Das eigene 'Ich' von Kemet (Bis Kapitel 2 nachbearbeitet.) ================================================================================ Kapitel 17: ::Wahrheit zu geben, ist nicht des Glaubens gleich - Wahrheit zu sehen jedoch, ist wertvoller als aller Reichtum selbst:: ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Nun ist es also soweit. Im Schein von Nightwish's Musik, entstand ein Chapter, welches vor lauter Shounen-Ai Andeutungen nicht mehr weiß wohin. Der mit diesem und so weiter. Und so werden auch die Pairings klar. Ich richte mich nicht nach den deutschen Ausdrücke in der Serie, die irgendwie aus dem Japanischen übersetzt wurden, sondern mache mein eigenes Ding. Bei mir heißt Akunadin nicht Aknadin oder Mahaado Mahaad, wie es manche vielleicht erwarten würden.. Sind zwar in altägyptischer Aussprache um einiges richtiger, doch nun andere Namen einzubauen... Das hab selbst ich nicht drauf.. *lol* Ich danke den Kommieschreibern. Manche sind irgendwie nicht mehr aufzufinden, doch macht das nichts, solange ich noch ehrliche Kritik bekomme. Es wird also lustiger, was den Inhalt betrifft. Warten wir ab, wie es weiter geht.:^.~ Chapter 17::Wahrheit zu geben, ist nicht des Glaubens gleich- Wahrheit zu sehen jedoch, ist wertvoller als aller Reichtum selbst:: Die Wachen, welche er auf seinen Weg begegnete, verbeugten sich tief. Manche von ihnen hatten Tränen der Freude, aber auch der Furcht in den Augen. Nachdem der junge Mann, welcher harten Blickes seine Umgebung musterte, vorbei geschritten war, wischten sie sich verstohlen die Zeugen der Freude aus den Gesichtern. Atemu nahm sie wahr. Sein Körper bewegte sich fast automatisch, während er über die zahlreichen Fliesen trat und auf die Reihe der Türen zuhielt. Seine Diener, die zahlreich hinter ihm herschritten standen still, und warteten ab bis er die richtige gefunden hatte. Atemu blickte sich nicht um. Sein Schmuck, welcher den Status und den Reichtum des Landes zeigte, leuchtete zart um Schein der brennenden Fackeln auf. Seine Augen, welche wie lebendige Amethyste wirkten, schwangen umher, suchten und fanden ihn. Ihn, den er die ganze Zeit hatte sehen wollen. Seto schritt langsam auf ihn zu, die Augen hinter einer eisigen Maske verborgen. Er blieb stehen, kniete nieder und berührte mit seinem Gesicht den Boden. "Steht auf! Ich möchte mit Euch reden!" Seto erhob sich, blickte den jungen Mann an, welcher starr auf ihn sah und dann den Blick senkte. Mit einer harschen Bewegung schickte der junge Pharao seine Begleiter weg. Diese verbeugten sich, doch sah er es nicht. Auch nicht, wie sie rasch den Gang entlang hasteten, froh über die Pause welche sie erwirken konnten. Atemu wandte sich um. Sein Schritt, welcher fest und zugleich doch fast schlaksig war, brachte ihn zu dem Gemach, aus dem Seto zuvor getreten war. Mit einer Bewegung holte er einen der Sklaven heran und bedeutete diesen aufzusperren. Sofort schickte sich der junge Kuschiiter an die Tür zu öffnen. Mit einem leisen Knarren schwang diese weit auf. Rasch wurden Fackeln entzündet, welche das dunkle Zimmer in weiches Licht tauchten, Kohlebecken wurden befüllt und Glut in diese geworfen, bis sich der weiche, Süße Geruch des Weihrauches im Raume ausbreitete. Seto wandte sich ab, trat einen Schritt nach den Pharao ein und schloss dann die Tür. Er senkte den Blick, während er sich gegen die hölzerne Tür lehnte. Sein Atem war gleichmäßig und sein Gewissen ruhig, als er nach einigen Momenten sein Haupt wieder hob. Atemu stand, die Hände im Rücken miteinander verschränkt weiter im Raum. Sanft fiel das Spiel der Schatten auf die braue Haut, verbarg nichts, selbst nicht den schlanken Zustand des jungen Pharao. Sein Gewand, welches in der Flamme in hellen Weiß leuchtete, fiel locker um den wohlgeformten Körper. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Selbst in der Zeit, die er in einem Dorf und auch in der Wüste verbrachte, hatte der junge Pharao nichts von seiner Königswürde verloren. Der feste Stand, die beherrschten Bewegungen und den minimalen Raum, den er dabei einnahm. Sein Haar, welches sein Eigenleben zu haben schien, glänzte weich im Schein der Lampe. Seto stieß sich ab, schritt auf den Jungen zu, als dieser sich zu dem Priester umwandte. "Priester Seto.. Ich.." Einen Moment lang brach er ab, bevor er nach einem tiefen Atemzug fortfuhr. "Priester, ich möchte Euch danken. Ich möchte Euch dafür danken, dass Ihr mich in den letzten Jahren nicht aufgegeben habt. Doch möchte ich, dass Ihr eines wisst." Abermals hielt er inne. Langsamen Schrittes trat er auf den Größeren zu, verlor sich für einen Moment in den Tiefen der blauen Augen. Erst vor ihm kam er zum Stehen. Atemu hob eine Hand, legte sie mit einem kleinen, fast traurigen Lächeln an die weiche Wange seines Gegenübers und strich zart darüber. "Ich bin nicht als derselbe zurückgekehrt. All dieser Schmuck, all dieser Prunk, und die Last der Verantwortung, ist nicht das meine. Ich kann die Pflichten der Regierung nicht mehr wahr nehmen, nicht so, wie ich es einst tat. So wie auch ich ein Anderer geworden bin, werde meine Hände auch das Land führen Anders, aber dadurch nicht schlechter. Ich habe vieles gelernt, in meiner Abwesenheit, mehr noch, als es jemals hier hätte erfahren können." Seine Stimme war fest, während er sprach. Die Fingerspitzen strichen über die erhitzte Haut seines Gegenübers, glitten dann aber herab und blieben fast wie leblos am Arm hängen. "Euch als Menschen erkenne ich nicht. Ich bin weit gereist, doch scheint es, als wäre mein Herz, mein gesamtes Inneres zurück geblieben. Zurück in einer neuartigen Zeit, die sich durch so vieles von dieser hier unterscheidet." Setos Augen waren mit der Zeit immer größer geworden, geweitet durch Schreck und innerer Aufruhr. Atemu senkte seinen Blick und lachte leise. Seine Knie sackten ein, er kam auf den Boden zum Stehen und hockte sich wie bei einem klassischen Fußfall hin. "Ich lernte in dieser Zeit einen Menschen, ganz ähnlich Euch, kennen. Dieser lehrte mich das es nie Zeit ist aufzugeben, und doch man versuchen sollte das Beste aus sich und den Umständen zu machen." Jäh blickte er auf. In den amethystenen Augen flackerte ein schier versengendes Feuer auf, während er Worte suchte und weitersprach. "Als Euer König, als ein Mensch der nur mutmaßen kann, bitte ich Euch, helft mir mein wahres Ich zu finden und endlich inneren Frieden zu erleben! Das goldene Land Kêmet mit ebensolcher Hand zu führen wie es einst auch mein Vater tat!" Abermals senkte sich sein Haupt, während Seto wie versteinert dastand und sich nicht rühren konnte. Er, der große Eine Ägyptens, der vollkommene Herrscher und Inkarnation der Götter, bat ihn, einen Hohe Priester um Hilfe. Nein, es war keine einfache Bitte mehr. Es hatte sich zu einer inneren Erniedrigung gesteigert, die nicht sein sollte. Nicht so. Kein Mann, kein Herrscher sollte so handeln müssen, egal was das Schicksal ihm zugetragen hatte. Niemand sollte sich vor Seinesgleichen so bloßstellen und sein Innerstes, die Hilflosigkeit, nach außen kehren müssen. Seto trat etwas auf den jungen Pharao zu. Die flackernde Lampe, warf einen unwirklichen Schein auf die am Boden kniende Person. Der junge Priester hielt inne und nahm dann alle Mut zusammen. "Herr, nach Kräften werden wir Euch unterstützen, doch steht wieder auf.. ich bitte Euch!" Es wäre ein leichtes gewesen zu helfen, doch war es den Untertanen, bis auf die Leibdienern, verboten auch nur einen Finger zu rühren. Setos Hände zuckten zurück, verkrampften sich wie in einem schweren Kampf, welcher nur im Inneren gefochten wurde. Atemu blickte auf, als er das Zögern bemerkte. Ein trauriges Lächeln spielte sich um die feingeschwungenen Lippen, eines, welches in seiner Intensität alles andere bei weitem übertraf. Es war nicht üblich, dass er Gefühle oder gar Gedanken in Form eines schwachen Momentes zeigen konnte, doch waren es eben diese die aufbauschten und sich an die Oberfläche gruben. "Sagt, warum zögert Ihr? Bin ich nicht begehrenswert? Kann ich schöne Worte nur durch Schmeicheln vernehmen? Die salbenden Phrasen der Höflinge?" Er senkte den Kopf. Die schlanken, dunklen Finger, welche abwartend auf den geschliffenen Stein lagen, verkrampften sich dumpf- Das einzige Zeugnis der inneren Aufruhr des jungen Mannes. Selbst die Stimme war ruhig geblieben. Fest und tonvoll klang sie auch noch wenige Momente später im Raum wider. Seto blickte auf, seine Finger formten sich zu einer festen Faust, sein Gesicht verriet die innere Aufruhr. Es stimmte. Ohne die ausdrückliche Erlaubnis war es ihm verboten den jungen König auch nur ansatzweise zu berühren. Den göttlichen Körper zu spüren, und sei es nur einen Moment der Flucht lang. Es schüttelte ihn, doch konnte er die Glieder beherrschen, welche ein Eigenleben entwickeln wollten. Scharf zeigten sich die Gefühle auf den hellbraune Gesicht, welches nach wenigen Momenten zu einer eisigen Maske gefror. Sie sollte verbergen was war, was der junge Shinkan fühlte, als er die Hand abermals ausstreckte und sie unter das Kinn des jungen Königs legte. Er selbst ging auf die Knie, schloss einen Moment lang die Augen und ließ das Gefühl wirken, welches sich einstellen wollte. Ein Gefühl der Wärme, welches ihn einzunehmen begann. Hoffnungen und Träume suchten ein Ventil der Ausflucht, Nächte, die im verborgenen lagen, brachen sich Bahn. Seto blickte auf, ein seichtes Lächeln umspielte die schön geschwungenen Lippen. "Ihr wirkt verstimmt, fast nicht Euer selbst, mein Herr. Sagt, was ist es wirklich was Euch so zaudern lässt." Atemu schrak bei der feinen Berührung auf. Seine Augen suchten die des Anderen, blieben an der blauen Tiefe hängen und nahmen sie ganz in sich auf. Verwirrt? Ja, das war er. Schon weil dies nicht Kaiba war, sondern sein anderes Ich, der junge Priester Seto am Hofe des Pharao. Das Bild, welches sich ihm bot, nahm andere Formen an. Der hohe, blaue Kopfschmuck wandelte sich zu flammenden, braunen Haar, die kohellumrandeten blauen Augen zu eisigen Seen ohne jeden Schmuck, jedoch wunderschön geformt. Wie in eine