Never let me go von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 4: A joke is just another way of telling the truth ---------------------------------------------------------- „A joke is just another way of telling the truth“   Placebo, „Hugz“   Michizo Tachihara gähnte mit weit aufgerissenem Mund. Sein gelangweilter Blick wanderte kurz zum Nachthimmel über dem Hafen Yokohamas hinauf, dann wieder auf die gähnend leere Umgebung um ihn herum. Nein, solche drögen und sterbenslangweiligen Patrouillengänge waren absolut nicht sein Ding. Seit Stunden schlurfte er durch die Straßen der Speicherstadt, kontrollierte die schmalen Gassen zwischen den Lagerhäusern und bekam dabei zusehends schlechtere Laune. Personalmangel. War das sein Problem?? Nein, war es nicht. Und trotzdem musste er es ausbaden. Er sah nicht, dass Koyo oder Kajii zum Bewachen wichtiger Lieferungen abgestellt wurden. Wobei Letzterer wirklich nicht zur Überwachung von irgendetwas taugte. Ginge es darum, die Lieferungen in die Luft zu jagen, wäre er sicher die erste Wahl. Und Koyo würde ihn allein für den Gedanken, dass sie so eine Arbeit erledigen sollte, aufschlitzen. Tachihara erschauderte. War vielleicht besser, dass die alle nicht hier waren. Chuuya und Akutagawa waren anderweitig im Einsatz, wodurch an tatsächlich brauchbaren Mitgliedern der Hafen-Mafia nur mal wieder die Schwarze Echse übrig war. Und er gegen Gin bei Stein-Papier-Schere verloren hatte, sodass sie zusammen mit Hirotsu und all ihren Untergebenen die Lieferungen bewachte, während er und seine Leute draußen herumgeistern mussten. Der rothaarige Mafioso stöhnte unzufrieden in die Nachtluft hinein. Gin hatte bestimmt irgendwie geschummelt. So viel Glück konnte sie überhaupt nicht haben. Darauf ansprechen würde er sie aber eher nicht. Sonst würde es ihm mit einem Mal ein bisschen zu viel Action geben. Ein schwaches Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Wie lange sie wohl noch alle so zusammen sein würden? Tachihara stellte das Lächeln augenblicklich ab. Was dachte er da bloß? Was sollte diese blöde Gefühlsduselei? Diese Leute bedeuteten ihm nichts. Er warf dem Nachthimmel einen erbosten Blick zu, so als könnte dieser irgendetwas für seine komischen Gedanken. Er würde sicherlich niemals vergessen, was sein eigentliches Ziel war oder wem seine eigentliche Loyalität gehörte. Niemals. Wie kam er überhaupt darauf, dass diese Mafiatypen ihm irgendetwas bedeuteten? So etwas darf ich nicht denken. Nicht einmal im Scherz. Er schüttelte über sich selbst den Kopf und steuerte die nächste Seitengasse an. Dämliche, einsame Patrouillengänge mit ihren dämlichen Gelegenheiten nachzudenken!! Ein bisschen mehr Action würde ihn gewiss auf andere Gedanken bringen. 'BOOM!' Tachihara zuckte erschrocken zusammen, als plötzlich ein lauter Knall und viel Geschrei in seiner Nähe zu hören waren.   Etliche Minuten bevor ein gewisser Mafioso seinen Gedanken nachzuhängen begann, war am Hafen das erschöpfte Keuchen einer Frau zu hören. Die Frau hielt nach Luft schnappend inne, richtete ihre rostbraunen Haare, die sie in einer sorgsam zurechtgemachten Bobfrisur trug und klopfte sich im Anschluss den Schmutz von ihrem langen roten Kleid und dem dazu passenden Schulterumhang. Sie trug einen vollgepackten Rucksack auf ihrem Rücken und zusätzlich eine Handtasche über ihrer Schulter. Sollte man ihr Alter schätzen, würde man sie am ehesten in ihren 20igern vermuten. „Ich weiß, ich sagte, ich wäre einverstanden mit körperlicher Arbeit“, richtete sie das Wort an ihre beiden Begleiter, „aber ich bin doch kein Zugtier. Lassen Sie mich wenigstens kurz verschnaufen. Besonders nach dieser langen Überfahrt. Ich hatte schon nicht mehr damit gerechnet, dass wir es lebend nach Japan schaffen.