X-fach X-mas von Varlet ================================================================================ Kapitel 15: Tag 15 ------------------ Gefrustet saß Jodie auf dem Sofa in ihrer Wohnung und drückte ein Kissen an sich heran. Sie ärgerte sich und sie war frustriert. Manchmal hatte sie das Gefühl, dass sie nichts mehr konnte. In Japan war sie eine andere Person geworden und sie hatte eine andere Arbeitsmentalität. Dabei hatte sie sich vorgenommen, sich nicht zu verändern. Doch es war trotzdem passiert. Und es gab niemanden, der darauf wartete, dass sie Zeit hatte und einen Fall übernehmen konnte. Die Fälle warteten nicht auf sie, stattdessen hatte sie nur ein Ziel. Und bis sie das Erreichen würde, dauerte es möglicherweise noch weitere Monate. Im schlimmsten Fall sogar Jahre. In der Zwischenzeit übernahmen sie für ihre Kollegen in Amerika hin und wieder andere kleine Aufträge. Eigentlich war nichts dabei, was sie nicht hätten meistern können oder was auch nur irgendwie kritisch sein konnte. Doch sie hatten sich zu früh gefreut. Der einfache Fall hatte sich als Herausforderung herausgestellt. Sie hatte sich überschätzt und alleine um alles kümmern wollen., Außerdem war sie der Meinung, dass sie es schaffen würde, so wie sie vieles schaffte. Selbst als Shuichi ihr seine Hilfe anbot, hatte sie abgelehnt. Auch ihm wollte sie zeigen, dass sie es hinbekam. Er sollte sie nicht für schwach halten. Aber sie bekam es nicht hin. Sie hatte alles vermasselt und nun gab es mehrere Opfer. Als Shuichi dazu kam und sich von ihr alles bis ins kleinste Detail hatte beschreiben lassen, war Jodie der Kragen geplatzt. Sie hatte ihn angebrüllt und ihm sogar Vorwürfe gemacht. Sie hatte ihm vorgeworfen, dass er immer perfekt bei der Arbeit war und dass er nie Fehler machte. Sie hatte so viel gesagt, was sie hätte, nicht sagen sollen. Sie konnte sich einfach nicht mehr halten und musste ihren gesamten Schmerz rauslassen. Das passierte, wenn man alles in sich hineinfraß und kein Ventil hatte. Als ihre Wut vorbei war und sie realisierte, was sie getan hatte, hatte sie ihn stehen gelassen. Sie hatte ihm keine einzige Möglichkeit gegeben, sich zu erklären oder überhaupt etwas zu sagen. Jodie wollte alleine sein. Langsam war ihre Aufregung verflogen und ein klein wenig Scham kam auf. Sie fragte sich, was sie sich dabei gedacht hatte, ihn so anzugehen, dabei konnte er nichts dafür. Er war nun mal, wie er war. Sie hatte nichts anderes von ihm erwartet und sie wollte auch nicht, dass er sich änderte. Aber eines musste sie ihm zugutehalten, er hatte ihr keine Vorwürfe gemacht. Aber in jenem Moment war ihr schon seine Anwesenheit zu viel. Jodie wusste nicht einmal warum. Lag es daran, dass er sich in Japan auch verändert hatte? Ja, er war härter und kühler geworden. Und es schmerzte sie, ihn so zu sehen. Er hatte sein ganzes Leben darauf ausgerichtet, die Organisation zu vernichten. Immer wieder ließ er sie alleine – absichtlich und nicht absichtlich. Aber das hieß nicht, dass er ihr nicht vertraute. Vermutlich hatte er sich nicht einmal irgendwas dabei gedacht. Jodie zog die Beine an sich und seufzte. „Oh man“, murmelte sie leise. Es ärgerte sie, dass sie ihm nicht die Möglichkeit gab, mit ihr zu