andere Zeit versetzt, blickte er in eine andere Seele, die doch die selbe war, vom Leben gezeichnet, und dennoch kraftvoll kämpfend, wie ein junger Löwe. Er selbst wollte nicht aus seiner Erstarrung erwachen, tat es aber, als sich die warme Hand abwandte und ihn in die Wirklichkeit zurückbrachte. Der junge Mann vor ihm wandelte sich zurück, wurde wieder zu den braungebrannten jungen Menschen, welcher er einst war. Seto hatte eine zweite Hand erhoben und wollte sie an die überraschten Züge des jungen Königs legen. Doch als er die verworrenen Blicke sah, ließ er sie sinken. "Nicht ich bin es, den Ihr sucht." Ein trauriges Lächeln begleitete die Worte, die hilflos im Raum umher schwangen und sich auch nach Momenten nicht verziehen wollten. Langsam wandte de junge Priester sein Haupt ab, lächelte verdrießlich und schickte sich an sich zu gänzlich zu erheben. Atemus Hand fuhr nach oben, legte sie an die Wange des anderen und strich abermals sanft darüber. "Ja, vielleicht sehe ich in Euch einen Anderen, jemanden, den ich auf meiner Reise kennen lernte, doch weiß ich auch, dass Ihr es seid, den mein Herz wirklich gehört." Die Lippen verzogen sich zu einem verschmilzten Lächeln, welches in Glück, dann aber in Traurigkeit wandelte. "Seto, als ich hier einst regierte, lernte ich eine prunkreiche Welt kennen, die es so nicht mehr geben kann. Alles hat sich geändert. Auf meiner Reise waren wir Rivalen, wenn auch keine wirklichen Feinde- Freunde. Ich bitte Euch, gesteht Euch und auch mir die Zeit zu, die eine Seele braucht, um zu heilen." Das lange, gestärkte Gewand raschelte leise, als Atemu sich erhob und auf die Tür zuschritt. Er wandte sich nochmals um, lächelte nun umso inniger und neigte den Kopf. "Lasst die Welt sich weiter drehen, Priester. Dann werden wir alle die Antworten finden, die wir schon seit so langem suchen." Das war alles. Atemu wandte sich vollends ab, öffnete von eigener Hand die Tür und schritt auf den Gang hinaus, auf welchem sich langsam die Essensdüfte sammelten und sich zu einer köstlichen Wolke verwoben, welche im gesamten Palast sein Heim suchte. Seto aber blieb zurück, noch immer auf den Boden kniend, die Augen vor Erstaunen geweitet, die Glieder in überraschter Erwartung angespannt. Sein Innerstes tobte auf, bei den Gedanken, an das soeben geschehene. Er hatte seine Haut unter seinen Fingern gespürt, hatte mit ihm gesprochen, als wäre er der jenige, welchen der Pharao suchte, nicht ein Ebenbild von einer Reise, welche in solch weite Ferne gerückt zu sein schien. Sein Herz krampfte sich einige wenige Herzschläge lang zusammen, bevor es wieder los ließ und den Priester atmen ließ. Er wusste, das dies erst ein Anfang war. Ein Anfang der Hoffnung, aber das Ende des Wartens selbst. +++ Es schien, als wären Tage verstrichen und doch waren es nur Stunden, die durch das Land gezogen waren. Mahaado war nach vorn gesunken, sein Haupt in den Falten des Tuches verborgen, welches über Rias ausgebreitet war. Seine schlanken Finger gruben sich in den leichten Stoff, hofften und bebten mit jeder Minute mehr, die verging. Manchmal war Inue eingetreten, hatte gefragt ob er etwas wünsche, hatte sich dann aber wieder taktvoll, mit einem Lächeln auf dem Gesicht, zurückgezogen. Die Sonne senkte sich vom Zenit des Tages weiter herab, bis Rê in einem Bad aus Blut sterben und am nächsten Morgen wiedergeboren werden würde. Nut würde ihren Körper strecken, die Sterne leuchten lassen und so die Kühle der Nacht in die Windfänge treiben, welche den seichten Windhauch zu den Seelen geleitete, welche so sehr nach ihm sehnten. Die Tage würden in das Land ziehen, immer weiter, bis ein neues Jahr begann, und ein altes ging. Es war der Monat Thot im Achet, in welchem Isis weinen und den Nil ansteigen lassen würde. Die Fellachen würden auf die Felder strömen, sich an den schwarzen, fruchtbaren Schlamm erfreuen und auf eine reichliche Ernte hoffen. Das ganze Reich lebte von den Überschwemmungen, welche Jahr aus, Jahr ein wiederkamen und das Land mit neuen Pflanzen, und auch so mit neuem Leben bereichern würde. Die Sonne schien erbarmungslos auf die Erde herab. Obwohl es Winter war, hatte sich die Luft nur um wenige Grade abgekühlt und noch immer schien die Luft in den Mittagsstunden zu flimmern. Mahaado hob langsam sein Haupt an, und blinzelte bei dem Fackelschein, welcher auf ihn fiel. Der Kopfschmuck war verrutscht, und er griff danach um diesen ganz abzulegen und sich durch das feuchte Haar zu fahren. Noch immer hatte sich nichts verändert, nur das er, eingenickt und der Kraft beraubt, eingeschlummert war. Rias hatte sich nicht verändert. Das schwarze Haar, welches seinen Kopf umrahmte, lag noch immer in langen Strähnen auf den weichen Kissen, und hob sich stark von den hellen Tüchern ab, welche dumpfe Schatten warfen. Langsam richtete er sich auf, blickte verhalten um sich, nur um dann wieder auf den jungen Mann zu blicken, welcher auf der Liege lag. Nichts schien anders zu sein. Das einzige Zeugnis welches anzeigte, dass Zeit verging, war ein Blutfleck aus der Wunde, welche noch immer unter dem Verband klaffte. Noch nicht einmal ein Wimperschlag war gewesen. Mahaado wandte seinen Blick ab. Der kurze Schlaf hatte keinerlei Erholung oder Vergessen gebracht. Seine Augen schmerzten, sein Herz hämmerte, und doch schien es, als wäre etwas anders. Ob es von dem leichten Luftzug kam, welcher durch den Windfang eingeholt wurde, oder einfach nur das eigene Empfinden war, konnte der junge Priester nicht sagen. Langsam erhob er sich gänzlich, streckte seine langen Glieder um sie zu lockern. Er wandte sich gerade um, als Inue die Tür aufschob und lächelnd hineinschaute. "Herr, wünscht Ihr etwas? Kann ich Euch etwas bringen?" Mahaado schob eine Augenbraue in die Höhe und lächelte dann. Dieser Mann war jeher ein getreuer Diener Seiner. Niemals hatte er auch nur ansatzweise seine Pflicht vernachlässigt oder gar über Dinge, die den jungen Priester betrafen, geplaudert. Selbst die größten Schätze schienen auf ihn keine Wirkung zu haben. So sollte es sein. Das war es auch, was den jungen Priester den weit älteren Mann so bedingungslos vertrauen ließ. Ein verdrießliches Lächeln trat auf seine Lippen, während er den Kopf schüttelte, dann aber doch inne hielt. "Doch, da gibt es etwas. Schicke mir Ipi hier her. Zudem lasse Wein und Kuchen bringen." Inue fragte nicht danach, warum sein Herr den obersten Schreiber zu sprechen verlangte. Er nickte nur, wandte sich ab und drückte sich zurück durch die Tür nach draußen. Mahaado trat einige Ellen zurück und ließ sich abermals auf den Schemel fallen, welcher schon zuvor als Sitzplatz gedient hatte. Er ließ sich na vorn fallen und vergrub sein Gesicht in den Händen. Die Wärme seiner Finger drangen in die erhitzte Haut ein und entlockten ihn ein Lächeln. Die Situation war verfahren. Alles schien sich selbst aufgelöst zu haben, alles rebellierte in ihm. Und doch konnte er nicht anders als inne zu halten und abzuwarten. Rias würde wieder erwachen; Wieder würde er die Augen aufschlagen und etwas sagen. Nur wann? Die Stunden schienen ins Land zu gehen ohne das sich auch nur die kleinste Möglichkeit auftat, dass es eine Änderung hätte geben können. Es klopfte leise an die Tür. Ipi trat ein, verbeugte sich tief und ließ sich dann auf den Boden nieder. Er griff nach einem Papyrus und rieb die Tinte mit Wasser, so dass diese sich verflüssigte. Dann nahm er einen Binsengriffel zur Hand, murmelte konzentriert das obligatorische Gebet eines jeden Schreibers zu Thot, und blickte dann erst auf zu Mahaado. Dieser lächelte zaghaft und nickte. Der Schreiber zu seinen Füßen hatte schon seinen Vater gedient, sowie auch den Pharao des Landes. Er war mittleren Alters, hielt sich jedoch recht gut, trotz dass er zuweilen nur wenig Bewegung bekam, was bei ihm, wie auch bei den meisten anderen Schreibern, einen wohlgenährten Bauch hervor gebracht hatte. Mahaado erhob sich. Sein helles Gewand raschelte bei jeder Bewegung leise auf. Neben dem leisen zischen der Lampen das einzige Geräusch im Raum. "Bitte schreib meine Titel und dann die Anrede für einen Fellachen der Nomarche Waset." Der Schreiber nickte, nahm die Spitze des Bindengriffels in den Mund und kaute sie weich. Dann tunkte er das Ende in die Tinte und begann in schwungvollen Schriftzeichen die Titel und Anreden des Priesters auf das Papyrus zu bringen. Mahaado durchmaß den Raum mit langen Schritten während er wartete und dann weitersprach. In kurzen und klaren Sätzen wurde der Vater Rias von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt, aber gleichzeitig gebeten sich keine Sorgen zu machen. Er erwähnte auch, dass er Rias in seine Dienste nehmen wollte und ihn so einen höheren Rang als den eines einfachen We'ebpriesters versprach. Langsam blieb er stehen und blickte den Schreiber durchdringend an. "Ende mit: Dem Oberschreiber Ipi diktiert und mit eigener Hand unterzeichnet. Priester unter der Seele Rês und Pharao Atemu, Mahaado." Seine Stimme verklang leise, während der Schreiber seinen Binsengriffel hob und ihn zur Seite legte. Die Tinte, welche sich schwarz-schimmernd auf den Papyrus zeigte, war noch nicht trocken, weshalb Ipi den Bogen anhob und sacht draufblies, damit dieses schneller ging. Nach einer Weile, in der sich Mahaado wieder niedergelassen hatte, stand er langsam auf, tunkte den Griffel erneut in die Tinte und hielt es den jungen Priester zur Unterzeichnung vor. Mahaado schrieb in hieratischen Schriftzeichen seinen Namen darunter, blies ebenso darauf und ließ die Rolle dann zusammenschnappen. "Bitte einen Herold diesen Brief in die Normarche Waset zu einem Wirt Namens Ahhotep zu bringen. Er soll es nur ihn aushändigen. Eine Abschrift ist nicht von Nöten." Er nahm sein Siegel zur Hand und drückte es langsam in das Wachs welches die Rolle versiegeln sollte. Ipi verbeugte sich knapp und wandte sich dann um. Kaum das er die Tür erreicht hatte, drehte er sich nochmals zu Mahaado um und lächelte verhalten. "Ich werde für den jungen Mann beten." Dann wandte er sich vollends ab und drückte sich durch die Tür. +++ Tage