“ „Wir stehen unter Zeitdruck, nur deswegen dränge ich Sie so“, entgegnete ein Mann mit aschblonden, streng gescheitelten Haaren, der älter als sie wirkte, angesäuert. Aus einer Tasche seines schwarzen Cordsakkos holte er eine Taschenuhr hinaus, sah mit ernster Miene darauf und ließ sie wieder in der Tasche verschwinden. „Wir liegen bereits hinter dem Zeitplan zurück.“ „Als würde dieser Zeitplan uns irgendwie helfen“, gab die Frau zurück. „Wenn wir erwischt werden, werden wir erwischt, egal, ob wir im Plan sind oder nicht.“ Er warf ihr einen entrüsteten Blick zu. „Planung ist alles, meine Verehrte.“ „Ich kann noch, George“, meldete die zweite Frau der kleinen Gruppe sich energisch zu Wort. Sie hatte mattbraunes Haar und trug einen schäbigen schwarzen Mantel über einem dreckig aussehenden braunen Rock. Sie wischte sich ihre Hände an der Schürze, die sie darüber anhatte, ab. Betrachtete man ihr Äußeres und verglich es mit der schicken Kleidung, die die beiden anderen trugen, konnte man kaum glauben, dass sie zueinander gehörten. „Ich erwarte von dir auch nichts anderes, Eliza.“ Die angesprochene junge Dame schien höchst erfreut über diesen Satz zu sein, obwohl er ohne jegliche Freundlichkeit geäußert worden war. Der Satz hatte vielmehr so kühl geklungen, dass er kaum als Lob hätte durchgehen können. „Nun denn, es hilft ja nichts. Immerhin haben wir es schon ungesehen aus dem Laderaum des Schiffes in den Hafen geschafft.“ Die erste Frau seufzte und sah wie die drei anderen hinab zu der großen Kiste, die sie bis hierhin geschleift hatten. „Wie weit ist es noch?“ „Hinter diesen Lagerhäusern parkt ein Auto, welches wir an uns nehmen können“, antwortete der Mann. „Dann wollen wir mal, ehe uns wirklich noch jemand bemerkt.“ Alle drei hoben die Kiste von neuem schwerfällig an, bevor die Jüngere der beiden Frauen erschrocken stockte. „Eliza? Kommt etwa jemand her?“ Der Mann gab ihnen ein Zeichen, die Kiste wieder vorsichtig abzusetzen. „Yay, da ist jemand.“ Das einzige männliche Mitglied der illustren Runde wies sie daraufhin sichtlich empört zurecht: „Eliza, bitte, auch in so einer verzwickten Lage solltest du auf deine Aussprache achten.“ Die Frau mit den rostbraunen Haaren blickte die beiden anderen ungläubig an. „Ist das jetzt Ihr Ernst?“ Als würde er ihren Einwand nicht verstehen, hob er kritisch eine Augenbraue. „Selbstverständlich. Ich scherze niemals. Es gibt nichts Ernsteres als eine korrekte Aussprache.“ Noch während er sprach, hatten die Männer, die zu Tachihara gehörten, die Gruppe samt ihrer suspekten Kiste erspäht und waren zu ihr aufgeschlossen. „Hey! Was wollt ihr hier? Was macht ihr auf dem Gebiet der Hafen-Mafia?“ „Hafen-Mafia?“, wiederholte der Mann und seine Mimik wurde dabei merkwürdig leer. Dann lachte er plötzlich. „DAS muss ein Scherz sein! Die ersten Menschen, auf die wir in Yokohama treffen, gehören ausgerechnet zur Hafen-Mafia?“ Von dieser irr anmutenden Reaktion verwirrt, zogen die Mafiosi ihre Waffen und richteten sie auf die Fremden. „Da stimmt was nicht. Diese Gestalten sind mehr als verdächtig. Sollen wir sie gleich erschießen oder erst Tachihara fragen?“ Unter den Untergebenen von Tachihara waren einige erfahrene Mafiaveteranen und diese waren die ersten, die sich noch mehr über die seltsame Gruppe wunderten, auf die sie da gestoßen waren. Die meisten Leute reagierten auf die Drohung, erschossen zu werden, mit Angst oder Gegenwehr – doch diese drei blieben entsetzlich ruhig. Viel zu ruhig. Die Männer überkam ein mulmiges Gefühl. „Sie wollen uns erschießen“, klagte die Frau im roten Kleid; und nicht etwa den Mafiosi, sondern ihren Begleitern. Dabei wirkte sie … vollkommen entnervt. „Es gibt keinen Grund, wütend zu werden, Frau Mansfield“, erwiderte der Mann gelassen, bevor er sich an die Mafiamitglieder wandte. „Hätten Sie die Güte, uns einfach vorbeizulassen? Wir sind sehr in Eile.