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My (little) secret

von

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Es dauerte nicht mehr lange.

Nur noch wenige Stunden bis zum Start des Musicals. Bis zu seinem letzten Auftritt.

Riku wusste, dass es sein letzter Auftritt sein würde. Dass diese Zeit, in der er sich hinter einer Fassade versteckt hatte, bald vorbei sein würde.

Die Zeit, in der er das strahlende, lächelnde Idol, in der er IDOLiSH7’s Center, gespielt hatte, würde bald vorbei sein. Er wusste von Anfang an, dass es irgendwann ein abruptes Ende geben würde.

Eigentlich hatte er auch nie ein zu enges Band zu irgendjemandem in dem Idolbusiness aufbauen wollen. Er wollte kein besonderes Band zu IDOLiSH7 aufbauen. Er wollte kein besonderes Band zu TRIGGER, Re:vale oder ZOOL aufbauen.

Einfach, weil er wusste, dass es irgendwann vorbei sein würde.

„Bist du so weit, Riku?“

Die Frage holte ihn zurück in die Realität und sorgte gleichzeitig dafür, dass er sich fragte, wie er das alles wieder komplett in seiner unwichtigen Vergangenheit verschwinden lassen konnte.

Er spürte, wie er sich absichtlich nicht umdrehte, um in dieses Gesicht zu sehen. „Natürlich bin ich bereit, Tenn-nii!“, sagte er so enthusiastisch, dass es selbst in seinen Ohren so komplett falsch klang. Er war sich sicher, dass Tenn es ebenfalls bemerkte.

Er war nur froh, dass Tenn noch hinter ihm stand und ihm nicht ins Gesicht sehen konnte. Er war sich nicht sicher, wie gut er gerade verbergen konnte, was eigentlich los war oder wie er sich fühlte.

„Riku?“, fragte Tenn nach, seine Stimme klang eindeutig besorgter. Riku war nur froh, dass Tenn weiterhin hinter ihm blieb und ihn nicht direkt ansah. „Ist alles in Ordnung?“

Riku schluckte, atmete ein wenig tiefer ein und aus, während er einen Moment seine Augen schloss. Er musste sich beruhigen. Tenn durfte nicht erfahren, was wirklich war. Das war doch das, was er sich geschworen hatte, nachdem er gesehen hatte, dass Tenn mit TRIGGER debütiert hatte.

Er wusste, dass er Tenn, ausgerechnet Tenn, nicht so einfach etwas vormachen konnte, wie allen anderen.

Nur langsam drehte Riku sich zu ihm, als er das Gefühl hatte, sich zumindest halbwegs beruhigt zu haben. „Es ist alles gut, Tenn-nii“, sagte er daraufhin, sorgte dafür, dass er ihn wieder anlächelte.

Er musste sich beruhigen. Er durfte niemandem etwas sagen. Es war seit dem ersten Moment doch klar, dass das hier alles irgendwann enden würde und er zurückgerufen wurde, weil ihre Mission im Hintergrund beendet war.

Auch, wenn das bedeutete, dass er IDOLiSH7 verlassen musste, ohne die Chance zu haben, ihnen zu sagen, dass er ging und nicht zurückkommen würde. Auch, wenn das bedeutete, dass er niemanden von ihnen je wiedersehen würde.

Riku sah wieder konzentrierter zu Tenn, als er bemerkte, wie er von ihm an den Armen berührt wurde. Tenns Blick war immer noch so besorgt. Erwartete Riku wirklich, dass sich sein Zwillingsbruder so einfach beruhigen ließ, wo er selbst bemerkte, dass er sich gerade eher zu einem Lächeln zwang?

Es war gefährlich, wenn er länger hier war, mit Tenn alleine, wo er genau wusste, dass Tenn dabei war, ihn zu durchschauen.

Konnte nicht irgendjemand gerade zu ihnen kommen, der dafür sorgte, dass sie nicht mehr alleine waren?

„Du zitterst, Riku“, flüsterte Tenn ihm entgegen, während er langsam nach Rikus Händen griff, während sie sich immer noch so direkt in die Augen sahen. „Was ist–“,

„Tenn-nii“, flüsterte Riku mehr, als er spürte, wie er nicht mehr wirklich eine Kontrolle darüber hatte, was er tat. Er wollte gerade einfach nur von Tenn festgehalten werden und ihm gestehen, was los war und das er nicht wegwollte.

Dabei durfte er das nicht. Er durfte Tenn nichts sagen. Er durfte ihn nicht dort mit reinziehen.

Das Einzige, was Riku wollte, war doch, dass sein Zwillingsbruder weiter als das Idol strahlte, was er immer geliebt hatte. Nicht Riku war ein Idol, sondern Tenn.

Für ihn war es immer nur eine Rolle gewesen, die er gespielt hatte.

„Riku? Riku!“, sagte Tenn erneut, diesmal etwas lauter, während er Riku kurz darauf in die Polster eines Sessels in der Kabine drückte und sich vor ihn kniete, „ganz ruhig, ja? Du weißt, dass du dich nicht überanstrengen darfst.“

„Nicht“, flüsterte Riku etwas mehr, schluckte, schüttelte ernster den Kopf, „es ist nicht–“, fing er an, stoppte sich selbst. Er wusste, dass er weit davon entfernt war, eine Asthmaattacke zu bekommen. Aber dennoch konnte er nichts sagen, sondern blickte einfach nur in diese so besorgten Augen. Tenn-nii, nicht. Du darfst nicht in meiner Nähe sein.

„Bist du wirklich fit genug?“, fragte Tenn nach, sah ihn weiterhin so ruhig an, während er ihn die ganze Zeit nicht losließ.

Riku nickte, weil er sich gerade nicht sicher war, ob er seiner eigenen Stimme traute. Ob er alles, was er nicht sagen durfte, verbergen konnte, wenn er sprach.

Immerhin ging es auch darum, dass er wenigstens noch ein letztes Mal auf der Bühne stehen durfte. Auch, wenn er kein Abschiedskonzert mit IDOLiSH7 haben durfte. Immerhin durfte er einen letzten Auftritt mit Tenn haben.

„Riku“, flüsterte Tenn.

Riku atmete noch einmal tief ein und aus, bewegte seine Lippen dann zu einem Lächeln, umfasste Tenns Hände ebenfalls etwas mehr. „Mir geht es gut, Tenn-nii.“

So gut, wie es ihm gehen konnte, wenn er nachher seinen letzten Auftritt hatte. Aber er wusste, dass er das alles verstecken musste.

Er wusste, dass er das alles nach Incomplete Ruler hinter sich lassen musste. Ganz egal, ob es IDOLiSH7, TRIGGER, Re:vale oder ZOOL war. Er durfte niemanden von ihnen mehr sehen.

„Riku“, fing Tenn erneut an, verengte seine Augen ein wenig, „glaubst du wirklich, dass du mich täuschen kannst?“

„... Nein“, antwortete Riku nach einer längeren Stille, spürte, wie sein Lächeln eher gequält war. Er wusste doch die ganze Zeit, seit er mit Tenn alleine war, dass er diese Fassade nicht wirklich aufrecht halten konnte. „Aber es ist einen Versuch wert, oder, Tenn-nii?“

Er kicherte ein wenig, stand aus dem Sessel auf und zog Tenn mit ins Stehen, da sie sich immer noch an den Händen festhielten. Erst danach ließ Riku ihn los, machte einen Schritt rückwärts von Tenn weg, drehte sich aber nicht von ihm weg. „Du solltest nichts mehr mit mir zu tun haben, Tenn.“

Seine Stimme hatte einen ernsteren Ton angenommen, der vermutlich mit dafür sorgte, dass Tenn ein wenig seine Augen geweitet hatte. Nicht nur die Tatsache, dass er ihn nicht Tenn-nii genannt hatte.

„Riku, was– was meinst du damit?“, fragte Tenn schließlich nach.

„Was ist daran so schwer zu verstehen?“, fragte Riku nach, legte den Kopf schief, während er spürte, wie er sich langsam wieder beruhigt hatte, so dass er sich umso mehr hinter seiner eigentlichen Fassade verstecken konnte, „ich werde nach Incomplete Ruler verschwinden. Das Idol Nanase Riku hat es nie gegeben. Es war alles nur eine falsche Identität.“

Warum sagte er das alles? Wieso hörte er nicht auf, Tenn etwas zu erzählen?

War der Plan nicht, dass er nach dem Musical einfach verschwand? Es war doch nur dieser Abend, den er als Zusatz bekommen hatte, damit er gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder auftreten konnte. Damit er einen letzten Moment mit Tenn auf der Bühne hatte.

„Wovon redest du, Riku?“, fragte Tenn nach, „wie kannst du sagen, dass das alles nur eine falsche Identität war?“

„Es ist genau das“, zuckte Riku mit den Schultern, grinste etwas mehr, während er wirklich froh war, dass er sich ein wenig gefangen hatte, „ein Fake. Ich habe es nur als Zwischenmoment genutzt, aber das war es.“

Tenn starrte ihn einfach nur weiter an, trat wieder auf ihn zu und blickte ihm ernster entgegen. „Du hast das alles nur gespielt? Bist du sicher?“

Natürlich nicht, Tenn-nii. „Ich habe alles nur gespielt, Kujou Tenn“, sagte Riku antwortend, auch, wenn es in ihm anders aussah. Auch, wenn er das alles nicht so abwertend sagen wollte. „Bist du enttäuscht, weil dein Zwillingsbruder so anders ist? Mir sind meine Fans egal. Oder IDOLiSH7.“

Tenn sah ihn einfach nur ausdruckslos an. „Und du glaubst, dass ich dir das glaube, ja?“

„Es ist die Wahrheit“, erwiderte Riku ruhig lächelnd zurück. Nicht einmal Tenn sollte durch diese Fassade, die er all die Jahre aufgebaut hatte, erkennen können, wie es wirklich in ihm aussah. Wie sehr er schreien wollte, dass er das alles sehr wohl liebte und es nicht aufgeben wollte.

„Du wärst niemals so erfolgreich bei deinen Fans, wenn du das alles nur gespielt hättest“, sagte Tenn eindeutig ernster, „IDOLiSH7 wäre nicht so erfolgreich, wenn ihr Center so ein falsches Spiel spielen würde.“

„Du hast doch das Gegenteil gesehen, oder, Tenn?“, erwiderte Riku ruhig weiter, legte den Kopf schief.

„Nein“, sagte Tenn ruhig weiter, „und wir könnten Incomplete Ruler niemals so gut gemeinsam singen, wenn du so falsch wärst.“

Riku schluckte, sah wieder eindeutiger zu ihm, streckte einen Arm aus und berührte Tenn an der Wange, sorgte dafür, dass er nicht mehr lächelte. „Warum Tenn-nii?“, fragte er dann nach, „warum kannst du nicht akzeptieren, dass ich verschwinden muss?“

„Warum musst du gehen? Wieso willst du das alles aufgeben?“, fragte Tenn nun ebenfalls ruhiger nach.

Riku schüttelte daraufhin nur den Kopf, legte Tenn einen Finger auf die Lippen. „Ich habe viel zu viel gesagt. Versprich mir, dass du niemandem etwas sagst.“

Er bemerkte diesen eindeutig fragenden Blick in Tenns Augen, bevor er kurz sah, wie er nickte.

Nur langsam zog Riku seine Hand zurück. „Ich kann dir nur so viel sagen, dass Incomplete Ruler mein letzter Auftritt als Idol ist. Versuch nicht, mich danach zu finden und sag niemandem etwas davon, was ich dir erzählt habe.“

„Du willst wirklich einfach verschwinden, Riku?“, fragte Tenn leise nach.

„Hast du mir damals etwas gesagt, als du einfach verschwunden bist?“, erwiderte Riku ein wenig bedrückter, schüttelte dann den Kopf, „... aber ja. Ich habe meine Zeit schon ausgebaut, weil ich noch ein letztes Mal mit dir singen wollte.“

„Es geht nicht um mich, Riku“, sagte Tenn und sah ihm ernster entgegen. Riku hatte durchaus gemerkt, dass er ihn kurz ein wenig bedrückter angesehen hatte. „Aber deine Freunde–“,

Riku lächelte ihn nur wieder bitter an. „Ich kann nicht. Es ist besser so, wenn sie nicht länger Kontakt zu mir haben.“

„Ich kann dich nicht umstimmen?“, entgegnete Tenn ein wenig leiser.

„IDOLiSH7 wird nicht weiter existieren. Zumindest nicht mit Nanase Riku“, sagte Riku daraufhin ruhig, schüttelte den Kopf.

Langsam bewegte er seine Lippen wieder zu einem Lächeln, griff nebenbei erneut nach Tenns Händen. „Aber vielleicht ... finde ich eine Möglichkeit, dass wir uns zwischendurch sehen können.“

Auch, wenn Riku wusste, dass es eigentlich auch zu gefährlich war.

Er musste den Kontakt zu seinen Freunden und Kameraden abbrechen, wenn er nicht wollte, dass ihnen etwas passierte.

Er musste eigentlich noch mehr den Kontakt zu seinem Zwillingsbruder abbrechen, um zu verhindern, dass Tenn mitbekam, was wirklich passiert war.

Doch konnte Riku das tun, was er sollte? Konnte er nach dieser Zeit den Kontakt zu Tenn komplett abbrechen?

Ein wenig tiefer seufzend blickte Tenn auf sein Handy, während er nebenbei etwas durch Rabitter scrollte.

Es waren etwas mehr als vier Monate her, seit er nichts mehr von Riku gehört hatte. Ungefähr die gleiche Zeit, seit verkündet wurde, dass IDOLiSH7 eine Weile eine Auszeit nahm.

Tenn konnte sich vorstellen, dass es ebenfalls war, weil Riku so plötzlich verschwunden war, auch, wenn sie es natürlich nicht so nach außen sagen konnten.

„Du siehst nicht so aus, als hättest du irgendwas Neues gehört“, hörte er Gaku neben sich, wobei er aufsah und erst wieder realisierte, dass sie noch an ihrem Frühstückstisch saßen. Auch, wenn sie das Frühstück inzwischen weitestgehend beendet hatten.

„Nein, nichts“, sagte Tenn, schüttelte den Kopf, wechselte dennoch kurz auf den Chat mit Riku. Auch, wenn er wusste, dass er keine Nachricht von ihm bekommen hatte.

Die letzte Nachricht, die Riku ihm geschickt hatte, war immer noch von der Zeit vor dem Musical und das er sich so sehr freute, zusammen mit ihm auf der Bühne stehen zu können.

„Es ist seltsam, oder?“, murmelte Ryuu nebenbei ein wenig nachdenklicher, „dass ausgerechnet Riku-kun so einfach verschwindet und nicht einmal irgendetwas zu den anderen sagt.“

Tenn nickte still vor sich hin. Er wusste, dass er vermutlich der Einzige gewesen war, der überhaupt irgendetwas von Riku dazu gehört hatte, bevor sein Zwillingsbruder verschwunden war.

„Er hat wirklich nichts gesagt? Nicht einmal zu dir, Tenn?“, fragte Gaku nach, richtete seine Aufmerksamkeit komplett zu ihm.

Tenn starrte einfach nur vor sich, blickte zu Gaku, seufzte etwas mehr. „Nicht wirklich“, sagte er ein wenig leiser. Er wusste ja, dass es nicht wirklich gelogen war. Wirklich gesagt hatte Riku ihm nichts, auch, wenn er zumindest gewusst hatte, dass Riku nach Incomplete Ruler verschwinden würde.

„Ein bisschen wie bei Zero, oder?“, flüsterte Ryuu ein wenig mehr.

„Hoffen wir, dass es nicht so ähnlich ist“, entgegnete Gaku, verdrehte etwas die Augen, „auch wenn es normal ist, dass man daran denkt.“

Tenn sah zwischen ihnen hin und her, lächelte langsam etwas mehr. „Ich hoffe drauf, dass er sich irgendwann bei mir meldet. Ich vertraue drauf, dass er sich melden wird.“

„Bleibt uns nichts anderes übrig, oder?“, fragte Gaku nach, „ich hoffe nur, dass sie die Zeit überstehen.“

„Solange sie noch so präsent sind, selbst ohne Riku“, murmelte Tenn etwas vor sich hin, „haben sie auch die Chance auf ein Comeback.“

„Ich habe so ein merkwürdiges Gefühl, dass du doch mehr weißt, als du uns sagst, Tenn“, entgegnete Gaku und sah ihn etwas skeptischer an, „als wenn Nanase dir noch irgendetwas gesagt hätte.“

Tenn blickte ihn zurück an, zuckte mit den Schultern, lächelte ein wenig bitterer. „Wir haben vor Incomplete Ruler geredet. Nicht über irgendetwas. Aber ... es klang, als wenn er zu viel vor uns geheimhalten wollte“, sagte er schließlich dennoch etwas antwortend, „und ...“, er schluckte, während er sich dieses Gespräch zurück in seine Erinnerungen holte, „... er meinte, dass er kein Idol ist. Dass es alles nur ein Fake war. Dass er das nie ernstgemeint hatte.“

Er war sich ziemlich sicher, dass es gelogen war, auch, wenn Riku alles daran gesetzt hatte, so gut zu verstecken, wie er sich fühlte. Tenn war sich ziemlich sicher, dass er seinen Zwillingsbruder besser lesen konnte. Riku hätte damals jeden anderen täuschen können, aber nicht ihn.

„Was?“, kam es geschockter von Gaku und Ryuu, wobei er von seinen Kameraden überraschter angesehen wurde.

„Wenn ihr denkt, dass ich ihnen so etwas erzähle“, fing Tenn an, schmunzelte ein wenig mehr.

„Nein, nicht zu ihnen“, sagte Ryuu daraufhin, bevor Tenn weitersprechen konnte.

„Nanase hat davon gesprochen, dass er das nie ernstgemeint hatte?“, fragte Gaku noch einmal nach, „und das sollen wir glauben, nachdem wir IDOLiSH7 gesehen haben?“

Tenn nickte nur knapp. „Er meinte, ihm ist das alles egal. Ihm wäre IDOLiSH7 egal“, sagte er dann weiter, „und das er nur noch für unser Musical, für Incomplete Ruler, da wäre, um danach zu verschwinden.“

Still starrte Tenn einfach nur vor sich. Selbst jetzt, wenn er wiederholte, was Riku ihm gesagt hatte, fühlte es sich an, als wenn es einfach nur falsch war.

„Du willst ihnen nicht sagen, was Nanase gesagt hat, oder?“, sagte Ryuu ein wenig fragender.

„Es ist besser, wenn sie nichts wissen. Wenn sie erfahren, dass Riku so einfach sagen kann, wie egal ihm das alles ist“, sagte Tenn ein wenig betrübter, „so können sie weitermachen. Ich habe Riku eigentlich eh versprochen, dass ich nichts sage, aber ... wenn“,

„Wir schweigen, Tenn“, unterbrach Gaku ihn, bevor er weitersprechen konnte, während Ryuu ebenfalls zustimmend nickte, „und wenn er sich wirklich meldet, können wir immer noch gucken, ob wir herausfinden, wie wir ihn zurückholen.“

Ein wenig erleichtert war Tenn schon, als er seine Kameraden ansah, aber in gewisserweise hatte er auch nichts anderes erwartet. Immerhin wussten sie, dass sie sich gegenseitig vertrauen konnten, ganz egal, um was es ging. Erst recht nach allem, was sie durchgemacht hatten.

 
 

––––

 

Über den Tag verteilt hatte Tenn zumindest genug Termine, so dass er nicht wirklich darüber nachdenken konnte, was mit Riku war. Davon abgesehen, dass es ihn den Tag über ablenkte, wenn er seinem normalen Tagesablauf nachging.

Es war zumindest der Vorteil, dass es dafür sorgte, dass er gar nicht dazu kam, sich zu viele Gedanken über Riku zu machen.

Den letzten Termin des Tages hatte er alleine, so dass er sich danach auch alleine auf den Weg nach Hause machte. Vermutlich würden Gaku und Ryuu auch erst später zurücksein, wenn er es richtig in Erinnerung hatte.

Während er ein wenig gemütlicher durch die Stadt ging, blickte er sich etwas um. Er wollte einfach noch ein bisschen die Zeit genießen, in der er unterwegs war, ohne wirklich zu einem weiteren Termin zu müssen.

„Hey, hast du gehört? Vielleicht tritt IDOLiSH7 demnächst wieder auf!“

„Hmm? Du meinst, dass sie davon geschrieben haben, bald wieder zurück in Japan zu sein, oder?“

Tenn hob ein wenig eine Augenbraue, sah unter seiner Cappie hinweg zur Seite, ohne wirklich seinen Kopf weiter anzuheben. Er war sich ziemlich sicher, dass es nicht jeden von ihnen betraf.

„Aber Riku-kun hat immer noch nichts wieder gepostet, oder?“

Ein wenig bitterer lächelnd zog Tenn seine Cappie nach unten, bewegte sich an der Menschengruppe vorbei, die scheinbar gerade über IDOLiSH7’s mögliches Comeback redeten.

Er wusste, dass er nicht weiter zuhören musste, weil er sehr genau wusste, dass Riku, seit ihrem gemeinsamen Auftritt, nicht mehr auf Rabitter aktiv gewesen war.

Dafür hatte er in letzter Zeit zu sehr darauf geachtet, ob sein Zwillingsbruder sich meldete oder irgendwo aktiv war.

Kurz vor der Wohnung, die er mit seinen Freunden bewohnte, stoppte Tenn, blinzelte ein wenig zur Seite.

Er war sich ziemlich sicher, dass niemand ihn in den letzten Wochen verfolgte, dazu hatte er es auch zu genau überprüfen lassen, aber dennoch hatte er immer mal wieder das Gefühl, dass ihn jemand beobachtete.

Schließlich seufzte er, zuckte mit den Schultern und machte sich daran, die Tür zu ihrer Wohnung aufzuschließen und ins Innere zu gehen.

Drinnen war es still, aber immerhin hatte Tenn gewusst, dass weder Gaku, noch Ryuu, um diese Zeit schon zurück sein konnten.