vergingen. Nichts schien sich zu ändern. Die Stadtschreiber berichteten, das Isis weine und der Nil langsam steigen würde, doch weder in der Verwaltung, noch im Krankenlager brachten sie Stunden neue Erkenntnisse heran. Atemu hatte es bisweilen geschafft zu Rias zu gehen. Er selbst war noch recht schwach. Er nahm wieder etwas zu, doch schienen die ernormen Kräfte, die sonst Seiner inne wohnten mit dem jungen Mann geschwächt zu sein. Mahaado hatte sein Gemach geräumt und war solange in das Rias' gezogen, bis dieser genesen war. Doch nichts änderte sich. Jeden Tag aufs Neue kam der Arzt, wechselte den Verband um dann wieder abzuwinken und weiteres Beten und Wechseln zu verschreiben. Erst nach über sechs Tagen schien sich die Lage zu bessern. Als Mahaado eines Frühs sein Gemach betrat, saß sein junger Freund auf dem Lager und lächelte ihn verhalten entgegen. Achtoi, der obere Haushofmeister, welcher vom Pharao beauftragt wurde für den jungen Mann zu sorgen, stand mit einem leeren Tablett am anderen Ende des Zimmers und verbeugte sich als Mahaado eintrat. Langsam schloss dieser die Tür hinter sich. Ein Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen, während er langsam auf die Liege zutrat. "Sei gegrüßt, Rias. Dir scheint es bedeutend besser zu gehen." Er erwiderte das Lächeln, bevor er sich an Achtoi wandte und diesen bat Wasser, wahlweise Bier, Käse, Datteln und frisches Brot zu holen. Dieser verbeugte sich knapp, konnte sich aber ein Lächeln nicht verkneifen. Die Tür wurde geschlossen und Stille kehrte ein. Der junge Priester wandte sich um und blickte sanften Auges auf den jungen Mann vor sich. Rias' Finger vergriffen sich im Stoff des Tuches, welches in weiten Falten über seinen Gliedern lagerte. Er senkte sein Haupt, blickte herab und hielt inne. "Es... Es tut mir leid..." Mehr sagte er sich. Seine Finger verkrampften sich mehr, als Mahaado näher trat, noch immer ein Lächeln auf den Lippen habend. "Werde gesund. Dann ist deine Entschuldigung angenommen." Er ließ sich, wie auch die Tage zuvor, auf den kleinen Schemel nieder und blickte sein Gegenüber fragend an. Rias strich sich verhalten eine schwarze Strähne aus dem Gesicht und sah auf. Seine grünen Augen nahmen die Veränderung des Priesters wahr, welche sich zugetragen hatte. Es schien nur äußerlich zu sein, jedoch merkte man Mahaado die Erschöpfung an. Müde blickten die tiefblauen Augen zu Boden, zogen jede Linie nach, abwartend was geschehen würde. Er war in einen einfachen bodenlangen Schurz mit goldbesticktem Saum gekleidet, welcher in weichen Wellen über seine Beine herabfiel. Selbst die sonstige Kopfbedeckung trug er nicht. Schimmernd zeigte sich die sanftgebräunte Haut des Oberkörpers, auf welcher Siegel und ein Pektoral glänzten. Das braune Haar unter einem einfachen Tuch verborgen, machte er nicht den Eindruck eines hohen Beamten am Hofe des Pharao. Für Rias ein Anblick, welcher nicht schöner hätte sein können. Des Musterns ertappt, wandte er sein Gesicht wieder dem Leinentuch auf seinen Beinen zu. Er selbst war ungewaschen, die Haare wirr, die Augen glasig, zudem nur mit einem Schlafschurz und einer strengen Binde um den Kopf bekleidet. Sein Körper war schlanker geworden, so dass sich die Muskeln hart unter der sonnengebräunten Haut abzeichneten. Mahaado stand auf. "Wann fühlst du dich bereit mit deinem Dienst zu beginnen?" +++ Er blieb Mahaado eine Antwort schuldig, als Achtoi sich anmeldete das Gewünschte zu bringen. Der Haushofmeister stellte leise das Tablett ab, nickte und verbeugte sich, verließ das Zimmer aber ebenso lautlos und schnell wie er gekommen war. Mahaado schritt nach vorn, griff nach einem Becher und ließ etwas Bier hineinlaufen. Diesen reichte er an Rias weiter, welcher ein Schluck trank und ihn dann in den Händen behielt. "Wenn es möglich wäre, dann gern am nächsten Tage, werter Priester." Seine Stimme war von Wort zu Wort immer leiser geworden, so dass Mahaado auf einmal aufblickte. Ein Lächeln schob sich über seine Lippen, während er nickte. "Wenn du dich bereit fühlst, dann gern." Er stand auf, strich seinen Schurz glatt und nickte Rias zu. "Ruhe dich bis dahin weiter aus. Morgen werden wir sehen, was wir machen können." Er deutete eine Verbeugung an, wandte sich ab, und steuerte auf die Tür zu, als er auf einmal leise seinen Namen und ein Rascheln vernahm. Rasch wandte er sich wieder um und konnte zusehen, wie Rias sich aus den Laken geschält hatte und langsam zum stehen kam. Er wankte etwas, doch schien er sich trotz allem sicher halten zu können. "Priester, ich..", begann er leise zu sprechen. Nach einen Moment des Luftholens, lächelte er sanft und schüttelte den Kopf. "Nein, morgen wird es sicherlich gehen." Mahaado schob eine Augenbraue in die Höhe, wollte noch etwas erwidern, beließ es aber dabei. Er nickte, wandte sich ab, und einen Moment später fiel die Tür abermals in das Schloss. Rias ließ sich zurück sinken. Seine Kraft, mit welcher er noch in dieses Abendteuer gegangen war, zeigte sich in Urlaub gewähnt und auch der Wille, der Seiner begleitet hatte, wollte nicht mehr so helfen wie zuvor. Alles hat sich in andere Wege gefügt, so als wolle das Schicksal ihn und seine Willensstärke testen und dann entscheiden, welcher Weg der Beste wäre. Langsam wandte er sich um, legte sich auf die Seite und wollte die Augen schließen, als ein scharfer Schmerz durch seinen Kopf schoss und versuchte seinen Willen vollends zu nehmen. Er stöhnte auf, hob eine schweißfeuchte Hand an seine Stirn und schloss die Lider. Erst einmal sollte er Schlaf nehmen, seine Gedanken klären und dann sich erst um das sorgen, was seine Zukunft werden sollte. +++ Es brauchte einige Zeit bis sich nicht nur der Zustand des Jungen besserte, sondern auch die Regierung wieder in seiner Bahn lief. Rias erholte sich nach und nach. Er lernte von Papyrusrollen die Schriften, wurde zum Truppenübungsplatz gebracht, wo er seinen Körper stärken sollte und dann zum Pharao gebracht, welcher ihm die Geschichte Kêmets lehrte. Rias lernte viel, wuchs an seinen Wissen und an der Macht die in Seine wuchs. Mahaado trat ein, in einem weißen Schurz bekleidet und mit Rollen Papyrus in den Armen. Ein Lächeln kleidete seine Lippen, als er die Schriften auf einen niedrigen Tisch ablud und sich den Schweiß von der Stirn wischte. Seine Haut glänzte, war mit Sand bestäubt und unterstrich so nur die frohe Miene und das Leuchten seiner dunklen blauen Augen. Rias blickte auf. Er stellte den Becher mit Wasser ab, welchen er an die Lippen gehalten hatte und versuchte sich daran das Lächeln zu erwidern. "Du machst dich gut. Das hätte ich gar nicht gedacht." Rias grinste leicht und stemmte sich vom Boden auf, auf welchen er gesessen hatte. Er streckte sich, rollte einmal die schweißfeuchten Schultern und blickte dann seinen Meister an. Es waren keine Worte von Nöten, das wussten Beide. Aus dem Kuss, welchen Mahaado noch in der Genesungszeit seinen Schüler gegeben hatte, war ein stilles Einverständnis geworden. Ein stummes Abkommen, dass sie Freunde waren und nicht mehr. Mahaado hatte sich zu dem Entschluss durchgerungen, nachdem er lange Nachte auf seinem Lager wachgelegen und nachgedacht hatte. Seine Gier nach des Jungen Seele und Körper war stetig gewachsen und hatte nichts von seiner Intensität verloren, und doch war auch ihn im Herzen klar gewesen, das es nur ein Hindernis sein würde. Ein Hindernis zwischen dem Ziel des Lernens und des Wachsens eines Freundes und einer Freundschaft. Mahaado lächelte sanft, als er den Becher vom Tisch nahm und die Neige daraus trank. "Wenn wir in diesem Tempo weiter machen, solltest du die Weihe Ende des Monats Pachons empfangen können." Es war noch ein knappes Jahr, bis alles vorbei sein würde. Ein Jahr, in dem viel passieren konnte, ebenso eines, in welchen sie weiter wuchsen und an ihren Taten reiften. Rias freute sich darauf. Schon jetzt zeigte er sich gelehrig an dem dargeboten Wissen. Schon jetzt hatte sich sein Auftreten und seine Statur verändert. Noch immer war er schlank, doch zeigten nun seine Muskeln die sehnige Stärke eines Kämpfers. Langsam ließ er sich wieder auf den Boden nieder und kreuzte die Beine. Seine grünen Augen blickten neugierig auf, als Mahaado die erste Rolle zur Hand nahm und langsam begann aus dieser vorzulesen. +++ Die Zeit war ins Land gegangen, so auch die Naivität und die Einfachheit der Jugend. Das war vor einem Jahr gewesen. Wenn Rias zurückdachte wurde ihm warm ums Herz. Er hatte die Zeit genossen, welche er gehabt hatte. Seit seinem Aufbruch hatte er zwar seinen Vater nicht mehr gesehen, doch konnte er spüren, dass es diesem gut ging. Schon von jeher hatten sie eine Verbindung zueinander gehabt, die der eines normalen Menschen nicht gleich kam. Immer wussten sie, was der andere dachte und fühlte. Auch an dem Tage, an welchen er in den Streitwagen gestiegen war, konnte er sehen, dass die Gleichgültigkeit mehr gespielt, als wirklich gewesen ernsthaft war. Wenn Rias auf das weite Land herab sah, welches sich vor Seiner auftat, sehnte er sich oft nach der Schlichtheit eines Dorflebens, doch wusste er auch, das dieses ihn nicht mehr ausfüllen konnte. Zu weit war sein Geist an das Leben im Palast gewöhnt. Zu sehr hatte er es bis dahin genossen. Nach seiner Weihe würde er wieder zurückkehren. Er würde seinen Vater als ein Mensch gegenüber stehen, auf welchen er stolz sein konnte. Als ein Priester am Hofe des großen Einen, welcher seine göttlichen Hände über das Land streckte und darüber wachte. Rias wandte sich ab. Sein Blick glitt zu der Balustrade, welche den Balkon eingrenzte und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Einen Tag später sollte es soweit sein. Eine feierliche Prozession würde zum Tempel führen, eine andere würde die Würdenträger mit sich nehmen und daran teilhaben lassen. Immer Amun an seiner Seite. Mahaado hatte ihn viel gelehrt. Selbst das Handwerk eines Heilers, war ihm nun nicht mehr fremd. Ein Handwerk welches nicht nur gefragt, sondern auch hoch angesehen war, doch vor allem auch seinen Talenten entsprach. Der junge Priester und Hüter