Demon Slayer One-Shots von FlameHashira ================================================================================ Kapitel 8: Zimtgeruch [Kyojuro x Tanjiro] ----------------------------------------- Heimlichtuerisch wagte Tanjiro einen Blick um die Ecke, während er ein Päckchen an sich drückte und schon jetzt Schnappatmung bekam. Mit einem kleinen – vielleicht verliebten – Lächeln beobachtete er zwei Schülerinnen. Auch sie hielten jeweils ein Päckchen in ihren Händen und waren dabei, an ihre auserwählte Person weiterzugeben.   Leider handelte es sich dabei auch um eben jene Person, welche auch Tanjiro für sich auserwählt hatte.   Verwunderlich war es nicht, dass auch Schüler sich dazu entschlossen, dieser Person ein Geschenk zu geben. Kyojuro Rengoku war unter den Schülern äußerst beliebt. Als Lehrer, welcher stets ein offenes Ohr für alle hatte und mit seiner Motivation im Nu dafür sorgte, dass sich die Blicke auf ihn richteten, war er durchaus etwas Besonderes. Schon zu seiner eigenen Schulzeit hatte Tanjiro dies miterlebt, damals hatte Kyojuro als Referendar angefangen zu unterrichten und trotz seiner Unerfahrenheit, hatte er die Herzen aller sehr schnell erreicht. Auch Tanjiro war äußerst beeindruckt gewesen. Schon damals hatte er eine etwas andere Beziehung zu Kyojuro aufgebaut.   Es hatte etwas Familiäres an sich, wann immer er mit ihm gesprochen hatte.   Tanjiro hatte auch gelernt, dass hinter Kyojuro mehr steckte als sein sonniges Gemüt, strahlendes Lächeln und Motivationsreden, die er allzu gerne schwang. Auch ernste Gespräche zu führen stellte kein Problem dar, selbst wenn man mit vermeintlich kleineren Problemen auftauchte, wurde man stets ernst genommen. Wenn Kyojuro jemanden ansah, dann fühlte man sich wie die wichtigste Person auf dem Planeten – wie die einzige Person, deren Worte gerade Aufmerksamkeit verdienten.   Er hatte mit Kyojuro über alles gesprochen. Über seine erste Verliebtheit, über seine Angst, dass Nezuko etwas zustoßen könnte und später auch über die Krankheit seines Vaters. Alle Themen, die Tanjiro niemals leicht gefallen waren, anzusprechen, aber gegenüber seinem damaligen Lehrer hatte es sich nicht so beschämend angefühlt. Manchmal bekam er gute Ratschläge oder weise Worte, und andere Male bekam er einfach nur ein wenig Trost und ein offenes Ohr.   Vermutlich hatte er damals schon angefangen, für seinen Lehrer zu schwärmen, so wie einige andere Schüler auch – etwas, das bis heute anzuhalten schien, wenn man bedachte, wie Kyojuro auch jetzt noch Geschenke bekam. Tanjiro hatte seinem Lehrer meistens etwas Gebackenes von der Bäckerei seiner Familie mitgebracht und dadurch das strahlendste Lächeln bekommen, was man jemals hätte sehen können. Die Bäckerei seiner Familie war eigentlich der Ort gewesen, an welchen er sich selbst gesehen hatte. Immerhin war er der älteste Sohn und sollte damit die Tradition anführen.   Doch nach einem ernsten Gespräch mit Kyojuro und einem noch ernsteren Gespräch mit seinen Eltern, war er hier geendet.   