Nachdem er seine Jacke an die Garderobe gehangen und aus seinen Schuhen geschlüpft war, um danach in seine Hausschuhe zu schlüpfen, ging er in die Küche, setzte sich etwas Wasser für einen Tee auf und lehnte sich während der Wartezeit gegen die Anrichte.

Ein wenig gedankenverloren sah er auf sein Handy und überflog ein paar Benachrichtigungen von Rabitter, klickte sie allerdings relativ schnell weg.

Eigentlich wollte er sein Handy schon wieder weglegen und seinen Tee aufgießen, als ihm der Anfang einer Chatnachricht angezeigt wurde. Zusammen mit dem Namen, mit dem er nicht mehr wirklich gerechnet hatte.

Er klickte den Chat auf und blickte zu der Nachricht, die Riku ihm geschickt hatte.

 

Tenn-nii, hast du heute Abend Zeit?

21 Uhr. Sag niemandem etwas und komm alleine!

Ich schicke dir die Adresse.

 

Einige Minuten starrte Tenn einfach nur auf die Nachricht, bevor er sich schließlich davon losriss und stattdessen auf die Uhr auf seinem Handy sah. Es war 18:20. Eigentlich war er sich sicher, dass er um diese Zeit nicht noch unterwegs sein sollte. Erst recht, wo er wusste, dass sie am morgigen Tag relativ zeitig einen Termin hatten.

Allerdings konnte Tenn auch nicht sagen, dass er diese Chance verstreichen lassen wollte, wenn er nicht wusste, wann sich Riku das nächste Mal bei ihm meldete.

Immerhin bekam er jetzt endlich mal eine Reaktion von ihm und hatte die Chance, dass er ihn treffen konnte.

 

Ich kann es mir einrichten.

 

Er wusste, dass es riskant sein konnte, erst recht, wenn er nicht wusste, wo Riku sich treffen wollte.

Aber immerhin war es eine Möglichkeit, dass er ihn sehen und mit ihm reden konnte.

Wenn sie auch nur irgendwie einen Schritt weiterkommen wollten, um Riku dazu zu bekommen, zurückzukommen, dann musste er doch jede Chance nutzen, oder?

Tenn schluckte, sah auf die Antwort, die Riku ihm nur wenige Minuten später schickte, indem er ihm die Adresse und das Foto einer Bar schickte.

Ein wenig nach acht Uhr abends saß Tenn in einer Bahn, die ihn zu dem Ort bringen sollte, wo er sich mit Riku treffen sollte.

Die Gegend war, laut der Karte, die er noch etwas genauer geprüft hatte, ein Stück außerhalb und nicht gerade dort, wo ansonsten viel los war. Er konnte sich auch nicht erinnern, dass er dort schon einmal wirklich gewesen war.

 Tenn drückte den Mantel, den er übergezogen hatte, etwas mehr zu, während er ansonsten sein Gesicht unter einer Cappie und Maske versteckt hatte und einfach etwas nach draußen blickte.

Er hatte Gaku und Ryuu nur kurz geschrieben, dass er den Abend nochmal losmusste, allerdings nichts Genaueres. Er konnte ihnen auch schlecht sagen, dass er Riku traf, erst recht, nachdem sein Zwillingsbruder so eindeutig geschrieben hatte, dass er alleine kommen und niemandem etwas sagen sollte.

Er würde sich allerdings vornehmen, dass er Riku erneut darauf ansprach, wieso er so sehr verschwunden war und warum er sich bei niemandem mehr melden wollte. Auch, wenn Tenn kaum damit rechnete, dass er irgendeine andere Antwort bekam, als damals. Er wollte nicht so einfach akzeptieren, dass Riku einfach so verschwinden und seine Freunde alleine lassen konnte.

Nachdenklich blickte Tenn auf sein Handy, scrollte ein wenig durch die Rabitter Timeline, blickte über die letzten Postings der anderen Mitglieder von IDOLiSH7, wie sehr sie sich darüber freuten, wenn sie wieder auftraten.

Sie wirkten alle so fröhlich und erholt, während sie darüber schrieben, dass sie es nicht erwarten konnten, wieder aufzutreten.

Es sorgte dafür, dass sich etwas in ihm verkrampfte, während er an Rikus Worte zurückdachte. Wie er davon gesprochen hatte, dass ihm IDOLiSH7 egal wäre, dass er kein Idol war, dass es alles nur eine falsche Identität gewesen war, die er gespielt hatte.

Tenn wusste, dass es gelogen war, auch, wenn Riku alles gegeben hatte, um es ihm vorzuspielen. Aber es fühlte sich dennoch schmerzhaft an, zu lesen, wie sich die anderen Mitglieder von IDOLiSH7 auf ihre Rückkehr freuten, während Riku so einfach so etwas sagen konnte.

Wie konnte Tenn ihnen nur erklären, dass Riku das alles nur gespielt hatte? Oder das er diese Dinge so einfach gesagt hatte?

Er sah ein wenig nachdenklicher auf die Postings, stoppte beim Scrollen und blickte auf ein Foto von Yotsuba Tamaki, zusammen mit Aya, wie sie scheinbar an einem Flughafen waren.

Es sorgte dafür, dass er zumindest ein wenig lächelte. Er würde noch nichts sagen, aber er würde noch einmal versuchen, mit Riku zu reden. Er musste einfach mit Riku reden und ihn dazu bringen, zurückzukehren. Jetzt, wo alles langsam wieder so war, wie es sollte.

Wie konnte Riku ausgerechnet jetzt einfach verschwinden und ihm einfach so sagen, dass er das alles nie ernstgemeint hatte?

„Ich frage mich, ob IDOLiSH7 demnächst wirklich zurück auf die Bühne kommt“, drang eine leise Stimme zu ihm durch, so dass er etwas seinen Kopf zur Seite drehte und zu einer Frau mit langen, zusammengebundenen, braunen Haaren blickte, „oh, sorry, ich wollte nicht– ich hab nur gesehen, dass du ihre Postings verfolgst.“

„Schon gut“, murmelte Tenn, drehte seinen Kopf wieder von ihr weg, „... du bist ihr Fan?“

„Ich hab durch sie einen Neuanfang geschafft“, sagte sie ein wenig schmunzelnder, „es wäre schade, wenn sie aufhören. Immer wenn ich Nanase Riku so breit lächeln sehe, spüre ich, dass es mir neue Energie gibt. Uh, du findest das nicht komisch, oder?“

Tenn blickte erneut zu ihr, schüttelte dann nur den Kopf. „Nein“, sagte er schließlich, während er daran dachte, wie glücklich es ihn selbst gemacht hatte, wann immer er Rikus Lächeln gesehen hatte.

Egal, ob in ihrer Kindheit, wenn es nur in den Momenten war, in denen Tenn ihn etwas abgelenkt hatte oder später, wenn er bei IDOLiSH7’s Auftritten gestrahlt hatte. Oder wenn sie sich begegnet waren und er ihn so angelächelt hatte, dass Tenn ihn am liebsten einfach nur festhalten und bei sich halten wollte. Er hatte nie vorgehabt, ihn so deutlich von sich zu stoßen, auch wenn er es gemusst hatte. Aber er hatte immerhin dafür sorgen müssen, dass sie nichts weiter als Fremde oder später Bekannte waren.

„Uh, alles okay?“, fragte diejenige neben ihm, wobei er bemerkte, dass er ein wenig abwesend wirkte.

„Hmhm, alles gut“, murmelte Tenn, schluckte etwas, rieb sich mit einem Ärmel über seine Augen, „und entschuldige mich“, sagte er dann, als er bemerkte, dass er kurz vor der Station war, wo er aussteigen musste.

Sie nickte ihm nur lächelnd zu, als er sein Handy wegsteckte und sich daran machte, aufzustehen um schließlich auszusteigen.

An dem Bahnhof atmete er einen Moment tiefer ein und aus, bevor er sich schließlich daran machte, den Weg entlang zu dem Ort zu gehen, den Riku ihm geschrieben hatte.

Die Luft draußen sorgte dafür, dass er sich zumindest ein wenig beruhigte, während er seine Hände in den Taschen seines Mantels vergraben hatte.

Die Gegend war ein wenig am Stadtrand, so dass er zwischendurch noch ein wenig die Karte studierte, die Riku ihm geschickt hatte, wie er zu dem genauen Ort kommen sollte.

Er stoppte vor einem größeren Gebäude. Der Eingang war wohl eher unterirdisch, da er eine Treppe erkennen konnte, die zu der einzigen Tür auf der Vorderseite führte. Die oberen Fenster wirkten eher wie normale Wohnungen, deren Fenster allerdings durch Vorhänge verdeckt waren.

Ein wenig sah Tenn sich um, blickte dann noch einmal auf den Rabbitchat mit Riku.

 

Bin hoffentlich gleich da. Warte vor dem Gebäude auf mich.
 

Nebenbei warf er einen Blick auf die Uhrzeit, die 20:57 anzeigte. Schließlich zuckte er mit den Schultern und lehnte sich gegen die Außenwand des Gebäudes.

Er zog ein wenig seine Cappie so, dass er darunter hervorgucken konnte, während er ein wenig die Menschen beobachtete, die in der Nähe vorbeiliefen.

Während er wartete, dachte er darüber nach, was genau er Riku eigentlich sagen sollte oder wie er mit ihm über IDOLiSH7 reden konnte. Er wusste, dass er es tun musste. Er wollte immerhin wirklich nicht, dass sie so einfach aufhören mussten. Ganz davon abgesehen, dass er nicht wollte, dass Riku seine Freunde einfach so alleine ließ, ohne etwas zu sagen.

Auch, wenn sich Tenn sicher war, dass es nicht das war, was Riku wollte, so sehr er all diese Dinge gesagt hatte. Es musste einfach eine Möglichkeit geben, wie er mehr erfahren konnte.

„Huh? Hast du dich verlaufen, Kleiner?“

Die plötzliche Stimme direkt bei ihm sorgte dafür, dass Tenn ein wenig erschrocken zusammenzuckte, während er kurz darauf spürte, wie er am Handgelenk festgehalten wurde. „Oder willst du mir sagen, dass jemand so ein hübsches Ding wie dich ausgesetzt hat?“

„Ich warte auf jemanden“, entgegnete Tenn, zog ein wenig seine Augenbrauen zusammen, nachdem er sich von dem kurzen Schock erholt hatte. Er hatte immerhin genug Erfahrungen, sich zu verstellen und sich keine Emotionen anmerken zu lassen.

„Oh, also wurdest du versetzt?“, grinste der Typ ihm entgegen, bewegte seine andere Hand zu Tenns Wange, während er geradewegs diese dunklen Augen vor sich erkannte, „du kommst mir bekannt vor. Magst du mir auf die Sprünge helfen, Kleiner?“

„Sorry, aber du musst mich verwechseln“, erwiderte Tenn ernster, „wie wäre es, wenn–“, er stoppte erschrocken, als er spürte, wie der andere ein wenig über seinen Hals fuhr, nachdem er den Kragen seines Mantels etwas zur Seite geschoben hatte.

„Oh, du scheinst ja niemandem zu gehören“, flüsterte der Kerl weiter, leckte sich ein wenig über die Lippen, während er weiterhin so direkt zu ihm blickte, „wie wär’s? Ich könnte dir ein bisschen was bieten, wenn du–“,

„Fass ihn weiter an und ich werde dich töten!“

Tenn zuckte erneut heftiger zusammen, auch wenn er gleichzeitig spürte, wie dieser Kerl ihn losließ und einen großen Schritt zur Seite machte.

Dennoch war sich Tenn ziemlich sicher, dass diese Stimme wie Rikus geklungen hatte, nur so komplett anders. Er konnte sich nicht erinnern, dass Rikus Stimme so scharf und schneidend gewesen war. Andererseits konnte er sich sowieso nur an einen Riku erinnern, der ihn so hell und strahlend angelächelt hatte.

„Nanase-san“, hörte er die eindeutig panischere Stimme dieses Kerls, was in dem Moment so falsch in Tenns Ohren klang, „ich wusste nicht, dass er– er trägt kein Halsband.“

Tenn blinzelte noch einen Moment zu diesem Kerl, der nun eher verängstigt aussah, so dass er kurz darauf seinen Kopf zur Seite drehte. Riku stand ein Stück neben ihm, während er seine Arme vor sich verschränkt hatte. Er trug eine schwarze Hose und einen schwarzen Kapuzenpullover. An seinen Ohren hing jeweils ein kleiner, goldener Ohrring mit einem roten Stein.

„Dann weißt du ja jetzt, dass er zu mir gehört“, sagte Riku weiterhin so scharf, dass es in Tenns Ohren so unwirklich klang. Wenn er ihn nicht gerade ansehen würde oder seine Stimme so genau kennen würde, er wäre sich nicht sicher, dass er Riku wiedererkennen würde.

„Sicher“, murmelte dieser Kerl eindeutig eine Spur leiser und scheinbar deutlich eingeschüchtert.

Riku sah eindeutig ernster zu Tenn, trat schließlich auf ihn zu und griff einfach nur nach seiner Hand. „Gehen wir. Nächstes Mal solltest du aber zeigen, wem du gehörst.“

Tenn konnte nicht einmal wirklich etwas erwidern, als Riku ihn einfach mit an dem Kerl vorbeizog und schließlich durch den Eingang der Bar ging. Er hatte keine Ahnung, wovon Riku überhaupt geredet hatte, aber er spürte auch, dass gerade nicht der richtige Zeitpunkt war, das anzusprechen.

Den ganzen Weg durch die Bar ließ Riku ihn nicht los, während er allerdings auch nicht wirklich auf irgendetwas achtete, außer sich einen Weg durch die Massen zu bahnen und schließlich durch eine Tür am anderen Ende zu gehen.

Es sorgte dafür, dass Tenn sich einfach mitziehen ließ und ihm folgte, ohne irgendetwas zu sagen.

Erst, als Riku in dem Aufzug gestoppt, auf eine Zahl gedrückt hatte und sich die Türen geschlossen hatten, lehnte er sich gegen die Wand und ließ Tenn langsam los. „Sorry Tenn-nii.“

„Was ... schon gut, Riku, aber ...“, fing Tenn an, stoppte allerdings direkt, während er nicht einmal komplett sicher war, was er überhaupt sagen wollte oder womit er anfangen sollte.

„Ich hatte eigentlich gehofft, dass ich vor neun da bin, damit so etwas nicht passiert“, entgegnete Riku, als bereits die Aufzugtüren aufgingen und er auf den Flur trat, so dass Tenn ihm erst einmal nur wieder folgte.

Riku öffnete eine der Türen auf der Etage und ließ sie in ein größeres Zimmer ein, welches an ein großes Hotelzimmer erinnerte. Auf einer Seite war eine Sitzecke mit einem Sofa, einem Sessel und einem Regal, in dem ein Fernseher stand, während an der Seite eine kleine Bar zu erkennen war. Auf der anderen Seite befanden sich ein Kleiderschrank, eine Kommode und ein großes Bett.

„Lass es uns bequem machen“, sagte Riku kurz darauf, bevor er zu der Sitzecke trat und sich auf dem Sofa niederließ, schließlich wieder zu Tenn lächelte, „du hast Fragen, oder?“

Tenn nickte langsam, zog seinen Mantel aus und hängte ihn an der Seite an eine Garderobe, bevor er ebenfalls seine Cappie und Maske zur Seite legte und schließlich Riku folgte.

„Ich antworte dir auf alles, was nichts mit IDOLiSH7 oder irgendetwas davon zu tun hat“, entgegnete Riku ernster, bevor er Tenn neben sich auf das Sofa zog.

Für einen längeren Moment sah Tenn einfach nur in Rikus klare, rote Augen, die ihn so direkt anblickten.

„Was genau ... war das eben?“, fragte er schließlich nach, auch, weil er nicht so genau wusste, mit was er sonst anfangen sollte. Außerdem schien Riku wirklich nicht so einfach über seine Idolkarriere oder IDOLiSH7 reden zu wollen.

„Dieser Typ dachte, er könnte dich erwerben?“, fing Riku an, sah ihn etwas fragender an, „ist so ein Ding hier. Jede Woche findet unten in der Bar auch so etwas, wie eine Auktion, statt, in der du jemanden als dein persönliches Eigentum erstehen kannst. Manche bleiben länger bei einem, andere wechseln regelmäßig. Sind auch häufig die, die sich freiwillig anbieten und ersteigern lassen.“

Tenn blinzelte ihm ein wenig entgegen. Wo genau war sein Zwillingsbruder hier gelandet? „Das klingt ein wenig ...“, murmelte er, stoppte, da er nicht wirklich wusste, wie er es beschreiben sollte.

„Komisch, huh?“, vollendete Riku, zuckte mit den Schultern, „ich mag es auch nicht und lehne es ab, jemanden zu besitzen. Na ja ... bis jetzt.“

„Warum bist du dann hier?“, fragte Tenn nach, sah wieder ernster zu ihm, ignorierte dieses Gefühl, was genau Riku vorher gesagt hatte, als er ihn wohl genau davor gerettet hatte.

„Es ist ein netter Ort, wo man sich gut zurückziehen kann und niemand weitere Fragen stellt“, sagte Riku daraufhin, legte seinen Arm über die Lehne des Sofas.

„Das beantwortet nicht, wieso du überhaupt ...“, fing Tenn an, stoppte, senkte etwas seinen Blick.

„Sorry, Tenn-nii. Es ist besser, wenn du nicht mehr darüber weißt“, sagte Riku ruhig, lächelte ihn ein wenig mehr an, auch, wenn Tenn durchaus bemerkte, dass dieses Lächeln nichts von dem hatte, was Riku sonst zeigte. Es wirkte anders, als das, mit dem er ihn in ihrer Kindheit angesehen hatte. Oder mit dem er seine Fans angestrahlt hatte, wenn er mit IDOLiSH7 auf der Bühne gestanden hatte.

„Du willst wirklich niemandem etwas sagen?“, fragte Tenn dann nach, schluckte etwas mehr, sah ihm ernster entgegen, „du willst einfach so verschwunden bleiben?“

„Es ist schon riskant genug, dass ich dir etwas gesagt habe oder dich hierhin gerufen habe“, sagte Riku daraufhin, zog etwas seine Augen zusammen, „ich hoffe wirklich, du hast niemandem gesagt, dass du mich triffst.“

„Keine Sorge, ich habe niemandem etwas gesagt“, sagte Tenn, schüttelte den Kopf daraufhin, „aber du weißt, dass du viele dort draußen traurig machst?“

„IDOLiSH7 bedeutet mir nichts“, sagte Riku, sah ihn ernster an, „ich habe es dir bereits gesagt, oder? Es war nur vorübergehend. Sie werden einen Ersatz für mich finden müssen, aber wenn nicht ... ist es mir auch egal.“

„Riku“, fing Tenn an, starrte ihn zurück an, auch, wenn er nicht wusste, was er weiter sagen konnte. Er hatte bereits damals gespürt, dass es nicht Rikus wahre Gefühle waren. Er spürte auch jetzt, dass er nicht ehrlich war, aber seine wahren Gefühle nur mehr hinter einer Maske versteckte.

„Eigentlich habe ich auch gesagt, dass ich dir nur antworte, solange es nicht um IDOLiSH7 geht“, sagte Riku, legte den Kopf schief, schmunzelte etwas mehr.

„Du erwartest, dass ich das einfach stillschweigend hinnehme, dass du das alles zurücklässt?“, fragte Tenn nach, sah ihm ernster entgegen.

Riku lächelte ihm einfach nur entgegen, beugte sich etwas vor und strich ihm mit einem Finger über die Lippen. „Würdest du dich von mir küssen lassen, Tenn-nii?“, fragte er dann ruhig nach, kurz bevor er Tenn nach hinten auf das Sofa drückte.

„Was–“, fing Tenn an, blinzelte ihm etwas verwirrter entgegen, spürte, wie er leicht rot wurde. Er wusste, dass er sich lange nichts sehnlicher wünschte, nur, dass er immer gedacht hatte, dass Riku in ihm nur seinen Zwillingsbruder sah oder geschwisterliche Gefühle für ihn hatte.

„Oh, normalerweise müsste ich nicht fragen, jetzt, wo ich dich praktisch zu meinem Eigentum gemacht habe“, entgegnete Riku, lächelte ihn nur breiter an, „erst recht, wo du eine meiner Regeln bezüglich der Fragen gebrochen hast, nee.“

Tenn starrte ihm weiter einfach nur entgegen, bevor er etwas seinen Kopf zur Seite drehte. „Ist es nur deswegen? Willst du das nur deswegen?“, fragte er schließlich leiser nach, ohne in Rikus Gesicht zu sehen. Er wusste, dass er sich nichts sehnlicher wünschte, als Riku zu küssen.

Er hörte, wie Riku leise lachte, bevor er eine Hand an seiner Wange spürte und bemerkte, wie Riku ihn dazu brachte, wieder zu ihm zu sehen. „Ich will das hier“, flüsterte er ihm entgegen, kurz bevor Riku ihm einen kurzen, federleichten Kuss auf die Lippen gab, „... schon viel zu lange tun, Tenn-nii.“

„Riku“, flüsterte Tenn ihm entgegen, legte seine Arme um den anderen, „wenn du es nicht nur deswegen ... tun willst.“

Riku lächelte ihm nur weiter entgegen, küsste ihn dann erneut, diesmal eindeutig gieriger, so dass sie eine Weile länger darin versanken.

Tenn war sich nicht sicher, wie lange sie sich wirklich küssten, während er nur sah, wie sich Riku ein Stück zurückzog, während er allerdings weiterhin den Blickkontakt hielt. Nebenbei bewegte er einen Finger über seinen Hals. „Wenn wir uns allerdings häufiger treffen sollten, brauchst du etwas, was zeigt, dass du zu mir gehörst.“

„Du könntest auch zu mir kommen. Wir könnten Momente finden, in denen wir alleine sind“, entgegnete Tenn etwas leiser, auch, wenn er spürte, dass Riku vermutlich nicht darauf eingehen würde.

