Pokémon Adal von Yakukage (Jusatsu) ================================================================================ Prolog: -------- „Die ‚Fluch-Höhle‘!“, ertönen die begeisterten Worte der jungen, rothaarigen Frau, die sich direkt vor einem düsteren Loch einer Felswand positioniert hat, was sich einen Weg in die Leere selbst zu bahnen scheint. „Heimat unzähliger, unheiliger Pokémon; Schauplatz des größten Mysteriums in der Geschichte der ‚Adal-Region‘. Nein, nein, das ist so nicht richtig! Es ist im Grunde ein Weg; die Weiterführung nach ‚Vanitas Hollow‘, dem eigentlichen Schauplatz dieses Mysteriums.“, korrigiert sie sich, als sie weitere Notizen ihres Umfelds mit einem Stift auf einen kleinen, praktischen Block aufzeichnet, den sie aus ihrem gräulichen Laborkittel hervorholt. So gut wie alles – was darauf steht – sieht jedoch sehr unleserlich und wirr aus. Ein Notizblock, den nur ein Genie wie sie verstehen kann – würde sie jedenfalls meinen. Die hinteren Haare der jungen Frau, bilden einen kleinen Zopf. An ihrer Seite befindet sich zusätzlich ein Wesen, was so aussieht, als wäre es aus dem Wasser emporgestiegen. Es ist ein sogenanntes „Pokémon“ von genau diesem Typ. Forsch richtet sich das Fräulein die auffällig große Brille. „Ich bin so aufgeregt, Hydropi! Mein Forscher-Herz: es klopft wie verrückt!“ Als das neugierige Hydropi seinen Kopf in die Richtung des Höhleneingangs streckt, wird es ihm langsam angst und bange. Ein kalter Luftzug umschließt seinen Körper so, als würde etwas seine Haut aufkratzen wollen. Irgendetwas lockt das Pokémon mit einem beunruhigenden Flüstern in die Dunkelheit … Zumindest versucht es das. Prompt versteckt sich das arme Hydropi hinter der wissbegierigen Frau. „Nanu? Du wirst dich doch jetzt nicht etwa erneut zurückziehen wollen, oder? Wir sind den ganzen Weg nur hierhergekommen, um dieses Gebiet zu erforschen UND den Traum meiner Mutter wahr werden zu lassen. Sie ist … Nein: WAR ein großer Fan von Aura – die Arenaleiterin von Vanitas Hollow. Vor langer Zeit ist es um sie still geworden; ZU still. Niemand weiß, was seither mit ihr geschehen ist. Und sicherlich willst du mir die Frage stellen, warum das so ist. Habe ich recht, oder habe ich recht?“ Mit ihrem Stift energisch auf ihr süßes Hydropi zeigend, neigt dieses fragend seinen Kopf zur Seite. In ihrem für sie typischen, als auch relativ neuem Forscherkittel – den sie sehr schnell hat verdrecken lassen – läuft sie auf und ab. „In der Tat: das tust du. Das liegt daran, dass noch nie irgendeine Seele von außerhalb Vanitas Hollow betreten durfte. Aura war eine reisende Arenaleiterin, verstehst du? Irgendwann verschwand sie und es türmten sich die spektakulärsten Theorien über ihr Verschwinden.“, erklärt sie ihrem Pokémon intensiv im Thema vertieft. Obwohl man nicht weiß ob Hydropi sie versteht, wirkt es äußerst interessiert. „Dieser Ort hatte noch nie irgendwelche neugierigen Besucher mit offenen Armen empfangen … Zumindest nicht auf die gastfreundliche Weise. Man hört stets immer nur Unheimliches über diesen Ort, aber gerade DAS macht diesen auch so unglaublich faszinierend.