Morgennebel von SarahSunshine (Claude x Byleth) ================================================================================ Kapitel 1: Morgennebel ---------------------- „Ich werde wieder hier sein, ehe du dich versiehst. Wir werden nur ein kleines Weilchen voneinander getrennt sein. Ich liebe dich. Und wenn wir uns das nächste Mal sehen, wird die Morgenröte über einer völlig neuen Welt erstrahlen!“   Byleth schlug die Augen auf und blickte auf die hohe hölzerne Decke ihres Schlafgemachs. Es war noch dunkel, doch sie gewöhnte sich schnell an die Lichtverhältnisse. Ihr Herz klopft wild, noch vollkommen gefangen in ihrem Traum – den letzten Worte von Claude, bevor er Fódlan verlassen hatte. Sie drehte sich auf dem riesigen Bett auf die Seite und strich über das zweite unbenutzt, einsame Kissen. Dort sollte er liegen. Sie wünschte sich sehnlichst, dass er zu ihr zurückkehrte und sie mit einem frechen Spruch begrüßte. Ihr Herz wurde schwer als ihre Hand auf dem Stoff ruhte und ihr Blick an dem silbernen Ring mit dem Smaragd hängen blieb. Sein Abschiedsgeschenk und doch ein Versprechen.   Bevor Byleth sich zu sehr in ihren Erinnerungen verlor stand sie aus dem Bett auf und warf sich einen Morgenmantel über. Sie schob zwei gläserne Tür auf, die auf einen riesigen Balkon führten und trat heraus. Der Himmel färbe sich am Firmament bereits Flieder, die Sonne würde bald aufgehen. Kühle Luft empfing sie, woraufhin sie den Stoff ihrer Kleidung enger um ihren Körper zog. Der Herbst war in seiner vollen Blüte und ging bald schon in den Winter über. Die Luftfeuchtigkeit verwandelte den Wald in ein malerisches Bild von Baumspitzen, die aus waberndem Nebel aufstiegen. Gänsehaut breitete sich erst auf ihren Armen und dann auf ihrem gesamten Körper aus.   „Und wenn wir uns das nächste Mal sehen, wird die Morgenröte über einer völlig neuen Welt erstrahlen!“   Sie konnte einfach nicht aufhören an Claude zu denken. Wie lange war es schon her, dass er gegangen war und sie zur Königin des vereinten Fódlan gekrönt worden war? Schon fast ein Jahr? In dieser Zeit hatte sie viel erreicht und vor allem die Städte und Dörfer, die vom Krieg zerstört worden waren, wieder aufgebaut. Die Kirche hatte sich dank ihrer Unterstützung neu geformt. Das alles war nicht zuletzt auch den Verbündeten der ehemaligen Allianz zu verdanken, die mittlerweile im ganzen Land ihre eigenen Wege gingen. Obwohl sie herrschte und das Volk sie unterstützte und mochte, fühlte Byleth sich in solchen Nächten, bei einem solchen Sonnenaufgang einsam. An Tagen, an denen sie Zeit zum Nachdenken hatte, waren ihre Gedanken vor allem beim ihm – bei Claude. Sie hob ihre Fingerspitzen an ihre Lippen. Bevor er davongezogen war, hatten sie sich das erste und einzige Mal geküsst. Wie gerne sie in diesem Moment in seinen Armen liegen würde. Eine frische Brise wehte durch ihr Haar, streifte beinahe tröstend ihre Wange.   „Ich liebe dich.“   Byleth trat an das weiße Steingeländer und betrachtete die anbrechende Morgenröte. „Ich liebe dich auch, Claude“, flüsterte sie dem Sonnenaufgang entgegen.   Eine Weile blieb sie stehen und betrachtete den Horizont. Irgendwann wandte sie sich ab, um sich in ihren Gemächern umzuziehen und schließlich den Raum zu verlassen. Seit dem Aufstieg zur Herrscherin des vereinten Königreichs lebte sie in einer Burg abseits von Garreg Mach. Sie gehörte zum Territorium von Haus Riegan, das Byleth herzlich aufgenommen hatte, trotz der Abwesenheit ihres Erben – schließlich waren die beiden verlobt. Die obere Etage hatte sie komplett für sich, auch wenn sie gar nicht so viel Platz brauchte. Auf der unteren Etage befanden sich ein Büro, der Speisesaal mit angrenzender Küche sowie ein großer Festsaal. Auch