„Nein“, sagte Riku, schüttelte etwas den Kopf, „das hier ist die einzige Möglichkeit.“ Er seufzte etwas mehr. „Entweder du gehst darauf ein oder wir können uns nicht weiterhin treffen.“

„Du hast wirklich nicht vor, zurückzukommen?“, fragte Tenn etwas leiser nach, „war das hier auch dein Plan, als du gesagt hast, ich soll hierhin kommen?“

„Ich kann kein Idol mehr sein. Ich war nie ein Idol“, sagte Riku und lächelte etwas bitterer, „... mein Plan? Ich hatte nie vor, dich zu meinem Eigentum zu machen, aber wenn ich es nicht getan hätte, hätte dieser Kerl dich benutzt.“

Tenn schluckte, ignorierte das komische Gefühl bei dem Gedanken daran, dass Riku ihn damit gerettet hatte. „Du bist ein Idol. Du bist IDOLiSH7’s Center, Riku. Daran ändert sich nichts.“

Riku verdrehte etwas die Augen, rutschte dann zurück ins Sitzen und zog Tenn mit hoch. Schließlich seufzte er etwas mehr. „Nicht mehr. Tenn-nii ist ein Idol, nicht ich“, sagte er schließlich mit einem ernsteren Blick, „es ist Tenn-niis Aufgabe, als Idol zu strahlen, nicht meine. Sorg dafür, dass ihr weiterhin erfolgreich seid.“

Tenn schluckte, versuchte sich an einem Lächeln, während er Riku ansah, auch, wenn er selbst spürte, dass es gezwungener war als jedes andere Mal. „Ich habe nicht vor, aufzugeben. Solange wir können, werden wir weitermachen.“

Riku nickte langsam. „Gehst du auf mein Angebot ein?“, fragte er dann ruhiger nach.

Tenn seufzte etwas mehr, nickte allerdings langsam. „Wenn es die einzige Möglichkeit ist, dass wir uns sehen können.“

Außerdem war er sich weiterhin sicher, dass er nicht so einfach aufgeben würde, bis er eine Möglichkeit gefunden hatte, Riku zurückzuholen. Er wollte unter keinen Umständen, dass IDOLiSH7 so einfach verschwand.

Riku lächelte ihn daraufhin an, hauchte ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen. „Du hast morgen einen Termin, oder?“

„Hm“, nickte Tenn daraufhin.

„Ich begleite dich zum Bahnhof“, sagte Riku, stand auf und ging durch das Zimmer, „und ich lasse dir demnächst etwas zukommen.“

Tenn nickte erneut, folgte Riku dann durch das Zimmer, lächelte ihn ruhig an und zog ihn kurz darauf in einen erneuten, etwas längeren Kuss, bevor er sich daran machte, seine Sachen wieder anzuziehen. „Du meldest dich vermutlich wieder, wenn du kannst.“

„Sobald ich Zeit für ein Treffen habe“, entgegnete Riku ruhig zurück, „und ich hoffe weiterhin, dass du dein Versprechen hältst und niemandem etwas sagst. Tu einfach so, als wenn Nanase Riku und Kujou Tenn nichts weiter als Rivalen waren.“

„Ich verspreche es dir, Riku“, sagte Tenn daraufhin, lächelte ihn ruhig an. Er ignorierte dieses Gefühl, dass sich dieser Satz aus Rikus Mund so seltsam anfühlte. Dabei war es doch das, was er die ganze Zeit selbst gewollt hatte.

 
 

––––

 

Es war bereits nach ein Uhr nachts, während Tenn auf seinem eigenen Bett lag und einzig über sich an die Zimmerdecke sah.

Er wusste, dass er schlafen sollte, immerhin hatten sie einen relativ frühen Termin, aber er konnte nicht wirklich.

Seit Riku ihn am Bahnhof verabschiedet hatte, erinnerte er sich an diesen einen Moment und an die Worte, die Riku ihm noch gesagt hatte, bevor er in die Bahn dort eingestiegen war.

„Ich liebe dich, Tenn“, flüsterte Riku ihm entgegen, während sie noch an dem Bahnhof gestanden hatten. Riku hatte die Kapuze seines schwarzen Pullovers über seinen Kopf gezogen, so dass einzig nur seine Augen darunter zu erkennen waren, „ich liebe es, dich mit TRIGGER auf der Bühne zu sehen. Ich will nicht, dass euch irgendetwas passiert.“

Es hatte dafür gesorgt, dass er sich nur noch mehr fragte, was genau es war, wieso Riku so einfach ohne ein Wort zu einem von ihnen verschwunden war. „Tu einfach so, als wenn Nanase Riku und Kujou Tenn nichts weiter als Rivalen waren.“

Warum sorgte dieser Satz aus Rikus Mund so sehr dafür, dass es ihn nur mehr schmerzte, obwohl es nichts anderes war, als das, was er die ganze Zeit gewollt hatte?

Er seufzte, richtete sich auf, schüttelte ernster den Kopf und stand dann auf, bewegte sich durch das Apartment und in die Küche. Er füllte sich ein Glas mit Wasser und lehnte sich gegen die Anrichte, trank einen großen Schluck und schloss ein wenig die Augen. Er musste unbedingt auf andere Gedanken kommen, damit er wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf finden konnte.

Seufzend stellte er das leere Glas in die Spüle, nachdem er den Rest getrunken hatte, und ging wieder zurück, stoppte ein wenig überlegend und klopfte dann gegen eine der anderen Zimmertüren, öffnete diese und blinzelte durch die Dunkelheit. „Ryuu?“, flüsterte er leise, bemerkte, wie der andere halb unter der Decke lag und friedlich schlummerte.

Tenn seufzte, trat zu ihm und ließ sich auf der Bettkante nieder. „Ryuu ...“, flüsterte er erneut, berührte ihn vorsichtig an einem Arm.

„Hmmmm ... Tenn?“, kam es leise nuschelnd von ihm, während er nur sah, wie Ryuu ein wenig ein Auge geöffnet hatte, kurz bevor er etwas rutschte und die Decke ein Stück anhob, „komm“, brummelte er dann, bevor er das Auge wieder schloss.

Tenn rutschte neben ihn unter die Decke, kuschelte sich gegen Ryuus Oberkörper und spürte kurz darauf, wie er von ihm festgehalten wurde. „Danke“, entgegnete er nur leise, auch, wenn er sich nicht sicher war, ob Ryuu es überhaupt noch hörte.

Eigentlich hatte Riku nicht vorgehabt nach dem Treffen mit Tenn noch vor diesem großen Gebäude zu stoppen.

Es war das Hauptgebäude der Organisation seines Bosses, auch wenn es eher wie ein ganz normales Firmengebäude aussah. Nichts daran ließ erschließen, dass es alles andere als das war.

Riku hasste es, hier zu sein, und dennoch bewegte er sich durch die Gänge und auf den Aufzug zu, um damit in die fünfte Etage zu fahren.

Seine Schritte führten ihn zu einer Tür, neben der ein Schild hing, auf dem „Nanase Riku“ stand. Er angelte nach seinem Schlüssel und wollte gerade die Tür zu seinem Büro aufschließen, als sein Blick zu einem Umschlag glitt, der halb unter der Tür durchgeschoben war.

Es war durchaus ungewöhnlich, dass ihm jemand einen Brief schrieb und ihn bei seinem Büro hinterließ, da er eigentlich so gut wie nie hier war.

Er öffnete erst einmal die Tür, beugte sich dann zu dem Umschlag und nahm ihn in die Hand. Erst danach trat er ins Innere des Büros und schloss die Tür wieder hinter sich. Seinen Schlüssel ließ er erst einmal wieder in seiner Tasche verschwinden.

Mit einem tiefen Durchatmen ging er durch den Raum, rutschte auf seinen Schreibtischstuhl und sah wieder auf den Umschlag in seiner Hand. Es stand nichts auf dem Umschlag, weswegen er ihn nach einer kurzen Begutachtung aufriss.

Er holte einen zusammengefalteten Brief, so wie ein Foto, heraus, faltete allerdings zuerst den Brief auseinander und sah auf die Zeilen.

 

Hallo Riku-kun,

 

du bist bestimmt hier, weil du dein kleines Geschenk holen willst, nicht?

Du weißt, dass ich mich nicht täusche, deswegen habe ich dir diesen Brief auch hier hinterlassen.

Im Dezember ist doch unsere Jubiläumsfeier.

Jetzt, wo du endlich jemanden gefunden hast, wirst du doch auftauchen, oder?

Es wäre doch zu schade, wenn du dich weiterhin weigerst.

Ich wüsste nicht, ob du deine Eltern zu Weihnachten wiedersehen könntest.

 

Riku zuckte heftig zusammen, drückte den Zettel mit einer Hand zusammen, blickte auf das Foto, welches dabei gelegen hatte, welches er in seiner anderen Hand hielt.

Es war von dem heutigen Abend. Von Tenn und ihm. Scheinbar hatte jemand sie in der Bar fotografiert.

Er war sich ziemlich sicher, dass hier niemand Tenn erkennen würde. Weder als TRIGGER’s Center, noch als seinen Zwillingsbruder.

Ganz davon abgesehen, dass niemand außer seinem Boss hier wusste, dass Riku einen Zwillingsbruder hatte.

Langsam legte er das Foto auf seinen Schreibtisch, blickte wieder auf den Brief.

Wenn er auf diese Jubiläumsfeier gehen musste, hieß das, dass er jemanden als sein Haustier bei sich haben musste. Jemanden, der ihm gehörte, damit er sein Statussymbol war.

Er wollte eigentlich unter keinen Umständen Tenn in diese Dinge mit reinziehen, aber wenn er sich weigerte, würde sein Boss es nicht so einfach hinnehmen. Riku wusste, dass er diese Drohung ernstnehmen musste.

„Verdammt“, fluchte Riku etwas leiser, legte den Brief ebenfalls vor sich ab und öffnete schließlich die Schublade seines Schreibtisches. Immerhin war das der eigentliche Grund, wieso er überhaupt hier war. Wenn er überhaupt zulassen durfte, dass er Tenn ein weiteres Mal sehen konnte.

In der Schublade lagen nur ein paar Papiere, die ihn nicht interessierten. Allerdings lag darauf noch ein silberner Anhänger mit einem rot leuchtenden Edelstein.

Er hatte diesen Anhänger bekommen, als er ein richtiges Mitglied in der Organisation geworden war. Damals, als er fünfzehn gewesen war.

Riku wusste, dass jedes Halsband dafür sorgte, dass jemand gekennzeichnet war. Allerdings schützte es bei Weitem nicht so gut, wie der Anhänger, der eindeutig zeigte, dass jemand zu ihm gehörte.

Es gab kaum jemanden, der sich freiwillig mit jemandem von der Organisation oder mit ihm anlegte. Riku wusste, dass es ihm lieber war, wenn Tenn zumindest eindeutig als sein Eigentum galt, wenn sie sich trafen.

Mit einem tiefen Seufzen verstaute er den Anhänger in seiner Tasche, faltete den Brief zusammen und griff wieder nach dem Foto. „Wenn ich dich noch einmal treffe ...“, flüsterte er gegen das Foto, richtete sich auf und ging um den Schreibtisch, drehte das Foto ein wenig.

Erschrocken stoppte Riku erneut, bewegte das Foto so, dass er die Rückseite ansehen konnte, während er sich gegen seinen Schreibtisch stützte und die Zeilen las, die auf der Rückseite des Fotos standen. 

 

Solltest du dich entscheiden, jemand anderen mitzubringen. Ich kann auch deinen Zwillingsbruder und nicht deine Eltern leiden lassen.

 

Riku schluckte, verstaute den Brief und das Foto in seiner Jackentasche und holte den Schlüssel von seinem Büro raus.

Mit schnellen Schritten trat er auf den Flur zurück, schloss die Tür ab und rannte einfach nur durch den Flur und das Treppenhaus aus dem Gebäude.

Er wusste doch, dass es ein Fehler gewesen war, Tenn noch einmal zu treffen, obwohl er nach Incomplete Ruler mit allem abschließen wollte.

Er wusste nicht, wie lange er brauchte, bis er in seiner Wohnung war, wo er die Tür von innen abschloss und sich einfach nur auf sein Bett fallen ließ. Schwer atmend, aber es war Riku in dem Moment egal. Er hatte einfach nur so schnell, wie möglich, von dort weggewollt.

Er ballte langsam seine Hände zu Fäusten, starrte an die Decke über sich. Wenn er weiterhin seine Familie schützen wollte, musste er zusammen mit Tenn zu dieser Feier.

Es gab keinen anderen Ausweg aus dieser Situation, oder?

Er wusste, dass es ein Fehler war, dass er sich überhaupt noch einmal mit Tenn getroffen hatte. Er hätte den Kontakt zu ihm genauso abbrechen müssen wie zu jedem anderen.

 

–*–

 

Die sanfte Berührung an seinem Nacken sorgte dafür, dass Tenn ein wenig verschlafen seine Augen öffnete und verwirrt blinzelte, während er bemerkte, dass er bei Ryuu lag und sich in dem Shirt des anderen festgekrallt hatte.

„Ryuu“, flüsterte Tenn ein wenig verschlafener, rutschte ein Stück zurück, auch wenn er dabei bemerkte, dass Ryuu keine Anstalten machte, ihn wirklich loszulassen, so dass er nur etwas seinen Kopf so drehte, damit er in die Augen des anderen blicken konnte.

„Alles in Ordnung, Tenn?“, fragte Ryuu leise nach, während er ihm weiterhin über den Nacken strich.

„Hmhm“, machte Tenn ein wenig die Berührung genießend, „wie spät ist es?“

„Gleich neun“, antwortete Ryuu ruhig, kurz bevor er ihm einen kurzen Kuss auf die Stirn hauchte, „keine Sorge, wir müssen nicht so früh raus.“

„Huh?“, blinzelte Tenn ihm entgegen, auch, wenn er durchaus froh war, noch eine Weile so bei Ryuu liegen zu können. Es sorgte dafür, dass es ihn entspannte und er ein wenig vergessen konnte, was am vorherigen Abend gewesen war. Dennoch wusste er auch, dass sie eigentlich einen Termin hatten. „Sollten wir heute Vormittag nicht zu einem Termin?“

„Gaku hat mit Anesagi-san gesprochen, als er dich hier gesehen hat“, sagte Ryuu daraufhin, „hab ihm gesagt, dass du heute Nacht zu mir kamst.“

Tenn schluckte ein wenig, drückte sein Gesicht einfach wieder gegen Ryuus Oberkörper, spürte weiterhin die Berührung an seinem Nacken. Er war sich nicht einmal komplett sicher, wieso er in der Nacht zu ihm gegangen war, aber er wusste auch, dass er niemals alleine hatte schlafen können. Nicht, nach der ganzen Sache mit Riku zuvor.

„Willst du darüber reden? Du hast uns nur geschrieben, dass du nochmal wegmusstest“, sagte Ryuu leise weiter, „und du bist scheinbar erst spät zurückgekommen.“

Tenn wusste, dass es besser war, wenn er darüber sprach, aber er wusste auch, dass er Riku versprochen hatte, nichts zu sagen. Er konnte nicht sagen, dass er sich mit Riku getroffen hatte. Er konnte nicht darüber reden, worüber sie gesprochen hatten.

Er hatte ihnen eh schon genug davon erzählt, was er eigentlich nicht sagen sollte.

Ohne, dass er etwas sagte, spürte er, wie Ryuu ihm ein wenig beruhigend über den Rücken strich. „Du kannst auch einfach noch eine Weile hier liegenbleiben. Es ist okay, Tenn.“

Es war genau das, was Tenn in dem Moment brauchte. Er wusste, dass er bei ihm einfach nur kuscheln konnte, wenn er es brauchte. Er wusste auch, dass Ryuu ihn niemals dazu zwang, etwas zu sagen, was er nicht erzählen wollte. Auch, wenn Tenn eigentlich sogar darüber reden wollte.

Nur konnte er mehr sagen, als er schon getan hatte, wenn Riku so klar gemeint hatte, dass er nichts sagen sollte?

„Ich liebe es, dich mit TRIGGER auf der Bühne zu sehen. Ich will nicht, dass euch irgendetwas passiert.“

Warum klang dieser Satz nur so sehr nach etwas, dass Riku das alles machte, um ihn zu schützen? Nur vor was?

Tenn schluckte, rutschte nun doch ein Stück zurück, sorgte dafür, dass Ryuu aufhörte, ihm über den Rücken zu streichen, und er ihm einfach nur still in die Augen sehen konnte. „Ryuu ...“, fing Tenn an, bemerkte, wie Ryuu ihn eine Spur besorgter ansah.

„Tenn, weinst du?“, unterbrach Ryuu ihn, strich mit einem Finger über Tenns Wange, so dass Tenn ein wenig zusammenzuckte. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass er angefangen hatte, zu weinen.

„Ich ...“, fing er langsam an, stoppte allerdings erneut, schluckte etwas, spürte kurz darauf, wie Ryuu ihn zu sich zog, so dass er sich gegen dessen Halsbeuge lehnte.

„Beruhig dich erst einmal, Tenn“, flüsterte Ryuu so dicht bei ihm, hielt ihn einfach nur weiterhin so dicht bei sich, dass er sich ankuscheln konnte.

Tenn schluckte ein wenig, drückte sich weiter gegen ihn. „Ich– ich habe Riku getroffen. Letzte Nacht.“

Er wusste, dass er es nicht erzählen durfte. Oder sollte. Aber er wusste auch, dass er das nicht alles für sich behalten konnte.

„Was?“, fragte Ryuu und weitete etwas seine Augen, „du– was. Wo– wo ist er?“

Tenn schüttelte den Kopf, lächelte ihn eindeutig gequälter an, spürte, wie ihm immer noch ein paar Tränen kamen. „Ich weiß es nicht wirklich und– sag niemandem etwas. Ich– ich hab es Riku versprochen und ... er meinte irgendwas davon, dass er nicht will, dass uns etwas passiert.“

Er wollte das eigentlich nicht für sich behalten. Aber er wusste auch, dass es der falsche Moment war, wenn er etwas erzählte. Er hatte keine Ahnung, was es war, was Riku dazu veranlasste, einfach verschwunden zu sein. Was dafür gesorgt hatte, dass er seine Idolkarriere für beendet erklärt hatte.

„Es ist gut, Tenn, du brauchst nicht weiterreden“, sagte Ryuu, während er ihn langsam wieder ein Stück losließ, damit er ihn wieder ruhiger ansehen konnte, „und du weißt, dass ich nichts sagen werde, wenn du das nicht willst.“

Tenn war sich nicht sicher, wie es dazu gekommen war, dass er den Tag über mit Gaku und Ryuu in dem Wohnzimmer ihrer Wohnung auf dem großen Sofa saß, während er sich in eine Decke eingekuschelt hatte.

Es war eigentlich keiner ihrer freien Tage, aber er war dennoch froh darüber gewesen, dass er nicht noch irgendwohin musste und so tun musste, als wenn alles in Ordnung wäre.

Er hatte keine Ahnung, was genau Gaku und Ryuu gemacht hatten, aber er wusste, dass er ihnen vertrauen konnte und sie sich nur um ihn sorgten, während sie einfach nur bei ihm waren, selbst wenn er nicht wirklich erzählen konnte, was ihn bedrückte. Auch, wenn er Gaku später ebenfalls zumindest erzählt hatte, dass er Riku getroffen hatte.

Tenn wusste, dass er unter keinen Umständen wollte, dass Riku ihm nicht vertrauen konnte, aber er wusste auch, dass er mit diesen Informationen nicht alleine klarkommen konnte. Nicht, wenn Riku ihn vor irgendetwas beschützen wollte und deswegen so einfach verschwunden war.

Ganz egal, wie gleichgültig und kalt Riku geklungen hatte, wenn er über seine Idolkarriere oder IDOLiSH7 gesprochen hatte, Tenn war sich ziemlich sicher, dass es nicht seine wahren Gefühle waren und das er viel mehr verbarg, als er ihm erzählte. Oder erzählen konnte?

„Ich kann nicht glauben, dass Nanase das alles so einfach beenden kann“, murmelte Gaku neben ihm, während sie gemeinsam eins von IDOLiSH7’s Musikvideos laufen hatten.

„Genauso wenig, wie, dass er das nie ernstgemeint haben soll“, sagte Ryuu ein wenig weiter.

„Ich hatte das Gefühl, als wenn Riku jemand komplett anderes war“, flüsterte Tenn etwas vor sich hin, kuschelte sich ein wenig mehr unter die Decke, „als wenn er eine komplett andere Person war.“

„Tenn“, flüsterte Gaku neben ihm, legte ihm kurz darauf einen Arm über die Schultern, „wir finden schon raus, was los ist. Du weißt, dass du da nicht alleine durch musst.“

„Genau, wir stehen dir bei, Tenn“, sagte Ryuu daraufhin, während Tenn bemerkte, wie er ihn anlächelte.

„Ich weiß, danke“, sagte Tenn daraufhin ruhig zurück, blickte etwas mehr auf, als sie die Türklingel hörten.

„Erwarten wir noch irgendwen oder so?“, fragte Ryuu darauf nach.

„Ich wüsste niemanden“, entgegnete Gaku, „Anesagi-san meinte auch, wir brauchen uns um nichts weiter zu kümmern.“

Ryuu nickte ein wenig, erhob sich dann von dem Sofa. „Ich gehe mal eben nachsehen.“

Tenn blickte ihm still nach, bevor er einfach etwas zur Seite und gegen Gakus Schulter rutschte, während er wieder auf den Fernseher sah, auch, wenn das Video inzwischen zu Ende war.

Er bemerkte nur, wie Gaku ihn ein wenig mehr bei sich hielt, ohne dass er noch etwas sagte, während sie einfach nur darauf warteten, dass Ryuu zurückkam.

Es sorgte dafür, dass Tenn ein wenig seine Augen schloss und sich wieder etwas entspannte. Er war einfach nur froh, dass er einfach nur ein wenig bei seinen Freunden liegen und kuscheln konnte.

Selbst, wenn es nur so lange dauerte, bis Ryuu zu ihnen zurückkam, während er ein kleines Päckchen in der Hand hielt.

