higeki von Vanillaspirit ================================================================================ Kapitel 1: raiu --------------- Bei jedem Zug glühte die Zigarette auf und erhellte sein elegantes Gesicht. Konzentriert runzelte er die Stirn unter den schwarzen Haarfransen. Träge schob sich eine schwarze Wolkenwand über die Mondsichel und erste Regentropfen kündigten ein erneutes Gewitter an. Seine feingliedrige Hand griff nach der Zigarette und warf sie achtlos zu Boden. Es zischte, als diese in eine Pfütze fiel. Langsam zog er seine Waffe aus der Scheide. Ein gewaltiger Blitz erhellte die Szenerie. Hasserfüllt stand sie ihm gegenüber. Das schöne Gesicht zu einer Fratze verzerrt. Ihr wilder, verzweifelter Kampfschrei zerriss die Nachtluft, als sie, mit erhobenem Schwert, auf ihn zustürmte. Kapitel 2: hanayome ------------------- Erinnerungen stoben in ihr auf, als sie in seine scharfen, blauen Augen blickte. Augen, die sie voller Schmerz und Bedauern ansahen. Der Griff um ihr Schwert wurde fester. Sie wollte diese Augen nicht mehr sehen. So tief, unergründlich, gefährlich. Ihr Schrei wurde lauter, zerfetzte beinahe ihr eigenes Trommelfell. Dreckiges Regenwasser spritzte bei ihren festen Schritten auf und beschmutzte ihren weißen Hochzeitskimono. Ein weiterer Blitz zuckte. Ließ sie auf die toten Körper ihrer Familie blicken. Überall klebte das Blut geliebter Menschen an dem, den sie am meisten liebte und hasste. Ihr Herz zerbrach immer mehr, je weiter sie sich ihm näherte. Kapitel 3: kisu --------------- Sanfte blaue Augen, erfüllt von Liebe und Glück. Zärtliche Hände strichen eine verirrte Strähne schwarzen Haares zurück. Der Duft von herbem Rasierwasser stieg in ihre Nase. Seine vollen Lippen öffneten sich einen Spalt und warmer Atem streichelte ihr Gesicht. Bebend schloss das Mädchen ihre Augen. Sie seufzte glücklich, als sie seine Lippen, seinen zarten, sanften, begehrenden Kuss spürte. Süß wie Honig und heiß wie Höllenfeuer. Sünde und Erleuchtung zugleich Ein einzelnes, wortloses Lippenbekenntnis von ihm, der Engel und Teufel zugleich werden sollte. Es war ihr erster Kuss und sie würde ihn nie vergessen, selbst als Hass alle Liebe ausgebrannt hatte. Kapitel 4: kesshin ------------------ Unablässig tropfte Wasser aus dem kaputten Hahn. Das Geräusch fraß sich in seine, längst abgestumpften Gedanken. Trübe, blaue Augen starrten unter schwarzen Ponyfransen auf die gegenüberliegende Wand. Das Zimmer war grau und unfreundlich, so wie sein Leben. Kakerlaken huschten über den nackten Betonboden. Sie passten hierher, so wie er. In diesen düsteren Raum voller Dreck. Eine fleckige, durchgelegene Matratze, statt eines Bettes. Er war ein Ausgestoßener, eine menschliche Kakerlake, die Glück nicht verdient hatte. Und dennoch war dieses Leben besser, als ihres. Auch sie sollte diese Freiheit spüren und er würde sie bringen. Geboren zum töten, töten um zu lieben. Kapitel 5: uta -------------- Regentropfen fielen auf die stählerne Klinge, die leise sang. Ihr Trauerlied war allein für das Mädchen hörbar, deren Schritten über den Tempelplatz flogen. Tränen rollten über ihr blutverschmiertes Porzellangesicht und vermischten sich mit dem Sturm. Ohnmächtig blickte sie auf die Klinge, deren eigene Seele flüsterte. Ein Spiegelbild von ihr selbst. Längst kein Todeswerkzeug mehr, nur noch die Reflektion von Trauer und Hilflosigkeit. Ihr Mund öffnete sich und ein Schrei, voller Verzweiflung und Schmerz drang daraus hervor. Er zerriss selbst den Sturm. Eine bizarre Melodie voller hoffnungsloser Liebe und dem Wissen, dass alles Glück nur Illusionen eines kindischen Geistes gewesen war. Kapitel 6: jonetsu/ karada -------------------------- jonetsu Salziger Geschmack, süße Schreie, elektrisierende Berührungen. Wellen puren Glücks in beiden Körpern. Vereinzelte Küsse. Graue Augen, die ihre Umgebung kaum noch wahrnehmen. Ihre Fingernägel krallen sich in seine Haut und hinterlassen Kratzer. Bedeutungslose Nichtigkeiten werden geflüstert. Zittrige, forschende, liebevolle Berührungen, nur darauf bedacht, ihre Instinkte freizusetzen. Ihre vereinten Körper reiben aneinander. Jeder Stoß ein pulsierender Schmerz, aufgeschaukelt zu höchster Leidenschaft. Voller Ekstase beißt sie in seine Schulter und entlockt ihrem Liebsten einen