A Monster's Diamond von Kikono-chan (Sozialstunden mit Folgen) ================================================================================ Kapitel 1: Part 1 ----------------- >> A Monster's Diamond - oder auch Sozialstunden mit Folgen « » Part 1 « Warum tun wir das hier noch einmal genau? Ach ja! Weil mein bester Kumpel gerade wieder so eine größenwahnsinnige Phase hat, und diese unbedingt ausleben muss. Aber warum zieht er mich da eigentlich immer mit rein? Etwa weil wir beste Freunde sind? Meine Mutter hatte Recht... Ich hätte mir meine Freunde wirklich besser aussuchen sollen... Wie sagt man doch gleich so schön: Wer den Schaden hat... Und so schleiche ich, mein Gesicht wohlverborgen hinter meiner blau-weiß gestreiften Maske, hinter Kid her. Gerade sind wir durch ein nicht geschlossenes Fenster im ersten Stock einer Wohnung eingestiegen. Wer sich jetzt fragt, warum wir das hier tun, der wartet vergeblich auf Antworten. Selbst ich weiß nur in den seltensten Fällen, was wirklich in Kids Kindskopf vor sich geht. Meistens tippe ich einfach ins Blaue und sehe dann anhand seiner Mimik, ob ich ins Schwarze getroffen habe oder nicht. Zu meinem (Un)Glück liege ich damit auch noch fast immer richtig. Was wiederum zu der irrtümlichen Annahme geführt hat, ich wüsste IMMER, was für Zahnräder sich da unter dem roten Schopf gerade drehen - oder eben auch nicht drehen. Vermutlich will er seiner neuen Flamme - diesem Schlitzohr von einem Chirurgen Trafalgar Law - irgendetwas beweisen, was diese Aktion hier zur Folge hat. Ich glaube allerdings, dass er sich dieses Mal mit seinem Vorhaben gewaltig überschätzt hat. Und das nicht zuletzt, weil mich bereits seit geraumer Zeit das Gefühl beschleicht, dass wir in die falsche Wohnung eingestiegen sind. Suchend sehe ich mich in der Küche um. Hoffe auf irgendein Indiz, welches dieses Unwohlsein in Wohlgefallen umwandelt. Stattdessen passiert das genaue Gegenteil. Ich weiß genau, dass Trafalgar ein Kaffeesüchtiger ist - hier ist aber nicht einmal die Spur einer Kaffeemaschine zu finden. Ein flüchtiger Blick in die Schränke bestätigt dies. Keine Kaffeemaschine. Nicht einmal Kaffeepulver. Dafür jede Menge Teesorten, heiße Schokolade und Fruchtsirup. "Kid!" zische ich dem Hünen hinterher, der bereits um die Ecke verschwunden ist. "Alter, komm wieder zurück - das ist die falsche Wohnung!" Angesprochener streckt mit fragendem Gesichtsausdruck seinen Kopf wieder durch die Küchentür. "Quatsch nicht, Killer. Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass wir richtig sind. Straße und Hausnummer stimmen überein." Damit ist das Thema für ihn beendet. Ob ich ihm vielleicht sagen sollte, dass es auf dem gleichen Hausflur noch zwei weitere Wohnungen gibt? Kopfschüttelnd trotte ich hinter ihm her - es hätte keinen Zweck, ihm das zu verklickern. Er würde mir ohnehin nicht zuhören. So ist er eben. Wenn er der Meinung ist, er hat Recht, dann hat er auch Recht. Und zwar so lange, bis er sich selbst vom Gegenteil überzeugt hat - aber selbst dann würde er es niemals offen zugeben. Im Flur bleibe ich kurz stehen und mustere einen Gegenstand, der mein Interesse geweckt hat. Nicht, weil dieser irgendwie wertvoll ist oder dergleichen. Nein. Ich habe so etwas nur einfach noch nie gesehen. Wozu braucht jemand so etwas? Vorsichtig hebe ich das Stoffteil hoch, welches sich als eine Art Kopfbedeckung entpuppt. Schwarz. Mit dunkelblauen Flügeln als Ohrenschutz. Der Kappenschirm quietschgelb, und oben auf sitzt eine leuchtend rote Bommel. Wer bitte trägt denn so etwas? Mit einem breiten Schmunzeln will ich das Teil eigentlich gerade wieder dahin zurücklegen, wo ich es hergenommen hatte, aber etwas lässt meine innere Alarmglocke schrillen. Warum ist es plötzlich so verdächtig still? Müsste ich nicht eigentlich Kids schwere Stiefel durch die Wohnung stapfen hören? Und warum ist es eigentlich so hell? "Was genau machen Sie in meiner Wohnung, Mister...?" vernehme ich eine noch verschlafene aber dennoch bedrohlich brummende Stimme in meiner Nähe. Ups. Und was mache ich nun? Eigentlich gibt es ja nichts, wofür ich mich rechtfertigen müsste - hab ja schließlich nichts getan. Wir haben uns lediglich in der Tür geirrt - ähm, im Fenster. Also lege ich so viel Ruhe und Gelassenheit in meine Stimme, wie nur irgendmöglich. "Einbrechen." Verdammt, nun konnte ich mir ein Grinsen doch nicht verkneifen - das hat der Kerl sicher gehört. Der junge Mann mit dem kupferbraunen Haar und den leuchtend grünen Augen steht mir einfach nur fassungslos gegenüber. Mit der Antwort hat er anscheinend nicht gerechnet. Tja, was soll ich sagen? Bin halt einfach zu ehrlich... Einige Zeit später befinde ich mich genau deswegen dann auch auf der Polizeiwache. Ein amüsiertes Grinsen auf meinen Lippen, ein zorniges, nach unten zuckendes 'Grinsen' auf denen des Polizisten mir gegenüber. "Ich frage Sie jetzt zum letzten Mal: Was hatten Sie in der Wohnung zu suchen?" keift er mir entgegen, seine Züge wutentbrannt. Meine Antwort: Ein Schulterzucken. Seine Reaktion: Das Zerstören der Holztischplatte mit seiner Faust. Wie ich diese konstruktiven Unterhaltungen doch schätze. Erinnert mich irgendwie stark an meinen besten Kumpel. Das Ende vom Lied: Da nichts und niemand zu schaden kam, auch nichts entwendet wurde und ich Stillschweigen über meine Beweggründe bewahrte - und darüber, dass ich nicht alleine unterwegs gewesen war - konnten die netten Beamten mich lediglich zu Sozialstunden verdonnern wegen unbefugten Eindringens in eine fremde Wohnung. Stört mich nicht. Hat es noch nie. Es ist ja nicht so, dass das hier mein erster Besuch bei den netten Herren in Uniform wäre. Ich bin eigentlich ein gesetzestreuer Bürger. Nur dank Kid viel zu oft zur falschen Zeit am falschen Ort. Wäre er jetzt mit hier, würde diese