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I'm with you

von

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Große Regentropfen prasseln gegen die Fensterscheiben und ein kalter Wind versucht durch jede noch so kleine Ritze in den Raum zu gelangen. Immer wieder schafft er es, wenn auch nur als seichter Hauch, so auch jetzt.

Seufzend erhebe ich mich von meiner Couch um im nun dunklen Raum die Streichhölzer zu suchen. Das vierte Mal an diesem Abend, nein, in dieser Nacht, hat mir der Wind die Kerzen auf dem Tisch ausgeblasen. Ob er mich auffordern will, endlich schlafen zu gehen?

Kurz sehe ich auf das leuchtende Ziffernblatt meiner Uhr. 02:03 Uhr, wahrscheinlich bin ich der einzige, der in diesem Haus noch wach ist.

Tifa würde wahrscheinlich wieder meckern, da ich doch meinen Schlaf brauche, und Cloud würde ihr zustimmen, aber nur um sich nicht mit seiner Freundin anzulegen.

Vielleicht würde aber auch Nanaki mit mir hier sitzen, die Kerzen beobachten und schweigen, uns beide unseren Gedanken hinterherhängen lassen.

Oder Yuffie würde mich die ganze Nacht lang durch den Keller der ShinRa-Villa schleifen in der Hoffnung, ein paar Substanzen von Hojo zu finden.

Nach ein paar Minuten gebe ich es auf, die Streichhölzer zu suchen und entfache die Kerzen mit einem Feuer-Zauber. Ich könnte natürlich auch einfach die Deckenbeleuchtung einschalten, doch das wäre nur ein kaltes Licht, es würde mir nur zeigen, wie leer und tot diese Wohnung eigentlich ist. Die Kerzen hingegen geben Wärme ab, warmes Licht, das Erinnerungen an längst vergangene Tage weckt...
 

"Yuffie! Hör auf Teig zu klauen und hilf mir lieber!", meinte Tifa wütend zu der kleinen Ninja, welche beim Plätzchenbacken "half". Ich saß daneben und sollte die kleine Aeris, Tifas und Clouds Tochter, in meinen Armen halten, damit ihre Mutter sie immer im Blick hatte. Tatsächlich hatte sie eine gewisse Ähnlichkeit mit der verstorbenen Cetra, doch eigentlich war dieser Name nur eine Erinnerung an eine Freundin. Cloud war mit Barret und Cid unterwegs, um einen Weihnachtsbaum zu holen, Nanaki saß neben meinem Stuhl und schien ein wenig zu dösen.

Es war kurz vor Weihnachten und alle Avalanche-Mitglieder schienen glücklich zu sein, ja, sogar ich war irgendwie glücklich.

Wir wohnten in der zuvor noch leerstehenden ShinRa-Villa, da diese Platz für uns alle bot und wir keine Miete zahlen mussten. Nicht, dass wir nach der "Rettung der Welt", wie Barret es immer nannte, hätten Geld sparen müssen, aber trotzdem nutzten wir diesen Ort für uns.

Ein Schreien ließ mich zusammen zucken. Dem Baby schien wohl wieder etwas nicht zu passen, da hatte Tifa ihr Kind schon auf dem Arm.

"Was ist denn? Hat der böse böse Vincent dir weh getan?"

"Natürlich, das mache ich doch immer", meinte ich scherzhaft zu der Dunkelhaarigen. Sie hatte sich über die Zeit zu einer richtigen Hausfrau und Mutter entwickelt.

Sie lächelte mich an und kümmerte sich dann um Aeris. Tifa hatte mich immer angelächelt, zu jeder Zeit, selbst als sie...
 

Energisch schüttele ich den Kopf. Dieses Wetter, diese Jahreszeit, alles bringt mich dazu, in Erinnerungen zu schwelgen.

Habe ich mir nicht vorgenommen zu vergessen?

Vorsichtig nippe ich an meinem Tee und sehe aus dem Fenster.

Der Regen hat noch nicht aufgehört, immer weiter fallen die Tränen des Himmels zu Boden. Ob er mit mir trauert? Ob er von den Dingen weiß, die ich zu vergessen versuche?

Ich habe alles zurückgelassen, was mich erinnern könnte und dennoch werde ich sie nicht los, die Erinnerung an die Vergangenheit.

Ich wohne nun schon seit einigen Jahren in einer Wohnung im neu aufgebauten Midgar, fernab von Nibelheim und vom Nordkrater und lebe davon, Häuser anderer Leute von Monstern zu befreien. Zu kämpfen habe ich nicht verlernt, andere Dinge schon...

Freunde habe ich schon lang nicht mehr, weiß ich doch, wie sehr das alles schmerzt.

Und wieder sind sie da, beim Gedanken an Geschehenes. Bilder aus der Vergangenheit, die mich nicht loslassen, obwohl sie schon Jahre, nein, Jahrzehnte zurück liegen. Um ihnen zu entrinnen lösche ich die Kerzen und verlasse den Raum, gehe durch die kalte Wohnung, in der nur die nötigsten Dinge stehen, und komme schließlich bei meinem Bett an.

Vielleicht sollte ich doch schlafen, denn so ist bisher die Zeit immer am schnellsten verflogen. Leider kann nicht den Rest meines Lebens verschlafen, habe ich so schon genug Probleme damit, in der Nacht ein Auge zu zu tun.
 

Früher hat Yuffie oft bei mir im Bett gelegen und mit mir geredet. Wir hatten keine Beziehung, empfanden es einfach nur als angenehm so bei einander zu sein. Außerdem ließen Cloud und Tifa es oft nicht zu, dass die Ninja schlafen konnte. Ich schlug ihr dann meistens vor, einfach auszuziehen, schließlich war sie auch schon Volljährig und durchaus in der Lage, allein zu wohnen.

"Nein, ich möchte lieber mit euch allen zusammen leben", hatte sie dann immer gemeint und sich an mich gekuschelt. Damals habe ich sie nicht verstanden, doch heute tue ich es.
 

Mein Bett ist so kalt und leer wie der Rest meiner Wohnung. Es ist nicht die Art von Kälte und Leere, die man mit einer Heizung und ein paar Gegenständen bekämpfen kann, es ist viel mehr sowas wie Einsamkeit.

Früher hatte ich immer gesagt, sowas würde mich nicht stören, war ich es doch von den Jahren eingeschlossen im Sarg gewohnt, doch wenn man einmal Freundschaft und Nähe erlebt, will man nicht mehr ohne das sein.

02:16 Uhr, ganze dreizehn Minuten habe ich schon totgeschlagen. Wenn das so weiter geht, wird das eine lange Nacht werden...

Mit den anderen würde ich wahrscheinlich bewusst diese Nacht wach bleiben, das heißt, sie hätten darauf bestanden. Der heutige Tag ist mein Geburtstag, wie ich grade wieder feststelle, aber ich weiß nicht einmal, wie alt ich jetzt bin.

Ich habe aufgehört die Jahre zu zählen, als es niemanden mehr gab, mit dem ich mich über die vielen Jahre freuen könnte.

Aussehen tue ich noch immer wie siebenundzwanzig, etwas, das ich Hojo zu verdanken habe.
 

Jeden Tag, wenn ich in den Spiegel schaute, sah ich mich mit meiner hellen Haut, den roten Augen und schwarzen Haaren, die mir teilweise ins Gesicht hingen. Nie veränderte sich daran etwas, ich bekam keine Falten, keine grauen Haare oder gar eine Glatze.

Manch einer würde sicherlich als großes Glück bezeichnen, doch für mich war es nichts weiter als ein Fluch.

Alle Leute um mich herum veränderten sich, wurden reifer, alterten. Die Jahre gingen an ihnen nicht spurlos vorüber, an mir jedoch schon.

Und nach und nach verschwanden sie alle. Einer nach dem anderen starb, ließ mich allein zurück. Tifa war die letzte, die mich verließ.

Wir hatten zuvor noch einige Jahre zusammen in der Villa gelebt, sie bekam recht oft Besuch von ihren Enkeln, heute dürften diese schon Urgroßeltern sein. Immer lächelte sie, immer schien sie glücklich zu sein. Als sie dann starb, mitten in der Nacht, ganz ruhig im Schlaf, lächelte sie weiter, wie als würde sie mich bitten wollen, auch weiter zu lächeln.
 