„Jemand, der eine Lieferung für dich vorbeibringen wollte, Tenn“, sagte Ryuu dann, hob ein wenig eine Augenbraue, „erwartest du was? Ich weiß nicht, wer es war, aber er meinte, du wüsstest schon von wem.“

Tenn blickte ihn an, ohne sich von Gaku wegzubewegen. „Riku“, flüsterte er etwas mehr, machte allerdings keine Anstalten, Ryuu das Päckchen abzunehmen oder sich überhaupt wieder mehr aufzusetzen. „Er meinte was davon, dass er mir was zukommen lässt.“

„Verstehe“, sagte Ryuu ruhig daraufhin, legte das Päckchen neben ihnen auf dem Tisch ab, rutschte wieder normal auf das Sofa, „ich nehme an, du öffnest es später? Willst du noch irgendwas gucken?“ Nebenbei griff er nach der Fernbedienung, während er allerdings ruhig in Tenns Augen sah.

Tenn seufzte, schüttelte etwas seinen Kopf, streckte einen Arm in Ryuus Richtung aus, zog seine Mundwinkel etwas zu einem Lächeln. „Magst du ... herkommen?“

„Kuscheln?“, fragte Ryuu ihn, lächelte ihn sanft an, schaltete den Fernseher aus und legte die Fernbedienung wieder auf dem Tisch ab, bevor er zu ihm herüber rutschte, so dass sie zu dritt zusammen kuscheln konnten.

„Immerhin sagst du heute mal eindeutig, was du willst, Tenn“, entgegnete Gaku ein wenig mehr, während er ihn weiterhin so dicht bei sich hielt.

„Sei still“, brummte Tenn etwas leiser, wenn auch eindeutig weniger grummelig als normalerweise, bevor er sich ein wenig so bewegte, dass er Ryuu in einen Kuss verwickelte.

„Scheinbar mehr als nur kuscheln“, flüsterte Gaku hinter ihm, wobei er Tenn einen kurzen Kuss auf ein Ohr hauchte.

Tenn drückte sich ein wenig zur Seite, drehte sich um und küsste Gaku kurz darauf, bevor er ihn anfunkelte. „Wenn du sonst nicht still bist.“

Gaku grinste ihm nur ein wenig entgegen, küsste ihn diesmal noch einmal richtig.

„Zumindest klingst du wieder normal, Tenn“, sagte Ryuu ein wenig schmunzelnder, strich ihm über den Nacken, „ich glaube, der Tag hat dir mal gutgetan.“

„Hmmm“, murmelte Tenn, rutschte ein wenig so, dass er seinen Kopf auf Gakus Oberkörper bettete, „danke euch“, flüsterte er ein wenig mehr.

 
 

––––

 

Nach ihrem gemeinsamen Abendessen ließ sich Tenn in seinem eigenen Zimmer auf seinem Bett nieder und blickte ein wenig nachdenklicher zu dem Päckchen in seiner Hand.

Eigentlich wollte er sich nur kurz waschen, was Neues zum Schlafen anziehen und danach wieder in Ryuus Zimmer gehen, da sie beschlossen hatten, die Nacht gemeinsam zu verbringen.

Er hatte sich zwar bereits umgezogen und war eigentlich bereit, wieder zurückzugehen, wenn er nicht gerade minutenlang zu dem Päckchen blickte. Er wusste eigentlich, dass es von Riku war. Oder sein musste.

Mit einem tiefen Seufzen öffnete er es schließlich dennoch, da er wusste, dass er sich sonst nur die ganze Nacht nicht beruhigen konnte.

Innerhalb des Päckchens war ein weißes Halsband, an dem ein silberner Anhänger mit einem kleinen, roten Edelstein befestigt war. Dabei lag ein Brief, der eindeutig Rikus Handschrift zeigte.

Er legte das Halsband zur Seite und nahm den Brief in die Hand, um die Zeilen darauf zu lesen.

 

Wenn wir uns das nächste Mal treffen, trag es bitte, ja? Es sollte dich beschützen, weil jeder dort dann weiß, dass du zu mir gehörst.

Es ist eine weitere Sicherheit, damit so etwas, wie letztlich, nicht erneut passiert.

Ich hätte es dir vermutlich vorher schicken sollen, aber ich dachte nicht, dass ich es bräuchte.

Aber ich will auch nicht, dass dir hier etwas passiert, wenn ich wirklich mal nicht rechtzeitig zu unseren Treffen kommen kann.

Ich melde mich, wenn ich wieder Zeit habe.

 

Tenn seufzte, nickte etwas vor sich hin, verstaute dann den Brief, zusammen mit dem Halsband, in einer Schublade an seinem Nachtschränkchen. Er war sich ziemlich sicher, dass er diese ganze Sache auch geheimhalten sollte.

Allerdings wollte er Gaku und Ryuu auch nicht viel mehr beunruhigen. Selbst, wenn er sich nicht sicher war, in was für einer Gegend Riku dort unterwegs war, er wusste für sich, dass er seinem Zwillingsbruder vertrauen konnte. Ganz egal, wie anders Riku wirkte, es war etwas, was er einfach tief in sich fühlte.

Erst danach machte er sich daran, sein Zimmer zu verlassen und zu Ryuus Zimmer zu gehen.

Als er das Zimmer betrat, blickte er geradewegs zu seinen Freunden, die es sich bereits gemütlich gemacht hatten und nun zu ihm sahen.

Tenn lächelte einfach nur, rutschte zwischen Gaku und Ryuu und ließ sich von ihnen festhalten. Er wusste, dass es momentan das war, was er brauchte, um nicht die ganze Zeit zu sehr daran zu denken, was mit Riku war. Er wusste, dass er einfach nur diese Nähe brauchte, die er eigentlich nur bei ihnen haben konnte.

„Alles gut, Tenn?“, fragte Gaku ein wenig leiser nach.

„Hm, ja“, erwiderte Tenn ruhiger zurück, „ich denke, mir geht es morgen wieder gut. Danke für den Tag.“

„Kein Problem“, sagte Ryuu, während er mit einer Hand die Decke nach oben über sie zog und sich zu ihm lehnte, „und morgen sehen wir mal weiter.“

„Eben, ruh dich erst einmal anständig aus“ sagte Gaku ruhig weiter.

Tenn lächelte einfach nur, rutschte etwas mehr unter die Decke, so dass er gemütlich liegen konnte, während er versuchte, einfach nur schlafen zu können.

Die nächsten Tage vergingen einigermaßen normal, auch wenn Tenn durchaus mitbekam, wie immer mehr darüber diskutiert wurde, was bei IDOLiSH7 los war und wann sie endlich zurückkamen.

Erst recht, nachdem die meisten von ihnen wieder anfingen, sich vorzubereiten und einzelne Auftritte in Shows hatten. Es war alles etwas anderes, wenn noch sehr deutlich gesagt wurde, dass sie nicht als Gruppe auftraten.

Inzwischen war es eine gute Woche, in der Tenn nichts mehr von Riku gehört hatte.

Er hatte ihm zwar zwischendurch mal geschrieben, aber keine Antwort bekommen, weswegen er vermutete, dass er wirklich darauf warten musste, dass Riku sich wieder meldete.

Es war fast ein wenig beruhigend, dass sie genug zu tun hatten, dass er sich nicht zu viele Gedanken machen musste. Er hoffte einfach wirklich, dass Riku wusste, was er tat und das er schon klarkommen würde.

Die Abende verbrachte er meistens mit Gaku oder Ryuu zusammen, auch, weil er momentan das Gefühl hatte, dass er nachts kaum zur Ruhe kam, wenn er alleine war. Er wollte sich nicht zu viele Sorgen machen, aber er konnte teilweise nicht anders, wenn er sich abends entspannte und zu sehr in seinen Gedanken versunken war.

„Oh, Kujou-san?“, drang eine ruhige Stimme zu ihm, kurz bevor er zu der Managerin von IDOLiSH7 sah, die ihm auf dem Gang entgegenkam.

„Takanashi-san, hallo“, sagte er ruhig, lächelte sie an, „gibt es etwas?“

„Vielleicht“, murmelte sie ein wenig bedrückter, drehte etwas ihren Kopf zur Seite, „können wir alleine reden?“

Tenn nickte und trat auf seine Kabine zu. „Ich hab jetzt eh Zeit, komm mit rein“, sagte er dann und hielt ihr die Tür auf, bevor er hinter ihr eintrat, so dass sie alleine sein konnten. Er konnte sich eh bereits denken, worüber sie reden wollte.

„Ich wollte dich nur fragen, ob du irgendetwas von Riku-kun gehört hast?“, fragte sie ein wenig leiser nach, „ich meine, vielleicht hat er dir etwas gesagt?“

Tenn sah ihr ruhig entgegen, legte etwas den Kopf schief. „Das letzte Mal, dass ich mit Riku gesprochen habe, war vor Incomplete Ruler“, erwiderte er dann, auch, wenn er ein wenig von sich selbst überrascht war, wie ruhig er das sagen konnte. Er hätte nicht gedacht, dass er so gut leugnen konnte, dass er Riku noch einmal getroffen hatte. Oder das er nur darauf wartete, dass sich sein Zwillingsbruder wieder bei ihm meldete.

„Oh, verstehe“, sagte Tsumugi ein wenig bedrückter, „ich dachte nur, vielleicht hätte er dir etwas gesagt oder würde zu dir noch Kontakt halten. Immerhin ...“,

Tenn schüttelte aber nur den Kopf, sah sie ruhig lächelnd an. „Was wirst du tun, wenn er nicht zurückkommt? Was passiert dann mit IDOLiSH7?“

„Ich werde nicht aufgeben, bis ich ihn gefunden habe, Kujou-san“, sagte Tsumugi eindeutig wieder entschlossener, „ich– ich habe es ihnen versprochen! Ich werde nach ihnen suchen, wenn jemand verschwindet. Niemand von ihnen kann ersetzt werden. IDOLiSH7 kann nur mit diesen sieben existieren!“

Einen Moment weitete Tenn seine Augen, bevor er schließlich sanfter lächelte. „Ich weiß nicht, wo Riku ist oder warum er so plötzlich verschwunden ist“, sagte er dann, was zumindest nicht gelogen war. Er wusste ja wirklich nicht, wo sich Riku befand. „Aber ich hoffe, dass du ihn finden kannst. Ich will nicht, dass IDOLiSH7 so endet.“

Er ignorierte das Gefühl, dass er Riku treffen konnte, wenn sich sein Zwillingsbruder bei ihm meldete und das er so noch Kontakt zu ihm haben konnte.

„Ich werde alles daran setzen, ihn zu finden!“, sagte Tsumugi weiterhin entschlossen, nickte zusätzlich bekräftigend.

„Das klingt gut“, sagte Tenn daraufhin, lächelte sie weiterhin an. Er wusste, dass er zu viel verheimlichte, aber er wusste auch, dass er Riku versprochen hatte, nichts davon zu sagen. Davon ab, dass er nicht sagen wollte, dass Riku so einfach sagen konnte, wie ihm das alles egal war.

 
 

–*–

 

Normalerweise war es nicht die Zeit, zu der sich Riku bereits auf dem Heimweg befand, immerhin war es noch nicht so spät am Abend.

Die Gegend, durch die er lief, war allerdings bereits ziemlich leer, wenn es nur anfing zu dämmern. Es sorgte dafür, dass er sich nicht besonders um seine Umgebung kümmerte.

Es war eine gute Woche her, seit er Tenn getroffen hatte. Seit diesem Moment dachte er auch darüber nach, was er tun sollte und wie viel er riskieren durfte.

Nicht zu der Feier gehen, wenn sein Boss ihm drohte, seine Eltern zu töten? Er wusste, dass er es nicht riskieren konnte. Seine Eltern wussten nicht, was genau passiert war oder wo genau Riku war. Außerdem standen sie zwar unter Beobachtung, allerdings ohne, dass irgendjemand sie groß einschränkte.

Riku hatte die Möglichkeit, sie zu besuchen, wenn er wollte. Allerdings beschränkte er diese Besuche meist auf sehr wenige Tage im Jahr. Er wollte nicht, dass sie mehr erfuhren. Er wollte nur, dass sie wussten, dass es ihm gutging und sie sich keine Sorgen machen mussten.

Riku wusste, dass es ausfiel, dass er nicht zu der Feier ging, aus genau dem Grund.

Er hatte mehrfach, in der vergangenen Woche, darüber nachgedacht, ob er jemanden fand, den er statt Tenn mitnehmen konnte. Aber er wusste auch, dass er schon jemanden finden musste, der seinem Zwillingsbruder zumindest ähnlich sehen musste.

Allerdings hatte er es nach einer Weile eher als schwierig abgetan, weil er genau wusste, dass sein Boss wusste, wer Tenn war und herausfinden würde, wenn Riku ihn täuschte.

„Keine Sorge“, hörte Riku kurz darauf eine leise Stimme aus einer Seitenstraße, vor der er war, was ihn etwas aus seinen Gedanken holte.

Mit einem kurzen Blick in die Richtung bemerkte er die Personen, die dort standen, während eine davon gegen die Wand gedrückt wurde.

Es war nichts, was Riku groß wunderte, weil es durchaus häufiger der Fall war, dass sich irgendwer in den Schatten dieser Straßen so zurückzog und durchaus auch mehr tat, als nur sich zu küssen.

Riku hatte diesen Personen nie besondere Beachtung geschenkt. Es war eher, dass ihn nicht nur die Stimme dazu gebracht hatte, dass er alarmiert war, sondern auch die Erkenntnis, dass er diese Personen eindeutig erkannte.

Mit einer schnellen Bewegung griff er nach der Kapuze seines Pullovers, zog sie sich über den Kopf und richtete seine Augen wieder vor sich. Wenn er schnell genug war, hätten sie ihn nicht erkennen können, oder?

„Riku?“

Er stoppte in seiner Bewegung, sagte allerdings kein Wort oder drehte sich um.

Wie groß war bitte die Wahrscheinlichkeit, dass er in dieser Gegend, auf seinem Heimweg, Yuki und Momo traf? Was machte Re:vale hier, wo er eigentlich wusste, dass es kein Teil war, wo irgendjemand von ihnen je auftrat oder zu tun hatte?

„Du bist doch Riku, oder?“, fragte Momo nach, während Riku hörte, wie sie zu ihm traten, „bist du wieder zurück? Wann tretet ihr wieder auf?“

Riku schluckte, drehte sich weiterhin nicht um, zog ein wenig an seiner Kapuze. „Ich werde nicht mehr zurückkehren“, antwortete er kalt, versteckte seine Gefühle hinter seiner Maske.

„Wie meinst du das, du kommst nicht zurück?“, fragte Yuki nun nach, kurz bevor Riku sah, wie der andere vor ihn getreten war und ihn nun ansah, „macht IDOLiSH7 nicht nur eine Pause?“

„Ich habe nichts mehr mit IDOLiSH7 zu tun“, sagte Riku darauf, hob seinen Blick etwas, starrte Yuki zurück an, „meine Idolkarriere ist beendet.“

„Was?“, fragte Momo erschütterter nach, trat neben seinen Partner, „wieso das? Ihr ward so erfolgreich! Wie kannst du das alles aufgeben, jetzt?“

„Ich werde jetzt gehen“, sagte Riku nur noch, sah zwischen ihnen hin und her, „wir sollten unser Treffen hier geheimhalten. Findet ihr nicht?“

Bevor er sich an ihnen vorbeibewegen konnte, spürte er, wie Yuki ihn am Arm festhielt.

„Wir sollen geheimhalten, dass wir dich getroffen haben?“, fragte Yuki nun nach, sah ihn aus ernsteren Augen an.

„Wir sagen nichts“, sagte Momo, lächelte ihn breiter an, strich Riku über den Kopf und dabei etwas die Kapuze zurück, zwinkerte kurz darauf.

„Momo“, murmelte Yuki, sah etwas fragender in die Richtung seines Partners.

Riku blickte zwischen ihnen hin und her, drückte sich dann zurück und befreite sich aus dem Griff, als er merkte, dass Yuki ihn nicht mehr ganz so stark festhielt. Warum hatte er das Gefühl, dass er in Momos Blick mehr lesen konnte, als er wollte? Als wenn er viel mehr wusste, als Riku gedacht hatte?

„Wenn wir Riku-kun nicht verraten, wird er uns nicht verraten“, sagte Momo kurz darauf, lächelte breiter, sah eher in Yukis Richtung, „komm, lass uns gehen. Bye, Riku!“

Einen Moment blinzelte Riku ihnen hinterher, bevor er sich wieder abdrehte, um weiterzugehen. Auch, wenn er ein mehr als mulmiges Gefühl hatte, wenn er an dieses Zusammentreffen dachte.

Er glaubte zwar wirklich, dass Momo nicht erzählen würde, dass sie ihn getroffen hatten, aber dennoch war irgendwas an diesem Blick gewesen, was dafür gesorgt hatte, dass er sich anders unwohl fühlte.

 
 

––––

 

Als Riku am nächsten Tag einen weißen Umschlag aus seinem Briefkasten holte, blinzelte er eindeutig verwirrter. Einzig „Nanase Riku“ stand auf dem Umschlag, sonst nichts.

Nachdenklich setzte er sich in dem Wohnzimmer seines Apartments auf einen Sessel, öffnete den Umschlag und holte einen Zettel raus, auf dem ein paar Zeilen standen.

 

Hey Riku,

 

Keine Sorge, niemand weiß, wo du wohnst.

Ich habe meine Quellen.

Ich hatte nur gestern das Gefühl, dass du vielleicht Hilfe brauchst.

Falls ja, kannst du mich kontaktieren. Unter der unten angegebenen Nummer.

Wenn nicht, werde ich keine weiteren Versuche machen, dich zu kontaktieren oder aufzusuchen. Du hast vermutlich deine Gründe.

Genauso, wie Yuki und ich unsere Gründe hatten, dort zu sein.

Wir sagen nichts, du sagst nichts.

 

Pass auf dich auf!

Momo

 

Riku blickte danach auf die Nummer, die am unteren Rand stand, knüllte den Brief zusammen und hielt ihn einen Moment fest.

Schließlich seufzte er, machte ihn wieder auseinander und stand auf, um ihn in einer Schublade einer Kommode an der Seite unter einigen anderen Sachen zu verstauen. Er wusste, dass er niemanden von ihnen einschalten wollte.

Er hatte für sich selbst entschieden, einen Schlussstrich zu allem, was mit seiner Idolkarriere zu tun hatte, zu ziehen. Aber etwas an diesem Zusammentreffen gestern, in Momos Blick und in dem Brief des anderen, sorgte dafür, dass er dieses Schreiben zumindest nicht einfach wegschmeißen konnte.

Nachdem Tenn zurück in ihrer Wohnung war, bewegte er sich ins Wohnzimmer, wo er ein wenig überraschter blinzelte, als er Gaku sah, der von dem Sofa aus in seine Richtung sah. Er war sich nicht sicher, wie er den Blick seines Freundes deuten sollte, allerdings zuckte er wenige Sekunden später mit den Schultern, trat zu ihm und ließ sich neben ihm auf dem Sofa nieder, lehnte sich gegen den anderen und kuschelte sich einfach nur still an.

„Hat Takanashi-san dich auch gefragt?“, fragte Gaku nach einem Moment der Stille nach, indem er nur seinen Arm um Tenns Schultern gelegt hatte und ihn bei sich hielt.

„Sie hat ebenfalls mit dir gesprochen?“, fragte Tenn etwas überraschter nach, während er sich ein wenig in den Armen seines Kameraden verkrampfte, „hast du ...?“

„Ich habe ihr nichts davon gesagt, dass du Nanase getroffen hast“, unterbrach Gaku ihn sogleich, drückte ihn etwas mehr an sich, „denkst du echt, ich sage ihr etwas, obwohl du so klar meintest, dass es niemand erfahren soll?“

Tenn zuckte ein wenig mehr zusammen, drückte sich etwas mehr gegen Gaku, hielt sich an dem Oberteil des anderen fest. „Ich dachte, vielleicht, weil du–“,

„Du vertraust uns doch, Tenn“, entgegnete Gaku, bewegte eine Hand etwas durch Tenns Haare, „deswegen hast du es Ryuu und mir erzählt. Natürlich ist es nicht leicht, sie anzulügen. Ganz davon abgesehen, dass es um IDOLiSH7’s Zukunft geht. Aber ehrlich gesagt ist mir das Vertrauen zu dir wichtiger, Tenn. Das kann ich nicht aufs Spiel setzen.“

Ein wenig überraschter rutschte Tenn zurück, sah ihn mit ein wenig geweiteten Augen an, lächelte dann etwas bedrückter. „Ich will sie auch nicht anlügen oder etwas verheimlichen. Ich habe nur das Gefühl, dass es Riku wichtig ist, dass es niemand erfährt. Ich bin mir sicher, dass er seine Gründe hat, warum er so schnell verschwunden ist und nicht zurückkommt. Oder sich bei irgendjemandem von ihnen meldet.“

„Ich bin mir sicher, es gibt einen Weg, ihn zurückzuholen“, sagte Gaku daraufhin, zog Tenn wieder etwas mehr zu sich, so dass er sich wieder ein wenig ankuscheln konnte.

Zumindest so lange, bis er bemerkte, wie sein Handy einen kurzen Signalton von sich gab, so dass er sich etwas bewegte und danach griff. Auch, wenn er sich nur so weit aufrichtete, dass er sein Handy greifen konnte, während er sich danach direkt wieder an Gaku kuschelte.

Ein wenig verwundert starrte er auf das Display, als er sah, dass es eine neue Nachricht von Riku war, so dass er den Rabbitchat mit ihm öffnete. In dem Moment auch, ohne das er darauf achtete, dass Gaku so dicht bei ihm war.

 

Ich muss etwas mit dir besprechen.

Heute, 20 Uhr. Gleicher Ort wie letztes Mal.

 

„Tenn? Bist du sicher, dass du zu ihm gehen willst?“, fing Gaku neben ihm leise an, hielt ihn weiterhin so ruhig fest.

