Der Weiße Falke von Erzsebet ================================================================================ Kapitel 1: Wie -------------- Im Inneren Bezirk des Palastgartens war von der Hitze des Tages nur wenig zu spüren. Der glühende Wind aus der Wüste wurde durch den großen See des Gartens, über den er strich, auf erträglichere Temperatur abgekühlt, die Springbrunnen bewirkten ein Übriges. Der Innere Bezirk, eine verwinkelte Anlage aus Terrassen und säulengetragenen Dächern in einem der großen Innenhöfe des Palastes, beherbergte die Ruheräume des Königs von Hannai, Nisan von Berresh, der sich der Prächtige nennen ließ, sowie die seiner Frauen und Kinder. Eine Anlage, die streng bewacht wurde und allein für ihre Bewohner und einige wenige, sorgfältig ausgewählte Diener zugänglich war. In einem der Gemächer des Harems, durch einen dünnen seidenen Vorhang vor dem Holzgitter, das Ausblick in den Garten gestattete, in orangenes Halbdunkel getaucht, saß in perlenbestickten Gewändern eine junge Frau von erlesener Schönheit, die den goldgewirkten Schleier nach hinten über ihr Haar gelegt hatte. Neben ihr saß ein ebenso junger Mann in einfachen, fast ein wenig schäbig wirkenden dunklen Gewändern, deren Schnitt ihn als einen Angehörigen der nomadischen Oshey auswiesen, die in der Wüste lebten, die sich südlich von Hannai bis zu den fernen Gebirgszügen erstreckte. Seine Füße steckten in abgetragenen Reiterstiefeln, die mit den Mustern verziert waren, mit denen Oshey-Gerber ihre Werkstücke zu versehen pflegten, und auch sein lockiges schwarzes, blauglänzendes Haar war das eines Oshey. Seine Augen jedoch waren ungewöhnlich für einen Oshey: in seinem dunkelhäutigen Gesicht brannten sie golden wie zwei Topase. Der Jüngling flüsterte dem Mädchen etwas zu, das sie, leicht errötend, lächeln ließ, dann umarmte er sie und sie kuschelte sich an seine Brust. An einem Finger der Hand, mit der er ihren Kopf streichelte, blitzte ein goldener Ring auf, die Fassung enthielt jedoch nur das Bruchstück eines Saphirs. Er küßte das Mädchen zart auf ihre geschlossenen Augenlider, während sie ihm Liebesworte zuflüsterte, doch plötzlich hielt er in seinen Liebkosungen inne und hob lauschend den Kopf. "Sei still, Sira. Ich höre jemanden", raunte der junge Mann seiner Geliebten ins Ohr und löste behutsam seine Umarmung. Auch Sira spitzte jetzt die Ohren und auch sie hörte die sich nähernden Schritte nun deutlich. Sie kamen vom Garten her und ihr vertrauter Rhythmus ließ Sira erschreckt aufstöhnen. "Du mußt hier weg", flüsterte sie aufgeregt ihrem Liebsten zu und zog geschwind den goldverzierten Schleier wieder vor ihr liebliches Gesicht. Sie sprang auf und sah sich nach einem Fluchtweg für den Jüngling um, doch der einzige war die Tür, die zur Terrasse führte und von wo sich unaufhaltsam die Gefahr näherte. Einen Moment stand sie ruhig, die Hände krampfhaft ineinander verschlungen, dann packte sie den Arm ihres Geliebten, der inzwischen ebenfalls aufgestanden war und zog ihn zu einer Tür aus hölzernem Gitterwerk, die hinter einem dichten Vorhang fast völlig verborgen gewesen war. "Dort hinein", zischte sie und schob ihn in das dahinterliegende Gemach, kaum daß sie die Tür einen Spalt weit geöffnet hatte. Der junge Mann sah sich flüchtig in dem lichtdurchfluteten Raum um. "Wer wohnt hier?" fragte er flüsternd, als Sira die Tür schon wieder hinter ihm schließen wollte. "Eine Frau meines Vaters", erwiderte sie geringschätzig. "Sie wird nicht vor dem Abend hierher kommen. Ich werde so bald wie möglich jemanden schicken, der dich hinausführt." Mit diesen Worten wurde die Tür geschlossen und der Jüngling hörte, wie sie ihren Vater, Nisan den