der Gegenstände hatte es auch mit etwas anderen versucht, war jedoch an dem geringen Interesse seines Schülers gescheitert. Mit einem Lächeln hatte Mahaado die Rollen niedergelegt und die Baukunst Baukunst sein lassen. Man konnte niemanden etwas aufzwingen, und solange Rias keine Neugierde in Richtung Steine und Statik hegte, hatte es auch keinen Sinn darauf aufzubauen. So war es bei der Heilkunst geblieben, welche er inzwischen aber fast ebenso gut, wie der ansässige Palastarzt beherrschte. Der Blick des jungen Mannes glitt über den gehauenen Sandstein hinüber zu dem breiten Torbogen, welcher der einzige Zugang zu dem anliegenden Palast war. Von der Terrasse hatte man vollen Blick auf die Röte des Landes, auf die anliegende Wüste ebenso, wie auf den Hapi, den Gott des Nil. Auch vom Pharao hatte er gelernt. Von der -Geschichte des Landes- hatte der junge Herrscher gesprochen. Von den mutigen Königen unter den Göttern, von den Ihren selbst und auch von Menschen, welche durch Können großartiges bewirkt hatten. Eine bunte Mischung, welche die Geschichte des Landes prägte. Nachhaltig und immerwährend. Atemu hatte sich verändert. Aus einem unbedarften Jungen, der von sich selbst nicht mehr wusste, als nur allein die Landesherkunft, war ein stolzer Pharao erwachsen, welcher das Land in fester Hand mit seinen Fürsten und Priestern zusammen beherrschte. Er nahm die Bitten entgegen, nahm die Steuern ein und beschloss neue Regeln. Doch die wirkliche Arbeit ließ er bei Anderen. Rias war froh darüber. So wurde es niemals langweilig, selbst nicht, wenn der große Eine mal nicht zugegen war und seine schützende Finger über die Köpfe seiner Untertanen hielt. Atemu hatte es binnen kürzester Zeit geschafft das Land wieder unter seinen heiligen Segen zu nehmen, es erblühen und ruhen zu lassen. Gefahren, welche sonst drohten, wägten in Stille, Menschen, welche die Macht zu Kopfe gestiegen war, hielten inne und warteten in gespannter Erwartung. Rias genoss die Stille, welche um ihn herrschte. Den Sonnenuntergang, wenn Rê seine Schwingen streckte und sich der Gewalt Nuts ergab, nur um am nächsten Morgen noch pracht- und machtvoller zurückzukehren. Des Gottes Blut, welches sich jeden Abend aufs Neue über die Häuser, Tempel und Häuser ergoss, die Menschen in seine Farbe tauchte und sie trauern ließ. Er liebte die Momente, in welchen die Abende kühler und die Luft klarer wurden, an denen die Sonnensegel abgebaut und eingepackt werden konnten, und die Stimmen des Tages verebbten. All dies hatte er auch in seinem Dorfe gespürt, doch war es hinter den riesigen Palastmauern noch genauer und tiefer wahrzunehmen. Die Schwingungen eines Tages, der zuende ging, um im immer prachtvolleren Glanze neu zu erstrahlen. Langsam wandte er seinen Blick von dem gewohnten Bildnis ab. Schon oft hatte er diesen Moment genossen, in welchen die Seele heilen konnte, die Gedanken zu Dingen und Gelegenheiten schweiften, welche eine Änderung vertragen hätten. Und doch war dieser Ort magisch genug, um ein Ka zu heilen. Ihm wieder neue Kraft zu geben und zu belohnen. Rias vernahm leise Schritte, wandte seinen Blick von den wunderschönen Schauspiel ab und blickte zu den jungen Mann auf, welcher langsam auf ihn zutrat. Mahaado lächelte, deutete eine Verbeugung an, welche Rias sofort beantwortete. Er verneigte sich ebenso, hielt eine Sekunde inne und wandte sich ebenso wieder auf, um seinen Meister in die Augen blicken zu können. "Rias. Der Pharao verlangt nach Dir und deiner Anwesenheit beim Feste. Er wollte eine Wache schicken, doch übernahm ich es lieber selbst. Die Feierlichkeiten werden Deiner zuteil, Rias. Morgen wirst du von den Göttern in die Weihe genommen und geprüft. Labe dich nochmals am Essen und beruhige dein Gemüt mit dem süßen Wein." Mahaados Stimme war ruhig. Man merkte Seiner nicht an, dass auch er in Aufregung wegen des morgigen Tages schwelgte. Es war sein Schüler, welcher seinen Händen entrissen und nun eigenmächtig des Gottes vorgestellt werden sollte. Der Mann, welcher sein Herz im vergangenem Jahr nur noch mehr gefangen genommen hatte. Mahaado sah aus blauen Augen auf. Sein Blick suchte nach dem Rias', doch bevor er ihn erreichen konnte, senkte der junge Priester seinen Kopf. Rias stieß sich ab, tat einige Schritte auf seinen Meister zu und blickte auf ihn herab. "Ändert meine Weihe so vieles an mir, das selbst Ihr mir nicht mehr in die Augen zu sehen vermagt?" Wahr gesprochene Worte, welche eine ebensolche Angst ausdrückten. Mahaado blickte auf, erwiderte nun starr den Blick seines Gegenübers. Dann schüttelte er leise lachend den Kopf. "Nein, eine Weihe verändert keine Menschen, sie formt diese nur. Du wirst dann Amun-Rê unterstellt sein und dem Einzig-Einen dienen, nicht mehr mir. Ich habe Angst, dass du mir vollkommen entgleitest." Er hatte nicht vergessen, was noch vor einem Jahr gewesen war. Zwölf Monate waren vergangen, eine lange Zeit des Lernens, aber eine umso kürzere, wenn es um einen Menschen ging. Rias lachte leise auf. Seine Augen funkelten im letzten Schein, welchen Rê den Menschen spendete. Dann aber schüttelte er den Kopf. "Wenn ich den Worten Seiner Majestät glauben schenken kann, dann werde ich mich immer in Euer Nähe befinden. Ich weiß nicht, was er dann mit mir vorhat, aber ließ er anklingen, dass mein Platz nicht im Tempel sein wird. Nicht neben den anderen Priestern meines Standes, sondern gesondert an des Pharaos Seite." Seine Worte verebbten still im letzten Windhauch des Tages. Noch immer hatte sich Mahaado nicht gerührt, stand still vor seinem Schüler, blickte aber an ihm vorbei. Schon während der Rede, hatten seine Augen das Weite gesucht, waren zu den Fluss abgeschweift und hatten sich an diesem Anblick gefestigt. "Rias.. Ich weiß, dass du dann in des Einzig-Einen Nähe sein wirst, doch werde ich es nicht immer ..." Sein Reden brach ab, als eine Fanfare aus den Festsaal erklang. Rê senkte sich vollends zur Erde und Nut übernahm seinen Platz. Der junge Priester wandte sich ab, wollte schon vollends in seiner Sprache innehalten, als er eine kräftige Hand auf seiner, in Leinen gehüllten, Schulter spürte. Erschrocken und überrascht wirbelte er herum, nur um in grüne Augen zu blicken, welche ihn durchdringend und herausfordernd anblickten. "Wollt Ihr immer fliehen, Mahaado? Wollt Ihr immer vor Dingen davon laufen, welche an Euch herantreten könnten? Vor Menschen? Vor mir?" Seine Stimme war leise, schmeichelte dem Gehör des Anderen und fügte sich so in einen perfekten Kreislauf ein. Mahaado wollte zurückweichen, als er seinen Schüler so nahe bei sich sah. Das weite Gewand, welches warm und weich auf seiner Haut lag, schien auf einmal Stacheln entwickelt zu haben und in seinen Leib stechen zu wollen. Rias tat keinen Schritt zurück, auch nicht, als eine weitere Fanfare erklang um das Fest zu eröffnen. Er würde fehlen, auf seiner eigenen Weihe. Sein Geist würde in dem seines Meisters Ruhen und nur der Wunsch würde Treiber der Gedanken und Gesten sein. So sollte es sein- So war es immer schon gewesen. Mahaado blickte auf Rias herab. Niemand konnte abschätzen inwieweit sich ein Mensch im Laufe eines Lebens veränderte. Charakterzüge wurden ausgeprägt, andere -geliebte-, untergraben. Mahaado hatte die Entwicklung seines Lehrlings einerseits mit Staunen, andererseits mit überraschter Freunde entgegen genommen. Aus dem Jungen, welcher zwar eigensinnig und voller Starrsinn dem zivilisierten Leben trotzte, war ein weitsichtiger und vielschichtiger Mann geworden. Rias hatte nicht nur vollends seine Kindheit hinter sich gelassen, sondern war auch an den Dingen, welche ihm gelehrt wurden gewachsen und hatte sie verinnerlicht. Selbstmut und Lebensdrang, gepaart mit Neugierde und Würde, hatten aus einem einfachen Jungen, der einem großen Wunsch hinterher jagte, einen Mann geformt, welcher auf die Menschen herabblickte und sich Seiner und seinen Fähigkeiten sicher war. Mahaado wollte sich erneut entziehen, hielt jedoch inne, als er spürte, dass Rias nicht abließ, sondern seinen Griff noch verstärkte. Es war nicht schmerzhaft, sondern hatte etwas besitzergreifendes, was Mahaado vollkommen überraschte. Er wandte sich um, wollte seine Schulter abermals entwinden, als Worte ihn innehalten ließen. "Bitte Mahaado, warum flieht Ihr.. Wovor habt Ihr Angst.." Seine Stimme war ruhig, hatte nicht mehr des überschwänglichen und selbstbewussten, wie noch Momente zuvor, sondern klang ernst und ruhig an seinem Ohr. Er hatte nicht vergessen, was am Krankenlager Rias' geschehen war. Ein Kuss, und war dieser noch so klein, hatte besiegelt, was besiegelt gehörte, hatte zusammengeschweißt, was zusammen gehörte und hatte so eine Lawine losgetreten, welche nun, selbst ein Jahr später, nicht mehr aufzuhalten schien. Mahaado richtete seinen Blick auf den jungen Mann vor sich. Dessen grüne Augen suchten nach Antworten, fanden aber nur erneute Fragen. Er wollte schon das Wort erheben, als es wieder die Stimme seines Schülers war, welche ihn innehalten ließ. Rias löste seine verkrampften Finger von der Schulter seines Meisters und wandte sein Haupt der währenden Dämmerung zu, welche das Leben in sich verschluckte. War er ihm zu nahe getreten? Hatte er, allein durch seine Anwesenheit, Mahaado von sich gestoßen? Sehnsüchtig blickten die Augen des jungen Mannes in den Himmel. Sie suchten einen Punkt, welcher seine Verzweiflung verstehen würde. Welcher den Schmerz und Abstinenz in sich auf genommen, und ihn davon gereinigt hätte. "Vor einem Jahr.. Noch als ich auf den Krankenlager gelegen hatte, habt Ihr Euch zu mir gebeugt und meine Lippen berührt." Nun war es heraus. Eine Frage, welche versteckt in einer einfachen Feststellung ruhte. Eine Hoffnung, ein Flehen, gleichzeitig aber auch eine Angst. Sie wohnte Seiner inne, hatte sich im letzten Jahr gefestigt und war zu einer Sehnsucht erwachsen, welche er zuvor nicht gekannt oder gedacht hätte. Als er gefragt wurde, ob er bei Mahaado lernen wolle, hatte er ihn als einen Freund, als einen Verbündeten und Partner gesehen, dachte aber nie darüber nach, dass es auch andere Arten der