“ Die Angesprochenen tauschten kurz verdatterte Blicke aus. Was stimmte denn mit denen nicht? Diese komischen Gestalten blickten in die Läufe gezogener, geladener Waffen und sagten dann so etwas?? „Nein, du Spinner! Natürlich nicht!“, platzte es aus einem heraus. Das Gesicht des Blonden wurde für einen flüchtigen Moment nachdenklich. „Ich verstehe. Dann handelt es sich der Definition nach hierbei wohl um eine todernste Angelegenheit.“ „Häh??“ „Eliza, kümmere dich darum.“ „Ya- ich meine, j-a, sehr gerne!“ Die junge Frau strahlte vor Glück – und stand plötzlich mitten unter den Mafiosi. „Ich nehme mir das einmal.“ Bevor der arme Kerl, dem sie dies gesagt hatte, begreifen konnte, was geschah, hatte sie den Stift einer Handgranate, die er an seinem Gürtel hängen hatte, herausgezogen. Eine laute Explosion erfüllte den Hafen mit einem ohrenbetäubenden Knall und einem grellen Lichtblitz. Ein paar der Männer hatte es sofort erwischt, einige andere waren gerade so dem aus dem Nichts gekommenen Angriff entkommen. Diese wollten das Feuer auf die Unbekannten eröffnen, als ihnen auffiel, dass ihre Waffen aus ihren Händen verschwunden waren. Die Mafiosi verzogen ihre Gesichter, so als hätten sie plötzlich Schmerzen. Im nächsten Augenblick wurden sie von Eliza erschossen. „WAS ZUR HÖLLE IST HIER LOS?!“ Atemlos starrte der herbeigeeilte Tachihara auf das blutige Schlachtfeld. In Sekundenschnelle hatte er seine eigenen Pistolen gezückt und auf Eliza geschossen. Die Kugeln durchlöcherten sie regelrecht und doch verzog sie keine Miene. Tachihara traute seinen Augen nicht, als sie mit einem Mal nicht mehr vor ihm stand. Er blinzelte irritiert und plötzlich war die Fremde wieder da. „Noch einer?“, fragte sie genervt. „Soll ich mich auch noch um den kümmern?“ „Dies scheint notwendig zu sein, ja“, antwortete der Mann unaufgeregt, den sie George nannte und der mit der jungen Dame, die auf den Namen Mansfield hörte, nur am Rande des Geschehens verharrte und es beobachtete. Was stimmt denn mit denen nicht? Wer in aller Welt ist das?! Oder eher … was in aller Welt ist das?! Na schön, wenn ich diese Frau nicht erschießen kann, dann- Tachihara richtete seine Waffen auf die beiden anderen und bekam so nicht mit, wie sich plötzlich doch etwas in Elizas Gesicht regte. Ihre Mimik verzog sich durch ihre rasende Wut in eine gruselige Grimasse. Der Mafioso schoss und erstarrte noch in dem Augenblick, in dem seine Kugeln auf ihr Ziel zuflogen. Eliza erschien in der Schussbahn und fing die für ihre Begleiter bestimmten Geschosse ab. Erneut wurde sie eindeutig von den Kugeln getroffen, ohne dass es sie in irgendeiner Weise zu kümmern schien. Mehr noch, ihre vorigen Einschusslöcher waren wie von Geisterhand verschwunden. Wie ist sie so schnell …? Und warum zur Hölle blutet sie nicht einmal? Können Kugeln ihr nichts anhaben? Scheiße, was hat die für eine krasse Fähigkeit? „Du wagst es, auf George zu schießen?“, fauchte sie voller Zorn und wirkte inzwischen wie eine Furie. „Dafür wirst du sterben! Ich werde dich töten!