Die Prinzessin und der Tyrann [Tora x OC] von Snowprincess3 ================================================================================ Kapitel 3: Katzenohren und andere Katastrophen ---------------------------------------------- ~~~ Dass mein Wecker jetzt kaputt war, empfand ich als äußerst dumm und ärgerlich. Weitere Patzer durfte ich mir nicht erlauben. Deshalb kaufte ich mir direkt nach der Arbeit einen neuen. Als hätten wir für so etwas Geld. Damit Herr Okumura nicht wieder meckerte, brachte ich auch endlich unsere Namensschilder an. Puh, das wäre geschafft. Ich betrat die Küche, in der meine Mutter saß und sich ihre Hände an einer Tasse Tee wärmte. Liebevoll lächelte sie mich an. „Wie war es in der Schule? Wie ist deine neue Arbeit, Liebes?“, erkundigte sie sich sanft. Auch ich goss mir eine Tasse Tee ein, bevor ich mich zu ihr setzte. Es zerriss mir jedes Mal aufs Neue das Herz sie in einem derart schwachen Zustand zu sehen. „Es läuft gut, ich habe alles im Griff“, lächelte ich unerschütterlich, damit sie sich keine unnötigen Sorgen um mich machte. In gewisser Weise war das nicht einmal gelogen. Höchstens maßlos übertrieben. Aber ich wollte sie nicht unnötig belasten. Ihre Sorgen waren schon groß genug, auch ohne dass ich sie zusätzlich verschlimmerte. „Das freut mich“, seufzte sie voller Erleichterung hervor, wobei ihre Stimme gewohnt schwach klang. „Du solltest dich besser noch etwas hinlegen“, schlug ich umsichtig vor. Verbissen schüttelte sie den Kopf. „Nein... ich muss noch aufräumen“, sie deutete auf das heillose Chaos, das in unserer Wohnung herrschte. Wir hatten bislang noch keine Zeit gehabt, uns hier richtig häuslich einzurichten. Dabei waren wir beide eigentlich sehr ordentlich. „Es ist in Ordnung, wenn du dich ausruhst“, beharrte ich streng, „Ich mach das schon.“ Ich brachte sie noch in ihr Zimmer, deckte sie sorgfältig zu und bat sie mir Bescheid zu geben, falls sie etwas brauchte. Keine zwei Minuten später war sie tief und fest eingeschlafen. Wir mussten dringend zusehen, dass sie im Laufe der Woche noch einmal zum Arzt kam. Seufzend machte ich mich an die Arbeit, um die ganze Wohnung aufzuräumen und zu säubern. Eigentlich war ich todmüde. Aber meine Mutter hatte doch nur noch mich. Sie brauchte mich, war auf meine Hilfe angewiesen. Da musste ich durch. Zusammen würden wir das schon irgendwie schaffen. Es würde uns gelingen aus diesem Tief herauszukommen. Danach ging es uns sicher besser. Irgendwann mussten auch mal wieder bessere Zeiten einkehren. Eigentlich waren diese Schikanen des Schulsprechers noch harmlos gegen das, was uns in der Vergangenheit widerfahren war. Dadurch war ich abgehärtet. Ich würde auch ihn und seine Launen überstehen. Ja, genau das würde ich. Zumindest glaubte ich das in diesem Moment. Launen des Schulsprechers, ganz toll! Übermut tut selten gut oder kommt dieser vor dem Fall? Ungeduld war aber auch nicht gerade besser. Meinen Dienst als Laufbursche des Schülerrats war ich nur widerwillig angetreten, das hieß, ich wollte mich dem stellen. Denn sobald ich den Raum der Schülervertretung erreicht hatte, wurde mir schlagartig bewusst, was es bedeutet hätte mich meinem Schicksal so einfach widerspruchslos zu beugen. Wahrscheinlich lachte sich dieser Kerl bereits ins Fäustchen. Aus diesem Grund hatte sich meine Wut deutlich angestaut, als