“, versucht sie ihrem Hydropi weiterhin zu erklären, was sie mit seinen schwarzen Äuglein verdutzt anguckt. „Man sagt: wer in diese Höhle geht, sieht nie wieder das Tageslicht … Daher sollten wir es noch so gut es geht genießen, findest du nicht auch? Ahaha …“ Obwohl die junge Frau versucht sich nichts anmerken zu lassen, werden ihre ungeduldigen Schritte auffallend langsamer. Ihre gesamte Art – die auf purem Forscherdrang beruht – zieht plötzlich von Dannen. Diese quirlig wirkende Forscherin hatte sich so sehr darauf gefreut, diese Reise endlich antreten zu können. Aber viel mehr sieht es nun so aus, als würde sie sich eher auf das Ende dieser Reise freuen, als auf alles andere. „Jahr für Jahr eine Lehre nach der anderen …“, flüstert sie vor sich hin, was ihr Hydropi gegenüber Sorgen bereitet. Aber jetzt – so kurz vor dem Ziel – machen ihre Beine schlapp. Diese fangen sogar an zu zittern. „Wir müssen einfach nur die Fluch-Höhle betreten. Ja, ganz genau …“, schlägt die mutige Person vor, wobei sie ihren linken Ärmel nach oben krempelt, um an eine versteckte, digitale, weiße Uhr zu kommen. „Nur noch ein wenig, um den Adal-Pokédex zu vervollständigen. Es fehlt nicht mehr viel.“, ermutigt sie sich, als das gleisende Licht angeht, was aus der digitalen Armband-Uhr kommt – die sich als Pokédex herausstellt – und ihr den dunklen Weg durch die Höhle erleuchten soll. Sie wagt einen Schritt in die düstere Höhle, wenn auch nur zögerlich. „Hallo? … Ist da jemand?“, ruft sie hinein. Hydropi bleibt dicht hinter seiner Trainerin. Ein kühler Luftzug, dessen Geräusch an dem eines Hauches erinnert, kommt den beiden ängstlichen Entdeckern entgegen. Zweifel machen sich in den Gedanken der Forscherin breit. „Es ist keine Zeit dafür, Angst zu haben! Wir müssen tiefer in die Fluch-Höhle hinein; uns mit ihr beschäftigen und die hier ansässigen Pokèmon erforschen! Die Kapazität der ‚TFB‘ ist fast voll, also können wir ruhig eine Weile hierbleiben.“, redet sie gedankenvertieft vor sich hin, während sie mit ihrem treuen Wasser-Pokémon immer tiefer in das verfluchte Gebiet angespannt hineineinmarschiert. Ein kurzer, beängstigender Schrei ertönt, was die Forscherin zum Anhalten zwingt. Nervös bestrahlt sie – mit dem Licht des an eine Armbanduhr erinnerndem Pokédex – den felsigen Weg vor sich. „O-Oder wir gehen wieder hinaus zum Lager. Sowie gestern … und vorgestern. Ja, das ist auch eine gute Idee. Eine SEHR gute Idee sogar~ Ein weiterer Tag mehr, wird mir schon nicht den Ruhm, geschweige denn das Leben kosten.“, brabbelt sie nun verängstigt vor sich hin. Ihr Hydropi jedoch gibt einen auffälligen Laut von sich, was dagegensprechen soll. „… Du hast recht! Wir haben mehr als genug Zeit totgeschlagen, um-“ Plötzlich ergreift eine eiskalte Hand ihr linke Schulter. „WAS TUN SIE HIER?!“, brüllt es ihr zu. „AH?!“ „Kein Zutritt erlaubt!“, wird die neugierige Trainerin daraufhin getadelt. Reflexartig schießt Hydropi einen Wasserstrahl auf die Person. Es ist der Strahl einer Aquaknarre. „Arh?!“ Schnell befreit sich die Frau von dem Griff des Unbekannten, bevor sie von einem weiteren Wesen abgefangen wird. „WAH?!“ „Seien Sie still! Oder wollen Sie auf uns aufmerksam machen?“ Innehaltend atmet die junge Frau erst einmal auf. „Bei Arceus … Ich dachte schon, Sie wären allesamt Geist-Pokémon.“ „Sie können froh sein, dass dem nicht so ist!“ „In der Tat: das bin ich tatsächlich. Froh, meine ich. Ich dachte schon-“ „Sie müssen gehen!