die Bediensteten, die sich um die Räumlichkeiten kümmerten und ihre Berater sowie einige Ritter lebten mit in der Burg. Ohne sie wäre es noch viel einsamer an diesem Ort. Trotz der frühen Morgenstunden duftete es im Speisesaal bereits nach gebratenen Eiern und frischem Kaffee. Byleth wurde von den Angestellten begrüßt. Der Platz, den sie immer im Speisesaal bezog, war bereits gedeckt. Eine Tasse mit dampfendem Kaffee stand neben ihrem Teller. Lächelnd nahm sie das Gefäß in beide Hände. Der Dampf stieg in der Luft auf und sie atmete das herbe Aroma des Getränks ein. Die heiße Flüssigkeit war perfekt, um die Königin an diesem kühlen Herbstmorgen etwas aufzuwärmen. Sie aß zwei Spiegeleier und frisch gebackenes Brot, ehe sie sich auf den Weg in ihr Büro machte.   An den Wänden des Raumes standen massive Regale aus Mahagoniholz, gefüllt mit Büchern, Waffen und kleinen Dekorationen sowie Kerzen. In der Mitte des Raumes stand ein großer Schreibtisch, um den sie herumlief. Ihre Unterlagen waren fein säuberlich sortiert. Angelegenheiten für den Tag hatte sie schon bereitgelegt. Was sie jedoch am Vorabend nicht auf dem Tisch zurückgelassen hatte, war eine dunkelblaue, rechteckige Box mit einer rosafarbenen Schleife. Stirnrunzelnd nahm Byleth die Boy an sich, zog am Band und öffnete den Deckel. Ein Brief überdeckte den Inhalt: eine lange silberne Kette mit einem Anhänger aus Rosenquarz und einer Feder. Das Geschenk war von Hilda. Mit dem Brief in der einen und der Box in der anderen Hand trat Byleth an die breite Fensternische hinter ihrem Schreibtisch. Die breite Fensterbank war mit Polstern ausgelegt und lud zum Lesen und Entspannen ein: er war perfekt, um einen genauen Blick auf das Geschenk zu werden. Die Königin ließ sich nieder und faltete den Brief auf. Hilda schrieb, dass sie eine Weile auf Reisen gewesen war und dass sie sich von so vielen Orten hatte inspirieren lassen. Dass sie nun ein Ziel vor Augen hatte: Eine Schule für das Handwerk eigener Schmuckstücke zu eröffnen. Die Kette sollte ihren Dank ausdrücken, dass sie überhaupt die Möglichkeit hatten, so einen Weg einzuschlagen. Lächelnd faltete Byleth den Brief wieder zusammen. Jeder aus der Klasse der goldenen Hirsche hatte Träume, die sie sich in dieser friedlichen Zeit erfüllen konnten.   Ein weiteres Mal an diesem Morgen dachte Byleth an ihren Geliebten. Sie drehte den Ring an ihrem Finger und blickte aus dem Fenster. Wie nahe war er der Erfüllung seiner Träume? Die Zukunft eines ganzen Landes ließ sich nicht mal eben in wenigen Tagen oder Wochen ändern. Ein schweres Seufzen entwich ihrer Kehle. Wann wären sie wieder vereint?   Schnelle Schritte hallten durch die Flure. Nur wenige Augenblicke später wurde die Tür zu ihrem Büro aufgeschlagen. „Eure Majestät!“ Einer ihrer Berater gekleidet in einer edlen purpurfarben Tunika mit gelber Schärpe und ein schwer atmender Ritter stießen in den Raum. „Wir haben Meldung von Judith erhalten. Derdriu wird angegriffen!“ Byleth erhob sich sofort von ihrer Sitzgelegenheit und schüttelte ihre Sehnsüchte ab. „Von wem?“, wollte sie wissen. „Es sind Sympathisanten des Kaiserreichs und irgendwelche bleichen Gestalten.“ Bleiche Gestalten? Diese Beschreibung war nicht gerade aufschlussreich. „Sie benötigt Unterstützung“, fuhr ihr Berater fort, beantwortete damit die Frage nach der Lage. „Wie viele Ritter können wir entsenden?“, fragte die Königin und blickte zu dem Mann in der Rüstung. „Nicht viele … die meisten sind noch in den anderen Gebieten beschäftigt. Bis wir sie alle zusammenrufen, vergehen mindestens drei Tage.“ Byleth presse ihre Zähle zusammen. „Treibt so viele kampffähige Leute auf, wie ihr könnt. Es sollen aber genügend hierbleiben, um die Burg zu schützen“, sagte sie mit entschlossener Stimme. „Wo wollt Ihr hin?