgang.
 

Währenddessen betrat Diron im fernen Thay eine ihm vertraute düstere Gruft. Er schritt durch zwei riesige, wohl verzierte Eingangstüren, die ihn zu einen alten Grab tief unter der Erde Einlass gewährten. Vor ihm offenbarte sich eine riesige Halle, durch die ein schmaler Pfad ging, der an beiden Seiten in eine nicht enden wollende Tiefe führte. In der Mitte der riesigen Gruft befand sich ein Sims, in dessen Gestein ein prächtiger Thronstuhl eingehauen war, welcher in Dunkelheit gehalten war. Die Finsternis war nicht allgegenwärtig, denn hier und da brannten bereits ein paar Fackeln an den Wänden. Demütig kniete er sich kurz vor dem Sims nieder und verharrte dort einen Moment regungslos, bis sich plötzlich eine Gestalt vor ihm im Thron rührte.

"Ihr wolltet mich sehen?", fragte Diron vorsichtig. "In der Tat.", erwiderte eine tiefe Stimme, die durch die ganze Halle schallte. "Verzeiht, Meister. Ich habe versagt. Gray ist cleverer als ich dachte. Er hat mein Vorhaben gestört.", meinte er, worauf ein kurzes Lachen ertönte. "Wie ich sehe überlässt du es nun den Abenteurern deinen Auftrag zu vollenden. Nicht schlecht, obwohl du damit auch die Chance verschenkt hast dein Projekt vorzeitig zu beenden. Gib nun acht. Gray und Mogul werden Fragen stellen und wenn sie von den Phönixschwertern erfahren, würde es selbst für die Abenteurer schwer werden.", erklärte die Gestalt im Thron. "Jawohl, Meister. Ich verstehe. Dennoch halte ich es für zu riskant den Halbelfen leben zu lassen. Er ist ein zu großes Risiko und nicht einmal ich kann abwägen welche Macht ihn sein Bhaalblut verleihen könnte.", meinte Diron unterwürfigst. "Tu wie es dir beliebt, aber du solltest bedenken ob der Tod des Jungen nicht die Motivation der Elfe zerstören könnte.", entgegnete er. "Sie wird Rache üben wollen. Ich bin mir sicher das die Kraft des Mädchens ausreichen wird um Mogul und Gray zu töten. Ich habe nur ein paar Zweifel ob sie nun, wo ihre Eltern wieder bei ihr sind, nach Suldanessalar zurückkehren will.", erwiderte er zuversichtlich. Einen Moment lang kehrte Schweigen in die Hallen ein, bevor Diron ein weiteres mal sein Wort erhob.

"Die Zeit wird knapp. Die Macht in ihr könnte schon bald erwachen. Vielleicht stellt sie dann sogar eine größere Bedrohung dar als wir wollen.", merkte der Nekromant nachdenklich an. "Wir werden sehen. Ich werde mich gegebenenfalls darum kümmern. Du kannst nun gehen. Man erwartet dich sicher.", gab der Fremde zurück, worauf Diron nach kurzer Verbeugung wieder abtrat.
 

Die Nacht brach herein, was Shane die Möglichkeit gab das Tagesgeschehen noch einmal zu überschlafen. Er war sich nicht sicher was ihn erwartete, aber er war gewillt es herauszufinden und sich dem zu stellen, was immer auch kommen möge. Für jeden war dieser Abend ein schlafloser, denn nicht nur für Shane überschlugen sich die Ereignisse an diesen Tag.

Auch Kyren lag wach im Bett ihres Zimmers und obwohl ihre Eltern nur ein Zimmer weiter schliefen, lagen ihr kleine Tränen in den Augen. Zu deutlich war ihr noch ein Gespräch mit Sylviann beim Abendbrot in Erinnerung geblieben.

"(Wenn Ihr wollt nehme ich euch mit nach Suldanessalar. Ich habe einen Portalzauber dafür und kann euch gerne dort hin bringen.)", hatte sie gesagt, eine Schriftrolle fest umschlossen in der Hand haltend. Obwohl es natürlich ein dankenswertes Angebot war wieder in die Heimat zurückkehren zu können, schmerzte ihr der Gedanke ein wenig. Sie fragte sich was aus Shane und den anderen werden würde. Sie hatten ihr Ziel noch nicht erreicht und würden sicher nach Thay weiterreisen wollen. Seufzend schloss sie schließlich die Augen und versuchte etwas Schlaf zu finden.

Sejya hatte mit anderen Dingen zu kämpfen. Die dramatischen Minuten die Jáin am Rande des Todes verbracht hatte, wichen ihr einfach nicht aus den Kopf, genauso wenig wie die Worte die er zu ihr gesprochen hatte.

"(Du ... du wolltest doch wissen warum ich beim Turnier ... beim Turnier nicht alles gegeben habe ...)", hatte er unter Schmerzen gesagt und zwang sich dennoch ein Lächeln für sie auf. "(Es lag daran ... das ich dich ... irgendwie mag ...)", fuhr er fort und traf mit diesen Worten genau in ihr Herz. Stolz auf die Art wie sie war, war es für sie undenkbar einen Jungen gern zu haben und doch hatten sie seine Worte berührt. Verkrampft grub sie ihre Finger in ihre Bettdecke. Ihre Mimik war angespannt, aber auf Dauer konnte sie die Gefühle nicht unterdrücken, die ihr so sehr zu schaffen machten. Einen anderen Gedanken in solch einer klaren Nacht zu finden war für sie so schwer wie lange nicht mehr. "Pah, am Ende wollen sie doch alle nur das eine.", sagte sie zu sich selbst und zwang sich den Gedanken auf um schließlich etwas Schlaf finden zu können.

Jáin hingegen kämpfte mit seinen Stolz. Es war nicht das erste mal das er seine Fähigkeiten überschätzt hatte und so in Gefahr geraten war. Wieder musste Kyren sein Leben retten und verlor dabei fast ihr eigenes. Schwach zu sein war eine Schande die er nicht auf sich sitzen lassen wollte, aber die einzige Chance um sich selbst Stärke zu beweisen war Leath im Duell zu besiegen. Er fragte sich was wohl aus ihm geworden war und schlief schließlich ein.
 

Für Diron war an diesen Abend die Zeit gekommen um sich vor Mogul und Gray zu rechtfertigen. Er kniete nicht demütig vor ihnen nieder, wie alle anderen Diener. Man hatte ein eher kleines Gemach zum Verhör gewählt, so dass man ungestört reden konnte. Obwohl Moguls Gesicht fast vollständig durch einen schwarzen Helm abgedeckt wurde, ahnte man das er nicht besonders guter Laune war.

"Ich bin gespannt was du zu erzählen hast, Zauberer. Immerhin fehlen zwei wichtige Gefangene, zwei Gefangene die ich gebraucht hätte um die Elfen zu unterwerfen und sie auf Distanz zu halten, und wie ich gehört habe bist du nicht mehr im Besitz des Phönixamuletts.", gab er relativ entspannt von sich. Diron schwieg, worauf Gray sein Wort erhob. "Du hast deine persönlichen Interessen für die unseren geopfert, Diron. Das war nicht sehr klug. Wie sollten wir dich deiner Meinung nach bestrafen?", gab er hochnäsig von sich, doch er blieb still. "Erkläre dich!", schrie Mogul erzürnt und schlug mit der Faust auf seinen Thronstuhl auf.

"Wenn gleich ich euer Diener bin, so stand es mir doch zu Eigenunternehmungen zu tätigen. Ich habe schließlich wesentlich dazu beigetragen das ihr wieder und den Lebenden wandeln könnt. Die Phönixartefakte sind bedeutungslos für die Narren, die sie jetzt haben. Mit ihrer Macht kann man absolut alles und jeden von den Toten erwecken. Welchen Nutzen hätten die Abenteurer schon davon? Ich hätte die Artefakte für mein Projekt gebraucht, doch nun kann ich sie dafür nicht mehr verwenden. Ist das nicht schon Strafe genug? Was den Verlust Eurer Geiseln angeht, so kann ich euch eine Garantie geben das ihr sie ohnehin nicht gebraucht hättet. Diese Göre wird niemals nach Thay kommen - dafür werde ich garantieren. Oder hattet Ihr gar Zweifel an euren Truppen, dass sie nicht einmal mit einem Volk wie dem Elfen fertig werden würde?", erwiderte Diron und beruhigte somit wieder die Gemüter. Für dieses mal, so wusste er, würde er noch einmal mit einem blauen Auge davon kommen.
 

Am nächsten Morgen war es endlich soweit. Mit Hilfe der Artefakte und einer Zeichnung die ihnen Diron auf einen Stück Papier hinterlassen hatte, sollte der Phönix endlich gerufen werden. Zwar hatte man keine Ahnung welche Mächte oder welche Gefahren die Artefakte mit sich brachten, doch sollten Nairdans Andeutungen stimmen, so waren sie sicher nützlich. Nicht nur Shane hoffte das dieses legendäre Wesen, in welcher Weise auch immer, etwas Licht ins Dunkel bringen konnte.

Die ganze Gruppe hatte sich nicht weit entfernt von den Toren der Stadt versammelt. Lediglich John war am Vortag gegangen und nicht mehr anwesend. Sylviann ritzte noch die letzten Symbole eines magischen Zirkels mit einen Stock in die trockene Erde, so wie es ihr das Pergament vorgab. "Ich bin so weit.", rief sie den anderen zu als sie mit ihrer Arbeit fertig war. Nun lag es an Kyren die drei Artefakte in drei entsprechend vorgefertigte Kreise des Zirkels zu legen. Nur so sollte es laut Schriftrolle möglich sein den Feuervogel zu rufen.

Es war nahezu windstill, fast so als wartete selbst die Natur gespannt darauf was passieren würde. Vorsichtig legte die kleine Elfe die Maske und das Amulett an ihren Platz, bevor sie zum letzten Stück ging. Ein mulmiges Gefühl durchschlich sie, weshalb sie zu ihren Freunden blickte, die in sicheren Abstand warteten. Noch ein mal holte sie tief Luft, fast so als sollte dies ihr letzter Atemzug sein. Schließlich beugte sie sich hinunter und legte den Ring ab. Kaum war dies geschehen begannen die drei Teile hell zu erleuchten, worauf sie eiligst zu den anderen lief.

Die schmalen Linien, die Sylviann geschaffen hatte, füllten sich rasend schnell mit gold-glänzender Flüssigkeit und die Wolken verfinsterten sich am Himmel. Kurz darauf erstrahlte der ganze Zirkel samt der Artefakte in einen grellen Licht. Plötzlich schlug ein Blitz aus den Wolken genau auf die Stelle ein auf der man die Artefakte platziert hatte. Die Erde begann zu beben, während das Licht der Artefakte erlosch. Ein starker Wind kam auf und fegte über die Anwesenden hinweg. Nur die Jungen blieben angesichts der aufkommenden Turbolenzen standhaft, während die anderen eingeschüchtert ein wenig zurückwichen.

Schließlich öffnete sich der Boden und Lava schoss hinaus, begleitet von Feuersbrünsten die Meterhoch in den Himmel ragten. Einen Moment lang blieb es bei diesem Inferno als auf einmal, fast unscheinbar, ein riesiger Vogel aus der Erde schoss und weit hinauf in den Himmel flog.

Mit seiner Auferstehung endeten die Beben und Winde. Lediglich der Himmel blieb dunkel gefärbt. Gebannt weitete nicht nur Kyren ihre Augen, denn der Anblick des Phönix war eine Ehre den nicht jeder in seinen Leben erhaschen konnte. "Wunderschön.", sagte sie begeistert, beim Anblick der Kreatur und legte ihre Hände zusammen. Noch wusste sie nicht wie der Vogel, dessen Federn aus puren Feuer zu bestehen schienen, ihnen helfen konnte, doch auch dies sollte sich bald klären.

Der Phönix hatte erst einige Runden in der Luft gedreht und ein paar seiner majestätischen Schreie herausgebrüllt, da erschien plötzlich ein leuchtender Körper vor ihnen. Nicht nur hatte der Kopf kein Gesicht, auch sonst erinnerte nur die Form des Wesens vor ihnen an einen Menschen.

"Habt keine Angst.", sprach es auf einmal und trat ein paar Schritte an Kyren und die anderen heran. Sie reagierte etwas verdutzt, denn sie war sich sicher die metallische Stimme bereits einmal gehört zu haben. "Das ist doch ...", stotterte sie leise und lugte vorsichtig hinter Shane hervor, hinter dem sie sich in Sicherheit gebracht hatte. "Nairdan.", ergänzte Shane misstrauisch. "Genau! Nairdan!", stimmte sie daraufhin lautstark zu und trat hervor. "Ganz recht, der bin ich. Wie ich sehe ist es euch also endlich gelungen den Phönix zu rufen.", erwiderte er. "Ja! Und nun solltet Ihr euch rechtfertigen! Du hast lange genug meine Träume verdorben!", gab Kyren verärgert zurück. "Es tut mir Leid, aber eine andere Möglichkeit mit dir zu sprechen gab es nicht.", meinte er reumütig. "Sag uns zuerst was hier eigentlich vorgeht?!", fuhr ihn Shane an. "Aber natürlich. Ihr habt ein Recht darauf zu erfahren warum ich euch bat den Phönix zu rufen und warum ich die Träume des Mädchens manipuliert habe.", entgegnete er freundlich, bevor er mit seiner Erzählung begann.

"Euer Problem, nein das Problem ganz Faerûns lässt sich in einen Namen vereinen - Mogul! Er ist ein bösartiger Dämonritter der den ganzen Kontinent unterwerfen will. Thay ist bereits in die Hände seines Dämonenritterheers gefallen und damit wird nicht Schluss sein. Das ich nur so zu euch sprechen kann habe ich ihm zu verdanken. Nur die Macht des Phönix versetzt mich in die Lage meinen Geist vor euch aufzubauen. Mein Körper ist gefangen und wird fast ständig von ihn überwacht. Nur dank der Macht des Phönix kann ich endlich frei zu euch sprechen ohne das er mich bemerkt.", erzählte er, womit sich schon die ersten Fragen aufwarfen.

"Ich nehme an du willst das wir Thay und die Welt von diesen Mogul befreien, habe ich recht?", merkte Jáin kaltschnäuzig an. "Ja, denn sein Heer wird auch vor dem Drowreich nicht halten machen.", antwortete er mit warnender Stimmlage. "Du konntest doch schon vorher zu Kyren Kontakt aufnehmen - warum erzählst du uns erst jetzt alles?", fragte Shane mit strengen Blick. "Um Mogul zu stoppen bedarf es einer Waffe ganz besonderer Kraft, eine Waffe die euch nur der Phönix geben kann. Mit euren Waffen könnt ihr ihn zwar töten, aber seine Fähigkeit als Dämonenritter und seine Macht erlaubt es ihn in Minuten ... nein, Sekunden wieder an Ort und Stelle aufzuerstehen. Er ist gefährlich, glaubt mir, und ich bin auf eure Hilfe angewiesen. Hätte ich euch eher und ohne den Schutz den Phönix davon berichtet, hätte es Mogul womöglich bemerkt und Maßnahmen ergriffen.", erklärte Nairdan schlüssig.

Dennoch blieb Shane misstrauisch und suchte die Gesichter seiner Gefährten nach einer Meinung ab. "Shane, ich denke man kann ihm vertrauen. Er hat uns bisher immer geholfen - warum sollte er auf einmal unser Gegner sein?", meinte Kyren und traf damit in etwa auch die Gedanken der anderen.

"Nun gut, wir glauben dir.", erwiderte der junge Halbelf nach kurzer Bedenkzeit. "Ich danke euch, aber es gibt noch mehr was ihr wissen solltet.", entgegnete die Gestalt mit kurzer Verneigung. "Mogul hat einen Verbündeten der nicht minder gefährlich ist. Er verfügt zwar über kein eigenes Heer, aber seine Macht lässt sich mit der Moguls messen. Sein Name ist Gray. Auch ihn müsst ihr besiegen um den Frieden dieser Welt sicher zu stellen.", fuhr er fort. "Das wird ja immer komplizierter.", gab Jáin sich am Kopf kratzend zurück.

"Da ist noch etwas. Ihr dürft auf keinen Fall eure Reise beenden. Ihr müsst nach Thay um Mogul und seiner Schergen zu stoppen. Er sucht dort nach dem Buch der Riten. Ihn in Thay suchen zu lassen war eine Finte von mir, aber es wird nicht lange dauern bis er in ganz Faerûn sucht. Das Buch ist zur Zeit das einzige was zwischen ihm und der Weltherrschaft steht.", ergänzte Nairdan mit mahnender Stimme. "Das Buch der Riten?", gab Kyren erstaunt von sich. "Was? Kennst du das etwa?", fragte Shane verwundert nach. "Nun ja, ein wenig schon. Es ist ein Buch aus uralter Zeit. Es soll wohl an die 10000 Jahre alt sein und die komplette Sammlung der Nessilrollen in sich beinhalten.", erklärte sie mit zweifelnder Miene. "Nessilrollen?", hinterfragte Jáin ein weiteres mal. "Ja, aus der Nesser-Dynastie. Das bedeutet uralte und mächtige Magie. In den falschen Händen könnte man damit wahrhaft schlimmes anrichten.", erwiderte sie.

"Das Mädchen hat recht mit dem was sie sagt. Kann ich ... kann Faerûn auf eure Hilfe zählen?", tönte Nairdan Stimme hoffnungsvoll hervor. Shane hatte kein gutes Gefühl bei der Sache, willigte aber schließlich ein. "Einverstanden. Wir werden Mogul zur Strecke bringen. Ein Dämonenritter sollte solche Magie nicht in die Hände bekommen!", entgegnete er ihm entschlossen. "Dann ... nehmt die Federn die vom Himmel fallen und reist nach Osten, nach Laothkund ins ferne Aglarond. Dort findet ihr den Schmied der euch daraus die Waffe schmiedet die ihr braucht.", sprach Nairdan mit hallender Stimme, bevor sich sein Licht und seine Konturen verschwommen.

Mit einen lauten Vogelschrei stieg der Phönix in die dunklen Wolken auf wo er sich in einen Lichtblitz auflöste und in drei Teile zersplitterte, die in verschiedene Richtungen davon sausten. Es vergingen nur ein paar Minuten, doch das Schauspiel war spektakulär. Zurück blieben ein paar riesige brennende Federn, die zu Boden fielen und dort erloschen. Ein Hauch von Erleichterung lag in der Luft als das Experiment mit den Phönix gut über die Bühne gelaufen war.

Trotz all dem wirkte Shane nun noch nachdenklicher. Er fragte sich welche Rolle Diron in dieser Sache spielte, denn seine Handlungen waren auch durch Nairdans Erklärung nicht durchschaubar. Ein zweifelhaftes Gefühl beschlich ihn im Innersten, denn sein Instinkt sagte ihm, als er einst aufbrach, das er etwas anderes in Thay suchte als Mogul.
 

Die Morgensonne stand noch am Himmel und doch war es für Shane schon Zeit weiter zu ziehen. Gemeinsam mit den anderen war man zum Lazarett zurückgekehrt um sich von Sylviann zu verabschieden.

"Ich habe euch falsch eingeschätzt. Ihr seid wahre Helden.", meinte sie und reichte den jungen Halbelfen in aller Freundschaft die Hand. "Danke, aber wir müssen nun weiter nach Laothkund.", erwiderte er mit entsprechender Geste. "Der Hafen ist leider völlig zerstört. Alle Schiffe sind gesunken. Ihr müsst erst nach Alaghon, zum nächsten Hafen reisen. Wenn ihr euch beeilt seid ihr in einer Woche da.", sagte sie mit Blick in die Hafengegend am anderen Ende der Stadt. "Ja, ich hab' schon gestern Abend von einigen Leuten gehört das der Hafen in Trümmern liegt. Na ja, da kann man nichts machen.", gab er sich am Hinterkopf reibend zurück. "Passt auf euch auf. Vielleicht sieht man sich mal wieder.", meinte sie zum Abschied und legte noch einmal ein Lächeln auf, bevor sie zu ihren Kameraden aus Telpir ging um sich von ihnen zu verabschieden. "Ja bestimmt.", dachte er leise vor sich hin und wendete sich seinen Gefährten zu.

Sein Blick fiel auf Kyren, die bei ihren Eltern stand, denn nicht nur Sylviann stand zum Abschied bereit.

"Wir danken dir für alles was du für uns und unsere Tochter getan hast. Möge dein Weg gesegnet sein. Es sei dir versichert das du jederzeit in Suldanessalar willkommen bist.", sprach ihre Mutter stellvertretend für Mann und Kind. "Danke, ich habe schon gehört das euch Sylviann angeboten hat euch mit nach Suldanessalar zu nehmen und weiß Ihr Angebot sicher zu schätzen ...", erwiderte er mit kurzer Verneigung, doch seine Worte verstummten als er merkte das Kyren traurig zu Boden sah. "Wir ... wir werden am besten schon mal unsere Sachen holen. Dann könnt ihr euch noch verabschieden.", sagte ihre Mutter schwitzend und zog ihren Gatten mit sich, für den diese Reaktion etwas plötzlich kam. Auch Jáin verstand nun die Geste und schrie unerwartet auf. "Ah, da fällt mir ein das ich Sylviann noch etwas fragen wollte. Kommst du Sejya?", rief er verwegen und zog seine verblüffte Gefährtin einfach mit sich. Beide Seiten schienen gespürt zu haben das die beiden einen Moment lang allein sein wollten.

"Dann ... wird es wohl Zeit 'leb wohl' zu sagen, Kyren. Du ... hast dein Ziel erreicht ... deine Eltern leben ... und sie sind wieder bei dir.", meinte er aufmunternd und versuchte das positive an der Sache zu sehen. So recht er auch hatte, es machte es für Kyren nicht leichter. So gern sie auch mit ihren Eltern gehen wollte, in ihrem Herzen schlummerte etwas das ihr sagte nicht zu gehen. Sie war kaum im Stande etwas zu sagen und ließ ihre Tränen sprechen, die vereinzelt zu Boden fielen. "Hey ... was hast du? Nicht weinen.", fragte er besorgt, sich leicht zu ihr herunterbeugend. "Es tut mir Leid. Du hast recht. Ich sollte mich eigentlich freuen wieder bei meinen Eltern sein zu können ... aber ... du ... du wirst mir fehlen.", erwiderte sie weinend und schluchzend, immer bemüht sich ihre Tränen wegzuwischen. Nie hätte sie geglaubt das die Trennung von Shane so weh tun würde. Es war kein Vergleich zu damals als er mit Jáin aus Suldanessalar abzog, denn nun, wo sie schon so lange mit ihn durch Faerûn gezogen war, war es schwerer sich daran gewöhnen zu müssen das er nicht mehr da sein würde. Für sie war es nicht nur der Abschied von einen guten Freund und Weggefährten, sondern auch von jemanden der ihr wie ein großer Bruder zur Seite stand.

Noch in Gedanken versunken merkte sie zunächst gar nicht das er sie auf einmal fest umschloss und umarmte. Sie errötete etwas und für den Moment schwand ihre Trauer dahin. Er schloss seine Augen und legte ein entspanntes Lächeln auf die Lippen, während Kyren so überrascht war das sie zunächst einen Moment brauchte um seine Geste zu erwidern. "Ich werde dich auch vermissen. Und ich verspreche dir, sobald alles überstanden ist, komme ich dich in Suldanessalar besuchen, einverstanden?", sagte er mit sanfter Stimme und verstärkte somit die Röte in ihren Wangen. "Mach dir keine Sorgen, ich hab ja noch Sejya und Jáin bei mir. Wir packen das schon.", ergänzte er nachdem er wieder von ihr abließ. Seine Umarmung schien gewirkt zu haben, denn ihre Tränen waren plötzlich verschwunden. "Shane ...?", setzte sie an. "Ja?", fragte er, worauf sie einen langen Moment ins Schweigen geriet und ihn einfach nur ansah. So viele Erinnerungen durchströmten sie, so viele schöne Dinge die sie mit ihm verband. "Danke ... Danke für alles.", sagte sie schließlich und lächelte ihm entgegen. Ihre vermeintlich gute Stimmung war nur von kurzer Dauer, denn kurz darauf wendete sie sich ab und rannte zu ihren Eltern. Keinen Augenblick länger konnte sie seine Nähe ertragen, trieb ihr sein bloßer Anblick schon wieder neue Tränen in die Augen, während ihr Herz so sehr pochte das sie glaubte das es aus der Brust springen wollte. Sie kannte dieses bittersüße Gefühl in ihren Herzen nicht und wollte nur noch das es aufhörte.

"Tja, ich bin soweit. Wir könnten los.", meinte Jáin der sich ebenso wie Sejya mit hinter den Kopf verschränkten Armen angeschlichen hatte. Einen Moment sah Shane dem kleinen Elfenmädchen gedankenversunken nach, doch schließlich wendete er sich seinen beiden Gefährten zu. Obwohl er nicht wirklich etwas dafür konnte, tat es ihm Leid das sie das ganze so sehr mitnahm. Dennoch, seine Reise musste weiter gehen, wenn gleich auch nur noch zu dritt.
 

Bald darauf war für Sylviann der Augenblick gekommen den Portalzauber von ihrer Schriftrolle zu entfesseln. Kyrens Mutter merkte das ihre Tochter neben ihr einen sehr bedrückten Eindruck machte. Gedankenversunken starrte das kleine Mädchen auf den Boden, so dass ihr sogar entging das sich das Portal öffnete, was ihre Artgenossin soeben beschworen hatte.

"Kyren, das Portal.", meinte ihre Mutter und wies in die entsprechende Richtung. "Hm? Oh ...", gab sie leicht erschrocken zurück als sie es bemerkte. Sylviann und ihr Vater gingen bereits vor, während sie noch einen Moment zögerte. "Beeilt euch - es wird nicht ewig geöffnet bleiben.", rief Sylviann die beiden hinzu.

"Schon gut, geht ruhig schon einmal vor.", erwiderte die Mutter des Elfenmädchens freundlich. Für sie war es offensichtlich das ihre Tochter Kummer hatte, so dass sie sich vor sie stellte und zu ihr herunter beugte. Obwohl sie nicht viel davon mitbekommen hatte wie viel Kyren an Shane lag, schien sie zu spüren was sie bedrückte.

"Du magst diesen Jungen sehr, nicht wahr?", fragte sie und legte ein Lächeln auf, was sie ihr mit einen zaghaften Nicken bestätigte. "Dann solltest du bei ihm bleiben.", meinte sie mit sanfter Stimme, worauf sie aus ihren Trübsaal aufschrak. "Aber ...!", wollte sie widersprechen, doch ihre Mutter schien schon längst zu verstehen was in ihr vor ging. "Geh' immer da hin wo dein Herz dich hinführt. Glaub mir, ich verstehe dich. Du kannst ruhig weiter mit deinen Freunden reisen. Ich fühle das du bei ihnen in guten Händen bist und du sicher zurückkehren wirst.", widersprach sie freundlich.

Kleine Freudentränen bildeten sich in Kyrens Augen, die ihre Mutter dankend umarmte. "Danke Mama.", sagte sie erleichtert, bevor sie von ihr abließ. "Ich verspreche bald wieder zurück zu sein.", meinte sie freudestrahlend.

Schließlich ging auch ihre Mutter zum Portal, wo ihr Mann und Sylviann bereits auf sie warteten.

"Findest du nicht sie ist zu jung für so etwas?", fragte er besorgt. "Nein, sie ist viel stärker als wir denken - ich spüre es.", antwortete sie unbesorgt.

Winkend verabschiedete man sich von ihren Kind und schritt hindurch. Sie selbst erwartete Suldanessalar, ihre Tochter das wohl größte Abenteuer ihres Lebens ...

Folge 63: Gefährliche Klingen

Nachdenklich starrte Diron, in seiner dunklen Kammer in Moguls Feste, auf sein zweites Experiment was in einer speziellen Glaskammer auf sein erwachen wartete. Er genoss die Stille die lediglich durch das Summen der Maschinen getrübt wurde. Es überraschte ihn nicht als eine weitere Präsents in den Raum trat.

"Wie ich sehe arbeitest du schon wieder. Ich hoffe du hast etwas positives zu berichten, denn Mogul ist noch immer etwas verstimmt.", tönte Grays Stimme aus dem Dunkel hervor. "Mogul mag ein guter Kriegsherr und Kämpfer sein, aber mit Magie kennt er sich nicht aus.", erwiderte er kühl. "Mag sein. Unter Leaths Führung ist es seinen Truppen immerhin gelungen binnen weniger Tage den Rest von Thay zu erobern. Nur ein paar Splittergruppen der Roten Magier leisten vereinzelt noch Widerstand. Zu Schade das er das Buch der Riten noch nicht gefunden hat.", gab er mit zweifelhafter Stimmlage von sich und trat weiter an ihn heran, bevor er, nach einer kurzen Redepause, fort fuhr. "Weißt du, ich habe mich ein wenig schlau gemacht. Wusstest du das der Phönix in der Lage wäre mich und Mogul zu vernichten?", meinte Gray und trat noch etwas näher an Diron heran, so dass er seinen Atem im Nacken spüren konnte. "Das ist mir durchaus bewusst.", gab er gelassen zurück. "Und warum hast du ihnen die Artefakte dann einfach so überlassen, mal ganz abgesehen davon dass du uns das verschwiegen hast?", fragte er mit sanfter Stimme und strich ihn mit seiner Hand über die Brust. "Im Gegensatz zu mir verfügen diese Narren nur über begrenztes Wissen. Sie hatten ja nicht einmal gewusst dass sie eine Runenschrift in den Boden ritzen müssen um den Phönix mit den Artefakten zu beschwören. Diese Dummköpfe haben ihn sicher schön längst gerufen und wissen nicht was sie mit ihn anfangen sollen. Sie haben ihren letzten Trumpf schon längst verspielt und müssten einhundert Jahre warten bis sie den Phönix wieder rufen könnten.", erklärte er unbeeindruckt, während Gray genüsslich seinen Körper an den des Nekromanten presste. "Wie ich sehe steckt also doch Methodik hinter deinen kleinen Spielchen, aber was wirst du nun tun?", erwiderte er und griff mit seiner Hand unter die Kleidung des Zauberers, den das völlig kalt zu lassen schien. Ein unheimliches Schmunzeln glitt über Dirons Lippen, während sein Blick auf die Gestalt im zweiten Behälter blickte. Kurz darauf packte er die Hand seines Hintermannes und löste sie von sich. "Das wirst du schon sehr bald erfahren.", meinte er vorfreudig, so dass auch Gray ein höheres Interesse am zweiten Experiment des Nekromanten entwickelte.
 

Trotz des Sieges bei Telpir und den Erfolg bei der Phönixbeschwörung lagen für Kyren und ihre Gefährten noch einige Fragen offen die es zu klären gab. Sie schien überglücklich zu sein weiter mit ihren Freunden reisen zu können und dachte an den letzten Tag zurück, als sie sich fast von ihnen getrennt hatte.

~

Winkend und rufend hatte sie auf sich aufmerksam gemacht als ihre Mitstreiter die Stadt bereits ohne sie verlassen hatten. Shane schien überrascht, aber auch erfreut gewesen zu sein sie wieder zu sehen. "Kyren? Was ist passiert? Ich dachte ...", fragte er verwundert, bevor sie ihn die gute Nachricht überbrachte. "Es ist alles in Ordnung. Meine Eltern haben mir erlaubt bei euch zu bleiben.", erwiderte sie. "Das heißt, du willst weiter mit uns reisen und gegen Mogul kämpfen?", wunderte sich Jáin. "Ja! Ich kann euch doch jetzt nicht im Stich lassen.", antwortete sie vorfreudig.

"Aber es könnte noch ziemlich gefährlich werden. Wer weiß was uns in Thay erwartet ... andererseits ... deine Heilkräfte könnten noch nützlich sein.", merkte Sejya an, bevor auch sie ein paar positive Schlüsse zog.

~

Ihre Reise zur Hafenstadt Alaghon verlief ruhig und entspannend. In der Ferne sah man das Meer, während angenehm warme Sonnenstrahlen vom Himmel schienen. Die Ruhe war fast zu schön um wahr zu sein und niemand ahnte was ihnen noch bevorstand.
 

Allgegenwärtige Finsternis war alles was ein junges Mädchen wahr nahm, nachdem sie aus ihren langen Schlaf erwacht war. Es spielte fast keine Rolle ob ihre Augen geöffnet waren oder nicht. Kälte umrang sie und das unheilvolle Gefühl das etwas nicht stimmte. Sie spürte ihren nackten Körper auf einen metallenen Tisch liegen, während ein fortwährender, aber abklimmender, Schmerz ihren Bauch durchzog. "Steh auf!", tönte auf einmal eine strenge Stimme aus nicht allzu weiter Entfernung hervor.

Mühsam rekelte sie ihre Finger als nach und nach wieder etwas mehr Gefühl in ihren Körper kam. Gewillt den Befehl zu folgen erhob sie sich, wenn gleich ihr Gleichgewicht nicht gleich einkehren wollte. Instinktiv stützte sie sich einen Moment an der eisernen Platte ab auf der sie gelegen hatte, bevor sie ein paar Schritte nach vorn trat. Ein leichter Schmerz im Kopf ließ ihre Hand an ihr blaues Haar gleiten. Langsam kehrte auch ihr Augenlicht wieder zurück, doch eines blieb verschollen. "Wer ... bin ich?", fragte sie mit schwacher Stimme und blickte auf den Mann im Lichtschein, der nur einige Meter entfernt von ihr stand. Sie erhielt jedoch keine Antwort von der Gestalt, der eine Narbe über das rechte Auge verlief.

Prüde warf er ihr ein Bündel Sachen vor ihre Füße und gab ihr weitere Anweisungen. "Los! Zieh das an!", erwiderte er lediglich. Diron legte keinen Wert darauf das Mädchen nackt zu sehen, das zu kaum einen klaren Gedanken fähig schien.

In der Hoffnung ein paar Antworten zu erhalten, tat sie was man ihr sagte und kleidete sich nach und nach ein. Ein enges, bauchfreies Top und ein langer Rock, der an den Seiten offen war sollte ihre neue Tracht sein. "Deine Vergangenheit zählt nicht! Dein Name ist Faye ... und nun folge mir! Ich zeige dir deine Bestimmung.", meinte er mit finsteren Blick. Noch verstand sie die Zusammenhänge ihres Daseins nicht, obwohl ihre Bestimmung schon längst festgelegt war.
 

Kyren und die anderen waren nun schon einige Tage unterwegs gewesen, seit sie von Telpir aufgebrochen waren. Für die kleine Elfin war es eine ganz besondere Zeit, denn die Reise durch das Königreich Turmisch war so friedlich wie schon lange nicht mehr.

In einen kleinen Waldstück gönnte man sich eine kurze Rast zur Mittagspause. Während Kyren ein wenig Brennholz für das Lagerfeuer einsammelte, bereiteten ihre Mitstreiter das Essen vor. Als sie zurückkam stellte sie fest das Shane verschwunden war, so dass sie sogleich nach ihm fragte.

"Er ist zum See gegangen, etwas Wasser holen.", tönte es von Jáin auf ihre Frage zurück, der ihr auch gleich die Richtung wies. Für einen Moment zögerte sie, da sie es nicht für eine so große Sache hielt das man ihm folgen müsste, aber ihr Gefühl sagte ihr etwas anderes. Seit einigen Tagen verhielt er sich ungewöhnlich still und nachdenklich. Selten wechselte er ein Wort mit ihr oder den anderen, fast so als ob ihn etwas bedrückte.

Er saß noch am See als sie schließlich zu ihm stieß. Obwohl sie ihn nur von hinten sah, spürte sie das seine Mimik nicht die beste war. Nur zögerlich näherte sie sich, bis sie sich durchrang sich neben ihn zu setzen.

Mit einen kurzen Lächeln versuchte sie ihn aufzumuntern, doch er schien sie gar nicht richtig wahrzunehmen. "Hey, was machst du hier so alleine?", fragte sie mit munterer Stimme, was er aber nur mit einen leisen Seufzer kommentierte. Eine Weile herrschte Stillschweigen zwischen den beiden, das gelegentlich dadurch unterbrochen war, das Shane einen Stein in den See warf. Sorgvoll musterte sie seine ziellos blickenden Augen und versuchte die Antwort aus ihnen zu lesen. Es vergingen einige Augenblicke, bevor er schließlich antwortete.

"Weißt du wie das Gefühl ist, zu wissen das da draußen etwas ist ... etwas das sehr wichtig ist ... und doch nicht zu wissen wonach man sucht? Es ist so, als fehlt mir ein Stück meines Selbst, aber egal wie sehr ich suche, egal wie sehr ich auch darüber nachdenke, ich finde die Antwort nicht. Manchmal spüre ich das die Lösung ganz nah ist, aber das ist oft nur ein flüchtiger Moment."

Seine Worte waren beunruhigend, aber sie wusste nicht wie sie ihm helfen konnte. Seine Erinnerungen waren zerstückelt und der Teil von ihm der tief in ihm schlief, gab sie nicht frei. Gerne wollte sie ihn trösten, ihn vielleicht durch eine Berührung wieder zum Lächeln bringen, aber auch wenn ihr Herz bei den Gedanken zu rasen begann, respektierte sie seine Sorge. "Das Essen wird sicher bald fertig sein.", meinte sie und erhob sich. "Geh ruhig schon mal vor. Ich werde gleich nachkommen.", erwiderte er ohne sich ihr zuzuwenden. Weiterhin fiel sein trübseliger Blick auf das Wasser. Sie sah ein das es besser war ihn noch einen Moment allein zu lassen.
 

Auch Diron hatte die vergangenen Tage genutzt. Mogul und Gray erwarteten ihn bereits in der unterirdischen Feste. Für ihr Treffen hatten sie einen recht spektakulären Ort gewählt, denn nach einigen Metern endete dieser in einer tiefen Schlucht, deren Boden von der Dunkelheit verschlungen wurde. Eine Metallgeländer, an das sich Gray lässig lehnte, bot etwas Schutz vor dem herunterfallen. Nur eine schmale Brücke aus Metall führte über die Schlucht zur anderen Seite der Höhle und somit auch zum Eingang von Moguls Feste.

Diron kam diesen Steg relativ zügig entlanggelaufen, gefolgt von einer ominösen Gestalt in verhüllenden Gewand, denn er wollte seine beiden Herren nicht länger warten lassen. Durch die Geräuschkulisse seiner Schritte wurden die beiden schnell auf ihn aufmerksam und wendeten sich ihm zu.

"Also Diron, ich hoffe du hast eine gute Begründung uns hier her zu bestellen.", rügte ihn der Dämonenritter. "Natürlich. Ich brauche für mein Experiment die Fähigkeiten eines ausgezeichneten Schwertkämpfers wie Euch, Mogul.", tönte er recht arrogant zurück, sehr zur Verwunderung des berüsteten Mannes. "Ihr wollt gegen mich kämpfen?!", fragte er verblüfft.

Schnell wurde ihm klar das er etwas anderes plante, denn sein Schmunzeln verriet ihn, das nicht er es war der kämpfen sollte. Gray schien bereits eingeweiht zu sein und erklärte ihm den Rest. "Nein, nicht er wird dich herausfordern - Sie wird es!", rief er und deutete auf die Gestalt die Diron in geringen Abstand gefolgt war.

Mogul wirkte überrascht von der Wahl, blieb aber dennoch skeptisch. "Was?! Ihr wollt das ich meine Fähigkeiten an solch einem Gegner verschwende?", gab er erstaunt zurück. "Ganz genau, oder habt Ihr etwa Angst?", erwiderte Diron zynisch. "Pah, sie kann mich eh nicht schlagen, also warum sollte ich Angst haben? Dennoch ... ich mache Euch ein gutes Gegenangebot. Dein Schützling gegen meinen Schützling. Was hältst du davon?", tönte er kaltschnäuzig zurück. Sein Gegenüber schien von dieser Bedingung nicht allzu begeistert zu sein, sichtlich zum Amüsement von Gray. "Was denn? Du bist doch nicht etwa immer noch sauer weil wir dir dein erstes Experiment ... weggenommen haben ...", warf er schmunzelnd ein und erhielt Moguls vollste Zustimmung. "Immerhin ist Thay innerhalb weniger Wochen unter gegangen, seit er meine Truppen befehligt. Er hat mein Herr durch Söldner und andere Dunkelelfen verstärkt. Es gibt wohl keinen würdigeren Gegner als ihn, für dein Schoßhündchen.", ergänzte dieser.

Zwar war Diron mit dieser Wahl nicht ganz einverstanden, aber er war neugierig ob seine Einschätzung stimmte das Leath ein zu leichter Gegner war. "Nun gut, ich bin einverstanden. Es wird zwar etwas zu leicht sein, aber zur Aufwärmung sollte es genügen.", meinte er nach kurzen Bedenken.
 

Kurze Zeit später war es so weit - Leath und Faye standen sich auf der Verbindungsbrücke zu Moguls Festung gegenüber. "Das soll mein Gegner sein? Das ist ja ein Mädchen!", schrie er entrüstet als er merkte mit wem er sich duellieren sollte. Zwar trug sie eine metallische Maske, die die untere Hälfte ihres Gesichtes abdeckte, aber ihre Tracht verbarg keines Wegs ihre Weiblichkeit. Diron hingegen war sich sicher das dies ein würdiger Gegner für den Dunkelelfen war. "Du solltest nicht nach ihren Äußeren gehen, sonst wirst du es bereuen, Leath."

Leath blieb skeptisch und zog sein Schwert, während seine Gegnerin die Lanze als Waffe gewählt hatte. Es war vielleicht ein Nachteil auf der Brücke zu kämpfen, die zwar äußerst stabil, aber dafür, trotz Geländer, nicht allzu breit war. Gray war es der den Kampf schließlich frei gab und mit erwartungsvollen Blick zu den beiden Kämpfern sah.

"Na, dann los!", rief Leath kampfeslustig und stürmte auf das Mädchen zu, das bisher ihren Kopf noch gesenkt hielt. Überhaupt war die junge Menschin ungewöhnlich still und hatte bisher noch kein Ton von sich hören lassen. Sie reagierte blitzartig als ihr der Dunkelelf zu nahe kam und blockte seinen ersten Schwerthieb mit Leichtigkeit dank ihrer Lanze ab. Schon im nächsten Moment nahm das Duell eine Wendung, obwohl es gerade erst begonnen hatte. Den Dunkelelfen gelang es zwar noch die schnellen Attacken ihrer Lanze auszuweichen oder sie zu blocken, doch nur selten brach er aus seiner Verteidigung aus um einen Gegenangriff zu starten.

Mogul schien höchst beeindruckt von der jungen Kämpferin, die sich mehr als wacker schlug. Ihre Technik war sehr versiert, obwohl die Schmale des Stegs eher hinderlich für ihre lange Waffe war.

Leath fabrizierte immer mehr Fehlschläge und traf mehr das Geländer als seine Gegnerin. Sie war äußerst flink, grazil und wendig, wobei sich seine Rüstung in der Hinsicht als Nachteil herausstellte.

Für einen Augenblick gingen die beiden Kampfparteien auseinander um ihre Taktiken zu überdenken. Leath atmete bereits schwer, während Faye noch sehr ausgeruht wirkte, ja nicht einmal einen Scheißtropfen auf ihrer Haut hatte.

Diron war hochzufrieden mit der Leistung seines Schützlings und schmunzelte arrogant in sich hinein. "Genug, Faye. Bereite dem ein Ende, aber bring ihn nicht um.", rief er ihr zu. Sie nickte kurz und rang ihre Hände noch einmal fest um ihre Stabwaffe. "Pah! Der werde ich es schon noch zeigen!", fauchte ihr dunkelhäutiger Gegner zurück holte noch ein mal tief Luft.

Wieder trafen die beiden aufeinander und schenkten sich keinen Zentimeter. Schon längst waren die Grenzen eines Übungskampfes überschritten, so tödlich waren die Angriffe der beiden Kämpfer. Das Duell endete als sich Leath im Vorteil sah und glaubte eine Lücke in ihrer Verteidigung gefunden zu haben. Laut aufschreiend schlug er zu, doch es gelang ihm nur ein paar ihrer Haarspitzen abzutrennen. Folglich geriet er in Probleme, denn Faye nutzte seinen Fehler gnadenlos aus. Ein paar Schlagkombinationen ihrer Lanze hielt er noch mit, bis sie dem ganzen ein Ende setzte und seine rechte Hand, die zugleich seine Schwerthand war, abschlug. Blut spritzte auf, während seine Hand, samt Schwert in die Tiefe stürzte. Leath stieß einen schmerzvollen Schrei aus, bevor er, sich an der Wunde haltend, in die Knie ging. Siegessicher richtete sie das spitze Ende ihrer Lanze gegen seinen Kopf, zog sie aber schnell zurück, als klar war das sie gewonnen hatte.

"Bravo, eine wirklich ausgezeichnete Vorstellung!", rief Gray amüsiert und spendete zweifelhaften Applaus. Mogul musste zähneknirschend eingestehen das sein Schützling verloren hatte, der sich noch immer seine Wunde hielt. Frustriert verließ er die Halle in Richtung Feste und ließ ihn blutend zurück. Diron nahm das Ergebnis recht nüchtern hin, hatte er doch eh nichts anderes erwartet. Kaum war der Dämonritter fort, wendete sich Gray dem Nekromanten zu. "Ich bin sehr zufrieden, Diron. Sie scheint wirklich exzellent zu sein. Mit ihrer Hilfe ist es sicher eine Leichtigkeit diesen Halbelfen zu vernichten und mir das Mädchen zu bringen.", meinte er erwartungsfroh. "Natürlich. Aber wird Mogul ...?", erwiderte Diron, bevor er ihn bereits wieder unterbrach. "Mogul ist ein Narr! Er weiß den Wert von Freiheit nicht zu schätzen. Für ihn zählt nur seine Bestimmung und diese alberne Hoffnung auf das Buch der Riten. Ich hingegen ziehe die Freiheit vor. Die Kopfgeldjäger taugen offensichtlich nichts, also bring mir das Mädchen, koste es was es wolle!", tönte er schroff zurück.

Im Grunde war es dem Nekromanten egal welche Forderungen man an ihn stellte, denn Fayes primäres Ziel war die Eliminierung Shanes.

Schließlich trat er an Leath heran, der noch immer am Boden kniete und seinen rechten Arm hielt. Unter seinem Gewand holte er ein kleines Fläschchen hervor, in dem eine blaue Flüssigkeit schimmerte, und hielt es dem Drow hin. Leath schenkte dem Trank nur kurz Beachtung und drehte sich schnell wieder ab. Seine Miene verfinsterte sich, aber Diron blieb bei seinem Angebot. "Trink das, es wird deine Hand wieder regenerieren.", sagte er nüchtern.

Der stolze Dunkelelf lehnte jedoch ab und erhob sich, ohne den Magier eines Blickes zu würdigen. "Wenn es dir nichts ausmacht würde ich eine andere Variante bevorzugen.", gab er leise zurück und senkte seinen Kopf leicht ab. "Verstehe.", entgegnete Diron nüchtern und steckte den Trank wieder weg.
 

Kriegsgebrüll ertönte derweil im fernen Ormath. Hunderte von bewaffneten Harfnern griffen die Stadt an, die sich schon seit einigen Wochen in der Hand einer aufstrebenden Macht befand. Angeführt von einem blinden Mönch, den Kyren und ihre Freunde bereits als Jarod kennen gelernt hatten, stürmten sie die schier uneinnehmbare Festung und fügten den Besatzern schwere Verluste zu.

Aus sicherer Entfernung verfolgte John das Kampfgeschehen von einer Hochebene aus. Mit verschränkten Armen nahm er den Verlauf des Gefechts zur Kenntnis. Offensichtlich gefiel ihm nicht was er sah, sehr zum Amüsement der in weiß gekleideten Person die hinter ihm stand. "Wie es aussieht war's das. Ormath war die letzte Bastion. Wer hätte gedacht das die Niederlage in Telpir solche Konsequenzen haben würde. Offenbar wurde die unfähige Menschheit doch unterschätzt.", tönte die maskierte Gestalt zynisch hervor.

"Nun tu nicht so als ob du nichts dazu beigetragen hast das es so gekommen ist. Ehrlich gesagt würde ich dir gerne den Hals umdrehen.", gab John mürrisch mit Blick auf das Schlachtfeld zurück. "Offenbar hast du endlich akzeptiert wer ich bin, sonst hättest du es sicher schon längst getan, nicht wahr?", erwiderte der Meisterdieb schmunzelnd, wenngleich er ihm eine Antwort schuldig blieb. Dem Mann in weiß war es gleich, denn diese Reaktion war ihm Antwort genug. Mit leisen Gelächter verschwand er schließlich mittels eines Teleportzaubers, während John unvermittelt weiter auf den Kämpf um Ormath sah.
 

Aufflackerndes Licht strömte aus einen der vielen Räume von Moguls Festung. Funken sprühten als ob ein Schmied ein heißes Schwert bearbeitete. Leath saß still in einem Stuhl und hielt die Augen geschlossen, während Diron seinen rechten Arm bearbeitete. Eine Schutzbrille verhinderte das ihm Funken in die Augen sprangen, spezielle Handschuhe davor, das ihm die Hände verbrannten. Immer wieder wendete er mit der einen Hand einen Heilzauber an, während er mit der anderen diverse andere Zauber ausübte, die sich zumeist der Natur des Feuers bedienten. Obwohl Leath ziemliche Schmerzen haben musste hielt es der Tortur stand.

"Wir sind fertig.", sagte Diron schließlich und nahm seine Schutzbrille ab. Ungläubig starrte der Dunkelelf auf seine rechte Hand und begutachtete die Arbeit des Magiers. Vorsichtig wagte er es einen Finger zu bewegen, bis er seine neue eiserne Hand zur Faust ballte. "Ausgezeichnet.", gab er schmunzelnd von sich. Stolz hob er die neue Hand zur genaueren Betrachtung vor sein Gesicht, wo er sie drehte und wendete.

"Ihr Drow habt wirklich einen merkwürdigen Stolz. Zieht eine Hand aus Metall vor, anstatt eure organische einfach nachwachsen zu lassen.", tönte Diron während er seine Spezialhandschuhe in einem Schubfach ablegte. "Jede Wunde, jede Narbe, die wir aus einem Kampf davon tragen prägt uns. Es wäre schändlich eine Verletzung zu vertuschen.", erklärte er kühl. Diron sah seine Arbeit als getan und verabschiedete sich mit ein paar Ratschlägen um sich wieder seinen eigenen Schützling widmen zu können. "Wie dem auch sei. Du solltest sie ein paar Stunden nicht belasten. Abgesehen davon das du mit deiner neuen Hand weder Kälte noch Wärme spüren kannst, hast du keine Nachteile. Dafür ist sie belastbarer und stärker. Ein spezieller Zauber erlaubt dir sie genau wie eine organische Hand zu bewegen. Sie ist mit deinem Arm verschmolzen, das heißt du kannst sie nicht einfach abnehmen, wenn du Lust hast. Wenn irgendwas nicht in Ordnung ist, du weißt ja wo du mich findest."

Leath hingegen war mit seinen Gedanken schon längst woanders. Der Verlust seiner Hand schien ein altes Gefühl wieder neu entflammen zu können. Alles was er wollte, war Rache - nicht an Faye - viel mehr an denen, die einst durch ihren Widerstand zu seinem Tod beigetragen hatten, ohne die er nicht in diese Lage gekommen wäre.
 

Shane und seine Gefährten machten derweil eine ungewöhnliche Entdeckung. Eine kleine Stadt, die aus der Ferne noch Hoffnungen auf eine Taverne mit warmer Mahlzeit machte, stellte sich als wahre Geisterstadt heraus. Die Häuser waren alt und teilweise eingestürzt, andere ausgebrannt. Ein gespenstisches Szenario beherrschte die leeren Straßen und das obwohl es helllichter Tag war.

"Ich glaube nicht das hier noch irgend jemand lebt.", merkte Jáin nüchtern an, der sich wie all die anderen umsah. "Was hier wohl passiert sein mag?", fragte sich Kyren leise, während man weiter durch die Straßen zog. Lediglich Sejya schien unbeeindruckt, da ihr die Vergangenheit des Ortes auch recht egal war. "Kann uns doch egal sein. Hier lebt schon lange niemand mehr, also sollten wir machen das wir weiterkommen.", meinte sie leicht mürrisch. Shane nahm die Sache etwas ernster, denn für ihn war es nicht schlüssig warum man diesen Ort aufgegeben hatte. "Trotzdem ist es schon merkwürdig warum man diese Stadt verlassen hat. Es muss doch einen Grund geben.", gab er nachdenklich zurück.

Ein herabfallender Brocken in einen der Bauten ließ ihn schnell aus seinen Gedankengängen aufschrecken. Auch den anderen war das Geräusch nicht entgangen, so dass man kurz inne hielt. "Ich sag's euch, irgendwas ist hier oberfaul.", merkte Jáin mürrisch an. Schnell wurde klar das man doch nicht so alleine war wie man dachte, als man einen langen Schatten durch eine der Ruinen huschen sah. "Mir gefällt das ganz und gar nicht.", meinte Shane zähnknirschend, sich immer wieder im Kreis drehend.

"Ei, ei, ei, wenn haben wir denn da? Wieder ein paar Narren die sich hier her verirrt haben?", tönte plötzlich eine fremde Stimme hervor. "Was?! Wer ist da?!", erwiderte der junge Halbelf nervös.

"Komm raus und zeig dich, wer immer du bist!", forderte Sejya, deren Forderung prompt erhört wurde. Zu spät bemerkte sie das der Boden vor ihren Füßen bröckelte aus dem plötzlich ein langes Schlangenwesen geschossen kam. "Sejya!", schrie Jáin aufgeregt.

Im letzten Augenblick gelang es ihr noch auszuweichen und somit dem giftigen Stachel am Schwanzende des Wesens zu entkommen, das es mit voller Wucht auf sie gerammt hatte.

"Ein Naga!", rief Shane überrascht und zog sofort sein neues Schwert zu Hilfe. "Eine Geisternaga um ganz genau zu sein.", ergänzte sein dunkelhäutiger Gefährte und tat es ihm gleich, während Kyren sich möglichst unauffällig hinter ihnen in Sicherheit brachte.

"Ganz recht, und ihr seid dann wohl mein Mittagessen.", tönte der Naga zynisch zurück. Er maß gut 5 Meter Länge, hatte aber im Gegensatz zu vielen anderen Schlangenwesen, einen verhältnismäßig menschlichen Kopf. Sein Stachel am Ende des Schwanzes maß mindestens noch einen weiteren halben Meter. Seine schwarz rot-schimmernde Haut bestätigte den Verdacht Jáins dass es sich um die bösartige Sorte der Naga - der Geisternaga - handelte.

"Ich hab' Angst.", piepste Kyren mit zitternden Knien hinter Shane hervor und erregte somit die Aufmerksamkeit des Schlangenwesens. "Ah, wie schmackhaft. Eine niedliche, kleine Elfe. Mit dir fange ich als Vorspeise an.", gab es lechzend von sich und machte ihr somit nur noch mehr Angst. Dennoch wies Shane ihn schnell in seine Schranken und streckte seine Klinge nach ihm aus. "Rühr sie ja nicht an!", fauchte er bedrohlich zurück, griff aber nicht an. Sejya hatte sich zwar von ihrem Schreck erholt, doch die Situation verhieß nichts gutes, da sie keine Waffen bei sich trug. "Verdammt Jáin, greif es doch an!", rief sie und wich vorsichtig zurück. "Das geht nicht so einfach. Diese Biester haben eine enorme geringe Reaktionszeit. Wenn mich der Stachel erwischt bin ich erledigt.", erwiderte er gefasst, sehr zum Amüsement des Naga. "Ah, du bist ja ein ganz Schlauer. Ich hab mich schon immer gefragt wie Drowfleisch wohl schmeckt.", wisperte der Naga amüsiert.

Shane war sich nicht sicher was er tun konnte, da er noch nie gegen ein solches Wesen kämpfen musste. Es war schwer für ihn abzuschätzen ob er schnell genug war um einen erfolgreichen Angriff zu starten. Alles was er tun konnte war zähneknirschend abzuwarten bis es angriff oder einen Fehler machte.

Schließlich wendete sich der Kopf der Kreatur wieder dem kleinen Elfenmädchen zu, das es offensichtlich als erste Beute erwählt hatte. "Du bist als erstes dran.", lechzte es zähnefletschend und rammte seinen Stachel in ihre Richtung. "Pass auf!", rief Shane panisch und riss sie mit sich beiseite. Der Stachel verfehlte sie nur knapp und ihm war klar das sie keine lange Atempause haben würden. Unsanft landeten beide am Boden und waren nun leichte Beute für den Naga, doch das Wesen schien noch etwas mit seiner Beute spielen zu wollen. "Mist! Das Vieh ist verdammt schnell!", gab Shane ächzend von sich und half Kyren auf. "Alles in Ordnung?", fragte er vorsichtshalber nach und ging mit ihr ein paar Schritt nach hinten, während sie seine Frage nickend bejahte. "Ich glaub' schon.", erwiderte sie zaghaft.

Ihre Gefährten waren das nächste Ziel, doch auch ihnen gelang es noch rechtzeitig auszuweichen, wenn gleich klar war, dass es nicht ewig so weiter gehen konnte. "Was sollen wir nur tun?", fragte Kyren ängstlich und erhielt unerwartet eine Antwort vom Naga selbst. "Sterben!", tönte es mit gefräßigem Blick zurück.

Niemand bemerkte dass das Geschehen von einen der Dächer aus beobachtet wurde. Eine maskiertes Mädchen verharrte dort regungslos und wartete geduldig den Ausgang des Kampfes ab.

Wieder schlug der Naga mit seinem giftigen Stachel zu, doch diesmal wich Shane nicht aus. Ein klirrendes Geräusch ging um, mit dem Resultat das der tapfere Halbelf den Stachel mit seinem Schwert geblockt hatte. Wehement stemmte er sein Schwert gegen den Stachel des Naga, der genauso wenig nachgab wie Shane selbst.

"Shane!", schrie Kyren besorgt, die mit leichter Verzögerung realisierte welches Wagnis ihr Gefährte damit eingegangen war. Es war weder sicher ob seine Klinge stand halten würde, noch ob er die Kraft hatte den Druck standzuhalten. "Na mach schon Jáin!", ächzte er mit zerknirschter Miene seinen Gefährten zu, der erst jetzt realisierte, das er mehr tun konnte als einfach nur zuzuschauen. "Jawohl!", rief er kurz nickend zurück und stürmte auf die nun ungeschützte Kreatur zu. Der Naga erwies sich jedoch als äußerst flink und ließ von Shane ab um den Angriff des Dunkelelfen zu kontern. Haarscharf entging dieser dem tödlichen Stachel und brach seine Attacke ab. Zu spät sah der Naga das Jáin trotz allen schmunzelte. Nun konnte ihn auch seine schnelle Reaktion nicht mehr vor dem Ende retten als er Shane aus den Augenwinkeln schwertschwingend angesprungen kommen sah. Mit einen gekonnten Hieb trennte der junge Halbelf den Kopf des Naga ab und entschied den Kampf somit zu seinen Gunsten.

Geschickt hatte er die Tatsache ausgenutzt dass, wenn der Naga von ihm abließ um sich Jáin zuzuwenden, er selbst wieder frei war um ebenfalls einen sofortigen Angriff zu starten. Das neue Schwert das ihm sein Vater geschenkt hatte, hatte seinen ersten Bewährungstest überstanden. Erleichtert ließ er es wieder in die Halterung gleiten und atmete tief aus.

Sofort eilte Kyren zu ihm um sich zu vergewissern das mit ihm alles in Ordnung war, während er den leblosen Leib des Naga musterte. "Nun wissen wir wohl warum hier niemand mehr lebte.", meinte er in nachdenklichen Ton. "Gut gemacht, Junge.", lobte ihn Jáin derweil, der genauso erleichtert darüber zu sein schien es überstanden zu haben, wie Shane selbst.

Die Freude über diesen Erfolg währte nur kurz als Kyren plötzlich aufschrie als eine Lanze direkt auf Shane zugeschossen kam. "Pass auf, Shane!", schrie sie panisch und warnte ihren Gefährten gerade noch rechtzeitig, der einfach einen Schritt beiseite trat, so dass ihn die Lanze verfehlte und sich direkt neben ihm in die Erde bohrte. Schnell hatte der Besitzer dieser Waffe die ungeteilte Aufmerksamkeit der Gruppe errungen, wenn gleich dessen Interesse sich mehr auf Shane fixieren sollte.

Elegant sprang die Gestalt vom Dach eines alten Hauses hinab und landete gekonnt auf beiden Füßen. Jáin traute seinen Augen kaum, denn der Angreifer war nicht nur exotisch gekleidet sondern auch weiblicher Natur. "Das ist ja ein Mädchen!", staunte er mit geweiteten Augen.

"Wer bist du?", rief Shane mit strengen Blick, während sie sich langsam näherte. "Faye.", tönte sie emotionslos unter ihrer Maskierung vor. Ihr Blick war eiskalt, gerade zu leer, ebenso wie ihre Mimik, die Weder Hass noch Güte zeigte.

