Das Glück der Erde von Ba-chan ================================================================================ Kapitel 10: Ein unerwartetes Ärgernis ------------------------------------- Das Quartett hatte sich in eine stadtbekannte Disco niedergelassen und ließen den Tag so richtig ausklinken. Es sprach sich schnell herum, dass die rotburger Jungs sich in Bremen aufhielten und erhofften sich einen kurzen Blick auf sie aus nächster Nähe zu erhaschen. Damit die Spieler ihre Ruhe hatten, wurden sie in eine private Lounge geführt, doch selbst dort waren sie vom Gekreische der überwiegend weiblichen Gästen, nicht sicher. »Hätte nie gedacht, dass wir so beliebt sind, obwohl wir „die Feinde“ sind«, lachte Sho und gönnte sich seinen Drink. »Ich will dir diese Vorfreude nicht nehmen, aber ich denke nicht, dass sie wegen uns so einen Aufstand machen.« Levin deutete mit einem Kopfnicken auf eine Gruppe junger Männer, wo einer von ihnen von Frauen beinahe belagert wurde. »Das hätte ich mir denken können, dass Schester wieder von seinen Mädels umschwärmt wird.« Sho hob dabei seine Augenbraue, während er sich die Szenerie von der Lounge aus beobachtete. »Ist da wer neidisch, weil jemand bei den Mädels besser ankommt als du?« »Stimmt gar nicht«, empörte sich Sho und starrte dabei den kichernden Levin an. »Ehrlich, ich würde komplett durchdrehen, wenn mich die Mädels andauernd belagern würden. Es genügt schon, wenn sie nach uns rufen, sobald wir aus unserem Bus aussteigen und ins Stadion gehen.« Genzo lehnte sich kommentarlos am schwarzen Ledersessel und trank dabei sein Drink. »Seine Freundin tut mir jetzt schon leid, die das vielleicht ständig sehen muss« »Ach, hat er wieder eine Neue?«, kam es überrascht von Levin. »Weiß ich nicht«, zuckte Sho mit den Schultern. »Würde mich aber nicht wundern, wenn er sich ganz schnell eine anlacht.« Franz Schester. Er war Bremens Starspieler, der für seine genialen Taktiken als Spielmacher bekannt war. Und er war nicht nur wegen seiner Fußballtalenten beliebt. Auch sein sonniges Gemüt und sein gutes Aussehen ließen Fanherzen höher schlagen. Während die Jungs munter weiter über die Szenerie sprachen, blieb Karl ungewohnt still. Selbst sein Glas war noch voll und starrte Löcher in die Luft. Das blieb einem nicht lange verborgen. »Alles in Ordnung, Karl?«, kam es von Genzo und rutschte näher zu ihm. »Ich müsste mal mit dir sprechen«, kam er direkt zur Sache und stand auf. Sein Blick war warm, aber auch ernst. Er deutete mit einem Kopfnicken zu einem Nebenraum, den der Fußballkaiser sogleich betrat. Genzo kam Sekunden danach und schloss die Tür. »Worüber willst du mit mir sprechen?« »Du hast sicher die Gerüchte mitbekommen, dass wir vielleicht einen neuen Spieler haben werden« »Seit Wochen zerreißen wir uns das Maul darüber, wen der Verein verpflichten will« »Ich habe Vater ausgefragt.« Genzo stand neben seinem Freund, der hinaus auf die funkelnde Stadt schaute. »Nicht als Spieler, sondern als Sohn. Er hielt sich zunächst etwas bedeckt, dann aber gab er nach. Noch ist nichts entschieden, also kann es sein, dass wir doch keinen neuen Spieler bekommen, klar?« »Nun spann mich nicht länger auf die Folter. Wer ist das jetzt?« Karl lächelte bei Genzos Ungeduld – und bei dem Gedanken, wen Rotburg vielleicht aufnehmen würde. »Kaltz« »Was?!« Der Keeper glaubte sich verhört zu haben. Sein Verein beriet sich, ob sie Hermann Kaltz zu sich holten? »Scheiße Mann, ist dir klar, was das heißt?« »Na und ob ich das weiß, Wakabayashi. Das deutsche Trio wäre wieder komplett.