Schmerzender Scherbenhaufen von Varlet ================================================================================ Kapitel 1: Schmerzender Scherbenhaufen -------------------------------------- Als sich Jodie und Shuichi an jenem Morgen zur Lagebesprechung mit James begaben, hatten sie nicht damit gerechnet, wie das Treffen enden würde. James aß gern in einem American Diner und lud seine Agenten auch häufig dorthin ein. Mittlerweile gab es auch zahlreiche amerikanische Restaurants in Tokyo und trotzdem wurden diese nur sehr selten von Japanern besucht. Interessanterweise schmeckte dennoch das amerikanische Essen nicht so amerikanisch wie man dachte. Das lag allerdings daran, dass viele der Köche Japaner waren und ihren Gerichten auch einen entsprechenden Hintergrund gaben. Aber auch Köche aus Amerika versuchten sich etwas mehr der japanischen Kultur anzupassen. Anfangs hatte Jodie Bauchschmerzen dabei gehabt, in ein Lokal zu gehen, welches an ihre Heimat erinnerte. Shuichi hingegen bekräftigte allerdings die Entscheidung von James und wies darauf hin, dass die Organisation den Ort für zu auffällig erachten würde, als das sie dort nach ihnen suchen würden. Und wenn doch, würden sie einen Weg finden um die Gäste zu evakuieren und ihre Widersacher in die Flucht zu schlagen. Die ersten zwei Stunden in dem kleinen Diner waren wie im Fluge vergangen, sie aßen, redeten, außen, redeten und aßen. „Oh mein Gott“, hörte man jemanden flüstern. Mit einem Mal hatte sich die Luft in der Atmosphäre verändert. Jodies Nackenhaare stellten sich auf und ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken. Ihr Mund fühlte sich trocken an und sie nahm alles nur noch in Zeitlupe wahr. Es war etwas passiert. Etwas Schlimmes. Es gab ein Geräusch, ein lautes Geräusch, ein Geräusch, welches sie schon oft gehört hatte. Glas fiel zu Boden und die Scherben verteilten sich. Für einen kurzen Moment war es still, dann brach das Chaos aus. Menschen schrien, weinten, rannten und versuchten unter den Tischen in Sicherheit zu gelangen. Es waren mehrere Schüsse gefallen. Jodie konnte sich nicht bewegen, doch dann wurde sie auch zu Boden gerissen. Eine andere Frau lag bereits dort. Ihre Augen waren weit offen und ihr T-Shirt war rot getränkt. Jodie schluckte. Nein, das darf nicht… Galle stieg in ihr auf. War ihnen die Organisation auf die Schliche gekommen und wollten für ihr Ende sorgen? Oder ging etwas Anderes vor? Die Agentin sah zu ihren Kollegen. James hatte sich ebenfalls unter dem Tisch verschanzt und versuchte an sein Handy zu kommen, ohne das es dem Täter auffiel. Shuichi hingegen war die Ruhe in Person, er hatte Jodie nach unten gezogen und machte sich nun mit der Situation vertraut. „Shu?“, wisperte Jodie leise. „Ich kümmer mich darum“, sprach er und stand auf. Er hielt seine Hände hoch, sodass der Schütze diese sehen konnte. „Bitte hören Sie auf damit.“ „Shu“, murmelte Jodie mit geweiteten Augen. Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Ein Mann richtete die Waffe auf den Agenten. Er war schwarz gekleidet. Schwarze Jeans, schwarzes Hemd, ein Holster für die Pistole und eine Beinscheide für ein Messer. Er hatte sich nicht spontan für die Tat entschieden. „Was hast du gesagt?“, wollte er wissen. „Du hast mich schon verstanden“, fing Akai an. „Bitte hör auf damit“, wiederholte er. „Die Menschen hier sind unschuldig.“ „Unschuldig…niemand ist unschuldig“, gab der Mann von sich. „Sie haben es dennoch nicht verdient hier und jetzt zu sterben. Ich kenne deine Beweggründe nicht, aber du hast nicht mehr viel Schuss frei. Sobald du nachladen musst, hast du ein Problem.“ Akai sah auf die Messerscheide. „Das Messer wird dir auf Dauer auch nicht weiterhelfen. Wenn es erst einmal irgendwo drin steckt, kann man dich überwältigen.“ Der Mann knurrte. „In deiner Waffe ist nur Platz für sechs Kugeln, fünf wurden bereits verschossen. Also? Was hast du hier geplant?“ Er knurrte, blickte an Shuichi vorbei und schoss. Ein Mann fiel zu Boden. Dies nutzte Shuichi und machte zwei Schritte vorwärts. Der Täter warf seine Pistole zu Boden und zückte das Messer aus der Scheide. „Keinen Schritt.“ „Sonst was?“, kam es von Akai. Er ging weiter nach vorne. „Ich sagte doch, wenn die Kugeln verschossen sind, wird es nicht einfacher werden. Jetzt mit dem Messer…“ „Stehen bleiben!“ Das Messer ging in einem hohen Bogen nach oben, dann sauste es runter zu Shuichi. Er streckte die Hand aus und bekam das Messer zu fassen. Die Klinge schnitt durch seine Handfläche, die rote Flüssigkeit sickerte an der Klinge herunter, aber Akai machte keine Anstalten. Er hielt das Messer fest. Es gab auch keinen Kampf. Der Täter war viel zu verblüfft, um auch nur reagieren zu können. Shuichi nutzte die Gunst der Stunde und entriss ihm das Messer. Der Mann war erstaunt und taumelte nach hinten. Ehe er sich wieder orientieren konnte, riss Shuichi ihn zu Boden. Jodie schluckte. Sie war starr vor Angst, doch Shuichi hatte instinktiv gehandelt. Er hatte sich um den Mann gekümmert und Schlimmeres verhindert. Trotzdem waren Menschen zu Schaden gekommen und sie wusste immer noch nicht, welches Motiv der Mann hatte. „Loslassen“, zischte er. Shuichi drückte ihm sein Knie in den Rücken. „Du bist jetzt ganz still.“ Er sah zu Jodie und James. „Jodie? Alles in Ordnung?“ „Ja…mir geht es gut“, murmelte sie. James steckte das Handy weg. „Die Polizei ist informiert“, entgegnete er und sah sich um. „Ich seh mal nach den Verletzten.“ James stand auf und lief zu dem Verletzten. „Hilf ihm.“ Jodie beobachtete Shuichi. „Ich konnte dir keine Hilfe sein“, wisperte sie leise. „Mach dir nichts daraus“, entgegnete der Agent ruhig. „Ich hab den Kerl hier im Griff. Kümmer dich mit James um die anderen Verletzten. Jetzt!“ Sie nickte und stand ebenfalls auf. Die Agentin war froh, dass ihr Partner so schnell gehandelt hatte, dass er wusste, was zu tun war und dass nicht noch mehr Menschen zu Schaden kamen. Sein Blick ging zu der Person, die um ihr Leben kämpfte. Erst jetzt hatte sie bemerkt, dass die anderen fünf Schüsse nur dazu gut waren, um Panik zu verursachen. Vermutlich wollte er nicht einmal die Frau treffen, aber nun würde er mit seinem Handeln leben müssen. „Danke, Shu“, sagte die Agentin. „Hm? Wofür?“, wollte dieser wissen. „Wenn du nicht hier gewesen wärst…ich weiß nicht, was dann passiert wäre…“ „Ihr hättet das auch ohne mich geschafft“, entgegnete er ruhig. „Nein“, antwortete Jodie und machte sich auf den Weg zu den anderen Personen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)