“, fordert der nun nasse Unbekannte sie auf – der nachträglich erscheint –, als sich die trockene, vermummte Person dem weiblichen Eindringling entgegengestellt hat. Die Kleidung der beiden Männer wirkt eher traditionell, als das, was üblicherweise von den Menschen der Adal-Region getragen wird. Zumindest von den Meisten. Doch in der Finsternis der Fluch-Höhle ist nicht sonderlich viel davon zu erkennen. „A-Aber meine Forschung?!“ Die mit schwarzem Stoff vermummten Leute, zieren sich nicht die überraschte Wissbegierige hangreiflich aus der Höhle zu zerren. „La-Lassen Sie mich los!“ „Wir begleiten Sie nach draußen, Ma‘am.“ „MA‘AM?! Was denken Sie, wie alt ich bin? Ich stehe gerade erst in der Blüte meines Lebens! Das könnt ihr nicht mit mir machen! Wisst ihr denn nicht, wer ich bin?! Mein Name ist Castanea: ich bin die angehende, leitende Professorin für Pokémon Forschung in der Adal-Region!“ „Nie gehört. Und du?“ „Nein. Und wenn schon? Sie ist immer noch angehend.“ Zappelnd wehrt sich die Professorin, die jedoch kaum eine Chance gegen die beiden, starken Männer hat, die sie zerrend aus der Höhle geleiten. Hydropi ist die ganze Zeit bereit diese anzugreifen, aber von seiner Herrin kommt keine weitere Anweisung. Vielleicht ja, da sie nun weiß, dass diese auffälligen Gestalten nichts Böses von ihr wollen? Aber dennoch: „Lassen sie mich los, ich muss den Pokédex unserer Region vervollständigen!“ „Hören Sie: Es ist uns egal, wer sie sind! Wir haften nicht für das Ableben weiterer, waghalsiger Trainer. Von verrückten Wissenschaftlern ganz zu schweigen.“, erklärt ihr der befeuchtete Wächter der Höhle. Dem Licht der Sonne ausgesetzt, überlassen die beiden Personen dieser die von der Finsternis berührte Castanea, die sich immerhin allmählich wieder beruhigt. „Weitere … ? Aber das ist und war doch schon immer ein Teil dieses Ortes?!“ Schweigsam entfernen sich die mysteriösen Gestalten von der forschenden Professorin. „Sagen Sie mir wenigstens, was mit Aura geschehen ist!“, fordert sie diejenigen noch ein letztes Mal auf, die ihre Reise nach Vanitas Hollow unterbrochen haben. Von ihnen erhält sie jedoch keine Antworten mehr. Stattdessen kehren sie ihr den Rücken zu. Das schwarze Loch in der Felswand verschlingt die beiden Silhouetten der Männer, die sich wieder in die Dunkelheit zurückziehen, um ihrer Aufgabe weiterhin nachgehen zu können. „Unglaublich sowas … Und was machen wir jetzt?“ Fragend starrt ihr Hydropi sie an. Die Rätsel um die Fluch-Höhle und um Vanitas Hollow werden weiterhin ungelöst bleiben. Davon geht Prof. Castanea aus. Aber wird es für immer so bleiben? Führt wirklich kein Weg an dieser traurigen Feststellung vorbei? Kapitel 1: Die Legende von Pokédeath ------------------------------------ Die Stimme einer Frau mittleren Alters erklingt, als sie die düster wirkenden Seiten eines Bilderbuches offenbart: „Es war einmal vor langer, langer Zeit in einem frohlockenden Dorf: da lebten die Menschen mit den Pokémon in Frieden und in Harmonie. Manchmal gab es Probleme, aber sie bewältigten diese gemeinsam. Das, was sie jedoch nie begreifen und akzeptieren konnten, war der Verlust ihrer Geliebten. Im Gegensatz zu den Pokémon, beteten die Menschen zu einem Gott. Er soll sie vor dem Unausweichlichen bewahren: dem Tod. Familie, Freunde, Pokémon: sie alle werden früher oder später diesem anheimfallen. Ihnen allen war es bewusst, doch sie konnten sich nicht damit abfinden. Der Gott namens Arceus erhörte zwar ihre Gebete und ihr Flehen, doch er konnte den Kreislauf des Lebens nicht aufhalten. Stattdessen … erschufen die Betenden unbeabsichtigt etwas, was alles für immer verändern sollte. Die Seelen der Verstorbenen sammelten sich in einer einzigen Anomalie. Diese bildete die Merkmale uns bekannter Pokémon: die gewaltige Schere eines Kinglers; der knochige Kopf und das stachelige Rückrat eines Nidoking; die scharfe Sichel eines Kabutops … Komplett in einem finsteren, fransigen Umhang gehüllt, schwebte das vom Glauben und von den Seelen der Toten erschaffene Wesen zu den Lebenden hinab. Dann starrte es die Lebenden mit seinen rot leuchtenden Augen an … Jede noch so kleine Glückseligkeit – die dem Dorf, den Pokémon und seinen Bewohnern verblieb – verflog augenblicklich. Alle spürten sie sie zum ersten Mal: Angst. Niemand wusste, was es für eine Kreatur war und wie sie mit ihrem Erscheinen umgehen sollten, also griffen die mutigsten Einwohner diese mit ihren Pokémon an.“ „Und dann?“, fragt die Stimme eines Kindes nebenher mitgerissen. „Pass auf, ich erzähle es dir: Die Angriffe trafen ins Nichts. Der Körper des gruseligen Wesens glich dem eines Geistes. Als es aber selbst die Pokémon attackierte, starben diese sofort.“ „Sie … starben? Sofort?“ „Sofort! Kein Einziger Anwohner konnte sein geliebtes Pokémon zurückrufen. Aber die Geschichte ist noch nicht vorbei, denn sie kamen wieder … als die uns bekannten Geist-Pokémon. Sie wurden wiedergeboren. Von da an dienten sie in seinem Namen und das ist auch der Grund, warum es in Adal Geister gibt. Dennoch waren die damaligen Bewohner des Ortes sehr erzürnt darüber. ‚Gib uns unsere Pokémon zurück!‘, riefen sie. Allerdings haben sie nicht verstanden, dass sie bereits am Leben waren … mehr oder weniger. Die Pokémon wollten zu ihren Besitzern zurückkehren, aber das ging nicht.“ „Warum? Warum ging das nicht?“ „Weil die Menschen zu viel Angst hatten. Sie fürchteten sich sogar vor ihren eigenen Pokémon. Sie wurden zu etwas, was die Bewohner zu diesem Zeitpunkt nicht kannten. Also vertrieben sie ihre eigenen Pokémon aus dem Dorf.“ „Aber es sind doch ihre Freunde?!“ „Ich weiß, mein Kind. Das Wesen und die neu erschaffenen Geist-Pokémon zogen sich also in den Wald zurück. Die Menschen wiederum waren ab diesem Zeitpunkt auf sich allein gestellt. Doch sie wollten nicht aufgeben und sich für das, was diese Kreatur ihnen und vor allem ihren Pokémon angetan hatte, rächen. Also fingen sie an, Formeln aufzusagen. Sie zogen sich Kutten über ihre Körper und führten merkwürdige Rituale aus. Alles, was sie taten, wurde aufgeschrieben. Immer wieder gingen sie in den dunklen Wald, der das Licht der Sonne verschlang. Eine Gruppe nach der anderen trat hinein. Oftmals verschwanden Personen währenddessen. Manchmal war es aber auch der Fall gewesen, dass ganze Gruppen nie wieder von ihren Ausflügen zurückkehrten … Die Einwohnerzahl des Dorfes schrumpfte und schrumpfte, aber dafür erhielten die Bewohner des verfluchten Ortes etwas sehr, sehr Wertvolles. Na, was ist es wohl, was sie bekamen?“ „Essen?