Der junge Halbelf fragte sich wer sie wohl war und was sie wollte. Für eine Kopfgeldjägerin war sie eigentlich zu jung, obwohl Sejya bereits bewiesen hatte dass das Alter wohl nicht so entscheidend in dieser Branche war. Obwohl das fremde Halbelfenmädchen mit ihren blauen Haaren nicht besonders bedrohlich aussah, stellte sie ihre Gefährlichkeit nur wenige Sekunden später zur Schau. Ein unheimliches Funkeln lag in ihren Augen als sie völlig unvorhergesehen auf Shane losging. Bevor der sich versah stand sie schon vor ihm, griff ihre Lanze und setzte alles daran ihn damit zu töten. Er war sichtlich beeindruckt von ihrer Schnelligkeit, doch auch er schaltete rasch genug um ihren Hieben gerade noch auszuweichen. "Shane!", schrie Kyren aufgeregt und dachte daran ihm zu Hilfe zu eilen, aber da waren die beiden schon mitten im Gefecht. Ihr Gefährte hatte nicht einmal die Zeit sein Schwert zu ziehen, so sehr war er in ausweichenden Körperbewegungen vertieft. Sejya schien äußerst besorgt, denn das Tempo was das Mädchen vorlegte war wirklich sagenhaft. "Die bringt ihn noch um!", rief sie, wenn gleich sie eben so wie Jáin zum zusehen verdammt war. "Wir müssen was tun!", rief Kyren verzweifelt und wand sich mit hoffnungsvollen Blick an Jáin. "Wir können nur hoffen das Shane das durchhält.", erwiderte er schon etwas resignierend, denn um ihm zu helfen war das Tempo bereits zu schnell.

Shane gelang es den Kampf in die Innenräume der alten Häuser und Gebäude zu verlagern, die daraufhin im Sekundentakt zusammenbrachen und nichts als Staubwolken hinterließen. Mutig sprang er von ein Gebäude ins das nächste, doch seine Verfolgerin ließ nicht locker. Sein Herz schlug schnell und ein merkwürdiges Gefühl durchschlich ihn, fast so als spürte er schon den Griff des Todes an seiner Brust.

In einer alten Villa endete die Jagd schließlich, denn dies war das letzte Gebäude das in sich zusammenbrach, nachdem Faye es kurz und klein geschlagen hatte. Vergeblich hoffte Kyren das Shane aus den Staubschwaden hervortreten würde. Stattdessen war es das fremde Mädchen das ihnen entgegenkam und schon ihre nächsten Ziele anvisierte. Ihre Mimik war noch genauso starr wie zu beginn und obwohl sie ein höllisches Tempo vorgelegt hatte, war sie nicht einmal außer Atem.

"Oh nein! Shane!!!", kreischte Kyren, die nun annehmen musste das er tot unter diesen Trümmern begraben lag. Geschockt sank sie in die Knie und begann am ganzen Leib zu zittern. Zu tief saß der Schmerz ihn so zu verlieren, wenn gleich sie das Fünkchen Hoffnung bewarte das er es irgendwie überlebt haben könnte.

"Scheiße! Als nächstes sind wir dran!", schrie Jáin verbittert und hielt seine Waffe kampfbereit. "So leicht kriegt die mich nicht klein!", fauchte Sejya wütend und stellte sich ebenfalls zum Kampf. Ihre Worte nützen nichts, denn mit einigen wenigen Schlagkombinationen gelang es Faye die beiden zu Boden zu bringen. Ohne einen Hauch von Mitleid streckte sie ihre Lanze in die Luft um Jáin den Gnadenstoß zu geben. Hilflos sah Kyren wie sie ihre Lanze ausholte, doch auch sie konnte ihm nicht mehr helfen, war sie doch viel zu durcheinander um sich auf einen Zauber zu konzentrieren. Plötzlich ertönte eine Stimme aus der Ferne, die in ihr neue Lebensgeister zu erwecken schien. Zunächst glaubte sie sich es nur eingebildet zu haben, doch auch Faye schien sie vernommen zu haben. "Wir ... sind noch nicht fertig.", tönte Shane kühl hervor und wischte sich etwas Blut von den Lippen. Er schien zwar leicht verwundet, wagte es aber dennoch weiter zu kämpfen.

"Shane!", rief das Elfenmädchen glücklich, dem mit seinen erscheinen ein Stein vom Herzen fiel. Jáin staunte nicht schlecht, denn diese paar Worte schienen zu reichen um sein Leben vorerst zu verschonen. Wieder stürmte das maskierte Mädchen auf Shane zu, doch diesmal war er besser auf sie vorbereitet. Ihre Lanze fand ihren Meister in seinen Schwert, das er inzwischen gezogen hatte. Keine noch so schnelle oder versierte Technik vermochte es ihn zu bedrängen. Stattdessen gelang es ihm, die Klinge ihrer Waffe durch einen gezielten Schnitt abzuschlagen. Fortan brauchte er kein Schwert mehr, denn auch wenn sie sich mit einem Fußtritt zur wehr setzten wollte, blockte er ihn mit optischer Leichtigkeit. Schon im nächsten Moment packte er ihren Fuß und schleuderte sie in ein altes Haus, das mit ihrem Einschlag in sich zusammen fiel.

Für einen Moment glaubten sich seine Gefährten schon auf der Siegerseite zu finden, denn der Aufschlag sah wirklich hart aus, doch schon wenige Augenblicke später wurden sie eines besseren belehrt. Obwohl die Steinmassen sicher nicht leicht waren, schoss sie wie eine Rakete aus diesen hervor und landete auf dem selbigen. Erstmals zeigte ihre Mimik eine Veränderung, wenn gleich ein verachtenswerter Blick sicher nicht das war was man sich erhofft hatte. Ohne ein weiteres Wort zu sagen zog sie sich schließlich zurück und verschwand, da sie den Kampf ohne ihre Waffe nicht fortführen wollte. Zurück blieben vier ratlose Abenteurer, die recht froh waren diesen Tag doch noch heil überstanden zu haben. Erschöpft sackte Shane zusammen und hielt sich die Schulter. Kyren eilte ihm sofort zu Hilfe und wandte einen Heilzauber an.

"Alles mit dir in Ordnung?", erkundigte sie sich. "Dem Umständen entsprechend gut.", erwiderte er mit einen gezwungenen Schmunzeln. Auch Sejya lag mit Schmerzen am Boden als plötzlich Jáins Schatten über sie fiel. Er beugte sich herunter und reichte ihr einen Trank hin. "Hier, für deine Verletzungen.", meinte er und nahm einen Schluck aus einem anderen Glasgefäß. Für einen Moment errötete sie etwas, da sie nicht damit gerechnet hatte das er sich um sie kümmern würde, doch er bemerkte es nicht. Zu sehr war er damit beschäftigt sich umzusehen, aus Vorsicht davor dass das Mädchen noch einmal zurückkehren würde. Ihm schwante bereits, das man, je näher man Thay kam, die Gefahren immer tödlicher wurden.

Shanes Mimik wirkte nachdenklich, denn er fragte sich wer wohl das Mädchen gewesen war, das solch einen ausgezeichneten Kampfstil hatte. Da sie verschwunden war, nahm sie alle Antworten mit sich und es blieb ihnen nichts anderes übrig als weiter zu reisen. Es sollte noch einen ganzen Tag dauern bis man schließlich das Ziel erreichen sollte. In der Ferne lockte bereits die Hafenstadt Alaghôn, ein Ort der zumindest für einige Zeit Sicherheit bieten sollte ...

Folge 64: Das schönste Mädchen der Stadt

Endlich war es geschafft - man hatte Alaghôn nach gut einer Woche Wanderung erreicht. Schon von der Ferne konnte man sehen welch eine prächtige Stadt sie war. Für Jáin bedeute es sich wieder zu verhüllen um die Bürger nicht unnötig in Angst zu versetzen. Alaghôn war riesig, so dass es schwer war überhaupt den Weg zum Hafen zu finden. Das ein ums andere mal musste Shane nach dem Weg fragen, bis er und seine Freunde schließlich am Wasser ankamen.

Überall lagen Schiffe vor Anker und Möwen umkreisten den Himmel. Ein typischer Seemannsgeruch lag in der Luft, doch viel schlimmer traf sie was ihnen ein freundlicher Kapitän zu sagen hatte. "Ihr wollt nach Aglarond übersegeln? Har, da habt ihr wohl schlechte Karten. Die meisten Schiffe hier segeln nach Norden oder Süden, weil in Thay Krieg herrscht und Piraten vor Aglarond ihr Unwesen treiben. Es gibt nur ein Schiff was euch da hin bringen könnte und das legt schon morgen ab. Es ist allerdings ausgebucht, wie ich gehört habe."

Kyren war tief enttäuscht und konnte kaum glauben was sie da hörte. "Was?! Aber ... wann fährt denn das nächste?", fragte sie, doch die Antwort sollte ihr gar nicht gefallen. "Das nächste? Es gibt kein nächstes. Es ist das einzigste Schiff überhaupt was noch dort hin segelt. Ich schätze in zwei oder drei Wochen ist es wieder zurück.", erwiderte der Mann und strich sich dabei durch seinen Zottelbart.

"Das sieht gar nicht gut aus. Vielleicht sollten wir mit den Kapitän des Schiffes reden.", merkte Shane nachdenklich an, doch auch dort wurden sie auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.

"Tut mir Leid, das Schiff ist ausgebucht. Ich kann euch nicht einmal als Matrosen aufnehmen.", meinte der Kapitän, während im Hintergrund bereits allerlei Fracht aufgeladen wurde. "Aber es ist sehr wichtig das wir nach Aglarond kommen! Können Sie nicht eine Ausnahme machen?", erwiderte Kyren und versuchte ihn mit einen liebreizenden Blick zu überzeugen. "Hm, nein, tut mir Leid, ich kann da gar nichts machen. Aber vielleicht hilft euch das hier weiter.", gab er nach kurzer Überlegung zurück und holte einen zusammengeknülltes Papierstück aus seiner Hosentasche das er der kleinen Elfin in die Hand drückte. "Entschuldigt mich, ich muss nun wieder an meine Arbeit. Das Schiff lädt sich nicht von alleine auf.", fuhr er fort und verschwand zu seiner Mannschaft.

Neugierig musterten die vier Abenteurer das Lila-Papierstück, das sich als Werbeanzeige herausstellte. Fast synchron zuckten sie ungläubig zusammen als sie den Inhalt des Schriftstückes durchlasen. "Ein Schönheitswettbewerb?!", staunten die vier mit geweiteten Augen.

Sejya war schnell ernüchtert, denn damit konnte keiner von ihnen etwas anfangen. "Das können wir vergessen.", seufzte sie mit gesenkten Haupt, doch Jáin war anderer Meinung. "Ach was - warum denn? Er findet erst heute Nachmittag statt. Der erste Preis ist eine Überfahrt nach Aglarond für den Gewinner und bis zu drei Begleitpersonen. Ich werde teilnehmen und sie mit meiner Eleganz aus den Socken hauen ... oder mit den weiblichen Jurymitgliedern schlafen, je nach dem.", widersprach er enthusiastisch und entschwand geistig in andere Sphären, bis ihn Shane auf den Boden der Tatsachen zurückholte. "Aber Jáin, der Wettbewerb ist nur für Mädchen. Außerdem glaube ich kaum das sie einen Drow zulassen würden.", meinte er und deutete auf die Silhouette einer Frau die auf dem Papier neben der passenden Bemerkung zu sehen war. Vor Schreck riss es den Dunkelelfen glatt nieder, der jedoch schneller wieder auf den Beinen war, als es die anderen erwarteten. "Das macht doch nichts - ich habe eh schon jemand anders im Visier der antreten wird.", gab er breit grinsend zur Kenntnis und ließ seinen Blick auf Sejya schweifen. "Ich mag überhaupt nicht wie du mich ansiehst.", knurrte sie mürrisch zurück. "Komm schon, du bist schließlich das einzige Mädchen in unserer Gruppe ...", erwiderte er mit den Händen bettelnd und fing sich sogleich eine Kopfnuss von Kyren ein. "Hey! Und was ist mit mir?", fauchte sie gekränkt. "Ich glaube nicht das sie auch kleine Kinder nehmen.", tönte er spöttisch zurück und wendete sich wieder seinen eigentlichen Favoriten zu. Sejya ließ sich aber auch von einen noch so bezaubernden Blick ihres Gefährten nicht überreden und blieb stur, während ihre Gefährtin im Hintergrund wütend vor sich hingrummelte. "Vergiss es!", lehnte sie erneut ab und drehte sich hochnäsig weg. Jáin ließ jedoch nicht locker und versuchte weiter sie zu überreden. "Du bist unserer einzige Chance nach Thay zu kommen, Sejya. Gib dir einen Ruck. Wir wären die ewig dankbar.", meinte er. "Nein, hab ich gesagt! Ich mach' da nicht mit!", widersprach sie auch weiterhin, so dass er sich gezwungen sah andere Argumente zu bringen, die sich als wirksamer herausstellen sollten. "Oh, dann willst du also gar nicht mehr nach Thay um dich an Diron zu rächen?", fragte er mit leicht fragwürdigen Unterton, womit er sie an ihrer schwächsten Stelle packte - ihren Rachegelüsten. Schon allein der Gedanke an Diron trieb sie in blinden Hass und Verachtung. Um nichts auf der Welt wollte sie die Chance missen sich an ihn zu rächen. "Ich mach's!", tönte sie auf einmal voller Engagement mit geballter Hand hervor. "Hervorragend! Ich geh dir auch gleich ein Bikini kaufen.", rief Jáin erfreut in die Hände klatschend. "Bikini?", fragte Sejya verwundert. "Ja, hast du denn nicht gelesen? Alle Teilnehmerinnen müssen in einem Bikini antreten.", erklärte er breit grinsend und deutete auf die entsprechende Stelle der Anzeige.

Sejya wirkte sichtlich irritiert, so als ob sie langsam begriff worauf sie sich da eingelassen hatte. Ein langes Gesicht zierte ihre Miene, die vor Fassungslosigkeit nur so strotzte. Shane wirkte eher misstrauisch, denn auch wenn der Preis verlockend war, gab es noch andere Faktoren zu beachten. "Hey, aber woher willst du denn wissen das Sejya auch wirklich gewinnt? Da werden doch sicher noch andere Mädchen teilnehmen.", merkte er zweifelnd an, was ihre Laune noch mehr ins Schwanken brachte. "Ha, ich habe keinen Zweifel das Sejya sie mit ihrer burschikosen Schönheit übertreffen wird! Entschuldigt mich nun, ich werde ihr nun die passenden Utensilien kaufen gehen.", antwortete er siegessicher und machte sie sogleich auf den Weg in die Stadt. "Sollte ... sollte ich nicht zur Anprobe mitkommen?", fragte Sejya zögerlich nach, die noch immer recht geschockt wirkte, doch da war er schon längst entschwunden. Geknickter denn je verließ sie schließlich mit den anderen das Hafenviertel um Jáin zu folgen. "Tja, viel Glück, Sejya.", meinte Kyren schmunzelnd und klopfte ihr aufmunternd auf den Rücken, was ihrer Laune aber nicht wirklich weiter half. Sie ahnten nicht das ihnen Faye gefolgt war und sie bereits von einen der Dächer aus beobachtete.
 

Nicht nur Sejyas Augen weiteten sich ungläubig als ihr Jáin, nach seiner Shoppingtour, sein erwähltes Bikini-Set vor die Nase hielt. Es war so Stoffarm das sie kaum glauben konnte das er dafür auch noch Geld ausgegeben hatte und in einem schlichten weiß gehalten. "Das soll wohl ein Scherz sein ...", stotterte sie geschockt, aber ihr Gefährte schien es ernst zu meinen.

"Du spinnst ja wohl!!! Das ziehe ich nie und nimmer an!!!", fauchte sie entrüstet, so dass es glatt ganz Alaghôn hätte erschüttern können. "Warum nicht? Du musst den Zuschauern und der Jury doch schließlich was bieten können.", gab er frech zurück, worauf sie es ihm aus der Hand riss und drohend entgegenstreckte. "Das könnte dir so passen, du alter Lüstling! Nicht mal Kyren könnte sich damit anständig bedecken!", schrie sie mit Fingerzeig auf ihre Gefährtin zurück, die geknickt in sich zusammenfuhr und feststellte dass man sich nun schon zum zweiten mal an diesen Tag über sie lustig machte, obwohl sie mit der ganzen Sache nichts zu tun hatte. "Entschuldige Bitte mal ...", gab sie gekränkt zurück, wurde aber vollends von den beiden Streithähnen ignoriert. Selbst Shane hatte für die ganze Sache nur noch ein entnervtes Kopfschütteln übrig, so dass er sich gezwungen sah auch einmal sein Wort zu erheben.

"Hört gefälligst auf zu zanken!", rief er und schlichtete den Disput mit einer Kopfnuss für die beiden, bevor er zur eigentlichen Ansprache überging. "Hör mal, Sejya. Wir alle würden dir sehr dankbar sein, wenn du teilnimmst oder gar gewinnst. Du kannst dir sicher sein das wir dich alle nach Kräften unterstützen werden, aber du sollst dich nicht gezwungen fühlen. Wenn es nicht anders geht müssen wir eben hier warten. Und du Jáin solltest sie gefälligst nicht noch mehr erniedrigen als sie sich sicher eh schon fühlt. Schlimm genug das du ihr diesen Stofffetzen gekauft hast.", rügte er die beiden, die sich daraufhin aufs wesentliche besonnen. Seine Worte zeigten Wirkung, was auch Kyren wieder ein lächeln entlockte. "Nun gut. Ich mache mit! Immerhin setzt ihr alle auf mich und schließlich will ich schnellstmöglich nach Thay. Ich verspreche das ich alles geben werde um euch nicht zu enttäuschen.", meinte Sejya nach kurzer Bedenkzeit.

"Okay, dann ich schlage vor wir machen uns langsam auf den Weg. Der Wettbewerb findet etwas außerhalb im Norden von Alaghôn statt. Wir haben leider keine Zeit um dir einen anderen Bikini zu kaufen, Sejya.", fuhr Shane im Sinne eines Anführers fort und deutete auf die große Glockenturmuhr im Zentrum der Stadt. "Das macht nichts. Jáin mag zwar ein Ekel sein, aber in solchen Dingen kennt er sich ganz gut aus. Vielleicht ist seine Wahl gar nicht so schlecht.", erwiderte sie gelassen und wirkte so siegessicher wie schon lange nicht mehr.
 

Gerade noch rechtzeitig erreichte man den Stand an dem man sich für den Wettbewerb eintragen konnte, doch der dort sitzende Mann war sich der Nominierung nicht so sicher. "Was?! Dieses Mannsweib will teilnehmen? Da hat ja meine Großmutter mehr Sex-Appeal!", kommentierte dieser Jáins Anfrage lachend als er Sejya vorstellte. Ihm schwante nicht welche Ladung Temperament er für diese Bemerkung einhandeln würde. Nur einen Moment später hatte sie ihm am Kragen gepackt und gab ihm faustdrohend die Möglichkeit seine Aussage noch einmal zu überdenken. "Wiederhol' das!", fauchte sie ihn barsch an und kaute ihn dabei fast die Nase ab, bevor es ihren Gefährten gelang sie zurückzuzerren. "Sie müssen entschuldigen - ... äh ... sie hat gerade ihre Tage ... Sie wissen schon.", meinte ihr maskierter Gefährte, während Shane und Kyren sie im Hintergrund in Zaum hielten. "Du kannst dich doch hier nicht so aufführen, sonst lässt man dich nie zu!", rügte Shane die einstige Kopfgeldjägerin, was sie jedoch nur minder bändigte. "Mir doch egal! Dem Kerl reiß ich die Haut vom Leib wenn der mich noch einmal beleidigt!", gab sie wütend zurück.

Kurz darauf gab Jáin das Signal das sie eingetragen war, so dass man sie loslassen konnte. Gefrustet stampfte sie zur Umkleide, der hinter der großen Bühne angelegt war. Jáins Versuch ihr zu folgen erwies sich als zwecklos, da ein 2 Meter großer Türsteher, der vor Muskeln nur so überquellte, sich ihm in den Weg stellte. "Zutritt nur für Frauen und Mädchen!", meinte er und wies ihn mit deutlicher Geste zurück. "Aber ich bin ihr Manager!", protestierte er in der Hoffnung doch noch Einlass in sein privates Paradies zu erlangen. Seine Gefährten nahmen sich jedoch schnell seiner an und zerrten ihn am Ohrläppchen davon. "Entschuldigt, wir gehen dann besser zu den Zuschauerplätzen.", meinte Kyren schwitzend, der die ganze Aktion sichtlich peinlich war. "Es ist doch immer das gleiche mit dir. Kaum hast du mal ein paar Wochen keine Frau gesehen wirst du ganz rattig.", hörte man Shane in der Ferne noch schimpfen. Sein Gefährte bedurfte in diesen Tagen mehr Aufmerksamkeit als das maskierte Mädchen das ihn von sicherer Entfernung aus beobachtete.
 

Die Gegend, die man für den Wettbewerb ausgewählt hatte, war sehr idyllisch gelegen. Statt Häuser gab es hier nur grünstes Gras und vereinzelt einen Schattenspendenden Baum zu sehen. Selbst das klare Wasser des Meeres war in gar nicht allzu weiter Entfernung in Reichweite und in zwei bis drei Minuten Fußmarsch zu erreichen. Eine große Bühne und ein Hang voll Zuschauerplätze waren das einzige was den Schein dieser unberührten Gegend trübte, wenngleich in der Ferne die Gebäude von Alaghôn zu sehen war.

Shane, Jáin und Kyren hatten noch Glück und konnten sich ein paar der letzten Eintrittskarten sichern. Auch wenn die Sitzmöglichkeiten ausschließlich aus Granit bestanden, war man noch froh einen Platz ergattert zu haben. Viele Bürger schienen diesen Wettbewerb bereits herbeigesehnt zu haben und hatten sich bereits in vorderster Reihe platziert von wo man die beste Aussicht hatte. Natürlich wäre der Dunkelelf auch gerne einer der glücklichen Gewesen die ganz vorne saßen, doch bei dem was ihm in der nächsten Stunde geboten wurde, konnte er dank eines Fernglases damit leben etwas weiter hinten zu sitzen. Angewidert lehnte sich Shane ein wenig bei Seite als er seinen Mitstreiter erwartungsfroh geifern sah.

"Also hör mal, du solltest das echt langsam mal behandeln lassen.", merkte er leicht irritiert an. "Du weißt ja gar nicht was gut für dich ist.", gab er unbeeindruckt zurück und warf einen ersten Blick durch sein Fernglas.

In diesen Moment präsentierte der Moderator die erste Kandidatin, die mit ihren Maßen bereits erste Punkte bei der Jury sammeln konnte. Ihr langes, braunes Haar und eine Augenweide von einem Körper ließen die Augen des Dunkelelfen förmlich mit dem Fernglas verschmelzen. "Was für eine Aussicht.", gab er grinsend von sich. Selbst für Shane war dieser Anblick recht unterhaltsam, was Kyren recht schnell an seinen leicht erröteten Gesicht erkannte. Auch wenn sie ebenso fand dass dieses Mädchen auf der Bühne recht gut aussah, so gefiel ihr die Reaktion ihrer beiden Mitstreiter ganz und gar nicht. Auch nach der zweiten und dritten Kandidatin war Shane noch immer recht gebannt, wobei Jáin in wahre Sabberorgien verfiel. Sie merkten nicht das Kyren immer eifersüchtiger wurde und vor Neid schon fast zu platzen drohte. Vielleicht, so hoffte sie, würde sie wieder etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen, wenn sie selbst auf der Bühne stehen würde.

Schließlich ging sie, ohne das sie es merkten und stampfte zum Registrierstand. Dort angekommen stellte sie fest, dass dieser bereits nicht mehr besetzt war und keine weiteren Teilnehmer zugelassen werden konnten. Noch immer war ihre Wut nicht verklommen, so dass sie den Entschluss fasste sich einfach unterzuschmuggeln um doch noch am Wettbewerb teilnehmen zu können. Der Türsteher war jedoch noch nicht gegangen und reagierte recht verblüfft auf ihr Erscheinen.

"Was ist? Willst du deiner Freundin noch mal Glück wünschen?", fragte er höflich nach. "Äh ... ja, ganz genau.", erwiderte sie leicht verlegen. "Na ja gut, du kannst rein.", erwiderte er nach kurzer Überlegung und öffnete ihr die Tür zu den Umkleideräumen. Sie kam nur wenige Schritt weit als sie auf einmal der Koordinator des Wettbewerbes, kurz vor den Umkleidekabinen stoppte. "Halt! Wer bist du denn? Du hast hier nichts verloren!", rief er mit strengen Blick, so dass sich schüchtern zurückwich. "Doch! Ich ... ich will auch an diesen Wettbewerb teilnehmen!", erwiderte sie nach kurzer Verzögerung. "Was? Du? Das ist doch wohl ein Scherz. Du hast ja weder Busen, noch Hüfte, noch Po, Mädchen. Das hier ist nichts für Babys, also verschwinde gefälligst!", gab er barsch zurück und wies sie mit strafenden Finger hinaus. Enttäuscht senkte sie ihr Haupt und folgte der Anweisung des Mannes. Langsam trottete sie davon, nicht wissend das Sejya die nächste war die auf die Bühne musste.

Jáin gab Beifall so viel er konnte als seine Gefährtin auf die Bühne kam und auch Shane spendete ihr so viel Applaus wie er konnte. "Sejya! Du schaffst es!", rief er stolz, bevor sie sich der Jury präsentieren musste. Der junge Halbelf musste schon ein wenig Schmunzeln als er sie so in ihren engen Bikini sah, denn er hätte nie gedacht das hinter ihrer recht maskulinen Fassade ein solch schönes Mädchen steckte. Sejya wirkte anfangs noch ziemlich schüchtern und versuchte sich ein wenig mit den Händen zu bedecken, doch der tosende Beifall für sie und das Gefühl einmal der Mittelpunkt zu sein, gaben ihr den Mut den sie brauchte um zu überzeugen.

Jáin war schlicht weg begeistert von ihr und konnte kaum davon ablassen durchs Fernglas zu sehen. "Ha! Ich hab's doch gewusst!", rief er auf einmal. "Was denn?", fragte Shane verwundert, der ratlos auf die Bühne sah. "Die Bikinizone ist gepflegt!", erwiderte er trocken, worauf es seinen Gefährten in fassungsloser Härte zu Boden riss. Tatsächlich hatte er ihr ein Bikini-Unterteil gekauft das arg an Sittlichkeit vermissen ließ, wenngleich die Jury äußerst positiv auf ihre Gesamterscheinung reagierte.

"Wo ist eigentlich Kyren?", fragte Shane als dieser beim aufrappeln merkte das seine Mitstreiterin fehlte. "Keine Ahnung. Ich hab nicht gemerkt das sie weg ist.", erwiderte Jáin schulterzuckend und widmete sich wieder der Bühnenshow. "Das überrascht mich nicht. Du würdest ja jetzt nicht mal merken wenn dich jemand in den Rücken sticht. Besser ich gehe sie suchen. Vielleicht ist ihr etwas zugestoßen.", meinte der junge Halbelf, der sie auch beim Rundumblick nicht entdecken konnte. "Ja, ich halte hier solange die Stellung.", tönte es von seinem Gefährten zurück, der sich einfach nicht satt sehen konnte.
 

Shane war durchaus beunruhigt das Kyren auf einmal verschwunden war und machte sich auf den Weg um sie zu suchen. Er hoffte das sie noch nicht weit gekommen war. Er hatte Glück das der Wettbewerb außerhalb der Stadt war, denn in einer großen Stadt wie Alaghôn hätte er sie wahrscheinlich nicht gefunden.
 

Schließlich fand er sie an einem Hügel nahe des Meeres sitzen, wie sie ihren Kopf in ihre angewinkelten Beine vergraben hatte. Er näherte sich ihr vorsichtig als er merkte das sie ziemlich unglücklich schien, vermutlich sogar weinte. Immer wieder gingen ihr die Worte des Koordinators durch den Kopf, von denen jedes wie ein Dolchstoß in ihr Herz wirkte. Schon oft hatte man ein wenig über ihr Äußeres gelästert, sie stets wie ein Kleinkind behandelt, aber an diesen Tag konnte sie es nicht länger ertragen. Zu sehr hatte ihr Selbstbewusstsein mit der Zeit gelitten. Obwohl sie Shane bemerkte wendete sie sich ihm nicht zu und verharrte weiter in ihrer Position.

Fast so als wollte er nur die angenehm kühle Briese des Meeres genießen, nahm er neben ihr platz und blickte aufs Wasser hinaus. "Du warst auf einmal verschwunden, Kyren. Ist alles in Ordnung?", sagte er nach einen Moment des Schweigens, in dem er sie leise schluchzen hörte. Ihr Gesicht war ziemlich verweint als sie zu ihm sah, so wie er es selten zuvor gesehen hatte. Ohne ein Wort zu sagen fiel sie ihm in Trauer in die Arme und weinte sich an seiner Brust aus. "Shane, es ist alles so ungerecht!", gab sie weinerlich hervor. "Was denn, Kyren?", fragte er behutsam nach und legte einen Arm um sie. Sie vermochte kaum zu antworten und musste erst einmal ihre Tränen trocknen. Langsam ließ sie wieder von ihm ab und kehrte annähernd zu ihrer ursprünglichen Position zurück. "Meinst du das ich je so viel Aufmerksamkeit erhalten werde wie die Mädchen auf der Bühne?", fragte sie mit trüben Blick aufs Meer. "Aber ... wieso fragst du denn so was?", gab er verwundert zurück, bevor sie ihm das Wort nahm. "Es stimmt ja, ihr habt recht, ich habe weder Po, noch Taille ... und auch keinen Busen, aber bin ich wirklich so hässlich?", fuhr sie verbittert fort und sah zu ihm herüber. Für einen Moment fehlten Shane die Worte, denn er hätte nie geglaubt das sie das ganze so mitnehmen würde, war sie für ihr Alter doch noch relativ normal entwickelt, doch schon im nächsten Moment schenkte er ihr ein verständnisvolles Lächeln. "Aber Kyren, es ist doch gar nicht wichtig wie irgendwelche Rundungen deines Körpers ausgeprägt sind. Wichtig ist doch das hier ...", meinte er und tippte mit seinen Finger auf ihre Stirn und Herz, worauf ihr Blick neugierig nach oben und unten wanderte. "Es zählt wer du bist und nicht wie du aussiehst. Du kannst dir sicher sein, jemand der das nicht so sieht hat dich nicht wirklich lieb.", ergänzte er und nahm seinen Finger wieder zurück. "Und außerdem ... ich finde es gibt nichts an dir was man verachten müsste.", fuhr er leicht verlegen fort.

Kyren wurde sichtlich verlegen und ganz rot um die Wangen als sie seine tröstenden Worte vernahm. Glücklich sah sie in seine Augen und ihr Herz begann einen Freudensprung nach den anderen durchzuführen. Wie gerne hätte sie ihm zum Dank umarmt, aber gleichzeitig fühlte sie sich zu schüchtern um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. In diesen Momenten war sie froh, nicht mit ihren Eltern gegangen zu sein, denn bei Shane zu bleiben war ihr so wichtig wie kaum etwas anderes.

"Komm, wir gehen wieder zurück. Vielleicht ist Sejya ja eine Runde weiter.", sagte Shane schließlich, wenn gleich die Aussicht aufs Meer auch nicht zu verachten war. Eifrig nickend stimmte die kleine Elfe zu und trocknete noch einmal ein paar letzte Tränen.
 

Bei ihren Gefährten angekommen, berichtete dieser sofort von einer guten Nachricht. "Hey! Da seid ihr ja wieder! Sejya hat es unter die besten fünf in die finale Runde geschafft. Sie hat jetzt noch die Möglichkeit die Jury mit ihren Talenten zu beeindrucken.", rief er ihnen freudig entgegen und wank sie zu sich heran. "Talenten? Hoffen wir sie weiß was sie tut.", meinte Shane ein wenig beunruhigt und nahm platz.

Noch musste man sich in Geduld üben, denn Sejya sollte erst als fünfte auf die Bühne kommen. Jáin war ziemlich zappelig und konnte es kaum erwarten bis sie schließlich auf die Bühne trat. Sein Verhalten entging den jungen Halbelfen nicht, der sich daraufhin grinsend zu ihm herüber beugte. "Sag mal, Jáin, seit wann interessiert du dich denn so brennend für Sejya? Du hast doch immer gesagt sie sei ein Mannsweib und das du sie nicht einmal leiden könntest.", stichelte er mit entsprechenden Blick, so dass es ihm sogar ein wenig röte in seine dunkle Haut trieb. "Ja ... weißt du ... äh ... keine Ahnung ... das muss wohl am Bikini liegen.", erwiderte er nervös und kratzte sich am Hinterkopf. Gerne hätte er die Diskussion noch weiter geführt, doch da trat Sejya bereits auf die Bühne, die nun mit einen beliebigen Talent überzeugen konnte. Ihre Vorgängerinnen hatten sich in Jonglieren, Tanzen und Akrobatik versucht, weshalb man nun auf ihre Darbietung gespannt war. Sie wirkte etwas nervös, denn es schien tatsächlich so als ob sie nicht wusste was sie vorführen sollte.

Die Show sollte schnell zur Nebensache werden als auf einmal eine maskierte Gestalt hinter ihr auf die Bühne sprang. "AH! Das ist Faye!", riefen ihre Freunde aufgeregt, während sich Sejya überrascht zu ihr umdrehte.

"Hey! Zieh dir gefälligst einen Bikini an und warte bis du dran bist.", rief der Bühnenrichter empört, den das maskierte Mädchen jedoch mit Leichtigkeit beiseite stieß. Es war nicht ganz klar was sie vorhatte, doch Kyren und ihre Freunde zögerten keine Sekunde um ihrer Gefährtin zu Hilfe zu eilen. Mit angespannter Miene musste diese sich aber zunächst noch einen Augenblick allein gegen Faye behaupten.

"Mit dir habe ich noch eine Rechnung offen.", tönte Sejya zähneknirschend hervor und stürmte auf sie zu. Mit einen gewaltigen Sprung setzte sie zu ihrer Spezialattacke an, obwohl ihre Gegnerin völlig unbeeindruckt an Ort und Stelle stehen blieb.

Mit voller Wucht stürzte sie sich auf das Mädchen herab um sie mit einen Schlag zu vernichten, doch ihre Attacke verfehlte sein Ziel. Zwar schlug sie einen breiten Krater in die Bühne, aber Faye war schnell genug um noch rechtzeitig auszuweichen. Die Jury zeigte sich von der Kraft der blonden Kandidatin höchst beeindruckt, die mit ihren Schlag einen Teil des Bühnenbodens förmlich aufgesprengt hatte. Keiner der Mitglieder ahnte das dies nicht mit zur Vorführung gehörte und blieb ebenso wie das Publikum sitzen.

Sejya brauchte nicht lange um zu merken das Faye in die Luft ausgewichen war und sprang ihr nach. Vergeblich trat sie nach ihr, bevor die Schwerkraft die beiden zur Landung zwang. Kaum am Boden angekommen ging sie wieder auf das maskierte Mädchen los und versuchte sie durch allerhand Schläge außer Gefecht zu setzen, doch sie wich fast gelangweilt wirkend Millimetergenau aus. Mit einem Kick beendete Faye jegliche Angriffsbemühungen der einstigen Kopfgeldjägerin und stieß sie fast von der Bühne.

"Sejya!", rief Jáin besorgt, der gerade mit den anderen angekommen war. Sie erwies sich so zäh wie immer und rappelte sich recht schnell wieder auf. Shane zögerte nicht eine Sekunde um selbst ins Kampfgeschehen einzugreifen. Noch im Laufen zog er sein Schwert zur Hilfe und sprang auf die Bühne. Erst mit seiner Ankunft wurde auch Faye aktiver und brachte mittels eines Zaubers ein Flammenschwert zum Vorschein.

"Sie kann zaubern!", stellte Kyren geschockt fest. Dank des Flammenschwertes fiel es ihr nicht allzu schwer den ersten Schwerthieb des Halbelfen zu blocken, doch der war noch lange nicht an seinen Grenzen angelangt. Beide schienen für eine Zeit lang ebenwürdig, doch schließlich geriet Faye in die Defensive. Immer mehr wich sie zurück, bis ihr schließlich eine von Sejyas Angriff aufgerissene Holzplatte zum Verhängnis wurde. Sie stolperte Rückwärts und fiel zu Boden, während es Shane gelang ihr das Schwert aus der Hand zu schlagen.

Dieses mal hatte er gesiegt, wenn gleich er etwas mehr außer Atem war wie seine Gegnerin, die mit ihren leeren Blick zu ihm aufsah. Bereit ihr den Gnadenstoß zu geben streckte er ihr sein Schwert entgegen, stoppte aber kurz vor ihrer Kehle.

Er wusste nicht warum, aber als er ihr in die Augen sah, fehlte ihm plötzlich der Wille seine Aktion zu vollenden. Ihr kalter, leerer Blick veränderte sich für einen Moment, in den er glaubte Menschlichkeit zu erkennen.

"Shane! Was ist?! Du musst es beenden!", rief ihm sein dunkelhäutiger Gefährte zu, aber er konnte seine Waffe keinen Millimeter mehr nach vorne bewegen. Er begann mehr und mehr zu zittern, je länger er in die Augen des maskierten Mädchens blickte, die jedoch nichts daran setzte diese Situation für sich auszunutzen. Egal wie sehr er seiner Hand auch befahl es zu Ende zu bringen, so flehte etwas im ihn es nicht zu tun. Er war kein Mörder und tötete nur wenn es sich nicht vermeiden ließ, aber bei ihr war es anders. Er wusste das sie ihn immer wieder angreifen würde, wenn er sie laufen lassen würde und dennoch senkte er schließlich sein Schwert ab. Sein Haupt senkte sich in Demut und seine Augen schlossen sich mit einem leisen Seufzer. "Geh schon.", meinte er nüchtern und wendete sich von ihr ab. Faye zögerte noch einen Moment, bevor sie sich zurückzog und in der Ferne verschwand. Weder Jáin noch Sejya konnten verstehen was ihn zu dieser Tat veranlasst hatte, während Kyren durchaus bemerkte das mit ihm etwas nicht stimmte als er von der Bühne trottete. Ohne ein Wort zu verlieren verließ er den Schauplatz und ließ seine Gefährten zurück.

Die Jury und das Publikum begann auf einmal heftigst Beifall für die Vorführung zu spenden. Etwas überrascht nahm Sejya das Ergebnis zur Kenntnis als sich stellvertretend eines der Jurymitglieder an sie wand. "Beeindruckend! Nach dieser Showvorführung haben wir gar keinen Zweifel daran das du das schönste und talentierteste Mädchen der Stadt bist. Deine Kraft und deine Eleganz haben uns überzeugt. Wir gratulieren dir, du hast gewonnen, du bist die diesjährige Siegerin!"

Ihre Freude hielt sich vor Verwunderung in Grenzen, denn sie konnte, ebenso wie ihre Freunde, kaum glauben dass sie wegen ihre Kampfkünste gewonnen hatte. Dankend nahm sie den Preis entgegen und präsentierte dem applaudierenden Publikum ihren Siegerpokal. Nun konnte man doch noch mit dem morgigen Schiff in Richtung Thay übersegeln.
 

Kyren fand Shane kurze Zeit später ganz in der Nähe der Stelle an der er sie aufgemuntert hatte. Er stand am Meer und übte einige Kombinationen mit seinem Schwert. Es war seine Art mit kleineren Problemen fertig zu werden, doch sie war sich sicher das ihn die positive Nachricht freuen würde. Shane stoppte seine Übungen als sie seinen Namen rief und verharrte regungslos in seiner letzten Haltung. "Ich ... ich wollte dir sagen das Sejya gewonnen hat. Wir haben die Tickets.", meinte sie mit fröhlicher Stimme, worauf er sein Schwert wieder wegsteckte und sich zu ihr umdrehte.

"Sag mir, warum habe ich dieses Mädchen nicht töten können. Wieso hab ich es nicht geschafft jemanden zu töten, der ganz offensichtlich eine ernstzunehmende Gefahr für uns alle ist. War es, weil sie ein Mädchen ist ... oder weil ich nicht die Kraft habe jemanden im Ernstfall das Leben zu nehmen?", erwiderte er mit ernsten Blick. "Ich ... ich weiß es nicht.", gab sie zögerlich zurück. "Was hätte ich tun sollen? Ihr sagen das sie es lassen soll und hoffen das sie es nicht wieder versuchen wird? Ich habe uns mit meinem weichen Herz alle erneut in Gefahr gebracht und das alles nur weil ich das Gefühl hatte das es falsch ist es zu tun.", rügte er sich selbst. "Aber ... vielleicht täuscht dich dein Gefühl ja auch gar nicht! Wir wissen ja praktisch nichts über das Mädchen, außer das sie Faye heißt. Vielleicht ist sie eine verirrte Seele, wie einst Sejya. Du hattest damals oft genug die Gelegenheit gehabt sie zu töten, aber du hast es nicht getan! Du hast sogar noch unter ihren blinden Hass das Gute in ihr gespürt!", gab seine Gefährtin energisch zurück und weckte alte Erinnerungen.

Ein leichter Windhauch zog zwischen den beiden vorbei als für einen Moment Stille herrschte. Auch wenn Kyrens Worte ihn nicht die Antwort auf all seine Fragen gab, so begriff er das es eh nichts brachte sich noch länger darüber den Kopf zu zerbrechen. Vielleicht hatte sie ja recht mit dem was sie sagte, doch sein Gefühl sagte ihm das da noch etwas anderes war. Er lächelte und kam ihr entgegen. "Komm, lass uns zu den anderen gehen. Wir müssen doch noch Sejyas Sieg feiern.", meinte er zwinkernd. Sie freute sich das er wieder besserer Laune war und auch das sie ihm etwas helfen konnte. Dennoch war sie überrascht von Shane, der offenbar damit haderte ein guter Halbelf zu sein.

Sejya und Jáin warteten nicht weit entfernt. Inzwischen hatte sie sich wieder umgezogen und streckte den jungen Halbelfen voller Stolz den Siegerpokal entgegen. Sie legte ihr breitestes Grinsen auf, was eigentlich ziemlich ungewöhnlich war, denn selten zuvor hatte man sie so fröhlich gesehen. "Na, was sagst du nun? Ich habe gewonnen und ganz nebenbei zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.", posaunte sie freudig heraus.

"Wie? Wieso zwei Fliegen mit einer Klappe?", fragte Jáin verwundert. "Ja, glaubt ihr etwa ich habe mitgemacht weil ich scharf drauf war vor all den Männern zu posieren? Nein, nicht nur das ich die Tickets gewonnen habe, ich durfte auch in die Umkleide der Mädchen. Was für ein Erlebnis, hihi.", erwiderte mit einen recht anzüglichen Blick, was Shane und Kyren sichtlich aus der Fassung haute. Jáin hingegen stimmte diese Äußerung sichtlich neidisch. "Arg! Aber du wirst mir doch sicher alles ganz genau erzählen was du dort gesehen hast, oder?", fragte er hoffnungsvoll, doch sie zeigte ihm die kalte Schulter. "Pah, von wegen. Du hast mir diesen unmöglichen Bikini gekauft. Kein Wort erfährst du von mir.", tönte sie schroff zurück. "Hey! Das ist aber nicht fair! Komm schon, erzähl mir wenigstens wie die hässlichste aussah.", nörgelte ihr dunkelhäutiger Gefährte zurück. Schon innerhalb weniger Sekunden lagen sich die beiden wieder in den Haaren und zankten sich um Kleinigkeiten. Für Shane war es einfach ein Resumé aus der Sache zu ziehen. "Tja, sieht so aus als sei alles wieder beim alten.", dachte er schwitzend vor sich hin. Für den morgigen Tag stand noch eine lange Schiffsreise vor ihnen, wenngleich das mulmige Gefühl blieb, dass man selbst dann nicht vor den Attacken des maskierten Mädchens sicher war ...

Folge 65: Das Geisterschiff

Ein schmales Licht fiel auf Faye als sie in den Hallen ihres Meisters niederkniete und Bericht erstattete. Um sie herum war nichts als Schwärze und doch konnte sie Dirons Präsents vor ihr spüren. "Was ist passiert? Du solltest doch nicht zurückkehren bevor du deinen Auftrag erledigt hast!", tönte er mit strenger Stimme aus dem Dunkel hervor. "Es ... es tut mir Leid, Meister. Dieser Junge den ich töten soll ... etwas ist merkwürdig an ihm. Wenn ich gegen ihn kämpfe lässt meine Konzentration nach. Ich ... ich habe das Gefühl ihn zu kennen. Vielleicht ist er ein Teil meiner Vergangenheit.", erwiderte sie unterwürfig, um Verzeihung bittend. Dirons rechte Augenbraue zuckte nach oben als er sie so reden hörte, denn ihre Worte klangen viel zu emotional für seinen Geschmack. "Red' nicht so einen Unsinn! Deine Vergangenheit ist dir verboten und ohne Belang. Ich habe dich nicht erschaffen damit du Fragen stellst und Zweifel hegst. Du bist eine Assasine, das ist deine einzige Bestimmung.", erwiderte er relativ gefasst und ging ihr ein paar Schritt entgegen, so dass er im Licht stand. Es schien ihm nicht zu gefallen das ihr Blick nicht mehr willenlos und loyal war, sondern voller Zweifel steckte. "(Eine Fehlfunktion?)", dachte er still vor sich hin und legte zwei Finger unter ihr Kinn um es etwas anzuheben. "Keine Sorge, Faye. Ich werde dich behandeln, dann wirst du dich besser fühlen.", meinte er nüchtern, während sie in Demut vor ihm verharrte.
 

Es war schon eine Weile her seit dem Kyren zum letzten mal mit einen Schiff unterwegs war. Damals zog man aus um die Kugel von Mesa vor der Bestie Jaygoyle zu retten. Auch nach dieser Überfahrt auf die andere Seite des Gewässers bahnte sich eine ähnlich epische Schlacht an. Nachdenklich lehnte sie sich über das Geländer des Schiffes, denn obwohl die Namen ihrer Gegner bekannt waren, wusste man so gut wie gar nichts über sie. Mogul, der Dämonritter, ein Mann Namens Gray und sogar Diron war sicher genauso in diese Sache verwickelt wie Nairdan. Noch war nicht klar was vor ihr lag, doch diese Reise sollte etwas Licht ins Dunkel bringen.

Ihr Schiff trug den Namen Natanius und wurde von drei mächtigen Segeln angetrieben, obwohl es auch die Möglichkeit gab auf den alternativen Ruderbetrieb zurückzugreifen. Es war ein prächtiges Schiff und maß eine entsprechend große Länge. Der Lagerraum war mit jeglicher Art von Fracht gefüllt, auch mit Kanonen und anderen Waffen um das Schiff notfalls zu verteidigen.

Wind, Wellengang und Strömung waren ihrer Seite, denn man kam schneller voran als man dachte. Der Kapitän dieses Schiffes war ein erfahrener Mann im besten Alter, der ganz genau zu wissen schien, wie er die Elemente am effektivsten nutzen konnte. Shane leistete ihm für einen Moment am Ruder Gesellschaft und erkundigte sich über den Status der Reise. "Ahoi Kapitän Barus! Wir machen ja ganz schön fahrt.", grüßte er ihn freundlich. "Ja, das Wetter meint es gut mit uns, aber wir müssen auf der Hut sein. Diese Route ist tückisch. Wenn man Glück hat, hat man es nur mit Piraten zu tun. Je schneller wir ankommen, desto besser.", antwortete er mit Blick nach vorn. "Verstehe. Darf ich Euch eine Frage stellen?", erwiderte er höflich. "Klar doch, Junge. Frag mich was du willst.", tönte Kapitän Barus lachend zurück. "Ich habe mich gewundert. Das Schiff soll doch ausgebucht sein, aber ich sehe kaum Passagiere wie mich.", merkte er verwundert an und entlockte ihm ein weiteres Lachen. "Das ist ganz einfach, mein Junge. Mit meinen Schiff segeln in der Regel nur sehr wenige Zivilisten. Gut zwei-drittel der Besatzung besteht aus Matrosen und Söldnern, die ich angeheuert habe um meine Fracht vor Piratenangriffen zu schützen.", erklärte er, zum erstaunen von Shane. "Ist es wirklich so schlimm?", fragte er großäugig. "Ja, obwohl es die letzten male erstaunlich ruhig war. Seit ein paar Monaten gab es keine weiteren Zwischenfälle mehr, aber viele Schiffe die früher auf dieser Route fuhren verschwanden trotzdem unter mysteriösen Umständen. Man weiß ja nie und ich gehe lieber auf Note sicher. Abgesehen von euch vieren, sind noch fünf oder sechs weitere Passagiere an Bord, falls es dich interessiert. Vermutlich sind sie unter Deck.", erwiderte er.

Obwohl er noch nicht allzu alt war, war seine Routine beeindruckend. Er schien schon viel erlebt zu haben und ließ sich von nichts schrecken. Er war ein Mann der das Meer sein zuhause nennen konnte. In etwa zwei Wochen, so meinte er, müsste man den Zielhafen erreicht haben.
 

Langsam, aber beständig, schritt Gray einen dunklen langen Gang entlang, der ihn zu der riesigen Höhle brachte. In dessen Zentrum lag ein Sims auf dem ein prächtiger Thronstuhl einmeißelt war. Noch immer saß dort eine Gestalt in Schatten gehüllt, wie sie sie auch Diron wenige Tage zuvor gesehen und aufgesucht hatte.

"Was willst du hier?", fragte der Mann als sich Gray ihm näherte. Er ließ sich mit der Antwort Zeit und blieb erst wenige Meter vor ihm stehen. Ein Grinsen lag auf seinem Gesicht, welches ein verschlagener Blick zierte. "Ich wollte dich noch ein letztes mal sehen, alter Freund. Bald nämlich, werde ich frei von dir und diesem Ort sein. Ich habe einen würdigen Nachfolger gefunden.", erwiderte er schließlich.

"Tu was du nicht lassen kannst. Sie wird dein verderben sein.", tönte der Fremde mit finsterer Stimme zurück, offenbar wissend wovon sein Besucher sprach. Selbst einen Mann wie Gray jagte ein solcher Unterton noch Angst ein, so dass sich seine Augen kurz weiteten. "Beeindruckend. Du scheinst zu wissen von wem ich rede, aber das überrascht mich nicht. Sie wird mir Erlösung bringen und ich werde endlich frei sein. Es gibt nichts was du noch tun kannst. Ich werde nun gehen und dich deiner Verdammnis überlassen. Sei dir versichert das wir uns das letzte mal gesehen haben.", gab er zurück und wendete sich ab. Zielstrebig ging er Richtung Ausgang und ließ die Höhle noch einmal im Schall seiner Schritte erhören. Gray war entschlossener den je seinen Plan zu vollenden, nun wo sein Objekt der Begierde in greifbarer Nähe war.
 

Kyren genoss die frische Priese, die ihr durchs Haar wehte und hielt sich so oft wie möglich an Deck auf. Shane leistete ihr häufig Gesellschaft, während Jáin und Sejya lieber unter Deck blieben. Mehrere Tage hintereinander vergingen ohne Zwischenfälle, wobei es gelegentlich zu kleineren Unwettern kam, die der Crew ein wenig mehr abverlangten als üblich. Obwohl das Schiff dann stark schunkelte und die vier Abenteurer problemlos aus einen Teller löffeln konnten, der brav von einer Tischseite zur anderen rutschte, blieb die Überfahrt ungefährdet. Man kam gut voran, doch am neunten Tag ihrer Reise holte man die Segel ein als in der Ferne plötzlich eine dichte Nebelbank aufzog. Neugierig eilte man an Deck, als man merkte dass das Schiff an fahrt verlor, um sich selbst ein Bild zu machen.

Rasch war Shane an Deck und wand sich an den Kapitän. "Was ist passiert, Kapitän?", rief er verwundert, worauf der ihn auf den Nebel verwies. "Da vorn braut sich was zusammen. Wir können die Geschwindigkeit nicht beibehalten, wenn wir nicht sehen können wo wir hinsegeln.", erwiderte er und überließ den Steuermann das Ruder. "Habt Ihr denn keinen Kompass an Bord?", fragte Sejya leicht enttäuscht. "Natürlich, aber ein Kompass zeigt nur die Himmelsrichtung, nicht irgendwelche Riffe die aus dem Wasser ragen.", gab er schmunzelnd zurück und belehrte sie somit eines besseren.

Auch ohne die Hauptsegel hatte man noch genug Schub um den Nebel zu durchqueren, der sich offenbar nicht so schnell auflösen oder weiterziehen wollte. Die Anspannung an Bord stieg sichtlich, aber man versuchte soweit es ging die Ruhe zu bewahren. Die Sichtweite betrug manchmal nur zehn Meter, weshalb jeder Fehler der letzte sein konnte. Die Stille, die auf einmal herrschte, war gespenstig, denn abgesehen vom knarksen des Schiffes war nichts zu hören, so flach und leise waren die Wellen.

Es war schon fast zu spät als der Mann vom Aussichtsturm auf einmal wie am Spieß zu brüllen begann. "Ein Schiff!!! Ein Schiff auf drei Uhr!", schrie er lauthals herunter, so dass man gerade noch rechtzeitig einlenken konnte. Es war Glück dass das fremde Schiff keine Fahrt mehr hatte, da es sonst womöglich zur Kollision gekommen wäre. Argwöhnisch musterte der Kapitän das Schiff, ebenso wie Shane und seine Freunde. Es sah merkwürdig, ja gerade zu unheimlich aus. Die Segel waren eingerissen und sicher nicht mehr seetauglich. Das Schiff wirkte sehr alt und an Deck war niemand zu sehen.

"Wir gehen längsseits! Vielleicht gibt es Überlebende an Bord.", rief der Kapitän nach kurzer Überlegung, sehr zur Verwunderung der Abenteuergruppe. Jáin zweifelte an der Entscheidung und ging zum Kapitän. "Sie glauben doch nicht ernsthaft das da noch jemand an Bord ist?", fragte er ungläubig und deutete auf das Schiff. "Du magst recht haben, aber wenn das Schiff verlassen ist, haben wir auf den Anspruch auf jede Art von Fracht oder Gütern die wir dort finden.", erwiderte er frech grinsend. Auch die Crew dachte wie er und enterte erwartungsfroh das fremde Schiff. Zusammen mit einigen Söldnern als Schutz gingen duzende Seemänner mit Beuteln und Säcken an Bord. Auch Jáin juckte es in den Fingern, bei dem Gedanken vielleicht etwas wertvolles zu finden. "Ich finde wir sollten uns auch dort umsehen.", sagte er freudig mit den Händen reibend.

"Also ich weiß nicht. Ich mag solche Geisterschiffe nicht sonderlich.", zweifelte Shane und verschränkte nachdenklich die Arme. "G-g-geisterschiff?", fragte Kyren leicht verängstigt. "Das ist doch nur ein Name. In der Regel gibt es keine Geister auf solchen Schiffen.", beruhigte sie Sejya. Der Kapitän war von der Idee des maskierten Dunkelelfen jedoch angetan und machte den vieren Mut sich dort ebenfalls einmal umzusehen. "Geht ruhig und versucht euer Glück. Wir fahren schon nicht ohne euch weg."

Somit war die Entscheidung gefallen und man machte sich daran das fremde Schiff zu erkunden.
 

Mittels eines Lichtzaubers brachte Kyren etwas Helligkeit in die dunklen Gänge im Inneren des Schiffs. Es war ihr gar nicht angenehm als Taschenlampe voran gehen zu müssen, denn trotz allem fürchtete sie sich vor möglichen Geistern. Der Gang verlief zentral des Schiffes, so dass die Türen zu den Räumlichkeiten jeweils links und rechts von ihnen lagen. Der Holzboden war an manchen Stellen morsch und einige Schlösser zu den Kabinen waren eingerostet. Die Räumlichkeiten und endlosen Gänge machten einen durchweg gruseligen Eindruck, weshalb die kleine Elfe immer nervöser wurde.

Als plötzlich unheimliche Schritte und Stimmen erklangen hielt ihre Angst nichts mehr zurück. Panisch aufkreischend klammerte sie sich an ihren nächstbesten Gefährten, der in dem Fall Shane sein sollte. Die leuchtende Kugel ihres Lichtzaubers plumpste zu Boden, während sie ihre Mitstreiter durch ihre Aktion beinah mehr erschreckte als sie sich selbst.

"Wah! Das ist unheimlich! Das sind bestimmt die Geister! Ich habe Angst! Ich will hier weg!", schluchzte Kyren mit Angsttränen in den Augen, die sie so fest verschlossen hielt, dass sie nicht einmal merkte, dass sie Shane fast die Luft abdrückte. Nur mühsam gelang es ihm sich etwas von ihr zu befreien. "Aber Kyren, das sind doch nur die anderen Seemänner, die auf dem Schiff nach Schätzen suchten.", beruhigte er sie leicht schwitzend. Erst als er es ihr erklärte, begriff sie das er Recht hatte und ließ ziemlich verlegen von ihm ab.

Tatsächlich hatten sich lediglich drei Seemänner, zwei Kabinen vor ihnen entfernt, unterhalten. Rasch nahm sie ihren Lichtzauber wieder auf und wuschelte sich verlegen über den Hinterkopf. "Äh, ja ... es scheint so als ob du Recht hast. Tut mir Leid.", gab sie entschuldigend zurück.

Schließlich konnte man weiter gehen, denn nach unten zum Lagerraum waren noch einige Etagen zurückzulegen. Ihnen entging in all der Aufregung das in einiger Entfernung hinter ihnen ein weiterer Lichtzauber für eine fremde Gestalt mit grauen Haar leuchtete. "Ausgezeichnet, habe ich euch also endlich gefunden.", dachte der Mann leise vor sich hin. Ein fieses Grinsen lag auf seinen Lippen als er das Licht in seiner Handfläche zerquetschte und somit erlöschen ließ.
 

Zwei Matrosen schienen derweil erstmalig in einer der Kabinen fündig zu werden. Während einer von ihnen mit der Fackel leuchtete versuchte ein anderer das Schloss eines alten Schmuckkästchens zu knacken. Nach einigen Versuchen öffnete sich das Schloss und der Deckel sprang auf. Nicht nur die Augen der beiden Seemänner glänzten als sie den Inhalt erblickten. Es war über und über mit allerlei wertvollen Schmuck gefüllt. "Sieht so aus als sind wir fündig geworden.", meinte der Fackelhalter freudig, aber seine Freude sollte nicht lange währen. "Ja, wir ...", wollte der andere erwidern als er sich umdrehte, doch da erstarrte sein Gesicht plötzlich. Zu spät hatten die beiden bemerkt das sie nicht länger allein in der Kabine waren. Ein verzweifelter Aufschrei war alles was noch nach draußen gelangte, bevor die Fackel erlosch und Stille einkehrte. Niemand hatte sie gehört, so dass ihre Schreie schnell in der Dunkelheit verstummten.
 

Kyrens Elfenohren zuckten zwar einen Moment auf, doch schnell tat sie es als Hirngespinst ab. Mittlerweile hatte sie schon genug unheimliche Geräusche gehört, die ihre Beine zittern ließen. Immer wieder drehte sie sich um, um sich zu vergewissern das Shane und die anderen noch hinter ihr waren.

Die Konstruktion des Schiffes war ungewöhnlich, denn die Treppen die in die nächst untere Etage führten, führten nie weiter als bis in die darunter liegende Etage, so dass man die Treppen für die nächst niedrigere Etage immer wieder aufs neue suchen musste.

Sejya wurde derweil auch immer mulmiger zu Mute, auch wenn dies weniger an den Geistergeschichten lag. "Wir laufen nun schon eine Ewigkeit hier rum. Langsam habe ich das Gefühl das nimmt kein Ende mehr.", gab sie grummelnd zur Kenntnis. "Na, du hast Sorgen. Wundert es dich nicht das wir seit einer ganzen Weile schon auf keine Seemänner mehr getroffen sind?", erwiderte Shane misstrauisch und schürte somit unbewusst noch weitere Ängste bei seiner kleinen Gefährtin. "Meinst du die sind doch ohne uns losgesegelt?", fragte Jáin zweifelnd, was Kyren nun literweise Angstschweiß aus den Poren strömen ließ. "Bitte, sagt so was nicht, ja?", bat sie höflichst und drehte sich zu ihnen um. Dieser Moment der Unachtsamkeit reichte schon aus beim rückwärtsgehen zu stürzen.

Mit schmerzverzerrter Miene rieb sie sich den Po, denn ihre Landung war recht unsanft ausgefallen. Viel mehr jedoch schockte über was sie eigentlich gestolpert war, denn ihr Lichtzauber, legte einen Arm frei der zu einen Matrosen in eine der Kabinen führte.

"Was zum ...", wunderte sich Shane, während er die Kabinentür vollständig öffnete. Es war ein unschöner, wenn gleich auch merkwürdiger Anblick, denn der tote Seemann, den man dort erblickte, wirkte wie ausgetrocknet. "Was zum Henker ist dem passiert?", staunte Sejya, während Kyren sich dem Mund zuhalten musste um nicht zu schreien. "Sieht so aus als ob er rasend schnell gealtert wäre.", versuchte der junge Halbelf zu erklären, doch Jáin hatte eine passendere Antwort parat. "Gealtert? Dem Typen hat man die Lebensenergie ausgesaugt.", meinte er mit ernsten Blick.

"Lebensenergie? Wer macht denn so was?", fragte Kyren verängstigt. "Hm ... eigentlich können so was nur untote Wesen wie Vampire ... oder höhere Mumien ...", antwortete er nachdenklich, doch sie ahnte schon worauf er hinaus wollte. "... oder Geister, nicht wahr?", stotterte sie mit weinerlichen Blick. "Na ja, im Grunde schon, aber es könnten genauso gut Schattenwesen sein.", gab er schwitzend zurück, was aber auch nicht weiter zur allgemeinen Beruhigung beitrug. "Ich wusste es. Wir hätten hier nicht herkommen sollen.", jammerte die kleine Elfin ängstlich.