« Wenn das unter Dach und Fach ginge, Rotburg wäre Deutschlands unbezwingbarer Verein. Der Gedanke, wieder mit Kaltz in einer Mannschaft zu spielen, entfachte in ihn eine unglaubliche Freude, die er nur mit größter Anstrengung zurückhielt. Er wäre wie ein wilder Flummi durch die Gegend gesprungen und hätte pausenlos Jubelschreie von sich gegeben. Karl sah ihn an, dass es ihm gefallen würde und er hoffte auch, dass der Transfer gelang. »Aber... aber warum eigentlich?« Nicht, dass es ihm etwas ausmachte. Es war wie immer seine Neugier, die sich mal wieder bei ihm zeigte. Karl zuckte unwissend mit den Schultern. Offenbar kannte er die Gründe für den möglichen Wechsel nicht und selbst Rudi, so erzählte er, schwieg eisern darüber. »Man kann nur vermuten. Ansonsten müssten wir Kaltz selbst fragen, sollten wir ihn begegnen – und gegen die Grünwälder spielen. Wobei hast du eigentlich schon was von ihm gehört? Du hast ja mal erzählt, dass du dich mit ihm kurz nach deinem Wechsel zu uns unterhalten hast« »Ja, das stimmt«, erinnerte er sich lächelnd daran. »Er war ziemlich geknickt, als ich dem Verein mitteilte, dass ich Hamburg verlasse und nach München ziehe. Kaltz nahm das recht mit, aber er verstand die Entscheidung und ich bin froh, dass auch die anderen mich dafür nicht verurteilten... zumindest einige von ihnen« »Ich weiß genau, wen du meinst.« Die Konfrontation zwischen Genzo und Hans war auch dem Kaiser nicht entgangen. Dem Keeper passte es nicht, dass er in den Anfangszeiten mit dem Japaner zusätzlich trainierte, doch Karl war seine Meinung völlig egal gewesen. Ihm war nur daran gelegen Grünwald stärker zu machen und hatte in Genzo eine großartige Verstärkung gesehen. Dank dem einstigen deutschen Trio konnte Grünwald in der Tabelle immer weiter aufsteigen. Einzig Rotburg war die Mannschaft, die sie nie vom Thron stoßen konnten. »Meine Anfänge in Hamburg waren alles andere als leicht«, gab Genzo schmunzelnd von sich. »Nicht nur im Verein, sprachlich war es bei mir auch nicht leicht« »Oh Gott erinnere mich bloß nicht daran«, musste Karl lachen. »Deine Deutschkenntnisse waren... wie soll ich es sagen, ohne gemein zu klingen...« »Beschissen«, übernahm Genzo die Qual der Wahl. »Unterirdisch und absolut peinlich« »Wärst du Chinese, hättest du mit Hilfe eines Wörterbuchs nach einer Stunde fließend Deutsch gesprochen« »Damit würdest du sogar recht haben.« Sie schwiegen wieder, während die dumpfe Musik hinter ihnen dröhnte. »Grünwald geht es nicht gut.« Der Keeper sah stumm seinen Captain an. »Seit meinem Wechsel habe ich das Gefühl, dass sich der Verein gewandelt hat... aber nicht zum Besseren.« Genzo teilte also den selben Gedanken wie sein Freund. Der Kaiser bemerkte den bedrückten Ausdruck des Japaners und warf ihm für einen Moment einen Seitenblick zu. »Zeemann hat es dir wirklich nicht leicht gemacht, hm?« »Nein«, antwortete er kurz und knapp. Dabei nahm Karl den knurrenden Unterton in seiner Stimme wahr und sah weg. »Unsere Telefonate drehten sich fast ausschließlich darum« »Er hat mir den Verein kaputt gemacht.« Der Keeper betrachtete sein schwach durchschimmerndes Spiegelbild auf der Fensterscheibe. »Die Streitereien mit ihm wurden immer mehr. Ich saß mehr auf der Bank, anstatt ich vor dem Tor stehe« »An die Spiele danach kann ich mich erinnern. Dich dort sitzen zu sehen, war beschämend. Du gehörst nicht außerhalb des Rasens, sondern mittendrin« »Ich habe es so gehasst!