Der Hundefaktor von Centranthusalba (Ich glaube, mein Hund mag deinen Hund) ================================================================================ Kapitel 6: ----------- Als Wane am nächsten Nachmittag den Kopf aus der Tür des Eiscafés steckt, staunt sie nicht schlecht. „Ahhh, womit habe ich nur so einen blöden Bruder verdient?“ An einem der Tische auf der Terrasse sitzt Elsa und rauft sich die Haare. Unter ihr im Schatten des Stuhls liegt Maradona und schaut alle 5 Sekunden erwartungsvoll zu ihr hoch. Doch Elsa scheint ihn nicht zu bemerken. Zögerlich tritt Wane an den Tisch. „Hallo. Ist die Limo für dich?“ Mit einem geübten Lächeln schiebt sie das gefüllte Glas über die Tischplatte. Elsa hebt nur kurz den Kopf. „Ja, Dankeschön.“ „Hat Gregor wieder was angestellt?“, fragt Wane etwas schüchtern. Elsa hebt erst fragend ihren Blick von ihrem Schulheft, dann entfährt ihr erneut ein Stöhnen: „Nicht direkt. Im Stich gelassen hat er mich!“ Offensichtlich ist es Elsa gerade egal, dass sie sonst in der Schule eher wenig miteinander reden. Eher hat Wane das Gefühl, dass es Elsa gut tut, sich Luft zu machen. Daher sieht sie sie nun ihrerseits fragend an. „Ich habe ihm erklärt, dass ich wirklich dringend für diesen Englischtest lernen muss und darum keine Zeit habe, mit dem Hund rauszugehen. Ich habe ihn gebeten das ein Mal für mich zu machen und gestern hat er das auch getan, wofür ich ihm ja wirklich dankbar bin“, sprudelt es aus ihr heraus, „aber heute meinte er allen Ernstes, dass er seiner Freundin Conny beim Klavierspielen zuhören müsse! Was ist das denn für eine Ausrede?!“ Empört blickt Elsa zu Wane auf. Rasch bemüht diese sich zustimmend zu nicken. „Eine wirklich total blöde Ausrede!“ „Und deshalb bin ich hier.“ Elsa deutet auf den wedelnden Hundeschwanz unter ihrem Stuhl. „Natürlich würde er gerne herumtoben, aber das geht nun mal nicht. Ich muss lernen.“ Und mit diesen Worten widmet sie sich wieder ihrem Vokabelheft. Wane kaut auf ihrer Unterlippe herum. Ein Hund, der gerne ausgehen möchte und ein Mario, der offensichtlich genau diesen Hund erwartete, um mit dem Frauchen dieses Hundes zu sprechen. „Er scheint ganz friedlich zu sein“, beginnt sie. „Wer?“ „Na, dein Hund.“ „Maradona? Oh, ja! Er ist der liebste Hund, den man sich vorstellen kann.“ „Und bestimmt mag er andere Hunde.“ „Hmmm, ja.“ Elsa runzelt etwas die Stirn, hält aber den Blick gesenkt auf ihr Heft. „Stimmt es, dass man viele Leute trifft, die auch einen Hund haben?“ Elsas Hand fällt genervt auf das Papier. „Ja, sehr viele und die wollen alle reden. Deshalb kann ich unmöglich lernen, wenn ich mit Maradona herumlaufe.“ Wanes Hände zittern, aber sie muss es einfach wissen. Sie muss wissen, ob Mario sie bereits getroffen hat! „Auch Leute, die eigentlich keinen Hund haben?“ Elsa sieht sie an, als hätte sie gerade sämtliche englischen Verben falsch konjugiert. „Warum sollten Leute, die eigentlich keinen Hund haben, einem mit einem Hund begegnen und einen vom Lernen abhalten?“ Das ist es, das Wane hören wollte! „Elsa, ich würde dir gerne helfen!“, platzt es viel zu laut aus ihr heraus, „Ich gehe für dich mit Maradona aus und du kannst hier ganz in Ruhe sitzen und lernen!“ Irritiert sieht Elsa das Mädchen an, das sein Serviertablett in Eifer des Gefechts auf den Tisch geknallt hat.. „Ähh, gerne… wenn du möchtest….“ „Heute ist nicht viel los und meine Eltern schaffen das auch ohne mich“, setzt Wane erklärend nach, „Ich habe die Zeit. Bitte lass mich dir helfen!“ Etwas überrumpelt reicht Elsa ihr die Hundeleine und weist sie in die wichtigsten Kommandos ein. Wane verspricht, nach einer Stunde wieder zurück zu sein, ruft noch etwas ins Innere des Cafés und macht sich mit Maradona auf, die Strandpromenade hinunter. Nachdenklich blickt Elsa ihr nach. Vielleicht hatte sie sich in Wane geirrt. Vielleicht ist sie doch ein ganz nettes Mädchen, das nicht immer nur Mario im Kopf hat. —🐩— Marios Lungen brennen bereits, so schnell rennt er den Hügel hinauf, auf dem das Haus der Uesugis steht. „Warum müssen die auch ausgerechnet ganz oben wohnen?“, keucht er. Er ist zu spät. Verärgert knirscht er mit den Zähnen. Nach dem Training hatte Kevin ihn noch beiseite genommen und hatte unbedingt wissen wollen, ob er Elsa bereits angesprochen hat. Anschließend hatte der selbsternannte Flirtdoktor seinem Käpt‘n noch eine ausufernde Predigt darüber gehalten, dass er Elsa auf gar keinen Fall mit Themen, wie Schule oder Fußball, ansprechen sollte. Das wäre nicht individuell genug. Mario hatte sich sowieso nur die Hälfte davon merken können. Bei dem Gedanken, dass er heute Elsa endlich begegnen könnte, blendete er alles andere aus. Nach Luft schnappend erreicht er die Haustür und drückt sofort auf den glänzenden Klingelknopf. Während die Bewohner drinnen sich auf den langen Weg zur Tür machen, wischt Mario sich den Schweiß von der Stirn und versucht einen einigermaßen ordentlichen Eindruck wieder herzustellen. Was sollten Uesugis denn von ihm denken, wenn er wie ein abgehetzter Marathonläufer vor ihrer Tür stand? Da öffnet sich unvermittelt eben diese. „Oh Mario“, ertönt Frau Uesugis Stimme. Hinter ihr dringt gedämpftes Klavierspiel nach draußen. Sie macht ein etwas betrübtes Gesicht: „Das tut mir aber Leid. Pelé ist gerade los.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)