ich schließlich vor ihm stand. Igarashi blickte erst gar nicht von seinen Unterlagen auf, denen er sich gewidmet hatte, sondern deutete auf einen weiteren Blätter-Stapel vor sich. „Bring diesen Stapel zu Kanade. Er ist in seinem Klassenzimmer am anderen Ende der Schule“, trug Igarashi mir nahezu gelangweilt auf. War ja witzig, er wollte mich wohl durch die riesige Schule jagen wie einen Hund. Aber ich machte erst gar keine Anstalten seiner Aufforderung nachzukommen. Schließlich war ich kein Teil des Schülerrats. Aber ich war auch nicht seine Dienerin. Mindestens fünf Minuten stand ich einfach nur da. Erst nachdem diese verstrichen waren, blickte der Schulsprecher schließlich von seinem Schreibtisch auf. „Was stehst du noch hier? Du sollst diese Unterlagen zu Kanade bringen, habe ich gesagt“, kommandierte er mich ungeduldig herum, oder er versuchte es wenigstens. „Du drohst mir dafür zu sorgen, dass ich von der Schule fliege, wenn ich nicht deine Leibeigene spiele? Wegen einer Lappalie?“, fragte ich zornig, die Adern über meinen Augen zuckten gefährlich. „Ja“, erwiderte er matt. Oh, was für ein arroganter Kerl! „Dann habe ich Neuigkeiten für dich“, begann ich angriffslustig und ballte meine Hände zu Fäusten, „Ich denke ja gar nicht erst daran, also versuch es ruhig!“ Daraufhin lachte Igarashi fies. „Oh, ein Wort von mir genügt und du siehst diese Schule nie wieder von innen“, verkündete er geradezu belustigt. Ha ha. Wie hatte ich auf diese Worte gewartet. Auf einmal war es an mir kühl zu lachen. Das war zu viel des Guten. Hime Hiya ließ sich nicht alles gefallen. Irgendwann drehte auch sie ab. Und dieser Tora Igarashi trieb es eindeutig auf die Spitze. „Typen wie dich kenne ich, Igarashi“, begann ich mit einem freudlosen Lachen. Mir war gleichgültig, ob ich dabei wie eine Verrückte klang. „Menschen wie du, die über Einfluss und Reichtum verfügen. Diese nutzt ihr schamlos und gnadenlos aus, um über alles und jeden Macht auszuüben. Aber solange ich atme, solange ich lebe, werde ich nicht klein bei geben und vor jemandem wie dir kuschen! Denk von mir, was du willst. Meinetwegen kannst du mich von der Schule werfen lassen. Jemand wie du wird nie – NIEMALS - Einfluss auf mein Leben haben und es zerstören! Selbst wenn ich nicht weiter an die Miyabigaoka gehen kann, finde ich einen Weg weiterhin meine Ziele zu verfolgen!“, schloss ich mit inbrünstiger Überzeugung. Ich war stolz auf mich und meine kleine Rede, denn meine Überzeugung war darin gut zum Ausdruck gekommen. Mit großen Augen starrte er mich an. Ja, da konnte er staunen. Doch das Erstaunen über mein aufmüpfiges Verhalten hielt nur einen kurzen Augenblick an. Im nächsten Moment grinste er süffisant. „Bist du fertig mit deiner kleinen Rede?“, fragte er überheblich. Hatte er etwa nicht mitbekommen, dass ich ihn nicht respektierte? Dass seine Einschüchterungstaktiken bei mir nicht zogen? „Ja, ich denke doch. Sollte mir noch etwas zu dem Thema einfallen, nachträglich meine ich, lasse ich es dich wissen“, erwiderte ich schlagfertig. „Dann kannst du jetzt gehen“, entließ er mich trocken. Jetzt war es an mir ihn überrascht anzusehen. Hatte er es nicht mitbekommen? Dabei hatte ich geglaubt ich müsste mit dem Schlimmsten rechnen, wenn ich mich gegen ihn auflehnte. „Du kannst gehen“, wiederholte er eine Spur eindringlicher. Ich