Mit leerem Blick starre ich an die Decke.

Lächeln, wie lange habe ich das nicht mehr getan? Ich glaube, ich kann es gar nicht mehr, warum sollte ich auch? Es gibt niemanden mehr, dem ich ein Lächeln schenken will...
 

Irgendwie habe ich diese Nacht doch noch überstanden, ohne ob meiner Erinnerungen in Tränen auszubrechen.

Der Himmel ist mittlerweile wieder aufgeklart und lässt ein paar Sonnenstrahlen in meine Wohnung fallen. Trotzdem wirkt dieser Ort nicht angenehmer als am Vortag.

Langsam gehe ich zum Kühlschrank, nur um festzustellen, dass dieser dringend aufgefüllt werden muss. Dann habe ich wenigstens eine beschäftigung für den heutigen Tag.
 

Ein reges Treiben herrscht in den Läden in der Stadt, von überall ist ein Stimmengewirr zu hören, zu allen Seiten stehen Menschen, unterhalten sich, kaufen ein oder tun andere Dinge. Ich selbst gehe durch die Regalreihen des Supermarktes, packe alles, was ich brauche in den Korb. Andere Leute interessieren mich nicht, denn ich kenne sie nicht und will sie nicht kennen.

"Das gleiche wie immer?", fragt mich die Verkäuferin an der Fleischtheke, die mich zu kennen scheint. Ich nicke nur abwesend, sehe durch sie hindurch und bin wieder vollkommen in meine Vergangenheit vertieft.
 

"Hast du eigentlich Angst davor zu sterben?"

Es war wieder einmal eines dieser Gespräche, die Yuffie und ich mitten in der Nacht führten. Und wie jedes Mal warf es mehr fragen auf, als es Antworten brachte.

"Nun...", ich sah sie an. Wir lagen immer so, dass wir uns direkt in die Augen sehen konnten.

"Ich weiß es nicht. An sich habe ich ja nicht einmal die Aussicht jemals zu sterben, darum mache ich mir darüber keine Gedanken."

Auf meine Worte hin, gab sie ein Murren von sich und kniff mir in die Nase.

"So eine Antwort wollte ich nicht! Sei ehrlich, na los!"

"...", kur schloss ich die Augen, versuchte mir den eigenen Tod vorzustellen. Damals, gefangen im Keller der Villa habe ich mir oft den Tod gewünscht, aber die Reue über mein Versagen, über Lucretias Schicksal ließ mich einfach nicht von dieser Welt verschwinden.

"Ich glaube, ich hätte Angst davor", gab ich schließlich ehrlich zu.

"Ich auch...aber vielleicht ist es leichter, wenn man jemanden hat, der bei einem ist."

"Jemanden?"

"Ja, du weißt schon...jemanden, dem du vertraust oder den du vielleicht sogar..."
 

"Hier, bitte sehr!", werde ich von der Verkäuferin aus den Gedanken gerissen. Ohne sie anzusehen nehme ich ihr die Lebensmittel ab und entferne mich von der Theke. Mir ist wieder eingefallen, warum ich noch lebe. Ich hatte Yuffie gegenüber nicht gelogen, ich habe sie noch nie angelogen. Wäre ich damals mit Tifa zusammen gestorben...

Aber jetzt ist es zu spät, sich darüber Gedanken zu machen.

Seufend mache ich mich auf den Weg zur Kasse. Um mich herum nur gesichtslose Leute, die mich mehr oder weniger beachten.

Plötzlich rempelt mich jemand an, allerdings wohl ungewollt.

"Entschuldigung...", meint er leise und lässt mein Herz einen Schlag aussetzen. Diese Stimme, ist das möglich?

Schnell drehe ich mich um, in der Hoffnung noch einen Blick auf diesen Mann zu erhaschen. Wahrscheinlich bilde ich mir das alles nur ein, die Einsamkeit kann einen verrückt machen.

Ich brauche mich nicht lange umzuschauen, es ist mir schnell klar, wer das eben war.

Lange, silberne Haare, ein schwarzer Mantel und wie auf ein Stichwort dreht er sich um und ich kann diese glühenden, grünen Augen sehen. Es ist nur ein Augenblick, dann dreht sich der Mann wieder weg und geht weiter, doch schon dieser Moment reicht, um mich vollends zu verwirren.

Bist du das? Kann das wirklich sein?

Oder sieht dir dieser Mann einfach nur zum verwechseln ähnlich?

Ja, so muss es sein. Du solltest, nein, du bist tot, ebenso wie alle anderen. Selbst wenn du den Kampf von damals überlebt hast, heute wärst du zu alt, um noch am Leben zu sein.

Aber...bin ich nicht auch zu alt dafür?

Den Kopf schüttelnd drehe ich mich um, du, nein, dieser Mann, ist schon längst aus meinem Blickfeld verschwunden.

Um mich herum sind immer noch gesichtslose Menschen und ich bin noch immer allein. Aber dieser Moment, auch wenn er noch so kurz war, hat in mir den Wunsch wiedererweckt, wieder menschliche Nähe zu spüren.

Auch wenn es unmöglich ist, so wünsche ich doch, dass ich dich gesehen habe, dass wenigstens ein Teil meiner Vergangenheit noch nicht zur Erinnerung geworden ist.
 

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Gemächlich gehe ich durch den Supermarkt, eigentlich habe ich gar keine Lust darauf einzukaufen, aber irgendwovon muss ich mich ernähren. Um mich herum sind nur Menschen die ich nicht kenne, die mir nichts bedeuten und sie scheinen mich ohnehin nicht zu bemerken. Vielleicht ist es auch gut so, schließlich würde es auffallen, wenn jemand einfach nicht stirbt, ja nicht einmal altert.

Deshalb bin ich auch nach einigen Jahrzehnten von der Costa del Sol hierher, ins neue Midgar gezogen. Hier kennt mich noch niemand. So wirklich hat mich noch nie jemand gekannt.

Doch...vielleicht Zack, er war ein guter Freund von mir. Und dann gab es da noch...

Aber das ist ohnehin alles zu lange her, keiner, den ich je kannte, ist noch am Leben.

In Gedanken versunken setze ich meinen Weg fort, versuche Zeit zu vertreiben, warte darauf, endlich zu sterben.

Ungewollt remple ich dabei einen Mann an, entschuldige mich aber sogleich. Aus den Augenwinkeln sehe ich ihn, schwarze Haare und blasse Haut. Kann das sein?

Um mich zu vergewissern drehe ich mich um, und wie, als hätte dieser Mann meine Gedanken gelesen, sieht er mich ebenfalls an, aus rubinroten Augen.

Ich weiß, es ist unmöglich, aber er sieht aus wie du. Das muss ein Zufall sein, darum wende ich mich wieder ab, versuche diesen Moment zu verdauen.

Du, das heißt, jemand, der wie du aussieht, ist hier in Midgar.

Noch einmal blicke ich zurück, hoffend, einen weiteren Blick zu erhaschen, vielleicht sogar von dieser Person angesprochen zu werden, doch da ist niemand mehr. Nur Menschen, die mit anderen Menschen durch den Supermarkt gehen. Keiner von ihnen sieht mich wirklich, es ist alles so, wie es sein sollte. Vielleicht spinne ich und habe mir diese Begegnung nur eingebildet, aber trotzdem löste sie ein angenehmes Gefühl aus. Diese mir langsam immer fremder werdende Welt ist plötzlich wieder etwas vertrauter.

"Vincent..."

Lautlos formen meine Lippen deinen Namen. Du kannst mich nicht hören, selbst wenn du dieser Mann sein solltest, aber bei diesem Namen erinnere ich mich an vergangene Tage.
 

Ich muss etwa sieben Jahre alt gewesen sein, als mich mein "Vater", wie sich Hojo immer nannte, zum ersten Mal allein in den Keller der ShinRa-Villa ließ.

Natürlich war ich aufgeregt, durfte ich doch zum ersten Mal jeden Winkel diesen Gemäuers erforschen.