“ Was geht denn mit der ab? Der Rothaarige blickte entgeistert auf die Gegnerin vor ihm. Ihre Aura war auf einen Schlag so bösartig geworden, dass sie der von Akutagawa das Wasser reichen konnte. Es gibt Dämonen nicht wirklich … oder? Abrupt schnellte Elizas Blick nach oben und Tachihara traute seinen Augen abermals nicht, als die Pistole in ihrer Hand mit einem Mal zu einem Kurzschwert wurde – mit dem sie Gins Überraschungsangriff abwehrte. Die beiden Klingen krachten aufeinander und die Fremde schaffte es, Gin von sich zu stoßen. Die Schwarzhaarige ging gleich zum Gegenangriff über und stürmte mit blitzschnellen Bewegungen wieder auf ihre Zielperson zu, die sich nicht weniger schnell bewegte und die Attacke erneut parierte. Als hätte sie übermenschliche Kraftreserven, gelang es Eliza, Gin zurückzudrängen und ihr einen harten Tritt in den Bauch zu verpassen. Die Assassine krachte unsanft auf den Boden und hatte gerade einmal Gelegenheit hochzublicken, als ihre Widersacherin mit eiskaltem Blick plötzlich über ihr stand. Tachihara stockte der Atem, als sich in Elizas anderer Hand von neuem ein Revolver materialisierte, den sie auf die andere Frau richtete. „GIN!“, schrie er panisch und in seiner Verzweiflung kurz davor, zu einer anderen Waffe zu greifen, als Hirotsu aus dem Schatten hinzueilte und die Angreiferin mit seiner Fähigkeit traf. Noch während ihr Körper in einem hohen Bogen weggeschleudert wurde, verzerrte und verbog dieser sich und sie landete mit einem lauten Platsch im Wasser des Hafenbeckens. „Was … was zum Teufel war das?“ Tachihara atmete endlich aus, nachdem er die Luft angehalten hatte. Verunsichert sah er auf das dunkle Meer hinaus und schließlich zu Hirotsu, der Gin vom Boden aufhalf. Zum Glück hatte er die beiden verständigt, nachdem er die Explosion gehört hatte. Als würde ihm siedend heiß etwas einfallen, schnellte Tachiharas Kopf zu der Stelle, an der die beiden anderen Fremden gestanden hatten. „Was ist, Tachihara?“, fragte Hirotsu irritiert, als er die entsetzte Miene des Jüngeren erblickte. „Sie sind weg. Scheiße, sie sind weg!“ Er rannte zu der Stelle, an der nur noch eine riesige, geöffnete, leere Kiste stand, neben der ein leerer Rucksack lag. „Willst du damit sagen, diese Frau von eben war nicht allein?“, hakte Hirotsu nach und blickte sich um, nachdem sein Kollege dies bejaht hatte. „Da waren noch zwei! Sie müssen abgehauen sein, als die Verrückte gegen Gin gekämpft hat!“ „Drei Leute haben also dieses Massaker angerichtet, ja?“ Hirotsus Augen schweiften über die toten Männer, die zu Tachiharas Einheit gehört hatten, während er zu dem Rothaarigen aufschloss. Tachihara schaute zu ihm und Hirotsu stutzte bei dem erschütterten Gesicht, das er machte. „Oh nein. Das war die Verrückte allein.“ „Wie beunruhigend“, äußerte er, ohne dabei beunruhigt zu klingen. „Weswegen sind sie hergekommen? Besonders mit so einer starken Befähigten? Schmuggler?“ Die Finger des Ältesten der drei strichen über den Rand der merkwürdigen Kiste. „Was wohl in dieser Kiste gewesen ist? … Huh?“ Er beugte sich hinunter und beäugte im Licht, das die am Hafen aufgestellten Laternen warfen, die Außenhülle der Kiste. „Da sind kleine, von Menschenhand geschaffene Löcher in dieser Kiste.“ Er steckte einen Finger durch ein solches Loch hindurch. „Was hat das zu bedeuten?“ Hirotsu zog seinen Finger wieder heraus. „So etwas macht man, um etwas zu schmuggeln, das atmen muss. Beide horchten auf, als Gin sich ihnen näherte. Sie hatte sich die Leichname der getöteten Männer angesehen und anscheinend dabei etwas gefunden. Sie hielt ihren Kameraden eine Handvoll ausländisch aussehender Münzen hin. Hirotsu griff sich eine und hielt sie vor sein Monokel, während er sein anderes Auge zukniff. „Wer auch immer das war … ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Wir sollten umgehend dem Boss davon berichten.