«, grollte Genzo und sein ohnehin schon angespanntes Gesicht verfinsterte sich zunehmend. »Ich weiß, dass ich manchmal meinen eigenen Kopf nutzte und seine Entscheidungen infrage stellte. Zeemann hat mich deutlich spüren lassen, dass ich nicht mehr zu Grünwald gehöre und als der Verein neue Spieler aus dem Ausland holten, war es das endgültig für mich gewesen« »Genzo« »Ich habe dem Verein so vieles zu verdanken, dass ich da gar nicht mehr weg wollte« »Das verstehe ich, aber –« »Ich würde heute noch für sie spielen, wären diese Probleme nicht gewesen« »Aber dann wärst du Elena nicht begegnet« »Grünwald war alles für mich«, wirbelte Genzo herum. Seine Mimik glich einer wütenden Maske. »Und wenn es eine Möglichkeit gäbe wieder nach Hamburg zu ziehen, würde ich es tun und da würde sie nichts dran ändern. Sie spielt für mich keine Rolle, klar?!« Dem jungen Fußballkaiser stockte der Atem und auch Genzo schien rechtzeitig bemerkt zu haben, was er da von sich gab und war von dem, was er gerade sagte, selbst erschrocken. »Bitte...«, sagte der Japaner leiser und deutlich versöhnlicher. »Bitte sag Lenchen nichts davon. Sie... kann für all das ja schließlich nichts« »Schon gut«, winkte Karl lässig ab. »Du bist aufgebracht und man sagt in solchen Situationen Dinge, die man nicht so gemeint hat« »Ich hätte es trotzdem nicht sagen sollen.« Karl hatte recht, dennoch zog sich seine Brust enger zusammen, als er wieder an seinen kleinen Ausbruch dachte. »Ich will mir gar nicht ausmalen, was sie dann von mir hält« »So wie wir sie kennen hätte sie wiedereinmal gemeine Worte für dich übrig gehabt... und vermutlich mich auch noch mit reingezogen. Du weißt doch, wie sie über uns Fußballer denkt. Wir sind allesamt Bälle tretende Schwachköpfe, die für was anderes nicht zu gebrauchen sind.« Ja, das käme tatsächlich nach ihr. Genzo fühlte sich besser und auch die Stimmung lockerte sich zunehmend. »Wäre cool, wenn Kaltz wirklich zu uns käme« »Ja«, antwortete Genzo lächelnd. »Das wäre es wirklich.« »Ok, ich hoffe wir haben alles beisammen für den Abend.« Timur ließ prüfend den reich gedeckten Wohnzimmertisch gleiten, denn heute begann das Rückspiel Bremen gegen Rotburg. Besuch stand an, um das heutige Spiel mit Spannung zu verfolgen. »Schätzchen, wir haben alles, was wir brauchen. Jetzt mach nicht so ein Wind um die Snacks.« Kamina hatte ihre Beine übereinander gelegt und nippte entspannt an ihrer Bierflasche. »Da musch isch ihr Rescht geben«, kam es von Kimmy, während sie zeitgleich ein paar Chips in den Mund stopfte. Sofort hielt sie sich ihre Hand vor dem Mund nach dem bösen Blick, den die adrette Schwarzhaarige ihr zuwarf. Alex und Benji lachten unverhohlen. Angestellte und Freunde des Goldsteingestüts, die gemeinsam mit Timur das Chaoten-Trio des Hofs bildeten. »Eine Frage hätte ich. Warum bin ich hier?« Die Gruppe sah zu Elena, die etwas abseits auf einem Barhocker saß und gelangweilt in eine rote Schüssel griff und gesalzene Popcorn pickte. »Weil ich nicht will, dass du ganz alleine Daheim herumlungerst, während bei mir die Party steigt«, antwortete Timur bestimmend und nahm ihr prompt die Schüssel ab. »Abgesehen davon spielen heute unsere rotburger Jungs und du bist doch mit denen so vertraut« »Du offenbar mehr, Bruderherz«, streckte sich Elena und gähnte einmal ausgiebig. Stumm klopfte Alex auf den freien Platz neben sich und bedeutete die Reiterin sich zu setzen. Alex, oder kurz Lexy, war in Timurs Alter. Die strohblonden Locken waren nach hinten gegelt. Lediglich ein paar Strähnen hingen ihm seitlich am markanten und hübschen Gesicht. Stahlblaue Augen musterten interessiert die junge Frau. Er war, wie viele Angestellte im Goldstein – Gestüt auch, Pferdewirt und wenn Alex ehrlich zu sich war, hätte er sich gar nicht vorstellen können hier zu arbeiten. Er war ein Problemkind und geriet