blinzelte, wandte mich jedoch zum Gehen um. Yeah! Es sah ganz so aus, als ginge diese Runde an mich. Als hätte ich gewonnen. Allerdings irrte ich mich gewaltig, denn es hatte noch nicht einmal begonnen kompliziert zu werden. Als ich mich an diesem Nachmittag auf den Weg zur Arbeit machte, erwischte ich mich dabei, wie ich mich immer wieder suchend umblickte. Die Angelegenheit mit Igarashi hatte mich tatsächlich paranoid werden lassen. Jetzt befürchtete ich schon, man würde mich beschatten. Wie lächerlich! Mit einer geringen Verzögerung erreichte ich schließlich das Maid Latte, war aber immer noch pünktlich zum Beginn meiner Arbeitsschicht dort, sodass mir noch genügend Zeit blieb, damit ich mich umziehen konnte. „Ach, freue ich mich darauf, wenn du bald bei einem größeren Event dabei bist“, begann Satsuki munter und drückte mir einen Haarreif in die Hand, an dem helle Katzenohren befestigt waren, die erstaunlich gut zu meinen karamellbraunen Haaren passten. Ach ja, hatte ich ja beinahe völlig vergessen, heute war Katzenohrentag. „Wir hatten vor gar nicht allzu langer Zeit erst einen Katzenohrentag. Aber ich fand es so niedlich, dass ich direkt noch einen veranstalten musste. Oh, Hime, das steht dir wirklich gut“, stellte Satsuki voller Begeisterung fest. Ich bewunderte sie dafür, dass sie einfach immer gut drauf zu sein schien. Egal ob mal schlechtes Wetter herrschte oder nicht – ihre Laune blieb stets heiter. Aber irgendwie machte das auch das freundlich warme Klima im Maid Latte aus. Misaki arbeitete heute nicht, aber die drei Stammgäste, die immer ihretwegen kamen, waren trotzdem da und ich musste sie bedienen. Irgendwie erfüllte es mich mit etwas Genugtuung, dass ihnen das zu gefallen schien. Der Schulsprecher der Miyabigaoka hatte mich ganz schön aufgemischt. Nach Kräften bemühte ich mich meinen Kolleginnen zu demonstrieren, dass ich als Maid prima geeignet war. Besonders Honoka schien ja daran zu zweifeln. Nach diesem harten Arbeitstag fühlte ich mich so erschöpft, dass ich mich sehnlichst auf mein Bett freute. In den darauffolgenden eineinhalb Wochen bekam ich einen Rhythmus für all meine Pflichten. Die Schule, das Lernen, den Haushalt zu führen und gleichzeitig meinen Job im Maid Latte zu meistern. All das war gar nicht so leicht zu managen, doch mir gelang es trotzdem irgendwie nicht den Überblick zu verlieren. Wobei ich gestehen musste, dass mich das Ganze schon etwas auslaugte. Satsuki bemerkte das natürlich sofort. Obwohl sie gern und viel redete, war sie dennoch sehr aufmerksam und ihren Augen entging nichts. Sie kannte meine häusliche Situation nur so weit, dass wir nicht viel Geld besaßen. Mehr wusste sie auch nicht. Ungern weihte ich Außenstehende in unsere Probleme ein. Allmählich wurde ich zu einer Person voller Geheimnisse, die sich überall verstecken musste. Doch anders ging es nicht, dessen war ich mir bewusst. Was Igarashi betraf, so hatte ich das Gefühl, dass er sich von mir zurückgezogen hatte. Das war gut. Vermutlich war es nur eine Phase gewesen. Eine kleine Laune seiner Langeweile. Ein kurzer Anflug von „was auch immer“, der ihn befallen hatte - zum Totlachen. Jemand wie ich musste auch auf Dauer viel zu langweilig sein. Ehrlich gesagt erleichterte mich dieser Umstand. Es schwächte auch meine Paranoia ab. Jetzt sah ich mich nicht mehr jedes Mal hektisch