Tenn drückte sich ein wenig mehr gegen ihn. „Es ist der einzige Kontakt, den wir zu Riku haben. Und– ich will weiterhin versuchen, mehr rauszubekommen.“

„Ich mache mir nur sorgen. Es wirkt so anders. Als wenn Nanase nicht die gleiche Person ist, wie vorher“, sagte Gaku ein wenig überlegender, „am liebsten würde ich dich nicht alleine gehen lassen.“

Tenn rutschte ein Stück zurück, sah Gaku in die Augen. Er wusste, dass Gaku sich nur sorgen um ihn machte, während er genau wusste, dass sie nicht zusammen gehen konnten. Riku wusste nichts davon, dass er mit seinen Kameraden geredet hatte, und er wollte zumindest ansonsten daran festhalten, dass Riku ihm vertrauen konnte.

Bevor er allerdings wieder etwas sagte, schrieb er erst einmal nur eine Antwort an Riku, dass er kommen würde.

„Keine Sorge. Riku ist immer noch der Gleiche. Er wirkt zwar anders, aber er ist irgendwo immer noch der Riku, den wir kennen“, sagte Tenn kurz darauf, lächelte nun wieder in Gakus Richtung, „mach dir keine sorgen.“

„Versprich mir nur, dass du dich meldest, sollte irgendwas sein“, sagte Gaku, sah ihm ernster entgegen, „egal was.“

Tenn blickte ihm einen längeren Moment schweigend entgegen, bevor er schließlich nickte. „Okay.“

 
 

––––

 

Der Weg zu der Bar sorgte dafür, dass sich Tenn ein wenig Gedanken darüber machte, worüber Riku wohl reden wollte.

Er konnte sich nicht vorstellen, dass es irgendetwas damit zu tun hatte, was wirklich vorging, auch, wenn er sich hoffte, dass er ein bisschen mehr erfuhr.

Seine Hände hatte er erneut in den Taschen seines Mantels vergraben, während er sich zu dem Treffpunkt bewegte. Diesmal erkannte er Riku allerdings neben dem Eingang, wie er gegen die Wand lehnte und ein wenig auf sein Handy blickte.

Tenn legte den Kopf schief, während er genau bemerkte, dass sein Zwillingsbruder eindeutig nachdenklicher wirkte. Langsam ging er weiter zu ihm, sah kurz darauf, wie Riku seinen Kopf hob und nun zu ihm sah.

„Hey, Tenn“, fing er an, lächelte etwas mehr, auch, wenn das Lächeln absolut nicht seine Augen erreichte. Es fühlte sich so komisch an, Riku so anders zu sehen. Es war nicht der gleiche Blick, das gleiche Lächeln, wie die letzten Jahre. Wie früher.

„Riku“, flüsterte Tenn, trat zu ihm, „was ist–“, bevor er weitersprechen konnte, griff Riku ihn am Handgelenk, zog ihn zu sich, so dass er etwas überraschter stoppte.

„Sorry“, flüsterte Riku, legte seine andere Hand zu Tenns Wange, strich dabei die Maske, die er noch aufhatte, zurück, bevor er ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen drückte, „ich muss mit dir reden. Gehen wir ein Stück.“

Tenn legte nur etwas verwirrt den Kopf zur Seite, bevor er schließlich einfach nur nickte. Nebenbei bemerkte er, wie Riku seine Hand normal ergriff. „Worüber willst du reden?“, fragte er ein wenig leiser nach.

Einen Moment gingen sie einfach schweigend die Straße entlang. Wobei eher Riku ihn dazu brachte, neben ihm herzugehen, da er die ganze Zeit seine Hand nicht losließ. Es fühlte sich irritierend an, dass Riku eine Weile nicht wirklich etwas sagte, sondern einfach nur langsam weiterging.

Tenn war sich nicht sicher, ob er erneut etwas sagen oder fragen sollte, während er neben Riku herging.

Erst nach einigen, weiteren Metern seufzte Riku schließlich etwas, atmete tiefer durch, bevor er langsam doch wieder sprach. „Ich muss dich bitten, mich zu einer Feier zu begleiten. Am zehnten Dezember. Auch, wenn es vielleicht gefährlich wäre.“

„Zu einer Feier? Was genau meinst du?“, fragte Tenn nach.

Riku schluckte etwas mehr, stoppte langsam, drehte sich zu ihm und umfasste ebenfalls seine andere Hand. „Ich bin gezwungen, dort aufzutauchen, nachdem durchgekommen ist, dass ich jemanden als mein Haustier gewählt habe. Und ich kann nur dorthin, wenn mich jemand begleitet.“

„Riku“, murmelte Tenn ein wenig überraschter, wenn auch eher etwas geschockt darüber, was genau es war, was ihn dazu zwang. Er konnte sich denken, dass Riku meinte, dass er ihn begleiten sollte, weil er sozusagen Rikus Eigentum war. Zumindest hier, damit sie sich treffen konnten.

„Bitte frag nicht nach, was genau ist“, sagte Riku kurz darauf, sah ihn ein wenig eindringlicher an. Es sorgte dafür, dass Tenn nur noch mehr wissen wollte, um was genau es ging. Aber er spürte auch, dass er besser nicht nachfragen sollte. „Vertrau mir einfach, Tenn-nii.“

Einen längeren Moment sah Tenn ihm noch entgegen, bevor er langsam nickte. Er wusste, dass er Riku immer vertrauen würde, selbst, wenn er wissen wollte, was los war. Auch, weil er einfach nur wollte, dass er Riku helfen konnte. Oder zumindest einen Schritt weiterkommen wollte, damit er ihn dazu bekam, zurückzukommen. „Ich vertraue dir immer, Riku“, erwiderte er schließlich ruhiger lächelnd.

Riku lächelte ihn ein wenig mehr an, atmete etwas erleichtert aus. „Du musst nichts weiter tun als bei mir sein und zu tun, als wenn du mein Haustier bist. Es sollte nicht zu viel sein und sobald ich verschwinden kann, sind wir dort weg.“

Tenn nickte langsam, lächelte ihn zurück an. „Keine Sorge“, sagte er dann ruhiger. Außerdem wusste er, dass er schon genug verschiedene Rollen gespielt hatte. Erst recht, weil es zu seinem Idolbusiness gehörte. „Ich vertraue dir wirklich, Riku.“ Wenn er jemandem vertraute, dann war es immerhin am meisten sein Zwillingsbruder, oder? Selbst, wenn er hier so anders wirkte, es war immer noch Riku.

„Kannst du dir den Tag freinehmen, damit wir uns vorher schon treffen können?“, fragte Riku langsam nach, „ich meine, es ist–“,

„Ich sehe, was ich tun kann“, sagte Tenn, unterbrach ihn somit ruhiger.

Riku nickte daraufhin, ließ ihn langsam mit einer Hand wieder los und ging dann weiter, während er mit seiner anderen Hand immer noch Tenns festhielt.

Sie gingen einfach nur wieder still weiter nebeneinander her, während Tenn auch nicht wirklich wusste, was er noch sagen sollte. Selbst, wenn ihm zu viel durch den Kopf ging, er wusste, dass er Riku nicht auf diese Sachen ansprechen konnte. Selbst, wenn er seit dem Gespräch mit Tsumugi wieder mehr an sie und an IDOLiSH7’s Zukunft denken musste.

Er wusste, dass er Riku eh nicht dazu bekam, dazu etwas anderes zu sagen, als er es vorher schon getan hatte. Nicht momentan, wo er damit so komplett abgeschlossen hatte und keine Möglichkeit sah, zurückzukommen.

Vermutlich würde er nur wieder so gleichgültig klingen, wie er es vorher getan hatte, und Tenn war sich sicher, dass er das nicht noch einmal hören oder sehen wollte.

Das Klingeln von Rikus Handy sorgte dafür, dass Riku stoppte und Tenn somit ebenso überraschter zum Stehen brachte, während er ein wenig zu ihm sah.

Tenn beobachtete ihn etwas stiller dabei, wie er auf das Display seines Handys sah, bevor er etwas mehr seufzte und schließlich den Anruf annahm, damit er sich melden konnte.

„Was gibt es?“

Der Ton seines Zwillingsbruders hatte dabei einen so komplett anderen Klang, dass Tenn fast das Gefühl hatte, als wenn er mal eben mit jemandem getauscht hatte. Andererseits hatte er das letztlich genauso erlebt. Riku wirkte so komplett anders hier, wenn er mit den Personen sprach, mit denen er hier zu tun hatte oder die in dieser Gegend unterwegs waren.

Ein genervtes Seufzen entwich Rikus Kehle, so dass Tenn wieder seine Aufmerksamkeit zu ihm richtete, kurz bevor er ihn weiterreden hörte. „Ehrlich? Könnt ihr das nicht alleine–“ – „Ja, ich komme.“

Tenn blinzelte einfach nur verwirrt zu ihm, da er sowieso nur das verstand, was Riku sagte.

„Haltet halt so lange durch, bis ich da bin.“

Kurz darauf klickte er das Gespräch weg und steckte sein Handy wieder in seine Jackentasche. Danach drehte er sich wieder zu Tenn um. „Sorry Tenn-nii, aber wir müssen uns wann anders treffen.“

„Wer ...“, fing Tenn an, bemerkte aber sogleich, wie Riku den Kopf schüttelte, so dass er seine Frage gar nicht erst weiter aussprach. Riku würde eh nicht darüber sprechen, mit wem er geredet hatte.

„Ich melde mich wieder“, sagte Riku nur noch, ließ schließlich seine Hand los, sah ihm aber noch einen Moment entgegen, „... ich hoffe, dass es nicht zu lange dauert.“

„Riku“, fing Tenn schließlich an, bevor sich sein Zwillingsbruder umdrehte, „pass auf dich auf. Du weißt, dass ich dir helfen würde. Jeder von uns.“

„Versuch nicht, mich aufzuhalten oder irgendetwas herauszufinden, Tenn-nii“, sagte Riku, sah ihn doch noch einmal ernster an, „und ... was diese Feier angeht, du solltest–“,

Tenn schluckte, nickte etwas mehr. Er wusste, dass Riku nicht wollte, dass er sich einmischte oder ihm half, so sehr er es selbst auch wollte, weil er nicht wollte, dass Riku sich die ganze Zeit alleine dieser ungewissen Gefahr – oder was auch immer es war – aussetzte. Schließlich lächelte er ihn wieder ruhig an. „Du meinst, ich soll mich unterwürfig verhalten, damit wir nicht auffallen? Keine Sorge.“

Riku blickte ihn aus etwas zusammengezogenen Augen an, trat noch einmal zu ihm und drückte Tenn einen kurzen Kuss auf die Lippen. Es war zu kurz, als das Tenn reagieren konnte, so dass er einfach nur in diese roten Augen vor sich sah, während Riku mit einem Finger zu dem Halsband und dem Anhänger daran strich. Er hatte es nur ein wenig unter seinem Mantel versteckt. „Haben Yaotome-san oder Tsunashi-san dich schon einmal so kontrolliert?“, fragte Riku schließlich nach, während er langsam wieder seinen Blick so hob, dass er ihn wieder direkter ansah.

Tenn starrte ein wenig verwirrter zurück, bevor er langsam lächelte und kurz darauf Riku einen kurzen Kuss auf die Lippen aufdrückte. „Ist Riku eifersüchtig?“

Riku machte nur einen Schritt zurück, bevor er langsam ein „nein“, murmelte und die Arme vor sich verschränkte, „und ich sollte wirklich gehen.“

Tenn schmunzelte etwas mehr. „Keine Sorge. Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was ich für dich empfinde, und dem, was ich für Gaku und Ryuu empfinde.“

„Wenigstens weiß ich, dass du inzwischen mir gehörst“, sagte Riku ein wenig leiser, bevor er sich komplett von ihm abdrehte, „du solltest gehen. Ich muss wirklich los.“

„Pass bitte wirklich auf dich auf, Riku“, flüsterte Tenn nur noch einmal hinter ihm her, auch, wenn sich Riku inzwischen bereits etwas von ihm entfernt hatte und ihn vermutlich nicht einmal mehr gehört hatte. Zumindest zeigte Riku keine Reaktion darauf, dass er ihn noch irgendwie gehört hatte.

Tenn drehte sich dann ab und machte sich auf den Rückweg zum Bahnhof. Auch, wenn er ein beklemmendes Gefühl hatte, dass er viel lieber wissen wollte, wohin Riku unterwegs war. Auch, wenn er lieber sichergehen wollte, dass nichts passierte und Riku sicher zurückkam.

Er hatte auch so ein Gefühl, dass er gar nichts tun konnte, selbst, wenn er ihm folgte. Schlimmstenfalls würde er Riku eh nur mehr gefährden.

Zurück in der Wohnung ließ sich Tenn in dem Wohnzimmer auf das Sofa fallen, lehnte sich gegen die Rücklehne und schloss einen Moment einfach nur seine Augen.

Er wusste, dass er sich nicht zu viele Sorgen machen sollte. Immerhin schien Riku sehr gut auf sich aufpassen zu können, nach allem, was er mitbekommen hatte. Aber er konnte auch nicht verdrängen, dass er sich fragte, wohin Riku gegangen war, nachdem er diesen Anruf bekommen hatte.

„Hab ich doch richtig gehört, dass du zurückgekommen bist“, drang Gakus Stimme zu ihm, worauf Tenn seine Augen wieder öffnete und etwas zur Seite blickte.

„Hmm“, erwiderte Tenn nur etwas murmelnder, „Riku musste scheinbar noch was erledigen. Irgendein Anruf.“

„Du machst dir sorgen“, sagte Gaku daraufhin, trat zu ihm und ließ sich neben ihm auf dem Sofa nieder, hob kurz eine Augenbraue, „ist das von Nanase?“

Tenn zuckte ein wenig unmerklich zurück, als er bemerkte, wie Gaku ein wenig über das Halsband und den Anhänger daran strich. Er hatte komplett verdrängt, dass er es noch trug und das er es eigentlich nur tragen sollte, wenn er Riku dort traf. Immerhin war diese ganze Sache auch eher etwas, was er niemandem erzählen sollte.

„Tenn“, fing Gaku ein wenig ernster an, „wo genau triffst du dich mit ihm?“

Tenn verdrehte die Augen, drückte Gaku ein Stück von sich. „Ich vertraue Riku. Das ist nur zum Schutz, wenn wir uns dort treffen.“

Gaku seufzte daraufhin, sah ihn von der Seite her an. „Du kannst uns aber nicht sagen, wo ihr euch trefft? Oder was es ist? Tenn, du weißt, dass wir uns auch Sorgen um dich machen.“

„Ich hab euch genug gesagt“, entgegnete Tenn, berührte den Edelstein an seinem Halsband, seufzte etwas mehr, „ich bin mir sicher, dass es einen Grund gibt, dass er nichts sagen kann oder sich versteckt halten will.“ Ganz davon abgesehen, dass er nicht einmal wirklich etwas dagegen hatte, wenn Riku so zu ihm war. Auch, wenn er vorher nicht darüber genauer nachgedacht hatte, aber es störte ihn nicht einmal.

„Schon gut“, atmete Gaku etwas tiefer durch, sah ihn wieder ruhiger an, „aber dennoch bedrückt dich etwas, oder? Weil er so plötzlich losmusste?“

Ein wenig blinzelte Tenn, sah wieder zu ihm auf, seufzte dann etwas mehr. „Es ist nichts. Bestimmt. Riku ... er klang, als wenn es nichts Besonderes wäre, als er los ist.“ Er wusste wirklich nicht, wohin Riku gegangen war, aber die paar Sachen, die er von ihm bei dem Telefonat gehört hatte, waren doch wirklich eher so, dass es für seinen Zwillingsbruder nichts Großes wäre, oder?

Warum hatte er nur immer mehr das Gefühl, dass er keine Ahnung mehr hatte, wer Nanase Riku eigentlich war? Obwohl er ihn eigentlich am besten kennen sollte. Obwohl sie doch Zwillinge waren.

„Komm her“, unterbrach Gaku etwas seine Gedanken, kurz bevor Tenn nur spürte, wie er zu ihm gezogen wurde und sich kurz darauf in den Armen seines Teamkameraden wiederfand.

Ein wenig irritierter blinzelnd drückte sich Tenn einfach nur gegen ihn, ohne sich wirklich befreien zu wollen, während er mit einem halben Blick aufsah. „Gaku?“

„Ist es nicht das, was du gerade willst?“, fragte Gaku leise nach, ohne ihn wirklich loszulassen, „Riku-kun geht es gut. Bestimmt. Du vertraust ihm, oder?“

Tenn schluckte, drückte sich einfach nur mehr gegen ihn, lächelte ein wenig vor sich hin, auch, wenn Gaku gerade sein Gesicht nicht sehen konnte. „Riku will, dass ich mit ihm auf eine Feier gehe, wo ich mich ihm unterordnen muss. Scheinbar ist das dort, wo er ist, normal.“

„Und du willst gehen“, sagte Gaku ruhiger dazu, eher feststellend, als fragend.

„Ich– es scheint ihm wichtig zu sein“, entgegnete Tenn daraufhin.

Er spürte, wie Gaku ein wenig leise seufzte, während er ihm langsam über den Rücken streichelte. „Meinst du, ich kann dich nächstes Mal begleiten, wenn du dich mit Nanase triffst?“, fragte er dann nach, worauf Tenn erschrocken zurückrutschte und mit etwas geweiteten Augen zu ihm aufsah.

„Was– wie willst du das machen? Ich habe doch gesagt, ich habe Riku versprochen, dass ich niemandem etwas von unseren Treffen sage“, fing Tenn an, schluckte etwas mehr, senkte seinen Blick. Er wusste, spürte, dass Gaku sich einfach nur Sorgen machte.

„Von mir aus so, dass Nanase nicht merkt, dass ich in deiner Nähe bin“, entgegnete Gaku etwas ruhiger, „wir müssen doch irgendwie herausfinden, was los ist. Wo er sich aufhält und ob es eine Möglichkeit gibt, ihn zurückzubringen.“

Tenn schluckte, sah ein wenig auf, bemerkte, wie Gaku ihn so direkt ansah. Er wusste, dass sie etwas tun mussten und das er es unmöglich alleine schaffen konnte, Riku zu überreden, zurückzukehren. Nur wusste er auch, dass er Rikus Vertrauen nicht noch mehr erschüttern wollte.

Immerhin hatte er ihm eh schon gesagt, dass er niemandem etwas sagte. Dass niemand von ihnen wusste, dass er Riku weiterhin unregelmäßig traf.

„Tenn“, fing Gaku ein wenig an, sah ihm ruhig entgegen.

„Wenn du dich so versteckt halten kannst, dass Riku dich nicht bemerkt“, sagte Tenn daraufhin, auch, wenn er sich nicht sicher war, ob das überhaupt eine gute Idee war. Oder ob es klappen konnte, ohne, dass Riku etwas mitbekam. Er wusste, dass sie irgendetwas tun mussten, wenn sie herausfinden wollten, was los war und wie sie Riku dazu bekamen, zurückzukehren.

„Lass uns gemeinsam überlegen, was wir tun, wenn sich Nanase das nächste Mal meldet“, sagte Gaku kurz darauf, lächelte ihn dann an, „er meldet sich recht spontan, nicht? Dann müssen wir darauf reagieren.“

Tenn seufzte schließlich einfach nur, nickte etwas und lehnte sich dann weiter bei ihm an. Sie würden eh darauf warten müssen, dass sich Riku bei ihm meldete. Immerhin hatte Riku nie auf irgendeine Nachricht von ihm reagiert, wenn er ihm sonst geschrieben hatte.
 

––––

 

Erst nach einer Weile, in der sie noch still zusammen saßen und kuschelten, drückte sich Tenn langsam etwas zurück.

„Ich glaube, ich sollte versuchen, zu schlafen“, murmelte er, stand langsam auf und drückte Gaku ein Stück von sich. Auch, wenn er einen Moment darüber nachgedacht hatte, dass er nicht alleine bleiben wollte.

„Du willst alleine sein?“, fragte Gaku nach, sah ihn eindeutig besorgter an.

„Hm“, nickte Tenn nur, lächelte ihn ein wenig an, „gute Nacht.“

„Gute Nacht, Tenn“, entgegnete Gaku ruhig, „schlaf gut und du weißt, dass du rüberkommen kannst, wenn–“,

„Ich weiß“, unterbrach Tenn ihn, lächelte etwas mehr, „aber ich denke, ich will erst einmal alleine sein.“

Danach bewegte er sich aus dem Zimmer und zu seinem eigenen Schlafzimmer. Mit einem Finger strich er über den Anhänger an dem Halsband, dachte einen Moment an Riku, bevor er vor sich hin lächelte. „Es ist alles gut, oder, Riku?“, fragte er leise vor sich hin nach, „du bist immer noch mein Riku, oder?“

Er schluckte, öffnete die Tür zu seinem Zimmer, tastete zur Seite nach dem Lichtschalter, als er nur spürte, wie sein Handgelenk festgehalten und er aufgehalten wurde, das Zimmer zu erhellen. Er spürte nur, wie die Tür hinter ihm zurück ins Schloss gedrückt wurde.

Bevor er irgendetwas sagen konnte, fühlte er eine Hand, die ihm auf den Mund gedrückt wurde, so dass er keinen Ton sagen konnte. Wer war das? Wie war diese Person hier reingekommen?

Eindeutig geschockt weitete Tenn seine Augen, während er sich nicht wirklich bewegen konnte. Er wurde immer noch so festgehalten, dass er mehr oder weniger bewegungslos gegen die Tür seines Zimmers gedrückt wurde.

„Versprich mir, dass du leise bist, wenn ich dich loslasse“, erklang diese zu vertraute Stimme so direkt bei ihm, wenn auch eindeutig so leise, dass er es gerade so verstehen konnte.

Riku?

Er nickte nur langsam, da er immer noch nicht wirklich etwas sagen konnte, immerhin wurde ihm immer noch eine Hand auf den Mund gedrückt. Er war sich nur jetzt fast komplett sicher, dass es Riku war, weswegen er sich zumindest ein wenig entspannte.

„Kannst du abschließen?“, erklang diese Stimme erneut leise zu ihm durch.