schon früh in schiefe Bahnen, bis er letztendlich von den Behörden geschnappt und zu Sozialarbeiten verdonnert wurde. Ätzend, dachte er sich damals, bis er zu den Goldsteins kam... und bis heute blieb. Die Arbeit mit den Pferden gab ihm ein Ventil und wirkte wie eine Therapie, um sich zu entspannen. Oft wunderte er sich, warum die Familie ihn trotz seiner kriminellen Vergangenheit im Gestüt arbeiten ließ und die einzige Antwort, die er von Alexandr, dem Oberhaupt der Goldsteins, bekam, war: Ich erkenne einen guten Menschen sofort und du bist einer, dem ich bereit bin zu vertrauen. Alex tat sich anfangs schwer mit der Pflege und den Pflichten im Gestüt, doch mit Hilfe der Geschwister bekam er endlich das, wonach er sich so lange sehnte und dachte es nie zu bekommen: Akzeptanz. »Na, willst du dich wieder bei ihr einschleimen, Lexy?«, lachte Benji, während er einen ordentlichen Hieb auf seinem Arm zu spüren bekam. Benji hatte, verglichen mit den meisten Menschen im Wohnzimmer, einen rötlich-braunen Teint und wie Kamina seidige, rabenschwarze Haare. Ein Maori – Tattoo lugte aus dem hochgekrempelten, dunklen Ärmel hervor, welches seinen gestählten Arm vollständig zierte. »Halt die Klappe, Benji«, brummte Alex und warf ihm einen nicht ernst gemeinten, giftigen Blick zu. Elena hatte sich tatsächlich neben den blonden Draufgänger gesetzt. Lässig hatte er seinen Arm auf die Couch gelegt und hielt ein kühles Bier in der anderen Hand. Auf den ersten Blick konnte man meinen, dass Alex etwas von Elena wollte und das Interesse vermutlich auf Gegenseitigkeit beruhte. Das war jedoch nicht der Fall gewesen. Sie benahmen sich eher wie Geschwister als ein Paar und wenn Timur nicht in ihrer Nähe war, übernahm prompt Alex die Rolle des Beschützers und „großen Bruders“. »Hier schleimt niemand herum«, merkte Elena an und öffnete sich eine Bierflasche. »Ich bin einfach viel zu nett und sage zu jeden „Ja“ und „Amen“, wenn mich jemand um etwas bittet« »Dann willst du für übermorgen doch meine Schicht übernehmen, während ich auf dem Sprung bin?«, scherzte Benji. Elena lachte leise und gönnte sich einen Schluck. Zugegeben sie hatte darüber nachgedacht ein Teil seiner Arbeiten zu übernehmen, denn so wie er es andeutete, musste er wohl wirklich früher los und keiner möchte gerne Aufgaben unerledigt lassen. »Ich denke Timur würde dir eher unter die Arme greifen«, entgegnete sie ihm dann. »Immerhin bist du Hufschmied und habe damit nicht viel am Hut« »Tim?« »Ich hab doch schon „Ja“ gesagt, also nerv' mich nicht wieder.« Prompt ließ er sich auf einen nahen Sessel fallen und starrte auf den großen Flachbildschirm, der gerade diverse Werbespots einblendete, bevor das eigentliche Spiel begann. Benjis Leben war in letzter Zeit turbulent gewesen – und bedauerlicherweise nicht zum Guten. Sein Onkel besaß einige Immobilien und Wohnungen, die er vermietete und es gab eine Familie, die unentwegt Ärger machte. Es stellte sich heraus, dass er sich Mietnomaden anlachte und partout nicht aus der Wohnung gingen. Selbst mit Androhung der Polizei wollten sie nicht verschwinden. Da kam das Gericht; die Räumungsklage stand bevor und sein Onkel bat Benji um Mithilfe. Die Goldsteins kannten ihn und vertrauten ihm blind. Kein Wunder, denn immerhin waren er und Timur seit Kindertagen die besten Freunde gewesen. Auch war er der einzige Junge, der nichts gegen das Reiten hatte und war auch der einzige, der diesen Sport aus einer anderen Sicht wahrnahm als nur eine beliebte Freizeitaktivität für überwiegend Mädchen. »Ich hoffe ihr werdet diese kriminellen Schmarotzer endlich los«, sagte Kamina schließlich. »Ich hätte sie höchstpersönlich im hohen Bogen rausgeschmissen« »Aber sicher doch, Madamchen Minchen«, eckte Alex grinsend an. »Mit deiner gewohnt zickigen Art und den langen Krallen, die du mit dir herumschleppst, würden sie freiwillig die Drachenhöhle verlassen« »Ich könnte dich ja vorschicken«, kam ihr plötzlich die Idee und schlug ihre Beine elegant übereinander. »Für einen kleinen Giftzwerg wie du wäre das doch ein Kinderspiel! Warum hast du ihn nicht schon eher darum gebeten, Benji?