Prächtigen, begrüßte. Dann schienen beide den Ruheraum der Prinzessin zu verlassen. Der junge Mann sah sich in seinem vornehmen Versteck um. Die Tür in den Garten war mit ähnlichen Schnitzereien verziert wie in dem angrenzenden Zimmer: Szenen aus den Gärten der Freude. Gegenüber der Tür, durch die er den Raum betreten hatte, war eine weitere Tür, verhängt mit einem durchscheinenden Vorhang, dessen goldene Stickereien im Sonnenlicht glänzten. Der blauseidene Vorhang des holzvergitterten Fensters zum Garten war beiseite gezogen und vor dem Fenster stand ein niedriger Tisch, auf dem Schreibutensilien und einige Bücher lagen. Wie auch in Siras Räumen lagen überall auf den dicken Seidenteppichen runde Lederpolster und seidene Kissen, wie es in den Zelten der Oshey üblich und in Hannai zur Zeit Mode war. Der Jüngling zog sich eines der dicken Lederpolster ans Fenster, setzte sich und sah in den Hof hinaus. Auf dem Rasen, rund um den Springbrunnen, stolzierten einige der prächtigen weißen Pfauen, von denen man sich erzählte, es handele sich bei ihnen um die Nachkommen des ersten Königs und der ersten Königin von Hannai, die diese in ihrer Vogelgestalt zeugten, die ihnen vom Ungenannten als Belohnung ihrer Frömmigkeit verliehen worden war, bevor Er sie in die Gärten der Freude führte. Einer der Hähne raschelte mit seinen langen Schwanzfedern und spreizte sie dann zu einem in der Sonne perlmuttern schimmernden Rad, das er mit stolz geschwellter Brust und zitternden Federn vier Weibchen in seiner Nähe präsentierte. "Ein prachtvoller Anblick, nicht wahr?" fragte plötzlich eine leise Frauenstimme und der Jüngling erstarrte vor Schreck. "Nur keine Angst", sagte die Frau sanft. "Ich werde euch nicht verraten, wenn ihr mir erzählt, was ihr im verbotenen Teil des Palastes sucht... ich bin Patrais von Letran, die siebte Frau des Königs. Wer seid ihr?" Der junge Mann schluckte schwer und drehte sich zu der Frau um. Ein dichter granatapfelfarbener Seidenschleier, mit Silberfäden durchwoben und mit silbernen Blüten bestickt, reichte der zierlichen Frau bis zu den Knien, ihr bodenlanges Seidengewand hatte die Farbe von poliertem Gold. Der Jüngling sprang auf und verbeugte sich tief. "Ich heiße Hermil Tashrany... ich bin nur ein Sohn der Wüste, doch in meinem Herzen brennt ein Feuer, das sich mit der Sonne messen könnte. Es zieht mich hin zu einer, die hier in diesem Palast, hinter diesen Mauern lebt." Die siebte Frau des Königs neigte leicht ihren Kopf. "Ich bin geehrt, einen Oshey willkommen heißen zu dürfen, der ein Namensvetter eines so großen Mannes der Geschichte ist. Darf ich fragen, wer eure Angebetete ist?" Hermil Tashrany errötete tief. "Es ist... es ist die Prinzessin Sira, die dritte Tochter des Königs, hohe Dame." Hermils schweißnasse Finger verkrallten sich im festen Stoff seiner einfachen Beinkleider. Mit leichter Hand berührte Patrais von Letran den jungen Mann am Oberarm. "Bewahrt eure Ruhe, denn noch ist meine Neugierde nicht gestillt... wie habt ihr die Prinzessin kennengelernt. Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß sie zu euch in die Wüste kam und sagte: Besucht mich im Palast meines Vaters." Hermil Tashrany trat der Schweiß auf die Stirn. "Nein, hohe Dame, so war es natürlich nicht. Aber wenn ihr erlaubt, werde ich euch die Geschichte unserer Begegnung erzählen, die eine wundersame Fügung der Götter war, wie ihr sicher bestätigen werdet, habt ihr sie erst gehört." Patrais von Letran sank in einer Wolke aus golden schimmernder Seide auf eines der Sitzpolster und gebot Hermil mit einer Handbewegung, mit seiner Erzählung zu beginnen. Aufatmend nahm auch Hermil Tashrany wieder Platz und erzählte: * "DIE