Situation mit einer Schüssel Popcorn durchaus einen hohen Unterhaltungswert bekommen. Vielleicht sollte ich meine Verschwiegenheit wirklich noch einmal überdenken, damit ich hier nicht immer alleine herum sitzen muss, geht es mir durch den Kopf, während der Polizist schimpfend und fluchend versucht, mir zu erklären, wo ich mich denn dieses Mal nützlich machen darf. Artig lass ich mir die Adresse aufschreiben, wo ich wann zu erscheinen habe und verlasse dann, mich höflich verbeugend, für die Umstände entschuldigend und mit einem "Gute Nacht, Herr Officer." das Polizeirevier. Drei Tage später stehe ich vor einem mehrstöckigen Bürogebäude mit Glasfensterfront. Schnell die unbändige blonde Mähne mit einem Haargummi zusammen gebunden und auf geht die wilde Fahrt. In der Empfangshalle lächelt mir eine junge Frau mit kurzen blauen Haaren und Brille entgegen und winkt mich zu sich. "Guten Morgen, Sir. Sie müssen Herr Kira sein, hab ich Recht?" Ihre freundliche Art ist mir irgendwie sofort sympathisch. "Nur Kira, bitte." Eigentlich hasse ich es, wenn die Leute mich bei meinem richtigen Namen rufen aber was soll ich machen? "Ah, in Ordnung. Also, ich hole nur eben ein paar Sachen für Sie - wenn Sie so lange hier auf mich warten würden?" Damit eilt sie um den Tresen herum, geht an mir vorbei und... stolpert. Natürlich greife ich reflexartig nach ihrem Arm, um den Sturz zu verhindern und ziehe sie wieder hoch auf ihre Füße. Gefühlte tausend Entschuldigungen und Danksagungen stammelnd setzt sie ihren Weg fort. Gedanklich füge ich dem 'sympathisch' noch ein 'niedlich tollpatschig' hinzu, hole aus meiner Hosentasche mein Messer und fange an, nur so zum Zeitvertreib damit herumzuspielen. Bin mal gespannt, zu welcher Arbeit ich hier genau verdonnert werde. Vielleicht darf ich dem kleinen Tollpatsch ja über die Schulter gucken? Dann wäre es auf jeden Fall nicht langweilig und ich hätte stets etwas zu lachen. Plötzlich wird mir mein Allerheiligstes geschickt entrissen und verdutzt schaue ich in das Gesicht der Blauhaarigen, die mich tadelnd ansieht und dabei ihre Brille zurecht rückt. "Mit solchen Waffen spielt man nicht! Jemand könnte sich dabei verletzen!" Dann mustert sie das Messer kurz, nickt einmal, bevor sie es geübt durch ihre Finger gleiten lässt und dann hinter dem Tresen verstaut. "Sie bekommen es nach Dienstschluss wieder." und dann kommt noch ganz beiläufig: "Es ist in einem guten Zustand - ist es neu?" "Nein, hab's schon seit 'ner halben Ewigkeit." antworte ich ganz reflexartig. Rede ich gerade mit einer Frau über mein Messer? Ok. Ich muss hier weg. Doch im selben Moment drückt sie mir einen Stapel mit Klamotten und Arbeitsstiefel in die Hand. "Da hinten sind die Umkleiden. Hier ist Ihr Spindschlüssel, den sie so lange, wie Sie bei uns sind, behalten werden. Gehen Sie sich bitte umziehen und melden Sie sich dann im dritten Stock beim Chef. Viel Spaß." Fröhlich grinsend winkt sie mir hinterher, während ich mich in die Richtung aufmache, in die sie zuvor gedeutet hat. In der Umkleide erwartet mich dann der Schock meines Lebens. Nachdem ich die Stiefel beiseite gestellt hatte, um mich den Klamotten zu widmen, ist mir so ziemlich alles aus dem Gesicht gefallen. Die wollen mich doch verarschen! Dieses Teil hier werde ich unter gar keinen Umständen anziehen! NIEMALS! Schnaubend stopfe ich das hässliche Teil also in meinen Spind, zusammen mit den Stiefeln, und mache mich auf in den dritten Stock. Die Tür zum Büro des Chefs ist nicht schwer zu finden - immer dem lauten Gemotze nach. Dort angekommen, lasse ich mich geschmeidig auf den Stuhl nieder und grinse den Mann Mitte 30 herausfordernd an. Brummend betrachtet er mich, seine zwei Zigarren paffend, die Mundwinkel tiefer nach unten gezogen, als die des Polizisten, der mich vor wenigen Tagen noch verhört hat. Eben ein echter Charmebolzen. "Warum tragen Sie ihre Arbeitskleidung nicht?" blafft er mich direkt an. So ein reizendes Kerlchen. Ich wünsche zur Begrüßung eigentlich immer einen 'Guten Tag' oder dergleichen, er zieht es anscheinend vor, seinem Gegenüber ins Gesicht zu spucken beim Reden. Warum nur fühle ich mich so heimisch? "Beige steht mir nicht so." geb ich gelassen zurück und bringe dadurch seine Wutader zum Vorschein. Der Typ ist sogar explosiver als Kid - dass so etwas überhaupt möglich ist, hatte ich bisher stets ausgeschlossen. Hier und heute darf ich mich vom Gegenteil überzeugen. "PENG!" brüllt er über die gesamte Etage - und ich möchte wetten, man hört ihn auch noch in der Eingangshalle. Hinter mir höre ich gemächliche Schritte. Anscheinend hat es der Gerufene nicht besonders eilig zu seinem Chef zu kommen. Einige Schritte hinter mir bleibt die Person dann stehen. "Deine Hilfskraft. Mach mit ihm, was du willst. Aber entferne ihn aus meinem Büro!" und schon dreht der Sessel sich mitsamt Chef um und kehrt uns den Rücken zu. Mit einem genervten Stöhnen wendet sich die, mir noch unbekannte, Person wieder zum Gehen, hält aber noch einmal kurz inne. "Kommst du jetzt oder willst du hier Wurzeln schlagen?" Ganz langsam drehe ich mich in einer unschönen Vorahnung um - ich habe diese Stimme erst ein einziges Mal gehört, bin mir aber ganz sicher, dass ich weiß, zu wem sie gehört. Ein Blick über meine Schulter und ich muss kurz schlucken. Verflucht noch eins! Bin ich echt ein so schlechter Mensch geworden, dass Karma mir das auf diese Weise heimzahlen muss?! Nicht nur, dass ich die Stimme wiedererkannt habe, auch diese Kopfbedeckung würde ich überall genau dieser Stimme zuordnen können. Oder täuschen meine Ohren mich und es gibt ganz zufällig in genau dieser kleinen Stadt noch eine zweite Person mit einer absolut identischen Kappe? Wohl kaum... Der quietschgelbe Schirm, die dunkelblauen Ohrenschützer, die rote Bommel - ich stehe gerade dem