“ „Haha, ja, das auch. Es war Wissen. Wissen, was sie für den Kampf gegen die boshafte Kreatur im Wald an die Nächsten weitergeben würden.“ „Die Nächsten?“ „Die Rede ist von den legendären, zukünftigen ‚Geisterjägern‘. Schriftrollen, als auch Pergamente türmten sich mit all dem Wissen, was gegen das Wesen helfen sollte, was man im Volksmund als ‚Pokédeath‘ bezeichnete. Es ist eine unbegreifliche, angsteinflößende Schöpfung, die es unbedingt aufzuhalten galt. Sie hatte die Macht mit einer bloßen Berührung Pokémon zu töten und sie zu verändern … Die Geisterjäger waren bereit. Sie drangen in den Wald ein und vertrieben die Geist-Pokémon, bis sie dem Tod persönlich gegenüberstanden. Mit ihren Ritualen versuchten sie sofort Pokédeath zu schwächen, aber es wehrte sich und griff schließlich die Menschen an.“ Gespannt starrt der schwarz haarige Junge im Schlafanzug mit seinen braunen Augen in das Buch. „Der Saft des Lebens floss in Strömen … Die Toten erhoben sich.“ Man könnte meinen, dass der Junge Angst hätte, doch stattdessen lächelt dieser seine rothaarige Mutter an, bevor er seine Augen wieder auf die Seiten des Bilderbuches richtete. „Aber erst, als diese ebenfalls zu Geist-Pokémon wurden. Dieser Kampf schien aussichtslos zu sein … Doch dann schien auf einmal ein grelles Licht auf die wenigen Überlebenden herab. Arceus selbst griff in dem Moment ein, als alle Hoffnungen verloren waren, Pokédeath zu besiegen. Beide kämpften schließlich gegeneinander. Puff, paff! Es war ein langer, epischer Kampf zwischen Leben und Tod. Selbst Raum und Zeit verschoben sich während dieser Auseinandersetzung. Nacht und Tag verdrängten sich gegenseitig … Irgendwann gelang es jedoch Pokédeath Arceus schwer zu verletzen. Die menschlichen Geisterjäger nutzten die Gelegenheit – ihre letzte Chance, die sie hatten – um den Fehler zu korrigieren, den die Bewohner des Dorfes machten. So schwächten sie Pokédeath mit den Formeln der Geistaustreibung, führten es zu einer Höhle – nah des Waldes – und versiegelten den Urgeist darin … für immer. Der Preis jedoch dafür war hoch: Arceus – der Gott an dem sie immer glaubten – fiel in einen tiefen Schlaf, um seine restlichen Kräfte zu schonen, um damit wiederum gegen sein Ableben ankämpfen zu können. Seitdem ruht es sich in dem uns bekannten ‚Dämmerwald‘ aus, dessen Dämmerung – seit dieser sagenumwobenen Auseinandersetzung – auf ewig anhält.“ „Kann man es aufwecken?“ „Nein, mein Schatz. Es schläft tief und fest.“ „Was ist mit den Geistern?“ „Sie haben sich überall niedergelassen. In der ‚Fluch-Höhle‘, sowie hier bei uns: in ‚Vanitas Hollow‘. Manche von ihnen sind sogar in den ‚Dämmerwald‘ zurückgekehrt. Aber keine Sorge: sie können Arceus nichts antun. Und uns auch nicht.“ „Weil Arceus uns beschützt?“, fragt der kleine Junge neugierig nach. „Ja, weil es uns beschützt.“, spricht die Frau ihrem Kind zu, woraufhin sie diesem einen Kuss auf die Stirn verabreicht. Kurz darauf legt sich der Junge in sein gemütliches Bett. Wohl behütet, wird dieser von seiner fürsorglichen, in Schwarz gekleideten Mutter zugedeckt. „Und weil wir von den Geist-Pokémon beschützt werden.“, fügt sie hinzu. „Sind sie denn nicht böse auf uns?“ „Aber nicht doch. Hast du denn nicht aufgepasst? Viele von ihnen waren einst andere Pokémon oder sogar Menschen.“ „Warum dürfen wir sie dann nicht anfassen?