For all the Ghosts that are never gone von Schnattchen91 ================================================================================ Kapitel 13: Kapitel 13: Schuld! ------------------------------- Kapitel 13: Schuld! Ich stand mitten auf einer Straße. Panisch sah ich mich um. Nur einige Laternen spendeten spärlich Licht.   Wo zum Teufel war ich?   Das Vibrieren meines Handys ließ mich aufschrecken. Schnell zog ich es aus der Gesäßtasche meiner Jeans.   Ein Anruf von Jessy...   "Hey Jessy.", nahm ich den Anruf freundlich entgegen.   "Hey... Danke, dass ich dich jetzt anrufen durfte.", plapperte sie sofort los. "Ich wollte eigentlich schon zu Hause sein, bevor es dunkel wird..."   Ihre Wortwahl kam mir so unglaublich bekannt vor....   Und hatte ich überhaupt geschrieben, dass sie mich anrufen kann?   "Man...Einfach unfassbar, dass Cleo und Thomas echt in den Keller eingebrochen sind."   Plötzlich war das Handy in meiner Hand verschwunden. Irritiert blickte ich auf.   "Ich meine... Was haben sie gedacht, was sie da finden werden. Darin ist nichts. Rein gar nichts.", sprach sie weiter in ihr Telefon. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in meinem Körper breit. Diese Situation kam mir so bekannt vor.   "Huh? Was, wenn ich sie jetzt nicht erreichen kann? Was dann? Phil will echt die Polizei rufen?"   Das war der Moment, in dem Jessy angegriffen wurde. Ich wollte zu ihr rennen. Doch mein Körper gehorchte mir nicht. Ich konnte nicht mal ihren Namen rufen. Im nächsten Moment richtete sie sich schon wieder auf. Erst war ich erleichtert, nur um im dann ihr blutüberströmtes Gesicht zu sehen.   "Es ist deine Schuld!", sagte sie mechanisch und schritt auf mich zu. Panik stieg in mir auf.   "Es ist deine Schuld!", wiederholte sie ihre Worte, als sie ihren nächsten Schritt tätigte.   "Es ist deine Schuld!", immer mehr Blut floss über ihr Gesicht. "Es ist deine Schuld!"   "Es tut mir leid...", wisperte ich.   "Es ist deine Schuld! Nur deine!", sagte eine verzerrte männliche Stimme. Automatisch drehte ich mich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Direkt neben mir stand er.   Der Mann ohne Gesicht!   "Ganz alleine deine Schuld!", sagte er in seiner düsteren Stimme. Erschrocken drehte ich mich weg.   Vor mir war ein verunfalltes Fahrzeug, dass wohl mit überhöhter Geschwindigkeit gegen einen Baum gefahren war. Aus der Motorhaube stieg Rauch auf. Ich schritt langsam darauf zu. Die Fahrertür öffnete sich automatisch. Ein schwer verletzter Dan sah mich mit leeren Augen an.   "Es ist deine Schuld!", sagte er genauso mechanisch, wie Jessy es getan hatte.   "Es ist deine Schuld!", sagten Dan und Jessy, die plötzlich neben Dans Auto stand, synchron. Immer noch flossen Unmengen an Blut über ihr Gesicht.   "Es ist deine Schuld! Ganz allein deine Schuld.", sagte der Mann ohne Gesicht neben mir in einem höhnischen Singsang. Ich blickte in meiner Verzweiflung in den wolkenbehangenen Nachthimmel.     "Es ist deine Schuld!", sagten nun Dan, Jessy und der Mann ohne Gesicht synchron.   Ich wollte die drei ansehen, doch ich blickte in Richy Gesicht. Er grinste mich an. In der einen Hand hielt er die Maske und in der anderen ein Feuerzeug. Ich konnte nicht erklären, warum mein Blick für einige Sekunden auf den Boden glitt. Über all um uns herum war eine schimmernde Flüssigkeit.   Benzin?!   Mein Blick wanderte durch die Umgebung.   Ich war in der Mine!   Ein Klicken richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Richy!   "Das hier ist deine Schuld!", meinte er breitgrinsend, als er das Feuerzeug fallen ließ.   "Nur deine Schuld!", sagte er, als er im Flammenmeer verschwand. Das Feuer um mich herum vernichtete alles, bis ich in einer schwarzen Leere stand.   "Es ist deine Schuld!", hallten die Stimme von Jessy, Dan, Richy, Thomas, Cleo und Lilly in einer unerträglichen Dauerschleife. Bis eine Gestalt in einem schwarzen Hoodie einige Meter vor mir auftauchte. Die Kapuze weit über sein Gesicht gezogen.   "Jake?!", sprach ich erleichtert und streckte ihm meine Hand entgegen.   "Nur du allein bist Schuld!", sagte Jakes verzerrte Stimme. "Es ist alles nur deine Schuld!"   Neben ihm tauchten zwei FBI-Agenten auf. Ich rannte zu ihm. Das war meine Chance, ihn zu retten. Doch bevor ich sie erreichen konnte, gingen die drei in Flammen auf.   "Nur du bist Schuld!", seine verzerrte Stimme war hasserfüllt.   "Es tut mir leid.", in meiner Verzweiflung war ich auf die Knie gesackt. Mein Gesicht war in meinen Händen vergraben und die Tränen flossen über meine Wangen.   "Es ist deine Schuld!", spotteten die Stimmen meiner Freunde.   Ich blickte hoch. Sie standen alle um mich herum.   Thomas...   Dan...   Jessy...   Lilly...   Cleo...   Und Richy...   "Es ist deine Schuld.", sagten sie synchron. Genauso hoben sie ihren Zeigefinger.   "Es ist deine Schuld! Es ist deine Schuld! Es ist deine Schuld! Es ist deine Schuld!"   Ihre Stimmen wurden immer lauter. Ich drückte meine Hände gegen meine Ohren.   "Ja.", wimmerte ich. Jemand zog die Hände von meinen Ohren. Ich blickte hoch. Direkt vor mir war der Mann ohne Gesicht.   "Siehst du? Sie wissen es alle! Sie wissen, dass es deine Schuld ist. Sie hassen dich dafür, dass du sie ständig in Gefahr bringst.", sprach er gehässig.   Ich sah ihn nur an.   Sollte ich etwa widersprechen?   Obwohl ich wusste, dass er recht hatte!   "Du hast sie alle in den Wald geschickt...Zu mir geschickt!... Und was hast du in der Zwischenzeit gemacht...Ich sag es dir...Gemütlich auf deiner Couch gesessen!... Da frage ich mich doch, wer hier das wahre Monster ist?!" Das gehässige Grinsen konnte er trotz Maske nicht verbergen. Ich wollte wegsehen, doch er packte mein Gesicht.   Seine Finger bohrten sich in meine Haut.   "Es ist deine Schuld!", sagte der Mann ohne Gesicht mit Richys Stimme. "Nur wegen dir sind deine Freunde doch überhaupt erst angegriffen. Ich habe dir gesagt, dass du dich raushalten solltest.", mit jedem Wort verzerrte sich seine Stimme.   "Ich wollte doch nur helfen...", wimmerte ich.   "Lüge!!!", brüllte er mich an.   "Warum lügst du uns an, [MC]", flüsterte Jessy in mein linkes Ohr. Da der Mann ohne Gesicht immer noch mit festem Griff seine Finger in meinen Unterkiefer gebohrt hatte, blieb mir nichts anders übrig, als meine Augen nach links zu bewegen.   Ich atmete schwer. Jessy stand neben mir. Das Blut in ihrem Gesicht war getrocknet. Ihre Haut war leichenblass.   Aus ihren Augen war sämtliches Leben entwichen.   Die Panik ließ mein Herz rasen.   "Nach allem, was du uns angetan hast, haben wir da nicht wenigstens die Wahrheit verdient?!", wisperte Thomas in mein rechtes Ohr. Ängstlich wanderten meine Augen nach rechts. Auch Thomas Haut war leichenblass, auch aus seinen Augen war sämtliches Leben gewichen.   "Ich...", begann ich. Doch meine Stimme versagte. Aus der unrealen Hoffnung, dieser Situation zu entkommen, schloss ich meine Augen. Ich spürte, wie sich der Griff vom Mann ohne Gesicht löse. Hoffnungsvoll öffnete ich meine Augen. Nur um mich im nächsten Moment mitten im dunklen Wald wieder zu finden. Umringt von meterhohen Bäumen.   