um, sobald ich mich auf dem Weg zur Arbeit befand. Vermutlich wäre es besser gewesen mich nicht direkt in Sicherheit zu wiegen. Trotzdem beschäftigten mich andere Dinge mehr. Beispielsweise der instabile Zustand meiner Mutter, der sich zunehmend verschlechterte, weil sie sich so viel sorgte. Allerdings wunderte es mich nicht. Schließlich hatten wir einiges erlebt und mussten immer noch befürchten, dass man uns eines Tages womöglich aufspürte. Es war also meine zweite Woche im Maid Latte und inzwischen hatte ich mich einigermaßen mit der Arbeit angefreundet. Manchmal machte es mir sogar richtig Spaß. Es war einer der wenigen Tage, an denen die Maids ohne ihre Chefin auskommen mussten, weil diese zu irgendeiner wichtigen Besprechung musste. An diesem Tag war ebenfalls ein Event vorgesehen. Allerdings wieder nur ein kleines, bei dem sich die Maids verschiedenfarbige Bänder ins Haar binden mussten. Meines war rosafarben und ich fand es eigentlich ganz hübsch. Subaru hatte mir dabei geholfen, als ich mit meiner Frisur nicht zurechtgekommen war. Sie selbst trug schwarze Bänder im Haar, Honoka blaue und Misa rote. Fast rechnete ich damit, dass Usui wieder auftauchen würde. Er war auffallend oft hier. Dabei erweckte es den Eindruck als würde Misa sich darüber aufregen. Im Grunde freute sie sich über seine Anwesenheit, da war ich mir sicher. Auch wenn Misa etwas anderes behauptete, in meinen Augen waren sie das ideale Liebespaar. Irgendwie niedlich, aber wieso ausgerechnet ich so etwas dachte, war mir schleierhaft. Die unterschiedlichen Events waren anscheinend besonders beliebt bei den Gästen, so auch dieses. Gerade hatten wir die Stoßzeit hinter uns und die Gäste wurden weniger, sodass man allmählich wieder durchatmen konnte. Misaki und ich hatten beide unsere Pause gehabt, doch Subaru und Honoka hatten unaufhörlich gearbeitet. „Geht euch doch mal etwas ausruhen“, schlug ich schließlich lächelnd vor und schob einen Stuhl ordentlich an den Tisch zurück. „Genau, den Rest können wir erledigen. Im Moment ist ja nicht viel los“, ergänzte Misa. Honoka und Subaru gaben schließlich nach, während Misa und ich aufräumten und die übrigen Gäste bedienten. Wobei sich mal wieder zeigte, dass wir ein gutes Team waren. Gerade hatte ich ein beladenes Tablett nach hinten in die Küche gebracht, als die Türglocke des Maid Latte erneut erklang und Misa ihren üblichen Satz sagte, wobei sie allerdings ungewöhnlich entgeistert klang. Sonst klang sie jedenfalls wesentlich überzeugender. Ich blickte in den Hauptraum, ein Glück dass ich das tat und ich nicht einfach hineinging, und mir klappte vor Schreck förmlich die Kinnlade herunter. Niemand Geringeres als Tora Igarashi hatte das Café betreten! Oh Schreck, lass nach, nicht der! Mir fielen wirklich fast die Augen aus dem Kopf. Rasch versteckte ich mich hinter dem Vorhang und spähte vorsichtig zur Eingangstür. Mein erster Gedanke war, dass es vorbei war. Dass der Schulsprecher mein Geheimnis gelüftet hatte. Dann lachte etwas in mir auf. Das war doch nur reiner Zufall. Genau... ein schlimmer, aber es war einer. Er war rein zufällig hier. Anders konnte ich mir das nicht erklären. Allerdings hatte Misaki mich anfangs vor ihm gewarnt. Da war es nur logisch, dass sie ebenfalls das unerfreuliche Vergnügen gehabt hatte seine Bekanntschaft zu machen. „Tora Igarashi“, hörte ich Misa erstaunt sagen, „Was machst du denn hier?