"Wir sollten auf alle Fälle achtsam sein. Irgendwas ist hier faul.", meinte Shane mit ernster Stimme und beendete somit die Diskussion. Fortan trug Jáin sicherhaltshalber eine Fackel, die er bei der Leiche gefunden hatte, und ging voraus.
 

Nach einer Weile kam man in einem riesigen Ballsaal, der einen ziemlich eingestaubten Eindruck machte. Spinnenweben hingen an einigen hölzernen Stützsäulen hinab, doch auch wenn die Spinnen nur Millimeter groß waren, versuchte sich Kyren weitgehend von ihnen fern zu halten. Ein riesiger Kronleuchter aus Kristall hang von der Decke hinab, ebenso wie einige Wandteppiche von den Wänden.

"Hm, sieht so aus als war das mal ein reines Passagierschiff. Das hier muss so eine Art Festsaal gewesen sein.", meinte Jáin und leuchtete mit seiner Fackel den Raum aus.

Ein merkwürdig zischendes Geräusch lenkte die Aufmerksamkeit der vier jedoch schnell vom einst prächtigen Aussehens des Saals ab, wenn gleich es so schnell abklomm dass man nicht sagen konnte woher es gekommen war. "Was war das?", fragte Kyren nervös und leuchtete mit ihrem Lichtzauber hektisch hin und her. Shane wurde immer misstrauischer und stand bereits kurz davor sein Schwert zu ziehen. "Das gefällt mir immer weniger. Was immer das war, das war kein Matrose.", meinte er zur Eingangstür starrend. "Vielleicht war es eine Banshee.", merkte Jáin an, womit auch Kyren immer unwohler wurde.

"Eine Todesfee?! Das ist doch nicht dein ernst!", schrie Sejya aufgeregt. Die Lage wurde immer unbehaglicher, denn kurz darauf ertönte das Geräusch wieder. Dieses mal kam es in kurzen Intervallen aus allen Richtungen, so dass man sich gerade zu umzingelt sah, obwohl niemand zu sehen war. Nervös blickten die Abenteurer um sich, doch auch wenn die Geräusche immer aufdringlicher wurden und sich näherten, so war noch immer kein Gegner zu sehen.

Es bedurfte nur eines Fingerschnipps einer fremden Gestalt um die Lage für Shane und die anderen noch schlimmer werden zu lassen. Der Boden unter Kyren brach plötzlich zusammen, so dass sie die restlichen Etagen nach unten in den Lagerraum stürzte. Ihr Aufschrei erreichte ihre Gefährten zu spät, wenn gleich sie ihre Aufmerksamkeit erregte. "Kyren!", schrie der junge Halbelf aufgeregt und warf sich ihr hinterher in der Hoffnung sie noch greifen zu können. Er verpasste sie jedoch und landete umsonst im Staub des Parkettbodens.

Kyrens Sturz in den Lagerraum war einige Meter tief ausgefallen, doch zu ihrem Glück blieb sie so gut wie unverletzt. "Kyren? Ist alles in Ordnung?", rief Shane besorgt zu ihr herunter. "Äh ... ja, nichts weiter außer ein paar blauen Flecken.", erwiderte sie mit schmerzverzerrten Gesicht und rappelte sich aus den eingebrochenen Überresten des Bodens auf. "Bleib da! Wir kommen so schnell wie möglich runter!", gab er zurück und warf ihr den Lichtzauber herunter, den sie zuvor fallen gelassen hatte. "Ja, aber beeilt euch.", meinte sie mit ängstlichen Blick, denn sie fürchtete sich ohnehin schon genug.

"Verdammt, wie ist es möglich das der Boden unter ihr zusammenbrechen konnte? Sie ist doch die leichteste von uns.", wunderte Shane sich nachdenklich, bevor ihm Jáin darauf Aufmerksam machte das er ein größeres Problem hatte als Kyren zu retten. "Ich glaube das ist nicht der Zeitpunkt sich solche Fragen zu stellen.", rief er und deutete auf etwas vor den Halbelfen. Stirnrunzelnd folgte er seiner Deutung und richtete seinen Blick auf ein Wesen das ihm glatt entgangen war. Zurecht blickte er mulmig an der geisterhaften Kreatur hinauf, die nahe über dem Boden schwebte. Zwei rot leuchtende Augen funkelten ihn vom gesichtlosen Kopf des Wesens an. Es hatte keine Füße, doch dafür zwei nicht zu unterschätzende Arme, die bereits nach ihm gierten. "Ein ... ein Vampir-Nebel!", schrie er überrascht und wich reflexartig zurück, so dass es ihn mit der ersten Attacke noch einmal knapp verfehlte. "Das ist ja noch viel schlimmer als ein Geist!", stellte sein dunkelhäutiger Gefährte geschockt fest. Seine Behauptung war nicht von ungefähr, denn diese spezielle Art der Geister und Schattenwesen, ernäherte sich hauptsächlich von den Lebensenergien sterblicher. Sie galten schon immer als äußerst aggressiv und waren auch diesmal nicht dazu bereit erbarmen mit ihrem potentiellen Opfern zu zeigen. Ihre besondere Fähigkeit sich bis zum Angriffsmoment unsichtbar zu machen, machten sie zu schwierigen Gegnern. "Das ist mal wieder so ein Tag ...", dachte Shane leise vor sich hin, bereit sich den Vampirnebeln zu stellen.
 

Kyrens Lage gestaltete sich indessen nicht weniger misslich als sie auf einmal Schritte aus dem Dunkel vor ihr vernahm. Ihr Lichtzauber legte eine Gestalt in Begleitung einer anderen frei, die zunächst noch in Schatten gehüllt blieb. Sie hatte den Mann mit den grau-weißen Haar noch nie zuvor gesehen und doch spürte sie das etwas unheimliches von ihm ausging. "Wer ... wer bist du?", fragte sie vorsichtig und wich etwas zurück. Seine Antwort entlockte ihm ein perfides Schmunzeln, gefolgt von einer leichten Verbeugung. "Mein Name ist Gray, Gray Hawkins. Und du, du bist sicher Kyren Cyrissean. Ich habe schon so viel von dir gehört.", erwiderte er mit zweideutigen Blick, der sie noch etwas misstrauischer stimmte. "Was ... was wollt Ihr von mir?", wollte sie wissen und trat etwas zurück. "Was ich will? Ich habe doch schon längst was ich will. Es steht direkt vor mir!", gab er mit einen boshaften Lächeln zurück.

Bevor Kyren überhaupt den Sinn seiner Worte verstand, drückte er ihr rabiat seine rechte Handfläche ins Gesicht und presste sie zu Boden. "Deinetwegen bin ich hier, Närrin! Du wirst mein sein! Du allein bist dazu bestimmt mir die Freiheit zu geben!", fuhr er mit barschen Unterton fort, während sie hilflos versuchte sich aus ihrer Lage zu befreien. Sie fürchtete schon um ihr Leben, da brach sich auf einmal ein weiteres Loch in der Decke über ihr. Trümmerteile stürzten herunter, so dass Gray von ihr ablassen musste um diesen auszuweichen. Eine Staubwolke verhüllte noch einen Moment lang wer der Verursacher dieser Tat war, doch Kyren erkannte das Mädchen sofort das dort in altvertrauter Pose kniete. "Sejya!", rief sie erleichtert, worauf sich zwei weitere vertraute Gestalten aus den oberen Stockwerk zu ihr gesellten. "Entschuldigung? Kommen wir ungelegen?", fragte Jáin höhnisch, mit Blick auf Gray, der sich als recht schlagfertig erwies. "Ganz im Gegenteil. Ihr seid herzlich eingeladen. Ihr kommt genau rechtzeitig - zu eurer Beerdigung.", gab er gelassen zurück.

Shane hingegen erwartete ein paar Antworten und wirkte ziemlich gereizt. "Genug dieser Spielchen! Ich will ein paar Antworten!", fauchte er erzürnt, während sich die kleine Elfe bei ihren Freunden in Sicherheit brachte. "Ah, du musst der Halbelf sein von dem man mir erzählt hat. Zu Schade das sich so ein hübscher Junge wie du mir in den Weg stellt.", erwiderte er entzückt. "Hübscher Junge?!", wunderten sich Shanes Gefährten, der sogar etwas rot wurde.

"Ihr wollt Antworten? Ja, warum eigentlich nicht? Ihr sollt nicht sterben ohne zu wissen warum. Ich denke es ist an der Zeit euch Narren endlich zu erklären welches Schicksal euch erwartet.", fuhr Gray unbeeindruckt fort. "Was soll das heißen?!", fragte Shane wütend zurück. "Ihr seid mir lange genug ein Dorn im Auge gewesen. Ich hätte euch gerne etwas früher entgegen treten wollen, aber gewisse 'bindende' Umstände erlauben mir das nicht. Leider waren die Kopfgeldjäger nicht fähig genug meinen Auftrag zu erfüllen und selbst Diron musste sich euch ungewollt geschlagen geben. Ich bin hier weil ich das Elfenmädchen mitnehmen will.", tönte er arrogant zurück. "Was?! Auf keinen Fall!", schrie Shane erbost. "Warum so abweisend? Ich werde ihr kein Haar krümmen. Ich brauche sie möglichst unversehrt um mich von meinem Fluch zu befreien.", erwiderte er ruhigen Tones. "Wovon redet Ihr?", fragte der junge Halbelf verwundert. "Oh, habt ihr das gar nicht gewusst? Warum reist ihr denn nach Thay? Etwa um Mogul zu besiegen? Dann hatte Diron Recht. Ihr hab keine Ahnung. Man hält euch offenbar zum Narren.", antwortete er mit leicht irrer Stimme und warf ein den Abenteurern ganzes Buch mit Fragen auf. Nun hatte Shane die Gewissheit das hinter den Beweggründen dieser Reise weit mehr steckte als einfach nur einen dämonischen Kriegsherren zu stoppen.

"Ich denke ich habe genug geplaudert. Fakt ist das ihr mir im Weg seid. Wird Zeit das Problem ein für alle mal zu lösen.", fuhr Gray fort und wies seinen Begleiter mit einer Geste nach vorn ins Licht. Jáin stockte der Atem, denn niemand anders als sein Vater selbst stellte sich ihnen entgegen. "Leath!", schrie Kyren ängstlich, mit geweiteten Augen.

"So sieht man sich also wieder. Diesmal könnt ihr nicht entkommen. Es wird Zeit eine alte Rechnung zu begleichen.", tönte Leath kühl hervor und zog sein Schwert. "Ach ja? Das werden wir ja sehen!", gab Sejya aufgebracht zurück und griff an. Blitzschnell holte sie drei Wurfmesser hervor und warf sie ihm in tödlicher Art entgegen, doch ihr Angriff scheiterte zu ihren verblüffen. Ohne mit der Wimper zu zucken wehrte er alle drei mit seiner metallischen Hand ab.

Aber auch Gray erwies sich als harter Gegner und beendete das kurze Duell. "Nicht so hastig, junges Fräulein. Vergesst mich nicht!", mischte er sich ein und streckte ihnen seine Handfläche entgegen. Bevor sie überhaupt begriffen was geschah, schleuderte sie eine Druckwelle in einen Stapel Kisten, der sie unter sich begrub. Nur Kyren blieb verschont und sah hilflos mit an wie ihre Freunde getroffen wurden. "Das war ja leichter als ich dachte.", resümierte der grauhaarige Mann schmunzelnd, aber seine Freude währte nur kurz. Duzender Nebel-Kreaturen enttarnten sich um ihn herum, so dass er seine Prioritäten für einen Moment ändern musste, wenn gleich er diese Wesen nicht fürchten musste. "Verdammte Biester! Verschwindet!", fauchte er säuerlich und vertrieb den nicht enden wollenden Strom dieser Geisterwesen ähnlich wie er es zuvor mit Shane und den anderen getan hatte. Die Lage schien für Kyren einen Moment günstig zu stehen, denn auch Leath war mit den Kreaturen beschäftigt. Schnell sah aber auch sie sich von den Nebelkreaturen umgeben.

Angsterfüllt schreiend wehrte sie einige mit magischen Geschossen ab, ohne genau darauf zu achten wohin sie zielte, doch es kamen immer wieder neue nach. Erst als Shane und die anderen mit gezogenen Waffen hinzu stießen entspannte sich die Lage etwas.

"Das werden ja immer mehr!", schrie Jáin mit angespannter Miene, während er einen nach den anderen mit dem Schwert zurückschlug. "Lange halten wir das nicht durch!", merkte Sejya an, die sich verzweifelt mit der Fackel zur Wehr setzte. Shane, der sich bis dahin erfolgreich mit dem Schwert schlug, wurde immer klarer das es nicht so einfach werden würde sich aus dieser Lage zu befreien. Er brauchte eine gute Idee und dabei konnte ihm Sejya eine große Hilfe sein. "Sejya, hast du noch welche von diesen Explosionskugeln bei dir?!", rief er ihr zu. "Ja, hab ich - wieso, was hast du vor?", erwiderte sie verwundert. "Jag das Schiff in die Luft!", erwiderte er mit strenger Stimme. "Was?! Das soll wohl ein Witz sein?! Wir gehen drauf wenn ich das mache!", schrie sie empört zurück. "Mach es! Nur du kannst uns hier raushauen! Vertrau mir!", entgegnete er mit einem Blick, dem sie nicht widersprechen wollte. Sie zögerte noch einen Moment, doch langsam realisierte sie was er ihr zu sagen versucht hatte. "Okay! Dann wird's gleich ein bisschen heiß hier!", meinte sie schließlich und warf ihren gesamten Kugelvorrat in Richtung Decke, sehr zur Verwunderung der Gegenseite die ebenso wie die Geisterwesen für einen Moment ihre Kampfhandlungen einstellten.

"Alles klar!", meinte Sejya nickend und schlug mit ihrer Spezialattacke einen Loch in den Boden des Lagerraums. Leaths Mimik verfinsterte sich als er merkte was sie vorhatten. "Das könnte euch so passen!", rief er wütend und stürmte auf Kyren zu, die mitsamt ihrer Freunde in den einbrechenden Boden verschwand. Jáins Vater kam jedoch zu spät, und wurde von den einströmenden Wassermassen zurückgeschleudert. Nur Augenblicke später erreichten die Explosiv-Kugeln die Decke und entfalteten ihre Wirkung.
 

Kapitän Barus wirkte besorgt, denn bisher war noch keiner seiner Männer zurückgekehrt, auch jene nicht die er nachgeschickt hatte. Nachdenklich achtete er auf das Geisterschiff in der Hoffnung das endlich jemand herauskommen würde. Er erwartete das schlimmste, jedoch nicht dass das Schiff vor seinen Augen mit einem lauten Knall explodieren würde.

Trümmerteile flogen herum und das ganze Schiff brach in sich zusammen. Selbst die Masten des Schiffes zerfetzte es, die wie Streichhölzer zersplitterten. Es schien unvorstellbar das jemand diese Explosion überlebt haben sollte. Trotz dieses Schocks blieb er mit den übrigen Matrosen auf Position um im Wasser nach Überlebenden zu suchen, während die Reste des fremden Schiffes langsam zum Meeresboden sanken.

Er traute seinen Augen kaum als auf einmal vier altvertraute Gesichter zwischen einigen Brettern aus dem Wasser auftauchten. "Das ... das gibt es doch nicht.", rief er erstaunt, bevor er die Matrosen aufforderte ein paar Seile herunter zu lassen.
 

Selbst als Kyren und ihre Gefährten kurze Zeit später wieder festen Boden unter den Füßen hatten, rang man noch etwas nach Luft. Man hatte etwas zu viel Wasser geschluckt, aber auch wenn man völlig durchnässt war - man hatte es geschafft zu entkommen. Kapitän Barus hingegen wartete immer noch auf eine Erklärung und starrte die vier entgeistert an. "Was zum Geier ist passiert?", fragte er verwundert. "Wir ...", wollte Kyren erwidern, bevor sie Shane unterbrach. "Tut mir Leid das wir die Fracht nicht retten konnten. Das Schiff war voller Vampir-Nebel. Ihre Männer hatten keine Chance.", erklärte er und rang sich ein wenig Wasser aus seinem Oberteil. "Verstehe ...", erwiderte der Kapitän nüchtern und drehte sich ab. "Okay, dann seht nach ob ihr noch Gegenstände oder Überlebende aus dem Wasser fischen könnt. Dann segeln wir weiter.", rief er seiner Mannschaft nach einen kurzen Moment des Schweigens zu. Trotz allen gehorchte sie ihn noch aufs Wort und salutierte zu seinen Befehl. "Ai, ai, Kapitän.", tönte es synchron zurück.

Jáin hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache, denn obwohl das Geisterschiff völlig zerstört wurde, fragte er sich ob sein Vater es überlebt haben könnte. "Ob dieser Typ und Leath überlebt haben?", fragte er nachdenklich. "Das kann ich mir nicht vorstellen. Du hast doch selbst gemerkt das die Druckwelle so heftig war das sie uns noch tief ins Wasser gedrückt hat.", meinte Sejya betrübt.

"Selbst wenn, Leath könnte mit seiner Rüstung unmöglich schwimmen.", merkte Shane an, worauf Kyren einen leichten Seufzer ausstieß. Nur einen Augenblick später fuhr es ihr eiskalt den Rücken herunter als sie plötzlich ein dumpfes Geräusch hinter sich vernahm. Sie glaubte ihren Augen nicht, doch tatsächlich hatte sich eine altvertraute Gestalt auf der anderen Seite des Schiffes hochgeangelt. Die vier Abenteurer sahen aus als hätten sie einen Geist gesehen, denn es war Leath der ungebrochenen Mutes das Schiff erklomm. Er trug keine Rüstung mehr und war völlig durchnässt, doch sein Schwert hatte er bereits gezogen. "Habt ihr geglaubt das es so einfach sein würde mich zu besiegen?", tönte er schwer atmend zu ihnen herüber.

"Das gibt es doch nicht! Er muss die Rüstung ausgeklinkt haben!", schrie Shane geschockt. "Na ja, wenigstens hat's den anderen erwischt.", meinte Sejya, die aus der ganzen Aktion noch etwas positives abgewinnen wollte und sich kampfbereit machte. Leath hingegen, der sich nun mehr erschöpft auf seinem Schwert abstützte, brachte diese Aussage nur zum Schmunzeln. "Seid ihr euch sicher?", fragte er hämisch grinsend, woraufhin auf einmal Grays Gelächter aus dem nirgendwo ertönte. Man glaubte schlecht zu sehen als der Mann mit den grauen Haaren einen Moment später hinter dem Dunkelelfen wie aus dem Nichts auftauchte. Es war erstaunlich, denn im Gegensatz zu Leath war er völlig trocken und unverletzt. "Offensichtlich seid ihr noch viel dümmer als ich angenommen habe. Ich muss zugeben, es hat ganz schön gezwickt, aber vernichten könnt ihr mich so nicht. Ich bin jedoch ein Mann von Ehre und muss zugeben das ihr euch wacker geschlagen habt. Heute habt ihr gewonnen, aber ihr habt nicht zum letzten mal von mir gehört. Ihr könnt das unausweichliche nicht verhindern. Das Mädchen wird bald mein sein.", meinte er recht arrogant und öffnete ein Portal. "Leath, wir gehen. Für heute ist es genug.", befahl er seinen Diener, der brav gehorchte und sein Schwert wegsteckte. Ein letzter finsterer Blick war alles was er ihnen noch entgegnete, bevor er mit seinem Herrn durch das Portal verschwand. Erleichtert sacke Kyren zusammen, während den anderen ihr Unbehagen noch anzusehen war. "Ich hab' so das Gefühl das da noch einiges auf uns zukommt.", dachte Shane laut vor sich hin, bevor auch seine Mimik sich entspannte.

Der Nebel löste sich auf nachdem das Geisterschiff gesunken war und so konnte die Fahrt mit voller Kraft weitergehen. Trotzdem entspannte dies die Lage der Abenteurer nicht, denn nun war sich keiner von ihnen mehr sicher was sie wohl am anderen Ufer erwarten würde.
 

Ihr unfreiwilliger Tauchgang hatte noch eine unangenehme Nebenwirkung, denn das Wasser war nur wenige Grad über Null warm gewesen. Shane und Jáin, die sich wie die anderen in ihren Kabinen eingefunden hatten, niesten fast schon in harmonischen Abständen. Ihre Sachen hatten sie in ihren schmalen Zimmer aufgehangen und sich in die Decken ihrer Betten eingewickelt um nicht allzu sehr zu frieren. Jáin schien es ziemlich schlimm erwischt zu haben, denn seine Nase wollte gar nicht mehr aufhören zu laufen. Um ihn herum türmten sich sehr bald stapelweise Taschentücher.

Es klopfte es an der Tür und Sejya kam herein um ihren Gefährten Gesellschaft zu leisten. Sie trug einen rosa Bademantel und wirkte ähnlich kränklich wie Jáin. "Hi, na was gibt's?", fragte ihr dunkelhäutiger Gefährte verschnupft. "Ich wollte nur mal nach euch beiden sehen. Hatschii!", antwortete sie niesend und setzte sich zu ihm aufs Bett. "Wo ist Kyren? Ist sie nicht bei dir?", fragte Shane neugierig. "Sie ist noch nebenan.", antwortete Sejya und schniefte einmal kräftig ins Taschentuch.

"Ich muss sie noch etwas fragen. Ich bin gleich wieder da.", erwiderte er mit Blick zur Tür. "Ach Shane, wenn du rübergehst, bring doch gleich noch mal ein paar Taschentücher mit, ja?", rief Jáin ihm hinterher als der junge Halbelf gerade mit umhüllter Decke, gekleidet mit seiner Unterhose, die Kabine verlassen wollte.

Dieser Tag hatte einige entscheidende Fragen für Shane aufgeworfen. Viele Zusammenhänge waren nun noch unschlüssiger als vorher, doch er hoffte bei der kleinen Elfe eine Antwort zu finden die in all dem wohl so etwas wie die Hauptrolle spielte. Noch in Gedanken versunken betrat er ihre Kabine und dachte gar nicht daran in einen unpassenden Moment hereinzuplatzen. Ähnliche wie er und Jáin, hatten die Mädchen ihre Sachen zum trocknen aufgehängt. Er rechnete nicht damit Kyren nur mit ihren Höschen bekleidet vorzufinden, wie sie sich gerade mit einem großen Handtuch den Oberkörper abtrocknete. Das Szenario erstarrte für einen Moment und beide weiteten geschockt ihre Augen. Eine nicht zu übersehende röte stand ihnen ins Gesicht geschrieben, bis er seine Dusseligkeit bemerkte und sich rasch verschämt umdrehte. "Oh ... äh ... tut mir Leid! Tut mir Leid! Ich ... ich hätte klopfen sollen.", stotterte er verlegen, während Kyren einen Moment lang die Worte fehlten. Ihr Herz raste wie wild und sie war kaum in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Beiden war die Aktion sichtlich peinlich, doch gerade Shane quälte ein schlechtes Gewissen. "I-ich-ich hab gar nichts gesehen ... ehrlich. Du hast ja das Handtuch vor ... und ... dein ... ich ... ähm ... na ja ... jedenfalls ... ich wollte dich eigentlich nur fragen wer denn der Mann war, der dich entführen wollte.", fuhr er ähnlich nervös wie zuvor fort.

Nur langsam realisierte sie was überhaupt passiert war und drohte schon vor Scham im Boden zu versinken. Shane hoffte auf irgend einen Ton von ihr, aber es dauerte noch eine ganze Zeit lang bis sie sich regte und begriff das sie sich etwas antworten sollte. "Ähm ... nun ja ... er hat gesagt sein Name wäre Gray Hawkins, aber ich habe ihn noch nie zuvor gesehen, wenn du das meintest.", erwiderte sie zögerlich. "Gray? Sagtest du Gray?", gab er verwundert zurück, was sie kurz bejahte. "Hat dieser Nairdan uns nicht vor einen Gray gewarnt, der mit Mogul zusammenarbeitet? Das muss er wohl gewesen sein.", kombinierte er eifrig zusammen, bevor er sich schon die nächste Frage stellte. "Aber was hat es mit diesem Fluch auf sich? Was meinte er damit das er mit deiner Hilfe den Fluch aufheben könne?", fragte er sich im Selbstgespräch, aber auch Kyren wusste keine Antwort.

"Ich glaube du solltest diese Nacht vielleicht versuchen irgendwie mit Nairdan Kontakt aufzunehmen. Ich habe das Gefühl das er uns etwas verschwiegen hat.", meinte er, bevor sie ihn unterbrach. "Äh, du kannst dich ruhig umdrehen.", sagte sie leise. Er zögerte noch etwas, aber traute sich schließlich. Sie hatte die Zeit seiner Grübeleinen genutzt um sich selbst ebenfalls mit einer Decke zu bedecken und lächelte schon wieder etwas, so als ob sie sagen wollte das sie ihm nicht böse war. Als auch sie kurz niesen musste fiel ihm ein das Jáin ja noch auf neue Taschentücher wartete, so dass die peinliche Aktion zuvor schon wieder recht schnell vergessen war. "Kommst du mit rüber? Wir wollen das weitere Vorgehen besprechen und außerdem brauchen wir noch ein paar Taschentücher.", meinte er und deutete zur Tür.
 

Es sollte noch eine lange Nacht werden in denen viele Gedanken ausgetauscht wurden, auch wenn die wenigsten davon wirklich Licht in die Sache brachten. Bald schon schlossen sich die Augen der vier vor Erschöpfung, wobei sie die Bewegungen des Schiffes wie eine Wiege in den Schlaf führte. Für Kyren war es die Chance erneut mit Nairdan in Kontakt zu treten.

Sie hatte Glück und merkte schnell das sie in die Traumwelt entschwunden war. Der Traum von einer endlos grünen Weide mit vielen duftenden Blumen war zwar schön, aber schließlich wollte auch sie mehr über Gray erfahren. "Nairdan? Könnt Ihr mich hören? Bitte Nairdan, ich brauche Eure Hilfe.", rief sie in den Himmel hinaus. Sie wartete einen Moment doch nichts geschah. Wieder und wieder rief sie nach ihm - ohne Erfolg. Sie verlor schon fast ihre Hoffnung und senkte enttäuscht den Kopf als sie auf einmal merkte das ein dünner Nebel zu ihren Füßen aufzog. Schon im nächsten Moment als sie wieder aufblickte, fand sie sich an dem Ort wieder an dem Nairdan stets zu ihr gesprochen hatte. Wieder waren nur seine Konturen zu sehen, aber das störte sie nicht weiter. Er schien sehr überrascht von ihrem Ruf zu sein und wagte als erster sein Wort zu erheben. "Erstaunlich. Ich hätte nicht gedacht das du dazu in der Lage wärst mich zu rufen. Deine Fähigkeiten erstaunen mich zusehends, kleines Mädchen. Was möchtest du denn von mir?"

Kyren zögerte noch einen Moment, trug aber schließlich ihre Bitte vor. "Du hast uns erzählt das Mogul einen Komplizen hat der Gray heißt, aber du hast uns nicht die ganze Wahrheit gesagt. Ich ... ich bin ihm heute begegnet. Er erzählte etwas davon das er mich bräuchte um einen Fluch zu brechen. Was hat er damit gemeint? Gibt es noch etwas, von dem wir wissen sollten?", erwiderte sie energisch, worauf Nairdan eine Weile ins Schweigen verfiel.

"Du hast recht. Ich habe euch etwas verschwiegen, jedoch aus guten Grund. Ich musste befürchten das du deine Meinung änderst und umkehrst wenn du alles wüsstest.", gab er nach kurzer Pause zurück. "Wieso? Was hat es denn mit dem Fluch auf sich?", fragte sie verwundert. "Es ist ein alter Elfenfluch der ihn an eine alte Gruft von Thay bindet. Zwar ist er in der Lage diesen Ort zu verlassen, aber je weiter und je länger er sich von dort entfernt, desto schwächer wird er auch. Es würde ihn wahrscheinlich sogar töten, sollte er seinem Grab dauerhaft fernbleiben.", erzählte Nairdan nüchtern. "Seinem Grab? Heißt das ...?", wunderte sich Kyren, bevor er ihr das Wort nahm. "Ja, Gray ist genauso wenig lebendig wie Mogul selbst. Deshalb kann man ihn auch nicht so einfach vernichten. Ich weiß nicht genau wie, aber wahrscheinlich kann er mit dir diesen Fluch aufheben und sich befreien.", erklärte er. Auch wenn sie noch weitere Fragen hatte, so machte er ihr einen Strich durch die Rechnung. "Entschuldige mich, ich muss nun gehen. Meine Zeit ist begrenzt.", meinte er. "Warte! Sag mir noch welche Rolle Diron und Leath spielen!", rief sie seiner schwächer werdenden Stimme nach, aber er antwortete nicht mehr.

Nur einen Augenblick später erwachte sie schreckhaft, fast so als hätte sie einen Alptraum gehabt. Es war ein merkwürdiges Bild das sich ihren Augen bot, denn Sejya und Jáin schliefen Schulter an Schulter nebeneinander. Offenbar waren sie im sitzen während der Besprechung eingenickt und wirkten nun richtig harmonisch.

"Ich denke wir sollten sie schlafen lassen.", flüsterte ihr Shane auf einmal zu, von dem sie gar nicht bemerkt hatte das er wach gewesen war. Er stand am Bett, fast so als ob er über sie gewacht hatte während sie schlief. "Einverstanden.", erwiderte sie lächelnd und richtete sich auf. "Geh ruhig auf dein Zimmer. Ich werde noch ein wenig an Deck spazieren gehen.", meinte er, während er an seinen Sachen fühlte ob sie noch nass waren. "Aber ich habe von Nairdan geträumt.", berichtete sie aufgeregt. "Das ist schon okay. Wir bereden das morgen.", erwiderte er leise und gab ihr einen leichten Klaps auf den Rücken. Sein Verhalten kam ihr merkwürdig vor, aber sie fürchtete das es nichts bringen würde zu fragen und ging, eingemummt in ihrer Decke, auf ihr Zimmer. Shanes Blick verfinsterte sich nachdem sie gegangen war, denn was Kyren nicht wusste war, dass er etwas seltsames an ihr spürte, während sie geschlafen hatte.
 

Bald schon war Land in Sicht und die ersten Gebäude tauchten am Horizont auf. Vor ihnen lag die Stadt Teth. Von dort aus war es nur noch ein Katzensprung bis nach Laothkund, der Stadt in der es einen Schmied geben sollte, der ihnen aus den Phönixfedern eine mächtige Waffe schmieden konnte um Mogul zu besiegen.

Folge 66: Der Rätselmeister

Mit aller Sorgfalt betrachtete der Zwergenschmied Peppin noch einmal sein Werk, ein Schwert, geschaffen aus den Federn des Feuervogels. Jeder Millimeter wurde genaustens geprüft bis er endlich sagen konnte das seine Arbeit beendet war. "So, das war's. Hier.", meinte er stolz und reichte Shane das golden glänzende Schwert. Es war faszinierend anzusehen, wenn gleich es noch einen viel höheren Wert für ihn haben sollte. Die heiße und zugleich stickige Luft der Zwergenschmiede ließ den Abenteurern diesen Ort wie eine Sauna erscheinen, weshalb man froh war wieder gehen zu können. Ein paar letzte Worte zum Dank richtete Kyren an den freundlichen Zwerg und seine Mitarbeiter, die im Hintergrund schon wieder mitten in der Arbeit steckten, bevor man die Schmiede verließ. "Vielen Dank, Peppin. Ihr habt uns sehr geholfen. Vielen Dank auch für die Schwertscheiden.", sagte sie mit anständiger Verneigung.

Kaum draußen angekommen jappste Jáin nach Luft, zog sogar seine Maskierung etwas nach unten, die er in jeder größeren Stadt tragen musste. "Bwohr, war das stickig da drin. Und diese Hitze! Kaum auszuhalten.", jammerte er und fächerte sich etwas Luft zu. "Ich frage mich wie diese Zwerge das den ganzen Tag da drin aushalten.", stimmte Sejya zu, die sich gerade etwas Schweiß von der Stirn wischte.

"Na ja, es sind Zwerge. Ich schätze sie sind es gewohnt in engen, stickigen Minen zu arbeiten.", meinte Shane schulterzuckend, obwohl auch ihm anzusehen war, dass ihn die Temperaturen der Schmiede etwas mitgenommen hatten. "Ich glaub' ich brauch' erst mal ein Bad.", seufzte Kyren mit gesenkten Haupt. "Ach ja? Was beschwerst du dich eigentlich?! Mit deiner Kleidung hattest du doch noch das beste Los von uns da drin gezogen!", fauchte ihre Gefährtin mit giftigen Blick zurück, so dass sie aufgeschreckt zurückzuckte.

"Schon gut, sie hat trotzdem recht. Wir sollten sehen das wir uns frisch machen.", mischte sich Shane streitschlichtend ein, doch Jáin hatte so seine Zweifel an diesen Vorschlag. "Hier in der Stadt wird das wohl nichts mehr werden. Ich bin total Pleite. Ich hab für den Schmied fast alle meine Tränke verkaufen müssen. Mein nimmervoller Beutel quillt jetzt mit diesen Phönixzeugs über.", merkte er mit vermeintlich bösen Blick an. "Schon gut, beruhig dich. Mein Vater und meine Mutter haben mir genug Münzen überlassen. Ich lade euch ein.", wehrte er mit beruhigender Geste ab. Zwar waren damit nicht alle Unstimmigkeiten beseitigt, doch bald darauf zog man los um sich eine entsprechende Unterkunft zu suchen. Sie ahnten nicht das sie Faye bereits von einen der Dächer aus beobachtete.
 

Ein freudiges Stöhnen wich aus Sejyas Mund als sie bald darauf in einem heißen Bad Genugtuung fand. "Ah, ist das angenehm!", schwärmte sie und schloss ihre Augen, bevor sie sich genüsslich entspannt zurücklehnte.

Shane hatte nicht gespart und seine Gefährten in einer wahren Nobelunterkunft untergebracht. Zwar hatte man nur ein öffentliches Bad zur Verfügung, in dem eine Trennwand aus Bambusstämmen für die nötige Unterteilung von männlichen und weiblichen Gästen sorgte, aber da man die einzigen Gäste an diesen Tag waren, störte sich niemand daran.

Jáins Laune hatte sich auf der anderen Seite der Trennwand inzwischen erheblich gebessert, während die seines im Wasser sitzenden Gefährten proportional dazu nach unten ging. "Als ich sagte das ich euch einladen würde, hab' ich eigentlich nicht gemeint das wir uns wie eine Adelsfamilie aufführen sollen.", grummelte er vor sich hin und blies ein paar Bläschen ins Wasser, das sich durch seine Körperhaltung fast auf Mundhöhe befand. "Ach was, nun sei nicht so knauserig. Schließlich hast du immer noch genug und ein bisschen Erholung haben wir uns eh mal verdient.", meinte sein dunkelhäutiger Gefährte, der völlig entspannt neben ihm am Beckenrand saß. "Ich sehe es so. Wir haben das getan was uns dieser Nairdan empfohlen hat. Die Hälfte haben wir also schon hinter uns.", fuhr Jáin fort, doch Shane war anderer Meinung. "Ich traue diesen Nairdan nicht. Ich habe das Gefühl er sagt uns nur das was wir hören sollen. Als wir auf den Schiff waren ... da habe ich, ich weiß nicht warum ... aber da habe ich an Kyren etwas seltsames gespürt während sie geträumt hat. Wir wissen ja einmal wie er aussieht. Es könnte genauso gut Gray selbst sein. Irgendwas ist faul an der Sache.", meinte er misstrauisch. "Na ja, kann schon sein, aber immerhin wissen wir nun was es mit dem Fluch auf sich hat von dem der Typ geredet hat und warum er Kyren will. Ich denke wir sollten trotzdem so weiter machen wie bisher.", erwiderte sein Gefährte gelassen. "Ja, aber was ich nicht verstehe ist warum gerade Kyren. Es muss doch einen Grund geben warum gerade sie. Vielleicht hat es etwas damit zu tun das es ein Elfenfluch ist. Ich werde aus der ganzen Sache nicht schlau.", gab Shane nachdenklich zurück.

Sein Mitstreiter schien bereits jegliches Interesse an dieser Diskussion verloren zu haben. "He, was meinst du, ob wir nicht mal ein Blick auf die andere Seite werfen sollten?", meinte dieser breit grinsend, sehr zum erstaunen des Halbelfen. Jáin wartete gar nicht auf eine Antwort und pirschte sich an die Bambusstämme heran, von wo man am höchsten Punkt einen Blick auf die andere Seite werfen konnte, wenn man es schaffte sie hinaufzuklettern. "Kaum zu glauben das ich über 80 Jahre jünger als der sein soll.", dachte Shane beschämt vom Verhalten des Drows vor sich hin und verharrte lieber an Ort und Stelle. Für ihn war das Versehen mit Kyren auf dem Schiff wahrscheinlich genug nackte Haut für einen Monat.

Im selben Moment stieß im Frauen- und Mädchenbereich des Bades Kyren, noch in ein Handtuch gewickelt, hinzu. Sie hielt verwundert inne als sie sah wie Sejya langsam in Richtung der Bambusstämme schlich. "Äh, was machst du denn da?", fragte sie verwundert. "Psst, ich will nur mal kurz einen Blick hinüber werfen um zu sehen was die Jungs so machen.", erwiderte sie breit grinsend, mit passender Geste und deutlichen Unterton.

Für Kyren und Shane war es faszinierend anzusehen wie ihre nackten Gefährten die Bambusstämme hochkrackselten. Sie ahnten nicht das die jeweils andere Seite das gleiche vorhatte, ebenso wenige wie Sejya und Jáin, die sich schlussendlich im selben Moment am höchsten Punkt trafen und mit Ernüchterung feststellten das alles was sie zu sehen bekamen ihre verdutzten Gesichter waren.

Geschockt schrieen sie drauf los als sie merkten das ihre Aktion ein Schuss in den Ofen war. Überrascht von der Sichtung und unkonzentriert wegen ihres Gebrülls, verloren sie schließlich den Halt an den rutschigen Stäben. Es kam wie es kommen musste und nur Sekunden später fanden sie sich nach einer unsanften Landung im Wasser wieder.
 

Dirons Blick schweifte in diesem Moment jedoch auf ein ganz anderes Objekt. Wie so oft war er in seinem Labor in der unterirdischen Feste von Mogul und gab sich seinen Gedankengängen hin. Der Raum war kaum erleuchtet und nur ein gläserner Behälter, ähnlich wie der in denen er Leath und Faye gehalten hatte, gab etwas bläuliches Licht ab. Obwohl er die kleine Gestalt, die er dort vor sich in ihren gläsernen Kokon sah, mit einem finsteren Blick betrachtete, lag keine Wut in seinem Gesicht.

Ihm entging nicht, das er einen Moment später nicht länger alleine in seiner Räumlichkeit war. Es erstaunte ihn etwas, wenn gleich man es ihm nicht ansah, denn nicht einmal Mogul oder Gray wussten von diesen abgelegenen Raum zu dem es keinen regulären Zugang gab.

"Was willst du hier?", fragte der Nekromant mit finsterer Stimme ohne sich umzudrehen, worauf eine umhüllte Gestalt hinter ihm ins Licht trat. Er schien zu wissen wer gekommen war, auch wenn er die Gestalt keines Blickes würdigte. Sie war voll und ganz umhüllt und ließ nur ihre Augen unter ihrer Tracht hervorlugen. "Ich bin hier um Euch zur Besinnung zu bringen, Diron.", erwiderte eine Mädchenstimme zaghaft, doch Diron schienen ihre Worte nicht zu interessieren. Er erwiderte ihre Worte nicht einmal und starrte weiter auf das gläserne Objekt vor ihm. Das umhüllte Mädchen blieb zäh und wagte sich noch einen Schritt näher. "Diron, ich bitte euch - das könnt Ihr nicht tun! Ihr müsst es aufhalten! Lasst es nicht soweit kommen! Euer Hass frisst euch auf und macht euch blind. Ihr habt die Macht Gray und Mogul wieder in ihre Ausgangsposition zurück zu bringen. Ihr setzt die Welt einer großen Gefahr aus, wenn Ihr die Sache nicht stoppt!", wirkte sie mit flehender Stimme auf ihn ein, worauf er ihr seine Hand entgegen streckte, in Androhung sie mit einem Zauber zu töten. "Sag mir lieber warum ich dich nicht töten sollte.", gab er mit ernster Miene zurück. Für einen Moment war das Mädchen geneigt eingeschüchtert zurück zu weichen, doch sie blieb mutig stehen und ihr eben noch erschrockener Blick verschwand. "Weil Ihr es nicht könnt, Diron. Selbst Ihr habt eine Schwäche, etwas was euch selbst die böse Macht von Mesa nicht nehmen konnte. Ich weiß es steckt immer noch etwas gutes in euch. Ich verstehe euer Leid, aber fragt Ihr euch nicht auch ob es richtig ist was Ihr vorhabt?", konterte sie energisch. "Eigentlich frage ich mich nur warum du dich gegen mich stellen willst. Du solltest doch auf meiner Seite sein.", meinte er nüchtern und zog seine Hand zurück. "Ihr wollt eine neue, bessere Welt. Das wollte mein Meister auch, aber ...", erwiderte sie, bevor sie Diron plötzlich rüde unterbrach. "Ich will dein Geschwafel nicht hören, Mädchen! Verschwinde von hier! Es ist zu spät. Es kann nicht mehr aufgehalten werden. Das Schicksal hat bereits entschieden.", fuhr er mit erhöhter Tonlage dazwischen, die nach seinen ersten beiden Sätzen leiser wurde.

Seufzend trat die junge Besucherin schließlich zurück ins Dunkel, den Kopf vor Enttäuschung nach unten geneigt. "Dann ... dann soll es wohl so sein. Passt auf Euch auf, Diron. Bei unserer nächsten Begegnung stehen wir uns wohl als Feinde gegenüber.", sagte sie mit trauriger Stimme, bevor sie so lautlos verschwand wie sie gekommen war.
 

Nach einen Tag Erholung ging es für die vier Abenteurer schließlich weiter, denn noch war man nicht in Thay angekommen. Überraschendweise stieß man bei den Stadttoren von Laothkund plötzlich auf eine altvertraute Gestalt. "John?", riefen die vier synchron, sichtlich erstaunt von seinen erscheinen. "Ich habe auf euch gewartet.", erwiderte er nüchtern. "Was? Soll das heißen du willst uns ab jetzt begleiten?", rief Kyren verwundert und deutete auf ihn. "So ist es. Von hier aus ist es nicht mehr weit nach Thay. Ich schätze in ein oder zwei Wochen sind wir da.", erwiderte er, mit Blick nach Osten.

Shane war von dessen Erscheinen nur wenig beeindruckt, reagierte sogar misstrauisch. "Wieso hilfst du uns auf einmal? Die Sache mit den Phönixartefakten ist doch nun vorbei und die Aktivitäten des Meisterdiebs 1-1-2 sind somit wohl auch beendet, oder?", meinte er mit strengen Blick. "Persönliche Gründe bewegen mich dazu ebenfalls nach Thay zu reisen. Ihr könnt meine Gesellschaft annehmen ... oder es sein lassen. Mir persönlich soll es egal sein, aber wir haben nun mal den gleichen Weg.", tönte er recht schroff zurück.

"Nur den gleichen Weg oder auch das gleiche Ziel?", hakte Jáin mit frechen Unterton nach, womit er ihm ein Schmunzeln entlockte. "Vielleicht von jedem etwas. Wer weiß.", gab er frech zurück. Dennoch fiel die Entscheidung recht schnell und zu seinen Gunsten aus. "Okay. Du kannst mit uns reisen. Vielleicht könnten wir deine Hilfe gebrauchen, aber ich werde ein Auge auf dich haben.", erwiderte Shane schließlich. "Sicher wirst du das.", meinte er mit kurzer Verneigung wie ein treuer, braver Diener.
 

Im nicht mehr allzu fernen Thay hatte sich Diron derweil wieder seinen geheimen Experimenten gewidmet. Er war sich sicher das Faye nun ihren Auftrag zu seiner vollsten Zufriedenheit vollenden würde. Als er eine rote Flüssigkeit in ein passendes Reagenzglas gießen wollte, spürte er eine Präsents hinter sich, so dass er kurz inne hielt. Sein Instinkt hatte ihn nicht getäuscht, denn hinter ihm stand eine Gestalt, deren Abbild völlig vernebelt und verzerrt war. Er fürchtete den Eindringling nicht, wusste er doch um wen es sich handelte. "Ist es nicht ein wenig gewagt Euch hier sehen zu lassen, Meister?", fragte der Zauberer gelassen und mixte ein paar weitere Flüssigkeiten in das Reagenzglas ein. "Unter anderen Umständen vielleicht, aber ich spüre das Mogul und Gray nicht hier sind.", gab der Fremde ruhig zurück. "Mogul ist in Richtung Laothkund aufgebrochen. Er will die Abenteurer töten. Wahrscheinlich glaubt er nicht das Bouncer Erfolg haben wird. Gray treibt sich irgendwo in Thay rum. Ich habe immer noch Ausgangsverbot.", erklärte er gelassen und wendete sich ihm zu. "Wie amüsant. Die Jagd geht also in ihre Endphase. Ich nehme an dein Schützling wird dafür sorgen dass die Elfe überlebt.", hinterfragte die Gestalt leicht erheitert. "Wenn sie es nicht tut, dann wird es Gray tun. Schließlich will er sie ebenso lebend wie wir. So oder so - der Tod des Halbelfen spielt mir gut zu. Sie wird leicht mit Versprechungen zu verführen sein das ich ihr den Halbelf ins Leben zurückbringe. Dann gehört sie ganz uns.", gab er schmunzelnd zurück.
 

Auch wenn man nun zu fünft nach Thay reiste, so gab John Shane nicht das Gefühl von Sicherheit das er sich erhofft hatte. Schon den ganzen Tag über verhielt er sich ungeheuer Schweigsam, seinen kühlen Blick immer nach vorn gerichtet. John war es der das Tempo machte und den Weg vorgab. Ihr Marsch führte die Abenteurer durch Wald- und Savannengebiete. Man war gut gelaunt und kam gut voran, denn immerhin hatte es noch keine weiteren Angriffe gegeben.

Erst als John auf einmal stoppte, merkte man das die Reise nicht mehr so gut verlaufen würde wie bisher. Verwundert schloss man zu ihm auf und erblickte was auch er sah - eine fragwürdige Gestalt in grün.

"Wer ist das denn?", fragte Shane irritiert. Die grüne Kleidung des Fremden war mit Fragezeichen übersäht, ebenso wie sein flacher, grüner Hut. Er trug auffällig weiße Handschuhe und schwarze Schuhe. Der Mann wirkte nicht gerade stämmig und trug einen silbernen, hüfthohen Stab als Stütze bei sich.

"Schön das ihr endlich gekommen seid! Ich habe bereits auf euch gewartet!", rief ihnen der Mann in grün entgegen. "Wer seid Ihr?", wollte Shane wissen. "Man nennt mich Bouncer oder aber auch ... den Rätselmeister.", erwiderte der Fremde mit irrer Mimik. "Und ... was wollt Ihr von uns?", fragte Kyren verunsichert. "Ha! Was ich will? So viele Fragen, so viele Antworten! Zwei um genau zu sein! Erstens werde ich euch die Weiterreise verwehren. Zweitens will ich mit euch spielen!", gab der seltsame Mann zur Antwort. Verwirrung machte sich unter den Abenteurern breit, denn er schien nicht mehr ganz bei Sinnen. Tanzend und springend näherte er sich ihnen mit irren Gelächter, bis sie nur noch wenige Meter trennte. Selbst als er wieder zum stehen kam, wirkte er nur wenig normaler, so wie er sich mit beiden Händen auf seinen Stab abstützte.

Eine pulsierende Ader an Jáins Stirn machte darauf aufmerksam das er nun langsam genug von dem Herrn hatte, der offenbar nicht ganz bei Verstand war. "Ich lass' mir doch von dir nicht vorschreiben wo ich hingehen darf und wo nicht!", rief er ärmelhochkrempelnd. Sejya war der selben Meinung, wenn gleich sie deutlich aggressiver vorging. "Verschwinde!", mahnte sie ihn erzürnt und zückte drei kleine Wurfdolche hervor.

"Tut mir Leid, aber hier ist Endstation für euch.", erwiderte er breit grinsend, voller Zuversicht, das für ihn keine Gefahr bestand. "Dann nimm das!", entgegnete sie ihm wütend und warf ihre Dolche nach ihm. "Nicht Sejya!", riefen Shane und Kyren vergeblich, die zu spät realisierten wie ernst sie es meinte.

Ihnen blieb der Atem weg als der Fremde einen winzigen Schalter an seinen Stab drückte, worauf dieser sich auf Kampfstabniveau verlängerte. Mit optischer Leichtigkeit gelang es ihm die drei Dolche durch eine rasante Drehung seines Stabes nach Windmühlenprinzip abzuwehren. Nach vollendeter Abwehr setzte er den Stab voller Stolz wieder am Boden auf und tat so als wäre nichts geschehen.

Jáin zeigte sich nur kurz geschockt, war er sich doch nach wie vor sicher es nicht mit einen ernstzunehmenden Gegner zu tun zu haben. Schnaufend stampfte er ihm entgegen um die Sache nun selbst in die Hand zu nehmen. "Ich lass' mich doch nicht zum Hampelmann machen. Na warte - ohne deinen Stab bist du ziemlich aufgeschmissen, wette ich!", fauchte er erzürnt, worauf der Mann in grün verwundert auf seine Waffe blickte. "Oh, du willst meinen Stab? Hier, fang doch!", gab er schmunzelnd zurück und warf ihm seine Waffe so entgegen das er sie bequem mit beiden Händen auffangen konnte. Jáins Augen weiteten sich als er den Silberstab fing, denn noch nie war er einen solch freundlichen Gegner begegnet. Schnell stellte er jedoch die Tücke dieser Geste fest, da der Stab ihm mit seinen Gewicht glatt zu Boden brachte, obwohl die Waffe optisch gar nicht so schwer wirkte.

Wie ein Gewichtstemmer der sich verschätzt hatte zappelte er am Boden, während der Stab auf seinen Hals ihm die Luft abdrückte. Wehement versuchte er sich von der Waffe zu befreien, blieb aber trotz Einsatz all seiner Kraft erfolglos. "Wah! Helft mir! Ich krieg' keine Luft mehr!", ächzte er worauf ihm seine Freunde zur Hilfe eilten. Nur John beteiligte sich nicht und sah das man es selbst zu viert nicht schaffte den Stab von Jáin zu entfernen.

Schließlich stieß Bouncer selbst hinzu und legte seinen kleinen Finger um seine Waffe, womit er sie zugleich mit Leichtigkeit anhob. Seelenruhig ging er wieder ein paar Schritt zurück und stellte sich auf seine letzte Position. Er grinste so unscheinbar freundlich, dass man gar nicht glauben konnte, welche Gefahr von ihm ausging.

"Verdammt! Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu!", beschwerte sich der Dunkelelf am Hals reibend, während er sich aufraffte, doch Shane hatte schon eine Erklärung parat. "Das muss so eine Waffe sein, die nach dem Prinzip von Carsomyr funktioniert. Nur eine bestimmte Person ist in der Lage sie zu führen.", merkte er an.

Wieder stand man dem Rätselmeister ratlos gegenüber, wie schon vor Sejyas und Jáins Angriff. "Schätze der wird uns wirklich nicht so einfach vorbeilassen. Wir müssen vorsichtig sein.", resümierte der junge Halbelf mit ernsten Blick.

"Genug gealbert! Zeit zum spielen!", tönte Bouncer auf einmal hervor und streckte ihnen auffordernd seinen Stab entgegen. "Äh, was für ein Spiel willst du denn spielen?", fragte Kyren zögerlich. "Hihi, das ist doch wohl klar. Ihr werdet meine Rätsel lösen.", antwortete er kichernd. Jáin zeigte sich wenig begeistert und setzte schon an sein Schwert zu ziehen. "Ich lass' mich von diesen Irren doch nicht zum Affen machen!", fauchte er sichtlich verstimmt, doch diesmal gelang es Shane ihn zu beruhigen. "Warte! Wer weiß was der noch für Tricks auf Lager hat. Der ist nicht so harmlos wie er aussieht.", mahnte er ihn. Ihm war klar das man eine andere Strategie brauchte um mit ihm fertig zu werden.

"Nun ... Bouncer. Was wäre denn wenn wir dein Spiel gewinnen? Würdest du uns dann passieren lassen?", fragte er höflich nach. "Selbstverständlich nicht. Das Spiel entscheidet lediglich ob ich euch am Leben lasse oder nicht, haha!", gab er mit irren Blick zurück. Den Abenteurern war der Schock anzusehen, wobei John das ganze eher gelassen hinnahm.

"Genug geplaudert! Ihr habt ohnehin keine Wahl! Hier die Regeln! Ich werde jeden von euch ein Rätsel stellen. Löst ihr euer Rätsel lasse ich euch am Leben. Versagt ihr ...", rief Bouncer mit entsprechender Geste aus, bevor ihn John prüde unterbrach. "Halts Maul und fang endlich an! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!", warf er mit strengen Unterton ein, sehr zur Überraschung des Rätselmeisters. "Tja dann ... geht das erste Rätsel an dich, seltsamer Mensch. Wie auch die anderen hast du 30 Sekunden Zeit um zu antworten.", erwiderte dieser und richtete seinen Stab auf ihn.

"John!", riefen seine Begleiter aufgeregt, doch es war bereits zu spät, denn Bouncer stellte ihn schon auf die Probe. "Kein Anfang, kein Ende. Es hat nur symbolischen Wert. Was ist es?", tönte er mit fordernden Blick in seine Richtung.

"Was kann das sein?", fragte sich Kyren am Kopf kratzend. "Ein Kreis.", gab John nüchtern zur Antwort, kaum das Bouncer seine Frage zuende gestellt hatte. Nicht nur das Elfenmädchen schien von dieser prompten Antwort überrascht. Lediglich der Rätselmeister selbst trug es mit Fassung als er ihm sogleich bestätigte das er recht hatte. "Ganz schön clever. Nun, wer ist der nächste?", meinte er und ließ seine Augen über die anderen schweifen, denen das ganze viel zu schnell ging. "Du! Mädchen mit den grellblonden Haar! Du kannst es nicht riechen und du kannst es nicht fühlen. Du kannst es nicht sehen und doch ist es da. Du glaubst es zu spüren, wenn es windig ist. Was ist es?", sprach er in Richtung der einstigen Kopfgeldjägerin. Sejya wirkte sichtlich nervös, denn die Lösung lag ihr fern. Jáin wollte helfen, doch Bouncer unterbrach ihn sofort. "Ein falsches Wort, Dunkelelf und das Mädchen hat nicht bestanden.", rügte er ihn mit strafender Geste. Die Zeit lief ihr davon, doch als ihr zufällig eine leichte Briese durchs Haar fuhr, wurde ihr klar was er hören wollte. "Die Luft! Die Lösung ist die Luft!", rief sie hektisch, gerade noch rechtzeitig vor Ablauf des Ultimatums. "Du hast recht, junges Fräulein!", bestätigte der Mann in grün zufrieden. "Puh, das war knapp.", gab sie erleichtert von sich.

Nur einen Augenblick später hatte er bereits sein nächstes Opfer auserkoren und deutete auf Jáin. "Nun denn, Drow. Eben hast du dich einmischen wollen. Ich bin gespannt wie gut du bist, wenn du auf dich allein gestellt bist.", sagte er mit listigen Blick. "Ich sollte dich einfach aufschlitzen anstatt hier rum zu stehen und mir deine Rätsel anzuhören!", entgegnete er ihm zornig. Dennoch wusste er nicht welche Konsequenzen ein weiterer Angriff auf Bouncer haben würde und die Tatsache das John nichts unternahm ließ ihn erahnen das er gut beraten war sich zurück zu halten.

"Überall Löcher und dennoch trägt es mehr als man zu denken vermag. Wovon rede ich?", erwiderte der Rätselmeister unbeeindruckt von seiner Drohung. Jáins rechte Augenbraue zuckte angespannt nach oben, denn ähnlich wie bei seiner Gefährtin zuvor fiel ihm die Lösung nicht sofort ein. Es dauerte einen Moment bis er erleichtert ausatmete und seine Lösung präsentierte. "Die Rede ist von einen Schwamm, nicht wahr?", gab er mürrisch zurück. "Exakt, Dunkelelf! Damit bleiben noch zwei von euch übrig.", antwortete Bouncer erfreut.

Kyren liefen bereits erste Schweißtropfen von der Stirn, denn die Wahrscheinlichkeit das sie die nächste wäre, stieg zunehmend. Sie erstarrte fast vor Schreck als sich der Rätselmeister an sie wand und ihre Intelligenz auf die Probe stellte. "Größe ist nicht alles. Zwei Scheren vermögen dich nicht zu töten, aber vielleicht das Gift der Neun. Was meine ich?", rief er ihr arrogant grinsend zu. Shane war mit der Wahl des Mannes nicht einverstanden und stellte sich protestierend vor seine Gefährtin. "Hey, warte! Sie ist noch viel zu jung für solche kniffligen Rätsel. Das ist nicht fair!", beschwerte er sich engagiert. "Im Leben ist nichts fair, Halbelf. Wenn sie die Lösung nicht weiß, ist das nicht mein Problem.", gab er hochnäsig zurück.

Shanes verzweifelter Blick fiel auf seine kleine Gefährtin, die sichtlich am grübeln war. Angestrengt versuchte sie das Rätsel zu knacken, während die Sekunden nur so dahin flogen. Bouncer schmunzelte, denn er hatte extra ein schweres Rätsel für das kleine Mädchen gewählt. Er wusste, das wenn sie versagen würde, es ihm seine Macht gestattete, sie in Gewahrsam zu nehmen, so wie es Gray wollte.

Die letzten Sekunden liefen als Kyren plötzlich aufschrak und zum erstaunen aller eine Lösung präsentierte. "Größe ist nicht alles und zwei Scheren - damit ist ein kleines Tier mit zwei Scheren als Hände gemeint! Das Gift der Neun - damit ist die Form des Gliedmaßes gemeint in dem sich Gift aufhält. Das kann nur ein Skorpion sein!", kombinierte sie aufgeregt, worauf sich die Mimik des Rätselmeisters verfinsterte. "Ja, das ist richtig ... leider.", tönte er zähneknirschend, womit er zum letzten Kandidaten überging. "So denn, Halbelf. Du bist als letzter dran. Mal sehen wir schlau du bist.", meinte er und richtete seine Waffe auf ihn. "Dann stell schon dein Rätsel.", erwiderte er knurrend. "Ein Mann nimmt es, ein Kind hat es. Man verliert es wenn man verdirbt.", entgegnete er mit fordernden Blick, in der Hoffnung wenigstens einen ins verderben stürzen zu können. Shanes Augen weiteten sich, denn ihm erging es wie den meisten anderen - des Rätsels Lösung lag ihm fern.

Seine Gefährten richteten gespannt ihre Augen auf ihn, Jáin schien die Lösung sogar zu wissen, doch es war klar das ihm niemand helfen konnte. "Ein Mann nimmt es, ein Kind hat es ... vielleicht ein Spielzeug ... aber der Rest ergibt keinen Sinn.", grübelte der Halbelf angestrengt vor sich hin. Bouncer war der einzige dem ein Schmunzeln auf den Lippen lag, denn Shane schien wirklich ahnungslos. Auch wenn er laut vor sich hinbrabbelte, so lief ihm die Zeit schneller davon als ihm lieb war. Jáins Augen weiteten sich immer mehr, denn er ahnte das sein Gefährte auf die eigentlich einfache Lösung nicht kommen würde. "(Verdammt! Shane ist zu brav um das zu wissen. Wenn ich ihn doch nur helfen könnte.)", dachte er still vor sich hin.

"Die Zeit ist um!", rief der Rätselmeister auf einmal und zog seinen Stab wieder zurück. Es war klar das nun etwas schlimmes passieren würde, wenn gleich man nicht wusste was Shane erwartete.

Hilflos musste Kyren mit ansehen, wie die Pupillen ihres Gefährte neben ihr auf einmal immer kleiner wurden und er sich verkrampft ans Herz griff. "Shane? Was ist mit dir?", fragte sie besorgt, doch ihm fehlte die Kraft zu antworten.

"Die Antwort ist die Unschuld, du Narr!", erklärte Bouncer und setzte mit seinen Stab am Boden auf. Noch im selben Moment brach der junge Halbelf ächzend zusammen und regte sich fortan nicht mehr. "NEIN!", kreischte Kyren aufgeregt, die wie ihre Freunde arg geschockt wirkten. Selbst Johns Mimik erblasste beim Anblick des leblosen Mitstreiters, so dass er sich wutentbrannt den Rätselmeister zuwendete. "Das wirst du bereuen!", fauchte er erzürnt und machte sich daran ihn mit einen Energiezauber zu bestrafen. "Nein, ganz im Gegenteil! Da einer von euch ein Rätsel nicht lösen konnte, werde ich euch verbannen, haha!", gab Bouncer lachend zurück. "Was?! Aber ich dachte Ihr würdet uns leben lassen wenn wir unser Rätsel lösen?", widersprach Sejya geschockt. "Leben werdet ihr auch, aber für mehr habe ich nicht garantiert!", rechtfertige er sich, irre grinsend und schlug mit dem Stab am Boden auf, worauf sich ein schwarzer Strudel unter den Abenteurern bildete, der sie ins optische Nichts zog. Vergeblich versuchte John seinen Zauber noch abzufeuern, doch auch er musste sich dem gewaltigen Sog geschlagen geben. Nur Shanes lebloser Körper und der Rätselmeister selbst blieben zurück. Zufrieden fuhr er seinen Stab wieder ein, stolz auf das was er soeben vollbracht hatte. "Ich denke das wenigstens Meister Mogul hocherfreut sein wird.", sprach er zu sich selbst und blickte auf die Stelle auf der eben noch Kyren und ihre Gefährten gestanden hatten.
 