Mein Weg führte mich durchs Labor, an den Bücherregalen vorbei, wieder in den modrig riechenden Gang und schließlich in einen Raum voller Särge. Ich hatte keine Angst vor Vampiren oder was sonst noch in Särgen hausen sollte, dennoch wurde mir an diesem Ort etwas mulmig, war doch deutlich die Anwesenheit eines Lebewesens zu spüren. Langsam ging ich zwischen den Särgen umher, machte einen nach dem anderen auf, fand allerdings nichts als Knochen. Nur eine dieser Holzkisten blieb übrig, mir war klar, dass ich dort kein Skellett finden würde.

Vorsichtig klopfte ich auf den dunklen Deckel, die Buchstaben darauf waren schon verblasst. Als sich nach wenigen Minuten nichts im Sarg regte, wagte ich es, ihn zu öffnen.

Tatsächlich lag dort jemand, ein Mann etwa Mitte zwanzig. Mit großen Augen musterte ich ihn. Schwarze Haare und eine sehr helle Haut, dazu einen langer, den Körper verdeckenden Umhang, so stellte ich mir einen Vampir vor.

Gespannt beobachtete ich, wie mein Fund die Augen öffnete, orientierungslos blinzelte und mich dann mit diesen Rubinen fixierte.

"Wer bist du?", fragte ich ihn neugierig. Dieser Mann war zu hübsch um Angst vor ihm zu haben.

"Vincent...", erklärte er nach einer kurzen Pause und setzte sich auf.

"Ich bin Sephiroth!"

Fröhlich hielt ich ihm, dir, meine Hand hin und nach einer weiteren Pause ergriffst du sie.

Dein leerer Blick schien wieder etwas Leben zu bekommen, während ich bei dir war, schon allein deshalb kam ich von da an fast jeden Tag in den Keller.

Du warst, ob du es nun wolltest oder nicht, zu sowas wie einem Freund für mich geworden, meinem einzigen Freund.
 

"Passen sie doch auf!", werde ich von einem Motorradfahrer angebrüllt, der mich fast umgefahren hätte. Verblüfft stelle ich fest, dass ich schon aus dem Laden raus bin und grade über eine stark befahrene Straße gehe.

Diese Tagträumereien müssen aufhören, schon allein weil sie meine Laune noch weiter hinunter ziehen.

Ich schaue nach oben. Der Himmel ist blau, wie er es früher in Midgar nie gewesen war, und lädt zu einem Spaziergang ein. Da ich nichts anderes vorhabe, nehme ich die Einladung an und mache mich auf den Weg zum Park.

In Midgar einen Park zu sehen ist für mich immer wieder seltsam, kenne ich diese Stadt doch noch als dunkles, kaltes Gebilde. Aber heute gibt es hier keine Slums mehr und keine Reaktoren. "Solarenergie" und wie das alles heißt sorgt jetzt für Strom.

Im Gehen blicke ich zur Sonne, sie scheint schwächer zu sein, als sie es noch in meiner Kindheit war. Scheinbar tuen die Menschen nun das mit der Sonne, was sie zuvor mit der Erde getan haben. Egal welchen Planeten sie zerstören, letzten Endes fällt es alles auf die Menschen selbst zurück.

Ich frage mich, wie lange diese Welt noch existieren kann und ob ich bis dahin noch leben werde. Wahrscheinlich.

Unter einer großen Eiche setze ich mich auf eine Bank und hänge der Vergangenheit nach. Diese Begegnung mit dir, oder mit dieser Person, lässt mich nicht los.
 

Niemand wusste davon, dass ich dich im Keller der ShinRa-Villa besuchte, ich hatte auch niemanden, dem ich es erzählen könnte.

Du warst immer da, ich fragte nicht warum, nahm es einfach als gegeben hin.

Wir redeten miteinander, das heißt, ich erzählte dir viele Dinge, die ich am Tag zuvor erlebt hatte und hörtest zu. Nur wenn ich dir Fragen stellte sprachst du relativ viel. Aber auch wenn du nicht sehr gesprächig warst und sicherlich nicht das, was ein Junge von sieben Jahren zum Freund haben sollte, so war ich doch froh, dass es dich gab.

Irgendwann, wir kannten uns schon ein paar Monate, kam ich in den Keller um dich zu besuchen, doch die hölzerne Tür war verschlossen. Wütend rüttelte ich an der Tür, versuchte zu dir zu kommen, doch es war sinnlos.

"Was machst du da?", hörte ich plötzlich eine kalte Stimme hinter mir. Erschrocken drehte ich mich um und stand Hojo gegenüber.

"In diesem Raum liegt ein wertvolles Projekt von mir, hör auf dort herum zu schnüffeln!"

"Aber...", begann ich kleinlaut, da wurde ich mit einem Schlag zur Ordnung gerufen.

"Verschwinde von hier, wenn du nichts sinnvolles tun kannst. Du störst!"

Damit wandte er sich von mir ab und ging in sein Labor.

Ich stand noch eine Weile vor der Tür, flüsterte immer wieder deinen Namen, war ich mir doch sicher dich verloren zu haben.

Hätte ich damals geahnt, was einige Jahre später passieren würde...
 

Gedankenverloren sehe ich einem Blatt hinterher, welches langsam zu Boden segelt. Und genau in diesem Augenblick tritt auch eine Person in mein Blickfeld, als hätte das Blatt sie mir zeigen wollen.

Das ist keiner dieser gesichtslosen Menschen, die durch den Park gehen, es ist wieder diese Person, die dir so ähnlich sieht, aber dennoch nur eine fremde Person seien kann. Trotzdem beobachte ich sie, lasse sie nicht mehr aus den Augen und folge ihr schließlich.

Wer weiß, vielleicht werde ich so etwas finden, das mir zeigt, warum es mich noch gibt.
 

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Schweigend stehe ich auf der Brücke im Park, starre in das klare Wasser des unter mir hindurch fließenden Baches ohne es wirklich wahrzunehmen. Dennoch beruhigt es mich ungemein. Ich könnte stundenlag hier stehen bleiben und dem leisen Plätschern lauschen, so etwas mochte ich schon immer.

Aber heute ist es trotzdem das erste Mal, dass ich diesen Ort aufsuche. Bisher war ich immer in Begleitung, wenn ich mich an einen Fluss oder Bach setzte, meist war Nanaki bei mir, doch auch andere kamen gelegentlich mit mir. Egal wer da war, ich war jedenfalls nie allein.

Warum bin ich dann heute hier?

Vielleicht, weil ich diesen Mann getroffen habe und hoffe, ihn hier zwischen den Bäumen wieder zu treffen?

Ich weiß wie dumm es ist auf jemanden zu warten, von dem man nichts weiß und auch nicht erwartet, ihn jemals wieder zu sehen, dennoch tue ich es. Was sollte ich auch sonst machen?

Es ist noch nicht einmal Nachmittag und ich habe rein gar nichts mehr zu tun.

Andere Leute sagen sich in solchen Momenten, dass sie etwas machen könnten, was sie schon immer machen wollten und wozu sie vielleicht nie wieder kommen werden. Aber was, wenn man ewig Zeit hat?

Ich wüsste nicht, was ich heute tun könnte und morgen nicht mehr. Selbst im Fernsehen kommen nur wiederholungen. Auf Dauer findet man nirgends etwas wirklich neues, aber auch nichts vertrautes mehr.

Meine Blicke wandern über die Wiese hinter ein paar Bäumen. Kinder spielen und lachen dort.

Ob ich auch als Kind gespielt und gelacht habe?

Das letzte, woran ich mich erinnere, liegt zwar auch schon sehr viele Jahre zurück, doch geschah lange nach meiner Kindheit...
 

Da war ein Kind. Ein Kind, dass immer wieder zu mir kam, obwohl es mich nicht kannte und ich es auch nicht. Es war die einzige Person, die ich in den vielen Jahren, eingeschlossen im Keller der ShinRa-Villa zu Gesicht bekommen hatte.

Trotzdem weiß ich nicht einmal mehr seinen Namen oder wie es aussah, nur an dieses strahlende Lächeln kann ich mich erinnern.