“   Wie man es von ihm gewohnt war, hörte sich Ogai Mori die Geschichte seiner drei Untergebenen mit der größtmöglichen Gelassenheit an. Die Ellbogen auf seinen Schreibtisch gestützt und die Finger ineinander verhakt, schloss er kurz die Augen, nachdem Hirotsu mit seinem Bericht fertig war. „Das klingt alles sehr unerfreulich“, sagte er schließlich vollkommen ruhig, als er die Augen wieder aufmachte. „Es wäre besser gewesen, diese Frau, die eine gesamte Mannschaft auslöschen konnte, nicht gleich umzubringen. Ich hätte sie zu gerne ein, zwei Sachen gefragt.“ „Es tut uns leid“, entschuldigte Hirotsu sich, „aber die Umstände ließen keine andere Vorgehensweise zu.“ Mori seufzte und zuckte mit den Schultern. „Ja, schade ist es dennoch. Aber jetzt liegt sie irgendwo auf dem Meeresgrund und ist für uns nicht mehr von Interesse. Ihre zwei Gefährten allerdings … sollten uns nicht davonkommen.“ Ein kaltes Lächeln glitt über sein Gesicht. „Tachihara, du hast sie als Einziger gesehen, wir müssen uns demnach auf deine Beschreibung von ihnen verlassen.“ Der Angesprochene nickte mit finsterer, entschlossener Miene. „Diese elenden Hunde finde ich. Besonders den Dreckskerl, der anscheinend ihr Anführer ist. George, oder so ähnlich.“ „George?“ Mit untypisch interessiertem Gesichtsausdruck richtete sich der Boss der Hafen-Mafia auf. „Einer von ihnen hieß 'George'?“ „Ja, das habe ich zumindest so verstanden. Die Irre hat das gesagt.“ „Fangen wir einmal mit ihm an“, erwiderte Mori und selbst Elise, die sich bisher nicht für das Gespräch interessiert hatte, drehte sich nun neugierig zu ihm. Andere konnten dies nicht ausmachen, aber ihr, die ihn besser kannte als sonst jemand, entging es nicht. Dieser Hauch von Nervosität, der ihren Rintaro schlagartig umgab. „Wie sah er aus?“ „Ähm ...“, begann Tachihara nachdenklich, „etwa so groß.“ Er zeigte auf die ungefähre Größe Hirotsus. „Sah nach dunkelblonden Haaren aus. Und ein Scheitel, als würde der sich mit einem Lineal kämmen.“ „Gibt es ein Problem, Boss?“, warf Hirotsu ein, als er die für einen kurzen Moment geweiteten Augen seines Vorgesetzten bemerkt hatte. „Wie alt würdest du ihn schätzen?“ Die Schwarze Echse tauschte untereinander verwunderte Blicke aus, als Mori Hirotsus Frage ignorierte. „Uh, äh“, Tachihara kratzte sich am Kopf, „schwer zu sagen ... so äh, ich weiß nicht genau, etwa Ihr Alter?“ „Verstehe.“ Mori wandte seine Augen von den drei vor sich ab, nahm sich eine der Münzen, die Gin auf dem Schreibtisch abgelegt hatte und besah sich diese. „Boss?“, fragte Hirotsu erneut nach. Er legte die Münze wieder hin. Allem Anschein nach hatte sie ihm keinen brauchbaren Hinweis geliefert. „Tachihara, du sagtest, du hättest das Gefühl gehabt, einem Dämon gegenüberzustehen?“ Der Rothaarige stutzte. „Na ja. Schon, irgendwie. Warum?“ Mori lachte plötzlich und verwirrte damit alle Anwesenden. „Vielleicht war es eher ein Geist. Ein Geist aus der Vergangenheit.“ Abermals sahen die Mitglieder der Schwarzen Echse sich verdutzt an. Was redete der Boss da? Das Oberhaupt der Mafia kehrte zu seiner kühlen, düsteren Art zurück. „Findet die beiden, die entkommen sind. Ich würde mir sehr gerne selbst ein Bild von ihnen machen. Holt auch Chuuya und Akutagawa hinzu. Es könnte möglich sein, dass wir es hier mit einer dringenden Angelegenheit zu tun haben.“ Die drei nickten und Tachihara und Gin verließen unverzüglich das Büro. Lediglich Hirotsu warf noch einmal einen Blick zurück und es beunruhigte selbst ihn seinen Boss dermaßen gedankenverloren an seinem Schreibtisch sitzen zu sehen. Ein Geist aus der Vergangenheit? Aus Moris Vergangenheit? Das konnte nichts Gutes zu bedeuten haben. Nein, wahrscheinlich hatte Tachihara Recht. Wahrscheinlich bekamen sie es nun mit waschechten Dämonen zu tun. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)