Zuneigung geben konnte. Rias senkte sein Haupt. Sein Haar war sorgsam unter einer feingeknüpften Perücke verborgen. Seine Augen waren mit Kohell umrandet und so betont worden. Ein sanfter Lidstrich, welcher an der Schläfe endete und so die Konturen des Gesichtes vollkommen einrahmte. Seine Hand- und Fußflächen waren mit Henna bemalt. Nichts mehr erinnerte an den Jungen von vor zwölf Monaten, welcher mit Mut und Angst in eine Welt getreten war, die er nicht kannte. Seinen Leib bedeckte feines Leinen, gebunden mit einen Gürtel, auf welchen feingeschliffene Steine funkelten. "Ich.." Er brach ab, wollte den Schmerz seines Herzens vertreiben und verzog seine Lippen zu einem verzagten Lächeln. "Ich hätte nie davon beginnen sollen. Verzeiht meine Worte, Herr." Mahaado hatte die wenigen Worte mit Staunen betrachtet, blickte abermals überrascht und unehrbar auf. Warum erinnerte sein Schüler ihn daran? An etwas, was er selbst am liebsten verdrängt und vergessen hätte? An das Gefühl, welches sich noch immer, tief verborgen, in seinem Magen regte und warum war nur er fähig es so effektiv an die Oberfläche zu bringen? Rias hatte seinen Blick abermals zu Boden gesenkt und betrachtete diesen nun angespannt. Mahaado trat auf Seiner zu und sah auf ihn herab. "Blicke mich an, Rias." Sein Schüle gehorchte, sah langsam aber stetig in die Augen seines Meisters und hielt in jeglicher Bewegung inne. Eine Hand hob sich und legte sacht, fast so, als sei er zerbrechlich, unter sein Kinn. "Dein einzig wirkliches Problem ist, dass du zuviel redest.." Langsam strich sein Daumen über die weiche, von Öl duftende, Haut und hielt dann inne. Er beugte sich etwas herab, legte seinen Kopf etwas schief und flüsterte noch an Rias' Lippen: "Nun ist es mir, eine Geschichte fortzuführen..." Mahaado senkte sein Haupt ganz. Sacht, fast vorsichtig legten sich seine Lippen auf die seines Schülers, neckten sie und strichen darüber. Rias riss die Augen auf. Sein Atem stockte, seine Gedanken rasten. Er wollte erwidern, wollte sich endlich seinen Gefühlen hingeben, doch stockte, als sich die willkommene Wärme versuchte in seinem Körper auszubreiten. Unbekannt und vollkommen neu, wollte sie von ihm Besitz ergreifen. Von seinem Ka, bis hin zu seinem Ach, den Körper, der seine Seele hielt. Wie in Trance hob er seine Hände, legte sie auf die Brust des anderen und drückte erst vorsichtig, dann fester dagegen. Er stemmte Mahaado etwas von sich weg, legte schwungvoll den Kopf in den Nacken und haschte rasch nach Luft. Sein Atem ging stetig und schnell, als er die immer kühler werdende Luft einsog und seine Lungen damit versuchte zu füllen. Die Augen geschlossen, die Muskeln zu einer festen Masse erstarrt, versuchte er klaren Gedankens zu werden. Mahaado selbst wich erschrocken zurück. Was hatte er getan? Warum? Warum schon wieder? Warum wieder nach einem Jahr? Nach diesem Jahr, in welchen er gehofft hatte, etwas würde sich ändern? Schwungvoll wandte er sich um, biss die Zähne zusammen und trat rasch auf den Torbogen zu- Rias und den Kuss hinter sich lassend. Ohne Worte stürmte er davon, so dass nur noch die Schritte auf den Fliesen zu hören waren, bis auch diese verhallten. Sein Schüler jedoch, blieb zurück... +++ Die Sonne senkte sich langsam zu Boden, hinterließ in ihrem goldenen Schleier die ersten Spuren des Blutes Rês und versank dann, in aller Pracht, hinter dem Horizont. Seto Kaiba ließ die Binsenmatte sinken. Es war ein ihm bekannter Blick und das schon seit langer Zeit. Schon einige Monate zuvor hatte er aufgehört die Tage zu zählen, welche besagten, wie lange er sich schon im alten Ägypten befand. Selbst seine Begleiter zogen es vor sich am Leben zu beteiligen und nicht zu murren, anstatt weiter in den Himmel zu blicken und sich zurück zu wünschen. Langsam drehte sich der junge Mann um, wandte sein, inzwischen von der Sonne gebräuntes, Gesicht seinem Lager zu und durchmaß den Raum mit wenigen Schritten. Er ließ sich auf die Tücher sinken und barg das Gesicht in den Händen. Zu lange waren sie schon hier. Viel zu lange. Langsam waren selbst die Bilder seines Bruder im Geiste undeutlich geworden. Dessen Stimme verhallte im Dunkel der Erinnerungen und ließen eine schwarze Lücke zurück. Es war normal für einen Menschen einen anderen, geliebten, nach einer ganzen Zeit zu vergessen, doch schien dieses noch viel zu früh zu sein. Er wollte sein altes Leben nicht für einen Tagtraum aufgeben, wollte weder die Firma noch seinen Bruder vergessen. Und doch schien alles nur noch schemenhaft vorhanden. Hart stieß er die Luft aus und keuchte leise auf. Es wollte ihm nicht in den Sinn wie alles so kommen, wie ein einfaches Duell solche Ausmaße annehmen und solches herbeiführen konnte. Nur zwei Menschen waren Seiner geblieben. Zwei von welchen er gedacht hatte, das diese seine Feinde wären und keine Freunde. Und doch hatten sie anderes bewiesen. Tag ein- Tag aus lebten sie mit ihm zusammen, benahmen sich wie einfache Ägypter eines begnadigten Staates, aßen das ungewohnte Essen, badeten in edlen Ölen und ließen es sich gut gehen. Ihnen schien nichts zu fehlen. Und doch wusste er es besser. Schon oft hatte er Joey beobachtet, wie er die langen Gänge entlang starrte und sich zurücksehnte. Schon zu oft hatte er dabei den traurigen Blick in den Augen des jungen Mannes gesehen. Bernsteinfarbene Seen, welche in eine schier andere Welt blickten, so als würden sie nicht von dieser lassen können. Yûgi hingegen ließ sich nichts anmerken. Scheu und gewandt wie er ihn kannte, meisterte er selbst die ungewöhnlichsten Aufgaben, welche ihm gestellt wurden. Sei es eine Botschaft zu überbringen oder einfach etwas zu holen oder die alten Schriften zu verlesen. Nichts schien ihm wirklich zu fehlen, und selbst wenn er einmal über seine Gefühle sprach, so war es doch, als wäre er nie woanders gewesen. Jedoch niemals bei ihm. Schon oft war er um eine Ecke getreten, war aber wieder zurückgewichen, als er die leise Stimme reden hörte. Nie wollte er näher kommen, es an sich herantreten lassen und sich über irgendwas Gedanken machen. So war es gekommen, dass sich Gespräche immer nur zwischen den beiden Freunden abspielten, aber nie darüber hinaus gingen. Es war einerseits schade, andererseits war noch immer der alte Stolz im Weg. So herzlich man sich auch begegnen konnte, so wollte doch nichts die Bande lösen, welche einst geknüpft worden war. Nichts. Langsam wandte er sich wieder auf, richtete seinen Blick zu der leise zischenden Öllampe und ließ den warmen Schein des Feuers einen Moment auf sich wirken, ehe er eine Klemme zur Hand nahm und den spuckenden Docht auf eine angenehme Länge kürzte. Seine Hand sank leblos wieder nach unten, hielt ebenso inne, wie zuvor noch sein Blick. Es hatte keinen Sinn sich etwas vor zu machen. Das Leben hielt immer Schläge für einen parat, waren diese einfach zu bewältigen oder nicht. Einscheidend waren sie, jeder auf seine eigene Art und Weise- immer und gleichzeitig auch besiegbar. Seto griff nach seinem Schurz. Schon früh am Abend hatte er seinen Leibdiener und den zuständigen Haushofmeister frei gegeben und ihnen gesagt, dass sie sich selbst niederlegen konnten. Geschulte Männer, welche nur arbeiteten um Seiner zu gefallen. Sie waren immer da, wenn er etwas brauchte oder was wünschte und doch konnten sie nicht ersetzen, was ihm einst so wichtig gewesen war. Gerade als er sich den Lendenschurz aufbinden wollte, klopfte es leise an der Tür. Seto ließ seine Hände sinken, ignorierte das schweißnasse Gesicht und das verwischte Kohell und strebte langsam auf die Tür zu. Seine Gedanken schalteten sich ab, seine Wünsche und Träume flüchteten tief in sein Innerstes hinein. Fast wie automatisch, zog er am schmiedeisernen Saum und damit den Flügel auf. Sein Blick war gesenkt, als er nur leise Schritte vernahm, welche Seiner in den Raum hinein folgten. "Seto.. Ich.. Ich wollte mit dir reden." Sofort fuhr er herum. Eben diese Bernsteinfarbenen Seen blickten ihn nun an, verdrossen und fragend an, wie auf eine Antwort hoffend. Seto wandte sich gänzlich um und blickte sein Gegenüber an. Erschrocken zog er seinen Schurz wieder fest, vergaß jedoch ihn richtig zu verschnüren. Seine Laune, welche gerade noch zwischen innerer Verzweiflung und Hoffnung geschwankt hatte, war in diesem Moment auf ein Minimum gesunken. Verärgert starrte er Joey an. "Was hab ich doch für eine Ehre dich hier anzutreffen. Was kann ich zu solch später Stunde noch für dich tun?" Seine Stimme war rau, so als wäre sie geschwängert von dem Wein, welchen die Diener zu einem jeden Essen reichten. Der Schein der kleinen Öllampe, welche an der Wand festgemacht war, ließ den Schweiß auf Setos Körper aufglänzen und ihn fast unwirklich erscheinen. Joey räusperte sich, wandte seinen Blick von den jungen Mann ab und richtete diesen auf das Lager seines Freundes. "Mach deinen Schurz bitte richtig zu. Der hängt noch halb schief auf deiner ... Hüfte." Seto blickte rasch herab, sah Joey meinte und knurrte ein leises Danke. Dieser konnte den rauen Stoff rascheln hören und ohne das er es wollte, stellte sich das Bild der dunklen, seidenen Haut vor seinem inneren Auge ein. Es zeigte Seto, wie er mit verwuscheltem Haar, das Kohell verlaufen, fast sehnsüchtig auf seine Gestalt starrte. Der helle Stoff war so verrutscht gewesen, dass er nur einen kleinen Hinweis auf das darunter bot. Eine feine Spur dunkler Härchen, welche sich vom Bauchnabel herab wand und in der Schürze verschwand. Mehr nicht. Doch reichte auch das schon aus um ihm den Schweiß in das Gesicht zu treiben. Ein dummer Gedanke, vor allem für einen Mann, doch war er da gewesen. Niemand hatte behauptet, dass Seto Kaiba hässlich war. Schon früher waren ihm die breiten Schultern und die wohlgeformten schmalen Hüften aufgefallen, egal ob diese nun in einer schwarzen Hose oder in einem Schurz steckten. Er war schön. Das musste selbst er zugeben, obwohl es bei den charakterlichen Dingen vor einem Jahr noch ganz anders ausgesehen hatte. Seto hatte sich verändert. Teilweise zeigten sich noch immer die alten Ambitionen keinen Schritt