“, fragte der Berater. „Ich hole mein Schwert.“   -   Mit einem Dutzend bewaffneter Krieger und einer Handvoll Heiler ritt Byleth nach Derdriu, um Judith als Verbündete des vereinten Fódlan zu unterstützen. Die Soldaten des ehemaligen Kaiserreichs waren durch das östliche Tor gebrochen, also kam die Königin von der anderen Seite. Die Gruppen von Judith hatten kleine Zwischenlager aufgeschlagen. Wo es möglich war, wies Byleth die wenigen Heiler in ihrer Truppe an, zu helfen. Ihre Verbündete traf sie ganz vorne, vor einem Zeil, in dem sie mit mutigen Männern und Frauen eine Verteidigungsstrategie besprach. Als die Königin eintrat, verneigten sich die Ritter, doch sie winkte mit der Hand ab. „Ich bin mit jedem gekommen, den ich entbehren konnte“, erklärte sie Judith, „und ich werde selbst kämpfen.“ Sie deutete auf das Schwer des Schöpfers – die Waffe, mit der sie in den letzten Jahren unzählige Gegner ausgeschaltet hatte. „Wo sollen wir anfangen?“ Judith klärte über die derzeitige Lage auf. In der Schlacht hatte es bereits Verletzte und Verluste gegeben, doch im Große und Ganzen sah die junge Anführerin sie im Vorteil – vor allem mit Byleths Kampfkraft. Außerdem sollten sie das Überraschungsmoment nutzen. Die Königin war einverstanden und sah drin die beste Chance, die Reihen ihrer Gegner ins Wanken zu bringen oder sie gleich komplett zu zerschlagen. Nachdem die Krieger und Magier in den Plan eingeweiht waren, zog sich Byleth noch einmal für wenige Minuten zurück. Sie streifte den ledernen Handschuh von ihrer linken Hand und betrachtete den Ring, den Claude ihr gegeben hatte – das Versprechen. Sie erlaubte sich, an sein Gesicht, sein Lächeln und seine Worte zu denken. Aus diesen Erinnerungen schöpfte sie Kraft. Sie würden sich wiedersehen.   -   Klingen prallten aufeinander, Gebrüll erfüllte die Luft. Die Truppen der Königin und die verbliebenen Krieger von Judith setzten sich mit aller Kraft gegen ihre Angreifer zur Wehr. Der Hinterhalt hatte ihnen einen kurzzeitigen Vorteil verschafft, doch die Anzahl ihrer Gegner wurde immer wieder aufgestockt. Byleth fokussierte die Magier und Heiler, beschützte aber auch ihre Truppen. Sie versuchte an mehreren Fronten gleichzeitig zu sein, hatte dank des Schwerts der Schöpfung auch eine große Reichweite, doch sie konnte sich teilen. Ihr fehlten die Kommandanten, die an verschiedenen Fronten verteidigten – sie waren zahlenmäßig unterlegen. „Eure Majestät!“, schrie Judith aus der Menge und deutete mit dem Schwert gen Westen. Dort zogen sich mehrere feindliche Truppen zurück. Byleth verstärkte den Griff und ihr Schwert und preschte durch die Krieger, die sich ihr entgegenstellten. War das eine Falle? Der Boden erschütterte einmal, zweimal, dreimal in gleichmäßigen Schritten. Ein Titanus trat aus dem Wald, gesteuert von wenigen Magien aus Shambhala. Byleth presste die Zähne fest aufeinander. Jubel brach unter den Sympathisanten des Kaiserreichs aus. Mit dem Auftauchen der Kriegsmaschine fühlten sie sich des Siegs sicher. Der Titanus hatte jedoch einen Nachteil: Er war langsam.   Byleth zog sich zurück, um so viele Schildkämpfer und Magier zu versammeln, wie sie konnte. Eine Mauer aus Schilden sollte jene schützen, die einen gewaltigen Zauberspruch beschworen. Vornan stand sie: Die Königin mit der Kraft der Göttin Sothis und dem mächtigen Schwert des Schöpfers. Sie hielt unerbittlich jeden Angreifer von ihren Magien fern, bis sie den mächtigen Feuerzauber abfeuerten, der den Himmel rot färbte. Der riesige Feuerball traf den Titan und die umherstehenden Gegner. Direkt hinter der Flamme folgte die Königin und versetzte der mystischen Maschine den Gnadenstoß. Sie landete wieder