In die Arme des Bösen von FlameHashira (Wichtelgeschichte für Sturmdrache) ================================================================================ Kapitel 9: Chapter Nine ----------------------- Akazas Frage war lauernd und wissend zugleich. Es war völlig egal, was Kyojuro sagen oder tun würde, der Dämon hatte schon jetzt ein klares Ziel vor Augen und nicht vor, es sich nehmen zu lassen. Kyojuro verstand nur nicht, was das Ziel war. Er sah nur das, was für ihn mehr als offensichtlich war. Das, was für ihn absolut nicht zur Debatte stand. Also nutzte er seine freie Hand, trotz all der Rationalität, die dagegen sprach, um Akaza von sich herunterzuschlagen.   Seine Faust erreichte nicht einmal im Ansatz Akazas Gesicht oder irgendwas anderes von diesem Dämon. Stattdessen schlangen sich weitere kalte Finger um seine Hand und drückten sie neben Kyojuros Kopf in den Boden.   „Bist du etwa ein schlechter Verlierer, Kyojuro?“, gluckste Akaza über ihn   „Ich habe nicht verloren. Du hast geschummelt.“   Natürlich brachte diese Aussage Akaza nur noch mehr dazu, zu lachen. Vielmehr verunsicherte Kyojuro jedoch die Tatsache, dass sich die kühlen Finger nicht mehr nur fest um seine Handgelenke krümmten, stattdessen schoben sie sich höher und zwischen Kyojuros Finger. Sein Herz fing an, schneller zu schlagen, obwohl er sich der Bedeutung davon eindeutig verweigerte.   „Akaza ...?“, fragte er, nervöser als er es zuzugeben mochte.   „Da du mir keine Vorschläge entgegenbringst“, summte der Dämon, dessen Blick um ein Vielfaches dunkler zu werden schien. „Nehme ich mir, wonach es mir verlangt.“   Selbst wenn Kyojuro hätte etwas sagen wollen, hätte er es nicht gekonnt. Akaza beugte sich so schnell herunter, wie all seine Bewegungen passierten. Ihm entrann ein überraschtes Geräusch, als er einen weichen, kalten Druck an seinen Lippen empfinden konnte. Kyojuro war sich sicher, dass sein Herz einen Aussetzer machte, damit es kurz danach umso schneller weiter schlagen konnte. Er drückte sich mehr in den Boden hinein, überfordert von der Wucht an Empfindungen, die ihn überkamen.   Sein Bauch verfiel in völlige Panik – es war, als würde irgendwas nervös hindurch flattern und auszubrechen versuchen. Kurzzeitig überkam ihn ein Erzittern, während gleichzeitig jeder rationale oder irrationale Gedanke ausgelöscht wurde. Sein Auge wurde erst ganz groß, ehe es flatternd zufiel. In seinem Körper herrschte immer noch ein reger Kampf – Flucht und Kampfbereitschaft versuchten zu entscheiden, welche Reaktion gerade angebracht oder möglich wäre.   Als sich der kühle Druck von seinen Lippen entfernte, saugte er die Luft ein, als würde er fast ersticken. Sein Kopf fühlte sich völlig leer an, während sein Brustkorb vor Emotionen überzuquellen schien. Noch bevor er es schaffte sein Auge zu öffnen, trafen Akazas Lippen schon wieder seine. Erst noch genauso sanft wie der zuvor, aber schnell in etwas Intensiveres umwandelnd. Scharfe Reißzähne kratzten über seine Lippen, eine Zunge fuhr sie nach – entschuldigend und verlangend zugleich und bald schon zwang Akaza ihn förmlich dazu, seinen Mund zu öffnen.   Kyojuro entrann ein Wimmern, welches er mit sich selbst nicht in Verbindung bringen konnte. Er ergab sich unter Akazas Körper und Lippen, spürte immer noch das Kratzen über seinen Lippen, abgelöst durch eine Zunge, die sich in seinen Mund stahl und ihm jeden Atem raubte. Er kämpfte gegen die Hände, die ihn immer noch niedergedrückt hielten, während ihm ein Keuchen über die Lippen rann, welches direkt von Akazas hungrigen Mund verschluckt wurde. Erst als er wirklich neue Luft zum Atmen brauchte, begann er sich unter Akaza mehr zu winden – der Dämon bemerkte es entweder nicht oder er ignorierte es einfach völlig. Also drehte Kyojuro den Kopf grob zur Seite. Er spürte einen scharfen Schmerz durch seine Unterlippe ziehen, während er nach neuem Sauerstoff schnappte und das Auge geschlossen hielt. Metallischer Geschmack überkam kleckerweise seinem Mundraum und ließ ihn irritiert das Auge blinzelnd öffnen. Er leckte sich mit der Zunge über die verletzte Stelle – offensichtlich hatte er sich die Lippe leicht eingerissen aufgrund von Akazas Reißzähnen.   