Es schien glücklich zu sein und eine schöne Kindheit zu haben, so schön, dass es irgendwann nicht mehr zu mir kam, keinen Bedarf mehr an mir hatte.

Immer wenn ich wach war wartete ich in der Dunkelheit, wartete auf dieses Klopfen, mit dem sich mein junger Besuch immer ankündigte, aber das Warten war vergebens.

Schließlich schlief ich wieder länger. Tage, Wochen, Monate vergingen fast unbemerkt und so vergaß ich, dass ich gewartet hatte.
 

Ein Ball rollt zu mir, gefolgt von einem rennenden Mädchen.

"Kannst du mir den Ball wieder geben?", fragt es mich, als ich das runde Objekt aufhebe. Es hat fuchsbraune Augen, fast so wie die meinen, doch diese Augen strahlen im Gegensatz zu meinen Augen.

Ob ich auch jemals solche Augen hatte?

Nachdenklich gebe ich dem Mädchen den Ball zurück, woraufhin es wieder zu seinen Freunden läuft.

Eigentlich weiß ich über meine Kindheit genauso wenig wie über dieses Mädchen. Wahrscheinlich sind Menschenleben deshalb so kurz, nur damit man seine Vergangenheit nicht vergisst.

Ein Tropfen fällt mir auf die Nase, ihm folgen weitere. Erst jetzt fällt mir auf, dass sich der Himmel verdunkelt hat und dass in einiger Entfernung ein dumpfes Grollen zu hören ist. Die Kinder rennen schon nach Hause, in der Hoffnung nicht ganz nass zu werden.

Mich hingegen stört der Regen nicht, gibt er mir doch immer wieder das Gefühl, noch am Leben zu sein. Also bleibe ich noch etwas hier auf der Brücke und warte. Worauf werde ich sehen, wenn es mich gefunden hat.
 

Völlig durchnässt komme ich bei meiner Wohnung an und schließe mit zitternden Fingern die Tür auf. Es ist plötzlich kalt geworden und hat stärker angefangen zu regnen, darum habe ich mich doch auf den Heimweg gemacht.

In meinen vier Wänden drehe ich erst einmal die Heizung auf, man merkt, dass es langsam auf den Winter zugeht. Seufzend lasse ich mich dann auf die Couch fallen, die Jacke zusammen mit den Schuhen einfach in Richtung Garderobe werfend.

Es ist erst 16:00 Uhr und ich sitze schon zu Hause. Nun gut, ich habe schon eine ganze Menge Zeit vertrieben, aber die verbleibenden acht Stunden bis ich die Chance darauf habe einzuschlafen, werden sich wieder ziehen, so wie sie es immer machen.

Es ist komisch, wenn man keine Uhr hat, durch die man die Zeit direkt sieht, so vergeht sie viel schneller. Aber bei mir in der Wohnung hängen viele Uhren, wahrscheinlich zu viele. Ihr leises Ticken ist oft das einzige Geräusch hier, ein Geräusch, das vielen Leuten sagt, wie schnell ihr Leben vergeht. Und mir? Mir sagt es nur, dass ich wieder eine Sekunde mehr überstanden habe.

Mein Blick fällt auf die Einkaufstasche neben der Tür. Ich hatte sei nur schnell herein gestellt, bin dann sofort wieder nach draußen geflüchtet, da ich keinen Nerv für das Auspacken der Lebensmittel hatte. Zwar habe ich das jetzt noch immer nicht, aber wenn die Tasche weiterhin dort stehen bleibt, verdirbt das Essen.

Langsam stehe ich auf und gehe mit den Einkäufen in die Küche um den Kühlschrank aufzufüllen. Ich verstehe nicht, warum ich so viel eingekauft habe, das schaffe ich nie innerhalb der nächsten zwei Wochen aufzuessen.

Es wäre wohl das beste, nur für einen Tag einkaufen zu gehen, damit man jeden Tag etwas zu tun hat, aber ganz so vereinsamt und gelangweilt bin ich noch nicht.

...

Oder doch?

Es wäre zumindest eine Möglichkeit sich die Zeit zu vertreiben.

Bei diesem Gedanken fällt mir ein Sprichwort ein:

"Man soll die Zeit nicht vertreiben, man soll sie verbringen!"

Wer auch immer das gesagt hat, er hatte sicherlich keine hundertfünzig und mehr Jahre auf dem Rücken.

Schließlich packe ich das letzte Stück in den Schrank, räume die Tasche weg und habe wieder nichts zu tun. Ich bin eindeutig zu schnell für dieses Leben.

Gemächlich gehe ich durch das Wohnzimmer, welches an die Küche grenzt, und überlege wie ich den Rest des Tages verbringen soll. Im Fernsehen kommt ohnehin nichts und ungelesene Bücher habe ich momentan auch nicht. Gerade will ich schauen, ob ich etwas aufräumen könnte, da klopft es an der Tür.

Verwirrt gehe ich hin. Wer sollte mich besuchen wollen?

Es klopft erneut.

Ich mache mir nicht die Mühe durch den Briefschlitz zu schauen, einen Spion hat diese Tür nicht, sondern mache einfach die Tür auf.

"Was...?", beginne ich, stocke aber erschrocken im Satz.

Da steht er. Der Mann, dessen Anblick mich den ganzen Tag in meinen Gedanken verfolgt hat. Ich habe mir gewünscht, dass er mich finden würde, aber selbst nicht daran geglaubt. Seine grünen Augen sind auf mich gerichtet und wieder habe ich das Gefühl dich zu sehen.

Nein, das kannst du einfach nicht sein, das darfst du nicht sein.

Während ich noch in diese Augen starre, noch hoffe, gleich schweißgebadet aufzuwachen, fragt dieser Mann, was ich nicht hören will.

"Darf ich reinkommen, Vincent?"
 

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to be continued...

"Darf ich reinkommen, Vincent?"

Entgeistert starrst du mich an und ich fürchte, gleich die Tür vor der Nase zugeschlagen zu bekommen. Ja, das bist du, schon allein der Nachname an der Tür sagt es mir, aber deine Reaktion auf mich ist der Beweis.

Leicht beginnst du den Kopf zu schütteln.

"Nein...nein...das ist unmöglich...das darf nicht sein...nein...", immer wieder flüsterst du kaum hörbar diese Worte, lässt mich dabei nicht aus den Augen. Eine verirrte Träne rollt deine Wange hinab. Weinst du vor Freude oder vor Trauer?

Ohne lange nachzudenken wische ich den kleinen, salzigen Tropfen von deiner blassen Haut und trete so noch näher an dich heran. Dein Blick spiegelt etwas Undefinierbares wieder. Vielleicht Angst?

"Lässt du mich nun in deine Wohnung?", hake ich nach. Du scheinst ein wenig weggetreten zu sein, dennoch schaffst du es, mich hineinzulassen und die Tür hinter uns zu schließen.

Schweigend sehe ich mich um. Deine Wohnung erinnert mich an die meine, sie ist ebenfalls nur halb eingerichtet und ihr scheint etwas zu fehlen, das nötig ist, um sich wirklich wohl zu fühlen.

Du hast dich derweil noch nicht vom Fleck gerührt, noch immer stehst du an der Tür und schaust mich an. So hast du mich auch damals angesehen, als ich das erste Mal zu dir kam. Leicht lächle ich, du hast dich seit damals kaum verändert, ich hingegen...

"Warum bist du jetzt hier?!", du scheinst endlich deine Sprache wieder gefunden zu haben und kommst langsam auf mich zu.

"Du hast die ganze Zeit gelebt, nicht? Du warst doch am Leben?!"

Deine Stimme zittert vor Wut, deine Augen glitzern von Tränen, während du weitersprichst:

"Warum hast du nie etwas gesagt?! Warum bist du nie zu uns gekommen? Warum hast du uns im Glauben gelassen du wärst tot?! Warum...hast du mich....allein gelassen?!"

Die letzten Worte hast du geflüstert und bist gleich darauf schluchzend auf den Boden gesunken.