ohne Hohn zu machen, doch war auch das so weit abgeschwächt, dass es nicht mehr weh tat. Anstatt der Kälte in den blauen Augen konnte man darin nun etwas anderes sehen. Verzweiflung und Sehnsucht. Joey hatte in der Zeit gelernt, sich auf Intuition und Gefühl zu verlassen. Getrogen hatte es ihn bisher nicht. Auch als er durch den Türrahmen getreten war, hatten die Gefühle auf ihn eingeschlagen. Eine Mischung aus Zorn und Überraschung, in welche sich Freude, aber auch eine tiefe Einsamkeit gelegt hatten. Seto so zu sehen, war schmerzhaft genug gewesen. Mehr noch, dass dieser nie Anstalten machte mit ihm darüber zu sprechen. Sie waren Freunde geworden, doch kennen gelernt hatten sie sich deswegen dennoch nicht. Nicht einmal nach so langer Zeit des Zusammenlebens. Als er dann Seto noch in diesem Schurz gesehen hatte, der mehr blicken ließ, als das er verdeckte, waren seine Gedanken mit ihm durchgegangen. Nur kurz, für einen unbedeutenden Augenblick. Dennoch war es so geschehen. Und nun war es wohl noch immer so. Rasch räusperte er sich und wandte seinen Blick wieder auf Seto, welcher den Becher auf den kleinen Tisch ergriffen hatte und einen Schluck trank. Seine Frage war berechtigt gewesen. Noch nie hatte Joey den Älteren zu später Stunde aufgesucht. Eigentlich überhaupt noch nicht. Weder wirklich am Tage, noch in den Momenten, in welchen Rê schon in Nuts Schlund verschwunden war. Einen Augenblick lang schien es, als habe er selbst vergessen, weshalb seine Beine ihn her getragen hatten, bis ein wohl bekanntes Gefühl wieder seinen Lauf nahm. Unsicherer Stimme und mit zitternden Händen trat er einen Schritt auf den Anderen zu und blickte auf. Seto hatte den Becher abgestellt. Noch immer glänzte der Wein auf seinen Lippen, verhieß mehr, aber verbot gleichzeitig jede Annährung. Und um die ging es. Eine unbekannte Sehnsucht, welche ihm seit einigen Monaten gefangen hielt. Seit einem Jahr verweilten sie nun schon auf dieser Anlage und doch schienen sie sich nicht näher zu kennen, als zuvor. Es war anders und das wusste er. So sehr er auch versuchte den alten Kaiba herauf zu beschwören, hatte dieser Aushilfspriester nur noch wenig mit dem gemein, was er gekannt hatte. Sie hatten sich alle verändert. Selbst Yûgi, welcher nun erwachsener in Gestalt und nicht mehr so kindlich wirkte. Setos Haar war gewachsen, fiel nun in weichen, braunen Strähnen auf seine Schultern und rahmte so sein Gesicht auf vollkommene Weise ein. Die Stimme und die Augen waren noch immer die selben, doch sprachen sie nicht mehr so arrogant oder kalt, sondern nahmen wach am Geschehen teil und prägten es sich ein. Nur manchmal, wenn jemand nicht das tat, was er sollte, schien sein Innerstes noch einmal hervor zu brechen und sich Bahn zu schlagen. Dann konnte auch der Priester kräftig ausholen und zulangen. Nur verbal, aber es reichte um ihm einen gewissen Respekt abzuringen. Joey genoss die Tage, welche er Seitens Sêto und Yûgi verbringen konnte. Meist verbrachte er sie im ausladenden Garten oder in der Anlage selbst, las, zu seiner eigenen Überraschung, in den alten Schriften oder ließ sie sich von einen der Schreiber vortragen. Es war ein ruhiges Leben in Wärme und Geborgenheit und ohne es zu ahnen, hatte er sich besser eingelebt als er dachte. Langsam wandte er sein Gesicht dem Setos zu und lächelte knapp. "Ich weiß, dass ich ungelegen komme.." Abermals suchte er nach Worten, fand aber nur kleine Phrasen, welche einst einen Satz ergeben hatten, aber nun verschwunden schienen. "..doch wollte ich mit dir sprechen.. Über... Uns.." Da war es raus. Es hatte kein zurück mehr gegeben, so als hätte eine andere Stimme Seiner übernommen und für ihn gesprochen. Seto zog eine Augenbraue in einen feinen Bogen nach oben und blickte auf den Kleineren herab. "Du wolltest mit mir über uns sprechen? Wie kommt es?" Seto lachte leise auf, eine gewohnte Reaktion, von der er wusste, dass diese auf Unsicherheit beruhte. Joey ließ sich zurückfallen und nahm auf den Boden mit gekreuzten Beinen Platz. Sein Schurz rutschte etwas über die fein gebräunten Schenkel, ließ aber nichts blicken. Seto wandte sich erneut ab und goss Wein aus einem Krug nach, welcher gekühlt auf einem kleinen Tischchen am Lager des Priesters stand. Er nahm den Becher zur Hand, ließ die rote Flüssigkeit hineinrinnen und hielt ihn dann Joey entgegen. "Und nun noch einmal Klartext. Du bist doch sonst nicht um Worte verlegen. Warum nun?" Sein blauer Blick haftete auf den hellen Kopf von Joey. Dieser blickte langsam auf und zog eine Schnute. "Du kannst es nicht lassen, was? Ich dachte die Umgebung hier hätte vielleicht mal auf dich abgefärbt und dich etwas ruhiger und vor allem freundlicher werden lassen. Nein, falsch.. geht ja gar nicht!" Joey winkte mit einer harschen Bewegung ab, so als wollte er seine eigene Feststellung aus dem Raum verbannen. Dann aber ruhte seine Hand wieder in seinem Schoß. Seto blickte auf ihn herab, schüttelte den Kopf und ließ sich langsam auf den Rand seines Lagers nieder. "Was willst du wirklich, Wheeler. Du bist doch nicht hergekommen um mich von Neuem zu beleidigen, oder? Ich dachte aus dem Alter wären wir langsam mal heraus." Joey musste leise und unbeabsichtigt lachen, hob den Becher an und prostete in einer, fast spöttischen, Geste seinem Gegenüber zu. "Warum denn, wenn es doch so viel Spaß macht deine Augen zum Leuchten zu bringen, Seto." Ganz bewusst verwendete er den Vornamen des Anderen, so wie er nur zu Anfang getan hatte. Seit dem waren sie sich größtenteils nur in der Öffentlichkeit begegnet, in welcher man auf Takt und Anstand pochen musste. Seto beugte seinen Oberkörper nach vorn und stützte die Ellenbogen auf den Knie ab. Sein Blick hielt sich unverwandt auf der Gestalt am Boden, auf den blonden, langen Strähnen der Haare, welche ungeordnet vom Kopf abfielen und auf den Schatten, welche sie im feingeschnittenen Gesicht des Anderen warfen. Er war schön. Die ägyptische Sonne hatte seine Haut golden gefärbt und sein Haar verblassen lassen. Es passte zu ihm, zu dem, welcher nun auf den Boden wie ein Häufchen saß und sich seiner eigenen Gedanken nicht bewusst zu sein schien. Manchmal hob er die Hand an, trank einen kleinen Schluck und zog sie dann in gleichmütiger Pose wieder zurück. Seto ließ sich nach hinten fallen und schloss die Augen. Er war müde und sein Gegenüber kam einfach nicht zum Punkt. Leise seufzte er auf und rutschte etwas an der Wand herab. "Warum bist du hier, Joey. Doch nicht nur um meinen Wein zu trinken und die kühle des Bodens zu genießen." Er erwartete keine Antwort, wollte schon fortfahren, als ein Rascheln ihn aufhorchen ließ. Joey hatte sich erhoben, und den Becher auf den Fliesenboden abgestellt. Schatten tanzten auf seinen Schultern, die Lampe zischte abermals leise auf. Doch bewegte er sich sicher und galant, während er sich vollends aufwandte und langsamen Schrittes auf das Lager Setos zutrat. Dieser blickte aus halben Auge zu ihm auf, wartete fast was geschehen würde und merkte dann nur, wie die Liege unter einem weiteren Gewicht nachgab. Joey hatte sich neben Seto sinken lassen und blickte diesen nun unverwandt an. "Seto, ich ... ich wollte eigentlich nur wissen, ob du weißt wie es ist einen ... einen Menschen zu vermissen ... Dich nach diesem zu sehnen und ..." Seine Stimme war mit jeden Wort immer leiser geworden, bis sie letzten Endes vollends verebbte. Joey starrte auf seine Finger herab, spielte mit ihnen und betrachtete den flackernden Schein der Lampe darauf. Ihm schienen die Worte zu fehlen, welche er sagen wollte, waren sie doch trotz allem gefangen in sich selbst. Joey zog dem Atem ein, wollte schon fortfahren, als etwas Seiner davon abhielt. Seto hatte eine Hand erhoben und nun lag ein Zeigefinger in sanfter Berührung da und ließ ihn inne halten. Sein Kopf wandte sich zu Seto um, welcher ein Lächeln auf den Lippen trug und ruhig abwartete. "Du brauchst nichts zu sagen. Ich weiß was du meinst." Joey blickte ruhig auf, als Seto sich etwas aufrichtete und seinen Blick auf die Malereien auf der Wand warf. Seine Augen blickten sehnsüchtig auf die gezeichneten Szenen, ohne jedoch sie wirklich wahrzunehmen. Nichts schien in diesem Moment wichtig zu sein, nur die Stille, welche sich um beide herum aufwandte und die Herzen ruhen ließ. Langsam senkte sich Setos Hand, wollte schon auf den Polstern zu liegen kommen, als Joey diese mit seinen eigenen Fingern umschlang und festhielt. "Du weißt genau was ich meine.. Du weißt es wirklich ganz genau, Seto" Traurigen Blickes sah er auf die schlanke Hand herab, ließ seine Fingerspitzen über die weiche Haut gleiten, schien aber selbst nichts von seinem Unternehmen zu wissen. Seto blickte auf, wollte seine Hand schon entziehen, als Joey diese noch fester griff und in seiner Bewegung inne hielt. "Wie ist es einen Menschen nahe zu sein, jedoch nicht sagen zu können, ob man in dessen Gegenwart weinen, oder schreien soll, ob man bei noch so kleinen Gesten in die Luft gehen oder einfach nur abwarten soll ... Wie ist es ... Wie kann es einen solchen Menschen geben ..." Langsam entspannten sich die verkrampften Muskeln im Körper des Jüngeren und gaben Setos Finger frei. Sein Blick jedoch ruhte weiter auf seinen Schoß, in welcher noch immer schlaff, fast leblos, seine Hand ruhte. "... wie ist es ..." Seto blickte auf. Als Joey angefangen hatte zu sprechen, hatte er zu Boden gesehen und sich die Worte verinnerlicht. Seine blauen Augen hatten auf das Polster gestarrt, seine Sinne hatten die zaghafte, aber dennoch sanfte Berührung zugelassen. Warum, das konnte sogar er nicht sagen. Langsam richtete sich sein Blick auf, wollte sich schon vollends abwenden, als er etwas im Schein der kleinen Fackel leuchten sah. Eine Träne hatte sich aus den Augenwinkel des Anderen gelöst und schimmerte nun sanft auf der Wange Joeys. Ein Zeugnis von Fragen und nicht erwähnten Antworten. Ein Buch, welches sonst so geschlossen auf dem Tisch lag, ungewagt es zu öffnen. Seto hob seine freigewordene Hand weiter nach oben und strich sacht über die feuchte Tränenspur des Jüngeren. Joey blickte