« »Damit meine Akte um eine weitere Straftat erweitert wird? Danke, aber ich hänge an meinem Job und die Zeiten, wo ich ernsten Mist gebaut habe, sind außerdem vorbei« »Gute Entscheidung, Alex«, sagte Elena und gab dem blondem Draufgänger eine innige Umarmung. Sofort ruhte sein Arm auf ihre Schulter und legte seinen Kopf auf ihren. »Das letzte Mal, als du mich so umarmt hast, waren wir Kinder«, begann Timur zu schmollen. »Ich weiß«, lächelte sie ihn zuckersüß an. »Und warum jetzt nicht mehr?« »Welchen Grund bietest du mir dich auch wie Lexy zu umarmen?« »Ich bin dein Bruder« »Und da haben wir das Problem«, streckte sie ihm prompt die Zunge heraus. »Lexy mag ich. Und du bist nervig« »Na danke auch.« Die Gruppe lachte. Typisch für die Goldsteingeschwister. Es gab kaum einen Moment, wo sie sich nicht ärgerten. Dann begann endlich das Spiel Rotburg gegen Werder Bremen. Dieses Mal jedoch hatte Bremen jemand Besonderen im Team. »Moment Mal«, erklang es aufgeregt von Timur und lehnte sich vor, um die Person auf dem großen Monitor besser sehen zu können. »Ist das... Franz Schester?!« »Der spielt dieses Mal mit?«, kam es von Kim. »Er war krankgeschrieben und ist wieder genesen«, erklärte Benji. »Die Mannschaft ist mit Schester komplett anders. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Rotburger schlagen.« Die Gruppe verfolgte aufmerksam das Spiel. Beide Mannschaften kämpften förmlich um den Ball und schnell gelang es Rotburg ihn zu ergattern. Sho dribbelte gekonnt an die Gegner vorbei und passte direkt zu Schneider. Jeden außer Elena hielt es kaum in ihren Sitzen; ein Eröffnungstor der Rotburger schien fast schon in Stein gemeißelt. Sie erschraken sich, als plötzlich Schester auftauchte und sich ein hitziges Duell mit dem Fußballkaiser lieferte, den er, zur Überraschung aller, für sich entschied. »Oh wow der ist echt schnell!«, kam es begeistert von Timur. »Bremen spielt durch Franz jetzt komplett anders als davor«, sagte Benji und schnellte gerade noch seine Hand zurück, als er sich im letzten Moment umentschied seine Bierflasche zu halten. »Man merkt gut, wie motiviert die Bremer sind, nachdem Schester wieder mitmacht«, entgegnete Alex und klaute sich ein paar Popcorn von Elenas Schüssel, die sich nicht sonderlich daran störte. Wieder galt ihre Aufmerksamkeit dem Spiel und auch Genzo selbst, der den blitzschnellen Ball vor dem Tor fing und galant auf den grünen Rasen landete. »Sauber gehalten, Gen!«, freute sich Timur und rasch zogen die anderen nach. Nur Elena nicht. Sie starrte weiter gelangweilt auf den Monitor und gönnte sich einen weiteren Schluck Bier. »Ach Lenchen, jetzt freu dich doch mal mit«, rückte Kim näher an sie heran, stellte zügig ihre Flasche auf den Glastisch und hob mit ihren Fingern die Mundwinkel für ein Lächeln an. »Lasch dasch epfälligst!