“ Sie klang auch nicht sehr erfreut darüber ihn an diesem Ort zu sehen. Anscheinend war er wirklich sehr beliebt. Aufgesetzt charmant lächelte er sie an. „Wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Ich habe dich vermisst, Misaki Ayuzawa“, verkündete er amüsiert. Achso. Ha ha, und ich hatte schon gedacht... Er war tatsächlich wegen Misa hier, auch wenn sie mir deswegen furchtbar leid tat. Demnach kannten sie sich wirklich besser. Vielleicht weil sie beide Schulsprecher waren. Aber so etwas hatte ich bereits vermutet, nach Misas Reaktion, als sie erfahren hatte, an welche Schule ich ging. Ihre Warnung hatte ja darauf hingewiesen, dass sie bereits Bekanntschaft mit dem Schulsprecher der Eliteschule gemacht hatte. „Du bist hier nicht erwünscht“, verkündete Misa zu meiner Erleichterung. „Ach? Springt man so mit seinen Gästen um?“, erwiderte Igarashi höhnisch, trat an Misa vorbei und setzte sich einfach an einen der freien Tische. Oh nein, auch das noch! Konnte er sich nicht verziehen? Ich musste noch eine gute Stunde arbeiten. Neben mir erklang ein eindringliches Räuspern, gefolgt von Honokas finsteren Stimme, die mir einen Schauer über den Rücken jagte. Manchmal war sie echt unheimlich. „Faulenzen ist nicht, wenn du eine richtige Maid sein willst“, warnte sie mich düster. Ich bekam kein Wort zustande, deutete aber nach drinnen, wo Misa widerwillig Igarashis Bestellung aufnahm. „Jetzt geh schon“, drängte Honoka ungeduldig und schob mich an den Schultern nach draußen, noch bevor ich reagieren konnte. Rasch wandte ich mich um und steuerte auf einen Gast in der entgegengesetzten Richtung zu, der mich zu sich gewunken hatte. Vielleicht bemerkte Igarashi meine Anwesenheit ja nicht? Mein Spruch kam eher verkrampft rüber und ich sprach so leise wie möglich mit dem Versuch meine Stimme ein wenig zu verstellen, was eher klang als hätte ich einen Frosch verschluckt. Mir war so schlecht, dass ich mich zusammenreißen musste nicht aus den Latschen zu kippen. Mensch, ich war doch sonst nicht so drauf! Was war nur los mit mir? Ließ ich mich etwa doch von jemandem wie ihm einschüchtern? „Haben Sie mich gehört? Ist alles in Ordnung?“, fragte der Gast sichtlich besorgt, was mich schlagartig aus meiner Starre riss. Trüb nickte ich und zog mich etwas zurück. Na ja, meine helle Haarfarbe hatten bestimmt viele Mädchen, versuchte ich mich zu trösten. Vielleicht bemerkte Igarashi mich ja auch gar nicht. Auf einmal tauchte Misa neben mir auf, worauf ich heftig erschrak und zusammenzuckte. „Alles in Ordnung, Hime?“, erkundigte sie sich leise. Als ich sie anblickte, schien sie sofort zu begreifen. „Oh“, meinte sie verblüfft. „Am besten du gehst nach hinten, ich übernehme deine Gäste“, schlug sie verständnisvoll vor, weil sie begriffen hatte, dass ich nicht von Igarashi gesehen werden wollte, und schob mich bereits unauffällig in Richtung Hinterzimmer. Was für ein Glück, dass Misa wusste, was in etwa in mir vorging. Ich war so dankbar darüber, dass mein Geheimnis noch bewahrt blieb, dass ich meinen Blick zu ihr umwandte. Ein schwerer Fehler, denn im nächsten Moment registrierte ich, dass Igarashi nicht mehr an seinem Platz saß. Eigentlich ein positives Zeichen, doch dann wandte ich mich in Richtung Tür, um schnell in den Personalbereich des Cafés zu