Verwirrt sehe ich auf dich hinab. So hätte ich nie erwartet, von dir begrüßt zu werden. Ob das von der Einsamkeit kommt? Vielleicht wirkt sich so etwas auf jeden anders aus, denn mir scheint es, zumindest auf emotionaler Ebene, besser zu gehen als dir.

"Vincent..."

Vorsichtig lasse ich mich neben dir nieder und lege dir meine Hand auf die Schulter. Bisher musste ich noch nie versuchen, jemanden zu trösten oder auch nur ansatzweise zu beruhigen, trotzdem versuche ich mein Bestes.

"Wäre ich zu euch gekommen, dann...dann würde ich sicher nicht mehr leben. Cloud hätte das nicht zugelassen, nach allem, was ich euch angetan habe. Und ich kann ihn verstehen", erkläre ich und lege meine Hand unter dein Kinn, damit du mir in die Augen siehst.

"Außerdem hätte ich nicht erwartet, dass auch nur einer von Avalanche jetzt noch lebt."

"Aber", beginnst du und wischt dir die letzten Tränen aus dem Gesicht, "Du warst doch die ganze Zeit allein, warum hast du es nicht wenigstens versucht zu uns zu kommen. Du hättest sicher ein Mitglied von Avalanche werden können!"

Leicht schüttele ich den Kopf.

"Auch wenn du jetzt der Meinung bist, ich wäre willkommen gewesen, damals hättest du mich genauso versucht zu töten wie alle anderen auch."

Momente des Schweigens treten ein. Du weißt, dass ich Recht habe. Man könnte deine Vorwürfe als puren Egoismus bezeichnen, nur weil du nicht allein sein willst. Aber, bin ich nicht aus dem selben Grund nun bei dir?

Langsam stehst du wieder auf.

"Möchtest du Etwas trinken oder essen?"

Du klingst vollkommen anders als vor wenigen Sekunden, da ist keine Angst, keine Wut mehr, nur noch Gleichgültigkeit. So spricht nur jemand, der jede Hoffnung in seinem Leben aufgegeben hat.

Was ist los mit dir? Eben schienst du wieder einen Sinn in deinem Leben zu sehen und jetzt nicht mehr. Glaubst du, ich verschwinde sofort wieder?

"Nein danke...", meine ich und setze mich ungefragt auf die Couch in deinem Wohnzimmer, oder was es auch sein mag. Meinen Mantel habe ich zuvor am Kleiderständer aufgehängt.

Du verschwindest derweil in einem anderen Raum, wahrscheinlich der Küche, und hantierst dort mit Geschirr und Wasser herum.
 

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Mit zitternden Händen hole ich eine Tasse aus dem Schrank und fülle dann den Wasserkocher. Während dieser anfängt leise, zischende Geräusche von sich zu geben, durchwühle ich den hintersten Wandschrank nach Teebeuteln. Natürlich könnte ich auch die nehmen, die direkt bei den Tassen stehen, aber dann hätte ich nichts, um mich abzulenken.

Doch es hilft ohnehin nichts, die ganze Zeit denke ich daran, dass du in meiner Wohnung bist, dass ich mich im Supermarkt nicht getäuscht habe. Und vorallem drehen sich meine Gedanken darum, dass ich eben vor dir mehr von mir gezeigt habe, als ich es jemals tun wollte.

Was ist nur mit mir los?!

Ich könnte mich selbst für mein Handeln ohrfeigen. Sonst habe ich doch auch keine Probleme damit, anderen die kalte Schulter zu zeigen.

Liegt es daran, dass ich jemanden an meiner Seite, so sehr vermisse?

Kurz wandern meine Blicke zur Tür um mich zu versichern, dass du noch da bist, aber von hier aus kann ich dich sowieso nicht sehen.

Du hast dich mir gegenüber wirklich anders verhalten, als ich erwartet hätte. Der Sephiroth, gegen den wir vor Jahren antreten mussten, hätte mir nie Tränen aus dem Gesicht gewischt, er hätte mich wegen dieser Schwäche nieder gemacht...

Polternd fallen ein paar Dosen aus dem Schrank, denen ich leise fluchend ausweiche.

"Alles in Ordnung?", fragst du, plötzlich in der Tür stehend. Leicht nicke ich und suche nach dem Loch im Boden, in dem ich mich jetzt verkriechen sollte. Es muss schon ein Anblick sein, wie ich zwischen Konservendosen vor dem Schrank sitze.

Langsam erhebe ich mich wieder, du rührst dich nicht vom Fleck.

"Möchtest du dich nicht irgendwo hinsetzen?", frage ich hoffnungsvoll und sehe dir ins Gesicht, deine Augen meide ich allerdings.

"Nein. Aber wenn du mich loswerden willst...?"

Schweigend sehe ich zu Boden. Mit deiner Frage hast du nicht diesen Raum gemeint, nein, du hast mich gefragt, ob du aus meinem Leben verschwinden sollst.

"Nein...", meine ich und mache mich daran, wieder etwas Ordnung zu machen.

Stille macht sich um uns herum breit. Nur der zischende Wasserkocher lässt diese nicht unerträglich werden, als wir uns in der nun halbwegs aufgeräumten Küche gegenüber stehen. Das Licht, wegen des frühen Sonnenuntergangs schon angeschaltet, wirft dunkle Schatten in die Ecken des Zimmers. Es lässt dein Gesicht ausgemergelt erscheinen, das meine wird sicherlich nicht anders aussehen.

"Wir sollten nicht so viel reden, man versteht ja seinen eigenen Gedanken nicht mehr!", sagst du und lächelst mich an. Bei diesem Anblick bekomme ich kein Wort mehr heraus. Noch nie habe ich dich so lächeln gesehen, es erinnert mich an etwas. Aber was ist es? Warum kommt mir dieser Blick so bekannt vor?

Bevor ich meine Gedanken beenden kann, knackt es seltsam in der Küche und auf einmal geht das Licht aus, ebenso der Wasserkocher. Selbst vor dem Haus sind die Laternen ausgegangen.

"Stromausfall...", seufze ich und taste mich an den Schränken entlang. Es ist dunkel wie in der Nacht, obwohl es erst später Nachmittag ist. Aber mit ein paar Kerzen kann man das ändern...

"Vincent?", fragst du ins Leere, da du dich in meiner Wohnung noch nicht blind auskennst.

"Hier."

Blind taste ich in die Richtung, in der ich deine Hand vermute, ergreife sie schließlich und ziehe dich mit mir.
 

Ein paar Augenblicke später sitzen wir beide in meinem Wohnzimmer bei Kerzenschein und sehen uns an. Das heißt, du siehst mich ganz offen an, ich hingegen schaue immer nur kurz zu dir, versuche mich aber mehr auf die Kerzen zu konzentrieren.

"Wie lange wohnst du hier schon?", möchtest du wissen und siehst dich um.

"Eine Weile..."

"Die ganze Zeit allein?", du suchst meinen Blick, aber ich weiche dir aus. Kaum zu glauben, ich benehme mich wie ein 14-jähriger bei seinem ersten Date!

Dabei ist das nichtmal ein Date...oder?

"Ja."

Leise lachst du und ich schaue dich verwundert an.

"Was?"

"Du versuchst wirklich alles, damit wir kein richtiges Gespräch anfangen. Hast du etwas gegen mich?"

Kopfschüttelnd stehe ich wieder auf und gehe im Zimmer umher.

"Es ist einfach nur seltsam...jemanden bei sich zu haben, wenn man das so lange nicht hatte...", murmele ich leise vor mich hin, nicht darauf achtend ob du mich verstehst oder nicht. Plötzlich spüre ich deine Arme um meinen Körper und deine Wange an meiner. Erschrocken bleibe ich stehen, habe ich doch nichtmal bemerkt, dass du ebenfalls aufgestanden bist.

"Kann ich heute Nacht bei dir bleiben?"; fragst du ohne mich loszulassen. Ich stehe regungslos da, weiß nicht, wie ich auf deine Taten reagieren soll. Diese Nähe...

"Bei der Dunkelheit komm ich ohnehin nicht nach Hause."

"Es ist noch nichtmal Abend, der Strom wird sicherlich bald wieder da sein...", protestiere ich leicht, aber es klingt nicht sehr überzeugend. Irgendwie ist es ausgesprochen angenehm so rückwärtig von dir umarmt zu werden...