Das Knurren, welches rumpelnd von Akaza kam, ließ sofort eine Gänsehaut Kyojuros Körper erklimmen, als er wieder in die leuchten Augen eines Jägers sah. Er schluckte den Geschmack von Blut herunter, bevor der Dämon wieder auf ihn stürzte. Die Zunge umspielte seine Verletzung, fast etwas tröstend, nur damit kurz darauf von Akaza an eben jener gesaugt wurde, als würde er die Kostprobe seines Blutes mehr genießen, als irgendwas anderes. Kyojuro entrann ein Keuchen und Wimmern, während er sich gedanklich dafür schelte, das zu genießen. Beruhigend für sein schneller klopfendes Herz war die Tatsache, dass Akaza sich nicht lange an seiner blutigen Unterlippe aufhielt. Stattdessen drückten sich die Lippen, die scheinbar niemals warmzuwerden schienen, wieder ganz direkt auf die seine und küssten ihn wieder genauso intensiv wie die vorherigen Male.   Kyojuro verlor komplett jegliches Zeitgefühl. Sein Körper wurde unter Akazas ständigen Küssen weicher und nachgiebiger, bis seine Hände nicht mehr grob in die Erde gedrückt wurden. Stattdessen vergrub er bald seine Finger in pinkes Haar oder die ebenso pinke Weste, zogen und zerrten nach dem Dämon, um so viel Kontakt wie möglich zueinander aufzubauen. Jeder Kuss sorgte dafür, dass sich seine Lippen noch empfindlicher anfühlten, genauso sorgten sie jedoch dafür, dass er immer schwerer atmete. Die konzentrierte Atmung half nicht einmal ansatzweise dabei.   „Okay, okay ... Pause!“   Grob drückte Kyojuro gegen Akazas stämmige Schultern, damit sich der Dämon von ihm löste. Ihm war durchaus bewusst, dass dieser es eher zuließ, statt dazu gezwungen wurde. Tief durchatmend behielt er sein Auge geschlossen, ehe er es wieder öffnete und zu Akaza hochsah. Zufriedenheit konnte man deutlich vom Gesicht des Dämons ablesen, doch plötzlich wandelte sie sich in Ungeduld.   „Oh! Ich sollte dich wohl so langsam wieder nach Hause bringen, Kyojuro“, summte er.   Es war ungewohnt, als Akaza von ihm herunterstieg und er sich nun wirklich komplett frei anfühlte. Kyojuro musste einige Male blinzeln, bevor er Akazas ausgestreckte Hand registrierte.   „Lass mich dir hoch helfen“, schnurrte der Dämon.   Nach reichlicher Überlegung, ob er Akaza diesen Sieg lassen würde, griff er dann aber doch nach der dargebotenen Hand und wurde mit einem Ruck auf die Beine gezogen, der Kyojuro genauso gut einen Baum hinaufschleudern lassen könnte. Er musste sich an Akazas Oberarm festhalten, um nicht einfach wieder nach vorne umzukippen, bevor er etwas beleidigt eine Schnute zog. Er löste sich von dem Dämon, um stattdessen zu dem Baum zu laufen, in welchem immer noch sein Katana feststeckte. „Geht die Sonne bald auf?“   „Hm? Oh nein“, Akaza winkte ab.   Kyojuro runzelte die Stirn: „Warum ... willst du mich dann nach Hause bringen?“   „Du bist ein Mensch und brauchst deinen Schlaf“, verdrehte der Dämon die Augen.   Womit dieser ja auch Recht behielt – dennoch kam es ein wenig unerwartet. Kyojuro nickte trotzdem ein wenig, bevor er Akaza folgte, welcher mittlerweile nicht mehr seine Hand hielt, aber vorausging. Er würde sein Zuhause auch von diesem Winkel des Dorfes wiederfinden. Er könnte das ansprechen, aber er wusste ziemlich sicher, dass es Akaza nicht davon abhalten würde, ihn nach Hause zu bringen. Tatsächlich störte es Kyojuro auch nicht, selbst wenn sein Verstand noch deutlich Kreise drehte, unfähig rational zu bleiben.   