Tenn nickte wieder langsam, drehte seinen Kopf etwas zur Seite. Er wusste, dass er einen Zimmerschlüssel neben der Tür an der Seite auf einer Kommode liegen hatte. Auch, wenn sie eigentlich nie abschlossen, weil sie keine wirklichen Geheimnisse voreinander haben wollten und weil sie sichergehen wollten, dass jeder von ihnen jemanden aufsuchen konnte, wenn man jemanden brauchte. Aber für den Fall, dass jemand von ihnen wirklich alleine sein wollte, war es zumindest eine Möglichkeit.

Er atmete erschrocken aus, als er spürte, wie Riku – zumindest war er sich inzwischen sicher, dass er ihn an der Stimme erkannt hatte – ihn losließ und neben ihnen den Lichtschalter betätigte.

Bevor Tenn reagieren, oder sich an die plötzliche Helligkeit gewöhnen konnte, bemerkte er, wie Riku neben ihm die Tür abschloss und sich dann durch das Zimmer bewegte.

Tenn starrte ihm einige Sekunden nach, sah erst langsam, dass Rikus Oberteil von Blutflecken überzogen war. „Riku–“,

„Sag niemandem, dass ich hier bin, Tenn-nii“, unterbrach Riku ihn mit einem zu ernsten Blick, bevor er sein Shirt über den Kopf zog und zur Seite auf den Boden schleuderte. „Verdammt!“, brummte er kurz darauf, bewegte eine Hand zu seinem nun entblößten Oberkörper, der eine eindeutige Schnittverletzung an der Seite zeigte.

„Riku, was–“, startete Tenn, riss sich zusammen und bewegte sich aus seiner ersten Starre zu ihm, ließ sich neben Riku auf dem Bett nieder, „was ist dir passiert?“

„Nichts Schlimmes“, entgegnete Riku, winkte etwas ab, bewegte seine Hand über die Verletzung, schüttelte dann den Kopf, „... versprich mir, dass niemand etwas erfährt.“

Tenn schluckte, nickte aber erneut langsam, streckte einen Arm aus, stoppte allerdings, kurz bevor er Rikus Oberkörper berühren konnte. Was genau war ihm passiert? Wo war Riku reingeraten? Wieso konnte er ihm nicht mehr erzählen? „Riku ...“

„Mir gehts gut, Tenn-nii“, sagte Riku und lächelte ihn kurz darauf an, umfasste Tenns Hand und sorgte dafür, dass Tenn wieder zu seinem Zwillingsbruder sehen konnte. Auch, wenn es dafür sorgte, dass Tenn erneut spürte, dass Rikus Lächeln so anders wirkte, als früher. „Das verheilt wieder und ich wurde nicht schlimm–“,

Tenn unterbrach ihn damit, dass er Riku einfach nur küsste und ihn kurz darauf auf die Matratze drückte. „Riku, lüg mich nicht an“, sagte er schließlich, stützte sich über ihn.

Riku blinzelte ihm einige Sekunden irritierter entgegen, bevor er etwas mehr seufzte, eine Hand so ausstreckte, dass er Tenn über die Wange strich. „Du vertraust mir, oder, Tenn-nii?“

„Das weißt du“, sagte Tenn sogleich zurück, „aber vertraust du mir, Riku?“

„Ich–“, fing Riku an, stoppte, sah etwas mehr zur Seite, „ich kann nicht–“,

„Riku“, entgegnete Tenn erneut, unterbrach ihn nur wieder, „sieh mich an.“

Er bemerkte, wie Riku einen Moment länger einfach nur zur Seite durch das Zimmer blickte, bevor er langsam seinen Kopf so drehte, dass er wieder in Tenns Gesicht sehen konnte. So, dass sie sich gegenseitig in die Augen blicken konnten.

Bevor Tenn allerdings noch etwas sagen oder fragen konnte, erkannte er nur, wie sich die Tränen in Rikus Augen bildeten, während er ein wenig schluckte.

„Riku“, flüsterte Tenn ein wenig zu irritiert, rutschte so, dass er sich zu ihm kuschelte und ihn einfach bei sich hielt, „Riku ... Riku ... es ist alles gut. Wir sind alleine. Ich bin bei dir, okay?“

Riku drückte seine Arme um Tenns Oberkörper, schluchzte etwas mehr, hielt Tenn einfach an sich gedrückt. „Nichts– nichts ist gut“, flüsterte er dann langsam, so dass es Tenn nur so gut verstehen konnte, weil er gerade direkt bei ihm war.

Einige Sekunden oder Minuten wartete Tenn einfach, hielt Riku weiter an sich gedrückt, rutschte so, dass er ihn bei sich halten und kuscheln konnte.

„Ich– ich will zurück. Ich will IDOLiSH7 nicht aufgeben“, sagte Riku weiterhin schluchzend, „aber ich kann auch nicht– Mama und Papa– sie– wenn ich– ihnen würde– ich weiß nicht, was er Tenn-nii antun würde, wenn ich–“,

„Riku, ruhig“, flüsterte Tenn ihm entgegen, rutschte langsam doch wieder ins Sitzen, zog Riku mit sich und hielt ihn einfach in seinen Armen, strich ihm über den Rücken, „was genau ist mit unseren Eltern?“

Riku zuckte nur heftiger zusammen, verkrampfte seine Hände in dem Shirt, welches Tenn anhatte, schluchzte nur mehr, sagte allerdings erst einmal nichts mehr.

Tenn bewegte nur langsam seine Hände weiter über Rikus Rücken, hielt ihn ansonsten bei sich und versuchte, ihn damit zu beruhigen. „Ganz ruhig. Versuch, normal zu atmen. Nicht, dass du eine Attacke bekommst.“

„Es ... ist okay“, flüsterte Riku daraufhin, schluckte ein wenig, atmete langsam tiefer ein und aus, „ich– es geht.“

„Magst du reden?“, fragte Tenn langsam leise nach, hielt Riku weiterhin bei sich.

Riku bewegte sich ein Stück zurück, auch, wenn er seine Hände immer noch in Tenns Shirt verkrampft hatte. „Ich ... versprich mir, dass du niemandem etwas erzählst. Auch nicht Yaotome-san oder Tsunashi-san.“

„Was– ich verspreche es“, sagte Tenn, ignorierte das komische Gefühl, was sich in ihm breitmachte, dass Riku ahnte, dass er nicht ganz geschwiegen hatte, dass sie sich getroffen hatten.

Riku nickte etwas langsamer. „Das war ... ein Jahr, nachdem du uns verlassen hast. So ein Typ, der mich in seine Organisation geholt hat. Keine Ahnung, vielleicht so ein bisschen ähnlich wie die Mafia oder so? Er hat gemeint, dass er unseren Eltern nichts tut, wenn ich mitkomme und– er meinte, dass ich dich zurückbekommen kann.“

„Was?“, starrte Tenn ihn mit geweiteten Augen an, „wieso– Riku“,

„Er meinte, er würde mich ausbilden, weil er mich braucht. Im Gegenzug lässt er unsere Eltern in Ruhe. Zumindest, solange ich tue, was er will“, sagte Riku weiter, schluckte erneut, „ich sollte dich entführen, als wir sechzehn waren. Als TRIGGER debütiert hat. Ich habe euch gesehen und wusste, dass ich es nicht kann.“

„Aber ... was, wieso–“, fing Tenn an, stoppte sich selbst, weil er nicht wusste, was er überhaupt sagen wollte. Irgendwie ging ihm in dem Moment auch viel zu viel durch den Kopf.

„Ich habe meinem Boss etwas abgenommen, weil ich ihm zu wichtig bin. Ich bleibe ihm treu und alles, aber er soll meine Familie in Ruhe lassen“, sagte Riku leise, lächelte ihn etwas bitter an.

„Deine ... du meinst damit auch mich, oder?“, fragte Tenn nach, schluckte, sah etwas bedrückter zu ihm. Immerhin hatte er die Jahre immer gehofft, dass ihr Band nicht länger wäre. Das Riku aufhörte, ihn als Zwillingsbruder zu sehen. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, wo er sich von ihm entfernt hatte und Tenn gemerkt hatte, was ihm fehlte.

„Ich liebe dich, Tenn-nii“, sagte Riku daraufhin, ließ langsam das Shirt los, fuhr stattdessen mit einem Finger zu dem Halsband und dem Anhänger daran, „nicht nur als Zwillingsbruder.“

„Riku“, murmelte Tenn, schluckte etwas mehr, bevor er ihn kurz darauf küsste, schließlich lächelte, „ich dachte, ich bin alleine damit, dass ich mich in meinen Zwillingsbruder verliebt habe.“

Riku zuckte ein wenig zusammen, drehte seinen Kopf etwas zur Seite. „Als ich zu Takanashi Productions kam, dachte ich nicht, dass es so gut laufen würde. Ich wollte es nicht genießen, weil ich wusste, dass er mich irgendwann zurückruft. Ich habe das alles überspielt und gelächelt. Es war eine Rolle, die ich spielen musste, hinter der ich mich verstecken musste. Aber IDOLiSH7 hat dafür gesorgt, dass ich es geliebt habe, zu singen. Ihr alle habt dafür gesorgt, dass ich weitersingen wollte. Dass ich wollte, dass man mir zusieht, so wie ich dir früher zugesehen und zugehört habe, Tenn-nii.“ Er schluckte ein wenig, rieb sich kurz mit einem Arm über die Augen. „IDOLiSH7 ist so etwas, wie eine zweite Familie geworden. Nicht, dass sie dich ersetzen könnten. Oder Mama und Papa.“ Riku blickte langsam wieder zu ihm, versuchte, ihn anzulächeln.

Tenn sah einfach nur ruhig zurück, strich Riku langsam über die Wange und ein wenig die vereinzelten Tränen weg. „Riku.“

„Ich vermisse sie“, sagte Riku leise schluchzend, „ich vermisse es, mit ihnen auf der Bühne zu stehen. Ich vermisse unsere Fans. Ich vermisse alles daran.“

„Können wir wirklich nichts tun?“, fragte Tenn nach, während er ihn wieder zu sich in seine Arme zog. Er wusste sehr genau, was Riku meinte. Immerhin wusste er, dass er Gaku und Ryuu vermutlich ähnlich sah, wie Riku seine Kameraden sah. „Sie suchen dich, Riku. Jeder fragt sich, wo du bist.“

„Wenn ich ... mich gegen ihn stelle ... wird er unseren Eltern etwas antun“, sagte Riku leise, schluckte wieder, drückte sich erneut gegen Tenns Oberkörper, „oder er würde dir etwas antun, um mir zu zeigen, wie mächtig er ist. Und ich weiß auch so, dass er mächtig genug ist, um etwas zu tun, wenn ich mich widersetze.“

„Gibt es keine Möglichkeit, dass wir etwas tun können? Zusammen?“, fragte Tenn ruhig nach, „Riku, du weißt, dass du nicht alleine bist. Nicht nur ich bin bei dir. Ich bin sicher, jeder würde dir helfen wollen.“

„Du darfst aber niemandem erzählen, was ich dir gesagt habe, Tenn-nii“, sagte Riku kurz darauf, drückte sich etwas zurück, sah ihm wieder ernster entgegen, „ich verzeihe dir, dass du Yaotome-san und Tsunashi-san gesagt hast, dass du mich triffst. Aber das alles– bitte. Versprich mir, dass du niemandem etwas sagst.“

Tenn zuckte etwas zusammen, schluckte, als er hörte, dass Riku durchaus wusste, dass er seinen Freunden etwas gesagt hatte. Auch, wenn er es vorher bereits geahnt hatte. Hatte Riku es länger gewusst und einfach nichts gesagt, weil er ihm vertraut hatte?

„Ich verspreche es dir“, sagte Tenn schließlich nach einem weiteren, stillen Moment, „aber ich will dir dennoch helfen. Irgendwie. Ich will, dass IDOLiSH7 zurückkommt. Mit dir als ihr Center, Riku.“

„Tenn-nii“, flüsterte Riku daraufhin, sah ihm ein wenig irritierter entgegen, „wie–“,

„Und ich will erneut mit dir auf der Bühne stehen. Als Subunit. Nur mit dir“, sagte Tenn daraufhin, schmunzelte etwas mehr, „wie wäre das?“

Er sah, wie Riku seine Augen weitete, bevor er ein wenig gequälter versuchte zu lächeln. Es war nicht das Lächeln, was Tenn die letzten Jahre, in ihrer Kindheit, bei Riku gesehen hatte, aber es war besser, als das, was er in der letzten Zeit, seit Incomplete Ruler, bei Riku gesehen hatte. „Das ... ich will das auch.“

 
 

––––

 

Noch etwas müde öffnete Tenn am nächsten Morgen seine Augen, bemerkte dabei, wie Riku noch so dicht bei ihm lag und sich an ihn gekuschelt hatte. Es sorgte dafür, dass er etwas mehr lächelte und ein wenig über Rikus Rücken streichelte.

Für einen Moment fühlte es sich an, als wenn alles in Ordnung wäre und er einfach wieder wie früher so ruhig gemeinsam mit ihm kuscheln konnte.

Es war das kurze Klopfen kurz darauf an seiner Zimmertür, was ihn dazu brachte, wieder aufzusehen, so wie Gakus Stimme, die ihn durch die Tür hindurch ansprach. „Tenn?“, fing er fragender an, kurz bevor er hörte, wie Gaku versuchte, die Tür zu öffnen, „wieso hast du abgeschlossen?“

Tenn schluckte, sah ein wenig nachdenklicher zu Riku. „Ich komme gleich, Gaku“, antwortete er ein wenig lauter, „und es gibt Dinge, die will ich nicht, dass irgendjemand sie sieht.“ Er wusste, dass es keine gute Ausrede war, aber er hoffte, dass es dafür reichte, dass Gaku nicht weiter nachfragte.

„Kommst du gleich? Anesagi-san kommt in einer knappen Stunde“, sagte Gaku daraufhin, bevor er hörte, wie er sich schließlich von der Tür wegbewegte.

Für einen Moment seufzte Tenn erleichtert, dass Gaku nicht weiter nachfragte, was los war. Aber eigentlich wusste er auch, dass sie sich zu sehr vertrauten.

„Du musst aufstehen?“, fragte Riku neben ihm leise, so dass Tenn bemerkte, wie sein Zwillingsbruder etwas unter der Bettdecke hervor gerutscht war und nun verschlafen zu ihm sah, während er sich über die Augen rieb.

Es war ein wenig mehr wie das, was er von früher kannte. Es sorgte dafür, dass Tenn wieder mehr das Gefühl hatte, dass die Person neben ihm wirklich Nanase Riku war. Dass es wirklich sein Zwillingsbruder war. „Sorry Riku.“

„Alles gut“, entgegnete Riku, rutschte dann etwas ins Sitzen, während Tenn sich daran machte, aufzustehen, „ich werde nachher weg sein. Bitte, such nicht nach mir. Ich melde mich bei dir, Tenn-nii.“

Tenn trat zu seinem Kleiderschrank, während Riku noch sprach, drehte sich dann doch zu ihm um. „Riku, was–“,

„Sag niemandem etwas davon, was ich dir erzählt habe. Du bringst sie nur in Gefahr“, entgegnete Riku eindeutig ernster, so dass dieser Moment von vorher sich anfühlte, als wäre es nur eine Illusion gewesen, „ich komme klar. Versprochen.“

„Ich habe es dir versprochen, nicht“, sagte Tenn ruhig, suchte sich dann ein paar Sachen aus seinem Schrank zusammen, „versprich mir nur, dass du dich meldest, wenn du Hilfe brauchst. Es geht immerhin auch um unsere Familie. Außerdem, du weißt, dass jeder dir helfen würde. Takanashi-san hat nach dir gefragt. Denk daran, dass du–“, bevor Tenn weitersprechen konnte, bemerkte er, wie Riku vor ihn trat und ihm schließlich einen Finger auf die Lippen drückte. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass sich sein Zwillingsbruder durch das Zimmer zu ihm bewegt hatte.

„Tenn-nii“, flüsterte Riku etwas mehr, „niemand darf erfahren, wer deine wahre Familie ist.“

„Du willst das wirklich alleine machen?“, flüsterte Tenn etwas langsamer, schluckte leicht.

„Ich muss“, sagte Riku daraufhin, „ich würde es mir nicht verzeihen, wenn dir oder TRIGGER oder IDOLiSH7 irgendetwas passiert.“ Langsam zog er seine Mundwinkel zu einem bitteren Lächeln nach oben. „Jetzt geh, bevor Yaotome-san oder Tsunashi-san sich noch mehr sorgen machen“, sagte er dann weiter, schob Tenn ein Stück zur Seite von sich, „und sorg dafür, dass du mir weiterhin die Kraft gibst, das durchzustehen. Mit allem, für das das Idol Kujou Tenn steht, ja?“

Tenn blinzelte ihn von der Seite her an, bevor er schließlich nickte und Riku anlächelte, als er vor seiner Zimmertür stoppte und diese nebenbei aufschloss. „Ich verspreche es dir, Riku.“

„Ich weiß“, sagte Riku leise, schmunzelte etwas mehr, was eine Mischung aus diesem falschen Lächeln der letzten Wochen und aus dem Lächeln aus seiner Zeit bei IDOLiSH7 und ihrer Kindheit war, „Tenn-nii würde seine Fans nie enttäuschen. Und immerhin bin ich Tenn-niis größter Fan, schon lange bevor Tenn-nii ein Idol wurde.“

Langsam nickte Tenn, lächelte ihn noch einmal an. „Ich liebe dich, Riku“, sagte er dann leise zurück, „und ich vertraue dir“, fügte er noch an, bevor er sich daran machte, das Zimmer zu verlassen und die Tür wieder hinter sich schloss. Er wollte sich immerhin zumindest noch kurz waschen, bevor sie losmussten.

Der Tag war irritierend, ohne das Tenn sagen konnte, was genau es so irritierend machte, weil alles gut funktionierte, ohne dass sie Probleme hatten.

Es fühlte sich einfach normal an, wenn er in eine der Kameras lächelte und seinen normalen Auftritt hinlegte.

Er wusste, dass er sich den ganzen Tag über sorgen machte, ob es Riku gutging und ob er wirklich klarkam, nur irgendwie war es, als konnte er sich komplett auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren, um in dem Moment an nichts anderes zu denken.

Lag es daran, dass Riku ihm gesagt hatte, dass er es tun sollte? Dass er ihm die Kraft geben sollte, die sein Zwillingsbruder brauchte, indem er einfach nur das machte, für das er als Idol stand?

„Das war perfekt, Tenn!“, grinste Anesagi ihn nach einem letzten Fotoshooting an, „ist etwas passiert? Du wirkst heute so befreit?“

Tenn lächelte sie zurück an, schüttelte dann ein wenig den Kopf. „Nein, ich ... vielleicht bin ich einfach nur so gut erholt heute?“ Er hatte Riku ja sowieso versprochen, dass er nichts sagte. Aber eigentlich wusste er auch nicht, wieso er sich so befreit und gut fühlte, während er sich gleichzeitig in jeder freien Minute wieder sorgen machte, dass Riku nichts passierte.

„Wie auch immer, das wars für heute, wir sehen uns“, sagte Anesagi ruhiger zurück.

Tenn nickte etwas, gab ein bestätigendes Geräusch von sich, bevor er sich an ihr vorbeibewegte. „Bis Morgen, Anesagi-san“, sagte er noch im Vorbeigehen, bevor er sich auf den Heimweg machte.

Er wusste, dass es vermutlich nichts brachte, darüber nachzudenken, ob sich Riku noch bei ihm befand. Er hatte immerhin gesagt, dass er später weg wäre.

Auch wenn Tenn ein wenig hoffte, dass er ihn weiterhin in seinem Zimmer auffinden würde. Er seufzte etwas mehr.

Jetzt, wo er nichts mehr hatte, was ihn ablenkte, konnte er kaum verhindern, dass seine Gedanken wieder zu Riku glitten. Er wünschte sich nur immer mehr, dass er irgendetwas anderes für ihn tun konnte.

Selbst, wenn er Riku vertraute, wenn er ihm sagte, dass er klarkommen würde. Er wollte nicht einfach nur abwarten. Er wollte doch einfach nur mehr tun und ihm helfen, ganz egal, was es war.
 

––––
 

Kurz bevor er in die Straße ihres Apartments einbiegen konnte, spürte er, wie ihn jemand am Handgelenk griff und plötzlich mit zur Seite zog.

Erschrocken weitete Tenn seine Augen, allerdings konnte er kaum reagieren, als er bemerkte, wer ihn zur Seite und durch einen unscheinbaren Eingang eines Gebäudes gezogen hatte. „Momo-san?“

„Sorry, aber du bist genau die Person, die ich gesucht habe, Tenn!“, grinste Momo ihn an, zwinkerte etwas mehr, stützte sich dann mit einem Arm gegen die Wand. Der Raum oder Flur war abgedunkelt und es kam auch nicht wirklich ein Lichtschein von draußen rein, so dass Tenn nicht einmal wusste, wo sie waren.

„Was meinst du?“, fragte Tenn nach, sah ein wenig fragender zurück.

„Nanase Riku“, flüsterte Momo etwas mehr, „er kontaktiert dich, nicht wahr.“

„Momo-san, was meinst du? Keiner von uns hat irgendetwas von–“, fing Tenn an, ein wenig froh darüber, dass er sich so schnell verstellen konnte, allerdings stoppte er auch sogleich, als er sah, wie Momo seinen Blick verfinsterte und sich für wenige Sekunden einen Finger auf die Lippen legte. „Momo-san?“

„Ich dachte, ich kann ihm meine Hilfe anbieten, aber scheinbar hat er die Wahl getroffen, mich nicht weiter zu kontaktieren. Also habe ich ihm versprochen, mich rauszuhalten“, sagte Momo schließlich ernster, „du triffst ihn, oder?“

Tenn schluckte, sah ein wenig zur Seite, um nicht länger in Momos Augen sehen zu müssen. Er spürte, dass es keine Frage war, sondern Momo längst etwas wusste. „Wenn du weißt, dass du dich raushalten sollst, solltest du es.“

„Tenn“, fing Momo erneut eindeutig ernster an. Es war so komplett anders, wie der Momo, den sie sonst kannten. Egal ob auf oder neben der Bühne, bisher hatten sie Momo immer eher als erheiternd und fröhlich wahrgenommen.

