Tagebuch einer Trainerin von SoraNoRyu (Pokémon Weiße Edition (Nacherzählung)) ================================================================================ Kapitel 8: Die erste Trainingsetappe ------------------------------------ Orion City ist eine angenehme Stadt, in der es viel zu sehen gibt. Neben den hohen Wolkenkratzern gibt es hier einige Läden, Cafés und sogar Kinos, und wir müssen uns zusammenreißen, unsere Reisekasse nicht zum Vergnügen auszugeben. Zumindest an den Hotels und Herbergen können wir vorbeigehen; die Zimmer im Pokémoncenter sind schlicht, aber sie stehen uns unbegrenzt zur Verfügung, solange wir uns ernsthaft auf den Kampf in der Arena vorbereiten. Und das tun wir, sowohl in Übungskämpfen gegeneinander, als auch, im Moment, vor allem auf Route Zwei, wo wir wilde Pokémon aufstöbern, die sich dem Kampf gegen unsere Pokémon stellen und schnell die Flucht ergreifen, wenn sie genug haben. Ns Worte nagen an mir, aber Detleff und auch Umi kämpfen mit solchem Elan, dass ich das Gefühl gut beiseiteschieben kann. Und egal wie oft wir sie in die Flucht schlagen, auch nach Wochen gibt es immer noch Pokémon, die uns im hohen Gras auflauern, um uns herauszufordern. Detleff macht schnell große Fortschritte und scheint mir bald stark genug, sein Training in die Traumbrache zu verlegen, aber Louis macht mir Sorgen. Er ist engagiert, kann es kaum abwarten, sich in den Kampf zu stürzen, und ist dabei doch so zart und verletzlich, dass er kaum einen Gegentreffer aushalten kann. Immer wieder liegt er zitternd in meinem Arm, während die anderen den Kampf für ihn beenden müssen, nur um dann wieder fauchend loszuspringen, um es mit dem nächsten Gegner zu versuchen. Er ist schon mächtig süß… noch will ich ihn nicht aus dem Team werfen, vielleicht lernt er einfach nur langsamer. Cherens Felilou zeigt sich etwas robuster, ist dafür aber langsamer als Louis. Vielleicht muss ich einfach eine entsprechende Strategie finden, um das Beste aus Louis‘ Geschwindigkeit zu machen. Weil schließlich auch Bells Pokémon stark genug sind und Louis zumindest guten Willen zeigt, beschließen wir, endlich doch die Traumbrache in Angriff zu nehmen. Das Wetter wird schon merklich wärmer, die Krokusse und Märzenbecher machen den Weg frei für Tulpen und die ersten Gänseblümchen. Die Traumbrache scheint die Ruine eines alten Fabrikgeländes zu sein. Hinter den Mauern und umgefallenen Fässern kann ich hohes Gras sehen, in dem sich Pokémon tummeln, aber der Weg ist versperrt: auf der einen Seite liegt ein tiefer Graben, auf der anderen wuchern Sträucher, die man wohl nur mit einem scharfen Werkzeug herunterschneiden kann. Auf dem begehbaren Weg allerdings sammeln sich einige Trainer, die meisten knapp zehn Jahre alt und damit ebenso grün wie wir. Es ist ein wenig peinlich, dass wir so viel älter und doch genauso unerfahren sind wie diese Kinder, und das lassen sie uns auch spüren, als wir mit ihnen trainieren. Zumindest Cheren und ich schaffen es aber, uns im Kampf zu beweisen. Umi und Detleff sind stark genug, mir Respekt zu verschaffen, während Louis seine körperliche Schwäche mit ordentlich Tempo ausgleicht und mir zumindest keine Schande macht. Cherens Felilou und Siegfried zeigen sich ebenfalls von ihrer besten Seite. Bell hat dafür ordentliche Probleme, immer wieder verliert sie einen Trainingskampf gegen die Kinder, und es macht ihr ziemlich zu schaffen. „Tut mir leid, dass wir meinetwegen so spät aufgebrochen sind“, schluchzt sie eines Abends beim Essen, „Es ist so peinlich, dass wir kaum stärker sind als diese frechen Kinder…“ Ihre grünen Augen sind schon ganz rotgeweint und geschwollen. Sie so zu sehen tut mir fürchterlich leid. „Mach dir keine Gedanken“, bitte ich, lege sanft meine Hand auf Bells zitternden Arm. „Sie freuen sich nur, dass sie mit Teenagern wie uns mithalten können, das ist doch schön.“ „Bianka und ich bekommen auch nicht so viel Spott ab wie du“, erklärt Cheren, „Es ist schwer, sicher, aber wir können uns gut behaupten.“ „Wenn es dir so zu schaffen macht, können wir auch gerne auf Route Zwei zurückgehen und weiter mit den wilden Pokémon üben“, schlage ich vor, „Das geht zwar etwas langsamer, aber da würde dich immerhin niemand auslachen.