heiseren Schrei. Ihr Atem stockt und ihr Herz rast. Ihre Sinne konzentrieren sich auf einen einzigen Punkt. Seinen Körper, sein Atem, die Gefühle, die durch seine Berührungen fließen. karada Noch warmer Samen tropft auf das zerwühlte Seidenlaken, als beide Körper sich voneinander lösen. Das schwache Licht der Beistelllampe fällt auf ihren Körper und taucht ihn in weiche Schatten. Ihre vollen Brüste recken sich ihm noch immer entgegen. Die Knospen hart und ihrem hektischen Atmen unterworfen. Der junge Mann bleibt noch zwischen ihren gespreizten Schenkeln knien und lässt den Anblick auf sich wirken. Noch nie, kam sie ihm so schön und lieblich vor. Das schwarze Haar wild über die Kissen verteilt. Salzige Schweißtropfen glänzen auf ihrem Alabasterkörper, dessen Herz nur für ihn schlug, so wie seine Leidenschaft allein ihr galt. Kapitel 7: ningyo ----------------- Ihre grauen Augen blickten stumm ins Leere. Sie wirkte wie eine Puppe mit den hochgesteckten Haaren, den karminrot geschminkten Lippen und der milchweißen Haut, die unter dem hellblauen Kimono hervorlugte. Auf dem Kissen ihr gegenüber, saß der Mann, den ihre Eltern ausgesucht hatten. Aus gutem Hause, voller Reichtum und offenem Desinteresse ihr gegenüber. Auch er sah in ihr nur eine Puppe, die man schön machen oder weglegen konnte, wann immer man wollte. Allein der Gedanke an ihren Liebsten ließ sie nicht aufschreien. Sie spürte noch immer seine Küsse auf ihrer Haut, die zu heiß war, um einer Puppe zu gehören. Kapitel 8: ame -------------- Zuckende Blitze zerteilten den schwarzen Sturmhimmel. Es war das perfekte Wetter für diese Tragödie. Völlig ruhig stand der junge Schwertkämpfer auf dem Tempelplatz und lauschte den Schritten seiner Gegnerin. Er streckte sein schönes Gesicht dem Regen entgegen, der das Blut von seiner Kleidung wusch. Bald würde es vorbei sein. Alles würde vorbei sein. Er erhob sein Schwert und streckte die Klinge der beschmutzten Braut entgegen. In seinem Denken war kein Platz für Reue. Er bereute nichts. Sie hatten es verdient zu sterben. Heuchlerische Wärter eines goldenen Käfigs. Doch auch sie konnten nicht verhindern, dass das geschah, was nie sein durfte. Kapitel 9: naichingeru ---------------------- Ermattet liegt sie in den Armen des jungen Mannes. Ihr Körper ausgeweint und kraftlos. Jede Zurückhaltung war verloren gegangen. Sie konnte, wollte, durfte ihn nicht verlassen und dennoch, es war Bestimmung. Der einzige Grund, weshalb sie existieren durfte. Ihre grauen, traurigen Augen blickten in sein ehrliches, liebevolles Gesicht. Er war weder arm, noch schlecht, nur falsch. Ein Ausgestoßener, den niemand haben wollte. Ängstlich kuschelte sie sich an seinen warmen, starken Körper. Sie hatte nicht einmal das Recht zu wählen. Kleine Nachtigall in einem goldenen Käfig, dazu verdammt, auf ewig für den Falschen zu singen, denn sie war ihrer Familie Untertan. Kapitel 10: ken --------------- Das Todeslied ihres Schwertes erklang in seinem Ohr. Es sang von Rache, von Hass, von Loyalität. Regentropfen fielen auf die Klingen und perlten zweigeteilt ab. Er musste sich nicht zur Ruhe zwingen, es war alles gut so wie es gekommen ist. Freiheit bedeutete Kampf, Tod, Einsamkeit. Ihren hastigen Schritten lauschend schloss er die Augen. Sie war plötzlich so nah. Er konnte hören, wie die Luft an ihrer erhobenen Klinge zerschnitten wurde. Ein Lächeln auf seinen Lippen. Ein einzelner wütender Schrei eines Schwertes zerteilte den Sturm und erschuf einen Regenbogen aus Blut. Schrecken lag in ihren Augen. Die Zeit stand still. Kapitel 11: jiyu ---------------- Blutige Tränen laufen über ihre Milchhaut. Kraftlos lassen ihre kalten Finger das Schwert fallen, während ihr zitternder Körper in die Knie sinkt. Ein dumpfes Geräusch hinter ihr lässt sie wissen, dass sie gesiegt hatte. Übelkeit kriecht in ihr empor. Sieg, Niederlage, ein und dasselbe. Teuer erkaufte Freiheit. Ein zerschlagener Körper trotz zersprengter Ketten. Langsam tastet sie hinter sich über rauen, nassen Asphalt, bis sie seine Hand spürt. Vorsichtig schließt diese sich um ihre zitternden Finger. Die Welt dreht sich weiter, bis die Kraft ihn verlässt. Langsam erhebt sie sich. Es wird Zeit sein kostbares Geschenk zu ehren: Freiheit und Liebe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)