Mutterseelenallein... Meine Atmung war beschleunigt. Meine Füße trugen mich automatisch tiefer in den Wald. Orientierungslos tätigte ich Schritt für Schritt. Immer mehr Panik stieg in mir auf. Doch meine Füße wollte mich nicht länger tragen.   Bis mich etwas am Bauch berührte...   Meine Augen erblickten einen Arm gekleidet im schwarzen Hoodie. Die Quelle dessen, was mich zurückgezogen hatte.   "Jake?", hauchte ich hoffnungsvoll.   "Nein.", hallte die verzerrte Stimme vom Mannes ohne Gesicht durch die Nacht. "Du hast ihn in sein Verderben rennen lassen!", hörte ich seine Stimme in meinem rechten Ohr.   "Du bist Schuld an seinem Tod.", vernahm ich seine Stimme in meinem linken Ohr. "Nein.", wimmerte ich.   "Du kannst dich deiner Schuld nicht ewig entziehen.", hallte die Stimme durch den Wald. Dann erblickte ich den Galgenstrick am Ast der einsamen Trauerweide.   Ich schluckte.   "Mein Geschenk an dich!", flüsterte der Mann ohne Gesicht mit Richys Stimme. Ich trat einen Schritt darauf zu.   "Es wird Zeit, dass du den Preis deiner Sünden bezahlst." Wie angewurzelt blieb ich stehen.   "Du bist zu mir in den Wald gekommen."   Ein Schauer durch meinen Körper.   "Du bist gekommen, weil du dir deiner Schuld bewusst bist.", flüsterte Richy. Ich schaffte es immer noch nicht, mich zu rühren.   "Ich kann dich von all deiner Schuld bereifen."   Einzelne Tränen flossen über meine Wange.   "Es wird Zeit, den Preis für deiner Sünden zu bezahlen.", die Stimme war wieder verzerrt, jedoch liebevoll.   "Ich weiß...", hauchte ich.   Im nächsten Moment stand ich unter dem Ast der Trauerweide und ließ mir vom Mann ohne Gesicht den Strick um den Hals legen.   "Deine Schuld! ...Deine Schuld! ... Deine Schuld.", klagten die Stimme meiner Freunde mich an. Ich spürte, wie der Mann ohne Gesicht die Schlinge um einen Hals immer enger zog. Somit fiel mir das Atmen immer schwere. Endlich erhielt ich die gerechte Strafe für meiner Schuld.   Für all das Leid, das ich über alle gebracht hatte!   Ich schloss meine Augen.   ***   Mit einem Schlag saß ich aufrecht im Bett. Es dauerte einige Sekunden, bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Erleichtert atmete ich aus. Jessy schlief friedlich neben mir.   Es war nur ein Traum!   Wie jede Nacht...   Doch mein schnellschlagendes Herz wollte das nicht verstehen. Mit wackligen Beinen stand ich auf.   Ich brauchte frische Luft.   Dingend...   Vom Nachtisch griff ich mein Handy. Vorsichtig tapste ich zur Tür und öffnete ich diese so leise wie möglich. Daraufhin schloss ich sie wieder bedacht darauf Jessy nicht zu wecken.   Ich entsperrte meinen Bildschirm und öffnete die Taschenlampe-App. Leise schlich ich durch das Haus in den Wohnraum. Auf dem großen Tisch standen noch die Alkoholreste des abendlichen Trinkens. Ich leuchtete die Flaschen an.  Mit zittriger Hand griff nach der dreiviertel vollen Jack Daniels Flasche.   Eigentlich mochte ich keinen Whiskey.   Jedoch ging es mir nicht um den Geschmack, sondern um die beruhigende Wirkung des Alkohols.   Ich wollte Phil nicht schon wieder total verheult, mitten in der Nacht anrufen. Auch wenn er mir, dass vor drei Tagen bei unserem Gespräch angeboten hatte. Es war auch nicht so, dass er genervt reagiert hatte, als ich ihn vorletzte Nacht verheult angerufen hatte.   Ganz im Gegenteil...   Phil hatte do verständnisvoll regiert, wie ein Mensch es nur konnte. Dennoch fühlte ich mich als Last. Dieses Gefühl verstärkte sich nur noch mehr, wenn ich mich jemanden anvertraute.   