“ Bell schüttelt schnell den Kopf. „Nein, ich brauche das Training. Mit den anderen Trainern übt es sich viel besser, Rex und Gina machen auch echt gute Fortschritte… ich will jetzt keinen Rückzieher machen, wo wir so kurz vorm Ziel sind. Wir sind jetzt schon einen ganzen Monat hier, und ihr beide seid fast schon gut genug für die Arena. Ich will euch nicht aufhalten…“ „Naja, so weit würde ich nicht gehen“, überlegt Cheren, „Die Arena ist doch eine Herausforderung, der ich mich noch nicht gewachsen fühle… Felilou ist stark, und Siegfried könnte den Typnachteil vielleicht schon ausgleichen, aber ich hätte schon gerne mehr Sicherheit und vielleicht ein Wasser- oder Bodenpokémon…“ Er blickt nachdenklich in sein Glas Wasser, als könnte er darin die Antwort finden. Eine Weile wenden wir uns wieder schweigend dem Essen zu: Die Kantine des Pokémoncenters kann nicht mit der Hausmannskost meiner Mutter mithalten, aber das Essen ist lecker, abwechslungsreich und nahrhaft. Heute gibt es Barschuft-Filet mit Bratkartoffeln und Kräutern, nur Bell hat sich das vegane Linsengericht geholt. „Habt ihr das junge Mädchen gesehen, das am Ende der Straße sitzt?“, wechsle ich das Thema, „Sie scheint kein Trainer zu sein, trotzdem ist sie jeden Tag da und beobachtet uns. Ich würde gerne mal mit ihr reden.“ „Gute Idee, lass uns das morgen mal machen“, findet Cheren. Bell nickt fleißig, wirkt aber immer noch etwas bedrückt, als wir uns auf den Weg nach oben in unser Zimmer machen. Für Cheren setzt sie eine muntere Miene auf, aber als die Tür hinter unserem Mädchenzimmer zufällt, seufzt sie wieder. „Mach dir nicht so viele Gedanken, Bell“, versuche ich sie zu beruhigen, „Es ist doch okay, so wie es ist.“ „Danke, Bianka… es ist nur, wenn wir die Reise schon vor vier Jahren gemacht hatten, wäre es angenehmer… auch aus anderen Gründen.“ Es dauert einen Moment, aber dann dämmert mir, was sie Cheren nicht sagen konnte, und warum sie heute so oft zurück in die Stadt gelaufen ist, um ein Klo zu finden… ich war bisher nur dankbar, dass sie jedes Mal bereit war, Louis kurz ins Pokémoncenter mitzunehmen. „Verstehe“, murmle ich, „Das ist natürlich unangenehm… aber wenn wir mit zehn gestartet wären, hätte es mich wahrscheinlich noch unterwegs und recht unerfahren getroffen“, gebe ich zu bedenken, „So bin ich wenigstens vorbereitet und habe schon alles dabei. Mich hat es ja ziemlich früh erwischt, aber für dich ist es neu, oder? Sag ruhig, wenn du was brauchst.“ Ich zeige ihr meine Notfalltasche mit Damenprodukten und Schmerztabletten, für den Fall der Fälle. „Erzähl bitte Cheren nichts, mir ist das total peinlich…“, bittet Bell und nimmt sich tatsächlich etwas aus der Tasche, um nochmal schnell aufs Klo zu rennen. Ich nicke nur schweigend und packe den Rest wieder weg. Vermutlich ist das ein Grund, warum Jungs mehr Vergnügen auf ihrer Reise haben und statistisch länger durchhalten… Campen und Wandern macht eindeutig mehr Spaß, wenn einem der eigene Körper gerade keine Probleme macht. Der nächste Tag ist sonnig und trocken, nicht gerade Umis Wohlfühlwetter, aber dafür zeigt Rex sich von seiner besten Seite und schafft es damit, Bell ein wenig aufzuheitern. Wie abgemacht gehen wir heute auf das Mädchen zu, das uns schon die ganze Zeit beobachtet hat. Sie hat kurze schwarze Haare und ein süßes rotes Kleid, ich schätze die auf etwa acht Jahre. Das Mädchen lächelt uns zu, als sie meinen Blick bemerkt, als hätte sie genau darauf gewartet. „Ich hab mich gefragt, wann mich jemand anspricht“, meint sie, „Ihr trainiert für die Arena von Orion City, nicht wahr? Habt ihr diese Pokémon von Professor Esche bekommen?“ „Ja, das haben wir“, bestätigt Cheren, „Serpifeu – Siegfried – gehört zu mir, das Ottaro ist Biankas Umi, das Floink gehört Bell und heißt Rex.“ „Ihr seid ein wenig älter als die anderen Kinder hier“, stellt das Mädchen fest, „Ihr seid später gekommen, aber der Stärke eurer Pokémon nach seid ihr auch dieses Jahr gestartet, nicht wahr? Braucht ihr etwas Hilfe für die Arena?“ „Hättest du denn einen guten Tipp für uns?“, frage ich hoffnungsvoll. „Besser“, schmunzelt das Mädchen, „Ich bin Pokémonzüchter und kann euch genau das geben, was ihr braucht. Was haltet ihr davon? Meine einzige Bedingung ist, dass ihr den anderen Trainern nichts verratet, die müssen von selbst auf mich zukommen.“ Ich tausche einen Blick mit Cheren und Bell aus. „Es hört sich fast zu gut an, um wahr zu sein“, findet er, „Warum solltest du uns helfen wollen?“ Das Mädchen schmunzelt. „Sieh es als Teil der Prüfung. Ich habe euch beobachtet und für würdig befunden. Mich anzusprechen war die Bedingung.“ Sie zieht drei Pokébälle aus ihrer Tasche, alle mit einem Symbol versehen. „Sodamak für den Herren mit dem Serpifeu“, beginnt sie und streckt Cheren den ersten Ball hin, „Vegimak für das Mädchen mit dem Floink, und Grillmak für das Mädchen mit dem Ottaro. Sie werden ein bisschen Training brauchen, um euch in der Arena von Nutzen zu sein, aber dann wird es recht einfach. Viel Erfolg!“ Sie strahlt uns geradezu an, als wir die Pokémon aus ihren Bällen lassen, um sie genauer in Augenschein nehmen zu können. Sie sehen einander bemerkenswert ähnlich, süße Affenpokémon, jeweils in den Farben ihres Typs. Wir bedanken uns bei dem seltsamen Mädchen und machen uns sofort daran, die neuen Pokémon zu trainieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)