GESCHICHTE VON HERMIL TASHRANY UND SIRA VON BERRESH. Obwohl ich meine leibhaftigen Eltern nicht kenne, gibt es doch einen Mann, den ich meinen Vater nenne und dieser Mann, der mich zusammen mit seinem leibhaftigen Sohn aufzog als wäre ich von seinem Blut - und tatsächlich stamme ich sogar vom gleichen Stamm - ist der Fürst der Tashrany. Mein Vater, der Fürst, lehrte mich zu reiten und zu jagen und unterwies mich in den Kampfspielen der Oshey aber auch in den Schriften der Weisen und Heiligen, so daß ich schließlich zum Manne wurde und, wie es heißt, einer Zierde meines Stammes. Als ich vor einigen Wochen zur Jagd ritt, sah ich am Himmel einen weißen Falken, der auf mich herniederstieß, als sehe er in mir das Objekt seiner Jagd. Ich griff nach dem Bogen, um mich seiner zu erwehren, doch da fing der Vogel sich mit seinen Flügeln plötzlich ab, als hätte er meine Absicht geahnt und kreiste wenige Handspannen über meinem Kopf. Vorsichtig legte ich den Bogen quer vor mich, behielt ihn jedoch in der Hand, bereit, jederzeit einen Pfeil von der Sehne schnellen zu lassen, noch bevor der Vogel mich erreichen könnte. Dreimal kreiste der Vogel über mir, dann tat er plötzlich den Schnabel auf und sprach zu mir in der Sprache der Menschen: "Höre meine Worte, Sterblicher", und seine mächtige Stimme ließ mir das Blut in den Adern stocken. "Nicht weit von hier ist eine Oase, an der die Karawanenstraße nach Norden entlangführt. Banditen lauern dort und wenn du nicht eingreifst, werden sie dein Schicksal töten und du wirst dein Leben lang nur ein einfacher Sohn der Wüste bleiben, obwohl du zu Größerem geboren bist." "Wie kann ein Schicksal getötet werden?" fragte ich, aber der Vogel hatte seine Botschaft gesprochen, schrie nach Falkenart auf und schwang sich hoch in die Lüfte, so daß meine Augen ihn bald verloren hatten. Doch da dieser Vogel sicherlich ein Bote der Götter gewesen war, hatte ich ihm zu gehorchen, und so rief ich nach meinen Jagdgefährten, erzählte ihnen von dem Vogel und seiner Rede und beriet mich mit ihnen. "Laß einen von uns als Boten zu den Zelten eilen", riet mir einer meiner fünf Gefährten. "Die anderen werden dir folgen und mit dir gegen die Banditen kämpfen." Dieser Rat war gut und so rief ich: "Dann laßt uns eilen", und wie der Wind ritten wir fünf zu der Oase an der Karawanenstraße und hinter uns erhob sich der Sand wie eine riesige Säule, während der sechste zu den Zelten eilte und bald mit weiteren Kämpfern folgen würde. Endlich erreichten wir die Oase, die scheinbar friedlich dalag. Doch als wir näherkamen, sahen wir da im Sand Fetzen von Stoff liegen, an einigen Stellen war der Sand von Blut gerötet und ein Mann lag auf der Erde mit durchschnittener Kehle und dem Wappen des hannaischen Königs an seinem Umhang, dem galoppierenden Rappen. Von der Wasserstelle her kam Kampfeslärm und so preschten wir los, die blanken Klingen in der Hand. Die Banditen schwangen sich auf ihre Pferde und eilten davon, denn nur wenige wagen es, sich im Schwertkampf mit einem Oshey zu messen. Einer von ihnen jedoch riß ein pfirsichfarbenes Stoffbündel vom Boden hoch, bevor er sich davon machte. Wir wollten sie ziehen lassen, denn außer dem Toten am Rande der Oase waren die Männer der Karawane nur verwundet, da rief einer, statt uns für die Hilfe zu danken: "Sie haben die Prinzessin!" Dieser Ruf durchfuhr mich wie ein Speer und ich wußte, daß diese Prinzessin mein Schicksal war, und ich trieb mein Pferd an, die Banditen einzuholen, denn das vermeindliche Stoffbündel mußte die Prinzessin gewesen sein. Drei meiner Begleiter folgten mir, der andere kümmerte sich um die Verletzten. Es war eine lange Jagd über die Wellen jenes Meeres, das