„Wenn du es weißt, brauchst du ja keine Antwort von mir“, sagte Tenn schließlich, sah langsam wieder zu ihm zurück.

„Wir wollen doch alle, dass er zurückkommt, oder? Wenn du mir sagst–“,

„Ich kann dir nichts sagen“, unterbrach Tenn ihn eindeutiger, „ich ... ich habe es Riku versprochen.“

„Der zehnte Dezember“, murmelte Momo ein wenig leiser, „hat Riku dir davon erzählt?“

„Momo-san, bitte“, erwiderte Tenn ein wenig leiser, sah vor sich auf den Boden, „hör auf, nachzubohren. Riku vertraut mir. Ich kann euch nichts sagen, wenn er mir so klar sagt, dass ich niemandem etwas erzählen darf.“

Er hörte ein Seufzen, bemerkte kurz darauf, wie Momo ihn an den Schultern berührte, so dass Tenn langsam wieder zu ihm aufsah und merkte, wie Momo ihn daraufhin einfach nur wieder anlächelte.

„Ich kann mir vorstellen, wo Riku ist, aber deswegen weiß ich auch, dass ich nichts tun kann, solange er sich nicht meldet“, sagte Momo schließlich, „aber ich weiß auch, dass ich nicht länger einfach abwarten kann und will. Wenn du irgendetwas weißt, sag es mir.“

Tenn blickte ihn zurück an, schluckte und drehte sich ab. „Ich weiß nicht, ob ich das kann, Momo-san.“ Er bekam keine Antwort mehr, sondern sah einfach nur über die Schulter zu dem Lächeln des anderen, bevor er sich daran machte, dieses Gebäude wieder zu verlassen und nach draußen zu treten.

Er hatte durchaus gespürt, dass Momo bereits mehr wusste oder irgendwelche Sachen wusste, die damit zu tun hatten, wo Riku gelandet war. Aber er wusste auch, dass er nicht so einfach etwas sagen konnte, was Riku ihm im Vertrauten gesagt hatte.

 
 

––––

 

Nachdem er schließlich bei ihrem Apartment angekommen war, trat er durch die Wohnung, ignorierte die Stimmen, die aus dem Wohnzimmer kamen und eindeutig nicht nur Gaku und Ryuu gehörten, sondern ging stattdessen geradewegs auf sein Zimmer.

Tenn war sich nicht sicher, wer genau noch dort war, aber es war ihm für den Moment egal. Nach dem Treffen mit Momo war er sich sicher, dass er gerade lieber erst einmal alleine sein wollte. Dieses ganze Gespräch mit Momo hatte dafür gesorgt, dass er sich ebenfalls fragte, was genau Momo wusste.

Aber er wollte sich auch erst einmal versichern, dass Riku nicht doch noch bei ihm war. Oder eher hoffte er, dass Riku in seinem Zimmer war und auf ihn wartete.

Als er die Zimmertür öffnete, war es still und dunkel. Selbst nach einigen Sekunden hörte er keinen Ton, so dass er nach dem Lichtschalter tastete und das Zimmer erhellte.

Es war keine Spur von Riku zu erkennen und es sorgte dafür, dass er sich innerlich verspannte, schließlich die Tür hinter sich schloss und zu seinem Bett trat.

Es fühlte sich an, als wenn dieser ganze vergangene Abend nie wirklich dagewesen war, dass er ihn nie wirklich hier getroffen hatte, auch, wenn es zu real am Morgen gewesen war. Dieser kurze Moment, in dem er so direkt Rikus Nähe gespürt hatte und für einen Moment das Gefühl haben konnte, dass es so war, wie früher. Wie zu der Zeit, als sie noch Kinder gewesen waren und alles in Ordnung gewesen war.

Er rutschte auf seinem Bett auf die Seite, drückte sich ein wenig in das Kissen, blinzelte, als er einen Zettel an der Seite auf seinem Nachtschränkchen sah.

Mit einem Griff zur Seite nahm er den Zettel in die Hand, blinzelte etwas mehr, als er eindeutig Rikus Handschrift erkannte, lächelte ein wenig mehr.

 

Hey, sorry, dass ich dich so überrumpelt habe und so plötzlich wieder weg bin.

Ich versuche, dir demnächst eine Nachricht zukommen zu lassen. Bitte sag niemandem, was ich dir erzählt habe!

Ich meine es wirklich ernst, es ist besser, wenn so wenige wie möglich es wissen, es ist nicht, weil ich euch nicht vertraue.

 

Tenn schluckte, als er die Zeilen überflogen hatte. Er hatte deutlich gespürt, wie sehr Riku das alles wirklich mitnahm und das er am liebsten einfach nur zurückwollte, aber nicht konnte.

Er wünschte sich halt nur, dass er ihm irgendwie helfen konnte. Selbst, wenn er sich denken konnte, dass Riku niemanden von ihnen in Gefahr bringen wollte und deswegen nichts sagen wollte oder konnte.

Er seufzte etwas mehr. Selbst, wenn er zu viel darüber nachdachte, was er tun könnte, so würde er sowieso keine Chance haben, Riku irgendwie zu helfen, solange er nicht einmal wusste, wo genau sein Zwillingsbruder war.

Auch, wenn er vielleicht die Möglichkeit hatte, mit Momo darüber zu reden, aber wie konnte er ihm etwas sagen, wenn er Riku versprochen hatte, nichts zu sagen?

Das Klopfen an seiner Zimmertür sorgte kurz darauf dafür, dass er sich aufsetzte und den Zettel in seiner Hand zusammenklappte. „Ja?“

„Kann ich reinkommen, Kujou-san?“

Tenn hob eine Augenbraue, öffnete nebenbei die Schublade an seinem kleinen Schrank neben seinem Bett, um den Zettel darin zu verstauen, bevor er die Schublade wieder schloss. „Komm rein.“ Er konnte sich denken, was Izumi Iori von ihm wollte und es beantwortete einen Teil seiner vorherigen Frage, wer wohl bei ihnen zu Besuch war.

Er sah, wie Iori in das Zimmer trat und die Zimmertür wieder hinter sich schloss, etwas langsamer zu ihm trat, ein wenig zur Seite blickte. „Uh ...“,

„Setz dich“, entgegnete Tenn, bevor Iori irgendetwas sagen konnte, deutete auf einen Stuhl an der Seite, während er sich ein wenig normaler auf der Bettkante hinsetzte, um ihn anzusehen.

Iori nickte langsam, rutschte auf den Stuhl in der Nähe und drehte sich zu ihm, sah ein wenig um sich. „Würdest du uns sagen, wenn du etwas von Nanase-san hörst?“

Tenn blickte ihn eindeutig ernster an, legte den Kopf etwas schief. Er hatte es sich bereits gedacht, dass es um Riku ging, wann immer Iori mit ihm sprechen wollte. „Denkst du etwa, ich würde wollen, dass IDOLiSH7 einfach so verschwindet?“, fragte er stattdessen nach, auch, um ein wenig um diese Frage drum herumzukommen. Er wusste, dass er es ihnen verschwieg, aber er wusste auch, dass er es nicht freiwillig tat und nur das Versprechen zu Riku hielt.

„Wir sind eure Rivalen“, sagte Iori ernster zurück, „wenn wir nicht mehr auftreten ...“

Tenn zuckte mit den Schultern. „Wenn ich wüsste, wo Riku ist, hätte ich es euch längst gesagt.“

Iori starrte ihn einen Moment einfach nur stiller an, bevor er schließlich tiefer atmete. „Du weißt auch nichts.“

„Nein“, schüttelte Tenn den Kopf. Er war zumindest froh, dass er es so gesagt hatte, dass es zumindest nicht gelogen war. Immerhin wusste er wirklich nicht, wo sich Riku befand. Er hatte zwar noch Kontakt zu ihm, aber dieser ging immer nur von Riku aus.

„Ich dachte, du wüsstest vielleicht ... ich meine ...“, flüsterte Iori ein wenig mehr, sah etwas zur Seite, „... wieso verschwindet er so einfach? Wieso kann er uns so einfach alleine lassen?“

Tenn schluckte, blickte still zu Iori, senkte ein wenig seinen Blick. Er wusste, dass es für jeden bei IDOLiSH7 vermutlich noch schlimmer war, weil sie einen wichtigen Teil ihrer Gruppe verloren hatten.

„Sag niemandem, was ich dir erzählt habe“, hallte Rikus Stimme in seinem Kopf wider, während er nebenbei einzig Iori anstarrte, der etwas bedrückter zur Seite blickte.

„Tut mir leid, aber ich habe keine Ahnung, wo er ist“, sagte Tenn schließlich ruhig, lächelte einfach nur sanfter zu ihm. Er wusste, dass es nicht einmal gelogen war, auch, wenn er einen Teil der Wahrheit verschwieg. Aber er wusste auch, dass er niemandem etwas sagen konnte.

„Warum gibt er das so einfach auf?“, flüsterte Iori mehr vor sich hin, „wie kann er uns nach all der Zeit einfach alleine lassen?“

Tenn blickte ihn einen Moment schweigend an, bevor er seufzte, sich seine Hände gegen die Brust legte, bevor er wieder zu Iori lächelte. „Ich bin mir sicher, dass Riku euch nicht vergessen kann. Er musste verschwinden und er hat mir damals, vor Incomplete Ruler, etwas gesagt, was ich niemals glauben konnte.“

„Kujou-san?“, fragte Iori ein wenig nach, hob seinen Blick, sah ihm geradewegs verwirrter entgegen, „was ...“

„Ich vertraue Riku“, sagte Tenn ruhig lächelnd, „ganz egal, wo er ist, es ist etwas, was er erledigen muss“, fügte er an, legte seinen Kopf ein wenig in den Nacken und sah mehr die Zimmerdecke an, „etwas, worüber er nicht reden kann. Ich dachte auch, dass ich ihn finden will, aber ... nachdem ich mit Gaku und Ryuu gesprochen habe, nachdem ich mit eurer Managerin oder Momo-san gesprochen habe“, murmelte er, stoppte kurz, richtete seine Augen wieder zu Iori, „denke ich, dass ich Riku vertraue und abwarten will. Nichts, was Riku als IDOLiSH7’s Center gezeigt hat, war ein Fake. Wenn er mir sagt, dass er das alles nur vorgetäuscht hat und nie ein Idol wäre, kann ich ihm das nicht glauben. Aber auch ... dass ich weiß, dass ich ihm zeigen muss, dass ich hinter ihm stehe. Nicht, weil ich ihn suche, sondern weil ich das mache, was ich schon immer für Riku gemacht habe.“

Er wusste, dass er verschwieg, dass er es machte, weil Riku ihn darum gebeten hatte. Aber er hoffte einfach, dass niemand sonst ihn durchschauen konnte. Immerhin konnte er sich doch darauf verlassen, dass er sich sehr gut verstellen konnte. Niemand sollte hinter seine Maske blicken können.

Er blickte schließlich wieder ruhiger zu Iori, bemerkte, wie sich die Augen des anderen eine Spur geweitet hatten, bevor er nachdenklicher zu ihm zurücksah.

„Ein Idol für ihn sein, Kujou-san?“, fragte Iori nach einer Weile leiser nach, „meinst du das?“

„Es ist alles, was ich tun kann, solange ich nicht weiß, wo er ist und wie ich ihm helfen kann“, sagte Tenn ruhig weiter, lächelte einfach nur, „solange kann ich nur das machen, was ich immer getan habe. Als Idol und als TRIGGER’s Center.“

Er wusste, dass er mehr wusste, aber er wusste, dass er nicht mehr sagen durfte. Aber so konnte er vielleicht rüberbringen, was Riku von ihnen wollte. Dass sie weiterhin das machten, für das sie standen.

„Du willst was?“

Momo lächelte einfach nur ruhig zu seinem Partner, während er bereits vorher gewusst hatte, dass Yuki so reagieren würde.

„Was willst du damit sagen, du weißt, wo Riku-kun ist?“, stellte Banri stattdessen neben ihnen etwas ruhiger die Frage.

„Ban“, murmelte Yuki, sah mit einem Seitenblick zu ihm, bevor er wieder mit zusammengezogenen Augen zu Momo blickte, „mir gefällt es nicht, dass du noch einmal dorthin gehen willst.“

Momo lächelte ihn schief an, seufzte etwas mehr und sah dann entschieden zurück. „Ich habe mir auch geschworen, dort nie wieder hinzugehen. Aber das könnte die Möglichkeit sein, um Riku aufzuspüren.“

„Um was genau geht es dabei?“, fragte Banri nach, sah ein wenig zwischen ihnen hin und her, „Yuki? Du scheinst Bescheid zu wissen, wenn es dich so aufwühlt.“

„Ich war damals mit Ryo-san da“, erwiderte Momo eher, bevor sein Freund antworten konnte, „nicht, dass wir irgendwas mit diesen Leuten zu tun hatten, mit denen Riku scheinbar jetzt zu tun hat. Ryo-san hatte ... anders mit ihnen zu tun. Genaueres kann ich euch aber auch nicht sagen. Es ist auch besser, wenn ihr nicht mehr wisst.“

„Alles, was mit ihm zu tun hatte, kann nicht gut gewesen sein, Momo“, brummte Yuki und sah ihn eindeutig ernster an.

„Deswegen frage ich dich, Yuki!“, sagte Momo und strahlte ihn nun wieder an, „immerhin bist du mein Darling. Ich könnte niemals mehr jemand anderen fragen. Also dich oder Ban-san.“

„Was, wenn ... sie uns erkennen?“, fragte Yuki nach, hob eine Augenbraue, „du siehst das zu einfach, dass wir uns so einschleichen könnten.“

„Ich denke nicht, dass sie sich genauer mit uns beschäftigen“, zuckte Momo mit den Schultern, „deswegen hat Riku vermutlich auch weniger Probleme damit, dass Tenn ihn begleitet. Allerdings ... was, wenn Ban-san und ich gehen?“

„Huh?“, erwiderte Banri etwas, weitete kurz seine Augen, „Momo ... um was geht es genau? Und was hat das mit Riku-kun zu tun?“

„Hmmmm“, murmelte Yuki, drehte seinen Kopf zu seinem ehemaligen Partner, verengte die Augen ein wenig, „und du glaubst, dass Ban das machen könnte?“

Momo lächelte schief. „Ich denke nicht, dass wir irgendeine Wahl haben, wen wir fragen. Ich will nicht noch jemandem davon erzählen.“

„Ich fühle mich dezent ausgeschlossen in dem, worüber ihr redet“, entgegnete Banri daraufhin, „Yuki? Momo?“

„Momo will sich als mein, oder dein, Haustier ausgeben, damit wir auf die Jahresfeier von irgendso einer Organisation gehen können, auf der Riku vermutlich ist“, sagte Yuki etwas seufzender, „und ich bezweifele, dass du Momo so behandeln könntest, Ban.“

„Yuki zweifelt an meinen Schauspielkünsten!“, sagte Momo gespielt beleidigt, „dabei solltest du inzwischen wissen, wie gut ich mich verstellen kann!“

„Eh, was?“, fing Banri erneut an, „... Momo?“

„Ich zweifele nicht an dir, Momo“, brummte Yuki und verdrehte die Augen.

„Du zweifelst an mir, Yuki?“, fragte Banri kurz darauf nach, sah ihn schließlich wieder an, „oder ist es, weil du nicht weißt, was ich mit deinem Momo machen kann?“

„Ohhh“, fing Momo kurz darauf breiter lächelnd an, sprang auf und schlang seine Arme um Yuki, „keine Sorge! Momo-chan bleibt dir immer treu, Yuki Darling! Nicht einmal Ban-san kommt an dich dran!“

Yuki starrte ihn einfach nur an, drehte dann seinen Kopf zur Seite. „Macht, was ihr wollt ...“

Banri lächelte einfach nur zu ihnen. „Wann, meintest du, ist die Feier?“

„Am zehnten Dezember“, sagte Momo daraufhin wieder ernster, auch, wenn er Yuki nicht mehr losließ und auf seinem Schoß sitzenblieb, „bis dahin sollten wir uns genauer überlegen, was wir tun.“

„Ist es möglich, dass wir uns treffen, wenn ihr frei habt?“, fragte Banri ruhiger nach, „ich meine, wenn es euch nicht zu viel wird, aber ich muss alles daran setzen, Riku-kun zu finden.“

„Wir schicken dir unseren Terminplan zu und keine Sorge“, sagte Yuki daraufhin ruhiger, „das kriegen wir auch hin. Immerhin wäre es schade, wenn wir eine solche Gruppe wie IDOLiSH7 wieder verlieren. Außerdem können wir ihre Fans nicht auch enttäuscht zurücklassen, wenn wir eine Möglichkeit haben, dass sie zurückkommen können.“

„Wir kriegen Riku zurück!“, sagte Momo eindeutig entschlossener, „das hier ist nicht wie mit Zero. Das hier hat nichts damit zu tun, was mit euch war. Auch, wenn ich mir sicher bin, dass es Fans gibt, die Ban-san und Yuki ebenfalls erneut sehen wollen würden.“

„Momo“, murmelten Yuki und Banri fast gleichzeitig.

Momo schüttelte nur heftig den Kopf und lächelte dann wieder. „Lasst uns diesen Plan starten, mit dem wir Riku zurückholen und IDOLiSH7 zurück auf die Bühne bringen!“

 
 

––––

 

Erschöpft ließ sich Riku in seiner Wohnung auf das Sofa fallen, schaltete nebenbei den Fernseher an, auch, wenn er nicht wirklich etwas gucken wollte.

Er fühlte sich ausgelaugt und wünschte sich gerade nichts sehnlicher, als nicht alleine zu sein. Für einen Moment hatte er überlegt, ob er Tenn schrieb, ob sie sich treffen konnten, allerdings hatte er die Idee gleich wieder verworfen.

Riku wusste, dass es momentan zu gefährlich war, wenn er sich mit ihm traf. Er musste noch ein paar Tage abwarten, bevor er irgendjemanden sah. Er durfte sich sowieso nicht daran gewöhnen, dass er Tenn häufiger sah, wo er doch immer noch verhindern wollte, dass sein Zwillingsbruder in irgendetwas reingezogen wurde.

Für was hatte er sonst die ganze Zeit alles getan, um Tenn aus der Sache rauszuhalten?

Er musste ruhig bleiben und sich gedulden, bevor er ihn erneut sehen konnte. Immerhin war sein letzter Besuch bei ihm auch eher spontan und auf gar keinen Fall geplant gewesen.

Kurz blinzelte Riku, starrte dann überraschter zu dem Fernseher und lächelte schließlich, als er zu dem kleinen Auftritt von TRIGGER in einer Abendshow sah. Seine Augen richteten sich mehr automatisch auf Tenn, aber er spürte, wie er lächelte. Einfach, weil er genau merkte, dass Tenn anders drauf war als die Male zuvor.

Riku war sich sicher, dass kaum jemand sonst diesen Unterschied bemerken würde, aber ihm fiel es auf. Tenn wirkte eindeutig anders, befreiter, während er dort aufgetreten war. War es wirklich wegen ihm? Hatte sich Tenn die ganze Zeit wirklich zu viele Sorgen um ihn gemacht, dass er nicht mit voller Energie auftreten konnte?

Riku schluckte, schüttelte den Kopf, lächelte ein wenig bedrückter. Er wusste, dass er sich die Frage selbst beantworten konnte. Wie hatte er überhaupt davon ausgehen können, dass es nicht so war? Tenn hatte immer zuerst an ihn gedacht.

„Ich komme zurück, Tenn-nii ... versprochen“, flüsterte Riku vor sich hin, legte sich seine Hände gegen die Brust. Er brauchte nur noch etwas Zeit.

Wie ironisch war es, dass er jetzt einfach so verschwinden musste, ohne wirklich etwas sagen zu können? Riku schluckte. Er wusste, dass es anders war, als mit Tenn damals, auch, wenn er sich in dem Moment genauso verraten gefühlt hatte. Aber damals war es nur Tenn, der ihm und seiner Familie unbedingt helfen wollte.

Riku zuckte etwas zusammen, sah etwas zur Seite. Wäre das hier anders gekommen, wenn er gewusst hätte, wieso Tenn damals gegangen war? Er schüttelte gleichzeitig den Kopf, weil er wusste, dass es nicht so gewesen war. Es wäre nur anders gewesen, weil er auch verhinderte, dass ihren Eltern irgendetwas passierte.

Aber jetzt würde es hoffentlich bald beendet sein. Er musste nur noch ein paar Dinge erledigen und vermutlich diese Feier überstehen.

Riku schluckte und sah zu dem Fernseher. Diese Jubiläumsfeier, wo er mit Tenn hingehen musste. Er wusste, dass es schon gehen würde. Er musste sich nur gut genug im Hintergrund halten und nicht groß auffallen. Niemand würde sich um ihn kümmern. Er hoffte nur, dass es so einfach sein würde und niemand Tenn erkennen würde.

Wenn alles nach Plan lief, konnte er zum Ende des Jahres zurückkehren und es wäre alles wieder, wie vorher. Es musste einfach funktionieren. Er wollte sich nicht noch länger von seinen Freunden fernhalten. Er wollte endlich wieder auf der Bühne stehen und zeigen, dass er das alles nicht aufgab.

Er vermisste es, mit IDOLiSH7 auf der Bühne zu stehen. Er vermisste seine Freunde. Er vermisste es, ihre Fans zu sehen, wie sie ihnen zujubelten. Er wünschte sich nur mehr, wieder dort zu stehen. Er wünschte sich, erneut mit Tenn zusammen zu singen.

Riku schluckte, schaltete den Fernseher aus und ließ die Fernbedienung auf dem Tisch neben sich liegen. Ernst schüttelte er den Kopf. Er durfte da nicht jetzt dran denken.

Er musste einen kühlen Kopf behalten und sich erst einmal auf seine Aufgabe konzentrieren. IDOLiSH7 kam später, wenn er diesen Plan geschafft hatte.