Natürlich hatte er sich bei dieser Wahl inspirieren lassen. Kyojuro hatte ihn auf eine Weise beeindruckt und emotional getroffen, dass er ihm unbedingt nacheifern wollte und sich ebenfalls für das Lehramt entschieden hatte. Wann immer er jedoch Zeit hatte, half er weiterhin in der Bäckerei aus.   Er sog die Luft scharf ein, als er nun endlich bemerkte, wie die zwei Schülerinnen sich von Kyojuro verabschiedeten. Das war seine Chance, dabei hatte er noch gar nicht darüber nachgedacht, wie er das angehen sollte!   „Kamado!“   Tanjiro sprang fast schon in die Luft, als sein Nachname so laut ausgesprochen wurde: „W-w-was?“, fiepste er und drehte sich prompt um. Nur um daraufhin Tomioka-sensei zu sehen.   „Die Ohrringe! Wie oft muss ich es dir dennoch sagen?“   „Aber Tomioka-sensei!“, Tanjiro war kurz davor zu jammern. „Ich arbeite doch mittlerweile hier.“   „Gleiche Regeln für alle, Kamado-kun!“   Es war seltsam, seine Lehrer nicht mehr als seine Lehrer anzusehen. Das Studium dauerte nicht lange genug, um dieses Verhältnis zu vergessen, vor allem bei Lehrern wie Tomioka-sensei oder auch Kyojuro. Wie sollte man sie vergessen?   „Aber sie haben einen emotionalen Wert für mich“, versuchte Tanjiro – wie damals auch schon – zu begründen.   „Das hat meine Pfeife auch!“   „Aber- Du darfst deine Pfeife tragen …?“   „Ja, weil es kein Verbot gegen sie gibt und ich Sport unterrichte.“   „Tomioka-sensei, komm schon“, seufzte Tanjiro ein wenig.   „Tomioka! Kamado!“   Dieses Mal machte Tanjiro wirklich einen Hüpfer in die Luft, ehe er sich etwas drehte und nun Kyojuro erkannte, welcher wohl zu ihnen gekommen war. Mit Giyuu zu diskutieren war selten etwas, das geheim blieb …   „R-rengoku-sensei!“, fiepste Tanjiro ein wenig.   Nervös versuchte er, das Päckchen in seinen Händen zu verbergen – obwohl er fast schon sicher war, dass die gierigen Augen seines ehemaligen Lehrers darauf klebten.   „Ich bin doch nicht mehr dein Lehrer Kamado, du musst mich also nicht mehr so ansprechen!“ Kyojuro hatte immer eine sehr laute Stimme und er trug im Normalfall auch stets ein Strahlen im Gesicht, welches jede Regenwolke verziehen lassen konnte. Tanjiro spürte direkt wieder, wie sein Herz Hüpfer machte und fast schon anfing zu singen. Er versuchte Ruhe zu bewahren, aber mit seinem fröhlichen Herzen war es nicht sonderlich einfach … „Worüber habt ihr gesprochen?“, fragte Kyojuro indessen einfach nach.   „Er trägt nach wie vor seine Ohrringe!“, meinte Giyuu sofort empört, als würde Tanjiro ihn damit persönlich beleidigen wollen.   „Aber ich arbeite doch jetzt hier und die Ohrringe haben einen emotionalen Wert für mich“, versuchte Tanjiro wie die hunderte Male zuvor zu argumentieren.   Giyuu's zorniger Blick war im Grunde Antwort genug, aber Kyojuro mischte sich prompt ein. Lachend legte dieser einen Arm um den Sportlehrer, dessen Zorn zumindest ein wenig abzuflachen schien, während er die Augen verdrehte.   „Komm schon, Tomioka! Willst du mich nun etwa auch dazu verdonnern, mein Haar zu färben?“, sprach Kyojuro einfach an. „Ich empfinde es als großartig, unseren Schülern und auch Kollegen mehr Freiheit zu lassen! Sie können sich damit von anderen hervorheben und ihre Interessen und Vorlieben zeigen, ohne dass es zu auffällig sein muss!