"Du willst mich also doch loswerden!", stellst du beleidigt fest.

In diesem Moment erinnerst mich dabei an ein Kind. Ja, ein Kind...
 

Dieses Kind, dass bei mir war, damals, im Keller der ShinRa-Villa, es hatte deine Augen und dein Lächeln. Du warst das, nicht wahr?

Du warst schon mein Leben lang immer bei mir, wenn es mir nicht gut ging, immer wieder bist du aufgetaucht. So auch jetzt, aber diesmal darfst du nicht einfach wieder verschwinden, diesmal nicht.

Es ist mir egal, dass du mir auch immer wieder Schmerzen beschert hast, solange du es nur nicht wieder tust. Und ich bin mir sicher, diesmal wirst du es nicht tun, ganz sicher nicht.
 

"Bleib hier", flüstere ich und lehne mich unbewusst an dich, "Bleib einfach nur hier..."
 

****************************************************************************
 

Eine ganze Weile stehen wir schon so da, ich habe meine Arme um dich gelegt und du die Augen geschlossen. Daran könnte ich mich gewöhnen...

Schließlich schiebe ich dich langsam wieder zur Couch, da meine Beine lahm werden.

"Ist alles in Ordnung?", frage ich dich, während wir uns setzen. Du scheinst wieder mit deinen Gedanken an einem anderen Ort zu sein...

"Vincent?"

"...Was?", verwirrt schaust du mir in die Augen, es glitzern schon wieder Tränen darin.

"Geht es dir nicht gut?"

"Sephiroth...", sagst du, meine Frage überhörend, "Als du noch ein Kind warst, warst du da oft in der ShinRa-Villa?"

Schweigend wende ich mich von die ab un blicke in die Flammen der schon halb herunter gebrannten Kerzen.

Kann ich dir deine Frage beantworten? Was würdest du denken, wenn ich dir von damals erzähle?

Du hast mich bekämpft, hast versucht mich zu töten, obwohl wir früher Freunde, vielleicht sogar mehr, waren. Nun, ich war auch nicht besser...

"Seph?", deine Augen schimmern im Kerzenlicht, so wie sie es getan haben, als ich dich besucht habe. Seufzend nicke ich und erzähle dir alles, an das ich mich erinnere...
 

Die Zeit ist so schnell vergangen, wir haben geredet und geredet. Der Strom ist irgendwann wieder da gewesen, aber trotzdem bin ich noch bei dir. Wir liegen auf deinem Bett, sehen uns in die Augen und reden weiter. Worüber kann ich nicht sagen, einfach über alles und doch nichts. Das ist das erste Mal, dass ich jemandem so nahe bin, ohne eine Liebesbeziehung zu ihm zu haben. Oder ist das hier schon eine?

"...diese Nacht."

"Wie bitte?", will ich wissen, da ich vollkommen in Gedanken war als du gesprochen hast. Lächelnd wiederholst du deine Worte.

"Dass du hier schläfst, ist eine einmalige Sache, nur diese Nacht, verstanden?"

"Okay", antworte ich und rutsche an dich heran. Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sagen, ich bin gerade dabei, mich zu verlieben...

"Und was war nun mit Zack?", nimmst du unser letztes Thema wieder auf.

"Naja, er war zwar nicht der Hellste, aber ein lieber war er schon...und ein guter Freund. Bei..."
 

Der Mond steht mittlerweile hoch am Himmel und wirft sein silbriges Licht auf dein ebenmäßiges Gesicht. Du schläfst schon eine Weile, dabei wirkst du so entspannt und viel jünger als sonst.

"Vincent...", flüstere ich kaum hörbar und streiche dir eine Strähne aus dem Gesicht. Langsam nähere ich mich dir, nur noch ein Stück...

Sanft wie ein Hauch berühre ich deine Lippen mit den meinen, nur kurz, dennoch spüre ich, wie mir warm wird. Vorsichtig, um dich nicht zu wecken, lege ich meine Arme um dich und schließe dann auch die Augen.

Nach und nach entspanne ich mich immer mehr, bis ich letztendlich auch einschlafe. Es ist der angenehmste und erholsamste Schlaf seit langem...
 

****************************************************************************

to be continued...

Titel: I'm with you

Kapitel: 3/3

Autor: Kenren aka Fou-Lu

E-Mail: kenren@gmx.net
 

Warnungen: death (bisher noch nicht so wirklich, VIELLEICHT wird es mehr), dark, depri, lime (vielleicht auch mehr, je nach dem was passt), mehr kann folgen

Rating: PG-14

Disclaimer: die Charaktere gehören nicht mir sondern square enix, ich leie sie mir nur für diese Fanfiction aus und verdiene kein Geld mit ihnen.
 


 

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Das Zwitschern von Vögeln holt mich sanft aus dem Schlaf. Ein paar Sekunden brauche ich, um meine Umgebung wahrzunehmen, dann finde ich mich, wie jeden Morgen, in meinem Bett wieder. Die Wintersonne scheint auf das Bett und lässt einen nichts von der draußen herrschenden Kälte ahnen. Hier im Bett ist es allerdings nicht kalt, ob das an der Heizung liegt oder daran, dass ich nicht allein bin?

Lächelnd nehme ich den warmen Atem in meinem Nacken, die nackte Haut an der meines Rückens und den besitzergreifend um meinen Körper geschlungenen Arm wahr. An deiner ruhigen Atmung merke ich, dass du noch schläfst, also drehe ich mich vorsichtig um, denn dich will ich nicht wecken.

Du schläfst noch immer seelenruhig, die Lippen leicht geöffnet.

Kopfschüttelnd sehe ich dich an. Aus der einen Nacht sind zwei geworden, dann drei und schließlich bist du gar nicht mehr gegangen. Deine Wohnung haben wir hierher verlegt und wohnen nun schon zwei Monate zusammen. Irgendwann haben wir uns auch entschieden, unsere "Zweck-WG" als Beziehung zu bezeichnen, da man gewisse Dinge eben nur in einer solchen und nicht in einer Wohngemeinschaft tut...

Kurz sehe ich zum Wecker und entscheide dann, dass ich duschen gehen sollte. Ich entwinde mich deinem Griff, nur um von dir wieder murrend an deine Brust gezogen zu werden. Unverständliche Worte im Halbschlaf nuschelnd vergräbst du deine Nase in meinen Haaren und schläfst weiter, mich nicht loslassend.

"Seph...", seufze ich und schiebe dich von mir. Zugegeben, eigentlich würde ich auch lieber im Bett bleiben, aber ich möchte den Tag nicht verschlafen und dann die ganze Nacht wach sein.

Du versucht mich noch ein paar Mal bei dir zu behalten, dann gibst du schließlich auf, drehst dich beleidigt auf die Seite und schläfst weiter.

Eins muss man dir lassen: wenn du schlafen willst, dann machst du das , egal ob nebenan eine Bombe hochgeht oder sonstiger Krach verursacht wird.

Auf dem Weg zum Bad ziehe ich mir noch das Bisschen an Kleidung aus, das ich noch an habe. Seitdem du bei mir wohnst schlafe ich komischer Weise in nicht mehr als Pants, höchsten in kalten Nächten noch einer längeren Hose...

Unter der Dusche angekommen lasse ich erstmal das heiße Wasser über meinen Körper laufen, versuche so wieder richtig wach zu werden. Tifa hat das immer getan und behauptet, dass es wirken würde. Warum erinnere ich mich gerade jetzt daran?

Die letzten Wochen habe ich gar nicht mehr an die anderen gedacht, doch nun...

Es ist mir klar, dass ich sie alle und die mit den Erinnerungen an sie Schmerzen nur verdrängen, nicht vergessen kann, aber trotzdem habe ich gehofft, wenigstens eine Weile davon verschont zu bleiben. Es ist falsch, dass ich noch lebe, ebenso wie dein Leben kein Wirkliches mehr ist. Und unsere Beziehung erscheint bei Licht betrachtet wie der verzweifelte Versuch zweier verfluchter Seelen, die Angst vor der Welt in der sie Leben haben, der Einsamkeit zu entkommen. Ja, ich habe Angst, denn ich verstehe das, was passiert nicht mehr. Gern würde ich mit dir an einem Ort, in einer Zeit leben, die ich kenne, aber...