Und dann waren sie auch schon wieder bei seinem Zuhause.   Aber irgendetwas war ... anders.   Kyojuro wusste nicht, was es war, er hatte nur ein schlechtes Bauchgefühl, als sie vor dem Eingang stehen blieben.   „Hm? Alles in Ordnung?“   Überfragt sah er zu Akaza. Wenn irgendwas nicht stimmen würde, dann wäre Akaza doch auch alarmiert, richtig? Also war es vielleicht nur Kyojuros verwirrte Moral oder dergleichen.   „... nein, alles gut“, antwortete er also zaghaft.   Aber es war überhaupt nichts in Ordnung.   Kyojuro trat vor Akaza durch das offenstehende Tor, welches er direkt hinter ihnen schloss, als ihm nun der Geruch von Feuer in die Nase stieg. Sofort spannte er sich an und drehte sich ruckartig um. Anstatt Akaza zu fragen, ob er das auch riechen konnte, ging er voraus, um dem Geruch zu folgen. Und dann sah er direkt in Flammen. Sie fingen langsam an, immer mehr Rauch in die Luft steigen zu lassen. Die ganzen Pflanzen und Beete schienen zu brennen.   „Was ...“, atemlos starrte er ihnen entgegen, als er sich alarmiert umsah.   Er musste nicht lange suchen, denn durch die offenstehende Tür stürmten vermummte Personen. Dieselben, welche sie versucht hatten zu überfallen, mit Senjuro zwischen ihnen, der gleichermaßen verheult, als auch panisch aussah.   „Aniue!“, schrie er schniefend nach ihm, während er gleichzeitig zu versuchen schien, mutig zu erscheinen.   „Senjuro-“   „Das ist er!“, zischte eine der fremden Personen. „Er hat ihn umgebracht!“ „Was?“ Was!? „Wovon sprecht ihr?“   „Du hast unseren Bruder umgebracht! Seinen Kopf abgerissen wie ein Monster – glaubst du, ein Begräbnis wird dich vor einer Strafe bewahren!?“   „Ich- nein! Ich habe niemanden getötet!“, versuchte Kyojuro sich zu erklären.   „Wer soll es denn sonst gewesen sein!? Dieser Zwerg hier? Fein!“   „Nein! Keiner von uns war es. Es war-“, als er sich umdrehte – teilweise Hilfe suchend, als auch bestrafend, ging sein Blick ins Leere.   Wann war Akaza verschwunden!?   „Euren alten Sack habt ihr scheinbar auch auf dem Gewissen!“   „Was!?“   Redeten sie von ihrem Vater? Fragend sah er zu Senjuro, aber dieser gab ihm keinerlei Zeichen für irgendwas, was ihm diese Frage beantworten könnte. Kyojuro war gerade auch viel mehr daran, dafür zu sorgen, dass Senjuro hier heil aus der Sache herauskam.   „Hört mal- das ... das ist ein Missverständnis“, meinte Kyojuro nun so beruhigend wie möglich. „Wir können das sicherlich miteinander klären, nur ... lasst ihn los.“   Was sollte er tun? Was sollte er tun? Das waren keine menschenfressende Monster, es waren Menschen. Es waren Menschen, die seinen Bruder festhielten und einen Dolch an den Hals drückten. Er musste Senjuro retten. Aber wie machte er das? Er hatte immer wieder Menschen aus brenzligen Situationen gerettet, mit irgendeinem Trick, damit dass er so viel schneller war als die Dämonen.   Aber es waren Dämonen gewesen.   Das hier waren Menschen.   „Du willst reden? Fein!“, schnaubte eine der vermummten Personen. „Wirf dein Katana ab und wir reden!“   Er sollte sich entwaffnen. Das gefiel Kyojuro nicht, aber noch weniger gefiel ihm der Gedanke, dass Senjuro etwas passieren könnte. Also biss er die Zähne unzufrieden zusammen, zischte leise.   „Fein! Ich mache es!“, kündigte Kyojuro an, als er nach seinem Katana griff.   „Hey! Langsam! Ganz langsam!“   Kyojuro presste unzufrieden die Lippen aufeinander, nickte aber ein wenig und bewegte sich so langsam wie möglich. Bis er das Katana schließlich wirklich in eine Richtung warf, wo keiner der Männer stand.   „Ich bin unbewaffnet“, sagte er nun. „Also-“   „Gut!“   Dann versenkte sich ein Dolch tief in Senjuros Oberkörper.   „Nein!