auf den Füßen und fand sich in Mitten der gegnerischen Reihen wieder. Der Verlust des Titanus hatte Entsetzen auf ihren Gesichtern hinterlassen. Doch einzelne Rufe stachelten sie an, weiter zu kämpfen. Byleth parierte einen Schwertangriff und wich in den letzten Sekunden einem Pfeil aus. Ein anderer Pfeil traf sie unvorhergesehen in der Schulter. Ihre Gegner werteten diesen Treffer als Triumpf, doch die Königin hieb weiter ihr Schwert, dünnte die Reihen aus, bis noch ein Pfeil ihren Oberschenkel durchbohrte. Sie fiel auf ihr Knie. Mehrere Axt-Kämpfer stürmten auf sie zu, wollten ihr den letzten Schlag verpassen. Die Klinge ihres Schwertes teilte sich und wurde zu einer glühenden Peitsche, die alle Angreifer zu Boden riss. Noch ein Pfeil schnellte auf ihr Gesicht zu, doch sie drehte sich gerade noch weg, sodass sie scharfe Metallspitze nur ein paar grüne Haarsträhnen zerschnitt.   Die Schwertkämpferin war umgeben von Feinden, ihre Verbündeten kamen nicht zu ihr durch und die Magier waren zu erschöpft von der Zauberformel. Sie wollte nicht aufgeben, bis zum letzten Herzschlag würde sie jeden mitnehmen, der ihrem Land und ihrem Volk schaden wollte. Über ihre Schulter hinweg flog ein Pfeil direkt vor ihre Füße. An ihm brannte eine Flamme. Wenige Sekunden später verbreitete sich Rauch über dem Schlachtfeld. Lautes Brülle ertönte über ihren Köpfen. Ein Überraschungsangriff von oben? Waren ihre Gegner wirklich so gut vorbereitet? Die Krieger um sie herum schrien panisch, trampelten orientierungslos umher. Byleth hörte erstickte Laute, wie Körper dumpf zu Boden fielen und noch mehr Rufe. Hinter ihr landete jemand leichtfüßig im Rauch. Sie umfasste den Griff ihres Schwerstes, doch der Wind trug einen bekannten Geruch in ihre Nase. Ihr Herz machte einen Satz. Plötzlich stürmte ein Krieger mit erhobener Axt durch den Rauch, direkt auf sie zu. Ein Pfeil traf ihn in der Kehle und er fiel auf die Knie. Die Schreie um sie herum nahmen langsam ab und auch der Rauch lichtete sich. Die Königin hievte sich auf ihr unverletzte Bein, nutzte ihr Schwert als Stütze. Zwölf weiße Wyvern, die mit dunkelhäutigen Reitern gesattelt waren, bildeten einen Kreis um sie herum. Männer und Frauen, die verschiedene Waffen trug und einen wachsamen Blick auf die Umgebung hatten. Langsam drehte die Königen sich und blickte alle an, bis sie sich schließlich umdrehte und in ein grünes Augenpaar sah. Gekleidet in Gold und Grün, ein Band mit orientalischen Mustern um den Kopf gewickelt und ein Lächeln so unverkennbar und ehrlich wie sie es von ihm kannte. Claude.   Byleth machte einen Schritt auf ihn zu, doch ihr verletztes Bein gab nach. Sie stolperte voran, fiel direkt gegen Claudes Brust. „Du bist wirklich hier …“, flüsterte sie erschöpft an seine Schulter. Er schlang seine Arme um sie. „Genau zur richtigen Zeit, wie mir scheint.“ Sein Tonfall war ernst, er machte keine Scherze. „Danke“, hauchte die Königin und atmete noch einmal seinen Duft ein, bevor die letzten Kraftreserven ihren Körper verlieren und alles dunkel wurde.   -   „Ich liebe dich.“   Byleth schlug langsam ihre grünen Augen auf. Der Raum um sie herum war erst verschwommen und sie musste mehrmals blinzeln, um ein klares Bild zu sehen. Forschend blickte sie sich um. Sie lag auf ihrem Bett in ihrem Schlafgemach. Der Raum sah aus wie immer. Die Seite und das Kissen neben ihr waren leer und kalt – wie immer. Hatte sie nur von seiner Rückkehr geträumt? Hatte sie sich eingebildet, dass Claude nach Fódlan, zu ihr zurückgekehrt war? Von dem Kampf in Derdriu und der Rettung? War das alles nicht real gewesen? Als sie sich auf die Seite drehte, durchfuhr ein ziehender Schmerz ihre Schulter und ihr Bein. Die Verletzungen waren sehr wohl real, ebenso wie der Schmerz. Also doch kein Traum.   