“   „Es gibt Regeln und an die müssen wir uns halten“, warf Giyuu natürlich stur ein. „Und du kannst dich glücklich schätzen, dass ich deine Haare nicht kritisiere.“   „Oh, also magst du mich“, grinste Kyojuro.   „Vergiss es – färbe sofort dein Haar!“   Kyojuro lachte nur auf und tätschelte Giyuu's Kopf, wie er es auch gerne mal bei seinen Schülern tat.   „Gehen wir zusammen Mittag essen, Kamado?“   Tanjiro stand sofort kerzengerade da, als er zusätzlich nickte: „Ja! Natürlich Rengoku-sensei!“   Kyojuro ließ von Giyuu ab, um stattdessen an Tanjiro's Seite zu treten, damit sie zur Mensa gehen konnten. Auch wenn sie genauso gut im Lehrerzimmer sitzen und essen konnten, war Kyojuro einer der wenigen Lehrer, die auch gerne mal in der Mensa speisten – auch, um seinen Schülern noch mehr Chancen zu geben, zu ihm zusprechen. Das war etwas, was Tanjiro ebenfalls stets imponiert hatte …   „Hey! Ignoriert mich nicht!“   Tanjiro warf seinem ehemaligen Sportlehrer ein entschuldigendes Lächeln über die Schulter zu, aber gerade war das gemeinsame Mittagessen mit Kyojuro wichtiger als eine Diskussion mit Giyuu.   Die Mensa war natürlich bereits gut gefüllt, die Pause ging schon einige Minuten. Dies bedeutete jedoch auch, dass sie nicht lange anstehen mussten, um sich ihr Essen zu besorgen. Eigentlich hatte Tanjiro immer etwas dabei, damit er sich hier nichts holen musste, aber hin und wieder genehmigte er sich auch etwas Mensa-Essen. Auch wenn dieses sicherlich nicht so lecker war, wie das, was er selbst kochte.     „Ich frage mich, ob Tomioka dich sein restliches Leben verfolgen will, bis du die Ohrringe mal herausnimmst“, meinte Kyojuro amüsiert, während er sein Tablett in den Händen hielt und auf ihn wartete.   „Ich hätte wohl an einer anderen Schule anfangen sollen“, merkte Tanjiro verlegen an.   Aber für ihn war immer schon klar gewesen, dass er an seine alte Schule zurückkehren würde. Immerhin unterrichtete Kyojuro hier, er war ein Vorbild für ihn und das bis heute noch. Vielleicht hob er Kyojuro etwas zu sehr in den Himmel – aber war das nicht normal, wenn man jemanden vor sich hatte, der wie ein Idol wirkte? Und er nie einen Grund gegeben hatte, dies nicht zu tun?   „Was trägst du da eigentlich die ganze Zeit mit dir herum?“   „Huh?“   Aus seinen Gedanken gerissen, blinzelte Tanjiro. Er hatte nicht einmal bemerkt, wie sie sich an einen freien Tisch gesetzt hatten, manchmal verlor er sich zu sehr.   „Oh- also …“, verlegen sah er zu dem Päckchen herunter, welches er irgendwie geschafft hatte, die ganze Zeit an sich zu drücken.   Ob Kyojuro sein Tablett getragen hatte? Er traute es dem Geschichtslehrer wirklich zu!   Zumindest für den Moment entkam er einer Antwort, denn wie es so oft war, traten ein paar Schülerinnen an ihren Tisch. Tanjiro war es gewohnt, dass sie selten Ruhe in der Mensa hatten, zumindest nicht durchgängig. Kyojuro gab jedoch auch keinen Anlass dazu, sich nicht nähern zu wollen.   „Uhm … Rengoku-sensei?“   „Oh!“, machte Kyojuro sofort und wandte seine Aufmerksamkeit den beiden Mädchen zu, die an ihrem Tisch standen. „Hallo Suzuki-kun und Itou-kun! Ist alles in Ordnung?