Menschen gegenüber, bei dem ich vor wenigen Tagen durch's Fenster gestiegen bin... (Fortsetzung folgt...) Kapitel 2: Part 2 ----------------- >> Part 2 « Ein diabolisches Grinsen stiehlt sich auf die Züge meines Gegenübers. "Wie klein die Welt doch ist..." und im nächsten Moment verschwindet es wieder. Warum beschleicht mich gerade das Gefühl, dass ich in Teufels Küche geraten bin? "Ich habe eine ganz einfache Regel, die jeder befolgen sollte, der mir unterstellt ist: Was ich sage, wird gemacht. Ende der Diskussion. Halte dich dran, und du wirst nichts vor mir zu befürchten haben. Tanz mir auf der Nase herum, und du wirst dir wünschen, nie in diese Welt geboren worden zu sein." Ob ich auch einfach zu hause bleiben kann? Das würde diese explosive Spannung gerade definitiv entschärfen. Kid wird büßen! Dieses Mal wird er für die Scheiße büßen, in die er mich geritten hat! "Und jetzt geh dich umziehen. So nehme ich dich nicht mit." reißt seine Stimme mich aus meinen Gedanken, der Tonfall schärfer als jede meiner Klingen. "Ich zieh diesen hässlichen Müllsack ganz sicher NICHT an!" Zu spät bemerke ich, dass mein Gegenüber genau dieses besagte Kleidungsstück bereits trägt, die Hände vor der Brust verschränkt, den Stiefel im beunruhigenden Takt tippend. Zugegeben, an ihm sieht es ganz passabel aus. Und dann ist da wieder dieses teuflische Grinsen, das mir so gar nicht behagt. "Schön. Wenn du nicht willst. Ich zwinge dich nicht. Aber dann gehst du eben nackt putzen." "Das ist nicht dein Ernst?!" "Doch. Du hast die Wahl: Der Overall oder gar nichts. In fünf Minuten bist du am Empfangstresen." damit lässt der Kappenträger mich stehen und schlendert völlig entspannt den Flur entlang zur Treppe. Fünf Minuten? Ich habe ja schon fast sieben Minuten hier hoch gebraucht! Ich könnte mein Glück herausfordern und, so wie ich jetzt bin, zurück zum Empfangstresen - allerdings befürchte ich, dass das für meine Gesundheit nicht sehr ratsam ist. So schmächtig der junge Mann in dem Overall auch aussehen mag, ich habe ihn in jener Nacht nur in Shorts gesehen - und da waren verdammt gut trainierte Muskeln sichtbar! "Verflucht!" Meine Hand donnert gegen die dünne Gipskartonwand und hinterlässt eine unschöne Delle. Shit. Da höre ich auch schon das zutiefst beunruhigende Gepolter des Chefs, dessen Wand ich gerade fast zertrümmert habe. Schleunigst nehme ich die Beine in die Hand und sprinte zurück zu den Umkleiden. Pünktlich, wie ich nun einmal bin, lehne ich am Tresen, die Hände tief in den Taschen des Ganzkörperkondoms vergraben. Nein, ich bin nicht zufrieden mit meiner Situation! Plötzlich tippt mir jemand von hinten auf die Schulter. "Herr Kira?" spricht mich eine weibliche Stimme an. Genervt rolle ich mit den Augen. "Nur Kira, ohne Herr, bitte!" Noch während ich mich umdrehe, kichert die Frau bereits und dann erkenne ich sie auch wieder: Die blauhaarige Empfangsdame. Das sympathische, tollpatschige Mäuschen, das mich um mein Lieblingsmesser erleichtert hat. "Ich habe eben eine Nachricht für Sie erhalten. Sie werden in der Tiefgarage erwartet." Dann mustert sie mich auf eine eigenartige Art und Weise, rückt ihre Brille zurecht und legt den Kopf schief. "Irgendetwas fehlt..." Ja, meine Männlichkeit! Die hat sich nämlich im Spind versteckt, als ich den Strampleranzug angezogen habe - und verweilt seither dort! Der liebenswerte Tollpatsch kommt zu mir herum gelaufen, stellt sich vor mir auf die Zehenspitzen und setzt mir etwas auf den Kopf. Was genau tut dieses Weib da?!? Kritisch beäugt sie mich. "Nein, lieber so." dann friemelt sie mir erneut an der Kopfbedeckung herum und lächelt dann zufrieden. "Besser." Zufrieden mit sich und der Welt hält sie mir einen Spiegel vor die Nase. Das hat sie nicht wirklich getan oder? Resigniert seufzend, zwinge ich mich dann doch zu einem dankbaren Lächeln. Sie hat es getan. Sie hat mir allen Ernstes ein Kappi aufgesetzt. Verkehrt herum. Jetzt seh ich aus wie ein pubertierender Teenager. Andererseits... so erkennt mich auch niemand auf der Straße. "Bekomm ich dann jetzt mein Messer wieder zurück?" versuche ich es. Höflich. Freundlich. Doch Trottelinchen grinst mich nur breit an, schüttelt mit dem Kopf und entfernt sich wieder von mir, nicht jedoch, ohne noch ein paar Schritte rückwärts zu stolpern. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen bewege ich mich dann endlich Richtung Tiefgarage, wo mein neuer Peiniger mit Sicherheit schon auf mich wartet und mich dafür tadeln wird, dass ich viel zu lange gebraucht habe. Ich kann ja nichts dafür, dass die Empfangsdame lieber mit mir flirtet, als mich zur Arbeit zu schicken. Als ich unten ankomme, sehe ich mich kurz um und entdecke dann, wonach ich gesucht habe: Lässig an einer Säule lehnend, steht mein neuer Vorgesetzter. Meine Schritte hallen viel zu laut an den Wänden wieder, wodurch ich seine Aufmerksamkeit errege. Wie erwartet, kassiere ich einen eiskalten Blick. Wie ich das erkennen kann? Nun, er hat demonstrativ seine Kappe mit dem Zeigefinger etwas höher geschoben und damit eines seiner giftgrünen Augen entblößt. "Hast du dich unterwegs verlaufen, oder was?" pöbelt er mich an, kehrt mir aber gleichzeitig den Rücken zu - anscheinend erwartet er keine Antwort oder er will sie gar nicht hören. Zielsicher steuert er auf einen großen blauen Transporter zu und steigt ein. Wortlos folge ich ihm. Nachdem ich mich auf den Beifahrersitz geschwungen habe, ziehe ich mit etwas zu viel Kraft die Tür zu. Der Knall hallt durch die gesamte Tiefgarage. "Das ist kein Panzer!" werd ich von der Seite angefaucht. Ganz langsam drehe ich mich zu ihm. "Der Schließmechanismus ist defekt. Das ist mir beim Einsteigen nur aufgefallen. Liebevoll zuziehen geht da nicht, dann rastet das Schloss nicht ein. Ich weiß, wie man eine Autotür