Als Kyren ihre Augen wieder öffnete, fand sie sich an einen seltsamen Ort wieder, der weder oben noch unten zu haben schien. Einige winzige Lichter erleuchteten den schier endlosen Raum und sie fragte sich wo sie wohl gelandet war. Um sie herum erwachten auch die anderen, die ebenso konfus wirkten wie sie. "Wo sind wir?", wollte Sejya wissen. "In einen leeren Raum ... einer leeren Dimension.", antwortete John nach kurzer Analyse. "Du meinst wir sind da wo normalerweise magisch Eingekehrte hinkommen?", fragte Kyren neugierig nach, was er ihr nickend bestätigte. Somit war ihre Lage ziemlich unangenehm, denn noch nie war es jemanden gelungen aus solch einer Zone zu entkommen.

Schnell fand Jáin einen Sündenbock und packte John am Kragen. "Hey! Du bist doch sonst so mächtig? Warum hast du den Typen nicht aufgehalten?!", fragte er säuerlich. "Er trug einen Fluch in sich. Irgendjemand hat seinen Geist mit einen Fluch belegt. Das gab ihm ziemliche Macht, aber er hat wohl den Verstand dabei verloren. Ein solches Wesen anzugreifen kann unvorhersehbare Folgen haben. Der Fluch hätte auf uns übergehen können, oder noch schlimmer.", erklärte er gelassen. "Noch schlimmer als das hier?!", fauchte Jáin zornig. "Ja. Möglich das wir alle wie der Halbelf geendet wären.", erwiderte er prüde und entledigte sich vom Griff des Dunkelelfen.

"Shane ... was wohl mit ihm passiert ist?", fragte sich Kyren mit traurigen Blick. "Schätze der Typ hat ihm die Seele aus dem Leib gerissen. Wer weiß.", rief John ihr zu und verschränkte ungerührt die Arme. "Sag nicht so was!", rügte sie ihn mit verbitternden Blick. Sejya hingegen beschäftigte sich bereits mit Fluchtgedanken. "Pah, ich werde jedenfalls nicht hier bleiben und Däumchen drehen. Dieser Bouncer hat sich mit der falschen angelegt!", schrie sie wütend und machte sich daran einen Ausgang zu suchen.

Schließlich folgten ihr Jáin und Kyren mit gesenkten Haupt. Sie ahnten das die Wahrscheinlichkeit größer war sich für immer zu verlaufen, aber im Gegensatz zu John, der stur an Ort und Stelle stehen blieb, wollten sie es riskieren. "(Diese Narren. Das ist ein endloses Labyrinth. Sie werden nicht weit kommen.)", dachte er vor sich hin und schloss die Augen. Auch wenn es ihm nicht passte, so war Shane die einzige Hoffnung für ihn und die anderen, sofern er noch lebte.
 

Shane hingegen fand sich in völliger Dunkelheit wieder als er zögerlich begann die Augen zu öffnen. "Steh auf!", tönte eine nahe Stimme befehlshaberisch hervor. Nur wage erkannte er eine Gestalt in einen Licht, das von einem schier endlosen dunklen Himmel fiel. Zugleich war es auch die einzigste Stelle weit und breit die erhellt war.

Mühsam rekelte er sich auf und trottete näher zu der Gestalt ins Licht. "Was ist passiert? Wo bin ich?", fragte er sich an der Stirn haltend. "Das weißt du nicht?", gab die Stimme höhnisch zurück. "Wer .... wer bist du überhaupt?", fragte er weiter und trat zu ihm ins Licht. "Erkennst du mich etwa nicht?", erwiderte sein Gegenüber verwundert. Shanes Mimik erstarrte als er klarer sah, denn vor ihm stand sein schlimmster Alptraum. "Sen! Du bist Sen, nicht wahr?!", schrie er aufgeregt. "Stimmt.", gab dieser schmunzelnd zurück.

"Aber ... wie kann das sein? Wo bin ich hier?", wollte der junge Halbelf wissen und sah sich nervös um. "Offenbar ist dir nicht bewusst was passiert ist. Gut, dann werde ich deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Du bist tot, mein Freund.", erklärte Sen nüchtern. "Was?! Aber wenn ich tot bin ... wo bin ich dann?", gab er erstaunt zurück. "Du bist da wo ich bin .... wo ich schon so lange bin. Wie du diesen Ort nennst bleibt dir überlassen, denn du hast ihn ja schließlich auch erschaffen um mich hier einzusperren, wenn auch nur unbewusst. Sagen wir, du bist in einer Grenzwelt zwischen Leben und Tod.", antwortete Sen und ging ein paar Schritt, mit den Händen in den Hosentaschen, um ihn herum.

"Wie bin ich hier her gekommen und was machst du dann hier?", hakte er zweifelnd nach. "Wie schon gesagt. Du bist tot. Du bist nicht mehr als eine Seele, gefangen in deinem eigenen Gefängnis. Ich rate dir übrigens im Licht zu bleiben. Die Schwärze verschlingt einen mit der Zeit.", erwiderte er schmunzelnd und richtete sich zur dunklen Unendlichkeit. "Ich verstehe. Du bist das was tief in mir schläft, du bist das was die Essenz Bhaals verkörpert, du bist wirklich Sen.", realisierte Shane schließlich. "Du hast es erfasst.", gab dieser nüchtern zurück und ging ihm ein paar Schritt entgegen.

"Dann ist das doch deine Chance. Warum tötest du mich nicht einfach und nimmst dir meinen Körper?", merkte er mit verbissenen Gesicht an. "Sicher, deine Seele ist schwach, aber töten kann ich sie nicht. Es wäre einfach zu riskant. Nicht einmal ich weiß wie eng deine Seele noch mit deinen Körper verbunden ist. Dich zu vernichten könnte heißen deinen Körper ein für alle mal zu töten. Damit wäre er nicht nur unbrauchbar für mich, nein, ich würde mich damit wahrscheinlich sogar selbst töten. Und übrigens, falls du den Gedanken erwähnst im Gegenzug mich zu töten, das Ganze gilt natürlich für dich genauso.", erklärte er mit ungewohnter Ausgelassenheit. "Das heißt, wir sitzen hier ewig fest?", fragte Shane ungläubig nach. "Nein, ganz so ist es nicht. Wenn wir unsere Kräfte vereinen kann einer von uns nach oben zur Quelle des Lichtes aufsteigen und somit deinen Körper wieder neues Leben einhauchen.", widersprach er mit Blick nach oben, doch es war schnell klar worauf das hinauslief. "Also willst du das ich dir helfe, damit du meinen Körper übernehmen kannst ...", meinte Shane mit ernsten Blick, was seine böse Seite jedoch ein leichtes Lachen entlockte. "Nein, ich bin nicht so naiv zu glauben das ausgerechnet du mir helfen wirst. Außerdem ist es ungewiss ob es überhaupt klappt. Die Chancen stehen fünfzig - fünfzig das eine von unseren beiden Seelen den Körper übernehmen und dessen Vitalfunktionen wieder in Gang bringen kann. Es ist ein Risiko, aber ich schätze du wirst es wagen und mich fragen ob ich dir helfen werde. Immerhin sind deine Freunde in Gefahr. Sie brauchen deine Hilfe.", erwiderte er in belehrenden Ton und begann wieder eine Runde am Rande des Lichtes zu gehen, stets gefolgt von den Blicken seiner guten Seite. "Und woher soll ich glauben das ich dir vertrauen kann? Vielleicht ist das ja alles nur ein Trick.", zweifelte er mit entsprechender Mimik. "Natürlich hast du keine Garantie das ich dich anlüge, aber ich habe dir immerhin schon öfter geholfen. Erinnerst du dich an das Theaterstück und die Attacke der blonden Göre, die nun mit euch reist? Glaubst du etwa wirklich der Ellenbogen hat von ganz allein so reagiert? Das Training mit Nex und die Tatsache das du seine Fähigkeiten einfach kopieren konntest; dieser Drang nach Thay zu reisen um dort eine Antwort auf all deine Fragen zu erhalten - all das hast du mir zu verdanken, weil ich dir geholfen habe.", erzählte er recht nüchtern. "Aber warum ... nein, warte! Ich kann mir schon denken warum du das getan hast. Wenn ich meinen Körper und meine Fähigkeiten trainiere wärst du umso stärker sollte es dir gelingen wieder die Kontrolle zu übernehmen, nicht wahr?", erwiderte er mit geballter Hand. Sens übles Grinsen, das sich daraufhin auf seine Lippen legte, bewies ihm bereits das er recht hatte. Dennoch blieb ihm kaum eine andere Wahl als den Deal einzugehen, wenn er Kyren und die anderen retten wollte.

"Also gut, was ist deine Bedingung?", fragte Shane schließlich, worauf Sen inne hielt und sich ihm zuwendete. "Die Bedingung für meine Hilfe ist recht simpel. Ich verlange nicht viel, außer das du einen winzigen Teil meines selbst mit dir nimmst und im Gegenzug einen winzigen Teil deines selbst hier bei mir lässt.", entgegnete er ihm. "Wozu das denn?", wollte Shane wissen. "Das kannst du dir doch denken. Schaffst du es deinen Körper zu revitalisieren, habe ich fortan immer einen kleinen Anker in deiner Seele, der es mir eines Tages ermöglichen wird aufzusteigen und die Kontrolle zu übernehmen.", erklärte er grinsend. "Was?! Aber ...", schrie Shane entsetzt, aber ihm wurde rasch klar das er keine Alternativen hatte.

"Ich weiß das du es trotz allen machen wirst. Ich kenne dich. Im Grunde wird es dann so sein wie in den alten Zeiten. Damals bin ich stärker geworden je öfter du von meiner Kraft gebrauch gemacht hast, doch du bist inzwischen selbst stark und clever genug dies zu vermeiden. Dieses mal gebe ich dir einen anderen Makel auf den Weg. Ein guter Tipp an dich. Jedes mal wenn dein Herz tiefe Zuneigung verspürst, werde ich wachsen und mit mir meine Macht. Sei dir sicher das ich denjenigen den du liebst mit deinen eigenen Händen töten werde, sollten deine Empfindungen zu stark werden.", ergänzte Sen bösartig lachend und gesellte sich zu seiner guten Seite.

Eine Träne fiel zu Boden und Shanes Kopf sank nieder. Diese Bedingung war so hart, dass er den Tod schon bevorzugen wollte und dennoch war er gewillt einzuwilligen um seine Freunde zu retten. "Einverstanden.", erwiderte er mit gebrochener Stimme und reichte ihm die Hand. "Ich weiß das dein Wille stark ist Shane, aber dein Herz ist so jämmerlich schwach, das ich schon bald die Übermacht bekommen werde. Es ist nur eine Frage der Zeit. Eines noch - erwähne nie unseren Dial, sonst werde ich mich gezwungen sehen deinen Teil zu vernichten den du hier lässt. Die Konsequenzen wären wahrhaft unschön. Und ... ach ja, viel Glück.", tönte er erfreut zurück und schlug ein.

Nur einen Augenblick später löste sich Shanes Seele in eine Lichtkugel auf und stieg empor zur Quelle des Lichtscheins.
 

Ein verzweifelter Aufschrei Kyrens durchdrang die Stille der endlosen Zone in der sie und ihre beiden Freunde schon seit Stunden wanderten. Gerade hatte man entdeckt dass man wohl im Kreis gelaufen war, als ihnen plötzlich John wiederbegegnete, der sich nach wie vor nicht gerührt hatte.

"Das darf nicht wahr sein! Hier finden wir nie raus!", jammerte Jáin mit den Händen über den Kopf. Seufzend ließ man sich bei John nieder um seine Beine etwas zu entspannen. "Ich hab euch doch gleich gesagt ihr kommt hier nicht weg.", rügte sie ihr wiederentdeckter Mitstreiter. Er schien sie schon erwartet zu haben und tat nicht im geringsten überrascht. Langsam sah man ein das er recht hatte und das man auf ewig verdammt war an diesen leeren, nimmerendenden Ort zu bleiben, wenn nicht ein Wunder geschah. An diesen Ort schien die Zeit still zu stehen.

Es war nicht klar ob es nun Stunden oder Minuten waren die vergingen, denn langsam verlor man jegliches Gefühl für Zeit. Es war schier unglaublich welche Ruhe John ausstrahlte, der noch immer ungerührt da stand und ins Nichts starrte, fast so als wartete er darauf abgeholt zu werden.

Ihr Gefängnis war leer und ereignislos. Würde man nicht vor Hunger oder Durst sterben, dann würde es wohl die Langeweile tun. Man schwieg sich an, ein erstes Zeichen von Resignation.

Um so überraschender war es dass sich urplötzlich, ohne Ankündigung, ein Strudel über den vieren bildete, der sie sogleich in sich zog und mit sich riss. Wieder fiel man, herumgewirbelt wie in einen Orkan, ins optische nirgendwo. Man schwebte zwischen hoffen und bangen auf das es nicht noch schlimmer werden würde.
 

Als die vier schließlich wieder zu sich kamen, fand man sich plötzlich dort wieder, von wo sie der Rätselmeister verbannt hatte. "Wir sind wieder zurück!", rief Jáin glücklich und küsste den staubigen Boden mehrfach ab. "Was ist passiert?", fragte Sejya überrascht. Kyrens Blick jedoch fiel auf Shane, der noch immer regungslos an Ort und Stelle lag. Schnell eilte sie zu ihm und tastete nach seinen Puls. Sie erschrak, viel mehr jedoch vor Freude, denn sie spürte etwas, wenn auch nur schwach. "Er lebt noch!", rief sie den anderen zu und wendete sogleich einen Heilzauber an, in der Hoffnung ihn etwas stabilisieren zu können.

"Moment! Dann kann er uns ja nicht befreit haben.", stellte Sejya fest und sah sich um. Ihr Blick fiel auf John der vor der Leiche des Rätselmeisters stand. Ihm fiel auf das dieser eine Bisswunde am Hals hatte, aber es war ihm egal was Bouncer wiederfahren war. Er spürte das der Fluch gebrochen war und setzte einen Zauber auf die Leiche an, der ihn ein für alle mal beseitigen sollte. Wortlos vollrichtete er sein Werk und ließ somit all die Antworten mit ihm verschwinden. Sein magisches Geschoss ließ die Leiche förmlich zu Staub zerfallen, womit er seine Arbeit getan und die Gefahr gebannt sah.

"Wir sollten lieber sehen das wir den Halbelfen wieder fit kriegen und weiter können.", meinte er schließlich und drehte sich zu den anderen um. Ein mulmiges Gefühl durchschlich die Gruppe, doch nicht weil sie offenbar einen unbekannten Gönner auf ihrer Seite hatten. John selbst war es der bei ihnen großes Unbehagen hinterließ. Für ihn war klar, das es nur noch eine Frage der Zeit war, bis man Mogul zum finalen Kampf gegenüber stehen würde.
 

Fayes Mimik verdunkelte sich Zusehens als sie sah das die Abenteurer wieder wohl auf waren. Geduldig wartete sie an einen fernen Felsvorsprung auf den richtigen Augenblick, denn sie wusste das ihre Zeit noch kommen würde ...

Folge 67: Ryan, der Elfenfreund

Nach den Erlebnissen mit dem Rätselmeister Bouncer waren die jungen Abenteurer froh wieder etwas friedliche Natur genießen zu können. Wenn auch nur noch zu viert, lief man frohen Mutes durch die idyllischen Wälder von Glarondar, der letzten Stadt vor den Grenzen Thays.

"Noch eine Tagesreise, dann sind wir in Glarondar. Dahinter liegt schon die Grenze nach Thay.", erörterte Jáin die Lage, während er eine Landkarte ausgebreitet vor sich hielt. "Hoffen wir das wir uns nicht verlaufen, so kurz vor dem Ziel.", merkte Sejya zweifelnd an. "Ach was, bisher kommen wir gut voran.", widersprach ihr dunkelhäutiger Gefährte und steckte nebenbei die Karte wieder ein.

"Hm, fragt sich nur warum John sich wieder von uns getrennt hat. Ich dachte er hat gesagt das wir den gleichen Weg hätten. Wahrscheinlich hat er nach der Sache mit dem Rätselmeister Bammel gekriegt.", merkte Sejya grübelnd an. Sie erschrak etwas als Shane einen Moment später plötzlich an ihr vorbei ging und ihr sogleich eine Antwort lieferte. "Ich nehme an er hat, im Gegensatz zu euch, die Steckbriefe im letzten Dorf bemerkt.", erwiderte er kühl. "Welche Steckbriefe?", fragte sie verwundert.

"Der Weiße Falke wurde südlich von hier gesichtet.", antwortete er nüchtern, fast so als ob es ihm egal war ob John noch mit ihnen reiste oder nicht.

Es war schon merkwürdig was für ein Verhalten ihr kurzweiliger Weggefährte doch an den Tag legte, wenn es um den Meisterdieb ging. Nach wie vor war es ein Rätsel was die beiden überhaupt verband. Kyren hingegen hatte andere Sorgen und ließ ihren Blick nachdenklich über Shane schweifen. Seit der Sache mit dem Rätselmeister hatte er sich verändert. Zwar erholte er sich sehr schnell, doch seither wirkte er so verschlossen und kühl wie nie zuvor. Sie fragte sich was wohl mit ihm passiert war, denn jede ihrer Anfragen hatte er bisher abgewiesen.

Dennoch genoss sie es durch diesen Wald zu reisen, denn er war so friedlich und harmonisch, wie geschaffen für eine Elfe wie sie. "Das hier erinnert mich so sehr an die Wälder meiner Heimat in Tethyr.", schwärmte sie ausgelassen und atmete so tief durch wie sie nur konnte. Jáin als Drow verstand die Gefühle der Waldelfin nicht, war er doch aus dem stets dunklen Unterreich. Es amüsiere ihn zu sehen wie sich seine kleine Gefährtin rekelte und streckte, während sie die Waldluft genoss.

"Erstaunlich - wenn du den Bauch so einziehst wirkst du gleich noch mal so knochig wie normal.", stichelte er mit frechen Blick. "HE! Was soll das heißen?! Ich bin kein bisschen knochig!", gab sie aufgeregt zurück. "Doch das bist du - dürr und knochig!", erwiderte er stur, worauf sich die beiden schnell in die Haare gerieten und ihre Köpfe aneinander pressten.

Selbst im weitergehen zankten sich die beiden, bis sie schließlich an eine hügelige Lichtung kamen, die inmitten des Waldes lag. Zunächst war nicht klar warum Shane anhielt, aber als hinter dem Hügel ein kleines Elfenmädchen hervorgerannt kam, war klar was seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Es schien zu herum zu tollen und schon bald stieß eine weitere Gestalt hinzu, die deutlich älter war als das Kind. Der Fremde erwies sich als Mensch Anfang zwanzig.

Der Drow und die Waldelfe verblüfften, denn der erste Schein trügte. Offenbar spielten die beiden miteinander obwohl der Mensch unmöglich der Vater oder Bruder der Elfin sein konnte. Schließlich bemerkten sie die vier Abenteurer und beendeten ihr Fangspiel im Gras der Wiese leicht verlegen.

"Oh, hallo ... hier kommen nur selten Fremde entlang ... Moment ... was ist das?!", grüßte der junge Mann, bevor sich sein Blick auf Kyren fixierte. Bevor sie sich versah stand er schon mit schwärmenden Blick vor ihr. Es dauerte keine zwei Sekunden und sie fand sich in einer festen Umarmung des Fremden wieder, sehr zum Schock ihrer Gefährten.

"Wow, bist du süß! Wie niedlich!", sagte er mit glänzenden Augen, während er sie in seinen Armen fast zerdrückte. Erst Shane konnte die Lage entschärfen und entriss sie der engen Umarmung. "Hey! Was tust du denn da?", fragte er verwundert mit leicht mürrischen Unterton. "Oh, das tut mir Leid. Ich war wohl etwas übereifrig. Entschuldigt ... ich sollte mich erst einmal vorstellen. Mein Name ist Ryan.", gab er leicht schwitzend zurück. "Und warum vergreifst du dich so an Kyren?", hakte der junge Halbelf mit ernsten Blick nach. "Kyren? Ist das ihr Name? Wirklich bezaubernd ...", erwiderte er schwärmend, bevor ihn plötzlich eine Kopfnuss des fremden Elfenmädchens hinter ihm zu Boden streckte.

"Ihr müsst ihn entschuldigen. So ist er immer wenn er eine Hochelfe sieht. Er ist ein bisschen verrückt, tut aber keiner Fliege was zu leide. Ach ... und meine Name ist übrigens Wanna.", erklärte sie mit verneigender Geste. "Und was hast du mit dem zu schaffen? Ich meine, du bist doch höchstens 8 Jahre.", tönte es von Sejya, die ungläubig auf Ryan deutete. "Stimmt, er ist so was wie mein Aufpasser. Meine große Schwester ist zur Zeit nicht da und so kümmert er sich um mich. Es ist schon in Ordnung. Jeder hier kennt ihn. Er kommt fast täglich in unser Elfendorf nur um in der Nähe von uns Elfen zu sein. Obwohl er ein Mensch ist, gehört er praktisch schon zur Familie. Er ist wie ein großer Bruder für mich.", erklärte sie. "Ich verstehe nicht - warum will er denn immer in der Nähe von Elfen sein?", fragte die einstige Kopfgeldjägerin irritiert. Die Antwort bekam sie jedoch von Ryan persönlich, der heroisch vor ihr aufsprang. "Weil Elfen einfach die wunderbarsten und schönsten Wesen auf dieser Welt sind ...", schmachtete er vor sich hin und nahm sogleich Kyrens Hände in die seinen. "Diese wundervolle, zarte Haut, dieses niedliche Gesicht, die süßen spitzen Ohren, ihr beruhigender Duft und ihre zierliche Figur - einfach hinreißend.", fuhr er träumend, unterstützt mit einigen Gesten, fort, während Kyren immer mehr errötete.

Sejya und Shane beäugten sich ungläubig, während Jáin nur einen hochnäsigen Seitenblick für das Geschehen übrig hatte. "Zierlich? Ja, spindeldürr und flach wie ein Bre....", ergänzte er mit hämischen Blick und wurde sogleich von ihr mit einer Kopfnuss außer Gefecht gesetzt.

Shane war sichtlich irritiert von der Schwärmerei des Menschen und beäugte Kyren noch etwas genauer. "Ehrlich? Du findest sie süß und so? Glaubst du nicht dass das irgendwie ... seltsam ist?", fragte er erstaunt. "Aber nein. Wieso denn? Schließlich bin ich doch der Beschützer aller Elfen!", erwiderte er mit heroischer Pose, worauf ihn Wanna zur Seite stieß. "Er ist nur ein Elfenfetischist. Ein bisschen durchgeknallt, aber harmlos, keine Sorge.", ergänzte sie breit grinsend.

Shane und die anderen waren zwar schon auf viele fragwürdige Gestalten getroffen, aber einen Jungen wie ihn, hatten sie noch nie erlebt. Bevor man sich versah kniete er vor bereits vor Kyren nieder, fast so als wolle er ihr einen Heiratsantrag machen. "Ich stehe zu Diensten, liebliche Elfe, und ich würde mich geehrt fühlen wenn du und deine Freunde heute Abend im Elfendorf zu Abend essen würden.", sagte er in wahrhaft demütiger Pose, was Kyren immer verlegener machte. Mit solch einer Horde von Komplimenten war sie noch nie konfrontiert gewesen. Obwohl es Ryan wohl nicht bewusst tat, so stärkten seine Worte ihr Selbstbewusstsein auf unermessliche Maße, erst recht nachdem Jáin sich so fies ihr gegenüber verhalten hatte.

"Na gut ... einverstanden.", meinte sie schließlich leicht schwitzend, mit erzwungenen, aber freundlichen Lächeln. Allein dies reichte schon um Ryan ein weiteres mal in den siebten Himmel zu bringen.
 

Es war nicht weit bis zum Dorf und die ansässigen Elfen hießen die Abenteurer herzlich willkommen. Ihre Siedlung lag gut versteckt im Dickicht des Waldes. Manche Häuser waren auf oder an den Bäumen befestigt, andere Bauten befanden sich am Boden. Kyren fühlte sich schon lange nicht mehr so heimisch wie an diesen Ort. Es war fast so als ob Tethyr mit samt seinen Elfen umgezogen wäre.

Ryan zeigte ihr und ihren Freunden alle Örtlichkeiten die das kleine Dorf zu bieten hatte. Er hatte viel zu erzählen, kannte er doch nahezu jeden Elfen der dort lebte. Schon nach einer halben Stunde kannten auch die Abenteurer jede noch so unscheinbare Ecke der kleinen Siedlung. Ryans Enthusiasmus war ungebrochen, beschrieb er doch jede weibliche Elfe haargenau. Es herrschte reges Treiben im Dorf, denn während der junge Mensch erzählte, bauten die männlichen Elfen Stände und Bühnen auf, wogegen Frauen und Mädchen nur vereinzelt zu sehen waren.

"Sag mal Ryan - ist heute irgend ein Fest?", fragte Kyren neugierig und riss ihn somit aus seinen Erzählungen, die mehr einer fortwährenden Schwärmerei gleich kamen. "Oh ja! Heute Abend ist Ball! Es wird getanzt, gegessen und gute Laune verbreitet. Am Ende wird dann die Elfe und der Elf des Abends gewählt. Deshalb machen sich die meisten Mädchen schon mal schön ... obwohl sie das gar nicht nötig hätten.", erklärte er mit anschließenden Kompliment. "Wie kitschig.", merkte Sejya desinteressiert an. "Ihr könnt natürlich bleiben, auch wenn die meisten von euch wohl keine Siegchancen haben.", meinte Ryan grinsend, womit er Sejya schnell in Rage brachte. "Soll das eine Anspielung auf mein Aussehen sein?!", fauchte sie säuerlich und packte ihm am Kragen. "Aber nein ... aber es hat noch nie ein Nicht-Elf gewonnen.", gab er schwitzend und händefuchtelnd zurück, so dass sie wieder von ihm abließ. Für Jáin klang das ganze sehr reizvoll, war er sich doch sicher mit seinen Charme eine Chance zu haben. "Moment, ich denke dann bin ich noch im Rennen um den ersten Platz.", merkte er mit erhobenen Zeigefinger an.

Als er kurz darauf seine Maskierung abnahm, stockte nicht nur Ryan der Atem, denn die Anwesenheit eines Dunkelelfen ließ die Gemüter schnell ins wanken geraten.

"Wah! Der Feind! Ein Dunkelelf! Euer Gefährte ist ein Verräter!", schrie der junge Mensch aufgeregt und erregte somit die Aufmerksamkeit des ganzen Dorfes. Ohne zu zögern griff er mit Fausthieben an, schlug jedoch nur in die Luft, da Jáin ihm am Kopf und somit auf Abstand hielt. "Nun krieg' dich ein, Junge. Glaubst du meine Gefährten wissen nicht was ich bin? Würdest du den großen Drizzit etwa mit dem gleichen Respekt behandeln?", entgegnete er und beruhigte die Lage wieder. "Wie? Soll das heißen ihr seid so wie Drizzit? Ein guter Dunkelelf?", fragte er erstaunt zurück. Die Antwort gab ihm jedoch Sejya, der sein Verhalten nicht ganz passte. "Ich schätze mal das Drizzit nicht mit jedem weiblichen Wesen auf das er getroffen ist ins Bett gehüpft ist, aber ansonsten magst du wohl richtig liegen.", erwiderte sie mit stichelnden Blick, worauf Ryan seine Angriffshaltung zurückfuhr. "Äh ... na ja gut, aber wehe du wagst es hier einer Elfe auch nur ein Haar zu krümmen - dann kriegst du es mit mir zu tun!", meinte er mit bösen Blick, was dem Drow jedoch nicht mehr als ein aufgesetztes Gähnen entlockte. "Ja, ja, ich zittere.", gab er unbeeindruckt zurück und ging ein paar Schritt weiter um sich den anderen Elfen vorzustellen. "Glaub' ja nicht das du beim Fest auch nur den Hauch einer Chance hast!", rief ihm der junge Mensch mit mahnender Geste nach.
 

Ryan sollte recht behalten, denn als es Abend wurde und das Fest begann, lag wirklich eine gute Stimmung in der Luft. Es wurde gelacht und gefeiert, getanzt und gegessen. Sejya und Jáin duellierten sich mit einigen anderen Elfen in einen Wettstreit bei dem es darum ging wer das meiste Met vertragen würde. Andere Elfen tanzten und unterhielten sich. Ryan hingegen hatte sich mit Wanna an einen kleinen Esstisch gesetzt. Es waren noch zwei Plätze frei und so fragten Shane und Kyren, die bis dahin etwas abseits gesessen hatten, ob sie sich zu ihnen setzten durften.

Freilich lud er sie gerne ein sich zu ihnen zu setzen, aber während das ganze Dorf am Feiern war, wirkten er und Wanna etwas betrübt. Wannas Laune änderte sich schlagartig als plötzlich eine Mädchenstimme hinter ihnen ertönte. "Schwester, da bist du ja!", rief sie ganz aufgeregt und wank einer herbeieilenden Elfe zu, worauf sich auch Ryan zu ihr umdrehte. "S-Saiune ... hallo ...", entgegnete er der Elfin ebenso fröhlich, wenn gleich er deutlich schüchterner wirkte als sonst. Schnell waren die Geschwister in einer herzlichen Umarmung vereint. Wannas Schwester schien ihrer Tracht nach Waldläuferin zu sein und es war abzusehen das hinter ihren eher zierlichen Körper eine gute Bogenschützin steckte.

"Schön das du es noch geschafft hast!", meinte Wanna glücklich und führte sie zu ihren Tisch, wo Saiune einen nach dem anderen zur Begrüßung die Hand schüttelte. Es schien sie gar nicht zu wundern das Fremde im Dorf waren, aber vielleicht war es war ihr einfach nur egal. "Tut mir Leid das ich so spät komme, aber jetzt bin ich ja da. Warte hier, ich will mich nur noch schnell umziehen.", erwiderte sie und entschwand sogleich in den Mengen der Feiernden.

Shanes Stirn runzelte sich, denn Ryans Verhalten verwunderte ihn etwas. Vorsichtig beugte er sich zu Wanna herüber, so als sollte es sonst niemand merken. "Sag mal, was ist auf einmal mit Ryan?", fragte er leise, jedoch nicht leise genug das Kyren nicht mithören konnte. "Was soll mit ihm sein?", erwiderte das Mädchen irritiert. "Bisher hat er für um jede Elfe dieses Dorfes ein riesen Aufsehen gemacht. Bei ihr hingegen hat er ganz normal reagiert.", erläuterte er seine Frage im Gegenzug.

"Ah, du bist ein guter Beobachter. Das liegt daran das er Saiune wirklich gerne hat.", erwiderte sie in sich hineinkichernd mit Blick auf den Menschenjungen neben ihr. "So?", staunte Shane etwas überrascht und zog seinen Kopf wieder zurück. Tatsächlich, so stellte er fest, war Ryans Blick ihr so lange gefolgt bis sie nicht mehr zu sehen war. Kyren konnte es sich daraufhin nicht länger verkneifen ihn persönlich danach zu fragen, denn sein verträumter Blick war einfach zu verlockend. "Stimmt das Ryan? Du magst Saiune?", hakte sie forsch nach, sehr zum Schock ihres Gefährten, der nicht fassen konnte das sie ihn belauscht hatte. Der junge Mensch reagierte ziemlich perplex und kippte vor Schreck fast vom Stuhl. "Was?! Woher .... wer hat dir ... wer sagt denn so was?!", erwiderte er stotternd und sichtlich errötend. "Na Wanna!", verriet sie breit grinsend, worauf er diese leicht verstimmt ansah. "Aber es stimmt doch, Ryan! Du hast mir doch schon selbst zu mir gesagt wie wahnsinnig gern du meine Schwester hast.", meinte Wanna mit verzeihender Händehaltung. "So ein Unsinn! Ich hab sie nicht lieber als jede andere Elfe hier im Dorf.", grummelte er Armverschränkend. "Gut, das sag' ich ihr dann wenn sie wiederkommt.", gab sie grinsend zurück, was ihn panisch aufschrecken ließ. "Nein! Bitte nicht!", rief er aufgeregt, bevor er merkte das er ihr auf dem Leim gegangen war. "Ich ... eh ... ich entschuldigt mich einen Moment.", sagte er mit ungewöhnlich trübseliger Miene und verschwand in Richtung Wald.

"Was hat er denn?", wunderte sich Kyren, die ihm nachdenklich hinterher sah. "Das war wohl mein Fehler ... tut mir Leid.", entschuldigte sich Wanna.
 

Kyren gab sich die Schuld an Ryans Reaktion und entschloss sich ihm zu folgen um ihr schlechtes Gewissen zu bereinigen. Eher zufällig entdeckte sie ihm an einen Teich nahe des Dorfes. Ryan saß dort im Gras und starrte, mit angewinkelten Beinen, in nachdenklicher Haltung ziellos aufs Wasser hinaus. Alles um ihn herum, wie auch er selbst, wirkte so still und bedächtig. Nur zögerlich näherte sie sich und nahm neben ihn platz.

"Ryan? Alles in Ordnung? Was war denn los? Warum bist du denn weggelaufen?", fragte sie vorsichtig und versuchte einen Blick in seine Augen zu erhaschen. Sie waren so voller Trauer, so voller Gefühle das sie nur schwer einen Schluss daraus ziehen konnte. Er antwortete ihr nicht, schien sie nicht einmal richtig wahr zu nehmen und doch wollte sie ihn etwas aufmuntern.

"Hat es etwas mit Saiune zu tun? Darf sie etwa nicht wissen das du sie gern hast?", fragte sie mit neugierigen Blick. "Was geht dich das denn an?", wehrte ihr ihre Frage in seufzenden Ton ab. "Ich ... ich wollte dich nicht verletzen.", versuchte sie zu schwichtigen. "Schon gut. Es gibt Dinge im Leben, bei denen es besser ist, wenn sie unausgesprochen bleiben.", antwortete er mit trüber Stimme, ohne sich ihr zuzuwenden.

"Das verstehe ich nicht. Du hast so viele Liebe Dinge zu mir gesagt. Wieso sagst du es dann nicht zu ihr?", wunderte sich Kyren. "Weil es nichts ändern würde. Sieh mich doch an ... ich bin weder besonders schön, noch gut gebaut ... ich bin ja nicht mal ein Elf ...", erwiderte er traurig. "Glaubst du denn, das sie dich nicht mag?", fragte sie unsicher. "Wir sind Freunde. Ich will ihr Vertrauen in diese Bindung nicht zerstören. Mein Herz ist nicht besonders stark ... weißt du. Auch wenn es nicht so scheint, ich bin ganz allein und ich will sie nicht auch noch verlieren.", gab er seufzend zurück. "Aber ...", wollte sie widersprechen, bevor er ihr das Wort nahm. "Mach dir keine Sorgen. Es ist in Ordnung. Ich bin gut mit ihr befreundet und das war alles was ich je wollte.", sagte er etwas besser gelaunt, wohl auch um der Fragerei ein Ende zu bereiten.

Eine Weile kehrte Schweigen zwischen den beiden ein und nur das rauschen des Windes unterbrach die Stille. Kyren merkte das sie sich in gewisser Hinsicht recht ähnlich waren, aber viel mehr noch, was für ein Mensch er wirklich war. Er gehörte zu jener Sorte Menschen die ihren wahren Kummer hinter einer Maskerade aus guter Laune und unermesslicher Freundlichkeit verbarg. Er tat ihr Leid, aber Mitleid war etwas was die wenigsten Menschen in solchen Situationen wollten. Alles was er gesagt hatte erinnerte sie auch an ihre Situation. Ihr fehlten die Worte, aber sie wusste was ihn vielleicht etwas trösten konnte.

"Hey, wollen wir nicht so langsam zurück aufs Fest? Ich verspreche niemand wird auch nur ein Wort über die Sache verlieren.", schlug sie mit freundlicher Stimme und einen einladenden Lächeln vor. Ryan musste schmunzeln, denn er hatte schon immer eine Schwäche für Elfenmädchen. Es war schön von ihren Lächeln aufgemuntert zu werden, so dass er ihren Vorschlag folge leistete.
 

Der Abend war noch jung und das Fest noch im vollen Gange. Es verging einige Zeit die man mit feiern und einigen Geschichten füllte. Ryan lehnte etwas abseits an einen Baum und genoss die schönen Melodien der Feier. Er erschrak ein wenig als ihn plötzlich jemand von hinten auf die Schulter tippte, erst recht als er merkte das es Saiune war. Sie trug eine feierliche Elfentracht, die ihr so gut stand, das er kaum Worte fand. "Saiune ... du siehst ... wunder... ... ich meine ...", stotterte er verlegen vor sich hin, aber sie schien schon zu verstehen was er ihr eigentlich sagen wollte. "Wollen wir tanzen?", fragte sie und nahm seine Hand, was ihn sogleich etwas erröten ließ. "I-ich bin aber gar kein guter Tänzer.", erwiderte er nervös und dennoch schenkte sie ihm ein verständnisvolles Lächeln. "Du müsstest doch eigentlich wissen das jeder zur Musik der Elfen tanzen kann.", meinte sie zwinkernd und zog ihn einfach hinter sich her zum Tanzbereich.

Wanna und Kyren lächelten zufrieden von ihren Tisch aus, denn ihr zuvor gefasster Plan Ryan den Abend zu versüßen hatte hervorragend geklappt.
 

Für Ryan war es Folter und Himmel zugleich, denn einerseits konnte er ihr ganz nah sein und andererseits riss es ihm fast das Herz aus der Brust das er sich in sie verliebt hatte. In ihrer Nähe vergaß er Zeit und Raum, ja sogar jeglichen Kummer und war einfach nur glücklich. Der Tanz der beiden sollte jedoch nicht lange dauern als auf einmal die Musik abbrach. Ein ungebetener Gast in schwarzer Rüstung und gezogenen Schwert ließ bereits erahnen das diese Feier ein vorzeitiges Ende haben sollte.

Kyren traute ihren Augen kaum, denn sie kannte die Gestalt, die plötzlich wie aus dem Nichts erschienen war aus ihren Träumen. "Das ... das ist Mogul!", rief sie mit geweiteten Augen. Volltrunken wie Jáin war hob er sogleich seien Becher zur Begrüßung des Dämonritters. "A-hai, Mojul, aldes Haus. Prost! Gomm her un' tring mit mirj.", lallte er ihm im Vollrausch entgegen, während Shane von seinen Platz sprang um die anderen Elfen zu warnen. "Los, bringt euch in Sicherheit! Macht das ihr weg kommt! Der Typ ist gefährlich!", wies er die Einwohner an, die sofort alles stehen und liegen ließen um zu flüchten. Eine Panik brach aus, die lediglich Jáin und Sejya nicht erreichte, da diese viel zu betrunken waren um zu realisieren was geschehen war.

Innerhalb von Sekunden war die Feier geräumt, sehr zum Amüsement des Neuankömmlings. "Ah, es ist ein gutes Gefühl zu sehen das man gefürchtet wird.", tönte er selbstherrlich hervor. "Verdammt! Wie hast du uns hier gefunden?", fragte Shane zähneknirschend.

"Es war nicht ganz einfach euch zu finden, aber am Ende doch nur eine Frage der Zeit. Nun werde ich persönlich dafür sorgen das diese Göre ein für alle mal von dieser Welt verschwindet!", meinte Mogul und deutete strafend an Shane vorbei auf Kyren.

Es war Ryan der durch sein Einschreiten diesen Konflikt plötzlich eine neue Wendung gab. "Hey! Ich hab keine Ahnung wer du bist, aber du hast den Elfen gerade ihr Fest verdorben! Das ist eine Unverfrorenheit! Deine Drohung ist ja wohl der Gipfel! Wenn du auch nur einer einzigen Elfe hier ein Haar krümmen solltest, dann kriegst du es mit mir zu tun!", fauchte er ihn wütend an und lenkte somit die Aufmerksamkeit auf sich.

"Was?! Wer wagt es?! Wer bist du überhaupt, du Wurm?!", entgegnete Mogul mit donnernder Stimme. "Mein Name ist Ryan Bannaster - der Beschützer aller Elfen!", antwortete er voller Stolz. "Okay, du hast mich überzeugt. Statt der Göre, schlitze ich erst dich und das Mädchen hinter dir auf! Du hättest dich nicht einmischen sollen, Mensch!", erwiderte er mit drohender Geste. "Das Mädchen hinter mir ...?", wunderte er sich in leisen Ton und drehte sich um.

Schnell war klar das er Saiune meinte, die bei ihm geblieben war, statt zu fliehen. Der Griff des jungen Menschen an seine Hüfte endete in einen Desaster, denn er stellte fest das er gar keine Waffe trug. Er musste eingestehen sich übernommen zu haben, hatte er sich doch mit Mächten angelegt von denen er keine Ahnung hatte. Nervös schritt er zurück, immer darauf bedacht Saiune beschützend hinter sich zu halten.

"Bitte nicht! Sie hat doch mit der ganzen Sache nichts zu tun.", flehte er als sich ihm Mogul näherte. Shane wollte schon eingreifen, da torkelte Jáin mit gezogenen Schwert, wild herumfuchtelnd, an Ryan vorbei. "Gomm nur her, du Schtimmjungsbremse. Isch mach disch fertisch.", lallte er, betrunken wie er war, bevor er nach einer kurzen Drehung zu Boden fiel und augenblicklich seinen Rausch ausschlief.

Für den selbsternannten Elfenbeschützer war es jedoch die Chance, denn das Schwert, was der Drow eben noch bei sich hatte, steckte nun Griffbereit vor ihm im Boden. Rasch nahm er es an sich und stellte sich dem fremden Angreifer entgegen. Mogul jedoch entlockte das ganze nicht mehr als ein Lachen. "Das kann doch nicht dein ernst sein, Junge. Deine Aura ist so schwach das ich dich mit dem kleinen Finger besiegen könnte. Ich werde nicht mal ein Schwert brauchen um dich zu beseitigen.", tönte er selbstsicher und steckte seine Waffe weg.

Shane war klar das Ryan nicht die geringste Chance hatte, aber er selbst wusste auch nicht was ihm im Kampf gegen ihn erwartete. "Ryan! Der ist viel zu stark für dich! Der nimmt dich auseinander! Mach das du weg kommst, so lange du noch kannst!", warnte er ihn eindringlich, doch er wollte nicht hören.

"Ist mir egal wer das ist! Wer meinen geliebten Elfen die Feier versaut und sie bedroht, hat Strafe verdient!", gab er wütend zurück, bereit Mogul im Kampf gegenüber zu treten. "Ryan!", rief Saiune besorgt. "Nein! Er hat dich bedroht! Das lasse ich nicht durchgehen.", meinte er entschlossen.

"Er hat keine Chance! Moguls Kräfte sind sicher viel höher als seine!", merkte Kyren an, was auch Wanna neben ihr sichtlich beunruhigte. Ryan schien sich seiner Lage bewusst, so nervös wie er wirkte, und dennoch griff er laut schreiend an.

Für Mogul war es eine Kleinigkeit seinem Schwerthieb auszuweichen und ihm im Gegenzug einen Fausthieb zu verpassen der ihn bis zum Ausgangspunkt zurückschleuderte.

"Ryan! Oh nein!", rief Saiune, die ihn zu Hilfe eilte, doch für ihn war der Kampf noch nicht vorbei. Mühsam rekelte er sich auf, sich schwer atmend am Bauch haltend. Nicht einmal dieser Rückschlag konnte seinen Willen brechen und so setzte er ein weiteres mal zum Angriff an. "So leicht geb' ich nicht auf!", sagte er mit ernster Miene.

Seine Attacke lief jedoch erneut ins Leeren und Mogul gab sich nun nicht mehr damit zufrieden ihn mit einen Schlag auf Abstand zu bringen. Gnadenlos schlug er auf den jungen Mann ein, der nicht einmal die Kraft fand schmerzerfüllt aufzuschreien. Schließlich warf er ihn zurück als er merkte das seine Gegenwehr gleich Null war.

Schwer verletzt landete Ryan am Boden und es grenzte schon an ein Wunder das er noch bei Bewusstsein blieb. Er spürte das wohl einige Knochen gebrochen waren und wie sein Kreislauf langsam kollabierte.

"Oh Gott, Ryan! Bleib' liegen!", schrie Saiune aufgeregt als sie sah, das er sich trotz all der Verletzungen ein weiteres mal aufrichtete. Selbst Mogul zeigte sich etwas verblüfft, fasste aber im selben Moment schon den Entschluss dem ein Ende zu bereiten. "Sei kein Narr, Junge. Den nächsten Angriff überlebst du garantiert nicht, also gib dich geschlagen.", sagte er und verschränkte hochmütig die Arme.

Saiune wollte ihn zurückhalten, in der Hoffnung so sein Leben retten zu können. "Hör auf, Ryan! Das ist es nicht wert! Du wirst sterben, wenn du angreifst!", meinte sie flehenden Blick, aber er raffte sich trotz allen auf. Es gelang ihm nicht einmal richtig zu stehen, doch sein Mut war ungebrochen.

"Wenn ... wenn ich es nicht schaffe die zu beschützen die ich liebe, dann hat mein Leben ohnehin keinen Sinn mehr. Ich will nicht leben mit dem Gewissen das ich euch nicht retten konnte. Ihr wunderschönen Elfen seid alles was ich habe ... Ich werde nicht zulassen das er dir etwas antut so lange ich lebe.", ächzte er unter Schmerzen hervor.

Schließlich ging er zum finalen Angriff über, obwohl er inzwischen nur noch auf seinen Gegner zuhumpelte. "Ryan! Tu das nicht!", mahnte ihn Shane mit verzweifelter Stimme, aber auch er konnte ihn nicht mehr abhalten.

"Dann mach dich bereit zu sterben, Wurm!", gab Mogul lachend von sich und setzte zum Gegenangriff an. Sein Fausthieb verfehlte jedoch sein Ziel und Ryan gelang es wie durch ein Wunder, durch eine einfache Körpertäuschung seine Verteidigung zu durchbrechen. Der Dämonenritter konnte kaum fassen was er sah und spürte als sich die Klinge von Jáins Schwert durch seine Rüstung in seine Herzgegend bohrte. Das schier unmögliche war geschehen, denn nie er hätte er damit gerechnet das ihn ein gewöhnlicher Mensch einmal besiegen könnte. Die Augen der Anwesenden weiteten sich vor erstaunen, wenn gleich Shane ahnte das Ryan im Grunde nichts erreicht hatte.

Mogul löste sich wie ein Schatten auf, der vom Sonnenlicht getroffen wurde. Ryan fiel erschöpft, aber glücklich zu Boden. "Dieser Sieg sei euch vergönnt, aber ihr habt mich nicht zum letzten mal gesehen!", hörte man die Stimme des Besiegten noch ertönen, bevor seine Konturen vollends verschwunden waren.

Sofort waren Saiune, Kyren und Wanna bei ihren tapferen Beschützer, der langsam spürte wie die Lebensgeister aus seinen geschwächten Körper wichen. "Warte! Ich heile dich!", rief Shanes Gefährtin aufgeregt und setzte einen starken Heilzauber an. Shane selbst war sich im klaren das Mogul, wie auch Gray, ganz leicht von selbst wieder auferstehen konnte, wenn er nicht vom Schwert des Phönix getötet werden würde.

Kyren hingegen war den Tränen nah, denn der mutige Mensch hatte sein Leben riskiert um das Dorf und seine Liebe zu schützen. Wenigstens, so tröstete sie sich, war sein Wunsch nach Aufmerksamkeit nun sicher, denn ein ganzes Dorf würde ihm ewig dankbar für seine Tat sein.
 

Ryans Zustand war kritisch, wenn gleich ihm Kyren zunächst mit ihrer Magie das Leben retten konnte. Immer wieder eilten elfische Schamanen in die Baumhütte, in der er untergebracht wurde. Wanna, Saiune und einige andere wichen nicht mehr von seinen Bett und obwohl er es tragischerweise nicht mitbekommen konnte, so war er zum ersten mal in seinen Leben der Mittelpunkt eines ganzen Dorfes.

Es war spät als sich Shane und sie zu Bett gingen, während Jáin und Sejya in ihren Quartieren bereits ihren Rausch ausschliefen. Die Abenteurer teilten sich ein schlichtes Zimmer in den Bäumen, das jedoch für jeden von ihnen ein bequemes Bett bereit hielt.

Der junge Halbelf schlief nicht sonderlich gut. Immer wieder wälzte er sich, von Alpträumen geplagt, von einer Seite des Bettes auf die andere. Visionen flossen durch sein inneres Auge, Visionen aus dem tiefsten Unterbewusstsein.

Im Traum erblickte er zwei gläserne Behälter. Sie waren mit Blut gefüllt und als er sich ihnen näherte entdeckte er Leath, nackt, in einen von diesen gläsernen Kokons. Der Drow schlief und war an seltsame Apparaturen angeschlossen. Shanes Blick fiel auf den zweiten Behälter in dem sich eine schattenhafte Gestalt befand. Er versuchte durch das Glas zu sehen, doch es spiegelte so sehr, das er nur sein eigenes Gesicht darin erkannte. Er versuchte etwas Schatten mit seiner Hand auf das Glas fallen zu lassen, doch selbst dann verschwand die Gestalt dort drinnen in unklaren Konturen. Als er wieder vom Behältnis abließ entdeckte er im Spiegelbild, das Sen hinter ihm stand. Erschrocken drehte er sich zu ihm um und sah das er eine Hellbarde gegen ihn richtete. "Dieses Geheimnis wird dein Untergang sein!", tönte Sen mit finsteren Blick hervor und schlug zu. Shane sollte nicht sein Ziel sein, denn die Waffe verfehlte ihn um Haaresbreite und bohrte sich in den Glasbehälter.

Das Glas zerbrach und legte die Gestalt darin frei. Shanes Augen weiteten sich, denn das Mädchen das Sen aufgespießt hatte war Kyren. "Nein!", schrie er panisch auf und beendete damit seinen Traum.
 

Shane erwachte schreckhaft aus seinem Schlaf, gerade noch rechtzeitig um ein verdächtiges Funkeln über sich im Dunkel der Nacht zu erkennen. Seine Augen weiteten sich als er merkte das jemand auf ihm saß. Reflexartig wich er mit seinen Kopf nach links aus als sich das Funkeln näherte. Der linke Krallenhandschuh eines Fremden durchbohrte sein Kopfkissen, doch ihm war klar, dass er das eigentliche Ziel war. Bevor die fremde Gestalt noch einmal zuschlagen konnte, trat er sie vom Bett und erlöste sich somit zugleich aus der bedrohlichen Lage.

Vom Krach geweckt schrak nun auch Kyren auf, die sah wie das Mondlicht auf ein junges Mädchen nahe der Tür ihrer Hütte fiel. Sie war maskiert und hatte blaues Haar, womit auch Shane schnell realisierte mit wem er es zu tun hatte. "Faye!", rief er geschockt, doch diese gönnte ihm nur eine kurze Atempause. Nochmals versuchte sie ihn mit ihren Krallenhandschuhen zu attackieren, doch ihr vermeintliches Opfer erwies sich als flink genug um ihr immer wieder auszuweichen.

Um Kyren und die anderen nicht in Gefahr zu bringen, beschloss er den Kampf nach draußen zu verlagern und verließ die Hütte mit einem mächtigen Sprung auf einen der breiten Äste außerhalb der Unterkunft. Faye zögerte nicht eine Sekunde ihm zu folgen und setzte nach, auch wenn dieser und die folgenden Angriffe ihr Ziel verfehlen sollten. Shane war zu geschickt und wendig als das sie ihn treffen konnte, doch ihre erbarmungslose Kampfgeschwindigkeit ließ erahnen dass sie sich davon nicht von ihren Vorhaben abbringen ließ.

Shane versuchte sie durch hin und herspringen in den Baumwipfeln abzuschütteln, aber selbst Äste die ihr im Weg standen, zerfetzte sie in ihrer Aggressivität wie Streichhölzer.

Schließlich verlagerte er das Kampfgeschehen auf den Boden, wo er erneut ihren Krallenhandschuhattacken ausweichen musste. Shane wollte nicht kämpfen, wehrte sich kaum, sah er doch die Chance sie wie einst Sejya beruhigen zu können. "Warum tust du das?! Was habe ich dir getan?!", fragte er, aber dieses Mädchen ließ sich nicht so leicht beeinflussen wie seine jetzige Gefährtin. Unbändig setzte sie ihre Angriffe fort, bis er sich gezwungen sah, sie zu überwältigen. Von einer Sekunde auf die andere änderte sich das Kampfgeschehen. Es bedurfte lediglich einer Schlag-Trittkombination um den Angriff des Mädchens zu stoppen und sie gegen einen Baum zu schleudern, wo sie zum erliegen kam. "Verdammt! Ich will nicht gegen dich kämpfen ... schon gar nicht wenn ich den Grund dafür nicht kenne!", entgegnete er ihr erbost, wohlwissend das sie sich so leicht nicht unterkriegen lassen würde. Tatsächlich erwies sie sich als zäh, denn kurz darauf erhob sie sich als ob nichts gewesen wäre.

Er sah ihr in die Augen in der Hoffnung etwas menschliches darin entdecken zu können, aber ihr Blick war so kalt und leer, das man glauben konnte das sie nicht einmal einen eigenen Willen hatte. Dennoch, obwohl sie offensichtlich Gegner waren, so fühlte er etwas vertrautes in ihrer Nähe. "Wer ... bist du?", fragte er mit unsicheren Blick und näherte sich der regungslos verharrenden Kämpferin. Je näher er ihr kam desto vertrauter wurde das Gefühl. Er wollte es aussprechen, aber sein Wortschatz war wie ausgelöscht. Das Mädchen stand ganz still da und starrte ihn an. Je näher er ihr kam, umso mehr füllten sich ihre Augen mit Willenskraft. Einen Moment lang wollte sie ihre Klauenhandschuhe erneut gegen ihn erheben und dennoch plagten auch sie immer mehr Zweifel. Schließlich stand Shane vor ihr und versuchte seine Hand beruhigend auf ihre Schulter zu legen. Sie begann immer aufgeregter zu atmen, während seine Hand sich ihr näherte. Ein letztes mal kehrte ihr Kampfeswille in ihre Augen zurück, bereit ihre Mission zu beenden.

Plötzlich griff sie seinen Arm und zog Shane an sich heran. Ungehemmt rammte sie ihren Kopf gegen den seinen und stieß ihn mit einen zusätzlichen Fußtritt zurück. Der junge Halbelf war einen Moment orientierungslos, lange genug, damit das maskierte Mädchen einen Beutel an ihren Gürtel greifen und öffnen konnte. Blitzschnell warf sie ihm den darin befindlichen gelben Puder ins Gesicht und trat ihn ein weiteres mal, so dass er ein paar Meter zurück fiel. Dieses mal setzte sie nicht nach, sondern wartete ab bis sich Shane wieder aufraffte.

Er wusste nicht wie ihm geschehen war und wirkte völlig desorientiert. Verzweifelt versuchte er das Puder aus seinen Gesicht zu wischen. Er begann zu Niesen, aber dies war noch die harmlosere Wirkung die es bei ihm anrichtete. Kurz darauf durchzog seinen Körper ein starker Schmerz, verbunden mit nicht enden wollenden Schwindelgefühlen. Mit gequälter Miene hielt er sich am Kopf, bevor, nach kurzem Aufschrei, seine Flügel aus seinem Rücken fuhren.

Dies war der Moment auf den Faye gewartet hatte. Zielstrebig näherte sie sich ihren hilflosen Opfer und griff in seinen linken Flügel. Shane stöhnte ein weiteres mal auf und ging völlig entkräftet zu Boden, doch damit gab sie sich nicht zufrieden. Sie schien ganz genau zu wissen was sie tat, denn kaum jemand das Shane Flügel hatte und erst recht nicht das sie seine Schwachstelle waren. Entschlossen stemmte sie ihren Fuß auf seinen Rücken und begann ihre Hände um seine Flügel zu legen damit sie sie ihm herausreißen konnte.

"Oh nein! Sie will ihm die Flügel abbrechen!", schrie Kyren ängstlich, die gerade beim Geschehen angekommen war. Es dauerte nur einen Wimpernschlag da traf Faye bereits das erste von drei magischen Geschossen die die kleine Elfin daraufhin abgefeuert hatte. Erst das dritte Geschoss vermochte es sie von Shane loszureißen und sie gegen einen Baum zu schleudern. Dieses mal schienen ihre Verletzungen schwerer, denn sie hatte Mühe wieder aufzustehen. "Lass deine Finger von ihn!", rief sie ihr ihm drohenden Unterton nach und rannte zu Shane. Faye sackte kurz in sich zusammen, sichtlich bemüht wieder auf die Beine zu kommen. Der Treffer und der Aufprall wogen schwer, aber sie war zäh. Dennoch veränderte sich ihr Blick zu Shane auf einmal, denn als sie sich erneut am Baum abstützend aufrichtete war ihre Augen nicht länger von Groll gefüllt. Es wirkte fast so als bereute sie ihre Tat, so wie sie nach unten sah und ihre Faust ballte. Sie zögerte noch einige Sekunden bis sie sich schließlich zurückzog und im Dunkel der Nacht verschwand.

"Shane! Shane! Alles in Ordnung? Ist dir was passiert?", rief Kyren aufgeregt und eilte zu ihren Gefährten, der noch immer am Boden lag. Besorgt tastete sie seinen linken Flügel ab aus Angst sie wäre zu spät gekommen. Es war erleichternd festzustellen das er unverletzt war. Sie konnte nicht umher sich das weiße Gefieder an ihre Wange zu. Es war noch immer so sanft und roch noch immer so gut wie sie es in Erinnerung hatte, doch Shane unterbrach ihre Träumerei abrupt. "Ich bin okay ... aber wenn ich aufstehen soll musst du meinen Flügel loslassen.", tönte er, leicht ächzend, hervor. "Oh, entschuldige.", erwiderte sie erschrocken und ließ wieder ab, worauf seine Flügel wieder einfuhren.

Nun war es ihm ein leichtes wieder aufzustehen und doch machte er kein allzu zufriedenes Gesicht. Sein nachdenklicher Blick fiel ins Dunkel in das Faye verschwunden war. Diese Nacht hatte ihm gezeigt das Fayes Fähigkeiten bei weiten nicht zu unterschätzen waren und dennoch beschäftigte ihn etwas anderes. Erst als seinen Blick auf Kyren lenkte, merkte er wie knapp er davor gewesen war den Kampf zu verlieren. "Danke Kyren. Ohne dich wäre ...", bedankte er sich bei ihr, doch schon nach ein paar Worten schüttelte sie ihren Kopf verneinend hin und her. Es lag ein Lächeln auf ihren Lippen und ihm war klar das sein Dank nicht der Rede Wert sein sollte. "Schon gut, das hättest du sicher auch für mich getan.", meinte sie bescheiden, wenn gleich sie sich über seine Worte freute. "Trotzdem Danke.", erwiderte er leicht erheitert, bevor er sich wieder der Ferne zuwendete. Seine Miene verfinsterte sich zusehends, so dass sich Kyren fragte was ihn wohl bedrückte. "Was hast du? Stimmt etwas nicht?", fragte sie verwundert nach. "Nein ... es ... es ist nichts. Komm lass uns wieder nach oben gehen.", antwortete er nach einen Augenblick des Schweigens. Sie wirkte besorgt als sie ihren Gefährten ansah, denn sie war nicht so gutgläubig als dass sie nicht merkte das etwas nicht stimmte.

Shane fand in dieser Nacht keinen Schlaf mehr. Unentwegt starrte er an die Decke, seine Arme verschränkt hinter den Kopf, und ließ seine Gedanken um Faye streifen. Dieses Mädchen war ein Mysterium und er wusste das er die Lösung auf seine Fragen nur von ihr bekommen würde.
 

Am nächsten Morgen des nächsten Tages verließ man das Elfendorf schließlich wieder. Niemand außer Shane und Kyren hatten bemerkt was mitten in der Nacht geschehen war, nachdem Ryan so tapfer gekämpft hatte. Er selbst blieb ans Bett gefesselt wo er seine Wunden heilen lassen musste. Als er an diesen Morgen erwachte, lagen Saiune und Wanna noch immer schlafend an seinen Bett. Ein angenehmes Gefühl durchfloss sein Herz und er begann zu lächeln. Für einen Moment wollte er Saiune übers Haar streicheln, doch dann zog er zurück, aus Angst sie zu wecken und sich somit in eine peinliche Lage zu bringen. Vielleicht, so hoffte er, gaben ihn die Sympathien der Elfen eines Tages die Kraft die er brauchte um ihr seine Gefühle zu gestehen.
 

Als Jáin mit den anderen am Abend, nach langer Wanderung durch die Wälder von Glarondar, das Lagerfeuer entzündete, waren es nur noch ein paar Fuß weit bis zur Grenze nach Thay. Er wusste nicht was ihn dort erwartete, aber noch mehr machte ihn Sorgen das er nicht wusste was mit Shane war.

"Sag mal Kyren ... was ist mit ihm? Er hat heute den ganzen Tag kein Wort gesagt.", meinte er mit Blick auf seinen Mitstreiter. Nachdenklich sah sie zu Shane herüber, der etwas Abseits auf einen großen Stein saß und seine Gedanken im Vollmond verlor. "Ich ... ich weiß es nicht.", gab sie seufzend zurück und senkte ihren Kopf ab. Sie kannte ihn schon so lange, aber so hatte sie ihn noch nie erlebt. Alles was sie wusste war, dass es wohl etwas mit dem maskierten Mädchen zu tun hatte.