Tenn seufzte, während er sich auf dem Sofa gegen die Lehne lehnte. Nebenbei warf er einen Blick auf sein Handy.

Er hatte nicht einmal mehr wirklich eine Ahnung, wie lange es her war, seit er etwas von Riku gehört hatte. Er hatte ihm im Verlauf der letzten Wochen mehrfach geschrieben, aber nie eine Antwort bekommen.

Der einzige Grund, wieso er ruhig blieb, war der, dass er Riku versprochen hatte, ihm von außen die Kraft zu geben, die er brauchte, indem er weitermachte und das tat, was er als Idol tun musste.

Einzig die Momente, in denen er zu Hause war, sorgten dafür, dass er viel zu sehr in seinen Gedanken und Sorgen versank. Er war sich auch ziemlich sicher, dass er es in diesen privaten Momenten nicht verstecken konnte, aber er war auch froh, dass Gaku und Ryuu ihn nicht darauf ansprachen, sondern einfach nur bei ihm waren.

Nachdenklich sah er wieder auf den Rabbitchat mit Riku, seufzte, als er einzig seine eigenen, letzten Nachrichten aus den letzten Wochen sah.

Inzwischen hatten sie bereits Ende November, was auch hieß, dass diese Feier, zu der er Riku begleiten sollte, nicht mehr so weit entfernt lag. Würde er sich überhaupt vorher melden oder hatte er seine Pläne diesbezüglich geändert? Hatte Riku nicht gemeint, dass er ihn begleiten musste?

Tenn seufzte, streckte seinen Arm über die Lehne, schloss etwas seine Augen. Er hätte nie gedacht, dass er Riku nach den letzten Jahren mal so sehr vermissen würde. Oder war es eher der Tatsache geschuldet, dass er einfach nicht wusste, ob es seinem Zwillingsbruder gutging?

Er hatte durchaus mitbekommen, dass Riku klarkam, was auch immer er momentan tun musste, aber es änderte nichts daran, dass er sich dennoch zu viele Gedanken machte. Zumindest dann, wenn er sich nicht mit seinem Job als Idol ablenkte.

Erschrocken zuckte Tenn zusammen, als er bemerkte, wie sich jemand neben ihm niederließ und einen Arm um seine Schultern legte.

„In Gedanken, Tenn?“, fragte Ryuu leise nach, zog seinen Arm etwas zurück, allerdings rutschte Tenn kurz darauf nur zu ihm und ließ sich von ihm festhalten.

„Ein bisschen“, flüsterte er zurück, lehnte sich gegen den Oberkörper seines Freundes. Er hatte in den letzten Wochen aufgehört, sich zu verstellen, wann immer er wusste, dass sie unter sich waren.

„Weiterhin keine Nachricht?“, fragte Ryuu nach, hielt Tenn einfach nur bei sich.

„Nein“, murmelte Tenn, ließ den Arm mit seinem Handy zur Seite hängen, während er sich so drehte, dass er sich mehr gegen Ryuus Oberkörper drückte.

Er genoss einfach ein wenig die Nähe des anderen, während er nicht wusste, ob er glücklich war, dass sie einfach nur die Stille genossen oder er sich wünschte, dass es nicht so still war.

„... Wo ist Gaku eigentlich?“, flüsterte Tenn schließlich nach einer Weile, ohne sich wirklich groß zu bewegen. Vielleicht auch nur, weil er irgendwie verhindern wollte, dass er weiter über Riku nachdachte.

„Er musste nochmal los“, erwiderte Ryuu ruhig daraufhin.

„Hm“, murmelte Tenn vor sich hin. Normalerweise genoss er es, wenn er diese stillen Momente mit Ryuu haben konnte, in denen sie einfach nur kuschelten. Er wusste, dass Ryuu eh nicht der war, der zu viel redete. Nur sorgte diese Stille in diesen Momenten dafür, dass seine Gedanken wieder zu Riku drifteten.

Er blinzelte ein wenig zu seinem Handydisplay, als er bemerkte, dass es aufleuchtete und er kurz darauf eine Mitteilung darauf erkannte.

Es sorgte etwas mehr dafür, dass sich seine Stimmung erhellte, als er erkannte, dass es eine Nachricht von Riku war.

 

Irgendetwas ist anders. Niemand sonst weiß, dass wir uns treffen, oder?

 

Tenn starrte einige Sekunden auf die Nachricht, rutschte ein Stück zurück ins Sitzen und umklammerte sein Handy etwas mehr.

„Tenn?“, fragte Ryuu neben ihm verwunderter nach.

Tenn schüttelte aber nur den Kopf, sah kurz mit einem Seitenblick zu Ryuu und versuchte sich an einem beruhigenden Lächeln. Auch, wenn er wusste, dass es wohl wirklich nicht mehr als ein Versuch war.

Er wusste, dass Ryuu merkte, dass etwas war, allerdings sagte er nichts darauf, so dass sich Tenn etwas von ihm entfernte und stattdessen eine Antwort an Riku schickte.

 

Nein, niemand sonst weiß etwas davon. Was ist los?

 

Er wusste, dass Rikus Nachricht alleine dafür sorgte, dass er sich wieder zu viele Gedanken machte. Was genau hatte dafür gesorgt, dass Riku überhaupt nachfragte?

Mit einem erneuten Seitenblick sah Tenn zu Ryuu, vergewisserte sich, dass er nicht zufällig mitlesen konnte. Auch, wenn er dabei bemerkte, wie Ryuu ihn durchaus besorgter musterte.

 

Ich bin in etwa einer Stunde bei dir. Sorg dafür, dass wir alleine sind.

 

Tenn sah einfach nur einen Moment die Nachricht an, seufzte schließlich und schrieb nur noch ein „okay“ zurück, bevor er den Chat wegklickte und sein Handy zur Seite legte.

„Tenn? Alles in Ordnung?“, fragte Ryuu schließlich nach, während er ihn immer noch so intensiv ansah, als wenn er nur darauf wartete, dass Tenn etwas sagte.

„Hm ... ich bin nur müde, schätze ich“, erwiderte er, lächelte nur noch gequälter, seufzte dann, als er bemerkte, dass er überhaupt nicht überzeugend zeigen konnte, dass wirklich alles gut war.

Ryuu sah ihn einfach nur still an und für den Moment sorgte es dafür, dass Tenn nicht wusste, ob es nicht sogar schlimmer war, dass Ryuu nichts dazu sagte. Er wusste, dass er unter keinen Umständen überzeugend geklungen hatte, und er wünschte sich so sehr, dass Ryuu etwas darauf sagte und ihn nicht nur so ansah.

Tenn schluckte und richtete sich langsam auf, nahm sein Handy wieder in die Hand. „Ich denke, ich werde versuchen, zu schlafen.“

„Dann ruh dich aus. Gute Nacht, Tenn“, sagte Ryuu daraufhin ruhiger lächelnd.

„Ja, gute Nacht“, murmelte Tenn etwas mehr, schluckte und drehte sich dann um, um zu seinem Zimmer zu gehen. Er hoffte nur wirklich, dass sie bald wieder zu ihrem normalen Alltag zurückfinden konnten. Auch, wenn er das nach außen hin tat, aber er fühlte sich zu schlecht, wann immer er zu sehr nachdenken konnte.

Nachdem er noch kurz ins Bad gegangen war, ging er auf sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich ab. Riku hatte ihm immerhin geschrieben, dass er vorbeikommen wollte und er wollte nicht noch mehr zulassen, dass er ihm nicht vertrauen konnte.

Es fühlte sich zwar inzwischen zu komisch an, dass er noch irgendwelche Geheimnisse vor Gaku und Ryuu hatte, aber er wusste, dass er es nur tat, weil es Riku so wichtig war. Wenn sie Riku zurückhatten. Wenn er wieder bei ihm war, wenn Riku wieder mit IDOLiSH7 auf der Bühne stehen konnte, wäre das immerhin auch wieder vorbei.

Ein wenig seufzender schaltete Tenn das Licht seines Zimmers an, ging etwas gedankenverloren durch den Raum, zuckte nach nur wenigen Sekunden allerdings zurück, als er nur bemerkte, wie ihn jemand von hinten festhielt und ihm eine Hand auf den Mund drückte.

Es sorgte für einen Moment dafür, dass er an das damalige Treffen mit Riku zurückdachte, allerdings sorgte kurz darauf etwas Spitzes an seinem Hals dafür, dass er ein wenig seine Augen weitete.

„Beweg dich lieber nicht“, drang eine schneidende Stimme direkt zu ihm durch, während diese Person ihm mehr oder weniger ins Ohr hauchte. Wer war das jetzt?

Er schluckte einfach nur, bewegte sich allerdings nicht wirklich, während er einfach nur vor sich durch das Zimmer sah. Immerhin verhinderte diese Person auch, dass er irgendetwas sagen konnte.

„Wie kommt’s, dass Riku-san so ein Interesse an dir hat, Kujou Tenn?“, fragte derjenige weiter, kicherte etwas, hielt die Klinge weiterhin gegen seinen Hals, „er will uns sogar verraten, nur wegen dir.“

Tenn blinzelte einfach nur, während er dem anderen lauschte. Er hatte sowieso keine Ahnung, wovon er sprach oder wieso er überhaupt hier war.

„Irgendein Rivale aus seiner Zeit als Idol, der dafür sorgt, dass Riku-san so anders ist“, kam es grummeliger von diesem Kerl, kurz bevor er ihn langsam losließ, so dass Tenn einen Schritt zur Seite machte und sich zu ihm umdrehte. Der Kerl bewegte den Griff eines Messers etwas in seiner Hand, während er einen dunkelgrauen Kapuzenpullover trug, dessen Kapuze er über den Kopf gezogen hatte. „Sag mir, was es ist. Sag mir, wieso Riku-san wegen dir das alles aufgibt?“ Während er das sagte, hielt er Tenn die Klinge des Messers entgegen.

Einen Moment starrte Tenn ihn einfach nur zurück an, bevor er schließlich mit den Schultern zuckte. „Warum? Vielleicht, weil es nicht das ist, was er tun will.“ Immerhin wusste Tenn, dass Riku das nur machte, um seine Familie, um ihn, zu schützen. Auch, wenn Tenn noch nicht wirklich wusste, vor was genau er ihn schützte. Aber er wusste, dass es nicht das war, was Riku tun wollte. Nach ihrem letzten Zusammentreffen hatte er erkannt, wie sehr sein Zwillingsbruder immer noch endlich zurückkommen wollte.

„Bist du bescheuert?“, zischte der Kerl ihm entgegen, trat zu ihm und griff mit seiner freien Hand nach Tenns Oberteil, „du hast keine Ahnung von unserer Welt! Riku-san gehört zu uns und nicht in diese helle Idolwelt. Lass ihn in Ruhe!“

„Wenn du das denkst, warum tut er dann alles, um dort wegzukommen?“, fragte Tenn nach, während er ihn einfach nur anlächelte. Ein wenig froh darüber, dass er wieder etwas mehr Selbstbeherrschung gefunden hatte und sich hinter seiner Fassade verstecken konnte.

„Was–“, zischte dieser Kerl zurück, weitete kurz seine Augen, grinste dann und ließ ihn einfach los, bewegte sich in Richtung des Balkons, „wie auch immer. Aber ich schätze es liegt an dir, was dir wichtiger ist, Kujou.“

Kurz bevor er durch die Balkontür nach draußen ging, ließ er eine Karte auf den Zimmerboden fallen, bevor er danach von dem Balkongeländer sprang und in der abendlichen Dunkelheit verschwand.

Irritiert trat Tenn darauf zu, griff nach der Karte und sah zu dem Text, der auf der Karte stand. „Sorg dafür, dass Riku dich nie wieder sieht.“ Kurz darauf drehte Tenn die Karte um, stockte, als er das Foto ansah, während er sich einfach nur auf die Bettkante sinken ließ.

„Tenn-nii?“

Tenn reagierte nicht wirklich auf die Stimme bei ihm, auch, wenn er in gewisserweise realisierte, dass Riku bei ihm aufgetaucht war und ihn ansprach. Seine Augen lagen nur weiterhin auf dem Foto, welches er in der Hand hielt, während er sich nicht in der Lage fühlte, aufzublicken.

„Tenn-nii“, fing Riku erneut an, diesmal eindeutig lauter, bevor er nur bemerkte, wie Riku ihn nach hinten auf das Bett drückte.

„Riku“, flüsterte er zurück, bevor er allerdings auch nur weiter darüber nachdenken konnte, was er sagen sollte oder wollte, bemerkte er, wie Riku ihn eindeutig küsste. Er ließ es einfach nur zu, ohne in irgendeiner Weise darauf zu reagieren. Auch, weil seine Gedanken immer noch zu sehr bei dieser Begegnung mit diesem Kerl und diesem Foto, welches er weiterhin festhielt, waren.

„Komm am neunten Dezember abends zu mir, wir besprechen dort den rest und ich erkläre dir alles“, sagte Riku schließlich weiter, nachdem er sich nur noch über ihn gestützt hatte, allerdings weiterhin so direkt vor ihm war.

Tenn war sich nicht einmal sicher, ob er überhaupt komplett realisierte, wovon Riku sprach, da seine Gedanken immer noch bei dieser Begegnung vorher waren. Er sollte Riku alleine lassen, obwohl sie gerade planten, endlich wieder zusammen zu sein? Aber was für eine Wahl hatte er denn?

„Tenn-nii? Was ist los?“, fragte Riku schließlich nach, sah ihn nun eindeutig besorgter an, „geht es nicht? Willst du es absagen? Keine Sorge, ich finde eine andere Lösung, wenn du nicht kannst oder es zu riskant ist. Es wird schwierig, aber–“,

Tenn unterbrach Riku darin, weiterzusprechen, indem er sich nur ein Stück aufrichtete und ihn einfach nur küsste, seinen Arm um Rikus Hals legte und ihn wieder zu sich zog, um mit ihm zurück aufs Bett zu fallen.

„Tenn-nii“, startete Riku ein wenig überraschter, als er den Kuss unterbrach, worauf Tenn wusste, dass er ihm zumindest etwas erzählen musste. Oder zumindest dafür sorgen musste, dass er ihn beruhigte.

„Es geht nicht darum, ich ... es ist okay. Am Neunten, abends? Wo genau?“, fragte er nach, lächelte Riku an, wenn auch gequälter, als er wollte. So dass er eigentlich wusste, dass Riku sich nicht täuschen ließ.

„Ich schicke dir meine Adresse später“, flüsterte Riku nach einem kurzen Moment, während sein Blick weiterhin so ernsthaft blieb, „Tenn-nii, was ist los?“

Tenn seufzte, atmete ein wenig tiefer ein und aus, zog den Arm zu sich, wo er das Foto noch mit festhielt, so dass er es Riku entgegenhalten konnte. „Ich hatte Besuch von jemandem von euch? Er meinte was davon, dass du bei ihnen bleiben sollst und ich dich alleine lassen soll.“

Riku starrte ihn kurz geschockter an, bevor er die Karte griff und beide Seiten musterte. Schließlich weitete er seine Augen, als er das Foto ansah. „Damit geht er zu weit“, flüsterte er vor sich hin, verzog sein Lächeln etwas und verengte seine Augen eindeutig zu einem Blick, den Tenn nicht wirklich mit seinem Zwillingsbruder identifizieren konnte. Es wirkte so bedrohlich und mordlüstern, dass es ihn erschaudern ließ.

Einzig damals, als sie sich wiedergetroffen hatten, hatte Tenn ihn einmal so gesehen, auch, wenn es in diesem Moment nur noch dunkler wirkte.

„Riku?“, fragte er langsam nach.

„Ich kümmere mich darum“, sagte Riku nur, gab ihm das Foto zurück, „es wird nichts daran ändern, dass ich zurück zu dir und zu meinen Freunden komme. Ich plane das alles zu beenden. Es wird nicht mehr allzu lange dauern, Tenn-nii.“

Tenn schluckte, sah weiterhin in Rikus Gesicht, in diese Augen, die immer noch etwas Bedrohliches besaßen, wenn auch langsam wieder sanfter und mehr so, wie er ihn kannte. „Du willst sie alleine retten? Riku–“,

„Versuche nicht, mich aufzuhalten. Ich kann Tenn-nii nicht in Gefahr bringen. Er wird dafür bezahlen“, sagte Riku eindeutig ernster, lächelte ihn nun langsam wieder an, „vertrau mir einfach, ja?“ Kurz darauf bewegte sich Riku zurück, um aufzustehen und sich durch das Zimmer zu bewegen.

Tenn rutschte nur ein Stück so, dass er sich auf dem Bett aufstützen und ihn ansehen konnte.

„Ich schreibe dir später noch die Adresse, wo und wann genau wir uns treffen. Überlass alles andere mir“, sagte Riku schließlich, während er bereits an der Balkontür stand und sich nur noch einmal zu ihm gedreht hatte, um ihn anzusehen.

Tenn blickte ihm nur still hinterher und auch wenn er etwas sagen wollte, um Riku aufzuhalten, er konnte nicht. Er wollte ihm so sehr sagen, dass er ihn dabei nicht alleine lassen wollte, allerdings konnte er kein Wort mehr sagen und nur noch zusehen, wie Riku über den Balkon nach draußen verschwand.

Er hätte sich denken können, dass Riku ihm nicht mehr sagte oder zulassen würde, dass er ihm half.

Seine Augen richteten sich erneut auf das Foto, bevor er wieder zurück auf die Matratze rutschte und sich seinen Arm über die Stirn und die Augen legte.

Er wusste, dass er Riku vertrauen musste, dass er es schon schaffte. Er musste einfach nur abwarten und sich beruhigen.

Einen Moment versuchte Tenn einfach nur, ruhiger zu atmen und sich einzureden, dass er Riku nur vertrauen musste, bevor er schließlich doch ins Sitzen rutschte und die Zimmertür anstarrte.

Schließlich stand er auf, bewegte sich durch sein Zimmer und angelte nach dem Zimmerschlüssel, schloss die Tür auf und öffnete die Tür schließlich. Auch, wenn er dabei bemerkte, dass er eindeutig zitterte. Was aber nur mehr der Grund war, wieso er besser nicht alleine war.

Er lehnte sich gegen die Wand im Flur neben seinem Zimmer, während er weiterhin das Foto in der Hand hielt und sich erneut versuchte, zu beruhigen.

„Tenn?“

Er hörte die Stimme zwar, allerdings war er sich nicht sicher, ob er sie überhaupt zuordnen konnte. Dennoch war er froh, dass er zumindest nicht alleine war, weswegen er sich nur ein Stück von der Wand abstützte und sich kurz darauf in den Armen des anderen wiederfand.

„Du siehst absolut nicht gut aus.“

Tenn lächelte einfach nur gequält, ließ sich von einem seiner Freunde hochnehmen. Es war ihm gerade egal, wer ihn ansprach. Er war sich auch nicht sicher, wieso er gerade Gaku und Ryuu nicht einmal auseinanderhalten konnte. Aber außer ihnen konnte eh niemand hier sein und er war nur froh, dass er nicht mehr alleine war.

 
 

––––

 

Die sanfte Berührung und die Wärme bei ihm sorgte dafür, dass Tenn langsam seine Augen wieder öffnete und bemerkte, dass er sich in einem größeren Bett befand, während er gegen Ryuus Brust gelehnt lag.

„Ryuu ...?“, flüsterte er leise vor sich hin, rutschte ein wenig so, dass er ihn zumindest ansehen konnte.

„Geht es dir besser?“, fragte Ryuu nach, sah ihn eindeutig besorgter an, „ich dachte, du wolltest schlafen gehen. Wie kommt es, dass Gaku dich so zitternd findet?“

Tenn schluckte, rutschte nur wieder gegen ihn, während er nicht einmal wusste, was er sagen sollte. „Ich ...“,

„Ist es das Foto, was du festgehalten hast?“, erklang Gakus Stimme hinter ihm ruhiger, während Tenn bemerkte, wie er ihn beruhigend am Rücken berührte.

„Riku kümmert sich um sie“, flüsterte Tenn nur vor sich hin, wenn auch bei weitem nicht so zuversichtlich, wie er klingen wollte. Er wollte darauf vertrauen, dass Riku es schon schaffte, immerhin schien er zu wissen, was er tun musste.

„Weiß irgendjemand sonst davon?“, fragte Ryuu besorgter nach.

„Nein“, flüsterte Tenn zurück, „ich ... ich will sie nicht beunruhigen.“ Außerdem hatte er Riku schließlich versprochen, dass er niemandem etwas erzählte. Er musste ihm einfach nur vertrauen.

„Ist vielleicht auch besser so“, erwiderte Gaku ein wenig seufzender, „was ist mit dir? Tenn, du solltest aufhören, so zu tun, als wenn alles in Ordnung ist.“

„Es ...“, fing Tenn an, schluckte, rutschte so, dass er sich auf den Rücken drehte und einfach nur die Zimmerdecke ansah, „... ich will Riku vertrauen. Ich will daran glauben, dass er das schafft und bald alles wieder so ist, wie es sein soll. Er meint, ich gebe ihm die Kraft, wenn er mir, uns, zusieht, aber ...“,

„Du willst ihm helfen, oder?“, flüsterte Ryuu ihm von der Seite her zu, „nicht nur auf diese Weise. Du willst ihm helfen, bei dem, was er gerade durchmacht?“

Tenn schluckte, lächelte etwas gequälter, streckte seine Arme aus und griff jeweils nach Gakus und Ryuus Hand. „Ich will einfach nur, dass er sich meldet und mir sagt, dass Aya in Sicherheit ist. Ich will, dass er zurückkommt. Ich will ihn, IDOLiSH7, endlich wieder richtig auf der Bühne sehen können.“

„Das wollen wir alle“, sagte Gaku ruhiger zurück, drückte seine Hand etwas mehr.

Tenn seufzte, lächelte ein wenig mehr, bevor er langsam spürte, wie ihn erneut eine Müdigkeit überfiel. Er musste sich ausruhen. Er musste sich beruhigen und darauf vertrauen, dass er danach eine Nachricht von Riku hatte, dass alles in Ordnung wäre.



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