«, begann sie mit den Armen zu wedeln. Erst, als Elena begann sie an ihre Seite zu kitzeln, ließ die kichernde Kim von ihr ab und verfolgten weiter das Spiel. Schester setzte mehrmals zu gefährlichen Schüssen an, doch Genzo hielt eisern seinen Kasten sauber. Schnell merkten sie, dass der Keeper ernsthafte Probleme hatte die Angriffe von Bremers Topspieler standzuhalten. »Wow, Genzo kommt ja richtig ins Schwitzen«, stellte Timud erstaunt fest. »Unglaublich, dass es noch andere Spieler gibt, die ihm was entgegenzusetzen haben« »Der kleine Wicht ist wirklich talentiert«, sinnierte Kamina und tippte gedanklich mit dem Zeigefinger auf ihr spitzes Kinn. »Er ist doch auch unter einem anderen Namen bekannt, richtig?« »“Bremens Computer“ wird er auch genannt, da er ein genialer Taktiker ist und punktgenau vorausplanen kann, von wo der Ball kommt«, kam schließlich Alex' nüchterne Beschreibung zu Schester. »Er kann so viel taktieren, wie er lustig ist. An unseren Genzo kommt selbst er nicht an.« Es waren nur noch knapp zehn Minuten bis zum Halbzeitpfiff. Kein Tor wurde bis jetzt erzielt. Dann bekam Schneider den Ball und preschte los. Die Bremer hatten keine Chance ihn aufzuhalten. Selbst Schester bemerkte, dass Karl so langsam ernst machte und versuchte alles, um ihm den Ball abzunehmen. Es gelang ihm nicht. Karls Eifer ein Tor vor der zweiten Halbzeit zu machen, loderte wie eine wütende Flamme. Und vor dem gegnerischen Strafraum setzte er seinen berüchtigten Feuerschuss ein – und der Ball drückte sich förmlich gegen das Netz, sodass man fürchtete es würde jeden Moment reißen. Das Stadion jubelte. Endlich ein Punkt für Rotburg! Auch die Gruppe im Wohnzimmer konnte sich gar nicht mehr auf ihren Sitzen halten und schrien vor Freude auf. Nur Elena hielt sich mit ihrer überschwänglichen Freude zurück. Einzig ein kleines Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht. »Gut gemacht, Karl«, sagte sie leise, was keiner wegen der euphorischen Stimmung hörte. Dann aber wurde sie doch etwas lauter, als Alex versehentlich ein bisschen von ihrem Bier auf die Bluse schüttete und der junge Mann sich schützend ein weiches Kissen hielt und wie in Dauerschleife um Entschuldigung bat. »Leute, Leute, es geht weiter!«, wedelte Kim hastig mit ihrer Hand und ihre braunen Augen klebten förmlich am Flachbildschirm, als die Bremer den Anstoß hatten und auf die rotburger Spielfeldseite rannte. Schester hatte den Ball angenommen und jagte förmlich über den Platz. Er wollte unbedingt den Ausgleich schaffen, bevor die zweite Spielhälfte begann. Die Rotburger kamen kaum hinterher. Franz spielte jeden mit unglaublichem Geschick aus, als hinge sein Leben davon ab. Sogar Karl – Heinz war dem flinken Mittelfeldspieler in diesem Moment kaum gewachsen. Plötzlich kam der Schuss. Die Verteidiger waren machtlos. Der Ball rauschte wie ein Blitz an ihnen vorbei. Genzo sah ihn kommen und hechtete schnell zur rechten Torecke. Das Timing stimmte gerade so. Noch in der Luft hatte der Japaner den Ball gehalten, bevor er die Torlinie überschritt. »Sauber gehalten, Genzo!«, rief Timur aus. Dann überkam jeden die Panik. Der Keeper knallte mit der Schulter gegen den Pfosten. Ein unerträgliches Brennen strömte durch seinen Körper; Spieler und Sanitäter eilten zu ihm. Ein schwerer Unfall ereilte Genzo. Seine linke Schulter stieß mit dem Pfosten zusammen und er konnte seinen Arm nicht mehr bewegen. Das war ein schwerer Schlag für die Rotburger. Genzo konnte sich nicht gegen die Behandlungen der Ärzte wehren. Dafür schmerzte seine Schulter zu sehr. »Oh Gott, Genzo.« Die eben noch ausgelassene Stimmung war völlig ausgestorben. Keiner konnte auch nur einen weiteren Ton von sich geben. Eines war für die Gruppe und auch für die Menschen im Stadion sonnenklar. Das Torwartgenie Genzo Wakabayashi fiel die nächsten Spiele aus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)