“, fragt der kleine Kerl wieder wissbegierig nach, was seine Mutter zum Schmunzeln bringt. „Geister interessieren dich sehr, nicht wahr? Wie die Mama, so das Kind …“ Eine männliche Stimme von außerhalb ertönt. „Aura?! Du wirst gebraucht!“ Noch einmal wendet sich die Frau mit den roten, schulterlangen Haaren ihrem Sohn zu. „Schlaf jetzt, Pit! Du musst morgen früh raus.“ „Aber ich bin nicht müde … Und …“ „Und?“ Etwas verängstigt zieht er sich die Decke über den Kopf. „Was ist, wenn Pokédeath wiederkommt?“ „Ach, es ist nur ein Märchen. Du brauchst keine Angst zu haben. Gramokles beschützt dich doch. Und unsere Heidi hält ebenfalls ihre Augen offen.“, ermutigt sie ihren Sohn, bevor sie sein Zimmer verlässt, was innerhalb von einem schwertartigen Pokémon – dem genannten Gramokles – bewacht wird. „Schlaf schön.“, flüstert Aura ihrem Kind ein letztes Mal zu, bevor sie die Tür sanft schließt. In der Finsternis fixiert sich das Kind auf sein wachsames Pokémon. „Gute Nacht, Gramokles.“ Nachdem es ihm eine gute Nacht gewünscht hat, wendet es sich auf die andere Seite, schaut aus dem Fenster und begutachtet das an eine Eule erinnernde Noctuh, was beobachtend auf einem trockenen Ast eines alten Baumes sitzt und neugierig seinen Kopf um 90 Grad dreht. „Gute Nacht, Heidi.“ Kapitel 2: Schulalltag ---------------------- Trigger: Harter Mobbing-Tobak! Leben und Tod sind in Vanitas Hollow allgegenwärtig. Schon frühzeitig werden Kinder auf das Ableben vorbereitet, um nicht die gleichen, naiven Fehler zu machen, wie diejenigen aus ihrer gesellschaftlich verbreiteten Geschichte, in der es um den personifizierten Tod aus der Adal-Region geht; das Böse in Person: Pokédeath. Fließendes Blut und unschöne Krankheiten gehören ebenfalls zum Leben dazu, wie die Nahrungsaufnahme und der nachträgliche Stuhlgang. Die Realität darf nicht ignoriert und der Tod nicht verneint werden! Die Fehler aus der Vergangenheit dürfen sich nicht wiederholen, daher lernen alle Einwohner mit ihrem speziellen Umfeld auszukommen. Trotz jeglicher Belehrungen fallen die Begegnungen zwischen den Menschen und den Pokémon nicht gerade positiv aus, weshalb die Bewohner des Friedhof ähnlichen Ortes immer noch Vorsicht walten lassen müssen. Vor allem jedoch WOLLEN sie es auch so, denn trotz der Taten von Aura sind die Einwohner von Vanitas Hollow immer noch skeptisch ihrem Umfeld gegenüber. Es fehlt ihnen daher immer noch eine wichtige Sache gegenüber dem Umgang mit den Pokémon: Respekt. Der, den die ehemalige Arenaleiterin in der Außenwelt versucht hatte zu verbreiten. „Uh?!“, kommt samt einem dumpfen Geräusch aus der Richtung des Jungen, der von seinem Klassenkamerad zu Boden gestoßen wird. „Was ist hier los?!“, ruft es fragend aus dem Hintergrund. „Herr Lehrer: Pit gibt wieder mit seinem Gramokles an!“, spricht der handgreiflich gewordene Junge zu einem Mann, um diesem die Situation zu erklären … Angeblich. „Aha?“ Schmunzelnd hockt sie der schlanke Brillenträger mittleren Alters zu den am Boden liegenden Kind, was sich zum Sitzen aufrichtet. „Hör mal: nur weil du der Sohn von Aura bist, darfst du deine Mitschüler nicht schikanieren!“ Worte der Belehrung, hinter denen böse Absichten stecken. Dieser Tag ist einer von vielen, dunklen Tagen in Vanitas Hollow; ein weiterer von vielen darauffolgenden Tagen für den bekanntesten Schüler von allen. „Aber … ?!