die Heimat der Oshey ist, und endlich hatten wir sie erreicht, denn ihre Pferde waren schwach und in keiner Weise zu messen mit dem Maß, das ein Züchter der Oshey anzulegen gewohnt ist. Schließlich erreichte ich jenes Pferd, das statt eines Reiters derer zwei trug, denn es war hinter den anderen zurückgefallen. "Entwindet euch ihm, Prinzessin!" rief ich und ich sah, wie aus dem formlosen Bündel pfirsichfarbener Seide plötzlich ein Wirbelwird wurde, doch der Griff des Banditen war eisern und so mußte ich ihn weiter verfolgen, bis mein Pferd Seit' an Seite mit dem seinen lief. Ich zog mein Schwert und stach nach dem Banditen, so sah er sich gezwungen, sich zur Wehr zu setzen, und der zarte Arm der Prinzessin entglitt seinem Griff. Mit wirrem Haar fiel sie zu Boden, doch da war schon einer meiner Begleiter herangekommen, zog sie zu sich hoch in den Sattel und eilte mit ihr zurück zur Oase. Der Kampf mit dem Banditen war nicht schwer, denn die Männer des Königs hatten ihm einen harten Kampf geliefert und so konnte auch ich bald zur Oase zurückkehren. Als ich mich wieder der Wasserstelle näherte und vom Pferd sprang, kam die Prinzessin auf mich zu. Inzwischen hatte sie ihre Kleidung wieder geordnet und ihr blütengleiches Antlitz mit den obsidianschwarzen Augen, das ich nur für einen kurzen Augenblick gesehen hatte, war wieder verschleiert. Sie verbeugte sich vor mir und sagte: "Ich danke euch für meine Rettung, Hermil Tashrany. Gebt mir die Ehre, zusammen mit euren Begleitern mit mir zu speisen", und ich dankte und folgte ihr in ein inzwischen errichtetes Zelt, in dem mit duftendem Öl gefüllte Lampen brannten und auf den Tischen Köstlichkeiten aus aller Welt warteten. Als meine Begleiter und ich uns gesetzt und die Hände in einer dargebotenen Silberschale gewaschen hatten, tranken wir zusammen Tee und schließlich erhob die Prinzessin wieder ihre Stimme und sagte zu mir: "Von dem Mann, der mich zur Oase zurückbrachte, erfuhr ich bereits euren Namen Hermil Tashrany, und ich hörte, welche wunderbare Fügung euch zur rechten Zeit die Oase erreichen ließ. Ich bin Sira von Berresh, die dritte Tochter des Königs von Hannai, Nishan des Prächtigen. Höret nun, wieso ich fern von Hannai über die Karawanenstraße ziehe und mich Gefahren wie diesem Überfall aussetze, hört: * VOM TRAUM DER SIRA VON BERRESH. Vor einigen Wochen träumte mir drei Nächte hintereinander folgendes: ein schwarzer Hengst auf einer vertrockneten Weide sah in geringer Ferne eine Weide von sattem Grün. Er besann sich nicht lange und machte sich auf den Weg dorthin. Alle, die er auf seinem Weg traf und die ihn nach seinem Vorhaben befragten, warnten ihn vor der fetten Weide, doch der stolze Hengst achtete nicht auf die Warnungen und erreichte die fruchtbare Weide schließlich. Dort war niemand, der ihm das Grasen verbot und so begann er, das saftige Gras zu rupfen und zu kauen, bis er satt war und seine anfängliche Wachsamkeit zu satter Schläfrigkeit geworden war. Da stürzte sich plötzlich ein weißer Falke auf den Rappen hinab und hackte ihm beide Augen aus, bevor er ihn von der Weide vertrieb. Drei Nächte hintereinander wachte ich voller Angst und Schrecken auf und endlich, nachdem ich meinen Vater lange gebeten hatte, erlaubte er mir, zum Orakel Orems zu reisen, damit die Priester des Herrn der Nacht mir diesen Traum deuteten. Zwei Wochen dauerte unser Weg durch die Wüste, bis wir den Tempel endlich erreichten und als ich den Priestern meinen Traum erzählt hatte, da berieten sie sich eine Woche lang, bis sie ihn deuten konnten und sie sagten mir: "Deinem Vater droht Unheil und Tod, denn die Götter selbst zürnen ihm. Nur einer vermag diesen Zorn abzuwenden und