Ein leichter Wind zog Shane durchs Haar, während er sich mit einer Frage nach der anderen über Faye quälte. Egal wie sehr er auch zum Vollmond aufsah und nach Lösungen suchte - ihm wurde klar, dass die einzige Antwort auf seine Fragen die war, die er am wenigsten akzeptieren konnte. "Alexandra ...", gab er leise, mit trauriger Stimme, von sich, in Gedanken an seine verstorbene Schwester.

Vielleicht war es Zufall das Faye in der Ferne von einen Felsvorsprung ebenfalls in den Vollmond sah und vielleicht war es Zufall das ihre Gedanken im selben Moment um Shane kreisten. Wehmütig senkte sie ihren Kopf und griff an ihre Maske. Es bedurfte nicht viel sie zu lösen und ihr Gesicht preis zu geben. Das Mondlicht, das auf sie herab schien, bestätigte Shanes Gedanken ...

Folge 68: Willkommen in Thay

Die Länder von Thay waren still und menschenleer. Städte und Dörfer wirkten wie ausgestorben, so auch Nethjet, die erste Station für Shane und die anderen auf den Weg zur Hauptstadt nach Tyraturos. Allgegenwärtig herrschte eine bedrückende Stimmung, so dass man glauben konnte die Pest wäre ausgebrochen.

Die junge Abenteurergruppe wurde äußerst misstrauisch hinter den verschlossenen Fenstern der Bauten von Nethjet beäugt. Es war schwer einzuschätzen ob man sie fürchtete oder ob man jeden Moment über sie herfallen würde.

Schließlich erreichte man eine Taverne, wo man hoffen konnte etwas willkommener zu sein, aber vor allem, neue Informationen zu erhalten. Bis auf wenige Hartgesottene war die Schänke fast leer. Der Wirt sah nicht so aus als ob er sie willkommen heißen wollte und dennoch nahm man, wenn auch zögerlich, am Tresen platz. Es war Shane der nach einen Moment des Schweigens schließlich sein Wort erhob. "Hallo ... wir sind auf der Durchreise und ...", sagte er in leicht nervöser Stimmlage, bevor er vom Wirt unterbrochen wurde. "Pah, niemand der bei klaren Verstand ist kommt freiwillig nach Thay. Wisst ihr etwa nicht das hier Krieg ist? Ihr solltet machen das ihr hier wegkommt! Die Soldaten des Bösen laufen hier jeden Tag Patrouille und wenn sie euch hier finden geht's nicht nur mir schlecht.", erwiderte der Wirt barsch.

"Soldaten des Bösen?", fragte Jáin verwundert nach. "Dämonritter, wenn ihr es ganz genau wissen wollt.", erklärte er und legte einen mürrischen Blick auf den maskierten Dunkelelfen. Dieser zeigte sich jedoch nur wenig beeindruckt und lehnte sich lässig an die Theke. "Ja, die sind sicher ganz furchtbar und nun gebt mir ein Bier.", gab er sarkastisch zurück. "Wenn ihr nicht zu den Thay-Rebellen gehört, bekommt ihr von mir gar nichts! Ich sagte doch - verschwindet!", fauchte der Wirt verstimmt. "Thay-Rebellen? Ihr meint die roten Magier, hab' ich recht?", hakte Shane nach. "Ganz recht, Bürschchen und nun verzieht euch endlich.", erwiderte er ein weiteres mal.

Das Gespräch endete abrupt als auf einmal eine ganze Kompanie berüsteter Einheiten von draußen anmarschiert kam. Nur zu deutlich konnte man ihre Konturen durch das abgedunkelte Fensterglas sehen. "Verdammt! Jetzt habt ihr den Salat! Scheiße! Versteckt euch!", meinte der Wirt mit ängstlichen Blick und wies seine Gäste an sich unter den Tischen zu verstecken, während er selbst hinter dem Tresen verschwand.

Jáin blieb jedoch unbeeindruckt und nahm in aller Seelen ruhe seine Maskierung ab, damit er sich per Selbstbedienung ein Bier genehmigen konnte. Nur Kyren schluckte nervös ihre Angst hinunter als die Schrittgeräusche immer näher kamen.

Schließlich trat eine Patrouille Dämonenritter in die Schänke ein, die sichtlich erstaunt war, dass sich vier Gestalten am Tresen tummelten. "Hey! Ihr gehört nicht hier her, Fremde! Ihr seid Eindringlinge!", tönte der Anführer streng hervor und deutete auf die Abenteurer. Außer Kyren stand jedoch keinen von ihnen die Angst ins Gesicht geschrieben. Jáin besaß sogar die Dreistigkeit sein Bier weiter zu trinken, sehr zum Ärgernis der Dämonenritter. "Ihr wagt es uns zu verhöhnen? Frechheit! Das werdet ihr bereuen - tötet sie!", meinte der Anführer und schickte seine Männer zum Angriff. Sejya reagierte am schnellsten und kam den Angreifern daraufhin mit raschen Tempo entgegen gestürmt.

Dem Wirt wurde immer mulmiger zu Mute als er hörte wie daraufhin seine Einrichtung zu Bruch ging. Er wagte es nicht aufzusehen aus Angst das man ihn ebenfalls töten würde.

Nach einer Weile wurde es still und er hörte wie jemand Bier in ein Glas füllte. Ungläubig blickte er auf und sah wie sich der Dunkelelf erneut am Bierhahn betätigte. Seine Augen weiteten sich, denn auch der junge Halbelf und das kleine Mädchen saßen nach wie vor, mit Blick zur Tür, auf ihren Platz. Schließlich lugte er über seinen Tresen hinaus und sah wie das Mädchen mit dem grell-blonden Haar sich soeben des letzten Angreifers erledigt hatte. Nur der Anführer der Dämonenritter stand noch. Der konnte kaum glauben was soeben mit seinen Männern passiert war, während Sejya ihm frech entgegengriente. "Zisch ab oder du bist der nächste.", tönte sie ihm drohend entgegen. "Was? Das kann doch nicht ... wer ... seid ihr?", stotterte der Anführer zurück. "Wir sind von der Stadtreinigung und ihr seid der Abfall.", erwiderte Jáin schmunzelnd während er sich umdrehte und stellte sein Glas ab. Sekunden später ging auch der Anführer durch das Schwert des Drow zu Boden, wo er sich wie auch seine Kameraden auflöste. "Pah, das waren ja nur niedere Dämonenritter. Vor denen hattet ihr Angst? Sogar Kyren hätte die alleine geschafft.", rügte Sejya die anderen Anwesenden mit strengen Blick.

"Mag sein das ihr mit denen noch fertig geworden seid, aber dann geht doch mal zum anderen Ende der Stadt.", tönte es von einen der Gäste in ängstlicher Stimmlage.
 

Dort angekommen bot sich den Abenteurern ein wahrhaft erschreckender Anblick, denn vor den niedergerissenen Stadttoren von Nethjet ruhte eine ganze Armada von Dämonenrittern in Baracken und Lagern. "Das müssen Hunderte ... nein ... Tausende sein.", merkte Kyren geschockt an, die sich wie ihre Freunde hinter einem größeren Trümmer der einstigen Stadtmauer versteckt hielt.

"Tja, sieht so aus als ob dieser Nairdan recht hatte. Der Typ plant wirklich nichts gutes. Ich glaube nicht das die nur zur Dekoration der Landschaft dort sind.", ergänzte Jáin nüchtern. "Wie sollen wir denn zwischen all den Dämonenrittern Mogul finden?", fragte Sejya verärgert.

"Ich glaube das wird gar nicht nötig sein.", erwiderte Shane, dessen Blick sich nicht in Richtung des Lagers richtete. Verwundert drehte man sich um und entdeckte das Mogul ihnen die Suche bereits abgenommen hatte. Er war in Begleitung einiger seiner Untergebenen und sichtlich amüsiert die Abenteurer in Nethjet vorzufinden.

"Sieh an - wen haben wir denn da? Wie nett von euch das ihr euch nach Thay begeben habt.", rief er ihnen höhnisch entgegen, während er anmarschiert kam.

"Wie hat der uns hier gefunden?!", fragte sich Jáin, der sich ebenso Kampfbereit wie seine Kameraden machte. Mit einer einfachen Handbewegung Befahl Mogul seinen Männern den Angriff und es war klar das er keine Gefangenen machen wollte.

Sejya hatte es diesmal schwieriger, denn ihre Explosivgeschosse, wirkten nicht so wie erwartet. Stattdessen geriet sie in die Defensive, wenn gleich sie durch ihre Beweglichkeit nur wenig Mühe hatte den Attacken ihres Gegners zu entgehen.

Jáin bekam es gleich mit zwei von Moguls Dienern zu tun, der lediglich als Zuschauer fungierte. Beide waren würdige Gegner, kaum vergleichbar mit der Patrouille auf die man gestoßen war. Dennoch hielt er hartnäckig dagegen, so dass keine Seite einen Vorteil erringen konnte.

Shane erwies sich als härtester Gegner, denn kaum hatte er sein Schwert gezogen stürmte er wie im Kampfesrausch in Richtung Mogul. Gleich drei seiner Diener fielen der Klinge des Halbelfen im Sekundentakt zum Opfer, sehr zum erstaunen des dunklen Fürsten. Gerade noch rechtzeitig gelang es ihm sein Schwert zu ziehen um Shanes Angriff abzuwehren. Zähneknirschend hielt er dagegen, entschlossen den Sieg davon zu tragen und Mogul zu vernichten. "Genug jetzt, Mogul! Das hier muss ein Ende haben!", meinte er zähneknirschend.

Kyren versuchte sich mit Flammenpfeilen zu wehren, doch diese zeigten kaum Wirkung gegen ihre beiden Angreifer. Sie wurde immer panischer und versuchte sich mit ihren Mitteln zu wehren und obwohl sie es somit schaffte ihre Gegner zunächst auf Distanz zu halten, sollte es auf Dauer nicht helfen. Jeder Zauber kostete ihr mehr Kraft und mit jeden weiteren wurde sie um so schwächer.

Schließlich gab sie erschöpft auf und senkte schwer atmend ihr Arme ab. "Ich kann nicht mehr. Ich bauch ,ne Pause.", keuchte sie nach Luft schnappend und gab somit den beiden Dämonenrittern die Möglichkeit ihre Verteidigung zu durchbrechen. Sie wurde starr vor Angst, denn ihr war klar das sie ihnen nichts mehr entgegen zu setzen hatte.

Noch im selben Moment gelang es Shane Mogul durch einen überraschenden Tritt, zu Boden zu bringen. Trotz seiner schlechten Lage, lag ein verschlagener Blick in seinen Augen, denn er hatte erreicht was er erreichen wollte. "Das hast du gut gemacht,. Junge, aber du hättest besser auf deine kleine Freundin aufpassen sollen.", tönte er amüsiert unter seinen Helm hervor. Erst jetzt begriff Shane das der Kampf mit Mogul ihn nur ablenken sollte, damit dessen verbliebenen Diener Kyren unbehelligt attackieren konnten. Seine Augen weiteten sich als er sich in ihre Richtung umdrehte und er sah in welchen Schwierigkeiten sie steckte. "Kyren! Oh nein!", schrie er ängstlich und eilte ihr zu Hilfe.

Kyren sah sich mit der Schwertspitze eines ihrer Angreifer konfrontiert, aber auch wenn sie diesen Stich noch durch einen Sprung zur Seite ausweichen konnte, so stand schon der zweite Angreifer vor ihr, als sie aufsah, bereit sie mit seinen Schwert zu enthaupten. Er sollte sein Ziel nicht erreichen und verlor statt dessen seine Waffe aus seiner Hand als Shanes heranschießendes Schwert sich durch diese bohrte. Nur Wimpernschläge später kam der junge Halbelf persönlich nach und ergänzte seine Attacke mit einen Tritt gegen den Kopf des Dämonritters. Blitzschnell zog Shane sein Schwert aus dessen Hand heraus und enthauptete die Kreatur.

Es blieb kaum Zeit um ein mal durchzuatmen, da machte sich auch der andere Angreifer daran seine verpatzte Attacke gegen Kyren zu korrigieren. Wieder war es der junge Halbelf der rechtzeitig einschritt und ihn mit einer geschickten Körperdrehung sein Schwert in den Brustkorb rammte.

"Shane!", rief Kyren erleichtert, während sich ihre Augen freudig weiteten, doch ihre Freunde verblasste schnell als sie merkte das mit ihren Gefährten etwas nicht stimmte. Sein Gesicht war trotz erfolgreicher Attacke schmerzverzerrt, gerade zu verbissen. Schnell entdeckte die kleine Elfin das auch die Waffe des Dämonenritters sich durch Shanes untere rechte Körperhälfte gebohrt hatte. "Das war knapp, nicht wahr? Beinah wär' dir was passiert.", sagte er mit erschöpften Blick, bevor er entkräftet in die Knie ging. "Oh nein! Shane!", erwiderte sie aufgeregt und fing ihn ab. Wenn gleich sich die Waffe des Dämonenritters wie der Dämonenritter selbst auflöste, so blieb die Wunde zurück. Kyren stand die Angst in die Augen geschrieben, denn sie hatte ihre ganze magische Kraft darauf verwendet sich gegen die beiden Diener Moguls zu wehren, so dass sie ihn nun nicht mehr heilen konnte. Ihr Blick fiel auf Jáin, der vielleicht mit seinen Heiltränken helfen konnte, aber er war noch immer mit zwei Dämonenrittern von Mogul beschäftigt. Auch Sejya setzte sich immer noch mit Fußtritten und Schlägen zur Wehr, womit auch sie nicht in der Lage war in irgend einer Form zu helfen. Der einzige der nun noch lachen konnte war Mogul selbst.

Für ihn war es ein leichtes den jungen Halbelfen den Rest zu geben und so wie er sein Schwert schwang, sah es nicht so aus als ob er Gnade walten lassen wollte. "Tja, Pech gehabt, Junge. Du hast den Tod des Elfenmädchens nur hinausgezögert. Zeit zu sterben!", tönte er irre lachend hervor und stürmte auf seine beiden Opfer zu. Kyrens Augen weiteten sich ängstlich, denn die Situation war alles andere als berauschend. Sie konnte nicht viel mehr tun als ihre Augen zu schließen und zu beten. Selbst wenn sie dem Angriff noch entgehen konnte, so wollte sie ihren Gefährten nicht einfach so zurück lassen. Shane wollte etwas tun, doch der Schmerz saß noch zu tief als das er in der Lage war sich zu bewegen. Es war fast wie ein Wunder als Moguls Schwert kurz vor dem auftreffen plötzlich durch einen Kampfbummerrang in zwei Hälften zerbrach.

"Was?!", gab der dunkle Fürst staunend von sich und richtete seinen Blick in die Flugrichtung des Bummerrangs, der schließlich von einem Mädchen auf einen Dach empfangen wurde. Nicht nur er war überrascht wen er dort sah, denn auch Shane und Kyren konnten kaum glauben das sie von dem maskierten Mädchen gerettet wurden das sie unter den Namen Faye kannten.

Obwohl Shane nur noch etwas verschwommen sah, merkte er das etwas anders war als sonst. Faye hielt ihre Maske mit einer Hand fest, während sie mit der anderen den Bummerrang gefangen hatte. Mit strafenden Blick sah sie auf das Geschehen hinab, fast so als ob Mogul es nicht wagen sollte auch nur einen Schritt weiter zu gehen. "Was?! Wie kannst du es wagen, Gör'!?", schrie dieser empört, sichtlich verstimmt über die Aktion des Mädchens. Die brenzlige Situation schien vorerst entschärft als Faye elegant vom Dach sprang und sie sich ihm entgegen stellte. Sie hielt noch einige weitere Überraschungen bereit als sich auf Shanes Seite zu stellen. Lässig steckte sie ihren Bummerrang weg und griff auf eine ausfahrbare Stabwaffe zurück, die sie unter ihrer Weste mit sich trug.

Nur langsam begann Mogul zu realisieren wen er da vor sich hatte. "Moment! Ich kenne dich doch ... du bist ...", stotterte er aufgebracht, bevor sie ihn nickend unterbrach. "Ganz genau.", tönte es unter ihrer Maske hervor, bevor sie zum Angriff übersetzte. Der Dämonenritter hatte ohne seine Waffe keine Chance gegen das flinke Mädchen das ihm mit einer Hand, in der sie die Stabwaffe hielt, außer Gefecht setzte.

"Nein! Das kannst du nicht tun!", schrie er wütend, bevor sie ihm das Herz durchbohrte. "Richte ihm aus ... das es vorbei ist.", entgegnete sie ihm mit finsteren Blick, während er sich fassungslos die Wunde hielt. "Du ... Miststück ... das wirst du bereuen! Das Elfenmädchen muss sterben, versteh das doch!", erwiderte er ihr hasserfüllt, bevor er sich auflöste.

Als seine Diener bemerkten das ihr Herr für dieses mal geschlagen war, zogen sie sich zurück, womit Sejya und Jáin ihre Kampfhandlungen einstellen konnten. Shane wusste nicht was ihn nun erwarten würde, denn in dieser Lage war er leichte Beute für Faye. Als sie sich ihm näherte spürte er jedoch das kein böses Handeln in ihrer Aktion lag. Ihre Augen waren nicht wie sonst leer und kalt, sondern voller Emotionen, voller Reue. Als sie vor ihm stand und auf das ängstliche Elfenmädchen herabsah, das ihn ein wenig aufrecht hielt, zweifelte sie ob er die folgenden Worte überhaupt hören wollte. "Du bist mein Bruder, nicht wahr?", sagte sie schließlich und ließ ihre Maske fallen. Kyrens Augen weiteten sich, während Shanes Mimik total erstarrte. Er wusste nicht mehr ob ihm seine Augen einen Streich spielten oder ob er dem Jenseits nah war, denn das was er sah war völlig unmöglich. "Al ... Alexandra ...", erwiderte er mit schwacher Stimme und versuchte nach ihr zu greifen. Er war ihr so nah, doch das viele Blut, was er verloren hatte, ließ ihn im entscheidenden Augenblick in Ohnmacht fallen.

Alle Aufmerksamkeit war allein auf Faye gerichtet, denn während Jáin und Sejya nicht ganz verstanden wen sie dort sahen, glaubte Kyren einen Geist vor sich zu sehen. "Wir sollten machen das wir hier weg kommen. Mogul kann hier in Thay sehr schnell wieder von selbst auferstehen, wie ihr vielleicht wisst. Kommt, ich bringe euch an einen Ort an dem ihr erst einmal sicher sein solltet.", meinte sie und reichte Kyren ihre Hand.
 

Obwohl es zumindest Jáin und Sejya schwer fiel jemanden zu vertrauen der sie angegriffen hatte, so folgte man ihr schließlich in ein abgelegenes Waldgebiet. Dort wo die Natur noch unberührt und friedlich war, konnte man sich gut vor den Armeen Moguls verstecken.

Man hatte eine Stelle des Waldes gewählt die recht dicht bewachsen war und die in der Nähe eines kleinen Baches lag. Gleichzeitig hatte man auf Grund der hohen Lage ihres Lagers eine gute Aussicht auf die Grenzen des Waldes, so dass man es rechtzeitig sehen würde, wenn Dämonenritter kommen sollten.

Shane war noch immer bewusstlos als er von seinen dunkelhäutigen Gefährten abgelegt wurde. Selbst Sejya wirkte etwas über den Zustand ihres Gefährten besorgt. "Wird er wieder gesund?", fragte sie recht nüchtern. "Ich denke schon - die Wunde ist gut versorgt - aber leider ist er noch bewusstlos. In diesen Zustand kann er keinen Heiltrank zu sich nehmen. Wir müssen warten bis er wieder zu sich kommt.", erwiderte er mit Blick auf den Verband den man ihn um den Bauch gewickelt hatte.

"Wir sollten darauf achten sein Fieber zu senken. Er wird sicher bald wieder zu sich kommen.", merkte Alexandra mit Blick auf das Wasser des nahgelegenen Baches an. "Solange ... heißt es warten.", ergänzte Jáin leicht betrübt.
 

Alexandra fiel auf wie still Kyren war seit sie sich zu erkennen gegeben hatte. Der Blick des Elfenmädchens verharrte eine Zeit lang auf Shane, bevor sie um so nachdenklicher zu ihr herüber sah. Ihr wurde klar was ihren Gefährten seit dem Abend im Elfendorf bedrückte, warum er sich immer seltsamer nach Fayes Angriffen benommen hatte. Er musste realisiert haben das, abgesehen von ihr selbst, nur seine Schwester wissen konnte was seine Schwachstelle war. Sie fragte sich ob er es womöglich schon länger geahnt hatte und wie lang er sich wohl mit der Frage nach dem 'Warum' gequält hatte. Schließlich war sie seine einzige Schwester, die ihm so viel bedeutete wie niemand anders. Selbst ohne des Einflusses seines Bhaalblutes fühlte er sich immer eng mit ihr verbunden und doch hatte sie ihm nach dem Leben getrachtet. Noch hatte sich Alexandra nicht erklärt, aber auch das durfte nur noch eine Frage der Zeit sein.

Kyren bemerkte das die Alexandra, die vor ihr saß, nicht mehr die war die sie kannte. Seit ihren vermeintlichen Tod war nur etwas mehr als ein Jahr vergangen und doch wirkte das damals 12-jährige Mädchen nun genauso alt wie Shane, sowohl körperlich als auch geistig. Es gab noch viele Fragen die es zu beantworten galt, aber in diesen Minuten war ihr Shanes Wohl wichtiger.
 

Fleißig holte das Elfenmädchen fortan immer neue kalte Umschläge für seine fiebrige Stirn vom Bach, bis er schließlich nach einigen Stunden Pflege erwachte. "Shane ist wach!", rief Kyren aufgeregt.

Obwohl er kaum in der Lage war seine Augen zu öffnen verabreichte ihm Jáin einen starken Heiltrank. "Hier trink das, Junge.", meinte er und hob seinen Kopf etwas an. Es dauerte einen Moment lang bis es Wirkung fand und die Wunde heilte. Nur langsam realisierte Shane was geschehen war. Es war nicht wirklich überraschend das seine Augen nach Alexandra suchten um sich zu vergewissern das alles real gewesen war, was er erlebt hatte. Er fand sie direkt neben ihn kniend, was seinen Blick förmlich erstarren ließ.

"Alexandra ...", sagte er mit leiser Stimme und richtete sich auf. Obwohl er sie vor sich sah, konnte er nicht glauben was er erblickte. Für einen Augenblick glaubte er sich in einem Traum, denn noch zu gut erinnerte er sich daran wie die Dämonin Bell ihm ihre blutige und zerrissene Kleidung vor die Füße geworfen hatte. Für diesen Moment interessierten ihn die Hintergründe ihres Daseins jedoch nicht länger. Stattdessen schloss er sie überglücklich in eine Umarmung, die sie, wenn auch zögerlich, im gleichen Maß erwiderte. "Alexandra? Bist du es wirklich? Wie ist das möglich?", fragte er aufgeregt drauf los, aber sie schwieg zunächst und wendete sich leicht ab. Sie wirkte als ob sie etwas bedrückte, gerade so als ob sie nicht wusste wie sie ihre Gedanken in Worte fassen konnte.

Gerade als sie etwas sagen wollte, begriff Shane das etwas nicht stimmte. "Du ... hast dich verändert.", meinte er mit Blick auf ihre körperlichen Reize, die mit der einer 12-jähirgen nichts mehr gemeinsam hatten. Sie nickte und senkte zugleich ihren Kopf in Trauer, nicht wissend wie sie ihre Existenz am besten erklären sollte. Es dauerte einen Moment bis sie sich endlich in Worte fassen konnte.

"Shane ... das ist doch dein Name, nicht wahr?", fragte sie zögerlich, sehr zur Verwunderung seiner Gefährten. "Alexandra ...?", gab ihr Bruder verwirrt zurück und nahm ihre Hand in die seine, worauf sie ihm traurig entgegen blickte. "Ich ... ich kann mich nicht erinnern wer du bist. Ich weiß wer du bist ... du bist mein Bruder ... aber ich habe kaum eine Erinnerung daran. Ich weiß nicht wer unsere Eltern sind ... wer ich bin ... all diese Dinge ... mein Kopf ist so leer.", erzählte sie mit leiser Stimme. "Du erinnerst dich nicht?", fragte Shane erstaunt. "Meister Diron ... ich meine ... Diron sagte mir das er meine Erinnerung nicht vollständig wieder her stellen konnte. Es gab Komplikationen bei der Wiederherstellung meines Körpers. Ich bin gealtert ...", erklärte sie mit Blick in den Wald. "Diron? Komplikationen? Was hat er mit dir gemacht?!", entgegnete er ihr aufgebracht.

"Obwohl ich mich nicht daran erinnern kann ... bin ich wohl schon vor einiger Zeit gestorben, nicht wahr? Ein Dämon hat mich getötet, hat mir Diron erzählt. Ich weiß nicht wieso und warum ich wieder lebe ... leben soll. Er sagte etwas von einer zweiten Chance. Er sprach von einer Gefälligkeit, aber er hat nie viel über meine Vergangenheit erzählt. Ein paar meiner Erinnerungen sind geblieben ... andere sind nach einiger Zeit zurück gekehrt. Ich hätte dir bestimmt nie weh tun wollen, wenn ich gewusst hätte wer du bist und was ich da tue.", fuhr sie mit nachdenklicher Stimme fort, sichtlich von Schuldgefühlen und Reue geplagt. "Ja ... aber ... wie hat er das gemacht? Du wurdest von einen Dämon getötet - deine Seele war verloren! Und warum wollte er das du mich tötest?", fragte ihr Bruder verwirrt nach.

"Er sagte ich sei ein Experiment ... genauso wie dieser Drow ... dieser Leath. Ich habe einmal in Dirons Unterlagen gelesen. Er scheint besessen davon tote Körper wiederherzustellen und er hat wohl eine Möglichkeit gefunden einen Körper so weit zu regenerieren und revitalisieren das er die einstige Seele, egal wo sie ist, förmlich zu sich zieht, ja sogar wiederherstellt. Als ich erwachte und nicht wusste wer ich war, war ich bereit ihm zu dienen - ihm der mir das Leben gab. Er sagte ich müsse die Bedrohung, die von dir ausgeht vernichten. Ich tat es zunächst aus Dankbarkeit und weil er mir sagte das es meine Bestimmung sei dies zu tun. Aber mit der Zeit bekam ich Zweifel, denn ich fühlte nicht den Drang zu töten wie er mir prophezeite. Er unterzog mich einer Gehirnwäsche ... denke ich. Trotzdem habe ich immer gespürt das du etwas besonderes sein musst.", erzählte sie, worauf Shane die Worte fehlten. "Das würde wohl auch erklären warum er wollte das ich dich töte. Diron scheint dich irgendwie als Bedrohung zu sehen.", ergänzte Sejya.

Jáin hingegen war ganz aufgelöst als er hörte das sein Vater ebenso wiederbelebt wurde wie sie. "Das heißt mein Vater wurde auch von Diron wieder zum Leben erweckt? Vielleicht wurde er ja auch manipuliert!", meinte er mit hoffnungsvoller Stimme.

Für Shane war es hart das seine Schwester ihre Identität verloren hatte, aber dennoch war er froh das sie noch lebte. Er spürte ein tiefes Gefühl von Befriedigung, ein Gefühl das ihm seit Beginn seiner Reise fehlte. Nun wurde ihm klar das Alexandra es war, was er in Thay finden wollte. Sen, so war sich sicher, musste von Dirons Experimenten gewusst haben. Deshalb verspürte er den Drang nach Thay zu reisen - ein Drang der nun, wo sie gefunden war, endlich Ruhe fand.

"Für mich ist es egal ob du dich an deine Vergangenheit erinnern kannst. Wer du bist ist was zählt. Du bist meine Schwester, Alexandra und daran wird sich nie etwas ändern.", meinte er schließlich und schenkte ihr ein sanftes Lächeln. "Danke ... danke das du mir verzeihst ... danke das du so lieb zu mir bist.", erwiderte sie glücklich, befreit von all ihren Schuldgefühlen und umarmte ihren Bruder.

Das Szenario war rührend und auch wenn es Kyren freute das er seine Schwester endlich wieder hatte, so fühlte sie sich dennoch irgendwie unglücklich als sie die beiden so wiedervereint sah.

Den Rest des Tages verbrachte Shane damit seiner Schwester alles zu erzählen was er von ihr wusste und was er erlebt hatte, in der Hoffnung noch ein paar Erinnerungen aufzuwühlen. Er wirkte so ausgelassen wie schon lange nicht mehr, fast so als hätte er seinen inneren Frieden gefunden. Es half Alexandra als er über ihre Vergangenheit sprach, denn so kamen einige ihrer Erinnerungen zurück. Einen Moment lang fühlte sie sich noch verlegen als er näher zu ihr rückte und seinen Arm um ihre Schulter legte, doch schließlich stellte sich ein Gefühl von familiärer Geborgenheit ein.
 

Es war bereits spät Abends als Alexandra sich vom Lagerfeuer entfernte und sich zu Kyren gesellte, die sich Abseits am Bach niedergelassen hatte, von wo sie in die Sterne starrte. Obwohl sie sich schon früh aus der Runde entfernt hatte, schien es niemand gemerkt zu haben. Shane hatte so viel zu erzählen das es gar nicht auffiel das man nicht mehr vollzählig war.

"Was ist los, Kyren? Was machst du denn hier ... so ganz allein?", fragte Alexandra leicht besorgt und machte somit auf sich aufmerksam. Kyren erschrak etwas, wendete sich aber schließlich wieder zum Bach ab, worauf sich das Halbelfenmädchen neben sie setzte.

Eine Zeit lang herrschte bedenkliche Stille zwischen den beiden, während man zum Sternenhimmel aufsah. "Die Sterne sind wunderschön", sagte Alexandra nach einer Weile, doch Kyren ließ ihre Aussage unkommentiert. Ihre Mimik war so voller Kummer und egal wie sehr sie versuchte dies zu verstecken, man merkte es ihr an. Alexandra begann zu verstehen und schmunzelte vergnügt. "Du hast meinen Bruder wirklich sehr gern, nicht wahr?", fragte sie mit erheiterten Blick, obwohl sie schon ahnte welche Antwort sie erwarten würde. Ihre Worte zeigten Wirkung, denn daraufhin drehte sich Kyren ihr zu und lief verdächtig rot an. "W-was?!", stotterte sie nervös zurück. Alexandra begann ein wenig hinter vor gehaltener Hand zu kichern, denn die Reaktion des Elfenmädchens war einfach zu niedlich anzusehen. "Du bist süß, Kyren.", erwiderte sie lächelnd, was die junge Elfe nur noch mehr in Verlegenheit brachte. Ihre Augen weiteten sich, ihr Herz raste und sie war inzwischen so tomatenrot im Gesicht das sie die Nacht mit ihren Kopf erhellen konnte. "Weißt du, ich glaube mein Bruder mag dich auch sehr gern.", fuhr Shanes Schwester fort. "Awww, hör auf! Ich weiß das du ihm mehr bedeutest als alles andere auf dieser Welt!", entgegnete sie ihr lautstark und ließ somit ihre Röte etwas abklimmen.

Für einen Moment kehrte Schweigen zwischen den beiden ein, doch schließlich erhob Alexandra das Wort. "Du darfst meinen Bruder nicht böse sein. Glaub mir, er hatte es nicht leicht. In seiner Kindheit hatte er niemand anders als mich. Die meisten anderen Kinder hänselten und mieden ihn wegen seiner Abstammung. Er war ganz allein. Nur ich mochte ihn so wie er war. Es war nicht seine Schuld das er tiefere Gefühle für mich entwickelte. Als er älter wurde und dem stärker werdenden Einfluss des Bhaalblutes erlag, verlor er die Kontrolle über seine Gefühle ... aber selbst dann mochte ich ihn noch immer so sehr wie eine Schwester ihren Bruder nur mögen kann.", erzählte sie mit Blick auf den Bach. "Du erinnerst dich scheinbar wieder ...", stellte Kyren nach einem kurzen Seufzer fest. "Ja, ein wenig. Es ist fast so als ob die Nähe zu meinen Bruder mir all meine Erinnerungen wieder gibt.", antwortete sie glücklich.

Kyren erschrak ein wenig als sich Alexandra auf einmal hinter sie setzte, ihre Augen schloss und sie ganz fest an sich drückte. "Ich spüre es. Dein Herz schlägt ganz aufgeregt wenn du an ihn denkst. Vertrau diesem Gefühl, Kyren.", meinte sie mit sanfter Stimme, was Kyren vor Verlegenheit wieder etwas Röte in die Wangen trieb. Es war seltsam, denn auch wenn es merkwürdig war die Hand eines anderen Mädchens an ihrer Brust zu spüren, so reichte es aus damit ihre Gedanken nur noch mehr um Shane kreisten. Kyren begriff langsam was ihr Herz und ihr Gemüt bedrückte. Sie war verliebt und der Junge für den ihr Herz schlug war Shane.

"Weißt du, ich habe auch ein Geheimnis.", meinte Alexandra mit betrübter Stimme. "Ja?", wunderte sich Kyren. "Ich vertraue es dir an, denn er wird dich brauchen, wenn es soweit ist.", erwiderte sie. "Was meinst du?", fragte die kleine Elfe verwirrt, worauf Shanes Schwester von ihr abließ und aufstand. "Obwohl ich nun lebe bezeichnete Diron seine beiden Experimente als gescheitert. Kyren, meine Lebensdauer ist begrenzt, meine Lebensenergien werden in drei ... maximal vier Jahren vollständig erloschen sein. Ich werde mit jeden Tag schwächer werden und schließlich ... sterben.", erzählte sie und ging etwas auf Abstand. Kyrens Augen weiteten sich vor Schock, nicht nur weil es ihr Leid um Alexandra tat, sondern weil sie wusste das es Shane wohl das Herz zerreißen würde dies zu erfahren. "Aber ... gibt es denn nichts was dir helfen könnte?", fragte sie besorgt. "Nein. Wenn es eines Tages so weit ist, dann musst du da sein um ihn zu trösten, ja?", meinte sie. "Aber ...", wollte die kleine Elfin widersprechen, doch da legte sie ihr einen Zeigefinger senkrecht auf die Lippen. "Versprich es mir und versprich mir das du es für dich behältst.", sagte sie mit ruhigen Ton. Betrübt drehte sie ihren Kopf ein wenig zur Seite, aber auch wenn es ihr Gewissen belasten würde, sie wollte den Wunsch Alexandras nicht verwehren.
 

Am nächsten Morgen machte man sich daran den Wald zu verlassen und weiter in Richtung Amruthar zu ziehen, der letzten Stadt vor Tyraturos. Shane war gerade beim zusammenpacken des Lagers als Jáin sich auf einmal vor ihn stellte und ihm ein golden glänzendes Schwert entgegen hielt. "Das Ziel ist Tyraturos. Dort soll mein Vater sein, dorthin sollen wir laut Nairdan gehen, denn dort werden wir auch Mogul finden.", meinte er mit ernsten Blick. "Das Phönixschwert?", gab der junge Halbelf erstaunt von sich und nahm es an sich. "Das ist die einzige Möglichkeit dem ein Ende zu bereiten, ich hoffe du weißt das.", fügte sein Gefährte an. Er ahnte das Shane, nachdem er seine Schwester nun gefunden hatte, womöglich nicht weiter gehen wollte und einen Moment lang schien es so als ob er zweifelte. Nachdenklich blickte er auf die Klinge des Schwertes, bevor sich seine unsichere Miene ins Gegenteil verkehrte. "Du hast recht. Mogul darf das Buch der Riten nicht finden, sonst ist nicht nur Thay verloren.", erwiderte er gestärkt, bereit den letzten Teil der Reise anzutreten. Fortan war es das Phönixschwert das er in seiner Halterung am Rücken tragen würde, während er das Schwert das ihm sein Vater überlassen hatte einen Platz an seinen Gürtel bekam. Betrübt sah er zu Alexandra herüber, denn er wusste was er zu tun hatte.

Ihr Gesicht zierte ein fragender Blick als er vor ihr stand und ihr eine Schriftrolle entgegen hielt. Sein Haupt war nach unten gesenkt, damit sie seine Trauer nicht sehen konnte und doch ahnte sie das etwas nicht stimmte. "Hier Alexandra. Nimm das. Es ist ein spezieller Teleportationszauber den mir unsere Mutter in Starmantle gab, für den Fall das ich nach Hause zurückkehren wollte. Du musst gehen ... ich weiß nicht was uns noch erwartet ... ich will einfach nicht das dir noch einmal etwas passiert. Mutter und Vater wollen dich bestimmt wieder sehen. Du solltest ihnen alles erzählen.", meinte er mit gebrochener Stimme. Einen Moment zögerte sie noch, bevor sie ihm verständnisvoll entgegen sah. "Danke Shane.", sagte sie und nahm die Schriftrolle an sich.

"Wir ... werden uns ja sicher bald wieder sehen, wenn das alles hier vorbei ist.", ergänzte ihr Bruder mit erzwungenen Lächeln. Alexandras Mimik trübte sich und auch wenn sie einen weiteren Satz begann, so brachte sie es nicht übers Herz ihm vom Makel zu erzählen, der auf ihr und Leath lag. Verbittert griff sie noch etwas fester um die Schriftrolle, denn mit dieser Sorge wollte sie ihn nicht belasten.

Schließlich verschwand Alexandra durch das herbeigerufene Portal in Richtung Heimat und Shane war nun entschlossener denn je die Sache zu Ende zu bringen um bald wieder bei seiner Familie sein zu können. Kyren sah dem ganzen jedoch eher besorgt entgegen, fast so als fühlte sie, was in ihm vorging.
 

Im Laufe des Tages erreichten die vier Abenteurer ein verlassenes Dorf, gerade noch rechtzeitig genug um dort Unterschlupf vor den aufziehenden Regenwolken zu suchen. "Wir sollten dort Schutz suchen wenn wir uns nicht erkälten wollen.", schlug Shane vor und deutete in Richtung der Geisterstadt.

Viele der Gebäude waren teils oder völlig zerstört, überall waren noch Spuren der Panik und Gewalt zu sehen, die über das Dorf hineingebrochen waren. Unter dem Vordach einer verlassenen Hütte fand man schließlich Schutz vor den einbrechenden Regen. Es blieb ihnen fortan nicht viel anderes übrig als da zu sitzen und zu warten bis der Regen aufhörte.

Kyren zuckte ängstlich zusammen als auch noch starker Donner zum Regen hinzu kamen. "Hab keine Angst. Das ist doch nur Donner, der tut dir nichts.", tröstete sie Shane, mit einen aufmunternden Lächeln. Bald gingen auch die ersten Blitze nieder und wieder erschrak die kleine Elfe. "Oh, ich mag das gar nicht wenn's so laut und so grell ist!", jammerte sie und legte sich die Hände schützend über den Kopf. Als kurz darauf ein weiterer Blitz in ihrer Nähe einschlug, erschrak jedoch nicht nur sie, sondern auch ihr dunkelhäutiger Gefährte.

"Was ist los, Jáin? Sag bloß du hast auch vor ein paar Blitzen Angst.", stichelte Sejya mit entsprechender Geste. Erst als sie sah das Jáins Blick völlig erstarrt war, merkte sie das etwas anderes sein Interesse geweckt hatte.

Ein weiterer Blitz ging in der Ferne nieder und erhellte eine Gestalt, die soeben das Dorf betreten hatte. "Da ist Leath!", schrie die einstige Kopfgeldjägerin schockiert und sprang auf.

Dennoch war es Jáin der sich seinen Vater in vorderster Reihe entgegen stellte, während sich seine Gefährten im Hintergrund hielten. Leaths Mimik war finsterer denn je und als seine Hand zum Schwert ging, war klar das er nicht gekommen war um zu reden. Der Regen prasselte auf seine Rüstung und die Dunkelheit am Himmel unterstützte die Bedrohung, die von ihm ausging, zusätzlich. "Du kannst davon laufen, Jáin, aber dich nicht verstecken. Ich werde dich überall finden.", meinte er und schritt mit gezogener Waffe voran. "Warte Vater! Du musst das nicht tun! Ich bin mir sicher ... du wurdest einer Gehirnwäsche unterzogen ... genau wie Faye!", entgegnete ihm Jáin in mahnender Haltung. "Pah, sieh den Realitäten ins Auge, Junge. Auch wenn ich auf die gleiche Weise ins Leben zurück gebracht wurde wie die Verräterin, einer Gehirnwäsche hat mich niemand unterzogen. Im Gegensatz zu Faye unterstehe ich nicht Diron sondern Mogul und sein Befehl ist eindeutig. Ihr müsst alle beseitigt werden, vor allen das Elfenmädchen! Erwarte nicht das ich dich verschonen würde nur weil du mein Sohn bist. Du bist genauso ein Verräter wie diese Faye. Du reist mit dem Feind, mit einer Hochelfe. Allein dieser Frevel gegenüber unseren Volk wäre mir Grund genug deine unreine Existenz zu beenden!", erwiderte er und es deutete nichts darauf hin was die Ernsthaftigkeit seiner Worte bezweifeln würde. "Und was ist mit Mutter?! Sie war auch keine Dunkelelfe und dennoch hast du sie geliebt. Wie kannst du da von Verrat sprechen?", gab Jáin zurück, worauf sein Vater einen Augenblick lang inne hielt. Für seinen Sohn war es wie ein Zeichen, fast so als gab man ihm eine letzte Gelegenheit ihn zu bekehren.

"Die Hochelfen sind nicht unser Feind! Unsere Rasse kann nicht immer jemand anders die Schuld für ihre Probleme geben!", fuhr der junge Halbdrow energisch fort.

Zum ersten mal begann Leath zu zweifeln, wohl auch da er nicht wusste ob es das Regenwasser war das an Jáins Wangen hinablief. Bilder aus früherer Zeit durchströmten sein inneres Auge, Bilder die ihm glücklich mit seiner Familie zeigten. Für einen Moment fragte er sich ob sein Weg richtig war, doch als er sich erinnerte wie ein Hochelf seiner Frau die Kehle durchschnitt, verblassten diese Gedanken.

"Diese feigen Hochelfen haben uns angegriffen, sie haben uns angegriffen weil wir beide Dunkelelfen sind, und sie haben nicht davor zurückgeschreckt eine wehrlose Goldelfenfrau - deine Mutter - zu töten. Wie kann ich dieser Rasse jemals verzeihen?! Nein, mein Vater ... mein Volk hatte recht, es hatte immer Recht! Die Hochelfen sind auch nicht besser als wir. Sie sind Mörder und Feiglinge. Sie haben keine Ehre ... keinen Stolz. Sie werden für ihre Taten zahlen und mit dieser Göre fange ich an!", antwortete er schließlich mit Blick auf Kyren und legte seine Hand noch etwas enger um seinen Schwertgriff.

"Vater! Nein!", schrie Jáin erbost und stellte sich ihm entgegen. "Du folgst meinen Idealen nicht und wer nicht auf meiner Seite steht ist gegen mich! Es wird Zeit das ich den Makel, der mein Leben befleckt, entferne.", gab Leath kühl zurück und ging zum Angriff über.

Als ein weiterer Blitz in der Ferne nieder ging, kreuzten sich die Klingen der beiden Dunkelelfen. Für beide war klar, dass es heute eine Entscheidung geben musste.

"Jáin!", rief Sejya aufgeregt und wollte ihren Gefährten schon zu Hilfe eilen, da hielt sie Shane zurück. "Warte! Du kannst da nicht dazwischen gehen!", mahnte er sie mit entsprechender Geste. Es war ein Duell der Ehre und keiner der beiden Seiten wollte die Hilfe eines anderen. Sie kämpfen ohne Gnade und ohne Rücksicht. Keiner von ihnen konnte sich einen Vorteil schaffen.

Jáins Gefährten waren dazu verdammt zuzusehen und alles was sie tun konnten war ihren Mitstreiter die Daumen zu drücken. Jáin schlug sich besser als sonst, doch schließlich durchbrach Leath seine Verteidigung als er in der aufgeweichten Erde wegrutschte und nach hinten zu Boden fiel. Er sollte keine Chance haben sich wieder aufzurichten, denn gleich darauf sah er sich mit der Klinge seines Vaters konfrontiert. Selbst im Angesicht des Todes blieb Jáin jedoch gelassen, während seine Gefährten aufgeregt seinen Namen riefen.

"Du bist noch immer ein ausgezeichneter Schwertkämpfer, Vater. Warum setzt du dein Talent nicht für das Gute ein?", entgegnete Jáin seinem Vater mit einem frechen Schmunzeln. "Das Gute? Das ist doch nur eine Frage der Perspektive!", gab dieser wütend zurück, wenn gleich es seine Tat hinauszögerte ihm den Gnadenstoß zu versetzen. "Und wie denkst du über Moguls Ziele?", fragte Jáin und sah ihm tief in die Augen. Eine Antwort blieb er ihm schuldig, so dass er weiter nachhakte. "Egal wo er auftaucht - er hinterlässt nur Elend und Verderben. Ist er damit etwa besser als die von dir so verachteten Hochelfen?", ergänzte er und ließ Leath somit erneut zweifeln. Der Moment der Unsicherheit reichte aus damit Sejya die Lage zu Gunsten ihres Gefährten entschärfen konnte. Noch in seine Überlegung vertieft bemerkte er erst spät wie sie ihn mit einen Stein bewarf. Auch wenn es ihm letztlich gelang das Geschoss mit seinen Schwert abzuwehren, so gab es Jáin genug Zeit sich auf Sicherheitsabstand zu bringen.

"Genug mit diesen Spielchen! Es wird Zeit der Sache ein Ende zu bereiten!", fauchte Leath erbost, worauf sich per Fingerschnipp duzende von Dämonenrittern herbei teleportierten. Es dauerte nur Sekunden und Shane und die anderen sahen sich von den Kriegern Moguls umzingelt. "Los Männer, schnappt sie! Aber das freche Menschenmädchen und der Drow gehören mir!", befahl er mit strengen Blick.

Shane wollte schon sein Schwert ziehen und kämpfen, sah sich der Übermacht jedoch nicht gewachsen. "Shane! Was machen wir nun? Ich habe Angst!", rief Kyren eingeschüchtert, was Angesichts der Anzahl ihrer Gegner auch nicht weiter verwunderlich war. Jáin und Sejya hingegen wussten gar nicht recht wie ihnen geschah, denn die Dämonenritter ignorierten sie förmlich.

"Mist! Vielleicht hätten wir Leath auch mit einen Stein bewerfen sollen.", scherzte der junge Halbelf, während seine linke Augenbraue angespannt nach oben zuckte. Es blieb ihm kaum eine andere Wahl als den Durchbruch zu versuchen und die Flucht zu ergreifen. "Kyren, gib mir deine Hand!", rief er ihr zu und zog sein Schwert hervor. Sie zögerte nicht seine Bitte zu erfüllen, denn wenn sie jemand retten konnte, dann war er es. Es glich einen Himmelfahrtskommando, doch Shane gelang es sich den Weg frei zu schlagen. Zusammen liefen sie tiefer in das verlassene Dorf um ihre Verfolger dort abschütteln zu können. Die Soldaten Moguls waren auf Grund ihrer schweren Rüstungen nicht schnell genug um ihnen zu folgen.
 

Moguls Truppen hatten so schon bald ihre Spur verloren und begannen die Häuser des Dorfes zu durchsuchen. Eine Patrouille durchkämmte eine altes Edelhaus in der sie die beiden vermutete, fand aber zunächst nichts vor. Sämtliche Möbel und Versteckmöglichkeiten waren zerstört oder unbrauchbar. Dennoch durchsuchten sie jedes Zimmer und jedes zerbrochene Möbelstück. Sie ahnten nicht das Kyren und Shane sich im Kamin versteckt hielten. Es war ihr nicht wirklich angenehm gewesen in den verdreckten Kamin zu steigen, aber Mangels Alternativen hatte sie kaum eine andere Wahl gehabt. Sie war so hoch geklettert wie sie konnte und blieb dort mit Rücken und Beinen in stemmender Haltung verharrend. Shane war in ähnlicher Haltung wenige Meter unter ihr. Die Minuten vergingen und ihnen blieb nur zu hoffen das man sie nicht finden würde.

Mit der Zeit bekam Kyren jedoch immer mehr Probleme sich zu halten. Ihre Kleidung war vom Regen durchnässt, ebenso wie ihre Schuhe, so dass sie immer mehr an Halt verlor und langsam nach unten rutschte. Sie versuchte sich dagegen zu stemmen, doch das Regenwasser das in den Schornstein regnete machte es ihr nicht gerade leichter. Schließlich verloren ihr Füße den Halt und sie glitt nach unten ab. Shane hatte nicht gemerkt das seine Gefährtin Probleme hatte und wirkte sichtlich überrascht als diese plötzlich auf ihn hinabrutschte. Zähneknirschend bohrte er seine Finger in die Ritzen der Kaminsteine und stemmte sich mit aller Macht den drohenden Absturz entgegen. Obwohl es ihm gelang sich und seine Gefährtin zu halten, schien es nur noch eine Frage der Zeit bis ihm das Gewicht und seine nasse Kleidung zum Verhängnis werden würde.

Ganz unbewusst hatte Kyren ihn in eine recht peinliche Lage gebracht, die mehr und mehr an seinen Kräften zerrte. "Ahr ... nimm deinen Hintern aus meinem Gesicht!", ächzte er leise unter größter Kraftanstrengung hervor. Die kleine Elfe errötete Zusehens, angesichts der Situation, die ihr mindestens doppelt so peinlich war wie Shane selbst. Sie wusste nicht ob sie vor Scham oder vor Angst aufschreien sollte, doch schließlich merkte sie das es an ihr lag diese Lage zu entschärfen. Mit Shane als Stütze gelang es ihr nach einigen Versuchen, sich wieder etwas höher positioniert im Kamin zu halten.

Ein paar Augenblicke später entdeckte einer der Dämonenritter ein offenes Fenster im Schlafzimmer des Hauses und alarmierte seine Gefährten das die Gesuchten wohl ausgebrochen wären. Kurz darauf verließen sie das Haus und suchten sie draußen weiter.

Für Shane und Kyren war dies die Gelegenheit ihr Versteck zu verlassen und aus den Dorf zu flüchten. Beide waren ziemlich verdreckt als man unten aus dem Kamin kroch, doch da es draußen immer noch regnete würde sich das Problem ohnehin lösen sobald man im Freien war.

Kyren bestaunte wieder einmal ihre Kleidung die zwar nass, aber noch immer absolut sauber war. Viel mehr wunderte sie jedoch das Shane, der gerade prüfte ob die Luft draußen rein war, etwas Nasenbluten hatte. "Hey? Was ist mit deiner Nase?", fragte sie mit naiven Blick und deutete darauf. Shane errötete etwas und wischte sich das Blut einfach weg. "Ach ... eh ... nicht so wichtig. Komm jetzt.", erwiderte er leicht schwitzend, worauf man die Flucht im Laufschritt fortsetzte.
 

Bis zum Dorfende war es nicht mehr weit und Shane machte sich Sorgen ob man verfolgt werden würde, so dass sein Blick, ebenso wie der von Kyren, nach hinten gerichtet war. Schon bald sollte er es bereuen das Versteck verlassen zu haben, denn ihre Flucht endete nach wenigen hundert Metern als er in einen Fußtritt rannte. Der Tritt traf ihm am Bauch und war so heftig das der junge Halbelf Kyren im Flug mit sich riss. Beide landeten etliche Meter entfernt im Matsch und selbst da rutschten sie in der aufgeweichten Erde noch etwas nach hinten.

Shane hielt sich den Bauch mit zerknirschten Gesicht, während Kyren sich am Bein hielt. Er wusste noch nicht wer sich ihnen da so unvermittelt in den Weg gestellt hatte. Als man aufsah erblickte man Mogul persönlich, der ihnen höhnisch entgegen lachte.

"Wisst ihr was das hier ist?", rief er den beiden Abenteurern zu und holte ein Pergament hervor. "Das ist eine Nessil-Rolle und sie beherbergt einen Zauber der euch in Fetzen reißen wird!", erklärte er mit siegessicheren Lachen, ohne eine Antwort abzuwarten. "Ich wusste das ich euch früher oder später finden würde. Hier ist für euch Endstation! Mit dem Tod der Elfin wird die Welt endlich wieder sicher sein.", fuhr er mit finsteren Blick fort, bereit den Zauber der Rolle zu entfesseln.

"Nein ... verdammt ...", ächzte Shane, der ähnlich wie Kyren keine Chance sah zu entkommen. Beide waren leicht angeschlagen und es schien nichts zu geben was sie davor bewahren konnte getötet zu werden. Hoffnungslosigkeit spiegelte sich in den Augen des Elfenmädchens wieder, denn nun konnte sie nur noch ein Wunder retten.

Es war fast so als ob ihre Gebete erhört wurden als John plötzlich vom Dach eines nahegelegenen Gebäudes sprang und sich somit zwischen die Fronten stellte. "Nein!", schrie er erbost, während Shane und Kyren sichtlich erstaunt waren ihn zu sehen. "Zu spät!", gab Mogul irre lachend von sich, der sich nicht davon beeindrucken ließ. Rücksichtslos entfesselte er den Zauber, der in Form eines gleißenden Lichtstrahls auf seine Gegner zuschoss. John hatte nur Sekunden um zu überlegen was er tun sollte und er entschied, sich dem Zauber in den Weg zu stellen um ihn somit abzufangen.

"Was?! Du Narr!", schrie Mogul fassungslos, während Kyren sich schützend die Arme vors Gesicht hielt. Auch den jungen Halbelfen blendete das Licht zu sehr als das er sehen konnte was passierte. Eine heftige Explosion einige Meter vor ihnen deutete schließlich darauf hin das John getroffen war.
 

Das Licht verschwand, wie auch die entstandenen Rauchwolken und niemand glaubte was man daraufhin zu sehen bekam. Shanes Mimik erstarrte, denn John stand noch immer, wenn gleich sein rechte Oberkörperhälfte weggerissen war.

Kyrens Augen weiteten sich mehr und mehr, bis sie ihre Angst in einem lauten Schrei freien Lauf ließ. Was sie sah war wie ein wahr gewordener Alptraum, denn dort wo Menschen Organe und Blut hatten, hatte John nur eine graue Substanz die den Verlust ohne Probleme regenerierte. Sie wusste, es gab nur ein Wesen was dazu in der Lage war und sie wagte kaum es auszusprechen.

"Jetzt ist alles aus.", resignierte Shane, der geschockt auf die Knie sank und seine Hände auf die Erde legte. Nur Mogul verstand noch nicht und wich verwundert ein paar Schritt zurück. "Wer ... was bist du?", fragte er erstaunt, während sich Johns Mimik immer mehr verfinsterte. "Idiot! Du hast alles kaputt gemacht!", fauchte er ihm wütend entgegen und formte seinen rechten Arm zu einer scharfen Klinge um.

Der dunkle Lord glaubte seinen Augen kaum, erst recht als John angriff und ihn mit seiner zuvor geschaffenen Klinge durchbohrte. "Dafür wirst du bezahlen!", flüsterte er dem Dämonenritter ins Ohr und entfernte seinen Arm wieder aus dessen Torso. "Nein, das Elfenmädchen muss sterben! Sie wird unser aller Untergang sein.", ächzte Mogul wahnhaft und versuchte nach ihr zu greifen.

Obwohl er darauf verschwand, fühlte sich Kyren keineswegs sicherer. Ängstlich kroch sie nach hinten als sich John ihr näherte. Shane wagte es kaum sein Schwert zu ziehen, denn er wusste bereits das er in seinen Zustand keine Chance gegen ihn hatte. Trotz allen stellte er sich ihm entgegen, während Kyren immer panischer zurückwich. John hingegen blieb gelassen und hielt schließlich inne. "Hör auf zu flennen, Gör! Ich bin nicht hier um Rache zu üben! Hätte ich euch töten wollen, hätte ich es schon längst getan!", entgegnete er ihr barsch. "D-du bist Jaygoyle! Wie kann das sein ?! Das ist völlig unmöglich!", stotterte sich verängstigt und raffte sich an einer Häuserwand auf. Sie konnte sich nicht erklären wie er noch leben konnte, nachdem Shane ihn mit all seiner Macht vernichtet hatte.

"Was willst du?!", fragte dieser mit zerknirschter Miene. "So seltsam das für dich klingen mag Halbelf, aber zur gegebener Zeit werde ich deine Hilfe brauchen. Nun schuldest du mir etwas. Schließlich habe ich euer beider Leben gerettet ... und das nicht nur einmal.", antwortete John schmunzelnd. "Ich habe ja gewusst das man dir nicht vertrauen sollte, aber damit hätte ich nicht gerechnet! Keine Ahnung was du von mir willst, du wirst es nicht bekommen.", tönte er mutig zurück. "Oh doch, das werde ich. So oder so. Solange ich auf eurer Seite kämpfe wird dir kaum eine andere Wahl bleiben, doch bis dahin ist noch etwas Zeit.", erwiderte er unbeeindruckt. "Pah, dann töte mich lieber gleich! Mit dir werde ich mich nie verbünden!", fauchte Shane erzürnt. "Nein, das werde ich sicher nicht. Ich brauche dich lebend. Aber nun werde ich gehen. Es gibt noch einiges ... zu erledigen.", gab er arrogant zurück und verschwand mit zweifelhafter Miene mittels eines Teleportationszaubers.

Die beiden Abenteurer fühlten sich nicht wirklich erleichtert als John verschwand, denn allein seine Anwesenheit zeigte wie stark das Böse in diesen Konflikt bereits präsent war. Shane fragte sich wie man diesen Kampf gewinnen sollte, wenn solch eine allmächtige Kreatur wie Jaygoyle seine Finger mit im Spiel hatte. Er war sich nur in einen sicher: die Motive dieses Wesens waren wahrscheinlich nicht die edelsten.

Schließlich fand der Regen ein Ende, wenn gleich der Himmel düster blieb. Um so auffälliger war der Mann in weiß, den Kyren daraufhin auf dem Dach eines Hauses entdeckte. "Der Weiße Falke!", rief sie überrascht und lenkte somit die Aufmerksamkeit des jungen Halbelfen auf das Dach eines anderen Gebäudes. Dort stand der Meisterdieb 1-1-2 in altbekannter Montur und sah mit verschränkten Armen auf die beiden hinab.

"Was?! Du hier?!", staunte Shane mit verwirrten Blick, worauf sich der Mann in weiß desinteressiert abwendete. Er schien alles als Zuschauer beobachtet zu haben, doch nun wo das Spektakel vorbei war, zog er es vor zu gehen. "Warte! Ich will wissen was das alles zu bedeuten hat!", rief er ihm hinterher, so dass er inne hielt.

Obwohl er zunächst nicht antwortete, war allein schon seine Anwesenheit an diesen Ort ein Zeichen dafür welches Spiel hier gespielt wurde. "Du wusstest die ganze Zeit bescheid, nicht wahr? Du wusstest wer John wirklich ist, hab ich nicht recht? Deshalb ist er immer hinter dir her gewesen. Er wollte das du schweigst, ist es so?", hinterfragte Shane mit strenger Stimme.

"Du bist ein cleveres Kerlchen, Junge, aber selbst das ist nur die Spitze des Eisbergs.", erwiderte der Weiße Falke arrogant, wenn gleich er sich ein wenig in seine Richtung drehte. "Wenn du etwas weißt, dann musst du es sagen! Dieser John ist gefährlich! Die ganze Welt ...", meinte er, bevor ihn der Meisterdieb unterbrach. "Ich weiß ... aber was ihn angeht sind mir die Hände gebunden.", erwiderte er leicht betrübt.

Mit dieser Antwort wollte sich Shane nicht zufrieden stellen. Er spürte das es noch viel mehr zu erfahren gäbe und wenn jemand die Antworten zu wissen schien, dann der Mann in Weiß. "Wer bist du?! Sag mir wer du bist!", rief er ihm zu. "Meine Identität ist völlig ohne belang. Meine Aktivitäten haben nichts mit der ganzen Sache zu tun in der ihr steckt. Ich weiß auch nicht wesentlich mehr als ihr. Jaygoyle ist der einzige Grund warum ich euch in diese Lande gefolgt bin. Ich war einfach nur neugierig.", gab er gelassen zurück.

"Was weißt du über ihn?! Wie können wir ihn besiegen?!", hakte Shane entschlossen nach, was dem Weißen Falken nur ein kurzes Lachen entlockte. "Ich weiß alles über ihn, aber es wird nicht nötig sein ihn zu besiegen. Er ist im Grunde nur Energie ... negative Energie. Er kann jede beliebige Form annehmen und jeden Aggregatzustand. Selbst der Blick der Medusa verpufft wirkungslos an ihm, denn es spielt keine Rolle aus welchen Material er besteht. Er ist nicht organisch, sondern nichts weiter als negative Engerie mit einen Ego, die in der Lage ist Masse anzunehmen. Wie man ihn besiegen kann dürfet ihr schon wissen. Reine, gute, positive Engerie verträgt sich nicht mit negativer und bösartiger. Deshalb war dein Schwert damals auch so erfolgreich. Es war nur Pech für euch das sich Jaygoyle selbst aus kleinsten Teilchen wieder regenerieren kann. Damals war es sein Arm, den er der Elementarfrau entgegen geschleudert hatte. Ihn hatte dein Schwert nicht erreicht und gereinigt.", antwortete er kühl.

Nicht nur Kyren stutze, denn er wusste mehr als man vermutet hatte. Nun war klar wieso der Gestaltenwandler noch immer auf Erden wandelte, doch umso weniger woher er Weiße Falke all dies wusste.