“ „Kein ‚Aber‘! Wie oft haben wir das bereits durchgekaut? Willst du uns etwa schon wieder belügen?“ Belügen? Diese im Hals steckenden Worte mögen alles sein, aber keine Lügen! Pit schäumt vor Wut und Trauer, dreht jedoch seinen Kopf von allen Anwesenden weg und schweigt, während eine Träne an seinem Gesicht entlangrollt. „Seht nur: er weint schon wieder?!“ „Tu doch nicht so!“, brüllen zwei andere Schüler verachtend in die Runde, als Pit versucht seine negativen Gefühle zu unterdrücken. „Na, na, wir wollen es nicht gleich übertreiben! Ich hoffe du denkst über dein Handeln das nächste Mal noch intensiver nach … Vielleicht willst du uns aber auch allen einfach nur zeigen, wie gut dein Gramokles geworden ist, hm?“ Kämpfe in der Schule sind nicht erlaubt … Außer die Lehrkräfte verlangen es von ihren Schülern. Pit reißt seine dunklen Augen auf. Er weiß, was jetzt kommt. Gramokles ist nicht bereit dazu, er weiß es ganz genau! „Der Kampf wird benotet.“ Mindestens einmal in der Woche geschieht es, damit es nicht zu sehr auffällt: Irgendwann, wenn der Junge am verletzlichsten ist, wird dieser Zeitpunkt ausgenutzt. Besorgt drückt er den Finsterball an sich, den er nun in seinen beiden Händen krampfhaft festhält. Dieses Mal bekommen sie ihn nicht! „Was ist los? Willst du nicht kämpfen? Willst du eine noch schlechtere Note haben – als das letzte Mal? Oder … Nein?! Kann es sein? Möchtest du etwa ein schlechtes Licht auf deine Mutter werfen?“ Regelrecht zwanghaft konfrontiert ihm der Lehrer, als dieser vor seinem niedergeschlagenen Schüler steht, wobei dieser immer noch zitternd auf dem Boden sitzt. Schweigend dreht sich der hinterlistige Mann um. Die anderen drei anwesenden Schüler stürzen sich auf den Jungen und versuchen ihm den besonderen Pokéball aus den Händen zu reißen, dessen schwarzer Grund grüne Punkte zieren. „Nein?! NEIN!“ Nur ganz langsam reagiert der Lehrer darauf, als er sich gemütlich umdreht. „Was macht ihr da? … Chris?“, tut der männliche Lehrer bestürzt. „Ich will ihm nur helfen.“ „Verstehe: du willst ihm einfach nur zeigen, wo sich sein Finsterball befindet.“ „Was? Da-Das ist nicht wahr!“, ruft Pit herein, was ihm jedoch nicht vor dem Überfall seiner Mitschüler schützt. Prompt wird ihm das wichtige Item aus der Hand gerissen. „Du hattest nur vergessen, wo du ihn verwahrt hast und Chris wollte dir einfach nur dabei behilflich sein. So war es doch, oder?“ „Ja, hehe. Ja, Herr Geppel.“, gibt derjenige zu, der seinen Mitschüler zuvor zu Boden stieß. „Wir wollen alle nur helfen.“ Kichernd sehen sich die vier Personen abwechselnd an. Drei Jungen und ein Lehrer haben es auf den Sohn der ehemaligen Arenaleiterin abgesehen. Die gesamte Klasse steht derweil im Hintergrund und bekommt alles mit, jedoch: wer versteht genau, was dort passiert? Ihr Lehrer weiß stets, was richtig und was falsch ist. Er wird in den höchsten Tönen gelobt. Und selbst wenn, so wird es kaum jemanden interessieren, denn: Pit ist an ALLEM schuld! Egal, was geschehen wird, egal wer im Recht oder im Unrecht ist: dieser Junge IST schuld! Es wird keine einzige Ausnahme geben. „Ta-Tackle!“, ruft Pit seinen Gramokles nervös zu, was den Angriff ausführt. Allerding bemerkt er es zu diesem Augenblick. „Nein, warte! Es war …“ „Tackle?! BEI EINEM GEIST-POKÉMON?!