“   Tnajiro versuchte natürlich selbst wieder etwas ruhiger zu werden, aber dass die jungen Mädchen ebenfalls mit ihrer Nervosität zu tun hatten, war da wirklich nicht hilfreich.   „Also … wir … uns geht es gut“, antwortete die Schülerin, während sie ihre Brille auf der Nase zurechtschob und zu ihrer Freundin blickte.   „Ja, genau“, nickte diese zustimmend. „Aber wir … haben etwas gehört, wissen Sie.“   „Oh? Was denn? Hat jemand anderes ein Problem?“   Tanjiro fragte sich, ob Kyojuro wirklich nicht wusste, worauf das hinauslaufen würde oder ob er nur so tat und es überspielte. Mittlerweile traute er dem Mann wirklich alles zu.   „Nein, nein!“, wurde direkt beruhigend ausgesprochen, ehe sich die Hände beider Schülerinnen ausstreckten, um jeweils ein Päckchen vor die Nase ihres Geschichtslehrers zu halten. „A-alles … Gute zum … Geburtstag, Rengoku-sensei!“   Bei dem Blinzeln, welches er zu sehen bekam, zweifelte Tanjiro doch wieder daran, dass Kyojuro nicht überrascht von allem wurde.   „Das war doch nicht nötig“, meinte Kyojuro schließlich lächelnd, während er sich von seinem Platz erhob und die zwei hübsch verpackten Päckchen entgegennahm. „Ich danke euch von ganzem Herzen! Ich bin sicher, es wird mir gefallen.“   „Gerne doch!“, fiepste es unisono von den Mädchen, welche sich immer noch etwas zitternd zurückzogen.   Tanjiro lächelte ein wenig, beeindruckt von dem Mut der zwei Schülerinnen, der ihm nach wie vor fehlte. Als Schüler hatte er nie daran gedacht, Kyojuro Geschenke zu unterbreiten. Erst nach seinem Abschluss hatte er auch angefangen, Kyojuro hin und wieder etwas zu schenken, und dennoch war er bis heute stets nervös.   „Was für zwei freundliche Mädchen!“, meinte Kyojuro, als er sich wieder setzte und die kleinen Päckchen zur Seite legte, wo auch jene lagen, die er vorher auf dem Flur bekommen hatte.   Sofort landete auch Tanjiro's Blick darauf, ehe er zurück zu seinem ehemaligen Lehrer sah und diesem entgegenlächelte: „Scheint so … hast du schon … viele Geschenke heute bekommen?“   Er fragte sich, was in diesen Geschenken so drinnen war. Ob alle etwas für Kyojuro backten oder versuchte man sich auf andere Vorlieben und Hobbys zu konzentrieren, die der Geschichtslehrer hatte? Es war wohl alles vorstellbar und ließ ihn bedenken, ob sein Geschenk überhaupt gut genug war. Konkurrierte er jetzt gedanklich mit Schülern, die ihren Lehrer einfach genauso mochten, wie Tanjiro es damals auch getan hatte?   „Ein paar schon. Ich werde sie daheim öffnen. Es ist schön, dass so viele Personen an mich denken! Dabei kann ich mich gar nicht daran erinnern, jemals meinen Geburtstag so vielen Klassen verraten zu haben …“   „Oh? Wie seltsam“, erwiderte Tanjiro lächelnd. Kyojuro unterschätzte eindeutig seine Schülerschaft – und das Internet.   „Nun, jetzt lass uns aber erst einmal essen!“   Wenn Kyojuro enttäuscht darüber war, dass Tanjiro ihn noch nicht beglückwünscht hatte, so zeigte dieser es nicht. Vielleicht rechnete der Geschichtslehrer aber auch mit einer großen Überraschungsparty im Lehrerzimmer? Tanjiro mochte all seine Kollegen hier, auch wenn manche etwas reizbar waren wie Shinazugawa-sensei oder auch Tomioka-sensei; obwohl sich ihre Reizbarkeit dennoch anders zeigte. Auf jeden Fall wollte er Kyojuro das Geschenk lieber etwas Privater geben. Auch wenn es keinen wirklichen Grund dafür gab, außer … Tanjiro lief sofort rot an, als er auch nur daran dachte, Kyojuro eine Frage zu stellen, die vielleicht ihr Verhältnis zueinander verändern – zerstören – könnte.   „Du bist heute wirklich sehr nachdenklich, Kamado! Geht es dir etwa nicht gut?“, sprach Kyojuro ihn zwischen zwei großen Bissen seines Currys an, welches er im Grunde schon fast aufgegessen hatte. „Geht es deiner Familie gut?“   „Ja! Es ist alles in Ordnung!“, brüllte Tanjiro beinahe durch die Mensa, zumindest die Personen in ihrer Nähe bekamen das mit und er spürte prompt so einige Blicke auf sich gerichtet. Was natürlich dafür sorgte, dass er gleich noch röter anlief.   Und Kyojuro lachte ein wenig über ihn: „Sicher? Du wirkst irgendwie nervös, das bereitet mir ein wenig Sorgen! Ich habe hiernach eine Freistunde, wir könnten uns also einfach ein wenig unterhalten, wenn du magst.“   Kyojuro's Hilfsbereitschaft war nach wie vor etwas, was Tanjiro nur verliebt wahrnehmen konnte. Es war eine wirklich wunderschöne Eigenschaft von dem Geschichtslehrer. Er rieb sich ein wenig über die noch warme Wange, nickte aber doch zaghaft.   „Ja … gerne.“   Durch seine Zusage war ihm vermutlich versichert, dass Kyojuro ihm über das gemeinsame Essen Zeit gab, einfach seinen Gedanken nachzuhängen und Tanjiro versuchte einfach nur dafür zu sorgen, dass er sich entspannte. Es war lächerlich so aufgeregt zu sein, immerhin würde es vermutlich einfach mit dem Geschenk anfangen und enden. Tanjiro würde sicherlich nicht viel mehr über die Lippen bekommen.   Leider – oder auch glücklicherweise? - war Kyojuro ein wirklich zügiger Esser und auch Tanjiro konnte das nicht in weitere Stunden hinauszögern, weil sie auch nicht den ganzen Tag Zeit hatten. Früher oder später müssten sie beide wieder in den Unterricht, wenn auch nicht mehr als Schüler. Und schneller als Tanjiro schauen konnte, klingelte es bereits zum Unterricht, was hieß, dass sie jetzt auch ihre Freistunde hätten und in der Mensa mit wenigen anderen zurückblieben, die ebenfalls eine Freistunde hatten. Hinzukommend hatte Tanjiro nun auch endlich sein Curry aufgegessen. Statt darauf anzusprechen, blieb Kyojuro aber respektvoll ruhig und wartete offensichtlich darauf, dass dies Tanjiro selbst auffiel.   Jetzt war es ihm aufgefallen …   „Wir können gehen“, schlug Tanjiro vor, während er hoffte, dass seine Stimme nicht zu sehr zitterte.   In Anbetracht von Kyojuro's besorgten Gesichtsausdruck missfiel ihm das ein wenig. Statt etwas zu sagen, nickt sein ehemaliger Lehrer jedoch lächelnd und erhob sich. Sie brachten ihre Tabletts weg und machten sich dann direkt auf den Weg zum Büro, welches Kyojuro hier besaß. Dies war kein Luxus, welchen jeder Lehrer bekam, doch da Kyojuro – wenn auch eher inoffiziell – als Vertrauenslehrer galt, war dies wohl nur nachvollziehbar. Zumindest hatte Tanjiro nie mitbekommen, dass es aufgrund dieser Tatsache irgendwelchen Ärger gab.   