Facing death von Scharon ================================================================================ Prolog: Was uns hier her brachte -------------------------------- Der Wind verwirbelt meine dunklen Locken als ich auf Akutagawa hinunter blicke. Bäuchlings liegt er auf dem Boden, unter ihm eine Blutlache. Es ging nicht anders, das ist mir klar. Dennoch wünsche ich mir, es hätte einen besseren Weg gegeben. Ich gehe zu ihm, knie mich mit einem Knie auf dem Boden neben ihn. Den Gnadenstoß habe ich ihm versetzt, ich habe gewonnen. Und doch... Es fühlt sich an als hätte ich versagt. Nicht als Detektiv, der einen Massenmörder zur Strecke gebracht hat, sondern als Mensch. Mir ist schmerzlich bewusst, wie sehr er zu mir aufgesehen hat. Ebenso weiß ich, dass ich seinen Blick nie erwidert habe. Ich atme leise durch, dann strecke ich meine Hand nach ihm aus. Wenigstens jetzt, auch wenn er es nicht mehr spürt, möchte ich ihm zeigen, dass er mir nie so egal war, wie er es glaubt. Geglaubt hat. Deine Schuhe knirschen auf dem Kies, ein Stück hinter mir. Sicherlich siehst du bedrückt zu uns rüber, traust dich aber nicht etwas zu sagen. Du hast alles mit angesehen. Den Kampf, Akutagawas mühselige Versuche mir ebenbürtig zu sein und auch seine Niederlage. Ich öffne den Mund, möchte etwas sagen, doch bevor auch nur ein Laut meinen Mund verlässt, fährt eine Energiewelle durch meinen Körper. Der reglose Körper vor mir schlägt die Augen auf und Rashomon schießt an seinem Rücken hervor. Geschockt bewege ich mich keinen Millimeter als die schwarzen Klingen meine Brust durchbohren. Mein Fehler. Ich bin zu früh sentimental geworden, habe nicht geprüft ob er noch lebt, bin einfach vom Gegenteil ausgegangen. Ich keuche auf, spucke Blut, während ich deinen Aufschrei hinter mir höre. Bedrückt ziehe ich die Augenbrauen zusammen und bewege meine Hand sanft durch seine schwarze Mähne. Er erschrickt, seine Augen fokussieren mich, er sieht mich an wie ein angeschossenes Reh. Sein Ende steht bevor, das ist mir klar. Dann habe ich wohl doch die Gelegenheit bekommen, auch wenn sie sich anders ergeben hat als erwartet. „Es...“, kommt es brüchig über meine Lippen, während ich alle Energie aufwenden muss, um mich auf den Beinen zu halten. „Es tut mir leid.“ Er keucht auf, dann beginnt seine Unterlippe zu zittern. Als er die Augen schließt, rollt eine einzelne Träne über seine Wange. Akutagawa. Es tut mir wirklich leid. Ich hätte so vieles tun und sagen sollen. Ich kann zusehen, wie sich sein Rücken senkt als die Luft seines letzten Atemzuges aus ihm fährt. Ich huste, färbe den Boden vor mir rot als der Schmerz meinen Körper betäubt. Meine Beine geben nach und ich falle zur Seite um, kippe auf den Rücken. Kapitel 1: Was es uns bringt ---------------------------- Schwer drückt mein Körper gegen den harten Steinboden unter mir. Ich kann mich nicht bewegen, alle Kraft hat mich verlassen. Mein Blick ist verschwommen, der Atem geht flach. Ich spüre die Wärme meines Blutes, wie es über meine Brust läuft. Mein Ende ist nah, ich kann es fühlen. Ich sterbe. Endlich. All das sinnlose Leben und die Mühen sind vorbei. Das ist, was ich mir so sehr erseht habe. Endlich. Durch meine rauschenden Ohren dringt deine Stimme. Du schreist meinen Namen, aus voller Brust. Verwischt erkenne ich deine Konturen, wie sich dein Gesicht aus den Farben über mir schält. Atsushi. Tränen überfluten deine Wangen, Hilflosigkeit und Verzweiflung teilen sich deinen Ausdruck. Es ist fast wie damals, als wir uns das erste Mal in die Augen geblickt haben. Doch seit dem ist so viel passiert. Du bist nicht mehr schwach. Weißt du das, Atsushi? „Dazai-san!“ Deine Stimme bricht. Ich merke, wie mein Körper geschüttelt wird, deine Finger bohren sich in meine Schultern. Immer wieder formen deine Lippen meinen Namen. Du willst mich nicht gehen lassen. Dabei weißt du doch auch, dass dies mein größster Wunsch ist. Es ist gut so. „Dazai-san...“ Viel mehr als ein Kratzen ist es nicht mehr, was deine Kehle verlässt. Ein Flüstern. „Bleib bei mir.“ Ein Ziehen fährt durch meine Brust. Atsushi. Es war schön dich kennen gelernt zu haben. Ich habe die Zeit mit dir immer genossen. Kannst du dich denn nicht für mich freuen? Ich habe doch mein Ziel erreicht. Endlich. Ich sehe in deine Augen, die wie eine warmer Sonnenaufgang zu mir hinunterblicken. „Bleib bei mir...“ Endlich? Warum bleibt das Gefühl der Erlösung aus? Ich hatte gehofft, dass es mich mit Glück und Erleichterung erfüllt, wenn ich es schaffe, meinen Tod zu finden. Ein Schluchzen, dann treffen mich deine Tränen auf die Wange. „Dazai...