"Nun geht. Die Truppen des Dämonritters haben sich bereits zurückgezogen. Eure Gefährten erwarten sicher euch schon.", meinte er schließlich und zog sich zurück. Er verschwand so schnell wie er gekommen war und obwohl er so viele Dinge aufklären konnte, blieb er selbst ein Mysterium.
 

Der Weiße Falke sollte recht behalten, denn auf ihren Weg durchs Dorf traf man auf ihre beiden Mitstreiter. Sie waren angeschlagen, was sich darin äußerte das Sejya Jáin abstützte.

"Jáin! Sejya! Was ist passiert?", rief Kyren aufgeregt und eilte zu ihnen. "Keine Ahnung ... Leath und ich waren mitten im Kampf, da tauchte auf einmal ein Abbild von diesen Typ mit den grauen Haaren auf. Dann ist mein Vater mit ihm verschwunden.", erwiderte er mit leicht schmerzverzerrten Gesicht. Der Blick des Elfenmädchens fiel auf eine kleine Wunde an Jáins Hüfte. "Du bist verletzt? Warte, ich heile dich!", meinte sie und setzte einen Heilzauber auf die Wunde an. "Danke. Wie's aussieht seid ihr auch entkommen.", gab er erleichtert zurück, doch Shane schien nicht wirklich zufrieden. "Ja, aber das wir noch Leben haben wir John zu verdanken.", merkte er mit mürrischer Miene an. "John ist hier?!", wunderte sich Sejya. "Nicht mehr ...", antwortete er nüchtern.

Kyren hatte gerade ihren Heilzauber vollendet und wollte Shanes Aussage mit der düsteren Wahrheit um Johns Identität ergänzen, da erblickte sie eine Gestalt, einige Meter vor ihnen entfernt, auf der Straße. Die Kapuze seiner schwarze Robe war zurückgeschlagen und offenbarte das Gesicht eines Mannes dessen Anwesenheit nichts gutes bedeuten konnte. "D-Diron!", stotterte die kleine Elfe erstaunt, worauf auch ihre Freunde bemerkten das man Gesellschaft bekommen hatte.

Es war nie ein gutes Zeichen wenn er auftauchte, doch für Sejya war es die Gelegenheit Rache zu üben. "Dieser verdammte Mistkerl!", schrie sie voller Zorn und stürmte auf ihn zu. "Nein!", rief Jáin aufgeregt und hielt sie am Arm fest. "Was soll das?! Lass mich los! Er wird dafür büßen was er mir und meiner Familie angetan hat!", fauchte sie wütend zurück und riss sich los.

Es lag so viel Hass in ihren Augen das er zweifelte ob er sie überhaupt zurückhalten konnte. Der Magier scherte sich jedoch nicht um die Attacke des Mädchens, die zwar kräftig zuschlug, aber auch durch ihn hindurch.

"Ein Abbild?!", staunte Kyren mit geweiteten Augen, womit klar was das sämtliche Angriffe auf ihn nutzlos waren. Diron war nicht persönlich erschienen, sondern in Form eines Hologramms.

"Seid ihr jetzt fertig?", fragte er mit düsterer Stimme, worauf sich ihm Shane entgegen stellte. "Was willst du hier, Diron?! Du kannst dir doch denken das du nicht gerade ein Publikumsliebling bei uns bist!", erwiderte er mit geballter Hand, doch der Nekromant wirkte nicht im geringsten eingeschüchtert. "Ihr habt euch bisher ganz Wacker gegen Mogul geschlagen. Ich mache euch ein Angebot, denn ich teile eure Interessen. Ich bringe euch in seine Festung damit ihr ihn ein für alle mal erledigen könnt.", tönte er nüchtern zurück. Kaum war der letzte Satz vollendet öffnete sich ein Portal hinter ihm und es schien so als meinte er es ernst. Kyren und die anderen wirkten überrascht, denn damit hatte wohl kaum einer von ihnen gerechnet. Shanes Mimik blieb angespannt, wohlwissend das man Diron nie vertrauen sollte. Er fragte sich was er wohl vorhatte, aber es war klar das es nichts gutes sein konnte. "Wer sagt uns denn dass das keine Falle ist?", fragte er misstrauisch.

"Ich kann euch natürlich keine Garantie geben. Ich weiß das ihr ohnehin keinen Grund habt mir zu glauben oder gar zu vertrauen, doch wie sagt man so schön. Manchmal muss man sich mit dem Bösen verbünden um ein viel böseres Übel zu besiegen.", erwiderte er hämisch schmunzelnd.

Zweifel durchschlichen die Gruppe, denn so gern man Mogul auch stoppen wollte, so sehr misstraute man dem Nekromanten. Eine Entscheidung musste gefällt werden, eine die über den Fortbestand einer ganzen Zivilisation entscheiden konnte ...

Folge 69: Schicksalsschlacht

Diron hatte Shane und die anderen vor eine schwere Entscheidung gestellt. Es war klar das man ihm nicht trauen konnte und somit um so offensichtlicher das es eine Falle war. Niemand der vier schien auf sein Angebot eingehen zu wollen.

Egal wie sehr der junge Halbelf das Abbild des Nekromanten musterte, er konnte sich keinen Reim darauf bilden und dennoch glaubte er immer mehr an die Ehrlichkeit des Magiers. Nachdenklich senkte er seinen Kopf nach unten und fällte einen Entschluss. "Einverstanden. Ich kann zwar nicht erklären woher ich es weiß, aber etwas in mir sagt mir, das ich ruhig gehen kann.", sagte er schließlich und trat vor.

"Aber Shane!", wollte Kyren widersprechen, die jedoch schnell merkte das er sehr von sich überzeugt war. Dirons Mimik blieb ungerührt, obwohl ihn es überraschte das ausgerechnet Shane dafür war zu gehen. "(Sieh an. Es scheint tatsächlich so als ob Sens Essenz noch in ihm schlummert, sonst würde er es kaum wagen so selbstsicher aufzutreten.)", dachte er lautlos vor sich hin. Dennoch wurmte es ihn das er auf den Halbelfen zurückgreifen musste, der ein potentielles Risiko für sein Unterfangen darstellte, würde Sen wieder in ihm auferstehen oder ihn sogar helfen. Wie einst Sen so hatte ihn auch Faye verraten, wenn gleich er bei ihr nicht den selben Fehler begangen hatte wie bei der Verkörperung des Bhaal Sprösslings. Er bereute es nach wie vor seinen einstigen Schüler in die Geheimnisse seiner Pläne eingeweiht zu haben. Seither verfügte Sen über Wissen das er gegen ihn verwenden konnte, eine Tatsache die Shanes Existenz zu einen Risiko machte. Nach Fayes verschwinden war er jedoch der einzige der jetzt noch in Frage kam sein Werk zu vollenden und so billigte er seine Entscheidung gern.

Für Kyren war klar das, wenn Shane gehen würde, sie ihm nicht im Stich lassen wollte. Zwar war ihre Magie nicht mächtig genug um sich mit einen Dämonenritter zu messen, doch ihre Heilzauber konnten eine Hilfe sein. Für Jáin und Sejya war somit der Zeitpunkt gekommen ihre Freundschaft zu Shane unter Beweis zu stellen. Obwohl er jünger als die beiden war, so hatte er etwas an sich was sie in seinen Bann zog. Gerade in solchen Momenten strahlte er etwas aus das ihnen die Zuversicht gab, dass er die richtige Wahl getroffen hatte. "In Ordnung. Wir gehen mit. Lasst Mogul endlich für seine Verbrechen büßen!", meinte Jáin entschlossen. In Sejya brodelte zwar ihr Hass ausgerechnet den Willen eines Mannes zu folgen der für den Tod ihrer Familie verantwortlich war, doch womöglich, so hoffte sie, könnte sich im Kampf gegen Mogul eine Gelegenheit ergeben sich an Diron zu rächen.

Mit einem unguten Gefühl, aber geschlossen, betraten die vier Abenteurer das Portal das sie in die finsteren Katakomben von Moguls Festung bringen sollte.
 

Dirons Abbild empfing sie auch auf der anderen Seite des Portals, das in einen kleinen Abstellraum geführt hatte. Shane griff sich eine entzündete Fackel um seinen Gefährten den Weg zu erleuchten. Der Zeitpunkt war gekommen letzte Instruktionen zu erhalten.

"Ihr seid jetzt in Moguls Festung also seid vorsichtig. Es besteht die Möglichkeit auf einer seiner Patrouillen zu stoßen. Ihr solltet versuchen so lange wie möglich kein Aufsehen zu erregen. Ich schätze Mogul befindet sich im Hauptsaal. Um dort hin zu gelangen müsst ihr lediglich ein paar Gänge durchqueren. Dort entlang.", meinte Diron nüchtern und deutete auf eine Tür am Ende des Raumes.

"Warte! Eine Frage noch!", rief Shane auf einmal, worauf sich der Nekromant erstaunt zu ihm umdrehte. "Warum tust du das alles für uns?", wollte der junge Halbelf wissen. Ein Schmunzeln glitt über das Gesicht des Magiers, bevor er begann sich abzuwenden. "Sagen wir ... es gibt gewisse Interessenparteien die ein vorzeitiges Ableben von Mogul durchaus begrüßen würden. Ich gehöre mit dazu.", gab er grinsend zurück.

"Und warum legst du ihn nicht selbst um, Feigling?!", fauchte Sejya leicht erzürnt. "Zum einen bin ich nicht im Besitz des Phönixschwertes - ohne es sind meine Erfolgschancen ohnehin gleich Null - zum anderen war es ein persönlicher Wunsch eines anderen Interessenten das ich euch mit der ehrenvollen Aufgabe betreue die Welt von Mogul zu erlösen.", erklärte er nüchtern.

"Eines anderen Interessenten?", fragte Kyren neugierig. "Ja, aber das ist jetzt nicht weiter wichtig. Alles zu seiner Zeit. Ich denke ihr werdet ihn noch kennen lernen. Er ist ebenfalls hier in dieser Feste.", antwortete er abwinkend und trat näher an Shane heran. "Leider werde ich euch nicht die ganze Zeit begleiten können. Die Fackeln in diesen Raum sind jedoch mit einen Zauber präpariert der es euch ermöglichen sollte Mogul aufzuspüren. Folgt einfach dem Licht der Fackel. Je heller es leuchtet desto näher seid ihr eurem Ziel.", erklärte er mit Blick auf die Fackel in der Hand des Halbelfen. Shane wirkte misstrauisch, aber egal was auch immer ihn erwartete, er wollte damit fertig werden. Entschlossen zog er das Phönixschwert aus seiner Schwerthalterung hervor und steckte es empor. Schließlich verließ man den Raum und machte sich daran Mogul zu finden.

Kaum hatten sie den Raum verlassen verschwand Dirons Abbild, dessen Gesicht ein zweifelhaftes Schmunzeln zierte.
 

Gedankenversunken spielte Gray mit einem Apfel in seiner Hand herum als er plötzlich Schritte in der Ferne vernahm. Es beunruhigte ihn keineswegs das jemand in seine Halle trat, in dem allerlei Foltergerätschaften standen, denn er erwartete den kommenden Gast bereits.

Es war Diron, der einige Meter vor ihm demütig niederkniete und Bericht erstattete. "Meister Gray ... die Abenteurer sind soeben, wie Ihr gewünscht habt, eingetroffen. Sie sind auf dem direkten Weg zu Mogul.", sagte er. "Haben sie das Phönixschwert bei sich?", fragte er mit strengen Blick. "Ja, wie von euch erwartet.", gab der Nekromant mit gesenkten Haupt zurück. "Ausgezeichnet. Dann ist heute wohl mein Glückstag.", meinte Gray erfreut schmunzelnd und biss genüsslich in den Apfel hinein.
 

Shane stockte der Atem als er auf einmal eine Patrouille hörte, die sich aus den Seitengang näherte. Vorsichtig lugte er um die Ecke um zu prüfen wie viele Soldaten dort kamen.

"Okay, es sind nur zwei. Die schaffen wir.", meinte er mit Blick auf den Seitengang. Zunächst bemerkte er gar nicht das ihn Kyren nervös auf die Schulter tippte, doch schließlich wurde es ihm so lästig das er sich ihr und den anderen zuwendete, die hinter ihm warteten. "Was ist denn?!", fragte er leicht verstimmt im Flüsterton. Die Andeutungen der kleinen Elfe ließen ihn jedoch schnell erkennen das man bereits Gesellschaft bekommen hatte. Ohne das man es gemerkt hatte, war es einer weiteren Patrouille von fünf Dämonenrittern gelungen sich von hinten anzuschleichen.

"Na ja ... okay ... dann sind es eben sieben.", meinte Shane schulterzuckend und ging zum Angriff über, worauf Jáin und Sejya nachzogen. Der Kampf dauerte nicht lange, denn es bedurfte nur einiger gezielter Fußtritte um die Angreifer außer Gefecht zu setzten. Für keinen von ihnen war es eine große Herausforderung gegen diese Gegner zu bestehen, doch als Kyren Shane darauf aufmerksam machte das seine Fackel immer mehr aufloderte, merkte man das man Dirons Rat hätte befolgen sollen.

"Shane! Deine Fackel!", rief sie aufgeregt und sah sich ängstlich um. "Mist! Wir waren wohl zu laut.", ärgerte sich Shane, der sogleich den Gang ableuchtete um Mogul zu erspähen. Der dunkle Lord versteckte sich nicht lange und trat schließlich aus dem Dunkel hervor. "Ich bin hier, ihr Narren.", gab er arrogant von sich, womit er ganz bewusst seine Position verriet. "Ich weiß zwar nicht wie ihr hier her gekommen seid, aber ihr scheint offensichtlich den Verstand verloren zu haben. Ist euch denn nicht bewusst das meine Macht an diesen Ort am größten ist? Wie wollt ihr mich hier bezwingen? Ihr seid Blindwegs in euer Verderben getappt und nun wird es Zeit meine Mission endlich zu erfüllen.", fuhr er fort und zog sein Schwert hervor.

"Mission?", wunderte sich Jáin. "Ja, die Existenz des Elfenmädchens ist eine Gefahr für die Welt wie ihr sie kennt, oder habt ihr das etwa auch nicht gewusst?! Ihr wisst so wenig und spielt doch die Helden. Wie erbärmlich ihr seid.", erwiderte Mogul schroff, worauf Shane sein Phönixschwert zog und sich ihm entgegen stellte. "Immerhin wissen wir was Ihr den Menschen von Thay angetan habt. Wir haben ihr Elend mit eigenen Augen gesehen!", gab er forsch zurück und erhielt sofort Unterstützung von seinen Gefährten. "Ja, und das Buch der Riten werdet Ihr auch nie bekommen!", ergänzte Kyren in ähnlicher Tonlage.

"Pah! Wisst ihr denn überhaupt wozu ich das Buch brauche?! Wisst ihr überhaupt wen ihr vor euch habt?! An welchen Fäden muss ich ziehen um euch nach meinen Willen tanzen zu lassen!?", entgegnete Mogul erbost.

"Fäden?", fragte Shane erstaunt, doch Sejya ging bereits zum Angriff über. "Schluss mit dem Gerede! Jetzt wird abgerechnet!", schrie sie und stürmte an ihm vorbei.

Fortan entbrannte ein erbitterte Kampf zwischen den beiden, doch Sejyas Attacken verpufften Wirkungslos an ihm. Egal wie hart und schnell sie auch schlug, er blockte ihre Angriffe mit Leichtigkeit ab. Jáin wirkte erstaunt wie Reaktionsschnell Mogul in seiner Rüstung war und eilte seiner Gefährtin zu Hilfe.

Doch selbst gegen zwei Angreifer wirkte Mogul noch immer überlegen, wenn gleich er sich nur verteidigte. Shanes rechte Augenbraue zuckte angespannt nach oben als er das Kampfgeschehen beobachtete. "Verdammt! Da stimmt was nicht! Er ist viel stärker als sonst!", schrie er entsetzt.

Schließlich erledigte Mogul seine beiden Angreifer mit einer einzigen Attacke. Ein heftiger Ellenbogenschlag gegen Sejyas Bauch und ein Fausthieb gegen Jáins Gesicht brachte die beiden Abenteuer schnell auf Distanz, wo sie angeschlagen am Boden liegen blieben.

Es dauerte keine weitere Sekunde und Shane warf die Fackel beiseite um mit dem Phönixschwert zum Angriff über zu gehen, während Kyren besorgt zu ihren Mitstreitern lief.

"Jáin! Sejya! Seid ihr verletzt?!", rief sie aufgeregt. "Es geht schon, aber noch so ein paar Treffer und wir stehen nicht mehr auf.", erwiderte Sejya mit schmerzverzerrter Miene, sich am Bauch haltend. "Der Typ ist viel stärker als sonst. Er ist uns Haushoch überlegen.", ergänzte Jáin mürrisch.

Shane kannte seine Fähigkeiten im Schwertkampf und obwohl es ihm nicht schwer fiel das Phönixschwert zu führen, konnte er mit der Technik seines Gegners kaum mithalten. Diese Art von Schwertkampf hatte er noch nie gesehen und er hatte alle Mühe ihm Paroli zu bieten. Zwar versuchte er zu Attackieren, aber Mogul erwies sich als äußerst geschickter Schwertkämpfer.

"Nicht schlecht, Kleiner, aber nun ist Schluss!", entgegnete ihm der Dämonenritter und setzte zur finalen Attacke an. Mit Hilfe eines Fußtrittes wollte er die Verteidigung des Halbelfen schwächen, doch der wehrte diesen Angriff mit seinem Knie ab und obwohl es ihm im selben Moment sogar gelang den Schwerthieb Moguls zu blocken, war der Kampf bereits entschieden.

Shanes Gesicht war schmerzverzerrt, denn der Tritt des Dämonenritters war durch dessen Rüstung doppelt so heftig, so dass ihm nun das Knie so sehr schmerzte das er kaum mehr in der Lage war weiter zu kämpfen. "Ich habe dich wohl etwas unterschätzt, Junge, aber mit mir kannst du es nicht aufnehmen.", fauchte Mogul erzürnt und versetzte ihm einen harten Ellenbogenschlag ins Gesicht, der ihn weit zurückwarf.

Vom Schmerz gepeinigt verlor er sein Schwert aus der Hand und landete schließlich mitten auf seinen Freunden. Mogul schmunzelte beim Blick auf das neben ihn am Boden liegende Phönixschwert. "Das muss das Phönixschwert sein von dem man mir erzählt hat, aber um mich damit zu vernichten muss man auch ein guter Schwertkämpfer sein. Ihr hättet nicht herkommen sollen und euch in Dinge einmischen sollen von denen ihr nichts versteht.", gab er siegessicher von sich und schritt weiter auf die Abenteurer zu.

Zwar richteten sich Jáin und Sejya noch einmal auf, während Shane sich das Knie hielt, aber auch das würde kaum etwas daran ändern das sie vom nächsten Schwerthieb des Dämonenritters getötet werden würden. Kyrens Blick erstarrte vor Angst, denn selbst ihr Magie konnte sie nun nicht mehr retten. Sie konnte kaum glauben das man verloren hatte, wo man doch die vielen Monate die man nach Thay unterwegs gewesen war, so hart an sich gearbeitet hatte um Mogul ein für alle mal zu besiegen und aus ihren Albträumen zu verbannen.

"Eine letzte Ehre will ich euch erweisen, denn ihr sollt nicht sterben ohne zu wissen warum.", tönte der Dämonenritter selbstsicher, bereit der Sache ein Ende zu bereiten.

"Ich weiß nicht was man euch erzählt hat, aber das Buch der Riten brauche ich nicht um die Welt zu unterwerfen. Die Unterwerfung Thays diente lediglich zur Findung dieses Relikts. Was ich wollte war ...", fuhr er fort, bevor sich seine Augen auf einmal weiteten und seine Worte verstummten.

"Du redest zu viel!", tönte eine altvertraute Stimme hinter ihm hervor. "Was ... was ...!", ächzte Mogul geschockt und sah an seinen Bauch hinab, durch den sich die Klinge des Phönixschwertes gebohrt hatte. Shane und die anderen konnten nicht fassen was sie sahen, ebenso wie Mogul, der seinen Kopf leicht zur Seite neigte. "Wer ... wieso ...", keuchte er geschockt, worauf sich die Hand eines Mannes von hinten um seinen Körper schlang. Schließlich gab sich der Angreifer zu erkennen und beugte sich auf seine Schulter ins Licht vor. Kyren war erstaunt, denn es war der Mann den man als Gray kennen gelernt hatte. Sie verstand sein Handeln nicht, wo man ihr doch gesagt hatte das Gray ein ebenso bösartiger Gefährte des Dämonenritters war.

"Tja, Yosu ... du hast dich mir lange genug in den Weg gestellt. Dein lächerlicher Versuch das Buch der Riten zu finden ist offenbar nicht von Erfolg gekrönt und deinen Versuch das Elfenmädchen zu töten kann ich leider nicht dulden. Nun wird es Zeit abzutreten.", flüsterte Gray ihm ins Ohr, wenn gleich er laut genug sprach das es alle hören konnten. "Nein ... warum ...", gab der Dämonenritter mit letzter Kraft von sich, während er krampfhaft seine Hände um die Klinge des Schwertes legte.

"Ich brauche das Elfenmädchen lebend, du Narr. Ich kann einfach nicht länger zulassen das du versuchst sie zu töten. Sie ist meine einzige Hoffnung. Und nun wird es Zeit für dich diese Welt für immer zu verlassen.", antwortete sein Gefährte mit bösartigen Unterton und ließ von ihm ab.

Ein lauter Aufschrei war der letzte klagende Laut den Mogul von sich gab als das Phönixschwert begann seine Kräfte zu entfesseln. Stück für Stück löste sich sein Körper in gleißend hellend Licht auf, während ihn ein kräftiger Windwirbel umgab der seinen Körper nach oben sog.

Mit einen hellen Lichtblitz verschwand Mogul samt des Schwertes und der Schein der Fackel, die Shane getragen hatte, mäßigte sich wieder.

"Ist ... ist es vorbei?", fragte Kyren zögerlich, doch Gray sollte sie schnell eines besseren belehren. "Falsch! Für dich und deinen Freund hat es gerade erst angefangen. Du gehörst jetzt endlich mir! Von hier gibt es kein entkommen mehr für dich!", antwortete er mit lechzenden Blick und streckte fordernd seine Hand nach ihr aus.

Das Elfenmädchen versteifte vor Angst als sich Gray ihr näherte. Selbst Jáin und Sejya waren sich nicht sicher was man gegen ihn ausrichten konnte. Shanes Blick war so voller Eifer, denn er wollte nicht aufgeben wo er schon so weit gekommen war, aber allmählich begann auch er zu resignieren. Diron hatte sie wieder einmal in eine Falle gelockt, scheinbar wohlwissend das man versagen würde und nun der Macht des grauhaarigen Mannes ausgeliefert war.
 

Es trennten Gray nur noch wenige Schritt zu den Abenteurern, da verschwanden diese auf einmal durch einen Teleportzauber direkt vor seinen Augen. "Was?! Was hat das zu bedeuten?! Was geht hier vor?! Diron!", rief er erbost und forderte zugleich seinen Diener an. Seine Hand zitterte, denn sein Ziel war zum greifen nah gewesen, während Diron aus dem Dunkel hinter ihm herantrat.

"Es tut mir Leid, Meister Gray. Offenbar ist sein Einfluss durch Moguls Tod gewachsen. Das ist die Handschrift des Eingekerkerten.", meinte er nüchtern und fand sich nur Augenblicke später im Griff seines Herrn wieder, der ihm rabiat am Kragen packte. "Was! Wie kann er es wagen sich einzumischen!? Los Diron! Ich will das du sie findest! Ist mir egal wie du's anstellst, aber ich will das Mädchen!", fauchte er außer sich vor Wut und ließ wieder von ihm ab. "Sehr wohl, Meister.", gab Diron unbeeindruckt zurück und verschwand ebenso so schnell im Dunkeln wie er gekommen war.
 

Kyren traute ihren Augen nicht als sie sich auf einmal zusammen mit ihren Freunden auf grasbewachsenen Boden an der Oberfläche wieder fand. Man war Nahe eines Weges gelandet und in der Ferne war eine Stadt zu sehen. "Wo ... wo sind wir?", fragte Shane ungläubig. Nur einen Moment später entdeckte Sejya ein Wegweiserschild am Wegesrand das in Richtung der Stadt wies. "Hier steht das der Weg nach Amruthar führt.", merkte sie an und wendete sich wieder ihren Mitstreitern zu.

Jáin war sichtlich aufgebracht über die Situation und stampfte aufgeregt hin und her. "Was ist überhaupt passiert? Was zum Geier geht hier überhaupt vor?", motze er, sichtlich verstimmt. Sejya wusste auch keinen Rat und kehrte zu ihren Mitstreitern zurück. "Keine Ahnung wer uns gerettet hat, aber irgendwas passt da doch nicht zusammen. Mogul hat so seltsame Dinge gesagt ...", meinte sie nachdenklich. Ihre Worte endeten abrupt als plötzlich hinter ihr ein Schuss ertönte und ein schmaler Lichtstrahl von hinten durch ihr Herz stieß. Die Zeit schien für einen Moment still zu stehen, während sich ihre Augen weiteten und ihre Gefährten aufgeregt ihren Namen riefen. Es schien ihr wie im Traum und doch war es bittere Realität.

"Sejya! NEIN!", schrie Jáin geschockt und eilte ihr zu Hilfe, während nur einige Meter hinter ihr, ihr Mörder zum Vorschein kam. Es war Diron, der noch immer zielgerichtet seinen Finger in ihre Richtung hielt. Sein Blick war eiskalt als bereute er nichts von dem was er getan hatte.

"Diron, du Mistkerl! Warum hast du das getan!?", schrie Shane erbost. "Sie hat ihren Zweck erfüllt. Ich brauche sie nicht mehr. Sie hatte ohnehin versagt.", erwiderte er kühl und senkte seinen Arm ab. "Verdammt! Ich wusste es! Du hast uns nur benutzt!", gab der junge Halbelf zornig zurück.

Jáin konnte kaum glauben was er da hörte und sah voller Hass zum Nekromanten auf, den Körper seiner Gefährtin in den Händen haltend. Der Magier blieb jedoch die Ruhe selbst und hatte nur einen abwertenden Blick für das Mädchen übrig. "Gray lädt euch 'höflichst' in sein Schloss in Amruthar ein. Ich denke ihr werdet es finden.", sagte er nüchtern und verschwand per Teleportation, auf die gleiche Weise wie er gekommen war. Sein Auftritt war kurz und doch war deutlich geworden was er zu sagen versucht hatte.

Kyrens Hände zitterten, denn gegen solch eine Wunde waren ihre Heilkräfte machtlos. Wie gelähmt verharrte sie an Ort und Stelle, während ihr dunkelhäutiger Gefährte Sejya rüttelte.

"Sejya! Nein! Du darfst nicht sterben!", rief er besorgt und goss ihr panisch einen Schluck eines Heiltranks in den Mund, obwohl er wusste das dies ihr Leben nicht mehr retten konnte. Obwohl sie kaum noch klar sehen konnte und ihr Herz allmählich aufhörte zu schlagen legte sie ein Lächeln auf. Es war ein seltener Moment in ihren Leben, denn seit dem Tod ihrer Familie hatte sie kaum noch gelächelt oder gar gelacht. Es fiel ihr schwer zu glauben das die Abenteuer, die sie mit Jáin und den anderen erlebt hatte, ihr Freude bereitet hatten. Es schien fast so als ob ihr kaltes, hasserfülltes Herz nun nicht mehr existierte und sie zumindest für ein paar Sekunden ihres restlichen Lebens ein ganz normales Mädchen war.

"Hätte ... hätte ich gewusst ... dass das meine letzten Worte sein sollen ... dann hätte ich lieber noch etwas nettes zu dir gesagt, Jáin.", ächzte sie und hustete etwas Blut aus. "Sejya ...", erwiderte Jáin leise. "Ich werde euch ... nicht vergessen. Wenigstens kann ich nun bei meiner ... Familie sein. Ich danke dir ... ich danke euch ... für die schöne Zeit.", gab sie mit letzter Kraft von sich, bevor das Lebenslicht aus ihren Augen erlosch. So wie sie starb konnte man fast glauben sie hatte sich auf diesen Moment gefreut, doch für ihre Gefährten brach eine Welt zusammen.

Egal wie oft der junge Drow fortan noch an ihr rüttelte und ihren Namen rief, so konnte er das Geschehene nicht verhindern. Verbissen gruben sich seine Hände in ihre Kleidung. Seine Augen kämpften mit der Trauer und sein Herz mit dem Hass, den er fortan gegen den Nekromanten hegte. Er war es der ihre Familie zerstört hatte und er war es der ihr schließlich auf so grausame Art das Leben nahm. "Dafür wird er büßen ... dafür wird er bezahlen!", sagte er erbost, so laut das als sollte es ganz Thay hören.

Kyren weinte um ihre Gefährtin, während Shanes Mimik von Verbissenheit geziert war. "Jáin ... hör auf. Beruhig dich.", entgegnete er seinen Gefährten anteilnahmslos, doch der verstand die emotionslose Haltung seines Mitstreiters nicht. "Was sagst du da?! Ich soll mich beruhigen! Sejya ist tot falls dir das entfallen ist?!", gab er wütend zurück. "Das weiß ich auch, aber wenn du so weiter machst tust du genau das was Diron will! Der Typ ist ein Nekromant! Er brauch nur mit dem Auge zu zwinkern und Sejya steht wieder vor dir. Er hat es sogar geschafft meine Schwester wieder zum Leben zu erwecken! Der will doch das du zu Grays Schloss gehst und ihn zwingst sie wieder zu beleben. Er benutzt sie als Köder!", erklärte er seine Haltung.

"Ja ... aber ... wenn er diesen Gray untersteht und Kyren will ... warum hat er dann eben nicht versucht sie mitzunehmen?", fragte Jáin verwundert, worauf auch Kyren selbst ein wenig irritiert wirkte.

"Das weiß ich auch nicht genau. Thay mag nun befreit sein, aber ich vermute sowieso das hinter der Sache viel mehr steckt als wir ahnen.", antwortete er mit nachdenklichen Blick. Seine Mimik verfinsterte sich, denn rein logisch betrachtet gab es für ihn nur eine Möglichkeit warum er Kyren nicht entführt hatte - Gray sollte sie auch nicht kriegen.

"Ich schlage vor wir ziehen uns etwas in den Wald zurück und übernachten dort. Wir brauchen erst mal einen klaren Kopf und einen Plan, bevor wir weiter vorgehen.", schlug er schließlich vor und richtete sich auf. Niemand sollte sehen das auch er seine Tränen nicht verdrängen konnte als er sich abwendete.
 

Es war kein schöner Anblick Jáin am Grab von Sejya sitzen zu sehen. Obwohl es bereits dunkel und kalt war, harrte er an ihrer Stätte aus. Er wollte nichts essen und nicht reden, sondern nur allein gelassen werden, eine Tatsache die Kyren immer mehr aufs Gemüt schlug. Sie hatte es sich mit Shane am Lagerfeuer gemütlich gemacht, wo man das weitere Vorgehen bereden wollte.

"Er muss sie wohl ziemlich gemocht haben.", meinte sie leise mit Blick auf den Dunkelelfen. "Sejya war für ihn mehr als nur eine Gefährtin. Sie waren wie ein Team. Auch wenn sie sich immer gestritten haben ... die beiden waren enger befreundet als man denken konnte. Sie wird mir fehlen.", stimmt Shane nickend zu.

"Und was machen wir nun? Mogul ist zwar besiegt, aber ein Sieg fühlt sich anders an, denkst du nicht?", erwiderte die kleine Elfe mit betrübten Blick. "Eins ist sicher. Dieser Gray wird dich auf ewig verfolgen wenn wir ihn nicht besiegen. Ich weiß nur noch nicht welche Rolle Diron bei all dem spielt. Außerdem passen einige Dinge die uns Nairdan gesagt hat nicht mehr.", grübelte ihr Gefährte vor sich hin. Er erschrak ein wenig als Jáin auf einmal neben ihn stand und mit kühlen Blick auf ihn herabsah. "Shane ... du kannst es drehen und wenden wie du willst. Gray wird bezahlen und Diron eben so. Mir ist es egal was uns in seiner Burg erwartet. Wir können nicht einfach umkehren nur weil Mogul besiegt ist. Gray wird das Schicksal seines Gefährten teilen, das schwöre ich.", sagte er verbissen und warf ihm seinen nimmervollen Beutel zu. "Jáin?", gab Shane erstaunt von sich. "Ich denke in deinen Händen ist er besser aufgehoben.", erwiderte sein dunkelhäutiger Gefährte und setzte sich zu ihm.
 

Es sollte nicht mehr lange dauern und man legte sich schlafen. Die Gegend war ruhig und doch fand Jáin an diesen Abend keinen Schlaf. Nachdenklich starrte er in den Sternenhimmel, während das Lagerfeuer neben ihm knisterte. Sein Blick fiel auf Shane und Kyren, die so friedlich schliefen als ob nichts geschehen wäre.

Ihm schmerzte der Gedanke das die kleine Elfe und wohl auch Shane in Gefahr waren. Er gab es nur ungern zu, aber er wollte nicht auch noch die beiden verlieren. Er hatte keine Familie mehr, da ihn sein Vater verstoßen hatte und sämtliche Hoffnungen ihn zu bekehren waren nahezu erloschen. Sie waren die einzigen die er nun noch hatte und ihm wurde klar das er es nicht zulassen würde das auch sie ein grausames Schicksal erleiden mussten. Leise und unbemerkt schlich er sich vom Nachtlager davon in Richtung Amruthar, der Ort wo sein innerer Schmerz Frieden finden sollte.
 

Er war wie ein Schatten in der Nacht als er eine Stunde später die Stadt erreichte. Die Straßen waren gerade zu gespenstisch leer. Eine Stille lag über den Ort die sogar ihn beunruhigte. Unbemerkte näherte er sich der Burg im Zentrum der Stadt und erklomm die Mauern. Er hoffte das sein Plan von Erfolg gekrönt war und man ihn allein nicht erwarten würde. Augenblicke später verschaffte er sich durch ein offenes Fenster zutritt zu den Hauptgemäuer der Burg.

Er kam nur wenige Schritt weit, denn nach nur wenigen Metern im dunklen Gang der Baute, hörte er ein hämisches Lachen hinter sich. "Wie unhöflich, du bist ja ganz allein gekommen.", tönte Grays Stimme aus dem Nichts hervor. Jáins Augen weiteten sich plötzlich, als ein stumpfer Gegenstand auf seinen Hinterkopf schlug, der ihn in Bewusstlosigkeit niedergehen ließ.
 

Der Morgengrauen war gerade angebrochen als Jáin in einem Folterraum wiedererwachte. Schnell bemerkte er seine missliche Lage. Selbst für einen starken Dunkelelfen wie ihn waren die Ketten an seinen Händen und Füßen, die aus der Decke ragten und ihn hilflos in der Luft zappeln ließen, zu schwer als das er sich hätte befreien können. Eine seltsame Stichwunde zierte seinen Arm und sein Oberkörper war entblößt.

Schritte ertönten und Gray trat in Begleitung seines Vaters ein. "Ah, du bist wach. Wie herrlich verrückt von dir das du dich allein hier her gewagt hast.", begrüßte Gray ihn und trat näher an ihn heran, während Leath an der Tür wartete. "Ich weiß nicht wie ihr es geschafft habt Diron zu besiegen, aber wenn du hier auftauchst, habt ihr offensichtlich etwas mit dem ihr glaubt mich bezwingen zu können.", fuhr er mit arroganter Miene fort. Jáin staunte, denn niemand von ihnen hatte Diron besiegt, so wie Gray behauptete. Wegen ihm war er doch gekommen und nun sollte er bereits tot sein? Wieder warfen sich Fragen über die Rolle des Nekromanten auf, doch andere waren ihm zunächst wichtiger.

"Keine Ahnung was in euren kranken Hirn vorgeht. Sagt mir lieber was Ihr mir da injiziert habt, verfluchter Bastard!", schrie Jáin erbost mit kurzen Blick auf seinen Arm. "Mach dir keine Gedanken darum, Drow. Nur eine Droge die deinen Geist und deinen Willen schwächen soll.", erwiderte er leicht schmunzelnd. Es bedurfte nur eines Fingerschnipps und Leath brachte ihm eine Peitsche herbei. "Aber um ganz sicher zu gehen das du redest, werde ich gerne nachhelfen.", fuhr Gray mit zynischen Unterton fort und stellte sich hinter ihn. Jáin zählte nicht wie oft die Peitsche seinen Rücken brandmarkte, war er derartige Schmerzen doch schon von dem Sitten seines Volkes vertraut.

Obwohl die Schmerzen schier unerträglich sein mussten, war er nicht bereit auch nur ein Wort Preis zu geben, egal was Gray auch vor hatte. Gemächlich ließ dieser schließlich die Peitsche fallen und betrachtete was die Folter seinen Gefangenen angetan hatte. Dennoch lag Zufriedenheit in seinem Gesicht, denn er wusste das es nur noch eine Frage der Zeit sein musste bis er endlich reden würde. "Deine Wunden ... das muss doch weh tun. Soll ich dich nicht von diesen Qualen erlösen?", meinte er leicht ironisch, bevor er seinen Rundgang um seinen Gefangenen fortsetzte. "Vergesst es, ich werde euch nichts sagen.", giftete Jáin störrisch zurück, worauf sich Grays Mimik schlagartig verfinsterte. "Du bist ein sehr dummer Elf! Dein primitiver Elfenstolz wird dir noch den Tod bringen, aber das begreifst du wohl nicht!", fauchte er verärgert zurück und wendete sich ab.

"Leath, verlass bitte den Raum. Ich will mich einmal allein mit ihm ... unterhalten.", wies er seinen Diener an, der bis dahin tatenlos an der Tür wachte. Er nickte kurz und verließ den Raum, ganz so wie man es ihm befohlen hatte. Jáins Hass auf ihn wurde immer größer, denn obwohl sein eigener Sohn vor seinen Augen gefoltert wurde, unternahm er nicht das geringste.

"Warum sträubst du dich, Drow? Ich habe euch doch von Mogul erlöst. Wäre es nicht angebracht ... etwas Dankbarkeit zu zeigen und mit mir zu kooperieren?", fragte Gray ohne sich ihm zuzuwenden.

"Ihr seid das letzte, Gray! Gegen euch war Mogul ja noch wie ein Pazifist. Ihr habt ihn letztendlich doch nur getötet weil er euch im Weg stand, nicht wahr?!", schimpfte er verbittert, doch sein Gegenüber interessierten diese Worte nur wenig. Behaglich schritt er ein weiteres mal um ihn herum und streichelte ihn über seine Verletzungen am Rücken. Zähneknirschend verzog der junge Drow sein Gesicht vor Schmerz, doch plötzlich spürte er das seine Wunden heilten. "Du siehst, ich bin kein Mensch der so einen schönen Körper gern geschunden sieht.", flüsterte Gray ihm mit verführerischer Stimme in sein linkes Ohr. "Ja, ganz recht. Ihr seid wahrscheinlich nicht mal ein richtiger Mensch.", erwiderte er ihm angewidert, worauf sein Knechtherr seinen Kopf wieder von seiner Schulter nahm. "Das kann man sehen wie man will. Tatsache ist das ich dir die Möglichkeit gebe diesen Ort lebendig zu verlassen, wenn du mir sagst was deine Freunde gegen mich unternehmen wollen.", entgegnete er und ließ seine Hand über die Brust des jungen Dunkelelfen wandern, während er ihn mit der anderen leicht durchs Haar fuhr.

Ein dumpfes Pochen stach auf einmal in Jáins Kopf hervor, so dass er mit schmerzverzerrte Miene zusammenzuckte. Krämpfe durchfuhren seinen Körper, worauf er ein wenig zu schwitzen begann. Sein Herz schlug wild auf und sein Puls raste, wie das einer verliebten Jungfrau.

Gray schmunzelte zufrieden denn seine Droge hatte endlich ihre volle Wirkung entfaltet. Wie eine Schlange umgarnte er seinen Gefangenen und löste dabei geschickt die Ketten die ihn banden. Erschöpft fiel sein Gefangener zu Boden, kaum in der Lage sich aufzurichten oder gar zu wehren.

"Siehst du, nun kannst du nicht einmal mehr stehen. Dein Körper schmerzt und brennt - ich weiß es. Und ich bin bereit dir etwas von deinem Schmerz zu nehmen ... du musst mir nur ... sagen was ich wissen will.", meinte er und kniete sich zu seinem schwächelnden Opfer nieder.

"Erzähl mir was ich wissen will und dein Leid wird ein Ende haben.", flüsterte er ihn ins Ohr, bevor er ihn mit seiner Hand über die Wangen strich. Sein zweifelhafter Blick ließ Jáin leicht angewidert zusammenzucken. Er versuchte seinen Kopf abzuwenden, doch schon bald nahmen ihn die unerträglichen Schmerzen auch das letzte bisschen Willen. Gray lächelte zufrieden als der junge Drow schließlich zusammenbrach und hob ihn auf.
 

Als Jáin seine Augen wieder öffnete, fand er sich auf einem weichen Bett in einem völlig anderen Zimmer wieder. Es war recht fein, sogar fast adelig eingerichtet, doch sein kurzes Erwachen aus seiner Trance ließ ihn nicht viel Zeit um mehr Dinge um ihn herum wahrzunehmen. Er erschrak innerlich als Gray sich plötzlich von der Seite über ihn beugte und seinem Lippen bedrohlich nahe kam. "Nun, wo du wach bist, wirst du mir alles sagen was du weißt.", meinte er und ließ seinen Atem über sein Gesicht streichen, bevor er ihm einen ersten vorsichtigen Kuss auf die Lippen gab. Der junge Dunkelelf wehrte sich nicht einmal, war er doch kaum in der Lage wahrzunehmen was mit ihm geschah. Grays Streichelleien wurden immer intensiver, sowie auch die Länge seiner Küsse, bei denen er immer mehr seine Zunge zur Hilfe nahm.

"Nun ... sprich ...", flüsterte er ihn sanft ins Ohr als er kurz absetzte. "Das Phönixschwert ... sie haben ein weiteres Phönixschwert ...", verriet sein willenloses Opfer emotionslos, was Gray ein kurzes Schmunzeln entlockte. "Brav. Zum Dank werde ich nun so gütig sein und deine Ehrlichkeit belohnen.", gab er zufrieden zurück und schmiegte sich noch etwas enger an seinen Körper. Es dauerte nicht lange und seine linke Hand wanderte bis tief unterhalb des Bauchnabels, während er dem Drow weiter leidenschaftliche Küsse am Hals und Nacken gab. Mehr instinktiv als bewusst erwiderte Jáins Körper langsam die verführerischen Gesten die man ihm zufügte. Das zunächst kaum wahrnehmbare Stöhnen der beiden wurde umso intensiver als Gray seine Aktionen auf die inzwischen entblößte untere Körperhälfte des Kämpfers verlagerte, wo er eine Zeit lang verweilte. Fast ohne Druck legten sich die Arme des Dunkelelfen auf dessen Kopf, so als wollten sie sagen das er dort bleiben sollte und doch wichen sie als er sich wieder aufrichtete.

Vorsichtig hob Gray schließlich den Körper des Dunkelelfen an und setze sich hinter ihn, um von dort seine Gelüste weiter auszuüben. Jáins willenloser Zustand endete nicht einmal mit einem tiefen Schmerz, den er verspürte als Gray ihn nahm. Seine Stimme versagte vollends, ebenso wie das letzte bisschen Willen das er noch aufgebracht hatte. Mit geweiteten Augen und zitternden Körper nahm er die eisige, aber auch angenehme Wärme Grays entgegen. Zu spät war ihm bewusst geworden was die Droge mit ihm angerichtet hatte. Schwach und entkräftet wie er war ließ er Gray widerstandslos fortführen was er angefangen hatte.
 

Die eisige Kälte des feuchten Bodens war das erste was er spürte als er aus seiner Trance erwachte und die Wirkung der Droge nach ließ. Er fand sich an einem dunklen Ort wieder, der den Eingang zu Moguls unterirdischer Feste darstellte. Einzig ein schmaler Steg, der über eine Schlucht führte und ein dunkler Höhleneingang boten sich als rettender Weg an. Seine Kleider waren feucht vom Boden und er fror entsetzlich. Er versuchte aufzustehen, doch da hörte er bereits wie sich ihm zwei Gestalten näherten. Wieder waren es Gray und Leath, der als eine Art Leibwache fungierte. Jáin hatte keine Erinnerung daran was passiert war und hielt sich den Kopf. "Wo bin ich? Was ist passiert?", fragte er mit schmerzverzerrten Gesicht.

"Ich habe dich hier her gebracht weil ich dir eine letzte Frage stellen werde.", meinte der Mann mit dem grau-weißen Haar nüchtern und drückte seinen Fuß auf seine Brust. "Frage? Was für eine Frage?", wunderte sich der junge Kämpfer. "Du bist ein Drow ... genau wie Leath. Du warst ein angenehmes Erlebnis für mich. Ich biete dir an dein Leben zu verschonen, wenn du mir als Sklave dienst. Ich habe noch viel vor wenn all das hier vorbei ist.", tönte er hochnäsig zu ihn herunter. "Das könnt Ihr vergessen! Ich werde mich euch nie unterordnen!", gab Jáin verbissen zurück, worauf er seinen Fuß von seiner Brust entfernte.

Die Strafe für seine Worte folgte zugleich. Gray richtete eine Handfläche auf ihn, worauf der junge Abenteurer von einer Druckwelle erfasst und zu Boden gedrückt wurde. Es war als wogen Tonnen auf ihn und dennoch fand er die Kraft seinen Finger zu erheben um einen Gegenzauber zu starten. Der Zauber scheiterte und Gray begann höhnisch zu lachen. "Das kannst du dir sparen. Ich bin ein Meister der Telekinese. Mit Magie wirst du gar nichts gegen mich ausrichten können.", entgegnete er sichtlich erheitert vom verzweifelten Versuch des Halb-Drow.

Unbarmherzig erhöhte er den Druck, was Jáin mehr und mehr in den Boden presste.

"Weißt du warum ich diesen Ort ausgesucht habe, Drow? Er ist der Anfang und das Ende. Dies ist der Eingang zu dem Ort an dem ich so viele Jahrtausende hausen musste, doch schon bald werde ich endlich frei sein. Du hast dich gegen mich entschieden ... und wirst dafür mit dem Tod bezahlen. Schon bald werden deine beiden Gefährten hier eintreffen um dich zu rächen, doch sie werden nichts weiter als deine Leiche finden.", posaunte Gray stolz hervor. Die Schmerzen des jungen Halb-Drow wurden immer stärker und er spürte wie seine Knochen langsam zu brechen drohten. Sein tränenerfüllter Blick fiel auf Leath, der ungerührt neben seinem Peiniger stand.

"Vater! Das kannst du nicht zulassen! Hilf mir!", flehte er wehklagend, aber er zeigte sich nicht im geringsten von seinen Worten berührt.

"Vergiss es! Er wird dir nicht helfen. Er teilt meinen zukünftigen Weg. Wenn ich mit der Göre erst einmal fertig bin werde ich mich um den Rest des Hochelfenvolkes kümmern. Sie haben es schließlich zu verantworten das ich hier eine Ewigkeit eingesperrt war!", gab Gray stattdessen zurück.

"Vater! Nein! Rechtfertigt denn der Tod eines Unschuldigen ... den Tod tausender Unschuldiger?!", erwiderte er in Richtung seines Vaters. "Dein Schmerz wird nicht erlöschen, nicht auf diese Weise!", ergänzte er aufschreiend. "Schweig!", schrie Gray dazwischen und verstärkte die Kräfte die auf Jáin wirkten noch ein weiteres mal.

Leaths Mimik regte sich. Zweifelnd begann er zwischen seinem Sohn und seinem Meister hin und her zu schauen. "Ahhh! Man kann die Vergangenheit nicht rückgängig machen, aber man kann aus Fehlern der Vergangenheit lernen und die Zukunft besser gestalten ... auf das nicht noch mehr so leiden müssen wie du!", meinte der junge Halb-Drow mit letzter Kraft und trauriger Miene. Wenn gleich seine Stimme verstummte und er in Bewusstlosigkeit entschwand, so erreichten diese Worte seinen Vater, dessen finstererer Blick erklarte.

"Der einzige der hier leiden wird bist du! Und nun stirb!", fauchte Gray erzürnt, bereit dem Leben des jungen Kämpfers ein Ende zu bereiten. Es sollte nicht mehr dazu kommen als ihn Leath von hinten ergriff und in die Luft erhobt. "Leath! Was tust du da?! Lass mich runter!", schrie Gray erbost und wild herumfuchtelnd. "Wie ihr wünscht ... Meister!", gab er nüchtern zurück und warf ihn ins Dunkel der schier nicht enden wollenden Schlucht.

Gray schrie, doch er fiel so tief das sein Schall Leath bald nicht mehr erreichte. Mit trüben Blick kniete er sich neben seinen Sohn und hob seinen geschundenen Körper auf. Zum ersten mal in seinen Leben bereute er seine Taten und er fragte sich ob es das alles Wert war. So sehr er es auch abtun wollte, sein Sohn hatte recht mit dem was er gesagt hatte. Es war nicht das erste mal das er zweifelte und das hatte er seinem eigen Fleisch und Blut zu verdanken. Nachdenklich sah er auf seine metallische Hand, die er als Zeichen der Ehre trug. Diese Wunde seiner Vergangenheit verbarg er nicht, die seelischen Wunden dagegen schon.

Langsam schritt er über den Steg zum Ausgang hinweg. Er trug seinen Sohn wie einen gefallen Krieger vom Schlachtfeld, der begriffen hatte das ihm seine Rachegefühle am Ende nur noch mehr Leid zugefügt hatten. Dieses Kapitel seines Lebens ließ er nun hinter sich, während für Shane und Kyren das schlimmste noch bevor stand. Tief in den Hallen von Moguls einstiger Feste hörte man bereits Gray irres Gelächter, denn er war bereits wieder auferstanden ...

Folge 70: Verlorener Sieg

Obwohl Kyren und Shane schon den ganzen Morgen die Umgebung abgesucht hatten, konnten sie ihren dunkelhäutigen Gefährten nicht finden. Shane ahnte bereits schlimmes, denn er hatte sich am Abend zuvor schon seltsam benommen. Schließlich gab man auf, mit der Erkenntnis das er wahrscheinlich alleine ins Schloss gegangen war. Sein Weggang schlug auf die Stimmung und so saß man den Vormittag über auf einem großen Stein in der winzigen Hoffnung das Jáin wieder zurückkommen würde.

"Warum so betrübte Gesichter?", fragte auf einmal ein Mädchen hinter ihnen, deren Kommen sie nicht bemerkt hatten. Die Stimme die man hörte kam ihnen bekannt vor, weshalb man sich überrascht umdrehte. "Larissa!", riefen sie synchron, sichtlich erstaunt das Erscheinen ihrer alten Weggefährtin. Sie hatte sich kaum verändert und wirkte doch reifer und ausgeglichener als zuvor, was sicher auch daran lag, dass ein Erzengel war. "Hi, ich dachte ihr könnet etwas himmlischen Beistand gebrauchen.", erwiderte sie lächelnd. "Was machst du hier?", fragte Shane erstaunt, der nicht damit gerechnet hatte das die einstige Helm-Priesterin zu ihnen auf Erden kommen würde. "Habt ihr etwa geglaubt die Götter würden eure Mission nicht unterstützen? Ich bin hier um zu helfen.", antwortete sie kess, mit entsprechender Geste.

"Kannst du uns etwa sagen wo Jáin ist?", fragte Kyren mit besorgten Blick, was der guten Stimmung des Erzengels ein wenig Abbruch tat. "Nun ja ... soweit ich weiß war er in Grays Fänge geraten. Er soll sich wohl befreit haben, wie mir zu Ohren gekommen ist. Entschuldigt das ich nicht mehr weiß.", gab sie leicht nervös zurück, die Fingerspitzen ihrer Zeigefinger aneinandertippend. "Dann geht es ihm gut? Wie erleichternd.", freute sich Kyren, wogegen ihr Gefährte deutlich interessierter war. "Warte! Woher weißt du von unseren Gegnern? Was hat man dir noch alles erzählt?!", fragte er mit strengen Blick.

"Äh, ich weiß wirklich nicht mehr als ihr. Aber nun kommt. Nehmt meine Hände. Ich bringe euch nach Tyraturos. Gray hält sich nach letzten Informationen dort auf. Die Burg war als Falle gedacht, doch um Glück seid ihr nicht gekommen.", meinte Larissa sichtlich in Hektik verfallen und reichte ihnen ihre Hände. Für Shane war klar das sie etwas verbarg. Er fragte sich was ihr die Götter wohl wirklich aufgetragen hatten. Noch einmal sah man sich abstimmend in die Augen und nickte sich zu. Es war klar, dass die finale Schlacht bevorstand. Danach, so war sich der junge Halbelf sicher würde Larissa vielleicht mehr erzählen.
 

Sie brachte die beiden Abenteurer per Teleport bis zum Eingangsbereich einer Höhle. Sie war finster, jedoch durch einige Fackeln erhellt. Ein mulmiges Gefühl durchschlich Kyren, denn vor ihr lag ein schmaler Steg, der über eine tiefe Schlucht führte. Zwar hatte er an den Seiten Geländer, aber der Anblick des schier unendlichen Abgrunds machte ihr dennoch zu schaffen. Sie schluckte tief und drehte sich nervös zu ihren Gefährten um. "Müssen wir da wirklich rüber?", fragte sie ängstlich schwitzend. "Ja ... also gehen wir.", erwiderte Shane unbedenklich und ging seelenruhig voraus. Er wollte endlich ein paar Antworten und die konnte er von niemand anderen als von Gray selbst bekommen. Zu viele hatten in diesen Spiel bereits leiden müssen, ohne das man wusste wofür man wirklich kämpfte.

"Was ist mit dir Larissa? Willst du mich mit deinen Engelsflügeln nicht auf die andere Seite helfen?", fragte Kyren verlegen. "Ah ... tut mir Leid, aber ich werde euch nicht weiter begleiten können. Auf diesen Ort liegt ein Fluch ... eine dunkle Macht die es einen Engel wie mir nicht gestatten würde, weiter zu gehen.", gab sie mit um Verzeihung bittender Geste zurück. "Keine Sorge. Ihr schafft das schon.", ergänzte sie mit aufbauender Mimik und gab der kleinen Elfe einen Schupps, so dass sie unfreiwillig auf den Steg stolperte.
 

Kyren zitterten selbst dann noch die Knie nachdem sie den Steg schon längst überquert hatte. Dieses mal war es jedoch nicht die Höhe die ihr Angst machte, sondern das was ihnen bevorstand. Mit Shane als Fackelträger hatte sie wenigstens genug Licht um sich nicht auch noch vor der allgegenwärtigen Dunkelheit zu fürchten.

"Weißt du überhaupt wo es lang geht?", fragte sie unsicher, worauf er plötzlich inne hielt und sich zu ihr umdrehte. "Nein, aber er erwartet uns bereits. Ich spüre seine Präsents überdeutlich, fast so als wollte er das wir ihn finden", sagte er mit nüchternen Blick und ging weiter. "Eine Falle?", erwiderte Kyren verängstigt, was er nickend bestätigte. "Keine Angst. Ich glaube das du sicher bist. Dich will er definitiv lebend.", meinte er mit angespannter Miene, auch wenn es sie nicht wirklich beruhigte.

Ohne das es ihr wirklich bewusst gewesen war, erkannte sie wieder einmal was für ein guter Freund er war. Obwohl er seine Schwester wieder hatte und Mogul bereits geschlagen war, hielt er zu ihr und setzte sogar sein Leben ein um sie zu schützen, ohne das er noch viel mit der Sache zu tun hatte. Als sie ihn ansah legte sich ein zufriedenes Lächeln auf ihre Lippen. "Danke ...", sagte sie zögerlich, was ihn verwundert aufstutzen ließ. "Wofür?", fragte er irritiert. "Danke das du mir beistehst.", ergänzte sie leicht errötet nach unten schauend. Nun lächelte auch er ein wenig und richtete seinen Blick wieder nach vorn. Es war seltsam, denn obwohl man sich in große Gefahr begab, blieb man so ruhig und entspannt als ob nichts wäre. Man strotze nur so vor Optimismus, wenn gleich man nicht ausschließen konnte, dass sie den schlechten Tatsachen nicht ins Gesicht sehen wollten.
 

Schließlich erreichten sie eine große Halle in dem Shanes Fackel nicht länger von Nöten war. Der ganze Raum war durch duzende andere Lichtquellen hell erleuchtet.

Der Saal unterschied sich gewaltig von all den anderen Räumen an denen man bisher vorbei gekommen war, denn dieser war an den Wänden, die aus puren Gold zu bestehen schienen, und sogar am Boden mit allerlei mystischer Elfenzeichen übersäht. Alles wirkte wie aus einer anderen Zeit. Am Ende der Halle befand sich eine sonderbare Wandfläche, die sich von den anderen abhob. Sie war aus Bronze gefertigt und in der Platte waren alten Zeichnungen gemeißelt, die von einem großen Kampf erzählten. In der Mitte der Platte hoben sich zwei Vertiefungen hervor, die menschlichen Konturen ähnlich sahen. "Was ist das für ein Raum?", fragte Shane verwundert und steckte seine Fackel in eine nahegelegene Halterung.

"Dieser Raum wird eurer Grab für die nächste Ewigkeit sein.", gab eine bekannte Stimme hallend zurück. Es bedurfte nicht viel Fantasie um zu erkennen, das es Gray war, der zu ihnen gesprochen hatte, doch noch war nicht klar wo er sich versteckt hielt.

Schließlich trat er hinter einer der vielen rhystischen Steinplatten hervor, die überall im Raum verteilt standen. Sein Gang war lässig, seine Hände in seinen Seitentaschen gesteckt, fast so als ob all das für ihn nur ein Spiel war. "Ich habe diesen Ort gewählt, weil er der Anfang vom Ende für mich sein wird - das Ende eine Tausend Jahre lang andauernden Qual.", erzählte er und schritt gemächlich auf die beiden Abenteurer zu. "Es wird ganz fair ablaufen. Nur ihr beide und ich. Heute wird es ein für alle mal vorbei sein. Schon viel zu lange konntest du dich meinen Fängen entziehen, Elfenmädchen. Nun steht mir Mogul nicht mehr im Weg. Ich brauche ihn nicht mehr.", ergänzte er mit nüchternen Blick, bevor er in einigen Metern Entfernung vor Shane und Kyren zum stehen kam.

Shane stutzte, denn sein Gegner trug keine Waffe mit sich. Er war sich daher sicher es mit einen Magiekundigen zu tun zu haben, doch er konnte nichts dergleichen von ihm ausgehen spüren. "Ihr ... Ihr habt keine Waffe ... und scheint kein Magier zu sein. Seid Ihr hier um zu kämpfen oder um euch zu ergeben?", fragte er verunsichert und öffnete nebenbei seinen nimmervollen Beutel, den Jáin ihn gegeben hatte.

"Ergeben? Wohl kaum. Euch ist offenbar nicht klar wie gewaltig ich euch überlegen bin.", gab er schmunzelnd zurück. "Mag sein das Ihr ein guter Nahkämpfer seid, aber ich bin ein ebenso guter Schwertkämpfer, falls Ihr es noch nicht wusstet.", erwiderte Shane entschlossen und zog ein Phönixschwert aus dem Beutel hervor. Gray wirkte zufrieden, denn es war genau so wie Jáin es gesagt hatte. "(Wie erwartet. Noch ein Phönixschwert, aber darauf bin ich vorbereitet.)", dachte er still vor sich hin.

"Ja! Und ich werde dich mit meiner Magie unterstützen!", rief Kyren ermutigt von der Ansprache ihres Gefährten, doch dies beeindruckte ihren Gegenüber nicht im geringsten.

"Sieh an ... noch ein Phönixschwert. Ich gebe zu unter anderen Umständen wäre ich überrascht, aber euer dunkelhäutiger Freund sah sich gezwungen mir einen Tipp zu geben. Er hat lange durchgehalten, doch schließlich war es ihm ein dringendes Bedürfnis mir mitzuteilen was ihr gegen mich plant. Wirklich clever. Ich hatte euch unterschätzt, aber das spielt keine Rolle mehr.", entgegnete er arrogant grinsend.

"Was habt Ihr mit Jáin gemacht?! Wo ist er?!", fauchte der junge Halbelf wütend zurück. "Oh, ich weiß nicht wo euer Freund ist. Leath ist gegangen und hat ihn mit sich genommen. Wie ihr seht sind wir ganz alleine hier. Niemand wird euch mehr zu Hilfe kommen können.", antwortete er uneingeschüchtert.

"Dann lass es uns jetzt zu Ende bringen. Mogul hat bereits für seine Taten bezahlt. Wird Zeit das Ihr ihm in der Hölle Gesellschaft leistet.", meinte Shane entschlossen. "Weswegen denn? Was wirfst du mir denn grausames vor? Das Elfenmädchen zu entführen ist doch nun wahrlich kein Schwerverbrechen, oder? Mit Moguls Taten habe ich nicht das geringste zu tun.", erwiderte er leicht ironisch, worauf Kyren einen Vorstoß wagte.

"Dennoch habt Ihr nichts unternommen um ihn zu stoppen!", warf sie in aufgeregter Tonlage ein. "Natürlich nicht. Seine Existenz konnte ich nur begrüßen. Ursprünglich sollte er mit dir den Platz an der Wächterwand einnehmen, doch er war nicht länger tragbar dadurch das er deinen Tod wollte. Ich schätze der Halbelf mit dem göttlichen Blut tut es auch.", tönte er hochnäsig zurück. "Was? Wovon redet Ihr?!", fragte Shane nervös mit Blick an die bronzene Wandtafel.