"Was ist los?", reißt du mich aus den Gedanken. Zärtlich küsst du mich auf die Schulter und ziehst mich dann in deine Arme, damit du mir in die Augen sehen kannst.

Ich zwinge mich zu einem Lächeln und lege meine Arme um deinen Nacken.

"Nichts, ich habe nur etwas nachgedacht."

Zwar nicht ganz zufrieden mit meiner Antwort, aber dennoch nicht weiter fragend legst du deine Lippen auf meine. Wenige Momente danach wendest du dich meinem Hals zu.

"Du piekst, rasier dich mal wieder...", kommt eine Beschwerde von mir, wofür du mich leicht beißt.

"Später", meinst du und machst weiter, obwohl ich versuche, dich von mir zu schieben.

"Sephiroth...wir wollten doch eigentlich Wasser spa--", beginne ich einen Satz, vergesse bei deinen Berührungen aber schon wieder, was ich sagen will.

"Damit fangen wir morgen an...", murmelst du gegen meine nasse Haut während ich mich in dein ebenfalls nasses Haar kralle und mir auf die Zunge beiße, um nicht aufzustöhnen.

'Morgen', das sagst du schon seit Tagen und kommst trotzdem immer zu mir unter die Dusche. Es ist schon sowas wie ein Ritual, dass wir zusammen duschen, auch wenn wir so mehr als doppelt soviel Zeit im Bad verbringen, wie wenn wir einzeln duschen würden.
 

****************************************************************************
 

Vor mich hinsummend trockne ich mein Gesicht ab, nachdem ich die dich störenden Stoppeln entfernt habe. In Gedanken bin ich bei dir, da ich dein Verhalten nicht verstehe. Damit meine ich nicht, dass du mich unter der Dusche erst nicht so wirklich an dich heran lassen wolltest - du versucht mich immer von dir weg zu schieben, obwohl du genau weißt, dass das nichts bringt und es dir außerdem sichtlich gefällt - sondern, dass du so traurig geschaut hast. Woran du wohl gedacht hast?

Kopfschüttelnd schmeiße ich mein Handtuch in den Wäschekorb und gehe, wie du eine viertel Stunde zuvor, in die Küche, auf dem Weg ziehe ich mir noch meinen Pullover über.

"Was machst du?", will ich wissen und schaue in die Schüssel, deren Inhalt du so fleißig umrührst.

"Eierkuchen."

"Aber du hast doch gesagt, du magst sowas nicht zum Frühstück!", meine ich und beginne, den Tisch zu decken. Genervt verdrehst du die Augen.

"Du liegst mir andauernd damit in den Ohren, dass du die Dinger so gern isst, und dann freust du dich nichtmal, wenn ich sie dir mache. Wenn du möchtest, kippe ich den Teig weg und wir essen Toast..."

Auch wenn du mit dem Rücken zu mir stehst, kann ich dein Grinsen vor meinem geistigen Auge sehen. Um mein Frühstück bangend sage ich lieber nichts mehr dazu und befasse mich mit meinen Adventskalendern. Zweiundzwanzig der "Türen" sind schon geöffnet, die dreiundzwanzigsten öffne ich jetzt.

"Was soll das denn darstellen? Einen Stiefel?", verwirrt starre ich das Schokoladenstück in meiner Hand an, "Was meinst du, was das ist?"

Ich halte dir das braune, unförmige Ding vor die Nase, nur damit du mir danach fast in die Finger beist und mich um eine Süßigkeit ärmer machst.

"Billige Schokolade, würde ich sagen...", stellst du sachlich fest ohne von der Pfanne aufzublicken.

"Hey...", murmele ich und schaue dich an, "Das war meine Schokolade!"

"Seph, wir haben drei Kalender, meinst du nicht, ein Stück Schokolade kannst du abgeben?"

"Du hättest mich ja fragen können!"

Ein Seufzen kommt über deine schmalen Lippen, dann gehst du mit einem Teller voller Eierkuchen an mir vorbei. Dass du dabei aufreizend die Hüften schwingst entgeht mir nicht. Natürlich schaue ich dir nicht nur auf den Hintern, aber wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt...

"Kommst du?"

Leicht lächelnd schaust du mir in die Augen und ich habe das Gefühl, du kannst mir direkt in die Seele sehen. Allerdings gibt es dort nichts, was du nicht weißt. In den zwei Monaten, in denen wir jetzt zusammen Leben, habe ich dir alles über mich erzählt, was man über mich wissen kann. Und von dir glaube ich auch alles zu wissen.
 

"Dann etwas zum Anziehen?"

"Nein."

"Oder ein Buch!"

"Nein."

"Vielleicht ein..."

"Seph", du bleibst stehen und siehst mich an, "Ich möchte kein Weihnachtsgeschenk von dir haben. Mir reicht es, mit dir zusammen zu sein, mehr wünsche ich mir nicht!"

Schweigend gehen wir weiter durch das Kaufhaus, legen auf dem Weg verschiedene Dinge in den Korb. Nach einer Weile bist du es dann, der wieder etwas sagt.

"Was wünscht du dir denn?"

"Nichts", antworte ich, da mir nichts einfällt. Einen Tag vor Heiligabend Geschenke zu kaufen ist wahrscheinlich ohnehin nicht das, was die meisten Leute als gut organisiert bezeichnen...

"Du lügst."

"Mir fällt aber nichts ein!"

Nachdenklich starrst du vor dich hin, dann wendest du dich mir wieder zu und fragst traurig lächelnd:

"Wie wäre es, wenn wir morgen zu den Überresten des Cosmo Canyon gehen?"

"Vincent...", wir bleiben stehen und ich lege meine Hand auf deine blasse Wange, "Willst du das wirklich? Ich meine, du verbindest mit diesem Ort sehr --"

Ein zärtlicher Kuss von dir unterbricht mich.

"Lass es uns einfach tun. Bitte."

Damit ist dieses Gespräch beendet. Ich nicke nur und lege meinen Arm fast schon schützend um dich, während wir zur Kasse gehen. Die verwunderten und teilweise missbilligenden Blicke der gesichtslosen Leute im Geschäft bemerken wir gar nicht.
 

****************************************************************************
 

Leise fluchend versuchst du den Stern an unserem "Weihnachtsficus" zu befestigen. Meine Hilfe willst du ja nach eigenen Angaben nicht, also kann ich in Ruhe mein Buch lesen.

"Sephiroth, bitte, der Weihnachtsmann wird nicht begeistert sein, wenn du so böse Worte zu dem armen Bäumchen sagst!", meine ich ohne von meinem Buch aufzusehen, wofür ich ein genervtes Schnauben bekomme.

Was hast du nur? Du hattest doch die Wahl zwischen Abwaschen und Baumschmücken, für letzteres hast du dich entschieden und ich hab das andere gemacht. Ich bin seit einer Stunde fertig und du...

...hast mehr Lametta im Haar als der Baum auf seinen Zweigen.

Kopfschüttelnd lege ich mein Buch zur Seite und gehe leise zu dir.

"Seph...", murmele ich und will grad ein paar der silbernen und goldenen Streifen aus deinem Haar entfernen, da meinst du schon genervt:

"Vincent,was passt dir jetzt schon wieder n...?!"

Als du dich ganz zu mir gedreht hast, hast du plötzlich inneghalten, jetzt siehst du mir in die Augen. Schön, dass man dich so einfach überraschen kann.

"Komm, lass uns schlafen gehen."
 

Die Nacht verging schnell, dennoch fühle ich mich ausgeschlafen, als wir uns auf den Weg zum Cosmo Canyon machen. Nun, eigentlich gibt es diesen Ort nicht mehr, alles was noch übrig ist sind Ruinen und verkohlte Steinwände.

Je näher wir dem Ort kommen, desto unrihiger werde ich. Seit dem großen Feuer war ich nur ein einziges Mal dort, jetzt spüre ich wieder warum.