Ich war stolz auf mich, dass ich es in den letzten drei Tagen geschafft hatte, die bestmögliche Version meiner selbst zu sein. Die [MC], die meine Freunde verdient hatten. Und ich schaffte es auch in einigen Momenten meine negativen Gedanken gänzlich auszublenden.   In diesen Momenten war ich wirklich glücklich.   Doch dann kamen wieder Momente wie dieser, in denen ich komplett den Halt verlor.   Auf meinem Weg in die Küche blieb ich stehen. Mein ursprünglicher Plan, mir ein Glas für den Whiskey zu holen, schien mir plötzlich so unnötig. Mit der Whiskeyflasche in meiner Hand schlich ich immer noch zittrig zur Terrassentür. Blöderweise, aufgrund der Dunkelheit übersah ich die leeren, ordentlich zusammengestellten Falschen und berührte diese mit meinem Fuß.   In einem Dominoeffekt fielen einige mit einem lauten Klirren um. Panisch sah ich mich um. Hoffentlich hatte ich niemanden geweckt. Vorsichtig und darauf bedacht, nicht noch mehr Lärm zu verursachen, setzte ich meinem Weg fort.   Langsam öffnete ich die glasende Schiebetür. Beim Schließen ließ ich bewusst einen Spalt offen. Nicht nur, weil ich befürchtete, wieder unnötigen Lärm zu verursachen, sondern auch irgendwann problemlos ins Haus zurückzugelangen.   Ich schloss kurz meine Augen und zog durch die Nase die frische Nachtluft. Das Gefühl, welches mich durchströmte, konnte ich nicht richtig definieren. Wohltuend würde es wohl am ehesten beschreiben, wenn ich wirklich glücklich wäre.   Mit meiner Smartphone-Taschenlampe suchte ich den Weg zu den Sitzgelegenheiten. Erschöpft ließ ich mich auf einen der Stühle nieder. Ich stelle die Jack-Daniels-Flasche neben mich und schaltete das Licht der Taschenlampe aus. Meine Augen brauchten nicht lange, um sich an den Verlust der Lichtquelle zu gewöhnen. Der Wald, der unser Ferienhaus umgab, wirkte in der Nacht noch unheimlicher.   Dennoch...   Ich griff nach der Flasche, öffnete diese und nahm einen großen Schluck der gold-braunen Flüssigkeit. Angewidert verzog ich mein Gesicht. Durch den ekeligen Geschmack musste ich wohl durch. Ich konnte es als Strafe betrachten, dass ich mir wieder versuchte Hoffnung zumachen. Jake würde irgendwo in diesem Wald sein und auf mich warten.   Ich trank einen erneuten Schluck.   Denn rein rational gesehen machte das keinen Sinn. Wenn Jake wirklich unverletzt aus der Mine dem FBI entkommen war, warum sollte er dann im Wald sein.   Wieder führte ich die Flasche zu meinem Mund.   Da machte es mehr Sinn, dass er im Motel in Duskwood untergekommen war. Mit meinem nächsten Schluck spürte ich endlich die Wirkung des Alkohols. Lilly hatte das schon geprüft. Außerdem hatte sie sowohl Mrs. Walter als auch den alten Gray darum gebeten, ihr Bescheid zugeben, wenn jemand, der auf Jakes Beschreibung passte, in dem Motel eincheckte.   Irgendwie war ich neidisch, dass sowohl Lilly als auch Hannah wussten, wie er aussah. Auch wenn sie nur sein jüngeres-ich kannten. Obwohl ich nicht wusste, ob Jake wie bei dem Videotelefonat mit mir auch sein Gesicht verborgen hielt, als er mit Hannah während ihrer Entführung telefoniert hatte.   Ich trank nach einem Schluck, dann entsperrte ich meinen Bildschirm. Ein weiterer Schluck, bevor ich den Chat öffnete.   Jakes und meinen Chat...   Seine Worte...   "Wer ist da?!", hörte ich Dans energische Stimme. Erschrocken fuhr ich zusammen.   "Ich bin's", fiepste ich und stand auf. Vorsichtig machte ich die Terrassentür auf.   "Mensch! Hast du mich erschreckt.", raunzte Dan mich an. "Und was machst du überhaupt hier?! Es ist mitten in der Nacht."   "Ich konnte nicht mehr schlafen.", flüsterte ich und deutete ihm, dass er auch seine Stimmlage senken sollte, um die anderen nicht zu wecken.   "Dann poltere hier nicht so rum. Ich dachte, hier wäre einen Einbrecher oder so."   "Sorry! War ein Versehen.", nuschelte ich verlegen.   Ich merkte, dass Dans Blick auf der Jack-Daniels-Flasche in meiner Hand seit mehreren Sekunden rührte.   "Ich wollte auch was abhaben, bevor du alles wegsäufst.", scherzte ich meine Ausrede.   "Aha.", meinte Dan in einem Ton, der mir zu verstehen gab, dass er mir nicht glaubte.   Doch ich ignorierte diese Tatsache und holte zwei Gläser aus der Küche. Ich reichte ihm diese und schob seinen Rollstuhl auf die Terrasse.   "Es ist aber schon wieder wegen Hackerboy, oder?!", fragte Dan, als wir draußen waren.   "Jake!", raunte ich ihn an, während ich uns den Whiskey einschenkte.   "Vergiss den Typen doch endlich. Der ist eh über alle Berge. "; meinte er, als ich ihm sein Glas reichte.   "Dan..", ermahnte ich ihn.   "Ich meine es ernst! Das ist der Typ nicht wert."   "Warum ist er immer noch so ein rotes Tuck für dich?!", fragte ich genervt und genehmigt mir einen großen Schluck aus meinem Glas. Unter den skeptischen Augen von Dan. "Schon mal darüber nachgedacht, dass er doch ausgenutzt hat?"   Ich schüttelte den Kopf.   "Siehste!"   "Nein, Dan. Ich meinte, so war es definitiv nicht."   "Mal ehrlich, [MC], wie willst du dir da so sicher sein. Fakt ist, der Typ hat ordentlich Dreck am Stecken. Du hättest mal das FBI-Aufgebot sehen müssen. Die haben den mit Hubschraubern und so gesucht. So einer kann es nicht gut mit dir meinen. ", erläuterte mir seinen Dan-mäßigen Schlussfolgerungen.   Ich rollte genervt mit den Augen.   "Außerdem, wenn Hackerman es wirklich ernst mit dir meinen würde, hätte er sich schon längst bei dir gemeldet."   Das hatte gesessen. Ich starrte Dan an.   "Du weißt also, das ich recht habe.", meinte Dan mit einer Mischung aus Triumph und Mitleid. Ich senkte den Blick. "Du solltest echt deinen Männergeschmack überdenken."   Statt zu antworten, trank ich einen großen Schluck des Whiskeys.   "Barkeeper-Boy ist auch kein richtiger Umgang für dich.", setzte Dan weiter fort. Ich schnaubte genervt.   "Ist ja nicht so, dass wir nicht mitbekommen, dass ihr beide euch die ganz Zeit zutextet."   Auch diese Aussage ignorierte ich zuerst und leerte mein Glas in einem Zug. Es stimmt zwar, dass Phil und ich die letzten Tage einen regen Nachrichtenaustausch vollzogen haben. Aber dieser diente nicht für den Aufbau von romantischen Gefühlen. Auch wenn Phil zugeben hatte, dass seinerseits schon Interesse bestehen würde. Dennoch hatte er problemlos akzeptiert, dass mein Herz schon an jemanden anders vergeben war. Eine Freundschaft war besser als nichts. Das hatte er mir zu mindestens so gesagt. Vor allem zeigte er mir, dass mit jeder Nachricht, in der er nach meinem Befinden erkundigte. Oder mit jedem Versuch, mir Mut zuzusprechen, dass ich die Hoffnung nicht aufgeben sollte. Schließlich würde laut Phil kein Mann eine Frau wie mich einfach so im Stich lassen.   "Der hat nämlich definitiv nicht nur eine am Start.", setzte Dan seinen Vortrag fort. "Ich weiß zwar nicht, was dich mein Liebesleben angeht, aber...", sprach ich genervt, während ich mir erneut Whiskey einschenkte. "Phil und ich sind nur Freunde."   Ich trank einen Schluck. "Und was Jake angeht. Hast du schon mal daran gedacht, dass es mir einfach egal ist, dass er vom FBI gesucht wird?!" Ich setzte bei erneutem Trinken so an, das ich das Glas in einen Zug leeren konnte. Langsam setzte die betäubende Wirkung des Alkohols ein.   