reden. Vielleicht hätte er sie dieses Mal ja nach ihrem Befinden gefragt oder versucht, ihr Trost zu spenden. Denn genau das war es, was sie brauchte. Trost. Wärme. Geborgenheit. Er hätte sie auch nur einmal in den Arm nehmen müssen. Sie erwartete keine Worte. Als es an ihrer Tür klingelte, stand Jodie auf. Gerade als sie vor dem Türspion ankam, klingelte es erneut. Jodie verdrehte die Augen. „Ich bin ja schon da“, gab sie laut von sich und öffnete die Tür. Sie ging davon aus, dass James der nächtliche Besucher war. Jemand anderes kam nicht in Frage. Zumindest dachte sie es. Aber dann stand Shu vor ihr. „Shu…?“ Jodie blinzelte und rieb sich die Augen. „Du träumst nicht“, sagte er und trat ein. „Ich darf doch.“ Die Agentin nickte und machte ihm Platz. „Was…machst du hier?“ „Ich wollte nach dir sehen.“ Er schlüpfte aus den Schuhen und hing seine Jacke an die Garderobe. Dann folgte er Jodie ins Wohnzimmer. „Oh“, gab sie von sich. „Das hab…ich nicht erwartet…“ „Ich wollte dir etwas Zeit lassen, ehe ich komme.“ Shuichi setzte sich. „Du warst vorhin sehr aufgebracht. So kenn ich dich nicht, aber es war gut, dass du deine Emotionen direkt rausgelassen hast. Wenn es dir hilft, kannst du mich auch häufiger anschreien.“ Jodie schluckte. Mit diesen Worten hatte sie gar nicht gerechnet. Und es war ihr peinlich. „Kann…kann ich dir etwas zu trinken anbieten?“ „Nicht nötig“, gab Akai von sich. Jodie setzte sich. „Tut mir leid, dass ich dich…vorhin angeschrien habe. Das…hätte ich nicht tun dürfen.“ „Nein, ist schon gut“, sprach Shuichi. „Das war gut. Du kannst nicht immer alle negativen Gefühle in dich hineinfressen. Du hast mehrere Menschen verloren, die Bestandteil deines Auftrags waren.“ Jodie seufzte. „Meinst du, ich lass das alles zu nah mich heran?“ Akai blickte sie an. „In der Ausbildung bläut man uns ein, dass wir Distanz wahren müssen, aber Empathie ist ein wesentlicher Bestandteil, damit wir menschlich bleiben. Und es gibt Agenten, die umso besser sind, je mehr sie mitfühlen. Wenn du also wissen willst, ob es falsch war, es an dich heranzulassen, muss ich verneinen. Du würdest dadurch nur einen Teil von dir selbst verlieren.“ Ihr kamen die Tränen. „Shu…“, wisperte sie. „Und…was tu ich jetzt?“ Er zuckte mit den Schultern. „Tu das, was für dich am besten ist. Wenn du weinen musst, wein. Wenn du schlafen willst, schlaf. Wenn du Sport machen willst, mach Sport. Wenn du getröstet werden willst, dann tröste ich dich. Wenn du…“ Sie rückte näher zu ihm und er kam nicht dazu, noch mehr zu sagen. „Kannst du…mich in den Arm nehmen?“ Shuichi sah sie überrascht an. „In Ordnung“, gab er von sich und legte den Arm um sie. Er drückte sie an sich und sah nach vorne. „Danke“, wisperte Jodie leise. „Du warst noch nie so gut im Trösten, aber du hast dich wirklich sehr verbessert. Du solltest mich häufiger trösten.“ „Besser nicht“, entgegnete Akai. Jodie lächelte. „Schon gut. Es reicht mir auch, wenn du einfach nur da bist und mich hältst. Mehr brauch ich nicht.“ Sie schloss ihre Augen. „Ach Jodie…“, murmelte der FBI Agent und drückte sie noch enger an sich. Auch er schloss seine Augen. Irgendwann waren sie nach hinten gesackt und eingeschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)