"Aber das ist doch ganz einfach. Das Elfenmädchen wird mit mir tauschen, auf das ich endlich frei sein kann und ihr auf alle Ewigkeit an diesen Ort verbannt sein werdet.", erklärte er mit umschweifender Geste auf die Vertiefungen in der Wand. "Ihr seid an diesen Ort verbannt?", wunderte sich der junge Halbelf.

"Ganz recht. Und das nur wegen einer fünftausend Jahre alten Sache. Wenn ich mit euch fertig bin werde ich endlich frei sein und euch gebührt die Ehre über diesen Ort zu wachen.", gab er vorfreudig zurück.

Kyren wirkte nachdenklich und kratzte sich grübelnd am Kinn. "Ich weiß nicht Shane. Irgendwie kommt mir das Szenario bekannt vor.", meinte sie unsicher. "Was meinst du?", fragte er verwundert.

"Genug geredet! Greift mich an wenn ihr wollt. Für euch ist hier Endstation!", rief er mit irren Blick und streckte seinen Arm nach ihnen aus. Shane wusste kaum wie ihm geschah als die Augen seines Gegners plötzlich blau erleuchteten und er und Kyren von einer Druckwelle davon geschleudert wurden.

Es kostete Gray nicht viel Kraft dem am Boden liegenden Halbelfen das Phönixschwert zu entreißen, das wie von einen Magneten angezogen zu ihn rutschte. "Was ... was war das?!", staunte sein junger Gegner überrascht, während Gray die Waffe aufhob. "Das war ja einfacher als gedacht. Und nun seht was ich allein mit der Kraft meiner Gedanken vollbringen werde.", erwiderte er und warf das Schwert in die Luft. Wieder glühten seine Augen blau auf, doch diesmal war sein Ziel das Phönixschwert, das unter den Drück seine psychischen Kräfte in duzende Teile zersplitterte.

"Oh nein!", rief Kyren geschockt, wohlwissend das er soeben die einzige Hoffnung im Kampf gegen ihn vernichtet hatte. Ihr blieb jedoch kaum Zeit um dem Schwert nachzutrauern, denn die nächste seiner Attacken richtete sich wieder gegen ihren Gefährten.

Die Kraft seiner Gedanken war dieses mal so heftig das es Shane glatt durch einen der alten Steine riss, bevor sein Flug von einer Wand gebremst wurde. Sein schmerzerfüllter Aufschrei trieb ihr fast die Tränen in die Augen. "Shane!", rief sie besorgt und eilte ihm zu Hilfe.

Gray ließ sie gewähren, folgte ihr aber in gemächlichen Schritt. "Shane! Alles in Ordnung?!", fragte sie aufgeregt, bereit einen Heilzauber anzuwenden. "Hab mich schon mal besser gefühlt.", erwiderte er scherzend, mit zugekniffenen Auge und raffte sich mühsam auf.

"Tja, tja, sieht so aus als ob ich tatsächlich der Sieger bin.", tönte Gray siegessicher und applaudierte sich selbst, doch Shane wollte nicht so einfach aufgeben, egal wie viel telekinetische Kraft sein Gegner hatte. "Eine Frage noch, Gray. Warum ausgerechnet Kyren? Warum nicht irgend jemand anders?", entgegnete er ihm mit verbissenen Gesicht, auch um etwas Zeit für einen Alternativplan zu schinden.

"Ganz einfach. Weil ich einen gleichwertigen Ersatz brauche.", gab er schmunzelnd zurück und richtete seinen Arm zur finalen Attacke auf den jungen Halbelfen. Dieser zeigte sich von dieser Antwort verblüfft. Zweifelnd sah er zu Kyren, die ebenfalls etwas durcheinander wirkte. "Was ... ein kleines Elfenmädchen soll ein gleichwertiger Ersatz für euch sein?", wunderte er sich.

"Es ist nichts worüber du dir länger Gedanken machen musst. Du wirst gleich ohnehin nicht mehr in der Lage sein daran etwas zu ändern.", erwiderte Gray arrogant.

Kyrens Herz schlug wild auf bei dem Gedanken das Shane etwas schlimmes zustoßen sollte. Nie wollte sie zulassen das er wegen ihr ein grausiges Ende erleiden musste. Ihr war nicht ganz klar was Gray gemeint hatte als er von einen gleichwertigen Ersatz sprach, aber dennoch gab es ihr den Mut ihn mit einigen ihrer Zauber zu attackieren. "Lass ihn in Ruhe!", schrie sie erbost und wendete sich Gray zu. Dieser stutzte etwas als sie ihre Hände auf einmal für einen Zauber in Stellung brachte und diesen gegen ihn richtete. "Säurepfeil!", rief sie lautstark und beschwor ihren ersten Zauber.

Er wich jedoch geschickt aus, wenn gleich er seinen Angriff abbrechen musste. "Daneben!", stellte Kyren enttäuscht fest, aber Shane schaltete schnell. "Warte! Er ist deinem Zauber ausgewichen. Er kann deine Magie nicht mit seiner Macht blocken. Mach weiter! Gib alles was du hast!", rief er ihr aufgeregt zu. Sie zögerte nicht lange und legte gleich ein paar Zauber nach. Tatsächlich verfinsterte sich Grays Mimik einen Augenblick lang, denn er sah sich gezwungen den Zaubern auszuweichen. Unablässig feuerte die kleine Elfe Flammenpfeile, Säurepfeile und magische Geschosse auf ihn ab, weshalb er keine Gelegenheit zum Angriff mehr bekam.

"Lass es sein, Mädchen! Du zögerst eure Niederlage nur unnötig hinaus. Früher oder später wirst du zu erschöpft sein um mich weiter auf Distanz zu halten.", entgegnete er Kyren, die bereits erste Anzeichen von Erschöpfung erkennen ließ. "Das ist mir egal!", konterte sie aufgebracht und feuerte eine weitere Ladung magischer Geschosse auf ihn ab, die auch einige der alten Steinrelikte zerstören und Gray in eine Staubwolke hüllten.

So ungern sie es auch einsah, er hatte recht mit dem was er gesagt hatte. Sie wusste nicht wie lange sie noch durchhalten konnte, aber sie hoffte Shane somit etwas Zeit zu verschaffen, damit er sich einen Plan ausdenken konnte. Shanes Mimik jedoch war verbissen, denn auch wenn er noch das Schwert hatte, das ihn sein Vater in Starmantle gab, vollständig vernichten konnte man ihn sicher nicht, selbst wenn es ihm gelänge gegen seine Kräfte anzukommen.

Gray lachte als er merkte das der Elfin die Kräfte ausgingen und sich die Staubwolken um ihn herum legten. "Ihr Narren. Ihr habt rein gar nichts erreicht.", meinte er siegesgewiss und fixierte seinen Arm wieder in Richtung des Halbelfen. Die Lage hatte sich nur kurzzeitig entspannt, denn nun schien es als ob ihn nichts mehr stoppen konnte.

Grays Mimik erstarrte plötzlich als er einen reißenden Schmerz in seinen Rücken spürte. Seine Augen weiteten sich und als er an sich herabsah entdeckte er einen Arm, der aus seinem Bauch ragte. "W-was ...", stotterte er geschockt. Erst als sich der Rauch um ihn legte, merkte er das jemand hinter ihm stand.

Auch Shane und Kyren erschraken als sie auf einmal Diron hinter Gray erblickten, der ihn mit der bloßen Hand durchbohrt hatte. "D-Diron ... du? Wie ... nein ... das kann nicht sein.", ächzte Gray mit Blick auf seinen Hintermann. "Ihr habt eines nicht bedacht, Gray. Das Phönixschwert ist nicht die einzige Möglichkeit euer Leben ein für alle mal zu beenden. Der Überraschungsmoment war auf meiner Seite und nun verabschiede dich von dieser Welt.", sagte Diron mit kühlen Blick. "Jetzt ... verstehe ich, du Bastard. Jetzt macht alles einen Sinn. Das war von Anfang an alles so geplant. Du hast uns nur aus diesen einen Grund erweckt ... arg.", erwiderte er mit schmerzerfüllten Gesicht.

"Diron? Du ... du hast uns gerettet?", staunte Kyren verblüfft, während Gray weit weniger begeistert war. "Ihr Narren! Ihr wisst ja gar nicht was für Konsequenzen mein Tod hat! Die Welt wie ihr sie kennt wird schon bald aufhören zu existieren. Ihr werdet alle verdammt sein! Nun seht zu wie ihr mit der Bestie Faerûns fertig werdet.", fauchte er erbost, bevor Diron ihm ein Ende bereitete. "Genug! Du hast deinen Zweck erfüllt.", tönte der Nekromant mit eiskalten Blick und entfesselte in seinem Arm eine Magie, die Gray das gleiche Schicksal erleiden ließ wie Mogul zuvor. Laut aufschreiend verschwand auch er im Licht einer Windhose bis schließlich nichts mehr von ihm übrig war.
 

Dirons Miene war finster und es sah nicht so aus als ob er gekommen war um ihnen zu helfen. Dennoch stellte sich ihm ein anderes Problem in den Weg, denn die Höhle begann auf einmal zu bröckeln und zu beben.

"Was ist das?!", rief Kyren ängstlich. "Ein Beben! Die Höhle stürzt ein! Wir müssen hier raus!", gab Shane aufgeregt zurück und nahm sie an der Hand. Diron hingegen blieb unbeeindruckt an Ort und Stelle stehen, während riesige Gesteinsbrocken um ihn herum aus der Decke rissen und nieder fielen.

"Geht nur ... mein Meister erwartet euch.", tönte er ihnen hinterher, wenn gleich nicht klar war ob sie seine Worte bei all dem Krach überhaupt hören konnten.

Die beiden Gefährten liefen so schnell sie konnten davon. Sie wussten, dass wenn sie nicht rasch genug den Ausgang erreichen würden, sie hier begraben werden würden. Die Gänge wurden immer enger und hinter ihnen fielen sie bereits vollständig in sich zusammen. Kyren wurde jedoch immer langsamer, war sie doch noch zu erschöpft von den vielen Zaubern die sie gegen Gray geübt hatte. Schon bald merkte Shane das er sie mehr zerrte als das sie lief und entschied sich ihr die Last des Laufens abzunehmen. "Schnell! Steig auf meinen Rücken!", rief er und kniete sich etwas nieder. Sie war bereits so außer Atem das sie nicht einmal antworten konnte und tat einfach was er sagte. Mit ihr als Gewicht drohte er jedoch bald zu langsam zu sein, da er aufpassen musste sie nicht während eines Sprungs oder beim Ausweichen zu verlieren. "Shane ... wir schaffen es nicht. Du musst mich zurück lassen.", meinte Kyren mit trauriger Stimme, die sich so fest an ihn klammerte wie sie nur konnte. "Von wegen! Ich lasse dich auf gar keinen Fall zurück, hörst du! Ich will dich nicht auch noch verlieren. Ich lasse dich nicht im Stich.", erwiderte er entschlossen, was Kyren sichtlich rührte, auch wenn es sie im ersten Moment erschrak.

Nur einen Moment später erreichten sie den Ausgang von Moguls Feste, wo Larissa am anderen Ende des Stegs bereits auf sie wartete. "Shane! Kyren! Beeilt euch!", rief sie ihnen besorgt entgegen.

Der Steg war die letzte Hürde, doch zugleich auch die schwerste. Shane hatte es fast auf die andere Seite geschafft, da rissen die Verankerungen aus den Boden und ließen das Konstrukt in sich zusammen fallen. Der junge Halbelf versuchte sich noch durch einen Sprung zu retten, doch es fehlte ihm an Ende ein Meter zum rettenden Felsvorsprung. Seine Augen weiteten sich, denn der Sturz in die Tiefe würde sicher kein angenehmes Ende für ihn und Kyren bedeuten. Larissa reagierte jedoch schnell und griff mit einer ihrer Engelsranken nach ihm, so dass sein Fall nicht allzu lange andauerte. Ohne große Mühe zog sie ihn und Kyren hinauf, von wo es nur noch ein paar Meter zum Eingang des unterirdischen Verstecks waren.
 

Als man die Oberfläche erreichte, fand man sich in den Ruinen nahe einer großen Stadt wieder. Schließlich endete das Beben, ausgelöst durch die einstürzende Höhle und eine Rauchwolke entstieg aus dem Eingang. "Geschafft.", ächzte Kyren glücklich und legte sich mit ausgebreiteten Gliedern auf den Rücken nieder.

"Das war knapp.", stimmte ihr Gefährte zu und kniete sich auf den Boden, wo er nach Luft schnappte. "Ihr wart großartig.", meinte Larissa, die freudig ihre Hände ineinander schlug. "Ja? Dann kannst du uns ja jetzt die ganze Wahrheit sagen. Ich hab' nämlich das Gefühl das wir gerade riesen Mist gebaut haben!", gab Shane leicht verärgert zurück. "Ja ... du hast recht.", antwortete sie in reuevollen Ton und senkte ihren Kopf bedächtig ab.

"Ich verstehe das einfach nicht, Larissa. Gray hat so seltsame Dinge gesagt. Warum wurde er von Diron getötet? Ich dachte er wäre auf seiner Seite. Das ganze ergibt doch überhaupt keinen Sinn. Ich will endlich ein paar Antworten.", erwiderte er sichtlich zerknirscht. Seine Fragen sollten schnell in den Hintergrund geraten, denn das nächste Unheil stand bereits bevor.

Kyren traute ihren Augen kaum als sie in den Himmel sah, der sich in rasender Geschwindigkeit verfinsterte. "Leute ...", gab sie besorgt von sich, so dass auch ihre Freunde schnell merkten das etwas nicht stimmte. Dunkle Wolken zogen auf, begleitet von einen dumpfen Grollen und formten einen unheilvollen Strudel am Himmel. Es war klar das dies kein normales Wetterphänomen sein konnte.

"Sieht nicht gut aus. Da braut sich was zusammen.", meinte Shane mit Blick nach oben. Selbst Larissa wirkte nicht so als ob sie mit etwas derartigen gerechnet hatte und verharrte regungslos an Ort und Stelle. "Also, das musst du mir nun aber auch erklären.", meinte Kyren leicht zynisch und brachte Larissa immer mehr in Erklärungsnot. "Die Zeit drängt. Die Götter bauen einen Schutzwall auf. Sie fürchten sich.", erwiderte die Erzengelin. "Fürchten? Vor wem?", hakte Shane nach. "Vor der Bestie Faerûns.", gab sie mit besorgten Blick auf Tyraturos zurück.
 

Diron bekam von all dem nur wenig mit. Einsam stand er in einer nahezu leeren Kammer umgeben von nichts weiter als Dunkelheit. Vor ihm befand sich ein Behältnis, ähnlich dessen in denen er schon Alexandra und Leath gehalten hatte. Die Siluette eines kleinen Mädchens schimmerte im schwachen Licht der enthaltenen Flüssigkeit hervor. Zögerlich legte er seine linke Hand aufs Glas und senkte seinen Kopf in Trauer. "Bald ... bald hat dieser Alptraum ein Ende.", sagte er leise und schloss seine Augen, die den Kampf mit den Tränen zu verlieren drohten.

Er erinnerte sich an die Zeit zurück als er noch ein kleiner Junge war. Obwohl gerade einmal zehn Jahre, wollte er unbedingt schon ein großer Zauberer werden. Die Magie faszinierte, die Magie fesselte ihn, doch all dies war ihm nichts wert im Vergleich zu dem Mädchen das er praktisch schon seit Geburt an kannte. Kassandra war ihr Name und sie war das Mädchen seines Herzens. Fast jeden Tag trafen sie sich zum spielen und toben. Sie war ein fröhliches, herzensgutes Mädchen, das sich gleichermaßen um ihn sorgte wie auch neckte. Gerne sah er ihr dabei zu wenn sie ihr langes blondes Haar kämmte, doch schon ihr Lächeln bereitete ihm Freude genug.

Obwohl beide noch so jung waren, liebte er sie aus ganzem Herzen, wenn gleich er nicht wusste ob ihre Freundlichkeit auf den gleichen Gefühlshintergründen beruhte. Er war zu schüchtern ihr etwas von seinen Gefühlen zu erzählen, aber es störte ihn auch nicht solange er nur etwas Zeit mir ihr verbringen konnte.

Sie waren ein unzertrennliches Duo, doch kurz nach ihren zehnten Geburtstag änderte sich all dies schlagartig. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Es hieß das die Kutsche mit der Kassandra und ihre Eltern nach Hause unterwegs waren, in einen Überfall von Räubern geraten war. Niemand überlebte das Massaker und für ihn brach damals eine Welt zusammen. Das die Täter gefasst und hingerichtet wurden gab ihm keinen Trost. Fast drei Tage lang saß er regungslos an ihren Grab ohne etwas zu essen und ohne etwas zu trinken, bis er schließlich erschöpft zusammen brach. Als er im Hause seiner Eltern aus dem Koma erwachte, war er nicht mehr der selbe wie zuvor. Es war fast so als hatte man ihm die Kindheit geraubt, so seltsam verhielt er sich.

Tag und Nacht studierte er Bücher, die Magie der Totenlehre, um sich selbst die Fähigkeiten anzueignen die er brauchte um Kassandra ins Leben zurück zu holen. Bald sah er ein das die Bücher die er hatte nicht genug Wissen enthielten um sich die Lehre der Nekromanie anzueignen. Er verließ sein zuhause und zog durch die Welt, stets im Drang sein Wissen zu erweitern. Er brach in Tempel verschiedenster Götter ein um sich die Informationen die er brauchte aus den Büchern zu holen. Seine Fähigkeiten stiegen und seine Macht wuchs. Trotz seines jungen Alters war er bereits ein begabter Magier, wenn gleich ihm noch immer nicht die Mittel zu teil wurden, wie er das Mädchen seines Herzens vom Tod befreien konnte. Für ein Kind war es schwer Geduld zu üben und so kehrte er mit dreizehn Jahren an die Grabstätte von Kassandra zurück. Am Rand des Wahnsinns glaubte er die Magie zu beherrschen, die er benötigte und ignorierte die Tatsachen. Es gelang ihm zwar sie wieder zum Leben zu erwecken, doch das Resultat brach ihm fast das Herz. Seine Hände zitterten und sein Geist schmerzte als er merkte das es ihm nur gelungen war sie als willenlose Untote wieder zu erwecken.

Dennoch hatte er sie wieder und auch wenn sie nicht mehr als eine Puppe war, so war er für eine Zeit lang wieder glücklich, stets in der Hoffnung eine Magie zu finden, der sie wieder zu einen richtigen Menschen machen konnte. Seine Hoffnungen fanden ein baldiges Ende als er sie für einen Moment allein an einen Rastplatz zurückließ und Holz für ein Lagerfeuer zu sammeln. Er war nur kurz weg, doch diese Zeit reichte einer Gruppe von Knappen, die sich als Paladine beweisen wollten, um das wehrlose Mädchen zu vierteilen und zu zerstückeln.

Weinend hielt er ihren Kopf in den Händen und fragte nach dem warum. Nie wollte er verstehen warum man sie getötet hatte. Es war der Tag an dem er die Götter in alle Ewigkeit verdammte, die das untote Wesen des Mädchens nicht dulden zu wollen schienen. Es dauerte viele weitere Jahre in denen er ihren Körper durch Tränke, Zauber und Näharbeiten wieder zusammen fügte, doch er war, wie auch an diesen Tagen noch, weit von der Macht entfernt einen toten Untoten wieder zu menschlichen Leben zu erwecken. Die Männer die sie töteten entkamen seiner Zeit, auch wenn sie sich nicht ewig seiner Rache entziehen konnten. Unter ihnen war auch Sejyas Stiefvater gewesen, der wie all die anderen mitsamt ihren Familien seinem blinden Hass zum Opfer gefallen waren. "Verzeih mir, Kassandra.", sagte er mit verbitterter Stimme und ließ von ihren Behältnis ab. Für einen kurzen Moment fühlte er seine Schuld, aber er wusste auch das es nun kein zurück mehr gab.
 

Kyren, Shane und Larissa waren gerade auf den Weg nach Tyraturos als sie plötzlich auf zwei Menschen stießen, die von einen anderen Weg kamen.

Man traute seinen Augen kaum, denn die beiden dort waren ihre alten Gefährten Jason und Mitch. "Jason! Mitch! Was macht ihr denn hier?!", fragte Kyren aufgeregt, wenn gleich sie erfreut zu sein schien sie zu sehen. "Kyren? Shane? Larissa? Ihr seid auch hier?", tönte es in ähnlicher Stimmlage zurück. "Was hat euch hier her verschlagen?", wollte Shane wissen, der überrascht, aber auch erfreut wirkte. "Wir wurden von jemanden gebeten nach Tyraturos zu kommen um großes Unheil zu verhindern, ein paar Wochen nachdem du aus Suldanessalar gegangen warst.", erwiderte Jason ebenso erstaunt über diese Begegnung.

"Und wo ist Zelda? Ist sie nicht bei euch?", wunderte Kyren sich als sie merkte das die schöne Waldläuferin fehlte. "Sie ist im Reich von Ashanath. Sie will versuchen dort Unterstützung aufzutreiben.", antwortete er nüchtern, worauf Shane sich wieder einschaltete. "Wer hat euch hier her beordert? Vielleicht wisst ihr ja was hier vorgeht? Larissa will es uns nicht sagen.", meinte er. "Es war ein junges Mädchen in so einen seltsamen Kutte. Sie kam auf uns zu und bat uns nach Thay zu reisen. Sie sagte das wir ein schlimmes Unheil hier verhindern müssten und unsere Hilfe gebraucht werden würde. Sie klang sehr überzeugend also haben wir uns auf den Weg gemacht.", erzählte er, bevor ihn eine weitere hinzustoßende Gestalt unterbrach. "Seltsam. Mir hat man das gleiche erzählt.", tönte plötzlich eine Stimme hinter der Gruppe hervor.

"Hey, das ist doch ...!", staunte Kyren über den jungen Mann im blauen Karatedress, der lässig an einer alten zerfallenen Häuserwand lehnte. "Lee.", ergänzte Jason mürrisch, der über den Anblick seines alten Rivalen nicht so begeistert zu sein schien.

"Tja, offensichtlich hat hier jemand die besten Kämpfer Faerûns versammelt, obwohl ich dann nicht verstehe was du hier zu suchen hast, Jasy-Boy.", gab Lee zynisch zurück. "Reiß dein Maul nicht zu weit auf, sonst werde ich dir zeigen wer hier nicht her gehört!", fauchte der junge Mönch wütend zurück. Bevor die beiden jedoch ins Raufen gerieten schaltete sich Larissa ein.

"Hört auf damit! Ihr seid bestimmt nicht so weit gereist um uns jetzt zu streiten!", mahnte sie die beiden mit strengen Blick und ging zwischen sie, worauf sie sich trotzig voneinander abwendeten.

Larissas Blick wirkte leicht wehmütig als sie so zu Mitch herüber sah. Er wirkte recht verhalten sie zu sehen. Sie schmunzelte als sie an vergangene Zeiten mit ihm zurück dachte. Shane fiel ihr merkwürdiges Verhalten auf und gesellte sich zu ihr. "Sag mal ... warum hast du nicht gesagt das Mitch und Jason hier auftauchen?", fragte er leicht irritiert, worauf sie ihren Kopf leicht absenkte. "Weil ich es nicht wusste. Mitch und ich ... wir sind schon eine Zeit lang nicht mehr zusammen.", erwiderte sie bedächtig, wodurch Kyren verwundert aufschrak. "Was? Soll das heißen ihr seid kein Paar mehr? Aber warum denn?", fragte sie ganz erstaunt. "Ich weiß, ich hatte eine schöne Zeit mit ihm, er hat mich in die Kunst der Liebe eingewiesen, aber mehr als ein paar angenehme Nächte verband uns einfach nicht. Ich bin ein Erzengel, gebunden an das Himmelsreich und er wollte lieber auf Erden leben.", meinte sie leicht verlegen. "Was?! Du hast mit ihm ...? Aber ...", stotterte Kyren, die mindestens ebenso errötet war wie Larissa selbst. "Nein, ich bereue nichts. Ich war ein wenig naiv, aber auch solche Erfahrungen gehören mit zum Leben und außerdem ...", erwiderte sie mit Blick auf Mitch, der sie recht wehmütig ansah. "Und außerdem?", hakte die Elfin neugierig nach. "Und außerdem bin ich nun wieder frei für meinen geliebten Shane.", ergänzte sie kichernd mit passenden Blick auf den jungen Halbelfen, dessen rechte Augenbraue daraufhin nervös nach oben zuckte, während es Kyren glatt zu Boden riss. "Ich denke wir haben wichtigeres vor uns als so was.", gab er hustend mit der Faust vorm Mund zur Antwort, wenn gleich er ein wenig verlegen war.

Für einen Moment schmerzte Kyrens Herz aus Angst Shane an sie zu verlieren, doch als plötzlich eine Stimme in ihren Kopf ertönte wurde das schnell zur Nebensache. "Komm zu mir.", sprach jemand in ihr Bewusstsein, so dass niemand anders es hören konnte. Bilder fluteten ihr inneres Auge, die ihr den Weg wiesen den sie zu gehen hatte. Es war wie ein Drang der sie wie hypnotisiert in Richtung Tyraturos voranschreiten ließ.

"Hey Kyren? Was ist?", rief Shane verwundert und lenkte somit alle Aufmerksamkeit auf sie. "Jemand ... ruft mich.", erwiderte sie wie in Trance und ging weiter ihres Weges. "Eh, wir folgen ihr besser.", meinte Larissa mit Blick auf die anderen.
 

Der Gang der kleinen Elfin war beständig und es schien fast so als ob sie von etwas gerade zu magisch angezogen wurde. Zunächst sah es so aus als ob sie in die menschenleere Stadt von Tyraturos wollte, doch ihr Weg führte sie nur unweit von den Ruinen fort, zu einem alten, riesigen Grabstein der etwas Abseits stand. Dort angekommen war die Überraschung jedoch groß, denn man erwartete sie bereits. Der Anblick Johns, der auf dem Grabstein saß, war ein gleichermaßen unheilvolles und beängstigendes Zeichen zugleich.

"Ich wusste das ihr früher oder später hier auftauchen würdet.", begrüßte er sie und sprang elegant von seiner Position herunter. "John!? Was machst du hier?", gab Shane verwundert von sich.

"Wer ist das?", fragte Jason, ungläubig mit den Finger auf ihn deutend, auch wenn die Antwort die ihm Kyren gab ihm nicht gefallen sollte. "Das ist ... Jaygoyle.", erklärte sie mit mürrischen Blick, sehr zum Schock ihrer alten Gefährten. "Was?! Aber das kann doch gar nicht sein! Shane hat doch ...", gab Jason aufgeregt zurück, bevor John ihm das Wort nahm. "Schweigt! Die Vergangenheit ist irrelevant für das was dort unten begraben liegt - ein Wesen dessen Macht wirklich beunruhigend ist. Ich bin hier nicht euer Gegner!", mahnte er die anderen mit rauen Ton. "Offenbar weißt du mehr als wir.", stichelte der junge Halbelf mit entsprechenden Blick. "Ich bin der Sprache nicht mächtig die auf dem Grabstein steht, aber was immer da unten begraben liegt, es ist vollends erwacht.", erwiderte er nüchtern.

Larissas Gewissen drohte ihr derweil die Luft abzudrücken, denn wenn sie jetzt nicht ihr Wissen preis gab, dann war es womöglich zu spät. "Wartet! Nun, wo so viele hier versammelt sind, werde ich euch sagen was ich weiß. Ich kann einfach nicht zulassen das man euch in den Tod schickt. Ihr seid noch immer meine Freunde, auch wenn ich ein Erzengel im Diensten des Gottreiches bin.", meinte sie mit zugekniffenen Augen, in angespannter Haltung. "Larissa?", gab Kyren erstaunt von sich.

"Auch wenn es mich mein Erzengeltum kostet. Ich werde euch so viel sagen wie ich weiß. Dort auf dem Grabstein wird von der Bestie Faerûns gesprochen. Eine Gottlose Kreatur, die vor 5000 Jahren hier verbannt wurde. Man weiß nicht warum, aber die Wächter des Grabes waren erwacht und hatten auf einmal bösartige Züge. Ihr habt sie getötet - ihr hattet keine andere Wahl.", erzählte sie den Tränen nahe. "Mogul und Gray!", schlussfolgerte Shane. "Ja, und nun ist das Wesen dort unten frei. Es muss aufgehalten werden, oder die Welt wie ihr sie kennt wird aufhören zu existieren!", ergänzte Larissa in gleicher Tonlage wie zuvor.

"So ist das also. Jetzt verstehe ich was Gray gemeint hatte. Jetzt ergibt alles Sinn. Aber warum hast du uns das nicht gleich gesagt?", gab er unerschrocken zurück. "Die Götter sind der Ansicht das ihr umkehren würdet, wenn ihr alles gewusst hättet. Wie John schon sagte. Es ist ein Wesen unbeschreiblicher Macht.", erklärte sie, was die Siegeserwartungen sichtlich dämpfte.

Lee ging derweil zum Grabstein, doch egal wie sehr er sich auch umsah, einen Eingang konnte er weder im Boden noch sonst wo finden. "Und wo soll's da runter gehen?", fragte er nach, so als wollte er sagen das man es trotzdem zu Ende bringen wollte. "Ihr ... ihr wollt trotzdem gehen?", staunte Larissa, worauf sich Shane entschlossen vor sie stellte. "Ja, auf jeden Fall! Wir sind nicht so weit gereist um jetzt kehrt zu machen. Das Böse muss besiegt werden, egal wie mächtig es ist. Wenn uns Faerûn braucht, dann stehen wir bereit!", sagte er motivierten Tones.
 

Lee wollte gerade vom Grabstein lassen, da spürte er wie die Erde unter seinen Füßen ein wenig erbebte. Reflexartig sprang er zur Seite während sich unter ihm der Boden öffnete und eine Treppe freigab, die in die Tiefe führte. "Was für'n Service!", meinte er erstaunt.

"Ich schätze, was immer da unten ist, es ist für diese Schlechtwetterfront am Himmel verantwortlich. Wir sollten runtergehen und nachsehen.", meinte Jason mit Blick auf den bewölkten Himmel, doch John brachte das nur zum Schmunzeln. "Ihr Narren. Wenn ihr da jetzt einfach so runtergeht unterschreibt ihr euer Todesurteil. Von euch hier ist niemand in der Lage sich mit dieser Macht, die dort unten liegt, zu messen .... außer ...", gab er kühl von sich und richtete seinen Finger auf Shane.

"Was? Shane soll in der Lage sein das Übel da unten zu bekämpfen?", fragte Larissa ungläubig nach. "Nicht ganz. Nicht einmal er wäre stark genug, aber würde er sich mit mir vereinigen, hätten wir eine Chance.", erklärte er mit zwielichtigen Blick. "Vereinigen?", hakte Kyren beängstigt nach.

"Ich wäre in der Lage den jungen Halbelfen und all seine Kraft in mich aufzunehmen wenn er sich mit vereinigt. Dadurch würden sich meine Mächte ernorm steigern. Ich behalte natürlich die Kontrolle. Er wird lediglich zu einen Teil von mir.", antwortete er mit einen beunruhigenden Grinsen.

Shane jedoch blieb optisch gelassen und senkte seinen Kopf nach unten ab. Es schien fast so als ob er etwas derartiges erwartet hatte, schon nachdem sich John enttarnt hatte. "Verstehe, deshalb hast du mich nicht getötet. Du brauchtest mich noch. Wahrscheinlich muss die Vereinigung auf dem Einverständnis beider Seiten beruhen sonst hättest du es sicher schon längst getan.", stellte er nach kurzer Überlegung fest. "Ja, ganz recht, aber eigentlich seid ihr mir alle von Nutzen, denn was immer da unten liegt. Es könnte schwierig werden allein gegen diese Macht zu bestehen.", erwiderte er frech.

"Verstehe, du brauchst uns als Kanonenfutter!", fauchte Jason erbost zurück, was John lediglich mit einen arroganten Blick würdigte. "Ihr habt nun die Wahl. Entweder euer Freund vereinigt sich mit mir, oder euer Unterfangen ist zum Scheitern verurteilt.", tönte er großspurig.

Kyren gefiel die Idee jedoch ganz und gar nicht und sah zu Shane herüber. "Warte! Wer garantiert uns das du Shane wieder frei gibst, falls wir gewinnen?!", protestierte sie energisch, doch zu aller Überraschung gab ihr Shane selbst die Antwort. "Das wird er nicht. Er hat nicht vor mich wieder freizugeben.", sagte er, noch immer in seiner betrübten Haltung verharrend. "Ich sehe du bist nicht so naiv wie das Elfenmädchen, Junge.", merkte John grinsend an und bestätigte somit seine Aussage.

Auch Larissa zeigte sich wenig begeistert von diesen Plan und appellierte an ihren Gefährten. "Shane! Das ist doch Wahnsinn!", rief sie in der Hoffnung ihn zur Vernunft zu bringen, aber er schien sich bereits entschieden zu haben. "Ich mache es. Einverstanden, John. Du kannst meinen Körper haben. Wenn das die einzige Möglichkeit ist die Welt zu retten, dann will ich es machen.", sagte er und richtete seinen Kopf wieder auf. Aus ihm sprach der Teil, der von klein auf Paladin werden wollte und so war es selbst in dieser Situation eine Ehre für das Wohl der Welt sein Leben zu geben.

Für Kyren hingegen drohte eben diese Welt zusammen zu brechen, denn seine Entscheidung konnte und wollte sie nicht akzeptieren. Mit Tränen in den Augen stellte sie sich ihm entgegen, so als wollte sie verhindern das er John näher kommt. "Shane! Das kannst du nicht machen! Ich ... ich will nicht das du gehst.", flehte sie mit weinerlicher Stimme. Ihr Herz schmerzte so sehr bei dem Gedanken ihn zu verlieren, dass sie gar keine andere Wahl sah als zu verhindern, dass er sich mit John vereinigte. Ihr ganzer Widerstand brach nach nur einer Berührung ihres Gefährten, der sie tröstend auf den Kopf fasste. "Es tut mir Leid, Kyren. Ich kann dir nicht sagen woher ich es weiß, aber ich weiß dass das Wesen dort unten dich und all die anderen hier eines viel schlimmeren Schicksals aussetzten würde, sollte es nicht besiegt werden. Wenn das der Preis ist um die Welt zu retten in der meine Freunde leben, werde ich ihn bezahlen.", sagte er mit einen leichten Lächeln auf den Lippen, aber selbst diese Worte konnten ihren Tränenfluss nicht stoppen. "Tu's nicht ...", erwiderte sie verzweifelt, doch ihre Stimme war so schwach, das man es kaum hören konnte.

Schließlich schritt er an ihr vorbei, bereit mit Jaygoyle Eins zu werden. Jason und die anderen konnten nicht fassen was er tat, aber nach Kyrens beherzten eingreifen war jedem klar das es seine Entscheidung war und sie nichts daran ändern konnten.

John schmunzelte zufrieden als Shane in abwartender Haltung vor ihm verharrte. "(Kein Wesen auf dieser Welt hat es verdient stärker zu sein als ich. Zeit die alte Rangordnung wieder her zu stellen und dieses Wesen zu vernichten.)", dachte er lautlos vor sich hin, während er seinen Arm nach ihm ausstreckte.

Nach und nach überzog den jungen Halbelfen die schleimige Masse von dessen Körper und bedeckte ihn schließlich vollständig, wobei Johns Aussehen erhalten blieb. Die Prozedur dauerte nur wenige Minuten und als sie vollendet war, wirkte John noch stärker als je zuvor. "Ja! Endlich! Nun wird sich niemand mehr meiner Macht in den Weg stellen!", schrie er euphorisch aus, die Arme gen Himmel gestreckt.

Für Shanes Freunde war die Situation weit weniger berauschend und man fragte sich ob man das richtige getan hatte ein solch böses Übel auch noch zu stärken. Dennoch schien John bereit ihnen zu helfen, wenn gleich seine Motive alles andere als ehrenwert waren. Es war beunruhigend nicht zu wissen was sie erwartete, doch wenn ihr Gefährte ein solches Risiko einging, musste die Gefahr von dort unten wirklich ein noch nie da gewesenen Schrecken haben.
 

Mit Larissa in Führung, die mit einen Lichtzauber Helligkeit ins Dunkel brachte, stieg man schließlich die Treppen hinab. Die Stufen waren uralt und schon sehr brüchig. Spinnenweben hingen an den Wänden während es immer tiefer ging.

Bald erreichte man eine Halle die bereits durch entzündete Fackeln an den Seiten erleuchtet war. Die Wände waren mit Malereien aus vergangener Zeit verziert. Sie schienen eine Geschichte zu erzählen, doch die dicken Staubschichten darauf und die verblassten Farben ließen kaum Details erkennen. Am Ende der Halle lag ein großes Tor, in das mystische Zeichen und Symbole eingraviert waren.

Nur Augenblicke später öffnete es sich scheinbar wie von Geisterhand und ließ eine dunkle Gestalt in einer schwarzen Robe hervortreten. "Du bist gekommen. Ganz so wie erwartet.", sprach der Mann in der Kutte und zog seine Kapuze zurück, so dass man sein Gesicht sehen konnte.

Selbst ohne die Narbe über seinem rechten Auge hätte man erkennen können das es Diron war, der sich ihnen entgegenstellte. Sein Blick war von Kälte erfüllt, während er über die Abenteurer schweifte, aber er schien nicht gekommen zu sein um zu kämpfen. "Ihr seid zahlreicher erschienen als erwartet, aber das Elfenmädchen ist die einzige die mein Meister empfangen wird. Ihr anderen könnt gehen ... oder sterben ... bei dem Versuch mich zu überwinden.", tönte er ihnen nüchtern entgegen, sehr zum Ärger von Lee.

"Hey! Was glaubst du eigentlich wen du vor dir hast, Kuttenheini?! Du glaubst doch nicht ernsthaft das du uns aufhalten kannst. Wir sind dir sechs zu eins überlegen!", fauchte er erbost, was die linke Augenbraue des Magiers verwundert nach oben steigen ließ. "Sechs? Hat man dir das Zählen nicht beigebracht? Selbst mit der Elfe seid ihr nur zu fünft, wie ich das sehe.", erwiderte er unbeeindruckt.

Erst jetzt realisierte man das John fehlte, so dass man sich verwundert umsah. Er schein im Dunkeln verloren gegangen zu sein, was überraschend war, hatte er doch damit geprahlt seine Macht unter Beweis zu stellen. Kyren wirkte ein wenig nervös, aber Diron schien es ihr nicht anzumerken. Jason merkte das sie auf einmal einen seltsamen Ring am Finger trug, von dem er sich sicher war ihn zuvor noch nicht an ihr gesehen zu haben. Er hatte einst am eigenen Leib die Fähigkeiten des Gestaltenwandlers erfahren und wusste das er sich selbst in leblose Gegenstände umformen konnte, die viel weniger Masse hatten als seine Originalgestalt.

"Mitch, Larissa, Lee, Kyren und ich. Stimmt. Wir sind wohl doch nur zu fünft.", gab er verlegen zurück und kratzte sich entsprechend am Hinterkopf. "Was?! Das kann doch gar nicht sein!", protestierte Lee lautstark, bevor ihm sein Rivale den Mund zu hielt. "Sei kein Narr.", rügte er ihm im Flüsterton und ließ wieder von ihm ab.

Dennoch war Kyren nicht gewillt dem Wunsch des Nekromanten folge zu leisten. "Niemals, Diron! Ich gehe nicht allein! Ich lasse meine Freunde nicht im Stich!", erwiderte sie ihm stur. Dirons Reaktion war jedoch nicht die erhoffte, sondern das radikale Gegenteil. "Wenn dich deine Gefährten am weitergehen stören, dann werde ich sie wohl erst alle töten müssen damit du deine Wahl noch einmal überdenkst.", gab er schmunzelnd zurück.

"Pah, selbst wenn wir nur zu fünft sind - du nimmst deinen Mund etwas zu voll.", warf ihm Lee erzürnt entgegen, was Diron dazu veranlasste einzuschreiten. "Du redest zu viel.", meinte er nüchtern und deutete mit seinen rechten Zeigefinger auf ihn. Zu spät bemerkte Lee das dies keine drohende Geste war, sondern er ihn als Ziel für einen Zauber anvisiert hatte. Wie schon bei Sejya, durchbohrte ihn ein schmaler Lichtstrahl, der durch seine rechte Brust fuhr und ihn zu Boden brachte.

Lee schrie auf und der Schock saß groß, denn niemand hatte damit gerechnet das er Ernst machen würde. "Lee!", riefen seine Mitstreiter besorgt, während er sich am Boden krümmend seine Wunde hielt. Schnell war Larissa bei ihm um einen Heilzauber anzuwenden, doch die Nachricht die Diron andeuten wollte, war angekommen. Erbost und zähneknirschend wendeten sich Mitch und Jason ihren Gegner zu, wohlwissend das er nicht zu unterschätzen war.

"Na los, Kyren! Geh schon! Wir werden schon allein mit ihm fertig!", rief Jason angespannter Miene. "Keine Sorge, wir kommen dann nach!", ergänzte Mitch, der sein Schwert zum Kampf zog.

Ihr war klar das jede Minute, die sie sich weigerte ihre Freunde zurück zu lassen, ihnen das gleiche Schicksal wie Lee drohte. Ihr Blick richtete sich einen Moment auf ihre mutigen Kameraden, die bereit waren alles zu geben. "Ich verspreche euch, euch nicht zu enttäuschen! Ich werde wie ihr mein bestes geben.", erwiderte sie mit erhobenen Daumen und ging schließlich los.

Wie angekündigt ließ Diron sie passieren, doch was Kyren nicht mehr sah war seine Mimik als sie an ihm vorbei lief. Mitch zweifelte ernsthaft ob es ihm entgangen war das sie mehr als einen einfachen Ring am Finger trug. Auch Jason tat sich der Verdacht auf das ihm wohl bewusst war das er soeben zwei Personen passieren lassen hatte.
 

Kyren beeilte sich weiter ins Innere der Anlage vorzustoßen und schon bald waren es 2 paar Schritt die zu hören waren. Ein Lichtzauber wies ihr den Weg, wenn gleich es John neben ihr war der diesen herbei gerufen hatte. "Warum die plötzliche Eile?", fragte er das kleine Mädchen. "Irgendetwas sagt mir ... das die Zeit nicht unser Verbündeter ist.", gab sie mit kurzer Atempause zur Antwort.

Bald schon erreichten sie eine riesige Halle, die jedoch mehr einer Grotte ähnelte. Es gab nur wenig Licht, so dass man zunächst nicht sehen konnte was sie erwartete. Nach einigen Schritten begann die Grotte auf einmal wie von selbst zu erleuchten, fast so als wäre man auf einen Lichtschalter getreten. Nun war es fast taghell und sie konnten sehen das vor ihnen ein schmaler Weg lag, an dessen Seiten es so tief hinab ging dass das Licht die Dunkelheit von dort nicht zu verdrängen vermochte. Der Weg führte sie zu einem Plateau in der Mitte des Raumes auf dem ein seltsamer Mann saß.

"Willkommen!", grüßte er die beiden Ankömmlinge, wenn gleich seine Stimmlage verriet das er sie bereits erwartet hatte. "Wie ich sehe hast du jemanden mitgebracht - wie amüsant.", ergänzte er als sein Blick auf John fiel.

"Wer ... wer seid Ihr?", fragte Kyren erstaunt, die ein schlafendes Monster oder etwas ähnliches erwartet hatte, nach dem was sie erfahren hatte. Der Mann trug eine Art Priestergewand, hatte langes graues Haar und eine halterlose Brille auf der Nase. Sein Haut war sehr blass und ein goldener Stab stützte ihn während seines Aufstehens.

"Du erkennst mich nicht? Nach all der Zeit, nach all den Träumen? Vielleicht hilft es dir wenn ich meine Stimme 'etwas verstelle'.", antwortete er mit arroganten Blick und ließ seine letzten beiden Worte in einen deutlichen blechernen Tonfall erklingen. Sie brauchte nicht lange darüber nachzudenken wo sie diese Stimme bereits einmal gehört hatte, denn ihr Träume waren oft genug von ihr geprägt gewesen. "Nairdan?!", erwiderte sie überrascht, doch dies entlockte ihm nur ein kurzes Lachen. "Wirklich beeindruckend. Du stehst hier und hast noch immer nicht die geringste Ahnung was hier vorgeht.", gab er schmunzelnd zurück. "Wie ... wie meint Ihr das?", wunderte sie sich, nichts ahnend dass die Antwort ein wahrhaft schreckliches Ausmaß haben sollte ...

Folge 71: Das Schicksal der Welt

Kyren war wahrhaft unwohl zu Mute, denn bisher hatte sie Nairdan stets als Verbündeten im Kampf gegen Mogul und Gray gesehen. Es deutete sich bereits an das seine Antwort ihre schlimmsten Erwartungen übertreffen würde, denn sein Grinsen wurde immer unheimlicher.

"Genug dieser Spielchen. Ich heiße nicht Nairdan, Mädchen. Ich war gezwungen meinen wahren Namen abändern zu müssen um keinen Verdacht zu erregen. Mein Name ist Adrian. Vielleicht wird dir nun langsam klar in welche Lage du dich befindest.", sagte er und tat ein paar Schritt in ihre Richtung.

"Adrian? ... dieser Name ...", grübelte Kyren leise mit nachdenklicher Miene vor sich hin. Sie hatte schon die ganze Zeit das Gefühl gehabt die Zusammenhänge zu kennen, konnte aber nicht zuordnen woher. Es dauerte ein Moment bis ihr schließlich bewusst wurde mit was sie seinen Namen in Verbindung bringen konnte. Ihre Augen sprangen weit auf als sie sich erinnerte, denn ein jeder der sich anschickte ein fähiger Magier zu sein, sollte diesen Namen kennen.

"Adrian ... Adrian ... die ... die Bestie Faerûns. Der Mann der die Magie in die Welt von Faerûn brachte. D-das kann nicht sein! Ihr müsstet schon längst tot sein!", gab sie verängstigt von sich als ihr langsam klar wurde wen sie da vor sich hatte.

"Ich sehe, deine elfischen Lehrer haben mich noch nicht vergessen, im Gegensatz zum Rest der Welt.", erwiderte er nüchtern. "Aber ... dann waren Gray und Mogul ja ...", wollte sie ergänzen, bevor er sie unterbrach. "Ganz recht. Das waren die Wächter meines Grabes. Vielen Dank übrigens das ihr geholfen habt sie zu vernichten und mich zu befreien.", meinte er mit anschließend höhnischer Bemerkung.

John verstand nicht recht was vor sich ging und wandte sich fragend an das Elfenmädchen. "Kannst du mir mal erklären wovon ihr redet?", fragte er mit grimmigen Blick.

"V-vor etwa zehntausend Jahren herrschten noch die Echsenwesen über diese Welt, eine Rasse älter als die Elfenkultur. Sie waren grausame Knechtherren und hielten die meisten anderen Rassen als Sklaven, doch ihre mächtige Zivilisation ging unter ... man sagt wegen eines Mannes. Er war der erste Mensch der die Magie beherrschte und zugleich in einem Ausmaß das es ihm gelang die Echsenrasse entscheidend zu schwächen. Sein Name war Adrian von Nesseril. Er war es der den Menschen die Freiheit schenkte und ihnen Faerûn offenbarte. Durch seine Macht soll er viele Tausende Jahre gelebt haben. Als sich die Reiche und Zivilisationen entwickelten wollte er über Faerûn herrschen, das er als Befreier der Menschheit einforderte. Er war der Gründer der Nation Nesseril in der er die Lehre der Magie weiter verbreitete. Die Menschen und andere Völker fürchteten seine Macht, doch letztendlich brachte ihn die Gier nach Macht, die Gier seines eigenen Volkes den Untergang. Schließlich fiel seine Nation und die meisten Geheimnisse verschwanden mitsamt seines Reiches. Durch den Fall von Nesseril kamen alle Menschen in den Besitz von Wissen über die Lehre der Magie. Adrian selbst überlebte und trieb fortan sein Unwesen in Faerûn, bis er vor etwa 5000 Jahren, von zwei mutigen Helden der Menschheit bezwungen wurde. Danach soll er begraben worden sein, mit denen die ihm im Kampf bezwungen hatten.", erzählte sie und erntete sogleich höhnischen Applaus von Adrians Seite. "Du hast also in Geschichte aufgepasst, aber wie den meisten hat man auch dir nur einige Halbwahrheiten beigebracht. Egal, das spielt nun keine Rolle mehr.", erwiderte er arrogant.

"Was habt Ihr vor?!", rief sie aufgebracht, worauf er etwas zu lachen begann. "Falls es dir entgangen sein sollte; es war von Anfang an alles so geplant. Es ist alles genau so gelaufen wie ich es wollte und du hast die ganze Zeit brav mitgespielt. Hier stetst du jetzt vor mir und erfüllst dein Schicksal, so wie ich meines erfüllen werde.", tönte er. "Schicksal? Was meint Ihr?", wunderte sich das Elfenmädchen.

"Es gibt einen Teil der Geschichte den man dir nicht beigebracht hat, denn was du offenbar nicht wusstest ist das ich damals noch gelebt habe und man mich nicht begraben, sondern mit Hilfe mächtiger Elfenzauber verbannt hat. Die damaligen Waffen waren nutzlos um mich effektiv zu töten. Um die Welt dennoch in den Glauben zu lassen ich wäre tot, brachte man mich hier nach Thay, wo ich seither in dieser Grotte lebe. Ein mächtiger Bannzauber der Elfen sollte mich für die Ewigkeit hier gefangen halten, aber das allein hätte nicht gereicht. Sie brauchten die Seelen zweiter tapferer und starker Krieger und man wählte jene die mich bezwungen hatten. Ihre Namen waren Yosu und Gray und ihr Schicksal sollte es sein auf ewig über mich zu wachen. Erst ihre Seelen gaben dem Zauber die Kraft um mich zu bannen. Ihre Körper wurden in einen fortwährenden Schlaf versetzt und verzaubert, auf das sie niemand aus ihren Schlaf erlösen konnte um somit den Zauber aufzuheben. Man verlieh ihnen die Unsterblichkeit für ihren unendlichen Schlaf. Ihre Körper waren absolut unzerstörbar solange sie schliefen, damit es niemand schaffen konnte mich zu befreien, doch der Zauber war nicht perfekt.", erzählte Adrian und setzte sich wieder in seinen Thron. "Was?!", staunte Kyren entsetzt.

"Ich fand eine Möglichkeit mir meine Rückkehr zu sichern. Wenn gleich ich die beiden nicht angreifen oder vernichten konnte, so gelang es mir in ihr Bewusstsein einzudringen und es zu manipulieren. Ich lockte sie mit Freiheit und unbegrenzter Macht. Yosu verschloss sich mir jedoch und wurde freiwillig zu einem Dämonenritter, einem untoten Wesen dessen Gedanken ich nicht länger beeinflussen konnte. Für ihn änderte es jedoch nichts, denn damit hatte er sich dem Pfad der Dämonen und somit des Bösen verschrieben. Gray unterlag meinen Einfluss und somit war Phase eins beendet. Um Mogul schließlich zu erwecken und ihn dadurch wieder verwundbar zu machen bedurfte es das Blut eines entsprechend mächtigen Dämonen. Dank dir und deinen Freunden gelang es meinen Helfern das benötigte Blut aus den Armen eines Dämons zu gewinnen.", erwiderte er, die Finger ineinander kreuzend.

"Bell ...", gab sie atemlos zurück, während sich ihre Augen langsam weiteten, denn sie erinnerte sich noch zu gut an den schrecklichen Dämon mit dem ihre Abenteuer vor über einen Jahr ihren Anfang nahmen. "Exakt. Diron war es der Belluzcius in diese Welt zurück holte, wobei er ein Großteil seine Macht darauf verwenden musste sie nicht wieder in voller Stärke herbei zu beschwören. Es kostete ihn viel Kraft, aber dafür besaß Bell nur ein zwanzigstel ihres Potentials, ohne das sie es merkte. Mit ihren Blut war es ein leichtes Mogul wieder zu erwecken. Einen weiteren Diener gelang es eine Seuche zu schaffen, die jede Seele, die ihr zum Opfer fiel, dafür verwendete Grays Körper zu reaktivieren. Dein Wunsch an den goldenen Drachen das die Seuche verschwinden solle, war vergebens. Es waren bereits genug Seelen gesammelt.", fuhr er mit diabolischen Grinsen fort.

Kyrens Mimik erstarrte, ihre Augen waren vollends geweitet und sie sank geschockt in die Knie. Verbittert senkte sie ihren Kopf zu Boden, während ein paar Tränen auf ihre Hände tropften. Nie hatte sie gedacht welches Ausmaß all das was hinter ihr lag gehabt hatte. Langsam klarten auch die letzten Fragen in ihren Kopf auf, doch dies gab ihr keineswegs ein befriedigendes Gefühl.

"Nein ... Nein! All das Leid ... all das Leid das Ihr mir, meiner Familie und meinen Freunden zugefügt hast, all das Leid das Ihr unter den Menschen Faerûns verbreitet habt ... woher nehmt Ihr das Recht über die Schicksale der Wesen dieser Welt zu bestimmen, wer seid Ihr das Ihr mit den Gefühlen der Menschen spielt, wer seid Ihr das Ihr über Leben und Tod entscheidet ...?!", fragte sie mit gebrochener Stimme.

"ICH BIN DEIN GOTT!!!", antwortete Adrian in imposanter Lautstärke und richtete sich bedrohlich auf. Die ganze Höhle erzitterte unter seinen Worten und der tapferen Elfin stockte für einen Moment der Atem. "Zumindest werde ich das bald sein, denn darin liegt Phase drei meines Plans.", ergänzte er etwas gefasster.

"Die Götter die über diese Welt gebieten und sich in ihren Reich an der Unsterblichkeit laben, haben kein Recht länger über Faerûn zu wachen - nicht einer von ihnen! Ich allein habe es verdient, ich allein sollte endlich den Respekt, den ich verdient habe erhalten!", meinte er mit geballter Hand.

"Ihr seid wahnsinnig! Niemand kann so einfach zu einem Gott werden!", entgegnete ihm Kyren verbittert. "Falsch! Ich stehe bereits direkt davor ins Götterreich aufzusteigen!", erwiderte er strengen Tones, sehr zur Verwunderung der beiden. "Wie soll das gehen?", fragte sie ungläubig, wohlwissend das es nicht einmal Shane, der göttliches Blut in seinen Adern trug, so einfach möglich war ein Götterwesen zu werden.

"In dem man sich die Macht eines Gottes einverleibt, Kind! Was würde sich dafür besser eignen als die Kugeln von Asa und Mesa, die die Mächte des toten Gottes Amaunator in sich beinhalten. Diron gelang es vor einiger Zeit die Kugel von Mesa, welche die schwarzen Mächte von Amaunator in sich beinhaltet, in seinen Besitz zu bringen. Unglücklicherweise verschmolz sie mit seinem Körper und verfinsterte sein leidendes Herz nur noch mehr.", erklärte Adrian.

"In Dirons Körper steckt die finstere Macht eines Gottes? Wie schrecklich.", gab das Elfenmädchen geschockt zurück. "Pah! Eigentlich stünde mir diese Macht zu!", warf John zähneknirschend ein.

"Diron hat gute Dienste geleistet. Als ich ihn kennen lernte war eine verlorene Seele mit verbitternden Herzen, voller Hass auf die Götter und die Welt. Niemand war besser geeignet als er mir bei meinen Unterfangen zu helfen.", ergänzte Adrian schmunzelnd und senkte seinen Kopf.
 

Diron war es währenddessen gelungen auch Jason und Mitch eine heftige Niederlage zuzufügen. Schwer verletzt lagen sie am Boden, während Larissa, starr vor Angst, kaum wusste wen sie zuerst heilen sollte. Es schien fast so als warteten sie nur noch auf den Gnadenstoß des Nekromanten, der mit eiskalten Blick auf sie herab sah. Sowohl in magischer als auch in kämpferischer Hinsicht war er beiden bei weitem überlegen.

Jason sah kaum noch eine Chance das Blatt noch einmal zu wenden, aber er wusste wie er seinen Mitstreitern zumindest etwas Zeit verschaffen konnte.

"Warum Diron ... warum tust du das?", fragte er ächzend, während er sich an eine seiner zahllosen Wunden hielt. "Meister Adrian steht kurz davor sein Ziel zu erreichen. Dann wird er mir meine gerechte Belohnung zu teil werden lassen. Ihr werdet ihn nicht aufhalten.", antwortete er nüchtern.

Nur einen Augenblick später bekam das Szenario eine unverhoffte Wendung als auf einmal jemand die Treppe vom Eingang hinab kam. "Aber ... wie könnt Ihr das alles zulassen? Die ganze Welt steht auf dem Spiel.", tönte eine fremde Mädchenstimme vom Treppenende. Dort stand eine umhüllte Gestalt, die nur ihre Augen unbedeckt hielt, doch nicht einmal dieser Neuankömmling vermochte es Diron aus dem Konzept zu bringen.

"Ich kenne dich und ich denke du kennst meine Antwort.", gab er unbeeindruckt zurück. "Euer Hass frisst euch auf Diron, merkt Ihr das denn nicht? Ihr könnt keine Erlösung finden in dem Ihr Adrian unterstützt. Er nutzt euch nur aus! Er ist kein heiliger Mann ... nicht mehr! Die Zeit in diesem Verließ haben ihn zu einen Lich werden lassen, einen bösartigen untoten Wesen. Wie könnt Ihr nur einen solchen Wesen trauen?", erwiderte sie mit mahnender Stimme und kam gemächlich näher. Lee und die anderen trauten ihren Sinnen nicht, denn als sie an ihnen vorbei ging, heilten ihre schweren Wunden schlagartig, Wunden die nicht einmal Larissa regenerieren konnte. "Wer ... wer ist sie?", fragte der Mönch ungläubig, während er ihr nachstarrte. "Ich kenne diese Stimme. Sie war es die uns vor dem hier gewarnt hat. Wegen ihr sind wir hier.", meinte Mitch mit Blick auf seinen Mitstreiter.

"Schweigt! Alle! Kein Wort mehr! Adrian hatte keine andere Wahl als zu einem Untoten zu werden! Er wäre verhungert oder gar verdurstet, wäre er menschlich geblieben! Diese Welt ist voller Leid und die Götter tun nichts dagegen! Es wird Zeit das all dies endlich ein Ende nimmt!", fauchte Diron erzürnt.
 

Kyren war inzwischen etwas schlauer, wenn gleich ihr nicht klar war welche Rolle sie bei all dem spielte. John hingegen wirkte sichtlich angespannt. Er bekam erste Zweifel ob er einen solchen Gegner gewachsen war. Wer ihn kannte wusste das er niemand war, der in solchen Situationen zurückhaltend reagierte.

"Die Mächte von Asa und Mesa sind endlich hier! Der letzte Schritt zu meiner Rache steht kurz vor seiner Vollendung.", prophezeite Adrian mit euphorischer Geste.

"Und was wollt Ihr von mir?! Warum habt Ihr ausgerechnet mich zu euch gelassen?", fragte Kyren mit ernsten Blick, worauf er etwas verdutzt reagierte. "Wie? Ist es dir etwa immer noch nicht bewusst?", wunderte er sich mit staunender Miene. "Was bewusst? Ich weiß gar nicht wovon Ihr redet.", gab sie wütend zurück.

"Schön ... offenbar hast du keinen Schimmer. Das macht die Sache leichter für mich. Aber gut, ich denke es schadet nichts wenn du endlich den Tatsachen ins Auge blickst. Ich werde dir eine kleine Geschichte erzählen. Es war ein mal ein kleines Elfenmädchen - noch ganz jung, im zarten Babyalter. Sie war ein sehr neugieriges, aktives Kind und ihre Familie zählte mit zum höchsten Kreis in Suldanessalar. Eines Nachts krabbelte sie aus ihren Bett und verirrte sich im Palast. Sie gelangte in die Schatzkammer, die voller Gold und Diamanten war. Doch all diese Gegenstände interessierten sie nicht. Sie nahm nur das Funkeln einer kristallenen Kugel auf einem Sockel war. Das Elfenbaby war zu klein um zum Sockel hinaufzukommen, aber als sie an das Podest stieß fiel Kugel herunter. Sie wollte sie fangen, aber als sie ihre Hände berührte verschwand sie plötzlich in diesen. Sie wusste nicht das dies die Kugel von Asa, die Kugel des Lichts und der Reinheit vom toten Gott Amaunator war, die einige Elfen bei einer Expedition gefunden hatten. Sie war zu jung um zu verstehen und krabbelte schließlich enttäuscht davon. Bald darauf wurde ihre Mutter als Dieb der Kugel beschuldigt und mitsamt ihrer Familie aus Suldanessalar verbannt.", antwortete er amüsiert, was Kyrens Augen schockiert weiten ließ. Fassungslos hielt sie ihre Arme vor sich und starrte auf ihre zitternden Hände. "Nein ... das kann nicht sein. Das glaube ich einfach nicht!", erwiderte sie stur, wenn gleich sie sichtlich getroffen schien.

"Es war nicht leicht die Kugel von Asa zu finden, doch Diron forschte bei den Toten nach und brachte einige Interessante Fakten zusammen, die keinen anderen Schluss zulassen.", widersprach Adrian ernst.