schließt." antworte ich ganz gelassen. Und genau jetzt hat der Kerl den gleichen Gesichtsausdruck, wie Kid ihn damals hatte, als wir in einer ähnlichen Situation waren. Allerdings war sein "Schätzchen" bereits mehr Schrottmühle als alles andere. Ich habe selten soviel Rost und defekte Teile an einem Auto gesehen, wie an seinem. Der Kappenträger legt den Kopf schief und mustert mich eingehend. "Was machst du sonst, wenn du nicht gerade bei fremden Menschen einbrichst?" fragt er mich ehrlich interessiert. Ich kann mir ein Auflachen nicht verkneifen. "Eigentlich sollte es nicht durch ein fremdes Fenster gehen. Eher durch ein bekanntes. Aber es soll Menschen geben, die im Dunkeln nur schlecht sehen können." Er stützt seinen Ellbogen gegen das Lenkrad und seinen Kopf auf die Hand, den Blick immer noch auf mich gerichtet. "Da hat sich also jemand im Fenster geirrt, ja?" "Passiert schon mal. Machst du nie Fehler?" Nun bin ich es, der ihn eindringlich mustert. Er muss schmunzeln. Dann startet er den Motor, parkt geschickt das Monstrum eines Transporters aus der engen Parklücke und fährt aus der Tiefgarage. Er lenkt unser Gefährt auf die viel befahrene Straße und fädelt sich in den Berufsverkehr ein. "Also." beginnt er nach einiger Zeit wieder. "Womit verdienst du sonst deinen Lebensunterhalt?" Ich schaue aus dem Fenster. Warum sollte ich ihm antworten? Ich werde nur vier Wochen hier sein - kein Grund ihm meine Lebensgeschichte zu erzählen oder gar Freundschaften aufzubauen. Oder? Überlegend lenke ich meinen Blick doch wieder zu meinem Gesprächspartner zurück und beobachte ihn eine Weile. Er hat bereits in der Tiefgarage ehrliches Interesse an mir bekundet - das habe ich deutlich aus seiner Stimme hören können. Aber will ich mich wirklich darauf einlassen? Immerhin ist er praktisch ein Wildfremder. Etwas verstört sieht er zu mir herüber, wirft schnell einen prüfenden Blick auf den Verkehr und sieht mich wieder an, nachdem wir an einer roten Ampel angehalten haben. "Was? Hab ich was im Gesicht?" Belustigt schüttel ich den Kopf. "Nein. Naja... wenn man von dieser merkwürdigen Kappe mal absieht." fange ich an zu sticheln. Und tatsächlich springt er darauf an. "Die ist nicht 'merkwürdig'! Sie war ein Geschenk von meinem besten Freund." "Freund oder 'Freund'?" setzte ich neugierig nach. Puterrot fährt er zu mir herum. "Einfach nur ein guter Freund! Was denkst du denn? Als ob ich Zeit und Nerven für eine richtige Beziehung hätte..." Immer noch grinsend, lehne ich meinen Kopf zurück in das Polster und schließe die Augen. Er ist also Single... Irritiert von meinem eigenen Gedanken, reiße ich die Augen wieder auf und blinzel ein paar Mal. Warum bitteschön interessiert mich das? "Wir sind da." reißt seine Stimme mich aus meinem tranceähnlichen Zustand. Oder bin ich doch kurz eingenickt? "Sag mal, wie heißt du eigentlich? Smoker war ja nur knapp angebunden gewesen." Ein böses Grinsen umspielt meine Lippen. Ich stelle mich direkt vor ihn, recke meinen Kopf zu seinem Ohr und flüster: "Killer." (Fortsetzung folgt...) Kapitel 3: Part 3 ----------------- >> Part 3 « "HAAAAHAAAHAAAAHAAAHAAAHAAAAAAA" Seit geschlagenen 25 Minuten lacht Kid mich jetzt schon aus. Wie genau er das anstellt, ohne blau anzulaufen zwecks Sauerstoffmangel, ist mir ein echtes Rätsel. Ok, zum Teil bin ich auch selbst mit daran Schuld. Was bin ich auch so kurzsichtig und behalte den Overall einfach an? Lasse mich von Penguin sogar direkt vor Kids Haustür absetzen, statt zurück mit ihm zur Firma zu fahren, mir meine Klamotten wieder anzuziehen und... SCHEIßE! Meine Maschine steht da noch! "Ok, Kid, du hast dich genug amüsiert für heute - wir müssen mein Baby retten gehen!" damit pack ich ihn am Ohr und zieh kräftig - wie zu erwarten, bricht sein Gelächter augenblicklich ab und er baut sich vor mir auf. Doch noch ehe er zu einer seiner berühmten Schimpftiraden ansetzen kann, erhebe ich schon meine Stimme. "Keine Zeit dafür, Kid. Wir müssen meine Maschine zurück nach Hause holen." Ungläubig stapft der Hüne hinter mir her, während ich ihm seinen Mantel und seine Autoschlüssel reiche. "Du hast allen Ernstes dein Baby da stehen lassen?" Ja, und nicht nur das - wie mir gerade wieder einfällt - mein Messer liegt ebenfalls noch in der Firma! Kid muss natürlich seinen fetten Jeep mitten in der Auffahrt der Firma parken. Die Scheiben herunter gelassen, den Bass auf Anschlag gedreht. Kann er nicht einfach unauffällig wieder zurück fahren? Er muss nun wirklich nicht auf mich warten - ich bin schon alt genug, den Weg allein nach Hause zu finden - wirklich! Auf dem großen Parkplatz angekommen, ist mein Motorrad eines der wenigen verbliebenen Fahrzeuge - nur zwei, drei Autos stehen noch. Na ja, man kann ja auch nicht erwarten, dass um 18:34 Uhr noch sonderlich viele Angestellte in so einer Firma herum wuseln. Leider ist mein kleiner Tollpatsch ebenfalls schon im verdienten Feierabend und somit komme ich weder an mein Messer, noch an meinen Spind. Und dann fällt mir noch etwas viel, VIEL schrecklicheres ein: Meine Schlüssel - inklusive der für meine Maschine - befinden sich in meiner Tasche, die in meinem Spind liegt. Das darf doch jetzt echt nicht wahr sein! Ich bin vom Pech verfolgt. Und Schuld ist einzig und allein Kid! Entschuldigend streiche ich über mein Baby. "Tut mir Leid, meine Süße. Ich werde dich erst morgen mitnehmen können." Ein langgezogener Seufzer entgleitet mir - vielleicht war es doch ganz gut, dass Kid noch nicht losgefahren ist. "Redest du mit all deinen Gegenständen, als wären sie deine Betthäschen?" erklingt gespielt amüsiert Penguins Stimme hinter mir. Seine Frage vorerst ignorierend, drehe ich mich zu ihm um - wenn er gerade aus dem Gebäude kommt... vielleicht kann er mich dann noch einmal kurz herein lassen? "Kommst du gerade erst