Tanjiro kannte den Weg zu Kyojuro's Büro natürlich nur zu gut, es war ein Ort, den er als Schüler oftmals aufgesucht hatte, aber auch jetzt, wo er als Referendar diese Schule besuchte. Sobald sein ehemaliger Lehrer die Tür aufgeschlossen hatte, betraten sie das aufgeräumte Büro gemeinsam. Das einzige Chaos hier bestand aus Büchern, die auf dem Boden gestapelt wurden. Die meisten mit einem historischen Thema. Er drückte das Päckchen wieder fest an sich und eigentlich dürfte Kyojuro dieses auch schon bemerkt haben. Immerhin hielt er es die ganze Zeit an sich gedrückt fest und auch wenn es klein war, war es nicht total unauffällig oder winzig genug, um es zu übersehen. Auch wenn niemand wissen konnte, für wen es war, war es wohl sehr naheliegend, dass Kyojuro die Person sein könnte, welcher dieses Geschenk gebührte.   „Also Kamado“, Kyojuro setzte sich auf seinen Schreibtisch, ignorierte den sicherlich bequemen Sessel dahinter und deutete auf die Stühle vor sich. „Was liegt dir auf dem Herzen?“   „Ach … es ist nichts … also …“, er neigte den Kopf etwas unsicher, während er dennoch auf einem freien Stuhl Platz nahm, nur um kurz darauf wieder aufzustehen und das Päckchen gegen die muskulöse Brust zu drücken. „Das ist für dich!“ Kyojuro sah ihn so starr an, wie Tanjiro es schon als Schüler hin und wieder nervös gemacht hatte. Als würde der Geschichtslehrer nicht blinzeln müssen und stattdessen jedem ganz tief in die Seele sehen können. „Für deinen Geburtstag“, fügte Tanjiro nun also nervös hinzu, während er immer noch das Päckchen gegen Kyojuro drückte.   „… Aber deshalb bist du doch nicht so nervös und verloren in Gedanken, oder?“ Kyojuro legte seine Hand inzwischen über die von Tanjiro, um zu signalisieren, dass er das Päckchen hielt.   Deshalb zog Tanjiro auch ganz schnell seine Hände weg: „Na ja …“ Seine Nervosität hing durchaus damit zusammen. Der naheliegende Grund entkam ihm noch nicht, und er war froh darüber, dass Kyojuro anfing, das Päckchen zu öffnen.     Tanjiro überlegte jedes Jahr aufs Neue, was er Kyojuro kaufen sollte, nur damit es doch immer wieder dasselbe wurde, weil er wusste, was seinen ehemaligen Lehrer ein Strahlen entlocken würde.   „Ohhhh! Ich kann es schon riechen!“, lachte Kyojuro auf und öffnete die kleine Box, die zuvor von Geschenkpapier umhüllt war. „Zimtkekse! Oh! Ich liebe sie!“   „Weiß ich doch“, gluckste Tanjiro, dieses Strahlen zu sehen erwärmte sein Herz und gab seinem Körper etwas Entspannung.   Auch, als Kyojuro wenig später die Wangen voll mit den Keksen gestopft hatte. Neben der seltsamen Vorliebe für Süßkartoffeln hatten es auch die Zimtkekse geschafft, einen Platz in Kyojuro's Herz zu finden. Seitdem sie das herausgefunden hatte, verschenkte Tanjiro, wann immer es einen Anlass dazu gab, ebendiese Zimtkekse. Sie war nicht schwer herzustellen, auch wenn es vielleicht ungewöhnlich war, im Mai etwas mit Zimt zu backen. Es war nichts, was Tanjiro davon abhielt, wenn er dafür sehen konnte, wie glücklich Kyojuro damit zu sein schien.   „Die sind so lecker!“, schwärmte Kyojuro direkt weiter. „Hast du sie wieder selbst gebacken, Kamado? Du bist einfach ein großartiger Bäcker!“   „Natürlich habe ich das“, antwortete er sofort etwas stolz. „Ich würde niemand Anderen das Geburtstagsgeschenk für dich backen lassen!