dessen Zeichen ist: zwei Sonnen unter dem nachtschwarzen Himmel." Ich fragte die Priester, ob sie mir nicht mehr sagen könnten, denn wo sollte je eine Sonne unter einem nachtschwarzen Himmel scheinen, geschweige denn zwei, doch die Priester schickten mich zurück und so machte ich mich schweren Herzens wieder auf den Weg. Endlich näherten wir uns dieser Oase und als wir sie erreichten, da stürmten auf einmal die Banditen hervor. Doch ihr kamt zur rechten Zeit, gesandt vom Boten des Ungenannten und als ihr den verfolgtet, der mich rauben wollte, da glühten eure Bernsteinaugen wie zwei Sonnen und das Haar, das euch in die Stirn wehte, war so schwarz wie die dunkelste Nacht unter dem Mantel Orems." Und jetzt höre, was weiter geschah, hohe Frau. Die Prinzessin bat mich, sie nach Hannai zu geleiten und auf dem Weg merkten wir, daß unsere Herzen einander zugeneigt waren. Als ich ihr sagte, ich würde bei ihrem Vater um ihre Hand bitten, da bestärkte sie mich und das sicher nicht allein in der Hoffnung, daß ich als ihr Gatte ihren Vater gewiß vor dem Zorn der Götter bewahren würde. So kamen wir endlich nach Hannai und durch die Vermittlung der Prinzessin empfing mich der König. Er war freundlich und sagte: "Ich höre, du rettetest meine Tochter aus der Hand von Banditen, Hermil Tashrany. Dafür sollst du reich belohnt werden", und er winkte seinen Wesir heran. Da verneigte ich mich tief und sagte: "Ich bin der zweite Sohn des Fürsten der Tashrany und keine Belohnung wäre mir so wertvoll wie eure dritte Tochter, die Prinzessin Sira, zu der ich eine tiefe Zuneigung empfinde, seit ich sie ..." Doch kaum hatte ich diese Worte gesprochen, da rief der König laut nach seinen Wachen. "Ein Oshey wagt es, mit diesen Worten vor mich zu treten? Diese Chelembrut aus der Wüste wagt es? Sperrt ihn in meinen tiefsten Kerker und laßt ihn dort verhungern!" Und so wurde ich weggeführt, ohne meiner Liebsten ein Abschiedswort sagen zu können. In der Nacht jedoch tat sich die Kerkertür einen Spalt weit auf und hinein schlich eine Dienerin meiner Geliebten. "Die Wachen sind betäubt", sagte sie flüsternd. "Folgt mir, ich werde euch sicher aus dem Palast führen." Und so wurde ich befreit. Seit diesem Tag jedoch schlich ich mich so oft es möglich war in die Frauengemächer des Palastes, um jeden Tag wenigstens ein paar Augenblicke bei meiner Geliebten weilen zu können. Heute aber überraschte uns das plötzliche Erscheinen des Königs und so versteckte ich mich hier in diesem Gemach." Der junge Mann senkte den Kopf und erwartete seine Strafe. "Hat die Prinzessin meinem Gebieter denn nicht erzählt, daß ihr die Rettung vor dem Zorn der Götter seid?" fragte die siebte Frau des Königs leise. Traurig schüttelte Hermil Tashrany seinen Kopf. "Sie hat es getan, aber der König glaubt nicht, daß die Götter überhaupt irgendetwas bewirken können, das seinem eigenen Willen zuwiderläuft." Schicksalergeben hob Hermil Tashrany die Hände. "In der Tat, solcherart ist sein Wesen", sagte Patrais von Letran fast zu sich selbst und fragte dann beiläufig: "Woher habt ihr diesen Ring?" Hermil Tashrany warf achtlos einen Blick auf den Goldring an seiner Rechten und fuhr mit dem Daumen der Linken über die Bruchkante des blauen Steinsplitters. "Er ist nichts wert. Wie ihr seht, fehlt die Hälfte des Steines. Es ist ein Andenken an meinen Vater... meinen leiblichen Vater." Die Frau des Königs wiegte ihren Kopf. "Erzählt mir auch die Geschichte dieses Ringes und wenn sie mir gefällt, werde ich euch ungesehen aus dem Palast führen." Die Augen des jungen Mannes wurden groß. "Oh, wahrhaftig?" "Wahrhaftig." Und der Jüngling begann: * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)