aus der Firma?" "Ja, wieso? Hab eben abgeschlossen." Mein Ritter im weißen Overall! ... Jetzt bekomm ich schon Halluzinationen... "Du würdest mich nicht rein zufällig noch einmal rein lassen oder?" frage ich ihn mit einem verschmitzten Grinsen, welches er sofort erwidert. "Was bekomm ich dafür, wenn ich dir diesen Gefallen tu?" Ach, Mist - war ja klar, dass es nicht so einfach werden würde. "Ein fettes Dankeschön?" Er verschränkt gespielt beleidigt die Arme vor der Brust. "Reicht mir nicht." "Eine Kaffeemaschine?" sprudelt es einfach aus mir heraus - ich weiß ja, dass er keine besitzt. Doch er winkt ab. "Damit unliebsame Besucher einen Grund haben, mir noch länger auf die Nerven zu gehen? Vergiss es!" Grübelnd tippe ich mir ans Kinn. Was könnte ich dem Kappenträger bieten, damit er mich an meine Sachen lässt? Anscheinend wird es ihm zu langweilig, denn er löst seine abweisende Haltung, kommt direkt auf mich zu, reckt sein Kinn, bis nur noch wenige Zentimeter zwischen uns sind und grinst fies. "Die Zeit ist um. Ich fürchte, du musst ohne deine kleine Freundin nach hause, Killer~" dann geht er einfach seelenruhig an mir vorbei, als wäre nichts gewesen. Penguin, mein Lieber, du hast soeben sämtliche Sympathiepunkte bei mir verloren! Grummelnd wende ich mich mit blutendem Herzen von meiner Maschine ab. Ich bin schon einige Schritte weit gegangen, als ein Pfiff mich inne halten lässt. Irritiert wende ich den Kopf zurück in die Richtung, aus der ich gerade gekommen bin. Und erblicke Penguin, lässig an der Wand lehnend, einen Schlüssel hochwerfend und wieder auffangend, noch immer ein breites Grinsen auf seinen Lippen. "Hätte nicht gedacht, dass du so leicht aufgibst. Es sah eigentlich so aus, als würde dir etwas an deinem Schätzchen liegen." Ich. Bring. Ihn. Um! "Penguin!" knurr ich zu ihm herüber. "Das ist nicht witzig!" "Das kommt ganz auf den Blickwinkel drauf an - für MICH ist es witzig." Mit dem Zeigefinger schiebt er seine Kappe erneut ein kleines Stück nach oben, so dass ich zum zweiten Mal an diesem Tag eines seiner Augen zu Gesicht bekomme. Aber dieses Mal ist es nicht giftgrün und kalt, sondern wird von dem Licht der Abendsonne in einen mysteriösen Ton getaucht. Leuchtend. Warm. Fasziniert von diesem Anblick verraucht mein ganzer Ärger. Doch Penguin beendet den Zauber, indem er seine Kappe wieder über die Augen zieht. "Komm mit." dringen seine Worte in einem sanften Tonfall an mein Ohr. Wie ein treuer Hund dackel ich ihm hinterher. Ich sollte dankbar sein, dass er mich doch noch ins Gebäude lässt, oder? Aber warum habe ich dann das Gefühl, als hätte ich so eben ein wichtiges Spiel verloren? Weil es so ist, schießt es mir durch den Kopf, während ich den Overall abstreife. Ich bin ihm etwas schuldig - und wenn es etwas gibt, das ich nicht leiden kann, dann sind es offene Rechnungen. Schnell ziehe ich mich um, schnappe mir meine Tasche, überprüfe den Inhalt und nicke zufrieden. Alles noch da. Vor den Umkleiden wartet Penguin auf mich, aber ich fürchte, ich muss ihn noch einen Moment länger warten lassen - zuerst brauche ich noch mein Messer! Also flugs zum Tresen und... "Wo ist es?" murmel ich zu mir selbst. Hat der kleine Tollpatsch es etwa mitgenommen? "Was suchst du?" Penguin lehnt sich über den Tresen und mustert mich eingehend. "Na ja, kann mir ja auch egal sein. Falls es etwas ist, das dir Tashigi abgenommen hat, brauchst du danach nicht zu suchen. Es ist sicher eingeschlossen im Safe in ihrem Büro." Er deutet hinter mich und ich drehe mich um. Warum ist mir dieser Raum nicht schon heute morgen aufgefallen? Ich spähe durch die Scheibe. "Da ist aber gar kein Safe..." Penguin kichert belustigt. "Nur weil du ihn nicht siehst, heißt es nicht, dass er nicht da ist." Er kommt zu mir, legt seine Hand auf meine Schulter und deutet mit einer Kopfbewegung zum Ausgang. "Es ist hier sicher. Morgen fahren wir gleich hier her zurück, damit du Tashigi noch abpassen kannst." "Hm..." brumme ich nur zur Antwort und folge ihm mehr widerwillig als freiwillig zum Ausgang. Mit einer Genugtuung, wie ich sie selten in den letzten Tagen verspürt habe, schwinge ich mich auf meine Maschine - eine Kawasaki Ninja 650. Ich liebe dieses Model! Der Vorbesitzer hat sie sehr schlecht behandelt und ich brauchte mein ganzes Können, um sie wieder straßentauglich zu bekommen, aber es hat sich gelohnt. Und weil der grüne Lack schon komplett scheiße ausgesehen hatte, habe ich sie einfach in metalic lila umgespritzt - ich liebe es, wie diese Farbe das Sonnenlicht reflektiert! Außerdem passt sie so schön zu meiner wilden, blonden Mähne. Nein, ich bin nicht eitel oder eingebildet. Penguin steht neben meinem Baby und beäugt es kritisch. Also schiebe ich mein Visier hoch und grinse ihn herausfordernd an. "Lust auf eine Spritztour?" Ich halte ihm meinen Ersatzhelm hin, doch er weicht direkt zwei Schritte zurück. "Du willst nicht wirklich, dass ich mich auf dieses Monster setze?!" "Warum nicht? Jedes Monster ist nur so wild, wie sein Besitzer - und ich bin ein guter Fahrer. Na komm, ich bring dich nach hause - ich schulde dir noch was." Über sein Gesicht huschen eindeutige Züge, die in etwa so viel aussagen, wie: Willst du mich umbringen?! "Ich werde dich heil und unversehrt zu deiner Wohnung bringen, versprochen." starte ich einen zweiten Versuch. Ich sehe genau, wie er mit sich ringt. "Weißt du, ich hab es nicht sehr weit. Keine zehn Minuten Fußweg..." "Ich weiß." grinse ich verschmitzt. Immerhin war ich erst vor wenigen Tagen dort. "Spinner!" kommt seine lachende Antwort. Er schnappt sich den Helm, stopft seine Kappe in seinen schwarzen Rucksack und schwingt sich kurz darauf auf den Platz hinter mir. Ich starte den Motor, lass ihn zwei Mal laut schnurren und werf einen letzten prüfenden Blick zu meinem Sozius. "Halt