auf. Sein Blick suchte den seines Gegenüber. Selbst nachdem Seto die Hand hatte wieder sinken lassen, spürte er noch immer die sanfte Wärme auf seiner Haut. Langsam ließ er seinen Kopf wieder sinken, erhob eine eigene und strich sich über die noch immer feuchte Wange. Es brauchte kein Ton gesagt werden, selbst nicht, als Seto abermals seine Hand erhob und sie sanft unter des Kinn des blonden legte. Mit einer raschen, aber vorsichtigen Bewegung, drehte er es zu sich und blickte Joey in das Gesicht. "Ist deine Sehnsucht so groß, dass sich selbst Tränen Deiner lösen?" Seine Stimme war sanft, während er sprach und Joey konnte spüren wie ernst die Worte waren, welche dahinter steckten. Langsam nickte er, wollte schon etwas erwidern, als ein Finger sich nach oben stahl und erneut die Lippen verschloss. Seine Augen ruhten auf Seto, blickten wie in Zeitlupe wie dieser sich etwas weiter aufsetzte und seinem Gesicht etwas näher kam. "Niemand sollte weinen.", erklang eine leise Stimme, gefährlich nahe bei seinem Ohr. "Niemand sollte weinen und sich seinen Sehnsüchten verschließen, Joey. Umso stärker werden sie, bis irgendwann einmal der eigene Geist sie nicht mehr zu tragen vermag." Die Stimme verebbte, ließ eine Stille zurück, welche angenehm und drückend zugleich schien. Seto berührte mit seinen eigenen Lippen sacht beim Sprechen das Ohr Joeys, hauchte die Worte hinein, als wolle er so erreichen, das dieser sie auch wirklich vernahm. Die Finger, welche das Kinn sanft umschlossen hielten, sanken herab, kamen auf dem Lager zum liegen und hielten inne, jedoch nicht die sanfte Stimme, welche im Inneren des jungen Mannes nachhallte. ... Sich niemals seinen Sehnsüchten verschließen, sprach es immer wieder, fortwährend, so lange bis auch Joey langsam dämmerte was gemeint war. Ein gut gemeinter Rat, fast wie eine Herausforderung gesprochen. Joey wandte seinen Blick Seto zu, spürte, wie seine Lippen bei der raschen Bewegung über seine Haut glitten und eine flammende Spur hinterließen. Eine Spur, welche gefährlich nahe an seinem Munde vorbeiführte und fast auf der anderen Wange zum liegen kam. Seto zog sich etwas, fast unmerklich zurück, heilt inne und blickte seinem Gegenüber in die Bernsteinfarbenen Augen. Niemand sollte weinen, nicht aus einem unreinen Gefühl heraus, aus einer Sehnsucht, von welcher man noch nicht einmal wusste, was es für eine war. Aus Zuneigung zu einem Menschen, oder aus Treue zu einem geliebten Land. Seto schloss die Augen, legte den Kopf etwas schief und wagte sich nach vorn. Seine Lippen streiften abermals über die weiche Haut, ließen sie entflammen und löschten sie doch gleichzeitig mit einem angenehmen Kribbeln. Joey war hin und her gerissen. War dies nicht sein Verlangen? Ein verborgener Wunsch, welchen er schon lange hegte? Ein Wunsch, welcher sich nur noch verstärkt hatte, solange bis er schmerzte? War dies die Sehnsucht? Seto blickte auf, wollte sich schon abwenden, als er sah, wie Joey bei seiner Berührung die Augen schloss. Auch sein Denken hatte sich schon lange gewandelt. Es wandelte nun auf Pfaden des Unwissens und des Versteckens, verborgen in den tiefen eines eiskalten Herzens. Langsam streckten sich seine Glieder. Sanft erhob sich erneut eine Hand, führte zu dem Gesicht hin, welches Seiner so nahe und doch weiter entfernt denn je schien. Suchende Lippen, welche erneut die weiche Haut liebkosten, verborgen im Dunkel eines längst vergessenen Traumes. Sanft fuhr er mit seinen Lippen weiter nach oben, kostete erst die Haut, auf welcher die Tränen getrocknet waren, ehe sie sich eine Spur bahnten und wie ein Windhauch über die des Anderen strichen. Joey hielt inne, schloss die Augen und ließ seine Sehnsucht auf ihn zurennen. Er hieß sie mit einem Male willkommen, gewahr ihr Eintritt und lud sie ein. Selbst als sich der Wunsch wie einen Traum verwandelte und in der Berührung vollkommen aufging. Joey spürte Setos Lippen, wie sie erst kosteten, dann neckten und sich schließlich auf seinen eigenen niederließen. Er öffnete sie etwas, wollte den Anderen Willkommen heißen und sich Seiner annehmen. Er wollte sie spüren, wollte die Wärme in seinen Herzen und auf seinen Körper wissen. Die Wärme, die er so lange gesucht hatte. -Wollte vollends im Kuss des Drachen verschmelzen.- Seto öffnete seinen Mund etwas. Seine Zunge stahl sich hervor, strich über die sanften Wölbungen der Mundwinkel, bis sie sich durch die Lippen in das Dunkel stahlen, welches ihm geboten wurde. Vollkommenheit, eine unbekannte Süße und das Feuer eines ungewissen Verlangens wollten sich Bahn brechen, als auf einmal die Tür aufgerissen wurde und Yûgi keuchend im Raum stand und nach Luft schnappte. +++ Rias schritt klopfenden Herzens in den Saal ein. Seine Augen blickten fest, auch wenn niemand seine schweißnassen Hände bemerken konnte. Er hatte seine Wahl getroffen, hatte den Weg gewählt, welchen sein Herz gehen wollte. Seine tiefe Verbundenheit zu dem königlichen Hause und seinen Gott, hatten Seiner geleitet und zu einen Punkt geführt, welcher auch bei näherer Betrachtung der vollkommen richtige schien. Menschen blickten ihn an, sahen von ihren Tätigkeiten, welche fast nichts anderes waren, als einfaches trinken und tratschen, auf und dann zu der kleinen Estrade, auf welcher der Pharao saß und den Becher an die, mit Henna gefärbten Lippen, hob. Fast wie zum Gruße erhob er diesen kurz und ein unmerkliches Lächeln strich über seine Lippen. Das gab Rias Mut auch den Rest der Entfernung zu überwinden und Seiner Majestät zu huldigen. Kurze Zeit später blieb er vor der Estrade stehen, machte seinen Fußfall und presste die Stirn zu Füßen des Pharao. Auch die anderen anwesenden Priester hatten sich verbeugt und hielten in ihrer Position inne. Einer festlicher und schöner gekleidet als der Nächste. Seto blickte aus kohlumrandeten Augen verstohlen zu dem Neuankömmling, sein Meister Mahaado hatte in stummer Erwartung das Haupt vollends gesenkt und auch die anderen verharrten in ehrerbietiger Pose. Atemu stand langsam auf. Sofort warfen sich auch die anderen Gäste zu Boden und huldigten Seiner mit einer tiefen Verbeugung. Hofbeamte, Schreiber, Herolde und auch Fürsten von umliegenden Normarchen, zeigten ihre Treue und Zuneigung. Atemu erhob einen Arm und die Menschen richteten sich abermals wieder auf. Alle Augen ruhten auf den jungen Mann vor der Estrade. Rias lag noch immer auf den Knien, presste sein Gesicht weiter in den Staub hinein und wartete darauf, das er ein Zeichen bekam. Mahaado hatte ihm zuvor erklärt, dass er bei seiner Weihe erst reagieren dürfe, wenn der Einzig-Eine es wolle und befahl. So blieb er hocken. Schweiß ließ ihm über die Wangen, hinterließ einen feuchten Fleck auf den schönen Fliesen und wollten das sorgsam aufgetragene Kohell verwischen, doch noch immer schien die Erlösung fern. Erst nach schier unendlich wirkenden Momenten trat der Pharao strengen Blickes einen Schritt nach vorn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Erhebe dich, Priesteranwärter und Freund des Pharaos!" Langsam richtete sich Rias auf. Sein Blick suchte den seines Herrn, doch schnell senkte er wieder die Lieder, als er von Mahaado eine warnende Handbewegung empfing. Dies hier war eine andere Welt als jene, welche er noch aus seiner Kindheit und der kurzen Zeit mit seinen Freund kannte. Überhaupt schien sich dieser gewandelt zu haben, hatte seinen fröhlichen Ausdruck aufgeben und ihn gegen den herrschenden eines Pharao eingetauscht. Atemu trat einen Schritt zurück. Er erhob beide Hände in die Höhe, wandte sein Haupt dem hellen Licht, welches gleichmäßig von den Fackeln ausströmte zu und hielt einen Moment inne. Den Anwesenden stockte der Atem, manche krallten sich fest, andere tuschelten leise. Es war als wollte der Einzig-Eine zu dem Gott selbst sprechen, und nicht wie gewohnt durch den Propheten des Tempels. Rias schloss die Augen. Er konnte dessen Anwesenheit spüren, eine tiefe, warme Energie, welche sich in ihm ausbreitete. Atemu ließ seine Arme wieder sinken, lächelte verdrießlich und wandte sich dann um. "Priesterin Isis, erster Prophet Amun-Rês, tretet nach vorn und verkündet die Botschaft des Gottes!" Sofort erhob sich die junge Frau, welche vollkommen im weißen Gewand gekleidet war und strebte auf den Pharao zu. Ihr dunkles Haar, war unter einem Tuch verborgen, welches von einem schmalen, goldenen Reif gehalten wurde, welche ihre Göttin und Schutzmacht- die schöne Isis- zeigte. Über ihre feingeschwungenen Lippen, wandte sich ein Lächeln, als sie stehen blieb und dann auf den Boden blickte. Schöne, ausdrucksstarke braune Augen, blickten kurz auf die Menschen, sanken dann aber wieder in ihre wartende Position. Sie deutete eine tiefe Verbeugung an und reckte dann, wie zuvor auch ihr Herrscher, den Kopf zu dem hohen Dach empor. "Höret Euren Gott, den Einzig-Einen unter dem Himmelszelt Kêmets! Lasset mich die Nachricht verkünden! Ein Jüngling, geformt von einem Fellachen, geboren unter dem Siegel der Sonne, soll den Namen Riasamûn tragen, soll seinen Gott ehren und lieben, soll ihm dienen und Seiner huldigen und den Einzig-Einen schützen! Ich habe gesprochen." Damit verstummte die klare Stimme der jungen Frau. Abermals verbeugte sie sich rasch und trat wieder auf ihren Platz an den Seiten der Estrade zurück. "Nun, Priester, habt Ihr die Stimme Eures Gottes vernommen. Ich kenne Euer Talent und auch Euren innerlichen Wunsch nicht, wie sonst üblich, im Tempel Dienst zu leisten, sondern bei Eurem Meister, dem Priester Mahaado zu Händen zu sein. So sei es. Zudem ernenne ich Euch zu dem Befehlshaber der Getreuen! Hiermit heiße ich Euch, Priester Riasamûn im göttlichen Palast willkommen. Möge Euer Leben lang sein und Eure Sohlen festen Tritt finden." Riasamûn blickte auf. Er versuchte in der nun herrschenden Stille einen Hauch des eben noch göttlichen zu vernehmen, doch schien es, als wolle sich dieser wirklich nur mit seinen Propheten und Herrschern unterhalten. Er konnte gerade noch sehen, wie Atemu wieder auf die Estrade zurückging und wollte sich schon aufrichten, als Mahaado erneut einen abbittenden