"Nein! Das ist nicht wahr! Das ist alles gelogen!", schrie sie verbittert, aber egal wie sehr sie sich wehrte, so wurde sie sich ihrer Lage doch immer mehr bewusst. Nun machte es Sinn das Gray sie als würdigen Ersatz gesehen hatte und nun machte es sogar Sinn warum Mogul sie töten wollte, wusste er doch das ihre Existenz eng mit der Kugel von Asa verbunden war, einer Macht die Adrian nie bekommen sollte.

"Du kannst es nicht abstreiten, Mädchen. Was glaubst du denn warum dein Körper so mickrig und unterentwickelt ist?", warf er ihr entgegen. "Das ist ... weil ... manche Mädchen wachsen eben nicht so schnell!", konterte sie leicht errötet. "Meinetwegen kannst du dir das einreden und es stimmt ja auch das die Elfenkinder langsamer wachsen, je jünger ihre Eltern sind, aber in den nächsten Jahren wirst du merken das sich dein Körper nicht weiter verändern wird. Du wirst allenfalls an Größe gewinnen, aber ich kann dir versichern das dein Körper der eines unreifen Mädchens bleiben wird.", meinte er mit mahnender Stimme und schürte somit noch mehr Ängste in ihr.

"Wenn du mir die Kugel von Asa nicht aushändigst wird dein Körper für immer so bleiben. Sie verkörpert die Reinheit, das Gute und das Licht. Als unschuldiges Kleinkind warst du perfekt für eine Vereinigung geeignet. Die Macht von Asa in dir wird auf ewig dafür sorgen das sich dein Körper nicht entwickelt, damit du für das andere Geschlecht unattraktiv bleibst und deine Reinheit behältst. Würdest du deine Unschuld verlieren, wäre dein Körper nicht mehr geeignet und die Mächte von Asa würden dich verlassen müssen.", warf er ihr entgegen.

Während Kyren schon kaum mehr in der Lage war zu reagieren, so wunderte sich John immer mehr was ihn daran hinderte sie ihrer Macht zu berauben. Es dauerte einen Moment bis er zu einer logischen Schlussfolgerung kam. Es traf ihm wie ein Blitz als er feststellte das die Mächte von denen er sprach in ihr noch gar nicht erwacht waren. Die Vermutung lag nahe das er sie nicht wecken wollte, ihre Kraft vielleicht sogar fürchtete.

Adrians Mimik ließ aber anderes vermuten, so dass er seine These schnell verwarf. Er wusste nicht das man das Zepter brauchte um die Mächte zu kontrollieren und sie ihren Wirt zu entziehen. Ebenso war es das Zepter was Adrian brauchte um die beiden Mächte zu vereinigen und auf sich zu übertragen. Zu seinem Glück verfügten die beiden nicht über derartiges Wissen und so erhoffte er sich Kyren dazu bringen zu können ihm die Macht von Asa freiwillig zu geben.
 

Für John war die Zeit des Redens und der Plattitüden längst vorbei. Abwertend sah er auf das neben ihn kniende Mädchen herab, das voller Verzweiflung versuchte die bittere Wahrheit zu verdrängen. Er wusste nicht ob er gegen den Mann mit der halterlosen Brille eine Chance hatte, obwohl er Dank Shane so mächtig war wie nie zuvor. Nun wo er so nah bei ihm war, erwährte sich ihm der Eindruck die Macht Adrians gewaltig unterschätzt zu haben. Dennoch blieb ihn nur eine Möglichkeit die Vorherrschaft über Faerûn sicher zu stellen.

Gerade als er zum Angriff ansetzen wollte stand Kyren plötzlich auf. Ihr Blick war so voller Mitgefühl für all die Opfer die Adrians Planungen mit sich gebracht hatte. Sie selbst wollte ihm das Handwerk legen und schritt entschlossen, wenn gleich auch übermutig, auf ihn zu.

"Ich werde das Böse, wie Ihr es seid, und eure Taten nie verstehen, aber ich werde nicht zulassen das Ihr der Welt noch mehr Schaden zufügt.", meinte sie mutig, aber ihr Gegenüber blieb relativ gelassen. "Ein Mensch wird nicht böse geboren, Mädchen. Die Umstände seines Lebens machen ihn dazu. Du weißt nichts über mich und die Schmerzen die ich in all den Tausend Jahren erdulden musste. Was schert es mich wenn ein paar hundert Menschen wegen einer gerechten Sache sterben.", gab er kühl zurück. "Gerecht? Das ist keine Gerechtigkeit. Ihr seid nichts weiter als ein Mörder. Man tat man gut daran Euch hier einzusperren!", konterte Kyren erbost, während sie immer näher kam, doch diesmal wich die Arroganz aus Adrians Mimik und sein Kopf senkte sich zu Boden, so dass sie verwundert inne hielt.

"Ich bin ein Mörder weil ich ein paar hundert Leben opfern musste? Was sind dann die Götter, die all diese Kriege, all diese Ungerechtigkeit, all dieses Leid hier auf Toril zulassen?", antwortete er mit ungewöhnlich trauriger Stimme. Einen Moment lang blieb Kyren verunsichert an Ort und Stelle stehen. Zu spät sah sie wie sich ein hämisches Schmunzeln über die Lippen des Lichs zog. "Also ... was ist? Übergibst du mir deine Macht? Alles was du tun musst ist mir deine Hand zu geben und es zuzulassen.", meinte er mit dreisten Blick, wogegen sie sich energisch stemmte. "Nein! Niemals! Trotz allem! Ihr seid keinen Deucht besser als jene Götter, die über diese Welt wachen! Aber noch könnt Ihr zurück. Es muss nicht so enden!", entgegnete sie ihm lautstark, in der Hoffnung ihn zur Besinnung bringen zu können.

Adrians Miene verfinsterte sich, denn dies veranlasste ihn zu anderen Mitteln zu greifen. "Dummes Kind! Es gibt kein zurück mehr! Nicht wo ich so kurz vor meinen Triumph stehe.", spottete er und schnippte mit den Fingern. Die kleine Elfe wusste gar nicht wie ihr geschah als daraufhin ihr Körper von ihrer Kleidung durch schmerzhafte Stromstöße geschunden wurde. Aufschreiend ging sie zu Boden, wo sie sich so sehr vor Schmerz krümmte als ob man ihr das Herz aus der Brust reißen würde.

"Ah, habe ich vergessen zu erwähnen das du deine Kleidung mir zu verdanken hast? Ich hatte einen meiner Diener angewiesen sie dir zu bringen, damit ich jederzeit wusste wo das Mädchen war, die ein solch ungewöhnliches Potential besaß. Natürlich half es auch in deine Träume einzudringen, aber wie du ja gerade spüren solltest, hatte deine Tracht noch eine weitere Funktion.", höhnte er amüsiert, worauf die Torturen für Kyren vorerst ein Ende nahmen. "Ihr ... Ihr ... arg.", ächzte sie geschwächt, mit verbissenen Blick, unfähig sich zu wehren. "Dir scheint nicht ganz klar zu sein, das du im Grunde keine Wahl hast. Du hast die ganze Zeit genau das getan was ich wollte. Es war alles genau so geplant. Nichts was du tust kann etwas daran ändern. Und wie sagt man doch so schön? Bist du nicht willig dann nehm' ich Gewalt, haha.", tönte er hochnäsig, während sie nach und nach all ihre Hoffnungen auf ein gutes Ende verlor. Er war ihr stets einen Schritt voraus und wusste mehr über sie als sie über sich selbst. Sie wusste nicht wie sie allein gegen solch einen Gegner bestehen konnte.
 

Für John dauerte dieses Schauspiel schon viel zu lange, weshalb er sich entschloss die Sache selbst in die Hand zu nehmen. "Jetzt reicht es mir aber! Ihr habt zur Zeit weit größere Probleme als ein störrisches, dummes Elfenmädchen, Lich!", warf er Adrian mit drohenden Blick entgegen und formte seinen rechten Arm in eine gefährliche, scharfkantige Form um. "Tu was du nicht lassen kannst.", gab er schulterzuckend zurück, fast so als ob ihn die Bedrohung gar nichts anginge.

Kyren konnte fortan einen atemberaubenden Zweikampf mitverfolgen. John stürmte voller Rage auf Adrian zu, der zunächst in die Luft entschwebte und den Angriff schließlich mit seinem Stab blockte als ihn Jaygoyle dorthin folgte. Zähneknirschend hielt der Gestaltenwandler dagegen und versuchte etliche weitere Attacken. Seine Geschwindigkeit war ungeheuer schnell, aber auch dies ließ seinen Gegner kaum ins Schwitzen geraten. Gerade zu lässig blockte er die Angriffe mit seinem Stab oder wich Millimetergenau aus.

John sprang einen Moment lang zurück auf Abstand, verfiel aber dennoch immer mehr in Kampfesrausch als ihn Adrian lockte. "Macht es dir Spaß, Gestaltenwandler? Ich gebe dir einen Rat. Gib auf - du verschwendest nur meine Zeit und deine Energie. Du wirst nicht verhindern können das die Welt unter meiner Herrschaft gelangen wird.", tönte er aus schwebender Position herab. "Pah! Das war noch lange nicht alles! Macht euch auf was gefasst! Ihr werdet den Tag bereuen an dem Ihr auf mich getroffen seid. Diese Welt wird mir gehören und niemand anders!", fauchte er wutschäumend zurück und erhöhte zugleich seine Kräfte auf ihr Maximum. Nun zeigte John sein wahres Äußeres, das Kyren schon bei ihren ersten aufeinandertreffen gesehen hatte. Seine ganze Körperberüstung schien Eins mit ihm zu sein. Seine grau-blaue Haut verbarg nur wenige seiner Muskeln und seine Augen leuchteten in tiefen rot auf.

Mit lauten Angriffsgebrüll stürzte er sich ein weiteres mal in die Schlacht, doch Adrian zeigte sich nicht im geringsten beeindruckt. "Du langweilst mich. Ich kenne deine Schwachstelle schon längst.", gab er nüchtern von sich und streckte ihm seinen rechten Arm entgegen.

Jaygoyle kam nicht mehr dazu einen Zauber zu entfesseln oder einen Angriff zu starten als er im Sprung von einem grellen Licht aus Adrians rechter Hand erfasst wurde. Eine heftige Explosion erschütterte die Stelle an die der Gestaltenwandler eben noch zu sehen war. Regungslos fiel er herab und landete direkt vor Kyrens Füßen, die verängstigt zurückkroch. Nur mühsam gelang es ihm sich aufzurichten, wobei ihn Adrian gewähren ließ.

John war schwer getroffen und schien bereits nach dieser einen Attacke nahezu entkräftet. "Verdammt!", ächzte er mit zerknirschten Gesicht.

"Du magst wirklich eine mächtige Kreatur sein, aber so wie ich das sehe bist du im Grunde nichts weiter als negative Energie. Positive Energie ist demzufolge nicht besonders gesund für dich, hab ich recht? Schon ironisch - einen normalen Menschen hätte ich mit diesen Zauber eben geheilt. Für dich hingegen ist es blankes Gift, nicht wahr?", tönte Adrian siegessicher schmunzelnd und beendete seinen Schwebezustand.

"John?!", rief Kyren leicht besorgt als sie sah das sein Körper zu verdampfen begann und er immer stärkere Schmerzen zu durchleiden schien. "Mist ... das hatte ich mir so nicht vorgestellt.", ächzte er und sank in die Knie. Schließlich begann sein Körper sich zu verflüssigen und bildete langsam eine kleine Pfütze am Boden.

Kyrens Augen weiteten sich schlagartig als sie sah das unter Johns zerfließenden Körper Shane zum Vorschein kam. So hatte seine Niederlage zumindest noch ein gutes. "Shane!", rief sie erfreut und beängstigt zugleich. Er hustete etwas und schnappte nach Luft, aber er schien wohl auf. Schließlich wich auch der letzte Tropfen von ihm, während die Pfütze, die einst Jaygoyle war, in die Tiefe abfloss.
 

"Shane! Alles in Ordnung?", fragte Kyren und half ihm auf. "Ja ... ich denke schon.", gab er mit leicht geschwächter Stimme zur Antwort. "Ich bin ja so froh.", meinte sie erleichtert, ein wenig vor Freude errötet. Auch wenn John nichts ausrichten konnte, so gab ihr Shanes Präsents neue Hoffnung, doch selbst diese Wendung schreckte Adrian nicht im geringsten. Shane war alles andere als Kampffähig, wenn gleich sein Herz noch voller Mut war. "Ich habe alles gehört! Eure Intrigen werden ein Ende haben!", rief der junge Halbelf Adrian drohend entgegen.

"Weißt du, Junge, du solltest dich erst einmal ansehen bevor du solch große Töne spuckst. Du bist ja nicht einmal mehr in der Lage dein Schwert zu halten.", entgegnete er ihm mit lässigen Blick.

Schnell wurde Shane klar das der Lich leider recht hatte und selbst wenn er im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen wäre, so war es ebenso unwahrscheinlich das er siegen konnte.

"Warte, ich werde dich heilen.", meinte Kyren und setzte zugleich einen passenden Zauber auf ihn an. "Wie naiv - ihn zu heilen wird seine Kräfte nicht wieder einfach so herstellen. Du kannst seine Wunden schließen, aber das wird euch nicht helfen.", warf Adrian mit Fingerzeig auf den Halbelfen ein.

Shane realisierte das er wieder recht hatte und wendete sich zu seiner Gefährtin um. "Es stimmt was er sagt. Das wird nicht weiterhelfen. Wir müssen von hier verschwinden.", sagte er zu ihr, was den mächtigen Lich sichtlich verstimmte. "Nein! Sie wird hier bleiben!", rief er in deutlich mahnenden Ton.

Es war klar das er es einzig auf das Elfenmädchen abgesehen hatte, aber auch wenn Shane zu schwach zum kämpfen war, so konnte er nicht zulassen das Adrians Plan zur Vollendung kam. Die Sicherheit seiner Gefährtin war ihm wichtiger als alles andere, denn sie waren nicht nur Freunde sondern sie war zugleich die einzige Hoffnung die diese Welt noch hatte.

"Kyren! Mach das du von hier wegkommst! Ich werde versuchen ihn aufzuhalten!", schrie er und stieß sie von sich weg. Obwohl sein ganzer Körper schmerzte war er bereit alles zu geben und lief auf seinen Gegner zu. Vollen Mutes zog er sein Schwert, bereit ihn bis aufs Blut zu bekämpfen, aber Adrian sollte leichtes Spiel mit ihm haben.

Kyren erstarrte förmlich an Ort und Stelle als er ihren Gefährten drei magische Geschosse entgegensetzte. Zwar gelang es Shane die ersten beiden mit seinem Schwert zu parieren, doch das dritte traf und schleuderte ihn zum Ausgangspunkt zurück. Dennoch blieb der tapfere Halbelf standhaft, denn es gelang ihm sich auf den Beinen zu halten. Er hatte alles versucht, aber langsam verließen auch ihn seine Kräfte. Er atmete schwer und sein Körper schmerzte so sehr das ihm die Wunde auf seiner Brust vom magischen Geschoss gar nicht weiter auffiel.

Für einen Augenblick schien die Zeit für die kleine Elfe still zu stehen als der tapfere Junge, der trotz aller Umstände wie schon so oft sein Leben riskiert hatte um sie zu schützen, vor ihren Füßen zu Boden ging. Sein Blick war leer und sein Körper wirkte ausgelaugt. Regungslos blieb er vor ihr liegen und ihr war klar das er den Kampf verloren hatte. Ihre Augen weiteten sich vor Angst, denn der Treffer wog schwer und Shane schien bereits an der Grenze zum Tod. "SHANE!", rief sie voller Sorge und kniete sich zu ihm nieder.

Sein Zustand war ziemlich schlecht. Tränen liefen an ihren Wangen herunter, während sie seinen Kopf fürsorglich in ihren Schoß legte. Ihr Haupt war in Trauer gesenkt und ihr Herz schmerzte so sehr das sie glaubte das es zerreisen würde.

"Dein Freund ist ein zäher Bursche. Ich hätte nicht gedacht das er den Angriff noch überleben würde. Der Tod wird für ihn jedoch nur noch eine Frage der Zeit sein. Überlasse mir deine Macht und ich werde ihn retten!", gab Adrian arrogant von sich und schritt zu ihr vom Steg hinab.

Kyren vernahm kaum was er sagte, denn ihre ganze Sorge galt dem Jungen in ihrem Schoß. Tränen tropften auf sein Gesicht, die so klar und doch voller Trauer waren. Sie fühlte sich so hilflos und schwach wie noch nie zuvor. Sie hatte nur einen Wunsch - das all dies ein Ende haben sollte.

"Also was ist, Mädchen?", fragte der Lich drängend nach. Die Reaktion auf seine Frage stellte ihn jedoch vor ein Problem mit dem er nicht mehr gerechnet hatte, denn Kyren war nicht gewillt einem Wesen wie ihm die Macht von Asa zu überlassen. "Nein ... niemals. Ihr habt es nicht verdient. Ich werde Euch nie verzeihen was Ihr getan habt. Ihr werdet für all Eure Verbrechen büßen, das schwöre ich. Ich schwöre Euch, das Ihr heute eure gerechte Strafe erhalten werdet.", erwiderte sie mit emotionaler Stimme und passenden Blick.

Um sie herum ließ die Schwerkraft nach und ein leichter Wind zog ihr durchs Haar. Behutsam ließ sie von Shane ab und richtete sich auf, während ihre Haar in heller Farbe aufzublitzen begannen. Es fühlte sich so an als ob all der Schmerz und all das Leid der Wesen, die unter Adrian gelitten hatten, ihr Herz durchströmte. Sie spürte wie sie eine noch nie da gewesene Kraft durchfuhr und ihren Körper stärkte. Fast so als wollte sie den Schmerz verdrängen schrie sie auf und ließ somit die ganze Grotte erzittern. Ihr Haar erhellte sich in den Farben des Regenbogens und ein Gefühl von Reinheit durchzog ihren Körper. Adrian brauchte nicht lange zu überlegen um zu begreifen was passiert war, denn die Mächte von Asa waren vollständig in ihr erwacht. "Nein! Wie kann das sein?!", fauchte er und hielt seine Hand schützend vor sein Gesicht um nicht zu sehr von dem grellen Licht geblendet zu werden, das Kyren erstrahlen ließ.

Es dauerte einen Moment bis es sich legte und ihr Aufschrei verstummt war. Vor ihm stand ein Mädchen, umgeben von einer weißen Aura und regenbogenfarbenen Haar, das bereit war diesen Kampf zu Ende zu tragen.

Vergeblich versuchte Adrian ihre Kleidung zu benutzen um sie zu schwächen, denn die Blitze, die ihren Körper überzogen, machten ihr nicht mehr das geringste aus. "Es wirkt nicht.", stellte er verärgert fest. Kyrens Augen waren voller Mut und Entschlossenheit, wogegen er einen deutlich verbissernen Eindruck machte.

Ihr Blick fiel auf Shane, den sie daraufhin in ihre Arme nahm. "Dies ist nicht der richtige Ort. Wir werden unter dem Angesicht der Götter kämpfen.", meinte sie und entschwebte mit ihren Gefährten nach oben. "Ganz wie du meinst.", tönte er schmunzelnd zurück und folgte ihr.

Die Decke löste sich unter einem Zauber Adrians und ließ das wenige Tageslicht vom Himmel in die Gruft hineinscheinen. Gesteinsbrocken fielen herab und die ganze Höhle begann zu erbeben. Für den Lich war dieses Grab ein Ort dessen Anblick er nie wieder sehen wollte.
 

Auch die Vorhalle, in der sich Diron und das umhüllte Mädchen gegenüberstanden, begann auf einmal in sich zusammen zu fallen. "Was ist das?", rief Jason verwundert, während neben ihn ein Gesteinsbrocken aus der Decke nieder fiel. "Die Höhle stürzt ein! Macht das ihr hier rauskommt!", entgegnete ihm das Mädchen und wies die Abenteurer zur Treppe. Dirons Sinne hingegen hatten eine andere Feststellung gemacht, die seine Mimik sichtlich verfinsterte. "Da ist was schief gegangen. Wie kann das sein?", meinte er und wendete sich den Toren hinter sich zu.

Während Jason und die anderen die Flucht ergriffen blieben das umhüllte Mädchen und der Nekromant zwischen den einstürzenden Steinmassen zurück. "Die Mächte von Asa sind in ihr erwacht. Das Schicksal der Welt liegt jetzt in den Händen des Mädchens.", sprach sie in mahnenden Ton, worauf sich Diron wütend zu ihr umdrehte. "Nein! Das hätte nicht passieren dürfen!", fauchte er mit geballter Hand in Hüfthöhe. "Und nun? Was wollt Ihr nun tun, Diron?", fragte sie mit erwartungsvollen Blick und zog ein Zepter unter ihrer Kutte hervor. "Die Macht von Mesa steht Euch nicht zu, Diron.", ergänzte sie zu ihrer Geste. Sein Blick erstarrte für einen Moment, denn er wusste was sie da in ihren Händen hielt. Es war das Zepter von Amaunator, welches ihn die Macht von Mesa entreißen konnte. "Tut mir Leid. Ein ander' mal vielleicht, Mädchen. Ich muss mich um wichtigeres kümmern.", sagte er, bevor eine gewaltige Lawine von Gesteinsbrocken über ihn nieder fiel. Auch für sie war es somit an der Zeit aus dem einstürzenden Gemäuer zu entkommen.
 

Gerade noch rechtzeitig hechtete sich Heldengruppe aus dem einstürzenden Eingang des Grabes, der hinter ihnen eine dicke Staubwolke hinaus blies. Man landete zwar unsanft , aber dafür war man noch heil.

"Uh, sind alle okay?", fragte Jason mit Blick auf seine Begleiter. Überrascht bemerkte er das sich Mitch und Larissa in eindeutig zweideutiger Lage befanden. Der Erzengelin war es fast schon peinlich das sich Mitch beschützend über sie geworfen hatte und nun auf ihr lag. Als er die Umstände bemerkte wich er recht hektisch und verlegen von ihr, gerade so als ob es nur ein Versehen gewesen war. "J-jaja, ich bin noch heil.", meinte er schwitzend, sich am Hinterkopf kratzend. Für einen Moment fragte sich Larissa ob sie ihn doch noch etwas bedeutete, wenn gleich Lee die Stimmung schnell zunichte machte. "Hey, wo is'n das komische Mädchen?", fragte er verwundert, das nur Augenblicke später hinter ihm in einen Teleportationsfeld erschien. "Ich bin nicht komisch.", merkte sie mit düsterer Stimme an, so dass es ihm eiskalt den Rücken herunter lief.

Jason machte derweil eine andere Entdeckung, die sofort alle Aufmerksamkeit auf sich zog. "Hey! Seht mal! Das da hinten - das ist doch Kyren!", rief er und deutete in die entsprechenden Richtung. "Ja! Und wer ist der seltsame Typ der da bei ihr steht?", fragte Mitch.

"Das ist Adrian von Nesseril - die Bestie Faerûns.", antwortete das umhüllte Mädchen, worauf sich auch Lee in das Fragespiel mit einschaltete. "Und wer bist du eigentlich?", fragte er unwissend nach und deutete auf sie, doch Larissa lenkte schnell von der Frage ab. "Moment! Da ist doch auch Shane!", rief sie aufgeregt.

"Dann hat er sich von Jaygoyles Einfluss befreit!", gab Jason erfreut zur Antwort als er das selbige erkannte. Die Stimmung trübte schnell als das fremde Mädchen ihn auf den bitteren Boden der Realität zurück brachte. "Falsch. Das heißt der Gestaltenwandler hat den Kampf gegen Adrian verloren. Die Lebensenergie des Halbelfen ist fast vollständig erschöpft.", widersprach sie nüchtern.

"Was?! Das ist ja schrecklich!", meinte Larissa besorgt. "Los! Wir müssen Kyren helfen!", schlug Mitch vor, der bereits nach seinem Schwert greifen wollte, aber er kam keine zwei Schritt weit. "Bleibt, wenn ihr nicht sterben wollt.", warf das umhüllte Mädchen mit mahnenden Ton ein, so dass sich alle zu ihr umdrehten. "Was? Aber wir können sie doch nicht im Stich lassen!", gab Jason aufgeregt zurück. "Niemand von euch hat auch nur ansatzweise die Kraft sich mit Adrian zu messen. Wenn ihr jetzt geht, endet ihr alle so wie der Halbelf und damit wäre niemanden geholfen. Sie wird eure Hilfe noch brauchen, aber jetzt ist der falsche Zeitpunkt.", erklärte sie mit ernsten Blick, sehr zur Besorgnis des Mönches. "Mist! Dann sind wir also zum zuschauen verdammt!", meinte er mit zerknirschter Miene.

"Aber was können wir dann tun?", fragte Lee, worauf sie ihm ein kleines Fähnchen in die Hand drückte.. "Nun ... wir können eure Freundin anfeuern.", erwiderte sie nüchtern, was die anderen fassungslos zu Boden riss.
 

Niemand ahnte das in der weiten Ferne noch einen weiteren Zuschauer gab, der seine Arme verschränkt an sich hielt. "Das könnte interessant werden.", dachte der Weiße Falke vergnügt, während sein Umhang im aufziehenden Wind wehte. Dieses Spektakel wollte er sich nicht entgehen lassen, wenn gleich er sich nicht gezwungen sah einzugreifen.
 

Kyren hatte soeben Shane vor ihren Füßen niedergelegt und war bereit Adrian vor eine neue Herausforderung zu stellen. Sie glühte förmlich vor Kampfesgeist, den ihr die Macht von Asa verlieh und wirkte ihm mit ernsten Blick entgegen. Trotz der neuen Umstände blieb er ihr gegenüber gelassen, ja gerade zu unbeeindruckt. Es schien fast so als ob er sich nichts mehr Wünschte als seine Kräfte mit ihren zu messen.

"Du hast einen Fehler gemacht, Mädchen. Jetzt wo die Asa in dir erwacht ist und du gegen mich kämpfen willst, werde ich dich töten müssen um an das zu kommen was mir zusteht.", entgegnete er ihr nüchtern. "Das einzige was Euch zusteht ist das Jenseits. Möge man Eurer Seele gnädig sein.", gab sie mit gesenkten Haupt zurück und schritt in langsamen Tempo auf ihn zu.

Die Energie die sie in Form von kleinen Blitzen überzog war gewaltig, ja gerade zu unermesslich. Furchtlos näherte sie sich Adrian der seinen Stab zur Abwehr in Stellung brachte.

"Faszinierend. Trotz all der Umstände ist Asa nicht aus deinem Körper gewichen. Du hast so viel Elend miterlebt und warst gezwungen zu töten. Von einer normalen Kindheit kann man bei dir nicht sprechen und dennoch hält Asa zu dir. Du musst wirklich etwas ganz besonderes sein.", tönte Adrian, vorfreudig auf den Kampf blickend. "Ich werde der Welt ein für alle mal beweisen das niemand mächtiger ist als ich. Niemand ist besser geeignet als ich, über die Welt zu regieren und sie einer neuen Ordnung zu unterziehen!", ergänzte er enthusiastisch, worauf das Duell seinen Anfang nahm.

Beide Seiten bauten eine mächtige Energiebarriere um sich auf. Während Kyrens Barriere in grünen Licht erstrahlte, war Adrians rot. Mit rasender Geschwindigkeit prallten sie und ihre Kräfte aufeinander und wirbelten die Luft um sich herum orkanartig auf. Keiner der beiden gab nach, wenn gleich Kyren wesentlich angespannter wirkte bei dem Versuch Adrians Barriere zu durchbrechen.

Schnell verlagerte sich das Kampfgeschehen in die Luft wo sie immer wieder aufeinander trafen. Im Sekundentakt kollidierten ihre Barrieren und setzten jedes mal aufs neue gewaltige Kräfte frei. Bald schon waren sie so schnell das Jason und die anderen ihnen kaum noch folgen konnten.
 

"Wahnsinn! Ich sehe sie kaum noch so schnell sind sie!", staunte er mit Blick in den Himmel. "Ich wusste gar nicht das Kyren so was kann.", ergänzte Mitch ähnlich gebannt.

"Das ist die Macht von Asa.", erklärte das fremde Mädchen nüchtern, womit sie für einen Moment mehr Aufmerksamkeit bekam als das Geschehen am Himmel. "Wie? Asa? Wovon redest du?", fragte Lee verwirrt. "Heißt das in Kyren steckt die göttliche Macht von Amaunator?", hakte Larissa überrascht nach. "Ja, wenn auch nur die Gute.", bestätigte sie ihr nickend. "Deshalb ist ihr Haar also so seltsam gefärbt.", schlussfolgerte die einstige Helm-Priesterin, sich am Kinn reibend.

"Hat sie denn damit eine Chance?", fragte Jason besorgt. "Das wird sich zeigen. In den Schriften des Propheten Alaundo steht nur etwas von einer Schlacht um das Göttereich, von einem Duell zweier Giganten.", gab das umhüllte Mädchen nüchtern zurück.

"Und wer gewinnt wusste der große Alaundo zufällig wohl nicht, was?", höhnte Mitch leicht beunruhigt. "Die Schriften sprechen davon das beide Giganten fallen werden.", erwiderte sie mit betrübten Blick, was Kyrens Freunde sichtlich schockte. "Also ich verlier' hier langsam den Durchblick, Leute.", meinte Lee, ungläubig zwischen den Gesprächspartnern hin und her blickend.
 

Der Kampf im Himmel ging derweil unvermindert weiter und keiner der beiden Kontrahenten gab auch nur im geringsten nach. Shane erwachte als die gewaltigen Kräfte erneut aufeinander trafen und doch fühlte er sich dem Tode näher als dem Leben. Sein ganzer Körper schmerzte höllisch und war wie erlahmt. Als er mit verschwommenen Blick zwei Lichter am Himmel kämpfen sah, wurde ihm langsam klar was passiert war. Die Auren der beiden Seiten waren überdeutlich zu spüren und auch wenn er zu schwach war um Kyren zur helfen, so waren seine Gedanken bei ihr. "Wenn es jemand schafft diesen Wahnsinn eine Ende zu bereiten ... dann du, Kyren. Glaube an dich.", sagte er mit schwacher Stimme, auch wenn sie ihn nicht hören konnte.
 

Schließlich verlagerte sich das Kampfgeschehen wieder zur Erde, auf der beide Seiten in gebührenden Abstand landeten. Kyrens Mimik deutete bereits darauf hin das sie viel Kraft im Kampf gelassen hatte, während Adrian außerordentlich zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Dinge war und nicht im geringsten angeschlagen schien. "Was ist denn los, Mädchen? Du wirkst ein wenig ... unzufrieden.", höhnte er mit entsprechenden Blick.

Für sie war klar das es einer neuen Taktik bedurfte um ihn in seine Schranken zu weisen. Die Energien um sich zu ballen und sich selbst als Waffe einzusetzen hatte keiner der beiden Seiten etwas gebracht und so entschied sie einen Zauber mit der Energie von Asa zu versehen um ihn somit entscheidend zu schwächen.

"Wartet nur! Ich bin noch nicht fertig mit Euch!", entgegnete sie ihm entschlossen und brachte ihre Hände für einen Zauber in Stellung. Adrian erkannte schnell was sie vorhatte und reagierte entsprechend in dem er ihr seine Magie entgegensetzte.

Beide Seiten feuerten einen grellen Zauber auf den jeweils anderen ab, der in der Hälfte der Entfernung mit dem jeweils anderen aufeinander traf. Verbissen stemmte sich Kyren mit beiden Händen gegen den Druck von Adrians Seite, der wiederum seinen Stab zur Hilfe nahm.

Das Elfenmädchen gab jedoch nicht auf und hielt mit aller Macht dagegen. Sie wollte nicht aufgeben, auch wenn sie das Kämpfen Leid war. Sie kämpfte weiter für jene die wegen Adrian gelitten hatten, denn sie wollte nicht anderes das endlich wieder Frieden in Faerûn herrschte. Kyren entschied all ihre Kraft in diesen Zauber zu legen, womit sich die Wirkung ihres Zaubers nochmals verstärkte, auf das ihr Wunsch in Erfüllung gehen konnte.

Laut aufschreiend entlud sie all ihre Macht in ihren Angriff und brachte den Energieball zwischen ihnen somit zur Explosion. Die Energien der beiden Gegner sprengten einen gewaltigen Krater in die Landschaft und schleuderten sie weit davon. Ein heftiger Wind zog in alle Richtungen über den Boden hinweg, der so heftig war das sich Jason und die anderen schützend abwenden mussten.

"Was sind das für Kräfte?!", rief Mitch, der vergeblich versuchte die ursprüngliche Blickrichtung beizubehalten. "Das ist der glatte Wahnsinn! Die sind stark genug um den ganzen Kontinent in die Luft zu jagen!", meinte Jason beeindruckt und sprach den anderen somit aus der Seele.
 

Nach einigen Sekunden ließ der Wind schließlich nach und die hinfortziehenden Staubwolken gaben das Kampfareal langsam frei.

Mühevoll richtete sich Kyren aus gehockter Position auf, während ihr Gegner noch immer in den Staubwolken verborgen blieb. Ihr regenbogenfarbenes Haar begann zu schwächeln und es deutete sich bereits an das es bald wieder seine natürliche Farbe annehmen sollte. Die Aktion hatte ihr zu viel Kraft gekostet und ihre Energien waren praktisch erschöpft. Sie konnte nur hoffen das ihr Angriff Erfolg gehabt hatte, denn sie war zu schwach um weiter auf diesen Niveau zu kämpfen.

Kurz darauf zogen die Staubwolken auch von Adrians Position von dannen und gaben einen Blick auf ihn frei. Nicht nur Kyren reagierte fassungslos darüber das er schmunzelnd auf beiden Beinen stand und nicht im geringsten angeschlagen wirkte. Lediglich sein goldener Stab zerfiel in seinen Händen zu Asche, aber dies kümmerte ihn wenig.

"Oh, nein ... das kann doch nicht wahr sein.", sagte sie mit zitternder Pupille, worauf er leicht zu Lachen begann. "Du hattest von Anfang an keine Chance, Mädchen! Die Energien von Asa machen dich zwar stärker und mächtiger, aber du bist noch viel zu jung um das ganze Ausmaß von Asa optimal zu nutzen. Dir fehlt die nötige Konstitution und das Alter damit du zumindest eine Chance gegen mich haben könntest.", tönte er arrogant.

"Dann ist alles verloren.", gab sie resignierend zurück und sank mit gesenkten Haupt in die Knie. Als ihr Haar zu ihrer Ursprungsfarbe zurückkehrte war Adrian sich sicher gewonnen zu haben. Nun, wo alle Gegner geschlagen waren, gab es nichts mehr was ihn stoppen konnte.

Er achtete nicht darauf das sich hinter ihm im Staubnebel eine weitere Person versteckt gehalten hatte. Erst ein stechender Schmerz in seiner Schulter, der seine Augen geschockt weiten ließ, ließ ihn seine Unachtsamkeit erkennen. Durch seinen Aufschrei sah auch Kyren wieder auf und erblickte den Vampir Gerrard wie dieser in Adrians Schulter gebissen hatte. Er hielt ihn so fest er nur konnte, seine Augen angestrengt geschlossen.

"AH! Verdammt! Was tust du da?! Nimm deine verdammten Beißer aus meinem Körper!", schrie Adrian erzürnt und packte den Vampir am Kopf. Schnell riss er sich von ihm los stieß ihn einige Meter von sich.

Mit wutverzogenen Gesicht starrte er Gerrard entgegen und hielt sich die Wunde an seiner Schulter. "Du wolltest doch das ich komme, Adrian. Hier bin ich. Nur dumm für dich das ich das Zepter nicht mehr bei mir habe.", meinte der einstige Barde mit frechen Blick. "Du Narr! Ich hätte dich wieder zu einem Menschen machen können, aber stattdessen fällst du mir in den Rücken!", gab Adrian mit verachtenswerter Mimik zurück. "Deine ... Verlockung ... zieht bei mir nicht. Du wirst das Zepter nie bekommen - für keinen Preis der Welt.", erwiderte er grinsend und linste in Richtung des umhüllten Mädchens, die seinen Augenkontakt eher wehmütig hinnahm. Sie wusste was Gerrards Tat für Folgen hatte, aber sie bewunderte auch was für ein großes Opfer er gebracht hatte. Adrian hingegen würdigte seine Aktion nur mit Spott und Unverständnis.

"Falls es dir nicht bewusst ist - mit deinen Biss hast du gerade dein eigenes Todesurteil unterschrieben. Wenn du als Vampir ein anderes untotes Wesen wie mich beißt und aussaugst, dann nimmst du praktisch pures Gift zu dir. In meinen Adern fließt kein Blut mehr. Du hast dich soeben selbst um dein Leben gebracht.", mahnte er ihn, doch Gerrards Lächeln blieb erhalten. "Ich ... weiß ...", sagte er, während das Lebenslicht aus seinen Augen wich und sein Körper immer mehr schwankte. "... aber gleichzeitig wirst auch du geschwächt.", fuhr er fort und fiel entkräftet auf den Rücken. "Somit .... hat mein unotetes Dasein doch noch einen Sinn gehabt.", ergänzte er glücklich, worauf ihn die letzten Lebenskräfte verließen.
 

"Gerrard!", schrie Lee aufgeregt, wenn gleich er verstand das sich sein alter Gefährte soeben von dieser Welt verabschiedet hatte. Erst jetzt begriff der junge Mönch das all sein Hass, den er gegen ihn gehegt hatte vollkommen vergeben war. Er hatte ihn falsch eingeschätzt, denn seine Tat war absolut edel. Diese alte Feindschaft fand erst im Tod ihr Ende und Lee blieb von Schuldgefühlen geplagt zurück.

Die anderen konnten kaum verstehen was er getan hatte, aber der Anblick Adrians verdeutlichte seine Tat noch einmal. Der Ur-Magier wirkte zum ersten mal angeschlagen und hielt sich die Schulter, doch selbst nach Gerrards Tat umgab ihn noch immer eine immense Macht.

In dieser Situation glaubte Jason einen Angriff wagen zu können, doch das fremde Mädchen hielt ihn zurück. "Nein. Auch wenn Adrian die Hälfte seiner Macht verloren hat, ist er euch immer noch weit überlegen. Das Elfenmädchen hätte nun eine Chance, aber leider hat sie ihre ganze Kraft schon verbraucht.", meinte sie mit strengen Unterton. "Na toll! Und ich dachte du hast mal gute Nachrichten für uns.", meckerte Mitch mit entsprechender Mimik.
 

Kyren spürte dass das Mädchen recht hatte, aber sie wollte auch nicht das Gerrards Opfer umsonst geblieben war. Adrian wusste sehr wohl das die kleine Elfe, sollte sie wieder zu Kräften kommen, eine Gefahr für ihn darstellte. Es gab nur einen Ausweg, der darin lag sie zu töten, womit er auch an die Mächte von Asa herankommen konnte.

Schmunzelnd wendete er sich ihr zu und richtetet seinen Arm in ihre Richtung. "Pah, das ändert gar nichts. Ich bin euch immer noch weit überlegen und mit dir, kleines Elfenmädchen, bin ich noch nicht fertig.", sagte er mit aggressiven Blick. Kyren zweifelte ob ihre verbleibende Kraft ausreichen würde um seine Angriffe abzuwehren, aber fliehen wollte sie auch nicht. Sie war nicht so weit gereist und hatte nicht so viel durchgemacht um nun zu aufzugeben. Dennoch sah die Lage nicht besonders gut für sie aus, so dass sie schon ein Wunder brauchte um Adrian noch schlagen zu können. Sie hatte Angst, sogar große Angst als Adrian folglich seine Hand für einen Zauber gegen sie erhob.

Ihr Blick erstarrte schlagartig als plötzlich neben ihr eine leise Stimme ertönte. Sie hatte es im allgemeinen Kampfgeschehen noch nicht bemerkt, doch sie stand nur wenige Meter von Shane entfernt, dessen Körper fast vollständig von einer Staubschicht überdeckt war. Er lag dort wie halb begraben und lediglich sein Kopf ragte noch frei hervor. Seine Augen waren leer und glasig, aber ähnlich wie sie, hatte er den Gedanken an den Sieg noch nicht abgeschrieben. Sie rief besorgt seinen Namen, wollte zu ihm eilen, aber als sie hörte was er sagte erlahmte ihr Körper vor Schock.

"Sen ... ich überlasse dir meinen Körper .... wenn du es schaffst Adrian zu besiegen. Sen, ich bitte dich - beschütze Kyren! Sen! Ich beschwöre dich! Siege und mein Körper soll für alle Zeit dein sein.", sprach er mit schwacher Stimme. "Nein! Nicht Shane!!!", schrie Kyren aufgeregt, wohlwissend wen ihr Gefährte da herauf beschwörte. Der Gedanke das Shane sein Leben für sie gab und ihn für immer zu verlieren riss ihr Herz fast in Stücke. Ihr Flehen war vergebens, denn schon als sich ein Grinsen in seinen Gesicht bildete, ahnte sie das Bhaals Essenz, die in ihm wohnte, einverstanden war.

Seine Haar begann sich zu Pechschwarz zu Färben und an Länge zu verlieren. Seine blasse Haut füllte wieder Farbe und seine Wunden heilten wie von selbst. Es dauerte nur wenige Sekunden und Sen war auferstanden.

Kyren konnte nicht glauben was passiert war, denn auch wenn Sen stark genug war um Adrian Einhalt zu gebieten, so konnte sie nicht akzeptieren das ausgerechnet Shane für Faerûn sterben musste. "Das ist einfach nicht fair! Shane! Warum Shane?!", gab sie weinend von sich und schlug mehrfach auf den Boden ein.

"Ja! Endlich bin ich wieder frei! Endlich gehört dieser Körper mir!", rief Sen euphorisch empor. Adrian konnte kaum glauben was er sah, wo er sich schon so nah am Sieg gewähnt hatte. "Was?! Der Verräter?", staunte er überrascht. "Ja, genau! Und ich hab eine schlechte Nachricht für dich. Wenn hier einer zum Gott aufsteigt, dann bin ich das! Ich allein habe göttliches Blut in meinen Adern, ich allein habe das Recht Anspruch auf den Thron eines Gottes, den Thron von Bhaal zu erheben. Du standest mir schon damals im Weg!", erwiderte er, strafend in seine Richtung deutend. "Verstehe, deshalb hast du Diron hintergangen und dich von unseren Vorhaben abgewandt.", gab der Lich schmunzelnd zurück.

"So ist es. Und nun wird es Zeit meinen Teil der Abmachung zu erfüllen.", tönte er mit entschlossenen Blick, was Kyrens Tränenfluss kurz stoppte. "Das heißt ... du wirst uns helfen?", fragte sie zögerlich. "Pah, bilde dir nichts drauf ein, Gör! Es war Shanes letzter Wille und ich bin daran gebunden. Hmpf, ich frage mich wie verzweifelt man sein muss um sein eigenes Leben für das eines anderen zu geben.", entgegnete er ihr schroff und wendete sich wieder seinen eigentlichen Gegner zu.

Für Kyren hingegen war klar warum Shane das getan hatte. "(Er ist mein bester Freund ... und für mich sogar mehr als das.)", dachte sie still in sich hinein und erinnerte sich an einige Moment mit ihm zurück. In diesen Augenblick konnte sie ihm nicht verzeihen das er sein Leben für sie und die Welt verworfen hatte.
 

Nun standen sich Adrian und Sen gegenüber, zwei Gegner für die es kein verlieren gab. "Dann wollen wir mal sehen wie gut du mit mir klar kommst.", rief Sen entschlossen und setzte zum Angriff aus der Luft an. Ein Bombardement von Tritten und Schlägen prasselte auf Adrian nieder, welches er jedoch gekonnt abwehrte. Kaum wich Sen auf etwas Abstand für einen Neuanlauf zurück, konterte Adrian mit Magiegeschossen, die dieser jedoch einfach so mit seinen Armen abwehrte. "Das bringt bei mir nichts!", fauchte er und setzte weiter nach.

Obwohl Sen im Nahkampf überlegen schien, konnte er seinen Gegner nicht entscheidend schwächen. Gleiches galt für Adrians Magie. Beide Seiten schenkten sich nichts und ihre Angriffe nahmen eine Geschwindigkeit an, der man nur schwer folgen konnte.

Bald schon merkte Sen das er so nicht weiter kam und so griff er zu einer anderen Taktik. Shanes Schwert steckte noch immer in seiner Halterung am Rücken und er wollte nicht länger zögern es einzusetzen. Ein hämisches Grinsen überzog sein Gesicht als er zur Waffe griff und eine neue Attacke startete. Adrian war jedoch vorbereitet und beschwor eine magische Klinge zu Hilfe.

Dennoch überraschte es das Adrian Sen leichtfertig durch seine Verteidigung ließ, wodurch Sens Schwertstich von Erfolg gekrönt war und das Herz des Lichs durchbohrte. Zwar zuckte Adrian mit schmerzverzerrten Gesicht zusammen, aber er hatte noch eine Überraschung für seinen Gegner parat. Sen spürte bereits das etwas nicht stimmte, denn obwohl seine Klinge ihn durchbohrt hatte, zeigte seine Aktion nicht den erhofften Erfolg. "Und was nun?", fragte Adrian höhnisch, mit unveränderter Mimik. "Was zum Geier ...?!", stotterte sein Kontrahent unsicher, nicht ahnend dass ihm das Schwert in seiner Hand zum Verhängnis werden sollte.

Zunächst kaum wahrnehmbar begannen sich kleine Blitze um die Klinge seines Schwertes zu ringeln, bevor Adrian nur Wimpernschläge später grell erleuchtete und laut aufschrie. Sen erkannte zu spät das seine Waffe wie ein Blitzableiter fungierte und die gesamte Energie die sein Gegner aufgebaut hatte, hart auf ihn überschlug.

Einen Moment lang schien es als ob Adrian explodieren würde, doch schnell war klar das die Explosion der Energien Sen galt, der Meterweit durch die Luft geschleudert wurde und unsanft einige Meter von Kyren entfernt im Boden landete.

"Oh nein!", rief sie geschockt, während Adrian sich Shanes Schwert aus der Brust zog. "Manchmal muss man eben etwas opfern um sein Ziel zu erreichen.", tönte er großmundig und warf die Waffe beiseite. Zwar wirkte er nun noch um einiges mehr angeschlagen, aber Sen hatte bereits Mühe sich wieder aufzurichten.

"Verdammt! Der Typ ist zäh.", stellte er mit schwächelnder Miene fest. Für Adrian hingegen war bereits klar das auch Sen geschlagen war, dessen geschundener Körper schwarze Dämpfe abstieß.

"Wie bedauerlich, Sen. Das wird dein Ende sein.", meinte er sichtlicht amüsiert, wenn gleich auch er ein wenig angeschlagen war. Sens Blick zu ihm war jedoch nicht von Angst gefüllt, wie man zunächst glaubte, sondern von Erstaunen. Was Adrian nicht sah war das sich hinter ihm eine seltsame Masse zusammenformte, die langsam eine Menschenähnliche Gestalt annahm. Er war zu sehr damit beschäftigt Sen den Gnadenstoß zu verpassen, als er merkte, das Jaygoyle plötzlich hinter ihm stand. "Nein, das wird _dein_ Ende sein.", tönte dieser nüchtern, der ihn ohne zu zögern mit seinem zu einer Klinge umgeformten Arm den Kopf abschlug.

Noch während der Kopf durch die Wucht des Schlages weit durch die Luft flog setzte er mit seiner anderen Hand einen Zauber nach, der Adrians Körper förmlich pulverisierte. Adrian Sieg war damit zunichte gemacht, die Schlacht zu Gunsten, des Gestaltenwandlers geschlagen.

Der Schock stand allen ins Gesicht geschrieben und manch einer wusste nicht ob man sich nun als Gewinner fühlen sollte. "So viel zum Thema ... Gottsein.", meinte Jaygoyle mit kühler Stimme und ging erschöpft in die Knie.

Kyren fehlten die Worte um zu sagen was sie nun fühlte, denn obwohl Jaygoyle schon wie besiegt schien, war es ihm gelungen das Blatt zu ihren Gunsten zu wenden und die Schlacht für sich zu entscheiden. "Ist es vorbei?, fragte sie unsicher und tatsächlich schien er kein Interesse daran zu haben seine Tötungswut an den anderen zu vollenden. Statt dessen humpelte er nach einen Moment des Verschnaufens ohne weitere Geste davon. Nur kurz wendete er sich den Abenteurern noch einmal zu und warf ihnen ein paar letzte Worte entgegen. "Jetzt schuldet ihr mir was.", rief er mit finsteren Blick und setzte seinen Weg schließlich fort, bevor er in einen Teleportationsfeld verschwand.

"Damit ist die Prophezeiung Alaundos erfüllt. Die beiden Giganten sind gefallen, sowohl Adrian als auch Sen.", meinte das umhüllte Mädchen das sich ebenso von Kyrens Freunden abwendete. Ihr Blick war von Trauer gefüllt, gut geschützt unter ihrer Umhüllung.
 

Warum Jaygoyle ging wurde nur Sekunden später klar als die Erde erzitterte und tausende von Rittern über einen Hügel geritten kamen. An forderster Front ritt Zelda und machte ihre Freunde mit Rufen und Winken auf sich aufmerksam, obwohl dies bei dem Lärm den die vielen Pferde machten, kaum noch notwendig war.

"Da ist Zelda!", rief Jason erfreut und wank sie zu sich heran. "Verstehe. Daher weht der Wind. Dieser Typ ist wohl nicht stark genug um sich mit ein paar tausend Paladinen zu kloppen.", resümierte Lee mit Fingerzeig an seine Schläfe. Auch wenn seine Vermutung nicht ganz stimmten sollte, so war man froh das Zelda mit Verstärkung gekommen war.

Die Augen der Abenteurer waren freudestrahlend und nur Kyren sah betrübt zu Sen hinüber. Obwohl er nicht viel Mitleid für die Elfin empfand begann er zu Lächeln, auch wenn er ihren Blick nicht erwiderte. "Wie demütigend. Ich habe die Bedingung nicht erfüllt und so wie's aussieht werde ich gleich sterben. Diesmal ... hast du ... gewonnen.", meinte er mit immer schwächer werdender Stimme, bevor er leblos zu Boden sackte. Kyren erschrak und eilte ihm zur Hilfe, doch ihre Sorge wandelte sich schnell in Freude um als sich das Haar des Halbelfen wieder zu seiner ursprünglichen Farbe zurückfärbte und die Bosheit aus seinem Gesicht wich. "Shane!", rief sie erleichtert und ließ sich bei ihm nieder. Ihr Herz begann aufgeregt zu rasen als er seine Augen öffnete und ihr ins Gesicht sah. "Kyren ... haben ... haben wir gewonnen?", fragte er mit geschwächter Stimme. Allein schon diese Worte trieben der kleinen Elfin die Tränen in die Augen und es schien fast so als wollten die Götter ihr für ihren unermüdlichen Einsatz danken. "Warum weinst du?", wollte er wissen und versuchte mit seiner Hand eine ihre Tränen wegzuwischen. "Du bist so ein Dummkopf.", erwiderte sie scherzend und drückte seine Hand an ihre Wange. Ihr Herz war frei von Sorge, denn mit Hilfe der eintreffenden Truppen konnte Shane noch geheilt werden.

Lee hingegen befand dass das fremde Mädchen ihm noch ein paar antworten schuldete. "So, jetzt will ich aber endlich wissen wer du bist.", sagte er in Richtung des fremden Mädchens und stellte zugleich fest das sie wie vom Boden verschluckt war. "Hey, wo ist sie denn hin?", fragte sich Larissa, die ebenso auf ein paar Antworten gehofft hatte. Am Ende waren ihnen die Details wohl auch egal, so dass sie sich Schulterzuckend ansahen. Die Siegesfreude überwog zu sehr und schon bald darauf konnte man sich von den Paladinen als Helden feiern lassen.
 

Für den Weißen Falken, der in der Ferne ausgeharrte hatte, war das Spektakel somit auch vorbei. Vergnügt sah er in den Himmel, aus dem die finsteren Wolken wichen. "Heute wird ein schöner Abend.", meinte er ganz in Gedanken versunken und verließ die Gegend ebenso wie Jaygoyle zuvor durch ein Teleportationszauber.
 

Diese Schlacht war gewonnen und all jene die unter all dem gelitten hatten, wurden durch ein Gefühl von Erleichterung entschädigt. Adrian von Nesseril war besiegt, das unmögliche war möglich geworden und dennoch sollten die Namen der Helden nie Erwähnung in den Büchern der Menschen finden, wollte man das Geheimnis von Adrian auch weiterhin vor der Welt verbergen. Die Welt würde weiter so existieren wie bisher, mit all ihren Licht und Schattenseiten. Kaum jemand in Faerûn wusste wie nah man davor gewesen war die Welt in der man lebte zu verlieren.
 

In Suldanessalar stand einige Tage später eine große Feier an. Kyren und Ihre Freunde wurden vom Elfenvolk um- und bejubelt. Wie Götter wurden sie in der Elfenhauptstadt empfangen, allen voran Kyren, die ihr Ansehen nach ihrer Flucht aus Suldanessalar durch ihren großen Kampf wieder erhalten hatte.

Das Volk war stolz eine solche Prinzessin zu haben und so waren ihr die Fehler der Vergangenheit schnell verziehen. Sie war glücklich wieder in den Armen ihrer Eltern zu sein, ebenso wie Prinz Atrix, der sie nach ihrer Rückkehr nun noch mehr umschwärmte und sogar bei anderen Mädchen damit angab sie bestens zu kennen. Auch für Shane gab es eine angenehme Überraschung als ihn seine Schwester in Begleitung seiner Eltern in der Elfenstadt empfing. Die Umarmung der Geschwister war innig und Shane fühlte förmlich wie all die Last von ihm fiel, die ihn seit Beginn seiner Reise bedrückt hatte. Zwar zierten seinen Körper noch duzende Verbände die die Wunden des Kampfes überdeckten, aber all der Schmerz war in der Geborgenheit seiner Familie vergessen. Das Gefühl etwas nicht vollendet zu haben war mit dem Sieg über Adrian ein für alle mal verschwunden. Es war fast so als ob all sein Glück durch den Tod des Ur-Magiers zurück gekehrt war.

Gemeinsam mit den anderen Helden weihte man eine Gedenktafel ein, auf der all die Namen standen, die durch Adrians Wahn ihr Leben lassen mussten. Auch Sejya, Gerrard und Jáin waren dort vermerkt, wenn gleich letzterer lediglich als vermisst galt. Sie alle sollten auf ewig in Erinnerung bleiben.

Trotz all dieser Erlebnisse - Kyren und Shane würden nie die schöne Zeit vergessen die sie zusammen mit ihren Reisgefährten nach Thay gehabt hatten. Kyren hoffte das Sejya im Himmel zum inneren Frieden kam und auch Gerrard Erlösung gefunden hatte. Viel mehr blieb ihr nicht um die Trauer über die Gefallenen dieses Konflikts zu bewältigen.
 

Das Fest dauerte mehrere Tage an bis die Abenteurer zu dem Punkt kamen wo sie sich einander verabschieden mussten. Jeder von ihnen hatte eigene Ziele und Träume denen er in Suldanessalar nicht nachgehen konnte.

Kyren wusste das dieser Augenblick bevorstand und dennoch sehnte sie ihn alles andere als herbei. Es war ein prunkvoller Abschied, für den man sich in extra Schicke Schale geworfen hatte. Jeder der tapferen Helden bekam eine Schriftrolle überreicht, die es ihnen erlaubte nach Suldanessalar zurück zu kehren.

Larissas Aufgabe lag im Himmelsreich an das sie als Erzengel gebunden war. "Ich verspreche dir immer ein wachsames Auge auf dich zu haben.", meinte sie mit einem freundlichen Lächeln.

Lee und Mitch zog es in die Welt hinaus, wo man weitere Erfahrungen als Abenteurer sammeln wollte. "Wenn du mal nach Amn kommst, besuch mich ruhig mal.", sagte letzterer Augenzwinkernd.

Jason und Zelda wollten zurück nach Starmantle - Zeldas Heimat - wo sie als Waldläuferin gebraucht wurde. "Wir werden dich vermissen, aber ich verspreche dir das wir uns wiedersehen.", sagte sie und sah glücklich zu Jason auf.

Ihr schwerster Gang war jedoch der zu Shane, der bei seiner Familie stand. Sie fragte sich wie sie jemanden gehen lassen konnte, den sie über alles liebte, doch er schien so glücklich bei seiner Schwester und seiner Familie. Sie errötete bei dem Gedanken ihn ins Gesicht sehen zu müssen wenn sie von ihm Abschied nahm. In seiner Gegenwart wurde sie schüchtern und verkrampft, so dass sie ihn verlegen die Schriftrolle für Suldanessalar hinreichte. "Shane ... ich ...", setzte sie an, aber ihr Herzrasen unterband jedes weitere Wort.

"Kyren, egal was passiert, egal wie viel Meilen uns trennen, ich werde dich nicht vergessen. Wir bleiben beste Freunde.", meinte er und reichte seinen kleinen Finger zum einhaken, so dass ihr trauriger Gesichtsausdruck etwas erhellte. "Ja ... beste ... beste Freunde.", antwortete sie leicht zögerlich und hakte ein. Noch im selben Moment ging am Horizont die Sonne nieder und tauchte das Szenario in einen angenehmen rot.

Kyren vergaß einen Moment lang ihren Finger wieder zu lösen und schrak verschämt zurück. "Sei nicht traurig, Kyren. Ich schreibe dir ganz oft, versprochen.", sagte Shane freundlich lächelnd. Ihr Körper erlahmte förmlich als er sie daraufhin noch einmal umarmte. "Machs gut und pass auf dich auf.", ergänzte er, bevor er schließlich von ihr abließ und zu seiner Familie ging. Ihre Pupillen zitternden vor Aufregung, erst recht als sie feststellte seine Umarmung gar nicht erwidert zu haben. "Shane ...", sagte sie leise, worauf er sich noch einmal zu ihr umdrehte. "Ja?", fragte er unverblümt. "Ich ... ach ... es ist nicht so wichtig. Pass auf dich auf.", antwortete sie zögerlich. So sehr sie sich auch wünschte das er bleiben würde, so wollte sie doch das er glücklich war. Sie wusste aus eigener Erfahrung - dieses Gefühl konnte ihm nur seine Familie geben. Für ihn war sie eben nur ein kleines Elfenmädchen, ein Freund auf den man sich verlassen konnte, aber auch das machte sie schon etwas glücklich. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen als ihr Blick über ihre Gefährten schweifte. "(Ich habe die besten Freunde der Welt.)", dachte sie still vor sich hin.

"Macht's gut! Ich werde euch vermissen!", rief sie ihnen winkend hinterher, was sie ihr gleichermaßen erwiderten. Kurz darauf verschwanden sie durch ihre Teleportationsfelder, doch Kyren blickte voller Zuversicht in die Zukunft, eine glückliche Zukunft die sie Faerûn ermöglicht hatte ...

Epilog und Nachwort

Epilog:

Stille herrschte an der staubigen Oberfläche über den Überresten von Adrians alten Grab nahe Tyraturos. Nur ein Mann störte die Ruhe an diesen Menschenleeren Ort und ließ seinen Blick ziellos in die Ferne schweifen. In seiner rechten Hand, die in einen schwarzen Handschuh gekleidet war, hielt einen Stein, der wie Asche zerbröselte als er kurz zudrückte.

Noch immer zierte eine Narbe zierte sein Gesicht, die über sein rechtes Auge verlief. Es war nicht ganz klar welche Gedanken durch Dirons Kopf flossen, aber eines war sicher - der Frieden in Faerûn sollte nicht von Dauer sein ...
 

Nachwort:
 

Na ja, vielleicht hätte ich den letzten Teil nach dem Sieg noch etwas ausbauen können, aber die Episode ist eh schon zu lang ^^' Ich weiß noch nicht wann und ob ich die 5. Staffel hier hochladen werde, aber ich schreibe bereits daran ^^ Vielleicht mache ich auch erst einmal eine kleine Pause.

Die 5. Staffel spielt 4 Jahre nach dieser hier und greift ohnehin so gut wie gar nicht (also abgesehen von den Charakteren) auf diese oder vorherige Staffeln zurück - so viel kann schon mal gesagt werden.
 

So oder so - ich hoffe euch hat die Geschichte gefallen. Kommentare und Kritiken sind wie immer erwünscht. Fragen könnt ihr gerne Stellen - sie werden 100%ig beantwortet ^^



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  BSK86
2008-05-29T13:23:12+00:00 29.05.2008 15:23
Puh, endlich fertig mit der 4 Staffel,
war wirklich gut, recht lang (so was liebe ich!)

was soll ich sagen, ich mag die Geschicht und die Charaktere wirklich sehr und habe mich auch gefreut das fast alle aus den vorherigen 3 staffel aufgetaucht sind!
bin sehr gespannt auf die 5 staffel, werde dann mal anfangen.
Von:  rosenstern
2006-12-09T08:46:42+00:00 09.12.2006 09:46
Ja auch ich finde es schade, dass du so selten kommentare hast, aber ich muss sagen, dass ich alle Staffeln auf einmal gelesen habe und somit kannst du dir sicher sein, dass deine Storie spannend ist! Würde mich sehr freuen, die fünfte Staffel lesen zu können!

Alles Liebe
Rosenstern
Von: abgemeldet
2006-05-23T17:10:43+00:00 23.05.2006 19:10
Ach herje... Wunderschöne Idee, toller Anfang und soooooooooo lang. Wann soll i das alles lesen *möh*
Schade das du noch keine Kommis hast, aber bei der Überlänge... *in arm nehm u knuddl*


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