“ Kyojuro machte einen geschockten Schritt auf die Männer zu, während er Senjuro leise ächzen hörte – er schrie nicht, er war offensichtlich selbst völlig erschrocken und überrascht von dem, was geschehen war. Dann fiel er zu Boden, als die Männer von ihm abließen. Kyojuro beobachtete wie Senjuro in sich zusammenklappte, die Hände überfordert auf die blutige Stelle drückte. Er konnte sehen, wie sich irgendwelche Klingen auf ihn zubewegten, vermutlich sogar sein eigenes Katana, doch sie trafen ihn nicht.   Ein blauer Blitz schien den Ort zu durchstreifen und jeder der vermummten Männer hielt ihn und fiel in sich zusammen – kopflos, mit zerschlagenen Gesicht oder aufgeschnittener Kehle. Kyojuro würde sich normalerweise darum kümmern, aber sein Blick blieb voll und ganz auf seinen Bruder liegen.   „Senjuro!“, rief er schließlich, als er nach vorne stürmte. Sofort umfasste Kyojuro den Körper seines Bruders, um ihn an sich zu lehnen, seine Hände schoben die von Senjuro zur Seite, drückten so fest wie möglich auf die Blutung. „Es wird alles gut ... es wird alles gut ...“, murmelte Kyojuro so beruhigend wie möglich, während er versuchte, die nächsten Schritte rational zu erfassen.   Er hatte es gelernt. Erste Hilfe und alles was dazugehörte, wie half man seinen Kumpanen, bis die Kakushi da waren. Was hatten sie getan, um ihn zu retten?! Warum fühlte sich sein Verstand so leer an?   „Aniue ...“, murmelte Senjuro bereits geschwächt.   „Bleib bei mir“, flüsterte Kyojuro zurück. „Ich ... ich bringe dich zu Kocho-san. Ich muss nur die Blutung vorübergehend stoppen.“ Würde das lange genug helfen? Aber bei ihm hatte die Zeit auch ausgereicht!   „Er wird es nicht schaffen, Kyojuro.“   Wie vom Blitz getroffen drehte er den Kopf und entdeckte Akaza. Der blaue Blitz. Er stand neben ihnen, den Blick bewertend, kritisch – nicht ansatzweise mitfühlend oder traurig.   „Das ist deine Schuld! Du hast-“   „Ich kann ihm helfen.“   „W-was?“   „Du weißt, dass ich ihm helfen kann.“   Das Dämonenblut. Natürlich.   „Ja ... gib ihm etwas von deinem Blut! Dann wird es verheilen, richtig?“   Der Hoffnungsschimmer starb so schnell, wie er gekommen war.   „Es kann Wunden heilen, wenn sie nicht mehr lebensbedrohlich sind. Das hier ... ah, nein. Das wird nichts.“   „Was?“, seine Stimme wurde ein Fiepsen, aufgeregt und verwirrt. Wie viel von dem, was Akaza sagte, war wahr und was falsch? „Du willst ihn verwandeln!? Niemals!“   „Also willst du, dass er stirbt?“   „Nein!“, brüllte er Akaza förmlich entgegen. Er spürte wie seine Hände immer glitschiger von Blut wurden und sofort richtete sich sein Blick auf Senjuro's blasser Gestalt, er schaffte es kaum die Augen offenzuhalten. „Senjuro ...“   „Er wird sterben. Wenn er tot ist, kann ich auch nichts mehr tun.“   Nein, nein, nein.   „Aber ...“, flüsterte Kyojuro leise.   Es gibt immer eine Möglichkeit, jemandes Meinung zu verändern.   „Du warst das alles ... du hast diese Kerle ...“ Es war alles geplant gewesen.   „Ich verwandele ihn“, redete Akaza weiter. „Und dafür, dass ich sein Leben rette, wirst du mir deines geben. Du wirst ebenfalls ein Dämon und ich stelle euch unseren Meister vor und dann werden wir jahrhundertelang zusammen leben. Nichts wird eine Gefahr für uns werden.“   Kyojuros Verstand fühlte sich wattig an. Wie damals, als er mit Medikamenten vollgepumpt worden war.   „Kyojuro!“ Er fühlte, wie kalte Hände sein Gesicht umfasste und dazu zwangen, dass er Akaza ansah. Kyojuro sah Blutspritzer auf dessen Gesicht, vermutlich davon, wie er all die Männer getötet hatte. „Sag, dass du zustimmst! Sag es!“   Kyojuro konnte förmlich spüren, wie das Leben immer mehr aus Senjuros Körper wich. Er wurde weicher und sackte mehr zusammen, das Blut war einfach überall.   „Ja ...“   „Was ja?“   „Ja! Ich stimme zu! Jetzt rette ihn endlich!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)