“   „Du machst mir immer eines der besten Geschenke, Kamado.“   Tanjiro könnte beleidigt davon sein, dass es nicht das beste Geschenk war, aber Kyojuro bekam vermutlich von allerlei Leuten Geschenke. Außerdem kannte Tanjiro auch den kleinen Bruder von seinem ehemaligen Lehrer und vermutlich wäre es egal, was dieser verschenkte; es wäre für Kyojuro immer das Beste.   Dies war nur eine Sache mehr, die er an Kyojuro mögen – lieben – gelernt hatte.   „Uhm … Kyojuro?“ Es war nicht das erste Mal, dass er seinen ehemaligen Lehrer beim Vornamen war, es blieb jedoch eine der wenigen Ausnahmefälle, weil es so persönlich und fast intim war … vielleicht hatte er es deshalb auch immer vermieden. Doch es sorgte im jetzigen Moment dafür, dass Kyojuro mit vollem Mund zu ihm hochsah und sogar etwas verwundert wirkte. „Ich würde gerne … gehst du mit mir aus?“   „Huh?“, machte Kyojuro, vermutlich auch weil er mit seinem vollen Mund unmöglich etwas Klareres von sich hätte geben können.   „Auf ein Date, meine ich. Du … mit mir.“   Sein Herz hämmerte so hart und schnell gegen seine Brust, dass Tanjiro befürchtete, gleich umzufallen. Er hatte es wirklich gesagt – gefragt. Zumindest schüttelte Kyojuro nicht wild den Kopf, rastete aus oder sprang aus dem Fenster – da sie im Erdgeschoss waren, wäre dies kein Problem, aber es war dennoch schön, dass es nicht geschah. Tanjiro konnte förmlich hören, wie Kyojuro den zimtigen Keksteig herunterschluckte, während der Geruch nach wie vor in der Luft lag.   „Aber … ich bin wesentlich älter als du.“   „Es sind fünf Jahre“, harkte Tanjiro ein, bevor Kyojuro mehr darüber reden konnte. „Das ist nicht wesentlich älter, es ist ein recht kleiner Unterschied. Und es hat auch sicherlich nichts damit zu tun, dass ich mal dein Schüler war! Ich meine, das ist nun auch schon ein wenig her! Das sind ernste Gefühle von meiner Seite aus, das kann ich dir versichern!“ Tanjiro hatte schließlich nicht erst heute früh beschlossen, dass er wohl verliebt war; dies waren Gefühle und Gedanken, die er eine ganze Weile schon mit sich herumschleppte. Immerhin hatte er sich auch nicht auf etwas einlassen wollen, was vielleicht nur mit einer Schwärmerei zu tun hatte, die nicht ernst zu nehmen war. Doch er war sich mittlerweile sehr sicher, dass … es war komplett ernst und ehrlich! „Aber fühl dich bitte zu nichts genötigt. Ich werde auch ein … Nein von dir überstehen können.“   Kyojuro starrte ihn wieder an, aber dieses Mal nicht ganz so starr. Nein, er wirkte sogar ein wenig nervös. Das musste das erste Mal sein, dass sein ehemaliger Lehrer so wirkte.   „Nun …“, hüstelte Kyojuro schließlich. „Gegen … ein Date ist ja nichts einzuwenden.“   „Wirklich?“, rief Tanjiro mit großen Augen und einem Strahlen aus. „Ich werde sofort alles planen, Kyojuro! Und dann sage ich dir Bescheid! Ich kann dir auch noch mehr Zimtkekse backen!“   Als er Kyojuro ein wenig lachen hörte, blinzelte er ein wenig und befreite sich aus der euphorischen Freude, um stattdessen wieder ein wenig rot anzulaufen. Dennoch empfand er ein glückseliges Gefühl, in sich wummern – jetzt müsste nur ihre Verabredung nicht völlig schieflaufen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)