“, fragt sein Lehrer lautstark darüber lustig machend nach. Die Kinder am Rand des Geschehens lachen, als das Schwert-Pokémon von Pit von dem seines Gegners Chris mit einem „Schattenstoß!“ angegriffen und dabei kurzerhand besiegt wird. Dennoch reicht es dem Rüpel nicht aus. „Noch einer!“ Ein metallisch klirrendes Geräusch kommt aus der Richtung des Pokémon von Pit, was einem Schrei gleicht. Das Zwirrlicht von Chris – ein weiteres Geist-Pokémon – hat es auf das Gramokles abgesehen, während es dieses mit seinem rot leuchtenden Auge fokussiert. „HÖR AUF! Tu Gramokles nicht weh!“ „… Dann solltest du, als Sohn der Ex-Arenaleiterin Aura, endlich lernen richtig zu kämpfen, findest du nicht?! Oder hast du etwa endlich verstanden, dass du gegen Chris einfach nicht gewinnen kannst?“, befragt ihn sein Lehrer gehässig. „Ist er etwa zu stark für dich? Vielleicht ist es an der Zeit es zu verinnerlichen und deine Karriere als Trainer zu überdenken.“ Mit einem sympathischen Lächeln wendet sich Herr Geppel daraufhin seinen anderen Schülern zu. „Die Unterrichtsstunde im Freien ist vorbei! Ich hoffe ihr habt alle etwas hieraus gelernt: Angeberei und leere Worte werden auf unserer Schule nicht geduldet! Seid daher bitte alle nett zueinander!“ Noch ein letztes Mal dreht sich der Lehrer zu seinem niedergeschlagenen Schüler um, was er als sein Opfer auserkoren hat. Sein schmieriges Grinsen kann nicht einmal mehr von den brennenden Lichtstrahlen der nicht in Vanitas Hollow existierenden Sonne übertroffen werden. „… Das gilt insbesondere für dich, Pit!“ Auch wenn sein Lachen nicht zu hören ist, so schallt es gnadenlos in den Kopf des gemobbten Jungen. Immerhin hat er den einen Wochentag überstanden: den schlimmsten von allen. Sicher ist jedoch: nächste Woche wird sich dieses unschöne Ereignis wiederholen … Als sich die gesamte Klasse entfernt und sich dabei auf den Abschluss des Unterrichts freut, bricht Pit in Tränen aus. Wie oft ist es jetzt schon bereits passiert? Schlussendlich umarmen ihn nur noch Trauer und Einsamkeit, die ihm in der Dunkelheit dieses verfluchten Ortes Trost vor dem Alleinsein spenden. Schniefend starrt der Junge zu seinem Finsterball in seiner rechten Hand. Wenn es doch nur etwas gäbe, was er sagen oder zeigen könnte … Aber alles was sie tun, ist legal und gerecht in den Augen der hiesigen Bewohner des Ortes. Selbst wenn es nicht wahr, geschweige denn gut gemeint ist. Das ist aber etwas, was er eventuell eines Tages selbst herausfinden und verstehen würde. Momentan sind die Pokémon jedenfalls seine einzigen Freunde an diesem unfreundlichen, dunklen Ort. „Sind sie wieder gemein zu dir?“, fragt ihn auf einmal eine junge Mädchenstimme, die sich zu Pit gesellt. Flüchtig erschreckt sich der Angesprochene. Schnell wischt sich dieser daraufhin die Tränen weg. „… Nein, gar nicht.“ „Warum lügst du?“ Hakt das Mädchen nach. Gleichgültig zuckt Pit mit den Schultern. „Mir glaubt eh niemand …“ Lächelnd sieht ihm das Mädchen mit den hellen, blauen Augen und den schulterlangen, blonden Haaren an. „Also, ich glaube dir.“ „Dann bist du die Erste.“, meint Pit verwundert, jedoch auch gleichzeitig erleichtert. Und so lernt der Sohn von Aura Pauline kennen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)