dich gut fest." Dann fahren wir vom Hof Richtung Auffahrt, wo Kid noch immer wartet. Lässig lehnt er sich zu seinem Fenster heraus und betrachtet mit einem süffisanten Grinsen erst meinen Beifahrer und dann mich. "Mensch Killer, du schleppst schon nach dem ersten Tag das Personal ab? Schäm dich." Seine dreckige Lache lässt mich lediglich mit den Augen rollen. "Nicht das, was du wieder denkst, Kid. Ich bringe ihn nur nach Hause. Wir sehen uns." Und schon geb ich Gas, lass das Vorderrad kurz abheben - was Penguin dazu bringt, sich panisch an mich zu krallen - und schlage den Weg zu seiner Wohnung ein. "Bist du wahnsinnig?! Ich hätte fast 'nen Herzinfarkt erlitten!" schimpft Penguin hinter mir, während er sich noch immer fest in mein Hemd krallt. "Entschuldige, es überkam mich einfach." entgegne ich breit grinsend. Schon irgendwie niedlich, wenn er so ängstlich ist. Den ganzen Tag über hat er den Coolen raushängen lassen, sich keine Blöße gegeben und sich von nichts und niemanden einschüchtern lassen - doch jetzt hier in diesem Moment habe ich das Gefühl, ist er viel mehr er selbst. Ein seichtes Schmunzeln umspielt meine Lippen beim Gedanken daran, dass er mich hat hinter seine Fassade blicken lassen. Ob ich das auch kann? Mich ihm einfach so gegenüber öffnen? Warum überkommt mich überhaupt gerade jetzt das Verlangen danach? Einfach nicht weiter darüber nachdenken! Es sind nur vier Wochen. Danach wird wieder alles so sein, als wäre ich ihm nie begegnet. Ich werde wieder mit Kid in unserer Werkstatt arbeiten, Autos und Motorräder zusammenschrauben und reparieren. Meinem impulsiven, hitzköpfigen und sturen Kumpel wie immer in allen Lebenslagen zur Seite stehen, ihm den Rücken frei halten oder mich beschützend vor ihn werfen, wenn die Situation es erfordert. Immerhin hat er ein unglaubliches Talent dazu, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Vor allem, seit er sich Hals über Kopf verknallt hat. Direkt vor der Haustür zu dem Wohnkomplex, in dem Penguin lebt, halte ich. "Das war das erste und letzte Mal. Nur, damit du es weißt, Killer!" grummelt er mich von der Seite an und schmunzelnd drehe ich den Kopf zu ihm, während ich mein Visier wieder hochschiebe. "Immer wieder gern, Penguin." Er verdreht nur gespielt beleidigt die Augen, reicht mir den Ersatzhelm zurück und will gerade seine Kappe aus dem Rucksack ziehen, als die Haustür auffliegt und ein Energiebündel von einem Jungen heraus springt, Penguin direkt in die Arme. "Peeeeeeeeeeng!" Wie ein Flummi hüpft er auf und ab und lässt dem armen Kerl kaum mehr Luft zum Atmen, der verzweifelt versucht, sein neues Anhängsel von sich zu schieben. "Mann, Shachi, ist gut jetzt!" Und dann hält der Junge plötzlich inne, zieht einen Flunsch und wirft Penguin einen vorwurfsvollen Blick zu. "Warum trägst du sie nicht? Magst du sie nicht mehr? Magst du MICH etwa nicht mehr?" So langsam dämmert es mir: Von dem kleinen Energiebündel hat Penguin also die Kappe. Die er noch immer in seiner einen Hand hält. Bisher hat der kleine Nervzwerg ihn nämlich erfolgreich daran gehindert, sie wieder aufzusetzen. "Nein, Shachi, so ist das nicht! Ich musste sie kurzzeitig abnehmen aber jetzt..." er schafft es irgendwie die Kappe wieder auf seinem Kopf zu platzieren. "... habe ich sie ja wieder auf. Zufrieden?" Honigfarbene Augen strahlen dem Kappenträger entgegen. Ich würde sogar soweit gehen, zu behaupten, dass der Kleine kurz vorm Heulen ist vor Freude. "Penguin. Hast du endlich eine Kaffeemaschine mitgebracht?" ertönt plötzlich eine mir ziemlich vertraute Stimme. Eigentlich hätte ich es kommen sehen müssen oder? Immerhin sind Kid und ich nur seinetwegen hier eingebrochen. Ich drehe meinen Kopf von Penguin und seinem Anhängsel zur Haustür. Kalte, graue Augen treffen auf meine blauen und ein belustigtes Schmunzeln legt sich auf die Züge des schwarzhaarigen Mannes. "Na so eine Überraschung. Kommen wir heute auf normalen Pfaden hierher, Killer? Und wo hast du den Feuerteufel gelassen?" Er weiß also, was wir vorhatten. Natürlich weiß er es. Hinter diesen eiskalten Augen und dem bösen Grinsen arbeitet ein Verstand, schärfer und gerissener als der meinige. Und das will schon was heißen. Aus den Augenwinkeln kann ich deutlich sehen, wie Penguin mich mustert. Bisher habe ich nämlich alle im Glauben gelassen, das alles wäre auf meinem Mist gewachsen. "Ich habe lediglich Penguin nach Hause gebracht. Und warum fragst du den Teufel nicht selbst, wo er gerade steckt? Ich bin schließlich nicht sein Kindermädchen." Ich lege die gleiche Kälte in meine Worte, wie er in seinen Blick. Mir war dieser Chirurg noch nie geheuer gewesen. Warum musste Kid sich ausgerechnet in ihn vergucken? "Nein, das stimmt wohl. Eher sein Sündenbock." Seine Züge werden noch eine Spur kälter, während seine Mundwinkel noch etwas weiter nach oben wandern. Macht der Kerl sich einen Spaß aus meiner Situation? "Wenn ich ihn sehe, grüß ich ihn von dir, Trafalgar." damit schiebe ich mein Visier runter, starte meine Maschine und gebe ordentlich Gas. Bloß weg hier! Um den Kopf wieder frei zu bekommen, bin ich mehr als zwei Stunden durch die Gegend gefahren, bis ich letzten Endes in der Werkstatt gelandet bin. Prüfend habe ich alle Ecken und Schränke inspiziert - Kid hat tatsächlich alles ordentlich und aufgeräumt hinterlassen. Ich muss zugeben, dass ich positiv überrascht bin. Nur ein Auto steht noch auf der Hebebühne. Anscheinend ein Auftrag, der kurz vor Feierabend noch rein gekommen ist. Ich suche mir die nötigen Unterlagen zusammen und mache mich dann an die Arbeit. "Hier bist du also. Hab dich schon vermisst, Kira." erklingt eine tiefe Stimme. Ich rolle unter dem Auto hervor und blicke zu Kid auf, der mich mit einer unergründlichen Miene ansieht. "Jetzt werd nicht sentimental, Kid. Ich bin immer