Langsam schob sie die Decke zur Seite. Unter der langen schwarzen Stoffhose war der Verband zwar nicht zu sehen, aber dennoch zu spüren. Der Verband an ihrer Schulter lugte unter dem T-Shirt-Ärmel hervor und reichte bis zu ihrem Ellbogen. Vorsichtig setzte Byleth sich in eine aufrechte Position. Sie wusste weder welchen Tag, noch welche Uhrzeit sie hatten. Wie viel Zeit war seit dem Kampf in Derdriu vergangen?   Draußen schien der Morgen anzubrechen.   Wie lange hatte sie geschlafen? Sie schwang vorsichtig beide Beine von der Matratze und drückte sich mit ihrem kräftigeren Arm von der Matratze ab, um auszuloten, ob sie laufen konnte. Ihr Bein schmerzte und sie versuchte ihr Gewicht auf die unverletzte Seite zu verlagern. Auf nackten Füßen trat sie auf den Balkon zu, dessen Tür einen spaltbreit geöffnet war. Sie amtete die kühle, feuchte Luft ein, ehe sie den Blick über den in wabernden Nebel gehüllten Wald schweifen ließ. Alles war ruhig.   Hinter ihr erklang ein kräftiges Flügelschlagen, woraufhin sie ihren Blick gen Himmel wandte. Ein mächtiger elfenbeinfarbener Körper flog über sie hinweg und vollführte eine elegante Drehung in der Luft. Dann stürzte er an der Burgmauer herunter. Sein Anblick weckte eine verschwommene Erinnerung, sie umgeben von Wyvern und ihren Reitern auf dem Schlachtfeld. Byleth wollte einen Schritt auf das Geländer zumachen, doch der gleichmäßige Ton aufsteigender Flügel hielt sie auf. Das Tier mit den hellen Schuppen erhob sich und blickte sie aus seinen gelb leuchtenden Augen an. Langsam landete er auf den großen Pranken und zog seine Flügel ein. Damit gab er einen Blick auf seinen Reiter frei. Braunes, zerzaustes Haar, das gerade so einem goldgrünen Haarband in Form gehalten wurde, kam zum Vorschein und durch das sich trotzdem ein paar Strähnen in die grünen Augen fiel. Ihr Blick schweifte von den ebenso braunen Koteletten über die zarte Bartlinie zu seinem Kinn und schließlich zu seinem kleinen Lächeln. Ihr Herz machte einen Satz. Claude war wirklich hier. Sie wollte auf ihn zugehen, doch er war schneller, brauchte nur zwei große Schritte, um vor ihr zu stehen, seine Arme um sie zu legen. Sofort griff Byleth nach seiner Tunika. Sie presste ihr Gesicht in den Stoff und atmete ein, inhalierte seinen Duft. Er ließ sie gewähren und streichelte ihr behutsam und vorsichtig über den Rücken. „DU solltest im Bett liegen“, hauchte er auf ihren Haaransatz. Aber das war ihr egal. Sie würde ihn festhalten und nicht mehr gehen lassen. „Es war kein Traum. Du bist hier“, murmelte sie in die Jacke, „Du bist hier.“ Die Königin sah auf, blickte in die grünen Augen ihres Geliebten, welche sich plötzlich weiteten. Bevor sie die Tränen in ihren Augenwinkeln wirklich bemerkte, streichelte Claude sie mit seinen Daumen fort. Was auch immer er gerade sagen wollte, ihr Anblick ließ die Worte in seinem Hals stecken bleiben. Ebenso selten wie sie weinte, erlebte man ihn sprachlos. „Ich bin hier“, antwortete er und zog Byleth wieder zurück in seine Arme. Er vergrub sein Gesicht in ihren Haaren und streifte mit den Lippen ihre Schläfe. „Und ich habe nicht vor, wieder fortzugehen.“ Die Königin schlang ihren gesunden Arm um seinen Rücken und drückte ihn an sich, genoss diesen intensiven Moment, bis Claude die Umarmung löste sie verschmitzt anlächelte. „Viel mehr bin ich hier, um dir während deiner Genesung Gesellschaft zu leisten, also auf ins Bett.“ Er stützte sie, damit sie sich wieder hinlegte und streifte dann seine Schuhe von den Füßen, um endlich den leeren Platz an ihrer Seite zu füllen und das Kissen, Bettlaken und die Decke in seinen Duft einzuhüllen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)