huschen und da stand er plötzlich. Er stand genau vor mir. Jetzt war es passiert! Es war eindeutig zu spät, meine Tage waren gezählt. Ich konnte einpacken. Schließlich blickte ich ihn direkt an, mit vor Schreck geweiteten Pupillen. Da nützte es mir auch nichts mehr mich zu verstecken. Doch auch Igarashi wirkte erstaunt mich hier zu sehen. Allerdings brachte es mir jetzt auch keine Erleichterung zu wissen, dass er mir wohl doch nicht bis zu meinem Arbeitsplatz gefolgt war. Er hatte sich schnell wieder gefangen, denn plötzlich fing er an aus voller Seele zu lachen. Womit hatte ich das nur verdient? „Du störst die Gäste“, informierte Misa ihn trocken, aber Igarashi brauchte eine Weile, bis er sich wieder weitgehend beruhigt hatte. „Nein, das ist wirklich zu köstlich“, lachte er erheitert. Anstatt mich darauf anzusprechen, dass ich eine Maid war, verließ er lachend das Café. Das war zu viel für mich. Mein Kopf lief knallrot an. Jetzt hätte ich unsere Schuldeneintreiber dem Schulsprecher eindeutig vorgezogen. Auf dem Weg zur Bahnstation erzählte ich Misa, was es mit dem Schulsprecher auf sich hatte und wie ich mich gegen ihn gestellt hatte. „Das ist wirklich... Ich kann immer noch nicht fassen, dass Igarashi herausgefunden hat, wo ich arbeite“, schloss ich mit verzweifeltem Blick. Misa wirkte zunehmend ernst. „Meine ganze Ernsthaftigkeit als Stipendiatin ist dahin. Er wird auf mir herumtrampeln wie auf einem Käfer“, seufzte ich entmutigt hervor. Eigentlich konnte ich wieder meine Sachen packen und umziehen. „Weißt du, Hime, ich hatte auch schon meine Differenzen mit ihm“, gestand Misa, worauf ich sie erstaunt anblickte. Dann erzählte sie mir von ihrer ersten Begegnung mit Tora Igarashi. Wie er den vornehmen Gentleman gemimt hatte, ganz charmant gewesen war, ihr sogar angeboten hatte von der Seika auf die Miyabigaoka zu wechseln und dem dortigen Schülerrat beizutreten. Ich war fassungslos, als sie mir stockend berichtete, was er mit ihr angestellt hatte. „Dieser elende Schuft!“, knurrte ich finster mit geballten Fäusten. Schade dass mein Aikido gegen ihn anscheinend nichts nützte. Ich hatte es bereits als letzte Maßnahme gegen ihn in Erwägung gezogen. Aber nach allem, was Misa mir soeben berichtet hatte, schien das hoffnungslos zu sein. „Wie bist du aus dieser Situation herausgekommen?“, fragte ich verzweifelt, weil ich nicht weiter wusste. Misa errötete sichtlich und lächelte verlegen. „Ehrlich gesagt hat Usui mir damals aus der Patsche geholfen“, seufzte sie. Oh. Damit konnte ich selbstverständlich nicht aufwarten. Also mit jemandem, der mich rettete. Misa hatte es echt gut, Usui schien wirklich ein toller Kerl zu sein. Offenbar bedeutete sie ihm sehr viel. „Tja, da hilft wohl nur noch auswandern“, stöhnte ich und fasste mir an die Schläfe. Wie großartig! „Du willst aufgeben?“, wunderte sich Misa, die das anscheinend nicht erwartet hätte. „Ja... ich meine… Nein... ich weiß es nicht“, räumte ich mutlos ein und ließ betrübt die Schultern hängen. Ich wusste ja selbst nicht, was ich jetzt tun sollte. Innerlich fürchtete ich mich vor Igarashis Reaktion, denn die eigentliche Konfrontation mit ihm stand mir erst noch bevor, sobald ich das nächste Mal zur Schule ging. Ist doch verrückt, dass man sich vor so etwas Banalem fürchten kann. ~ ~ ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)