hier." Ich will schon wieder zurück unter das Auto rollen, als ich sehe, wie ein bitteres Lächeln über seine Züge huscht. So emotional kenn ich ihn ja gar nicht! Also setze ich mich auf und schaue meinen besten Freund ernst an. "Hast du getrunken?" "Quatsch! So eine Scheiße mach ich nicht mehr!" Er zieht sich einen Hocker heran und setzt sich in meine unmittelbare Nähe. "Law hat angerufen." Und das soll mir jetzt WAS sagen? Schön für ihn, wenn seine Flamme sich endlich einmal bei ihm meldet - hat ja nur drei Monate gedauert, bis er ihn endlich soweit hatte. Doch ich sage nichts, ziehe nur eine Augenbraue in die Höhe. "Wir haben uns 'ne Weile unterhalten." Tatsache! Am Telefon? Was er nicht sagt... Ich verkneife es mir, meinen Sarkasmus offen zu zeigen, schweige stattdessen weiter, warte darauf, dass er endlich in vernünftigen Sätzen mit mir redet. Sätzen mit Inhalt! Allerdings scheint das gerade zu viel verlangt zu sein, denn er starrt nur vor sich hin und bekommt die Zähne nicht mehr auseinander. Ich schlender zu unserer Kühlbox, hole zwei Energy Drinks heraus und werfe ihm einen zu. "Was wollte dein toller Todeschirurg denn von dir?" versuche ich ihn doch noch zum Reden zu bringen. Kurz funkelt er mich wütend an. Es ärgert ihn immer, wenn ich Trafalgar diesen Spitznamen aufdrücke. "Er hat nicht viel gesagt. Aber WIE er es gesagt hat..." Kid schüttelt sich kurz, als wäre ihm eiskalt. "Unheimlich." und dann grinst er wieder wie ein Honigkuchenpferd. "Ich könnt ihn jedes Mal fressen, wenn er so eiskalt tut." Gedanklich trifft mein Kopf die Arbeitsplatte. Kritisch. Eindeutig ein hoffnungsloser Fall. Verknallt bis über beide Ohren. Seufzend lass ich mich zurück auf das Rollbrett sinken und sehe meinen besten Freund eindringlich an. "Weiß er überhaupt, was du für ihn empfindest? Oder glaubt er, du willst ihn nur ins Bett kriegen?" Verdutzt sieht Kid mich an. Er hat es ihm also noch nicht gesagt. "Ist es nicht offensichtlich?" "Nein. Ich an Trafalgars Stelle würde denken, du bist ein durchgeknallter Stalker." Dem Teufel fällt alles aus dem Gesicht. Er ist es ja gewohnt von mir, dass ich absolut ehrlich zu ihm bin, aber... vielleicht ist das eben eine Spur zu ehrlich gewesen. "Du meinst also..." beginnt er zögerlich. "Mensch, Kid! Stell dich nicht so an! Lad ihn ein, unternimm was mit ihm. Zeig ihm, wer du wirklich bist, und was du empfindest - wenn du es schon nicht über die Lippen bringst!" Er richtet seinen Blick auf die Dose in seiner Hand und scheint zu grübeln. Das ist ja eine ganz neue Seite an ihm. "Warum sonst hätte er dich angerufen, wenn er nicht ebenfalls ein gewisses Interesse an dir hätte?" füge ich noch mit einem selbstsicheren Grinsen hinten an. Kid sieht mich erstaunt und leicht verwirrt an. "Eigentlich hat er mir nur gesagt, dass ich endlich erwachsen und meine Angelegenheiten selbst regeln soll, statt dich immer in die Scheiße zu reiten." Nun bin ich es, dem es die Sprache verschlägt. Wie...? Warum...? Was...? "Na ja, es waren nicht genau seine Worte - er hat es etwas... ähm... hochgestochener ausgedrückt. Aber ich glaube inhaltlich habe ich es richtig zusammengefasst." Mir will noch immer kein sinnvoller Satz dazu einfallen. "Ich bin eigentlich gekommen, um mich bei dir zu entschuldigen. Nicht nur für die letzte Aktion. Es ist nicht das erste Mal, dass du deinen Kopf für mich hinhältst. Danke, Alter." "Wer bist du und was hast du mit Kid gemacht?" rutscht es mir heraus, was den Hünen zum Lachen bringt. "Alles in bester Ordnung bei mir. Also, wie war das nochmal? Wo kann ich Law mit hinschleppen, um ihn endlich abzuschleppen?" Und da ist sie wieder: Die gedankliche Tischplatte. Dennoch muss ich schmunzeln. Es ist das erste Mal, dass Kid sich so offen bei mir bedankt hat. Dabei springt er selbst oft genug für mich in die Bresche. So war es schon immer. Und so wird es immer bleiben. (Fortsetzung folgt...) Kapitel 4: Part 4 ----------------- >> Part 4 « "Und jetzt?" fragt mich Penguin. Ich zucke nur mit den Schultern. Woher soll ich bitte wissen, was wir jetzt tun sollen? Ich habe bisher nie in einem Fahrstuhl festgesteckt! Normalerweise nehme ich nämlich die Treppe... Aber der Herr wollte ja unbedingt in den Metallkasten! Zu faul, alles bis nach oben zu schleppen - dabei hatte ich ihm sogar angeboten, seine Sachen ebenfalls zu tragen. Mir hätte es nichts ausgemacht. Aber nein! "Hast du schon auf den Knopf gedrückt?" antworte ich stattdessen. Mir ist bewusst, dass das keine besonders konstruktive Antwort ist. Immerhin scheint der Strom ausgefallen zu sein - da funktionieren auch die Notrufknöpfe, wenn überhaupt, nur noch bedingt. Penguin schüttelt nur verständnislos den Kopf, begibt sich in eine Ecke und lässt sich dort auf den Boden gleiten. "So eine verfluchte Scheiße!" knurrt er und wirft seine Kappe vor sich zu Boden, um sich dann durch seine kupferbraunen Haare zu fahren. Er hat anscheinend wirklich keinen Plan, was er jetzt tun soll. Als ob es nicht schon kompliziert genug ist, seit dem Aufeinandertreffen mit Trafalgar. Penguin hat eine gesamte Woche lang versucht, herauszufinden, was da wirklich vorgefallen war. Ob das wirklich mein alleiniges Verschulden gewesen ist. Oder ob ich Buße tu für irgendetwas oder -jemand. Ich habe mich daraufhin nur in Schweigen gehüllt, ihn weitestgehend ignoriert oder bin ihm, so gut es ging, aus dem Weg gegangen. Ich hasse es, wenn jemand versucht, in mein Privatleben einzudringen! Und der Kappenträger ist verflucht hartnäckig, was das angeht. Danach folgten noch zwei weitere Wochen beharrlichen Schweigens. Selbst auf seine ganzen Anspielungen - wo ich so gut putzen gelernt hätte, das könne ja nicht mit rechten Dingen zugehen, dass ich das besser könne, als er - bin ich nicht eingestiegen. Wollte ich nicht einsteigen, denn das