Endlich dämpfte es die Wut und Trauer, die seit dem Gespräch mit Dan nur noch mehr aufkochte. Jetzt musste ich es nur noch schaffen, den Schmerz zu unterdrücken, den mein Albtraum wieder aufgeweckt hatte.   "Das ist nicht dein Ernst?!", mahnte Dan ungläubig. "Der Kerl kann sonst was angestellt haben!".   Statt zu antworten füllte ich wieder mein Glas.   "[MC], was wenn der sich nur umgarnt hat, um dir sonst was anzutun?"   "Dan, das ist lächerlich!"   "Ist es das? Ich erinnere dich nur zu gerne daran, Hackerboy wird vom fucking FBI gesucht. Auf deren Liste kommst du nicht, weil du ne Packung Kaugummi geklaut hast."   Ich zuckte nur mit den Schultern.   "Und für so einen ertränkst du deinen Kummer in Alkohol."   "Wenigstens setzte ich dabei nicht mein Auto vor einen Baum.", keifte ich ihn angriffslustig an.   Ich würde nicht sagen, dass Dan unrecht hatte, doch lag er einfach falsch, dass es nur an Jake lag. Seit dem Gespräch mit Phil war mir klar geworden, dass ich alle negativen Erfahrungen nur wegen Jake und den anderen ertragen konnte. Und mit Jakes Verschwinden war nun mal ein großer stützender Pfeiler eingebrochen. Dafür kamen jedoch die Erdbeben an Schuldgefühlen mit der Erkenntnis, welche Wellen meine Ermittlungen ausgelöst hatte.   Und wer wusste schon, ob Jake mich davor schützen könnte....   Phil hatte es mir klar gemacht. Zudem mir nahegelegt, mir professionelle Hilfe zu suchen. Er hatte auch erst Ruhe, als ich ihm versichert hatte, darüber nachzudenken. Doch ich sah die Notwendigkeit nicht. Jemand wie Hannah, die tatsächlich eine traumatische Erfahrung durchgemacht hatte, benötigte psychotherapeutische Hilfe.   Aber doch nicht ich...   Schließlich hatte ich mir doch alles selbst zuzuschreiben.   Hatte ich dann überhaupt irgendeine Form von Hilfe verdient?   Mein Blick war gedankenversunken auf den Boden gerichtet. Ich nippte an meinem Glas und bemerkte dabei nicht, dass diese bereits schon leer war. Genauso wenig bekam ich mit, dass Dan den Inhalt der Jack-Daniels-Flasche im Blumenbeet entleerte hatte. Damit ich keine Gelegenheit mehr hatten, mir erneut einzuschenken.   "Gott, vergebe mir meine Sünden", hatte er während dessen genuschelt. Ich hatte seine Worte nicht verstand, jedoch mitbekommen, dass er etwas gesagt hatte.   "Huh?", meinte ich und griff nach der mittlerweile leeren Whiskeyflasche. Was ich enttäuscht feststellte.   "Ich meine es wirklich nur gut mit dir.", meinte Dan sanft.   "Das weiß ich doch.", sagte ich "Es ist nur..."   "Das du ihn liebst, schon klar!"   "Nein, also ja, ich liebe ihn. Mehr alles jemals jemand anders zuvor. Aber ich meinte eigentlich nur, dass Jake immer für mich da war.  Jedes Mal, wenn diese ganzen schlimmen Dinge während unserer Ermittlung passiert sind, war er für mich da. Und ich würde ihn gerne suchen. Doch weiß ich nicht, wie ich das anstellen soll. Taktisch wie emotional. Obwohl er doch nur meinetwegen in Schwierigkeiten steckt.“   Dan atmete tief ein. "Ich verstehe."   Ich nickte, auch wenn ich nicht wirklich daran glaubte, dass wirklich verstanden hatte. "Dennoch kann Hackerboy sich warm anziehen, wenn er hier auftaucht. Den prüfe ich erst mal auf Herz und Nieren."   Ich kicherte: "Es würde mich auch wundern, wenn gerade du das nicht tust."   "Aber so langsam sollten wir wieder schlafen gehen. Schließlich wollen wir morgen zum Schwarzwasser See."   "Ja. Ich werde ehrlich gesagt mittlerweile auch wieder müde.", bestätigte ich wahrheitsgemäß.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)