“ Tief über mich gebeugt bebt dein Körper vom Weinen. Atsushi. Du bist stark und mutig geworden. Ich bin so stolz auf dich. Warum habe ich dir das nie gesagt? Tränenerstickte Laute dringen an mein Ohr. „Verlass mich nicht...“ Atsushi. Deine Stimmt schnürt mir die Brust zu. Was soll das? Warum fühle ich mich als wäre es falsch? Mit Mühe schaffe ich es meinen Arm zu bewegen. Ich hebe ihn zu dir an, bis meine Hand dein Haar erreicht. Erstaunt siehst du zu mir runter, dann schlingen sich deine Finger um meine. Du bist so warm. Das fühlt sich gut an. Ich will das noch ein wenig spüren. Länger. „Atsushi-kun...“ Meine Stimme ist gebrochen, leise, kaum hörbar. Meine Hand wandert in deinen Nacken. Komm her, komm näher. Ich will, dass du mich hörst. Ich ziehe deinen Kopf zu mir runter, drücke deine Stirn an meine Brust, höre wie du überrascht aufkeuchst. „Atsushi...“ Was hast du aus mir gemacht? Ich will nicht gehen, will dich nicht verlassen. Das wird mir jetzt klar. Ich will bei dir bleiben. Ich... Ich will nicht sterben. Meine Finger drücken sich in dein Haar. Mit letzter Kraft hauche ich in dein Ohr, was ich in meinen Träumen nie erahnt hätte, dass diese Worte mal meine Lippen verlassen würden. „Rette mich.“ Dein Puls jagt durch meinen Körper. Ich spüre die enorme Energie, die du entfesselst als sich deine Arme um meinen Körper schlingen. Weich drückt sich das Fell an meine Wange. Deine Klaue hält meinen Kopf als wir mit einem Ruck den Boden verlassen. Dann wird alles schwarz. Epilog: Was es uns bringen wird ------------------------------- Ich schlage die Augen auf. Über mir erkenne ich die geflieste Decke des Krankenzimmers in unserer Detektei. Atsushi, du hast es geschafft. Ein Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen als ich mich aufsetze. „Hätte echt nicht gedacht, dass du jemals auf meinem Tisch liegen würdest.“ Yosano steht mit verschränken Armen vor mir und verzeiht das Gesicht als sich unser Blick trifft. „Redest immerfort davon, dass du sterben willst, doch kaum wird es ernst, ziehst du den Schwanz ein.“ Ich lege den Kopf zur Seite, halte mein Lächeln aufrecht. Ja, damit habe ich auch nicht gerechnet. „Du hast den Jungen bis ins Mark erschüttert.“ Vorwurfsvoll gleitet ihr Blick über mich, während ich meinen Mantel überstreife. „Er kam hier rein, hat kaum noch was gesehen, so geschwollen waren seine Augen.“ Ich senke den Blick. „Hat meine Tür mit seinen Pranken eingetreten.“ Ich hatte erwartet, dass du den Tiger zur Hilfe rufst und auch ein wenig, dass du die Fassung verlierst. „Er hat behauptet, du hättest ihn gebeten dich zu retten.“ Ich sehe wieder zu ihr auf. „Hab ihm erst nicht geglaubt, doch er hat so sehr geweint, dass es wohl die Wahrheit ist.“ Ich stehe auf und nicke. „Aus dir werde ich echt nicht schlau, Dazai-san.“ „Danke.“ Sie blinzelt überrascht. „Danke, dass du mich behandelt hast, auch wenn ich es dir eigentlich verboten habe.“ Sie schüttelt den Kopf. Ich nicke ihr lächelnd zu und verlasse den Raum. Wie erwartet sitzt du gleich neben der Türe, hockst auf dem Boden, die Knie ans Gesicht gepresst und umklammerst deine Beine. Deine Haltung versichert mir, dass du Angst hast. Ich seufze lautlos. Das ist meine Schuld, ist mir klar. Mit leichtem Druck lege ich die Hand auf deine Schulter und du zuckst zusammen. „Atsushi-kun.“ Langsam drehst du mir den Kopf zu, siehst mich fassungslos an. „Dazai-san...“, formen deine Lippen, doch kein Ton ist zu hören. Ich lächle sanft. Es dauert einen kleinen Moment, ehe du begreifst, dass ich vor die stehe. Dann schießen die Tränen in deine Augen. „Dazai-san!“, schreist du gequält und schießt zu mir in die Höhe. Ich spüre, wie sich deine Arme um meinen Körper legen und du dein Gesicht an meine Brust drückst. Überrascht hebe ich die Hände, hatte nicht mit so einer impulsiven Handlung gerechnet. Dabei ist das doch so natürlich für dich. Du schluchzt, weinst lautstark in mein Hemd, während du den Kopf leicht hin und her bewegst. Kuschelst du dich an mich, Atsushi? Das Lächeln kehrt zurück auf mein Gesicht und ich lege die Arme um die schmalen Schultern vor mir. „Atsushi-kun... Danke, dass du mich gerettet hast.“, sage ich mit warmer Stimme, drücke dich an mich und fahre durch dein wildes Haar. Du schniefst, dann lehnst du dich zurück. „Gern geschehen.“ Ich sehe dich erstaunt an. Mit geschlossenen Augen schenkst du mir ein unerwartet erfülltes Lächeln. Ich spüre mein Herz schlagen, so sehr fährt deine Wärme in meine Brust. „Ich bin so glücklich.“ Ein Lachen schüttelt deinen Körper. „...so glücklich, dass du lebst.“ Ist das so Atsushi? Mein Leben, bedeutet dir so viel? Zärtlich legt sich das Lächeln auf meine Lippen. Dann... werde ich darauf aufpassen. Für dich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)