"Ist alles in Ordnung?", fragst du mich, während wir aus dem Auto aussteigen. Ich antworte nicht, blicke nur zum Ziel dieser kleinen Reise und spüre Angst in mir hochsteigen. Angst, meine Vergangenheit zerstört zu sehen; Angst, wieder diese Zukunft, nein, dieses "Jetzt" sehen zu müssen.

"Vincent", du legst von hinten die Arme um mich und drückst mich an deinen Körper, "Wir können wieder zurückfahren, wenn dir das lieber ist."

Noch immer schweigend löse ich mich aus deinem Griff und gehe den Weg zum Herzstück des Canyons. Immer näher kommen die schwarzen Wände, vor meinem geistigen Auge kann ich noch immer das Lagerfeuer, an dem meine Freunde und ich oft zusammen saßen, sehen.

Langsam gehe ich über den Platz, lasse mich schließlich auf die Knie fallen und sehe mich um.

Ja, alles hat sich verändert, warum nur ich nicht?

Stumm fließen Tränen über mein Gesicht und ich spüre, wie müde ich des Lebens bin. Es hat keinen Sinn mehr, nicht so, ob du das auch so siehst?
 

****************************************************************************
 

Schweigend folge ich dir, beobachte nur dich, verbinde ich doch nichts mit diesem Ort. Du hingegen zerbrichst schon fast an deinen Erinnerungen, was mir wieder zeigt, wie viel zu lang unsere Leben schon sind.

Ich setze mich neben dich und versuche einen Blick in dein Gesicht zu erhaschen, bemerke dabei, dass dein Blick zur Treppe die nach oben führt geht.

"Was ist...?"

Du stehst auf und siehst mich auffordernd an.

"Kommst du mit mir? Es gibt da etwas...etwas, was mir - uns - vielleicht helfen könnte", meinst du und hälst mir die Hand entegegen. Es sind noch immer Tränen in deinen Augen, doch du lächelst.

Also folge ich dir, die Treppe hinauf, durch den Berg, immer höher, bis wir an einem kleinen, noch fast intakten Häuschen ankommen. Es erinnert mich an eine Sternwarte, und auch das Innere dieses Hauses ändert an diesem Eindruck nichts.

Du gehst durch das Haus, siehst in verschiedene Schränke, bis du mit einem kleinen Fläschchen wiederkommst.

"Sephiroth, ich kann nicht mehr. Lass uns das beenden, hier und jetzt", flüsterst du und hälst mir das Gefäß hin. Ein starkes Schlafmittel. Ein Tropfen reicht bei Schlafstörungen, würden wir es zusammen austrinken bräuchten wir keine Angst vorm Erwachen mehr zu haben.

Lächelnd lege ich meine Hände um deine und sehe dir in die Augen.

"Vielleicht haben wir im nächsten Leben mehr Glück", mit diesen Worten nehme ich das Fläschchen und trinke etwas davon, danach trinkst du den Rest.

Vorsichtig stellst du den geleerten Gegenstand dann auf einen Tisch, als würde es noch jemanden kümmern, ob hier Scherben herumliegen.

Zärtlich ziehe ich dich ein letztes Mal in meine Arme, Küsse dich ein letztes Mal, bevor die Wirkung des Mittels einsetzen kann.

Ich merke kaum noch, wie ich mich setze, spüre nur noch dich bei mir, wie du den Kopf auf meine Schulter legst und leise etwas sagst. Dann verschwimmt alles, zuerst die Umgebung, dann die Gefühle und zuletzt die Gedanken. Alles ist schwarz...alles...ist vorbei...
 

****************************************************************************
 

Die Schulglocke signalisiert den Beginn der nächsten Stunde, als ein Junge von 16 Jahren die Treppe hinaufhetzt.

"Verdammt, an meinem ersten Schultag zu spät!"

Leise vor sich hinfluchend sucht der Zettel, auf dem seine Klasse und der dazugehörige Raum stehen. Er streicht sich noch einmal seine langen, silbernen Haare aus dem Gesicht, dann setzt er seinen Weg fort, bis er glaubt angekommen zu sein.

Vor dem Raum steht schon jemand, ein Junge, wahrscheinlich in seinem Alter.

"Bist du auch neu hier?", fragt er, ein leichtes Lächeln auf dem von schwarzen Haaren umrahmten Gesicht. Fasziniert von diesen tiefroten Augen geht er auf sein Gegenüber zu, beachtet die Frage gar nicht.

"Hey, ich hab dich etwas gefragt! Dich, Grünauge!"

"Äh...ja, ja, ich bin neu hier", gibt er schließlich zurück und schafft es sogar zu lächeln.

"Komisch...es kommt mir vor, als würde ich dich irgendwoher kennen."

"Mir auch."

Noch eine Weile sehen sie sich an, bis sie gemeinsam die Klasse betreten.

Sie wissen nicht, wer sie waren oder wer sie seien werden, aber im Moment zählt für sie nur, dass sie einander gefunden haben.
 

Ende...?



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von: abgemeldet
2010-10-22T09:25:11+00:00 22.10.2010 11:25
durch zufall bin ich auf diese ff gestoßen
habe gesehen wer der autor ist und da ich schon eine andere ff von dir gelesen hatte und die klasse fand dacht ich mir "kannst sie dir ja mal durchlesen"

jetzt bin ich glücklich und froh das ich das getan habe und es ist eindeutig eine der besten ffs die ich gelesen habe

du schaffst es wunderbar gefühle der handelnden personen zu übermitteln sodass der leser sich genaustens in die personen reinversetzen und mitfibern kann. von dramatik bin ich eh sehr angetan aber du hast es tatsächlich mit der ff geschafft das mir am ende tränen in den augen standen. jedes wort war perfekt und die handlung spannend und mitreisend.

ich muss mich wirklich bedanken, dass du es einem möglich machst so eine wunderschöne ff lesen zu können. man kann sie nur weiter empfehlen.
ich denke ich sollte mir auch mal einige deiner anderen ffs näher angucken.




Von:  Fumachan
2006-06-03T07:50:32+00:00 03.06.2006 09:50
Hach, das hier war einfach zu herzergreifend*taschentuchvollheul*
Von: abgemeldet
2006-05-30T12:18:50+00:00 30.05.2006 14:18
okay ich hab grad was gesehen, was mich schockiert im positiven sinne xD du hast auch die story "ich werde dich nicht sterben lassen" geschrieben, um ehrlich zu sein, hab ich mir das fast gedacht...diese zwei storys sind meisterstücke, ohne mist...besonders da ich "ich werde dich nicht sterben lassen" schon so oft gelesen habe, dass ich es auswendig kann xDDD deine art die sachen zu umschreibn, sie auszuschmücken, ihnen diesen traurigen touch zu geben, einfach grandios!!!
Von: abgemeldet
2006-05-30T12:15:58+00:00 30.05.2006 14:15
okay zwar is deine story schon etwas älter, aber wenn sörts? mich jedenfalls nicht!^^ du bist wirklich saugut!!! und um ganz ehrlich zu sein, ich musste mich bei dem letzten kapi echt zamreißen, dass ich nicht losheul *drop* ich liebe ja eh dark-fics, aber dein gehört zu meinen absoluten favis^^ falls du irgendwann nochmal so etwas in der art schreiben solltest, lass es mich bitte wissen

lg eveklasse
Von:  ZetaXIII
2006-02-16T02:48:17+00:00 16.02.2006 03:48
Warum nur ein Kommi?????????????
Des geht doch nich! >.<
Geile Story. Kann man immer wieder lesen und es fesselt einen jedesmal *.*

zeta13 :)
Von: abgemeldet
2004-11-08T09:58:32+00:00 08.11.2004 10:58
Woooow,
eigentlich wollte ich keine FF7-FF mehr lesen und schon auf "zurück" klicken, aber die ersten Zeilen haben mich schon voll in ihren Bann gezogen o.O""

Vincent tut mir echt leid und ich muss echt sagen dass Du ein wirkliches Talent bist!
Du schreibst wirklich unglaublich unterhaltsam, bin mal auf die weiteren Kapitel gespannt:°)

Bou-chan


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