Blick Seiner sendete und ihn innehalten ließ. Noch war es nicht vorbei. Auch wenn sein Meister ihm zuvor alles genau erklärt hatte, wollte sein Hirn dieses Wissen in diesem Moment nicht finden. Getreuen.. Befehlshaber. Noch konnte er selbst nichts damit anfangen, doch als er sich einen ruhigen Moment nahm und genau nachdachte, kam ihn der Sinn seiner neuen Aufgabe in die Gedanken. Rasch blickte er auf, wollte schon einen überraschten Laut ausstoßen, als er einen sich einen Schatten bewegen sah. Schnell senkte er erneut sein Haupt, ignorierte die inzwischen merklich abgekühlte Luft und schloss die Augen. Noch immer beherrschte Stille den Raum, breitete sich aus, und floss wie warmer Honig dahin. Nur die leichten Schritte des Einzig-Einen, als dieser wieder zum Rand der Erhöhung trat, war zu hören. Kühles Metall senkte sich auf seine Haut und sein Kinn wurde angehoben. Atemu lächelte ihm entgegen, zeigte sich in vollkommener Schönheit. Leuchtende amethystene Augen, feine braune Haut und ein unmerkliches Lächeln, welches ebenso Stolz wie Freunde ausdrückte auf den Lippen. Er war schön, sehr schön. Ebenmässig, wie auch die Bildnisse Seiner waren. Langlebig und stark wie der Fluss Hapi und golden wie die Scheibe des Rê, welche sich über das Land senkte. Langsam erhob Riasamun sich, streckte unsichtbar für die Anderen, seine angespannten Glieder und lächelte. Auf seiner Brust glänzte ein Amulett, welches zeigte was sein Zeichen sein sollte. Ein goldenes Kunstwerk, geschmiedet von den Priestern des Tempels und von Amuns Gold erschaffen. Ein Cheprekäfer, welcher nicht nur Herr der Sonne war, sondern nun auch sein ganz eigenes Licht bedeuten sollte. Sein Licht unter den strahlenden Fängen Rês. Atemu lächelte, blickte zu der hohen, reich verzierten Decke und sah auf den kleinen Lichtstrahl, welcher kurz, fast unsichtbar aufleuchtete und dann wieder verblasste. Ein Lächeln glitt über seine Lippen. "Ein neuer Weg wird in diesem Moment beschritten! Ein Licht, welches in Euch wächst, wird zu einem der mächtigsten im Reiche erstrahlen und die Finsternis mit sich reißen!" Atemu blickte auf ihn herab. Riasamûn hatte sich etwas erhoben und erwiderte das sengende Feuer in den Augen seines Herrn. Leuchtende Amethyste strahlten herab, drangen in die Smaragte ein, welche ihnen begegneten. Er richtete sich wieder auf und zeigte dann auf die Dienerschaften. Rasch wandten sich die Männer und Frauen in eine lange Reihe, die abwartend auf den Anfang der Arbeit warteten. Auch sie waren gefangen gewesen, in dem Zauber des Einen, in dem Zauber des Geschaffenen- Im Leben des Landes Kêmets. "Und nun feiert!" Ein Raunen ging durch den Saal, als sich alle Anwesenden aus ihrer verzauberten Erstarrung lösten und langsam verstanden was soeben geschehen war. Eine Neuerung, welche in einem solchen Ausmaße noch nie so dar gewesen war. Riasamun rührte sich, stemmte sich vom Boden auf und blickte auf die Menschen herab, welche sich dräuten und begannen schwatzend den Saal zu verlassen. Nun hatte er es geschafft. Nicht nur, dass er in den Stand eines Priesters erhoben worden war, sondern auch, dass er die Freundschaft des Einzig-Einen inne hielt, fest in seinen Händen vergraben. Sein Blick folgte der Traube von Menschen, blickte auf sie herab, während sie sich an den herumeilenden Dienern vorbeidrängten und sich langsam im Speisesaal einfanden. Auch Pharao war von der Estrade gestiegen. Sofort umringten ihn seine Getreuen, welche abgestellt worden waren und begleiteten Seiner. Fünfzehn Soldaten aus dem königlichen Heer, welche nur dazu da waren sein Leben zu geben, damit dem Pharao nichts geschah. Und er sollte sie befehligen. Eine vertrauensvolle Aufgabe, welche nur an wirklich verlässliche Menschen gegeben wurde. Fast so, als wolle Atemu damit seine Freundschaft beweisen, so als wäre damit diese wieder belebt worden. Atemu machte eine harsche Handbewegung, sprach ein paar Worte, welche Riasamun nicht verstand und fand sich dann allein auf seinen Weg in den Saal wieder. Die Männer, allesamt gut trainiert in Waffenkunst und Nahekampf, trabten über die Fliesen, so dass die Gurte, welche ihre Waffen hielten, leise knarrten. Sie sahen sich um, erblickten Riasamun und traten langsam auf den jungen Mann zu. Sofort verneigten sie sich, knieten nieder und warteten auf einen Befehl ihres neuen Vorgesetzten. Karim, welcher noch immer auf der Estrade weilte, blickte Misstrauisch auf das Geschehen herab. Er kannte Riasamûn. Er war fähig, doch war er es auch wert die Getreuen des Königs anzuleiten? Sie richtig auszuwählen und so seine Aufgabe vollends zu übernehmen? Zuvor war er es gewesen, welcher für das Wohl des Einzig-Einen sorgen musste. Pflichtgetreu und klugen Herzens wählte er Männer aus dem Heer aus, welche vertrauenswürdig schienen und die Aufgabe gern erfüllen wollten den Pharao überall hin zu geleiten. Er kannte sie. Er kannte ihre Namen und Geschichten und war deswegen unangenehm überrascht gewesen, als Atemu eines Abends auf ihn zugetreten war und ihn fragte, ob er den Oberbefehl abtreten würde. Er wolle so seinem Freund zeigen, dass er ihm vertraue und bedingungslos in dessen Hände geben würde. Karim hatte eingestimmt, auch wenn ihm unwohl dabei gewesen war. Zu aller erst war es nicht seine Pflicht die Posten zu benennen. Das alles lag allein in den Händen seines Herrn. Und doch. Es war nicht nur die Aufgabe, welche er vermissen würde, sondern auch die Innigkeit, welche die Männer der Truppe mit ihm einhergebracht hatten. Als er später auf diese zugetreten war, hatten seine Worte ein leises Murren begleitet, auch wenn sich letztlich alle mit ihrem Schicksal abgefunden hatten. Aber ob sie das auch auf längere Frist machen würde, war dennoch fraglich. Irgendwann, wenn Riasamûn sich nicht anstrengte, würde seine Leute gegen ihn antreten. Dann wäre alles vorbei. Alle miteinander starke Kämpfer, könnten dann nicht nur Riasamûn sondern auch den Pharao den gar aus machen. Dagegen würde dann der Priester nichts mehr machen können. Er konnte nur hoffen, dass es gut ging, auch wenn ihm sein Gefühl etwas anderes sagen wollte. Langsam wandte Karim seinen Blick von den Getreuen ab, welche sich nun erhoben und den raschen Wink Riasamûns folgten. Er würde es auf irgendeine Weise schaffen. Auf irgendeine unbeholfene Art Seiner, darauf musste er vertrauen. Mahaado hatte sich nach den letzten Worten Atemus erhoben. Langsam trat er selbst von der Estrade herunter und streckte seine verspannten Glieder. Er war überrascht gewesen, wie einfach alles vonstatten gegangen war. Ohne das sich Riasamûn mit einer ungeschickten Bewegung blamiert hatte oder von seinem Weg abgekommen war. Seine Gefühle schwankten zwischen Stolz und Trauer. Innere Verzweiflung wollte mit jedem Atemzug neu in ihm aufkeimen. Immer weiter drängte er sie zurück. Es war vorbei. Rias war nicht mehr sein Schüler, sondern ein eigenständiger Mann, der nun seine eigenen Wege gehen musste, wohin ihm diese auch trugen. Mahaado war sich sicher, dass er es gut meistern würde, doch entglitt er mit einem jedem Atemzug mehr seinen Händen. Wie auf ein Zeichen hin, erhob er diese und blickte aus geweiteten Augen auf diese herab. Fein gebräunte Hände mit leicht helleren Handflächen, zeigten sich vor ihm auf. Lange Finger, welche greifen konnten, welche zuschlagen, aber auch streicheln konnten. Ein Wunderwerk des menschlichen Körpers. Mahaado ließ seine Arme sinken und blickte auf die Menge der Menschen, welche sich nun wild schwatzend im gesamten Saale verteilt hatte. Frauen hockten bei ihresgleichen, tranken und aßen die duftenden Speisen, welche im Sekundentakt aufgetragen wurden. Er selbst verspürte keinen Hunger. Nicht einmal einen Anflug davon. Anders noch drehte sich sein Magen, wenn er nur daran dachte, was nun nicht mehr in seinen Händen liegen sollte. Ehemals ein Junge aus einem weit entfernten Dorfe, nun mehr aber ein ehrenhafter Priester, welcher innerhalb eines Jahres ein ganzes Leben kennen gelernt hatte. Rasch wandte er seinen Blick ab, konnte gerade noch erhaschen, wie Riasamûn mit den Getreuen redete und ihnen klar und knapp einen Befehl gab. Das war etwas gewesen, mit dem er nicht gerechnet hatte. Dass der Pharao einen jungen, unerfahrenen Priester eine solche Aufgabe zu teil werden lassen wollte. Unvernünftig war das nicht, dennoch aber auch nicht klug. Sein Blick schwankte weiter, blieb an Karim hängen, welcher ebenso entgeistert wie er selbst schien. Die Zeit würde weiter zeigen was geschah, wäre da nicht das Gefühl dunkler Macht gewesen, welches wie eine finstere Aura über dem Saal schwebte. Der Abend wurde reich begossen. Atemu hatte auftragen lassen, was die Reichlichkeiten seiner Küche preisgaben. Diener eilten zwischen den Reihen umher, trugen auf, gossen Wein nach und halfen den Tänzern und Musikanten den Weg zu finden ohne dabei umzukippen. Haushofmeister in deren langen Gewändern, huschten durch die Reihen, wie auch kuschiitische Dienerschaften, welche Blumen streuten und Dochte kürzten. Die Menschen amüsierten sich und selbst als der Pharao sich zur Ruhe begab, wollten die Dämonen kein Ende nehmen. Das Rad des Schicksals hatte erst begonnen sich zu drehen- Die Welt hatte sich weiterbewegt. TBC Wieso braucht die nur immer so lange, bis mal ein neues Chapter kommt?! Ist es das, was ihr gerade denkt? Schuldig... Ich erkenne mich schuldig.. Was soll ich groß dazu sagen? In meinem Leben geht es momentan so drunter und drüber, dass ich beim besten Willen nicht dazu komme, nochmals über die eigenen Chapter beta zu lesen.. Ein Muss aber, bei meinen Fehlern, die ich tagtäglich in die Tastatur hämmere! *lol* Sollte sich jemand freiwillig dazu bereit erklären, mir diese undankbare Arbeit abzunehmen, ist er gern willkommen. Zahlen kann ich nichts, nur geht dann das Veröffentlichen mal schneller..XD Also, wer sich gerne dieser Aufgabe stellen will, kann sich gern bei mir melden! Ansonsten geht's hoffentlich bald weiter, wenn ich mich durch das nächste Kapitel gewühlt habe. Bis dann! Sage Gott meinen Dank. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)