hätte unweigerlich dazu geführt, dass wir eine Bindung zueinander aufbauen. Und genau das will ich nicht mehr. Ich habe genug von falschen Spielen und vorgeheuchelten Gefühlen. Also habe ich mich einfach immer mehr zurück gezogen. Außerdem geht es niemanden etwas an, was Kid und ich so treiben. Allerdings habe ich das Gefühl, dass der Kappenträger, je mehr ich mich zurückziehe, nur noch hartnäckiger wird. Penguin ist keiner von den Menschen, die man durch Schweigen einfach wieder loswird. Und insgeheim möchte ich das auch gar nicht. So sehr ich mich auch dagegen gewehrt habe die letzten Wochen, Penguins Nähe ist mir nicht unangenehm. Sein ehrliches Interesse an mir - und seine Hartnäckigkeit - weckt ein Gefühl, dass ich so schon lange begraben glaubte. Aber immer wieder rufe ich mir ins Gedächtnis, dass das hier nur eine Beziehung auf Zeit ist. Eine rein geschäftliche Beziehung! Ich muss hier meine Sozialstunden abreißen und fertig. In nicht einmal mehr einer Woche werde ich wieder von hier verschwinden. Und aus Penguins Leben. Seufzend lehne ich mich gegen die kalten Stahlwände. Schlimmer kann es ja kaum noch kommen oder? Und in genau diesem Moment rumpelt die ganze Kiste bedrohlich. Es kracht und donnert. Dann ist alles still. "Scheiße, was war das?" dringt Penguins Stimme an mein Ohr. "Ich habe absolut keine Ahnung." oder besser: Ich will keine Ahnung haben - denn einen Verdacht habe ich schon. Der behagt mir aber so gar nicht. "Warum waren wir nochmal gleich hier?" frage ich deswegen zur Ablenkung. "Das Gebäude wird von Grund auf saniert und wir sollen die bereits fertigen Wohnungen säubern." Bedeutet im Klartext, hinter all den anderen aufräumen, Fliesen blank polieren und Dielen schrubben, damit niemand mehr den Dreck sieht, den die Bauarbeiter hier hinterlassen haben. Ich spüre deutlich Penguins Blick auf mir ruhen. "Meinst du, die könnten bei der Sanierung versehentlich... was kaputt gemacht haben?" "Ich bin sogar davon überzeugt. Aber es klang nicht so, als wäre es in unserer unmittelbaren Nähe. Irgend ein Trottel wird eine Wand eingerissen haben, in der auch noch zufällig wichtige Stromkabel entlangliefen. Ich befürchte, wir werden hier eine Weile fest sitzen." Jaaaa, Jackpot - ich betone und wiederhole an dieser Stelle nur noch einmal: ICH wollte die Treppe nehmen! Nach einer gefühlten Ewigkeit des Schweigens, meldet sich plötzlich Penguins Magen lautstark. Belustigt schaue ich in seine Richtung. "Hunger?" "Ach halt doch die Klappe, Killer..." dann raschelt es. Anscheinend durchwühlt er seinen Rucksack nach etwas Essbarem. "Ach verflucht. Das darf jetzt echt nicht wahr sein oder?!" schimpft er nach kurzer Zeit. "Was ist?" "Ich glaube, ich hab mein Essen heute Morgen in der Küche liegen lassen..." Daraufhin knurrt sein Magen nur noch lauter und dem Kappenträger entfleuchen ein paar derbe Verwünschungen auf sein Organ. "Warte mal..." nun krame ich in meiner Tasche. Ich habe immer irgendetwas Essbares da drin. Schon alleine deswegen, weil ich nie weiß, was Kid als nächstes ausheckt. Einmal hat uns eine seiner glorreichen Ideen in ein verdammt abgeschiedenes Fleckchen Erde geführt. Und dann war das Benzin alle. Und weit und breit weder eine Menschenseele, noch ein Dorf. Wir haben mehrere Tage gebraucht, um wieder auf Zivilisation zu treffen - was mitunter daran lag, dass Kid die Richtung vorgab, in die wir gelaufen sind. Sein Orientierungssinn ist in etwa so ausgeprägt, wie der eines fehlprogrammierten Roboterrasenmähers. "Hier. Ich hab ein ganzes Dutzend davon in meiner Tasche. Wenn es hart auf hart kommt, werden wir zumindest nicht verhungern." Damit überreiche ich ihm einen Energieriegel. Allerdings findet Penguin im Dunkeln nicht gleich das ihm dargebotene Essen. Und so kommt es, dass er als Erstes meine Hand streift, kurz inne hält und sich dann an meinen Fingern entlang tastet, bis er den Riegel festhält. Ist es eben auch schon so warm gewesen hier drin? "Danke." "Kein Ding. Ich hab sowas immer dabei, falls mal wieder eine Aktion meines besten Freundes in einem Survival-Training endet." "Ich wusste gar nicht, dass du so spannende Sachen in deiner Freizeit erlebst." "Es gibt so Einiges, was du nicht über mich weißt, Penguin." Im Grunde gar nichts. "Dann erzähl mir doch einfach ein bisschen was. Wir haben ja Zeit." Sein Grinsen ist deutlich zu hören und auch meine Mundwinkel schnellen nach oben. Ich rücke näher zu ihm heran. Es ist mehr eine unbewusste Aktion, aber anscheinend hat mich die kurze Berührung seiner Finger dazu animiert, nun seine Nähe zu suchen. Dabei streife ich kurz mit meinem Arm den seinen und ich höre, wie er den Atem anhält. "Soll ich mich lieber woanders hinsetzen?" frage ich beinahe entsetzt. Ist ihm meine Nähe etwa unangenehm? Ich fühle deutlich, wie er seinen Kopf bewegt, kann aber in der Dunkelheit nicht erkennen, ob er nun heftig mit dem Kopf geschüttelt oder genickt hat. "Nein. Alles okay." kommt es dann doch noch von ihm, als ihm anscheinend bewusst wird, dass ich seine Reaktion nicht sehen konnte. Zufrieden und irgendwie erleichtert, lehn ich mich zurück, überlege kurz, was ich ihm über mich erzählen könnte. Schmunzelnd muss ich mir eingestehen, dass der Kleine es nun anscheinend doch irgendwie geschafft hat, mich dazu zu bringen, mich ihm gegenüber zu öffnen. Zumindest ein bisschen. "Mein bester Freund und ich leiten eine Werkstatt. Wir reparieren so ziemlich alles, was als fahrbarer Untersatz dienen kann: Autos, Fahrräder, Motorräder, sogar einen elektrischen Rollstuhl haben wir schon wieder fahrtüchtig gemacht. Anfangs war es nur ein Hobby. Ein alter Lagerraum diente uns als Unterschlupf. Wir reparierten alles mögliche für Freunde und Bekannte. Anscheinend waren wir so gut, dass sie uns weiter empfahlen. Und damit wuchs unser Kundenstamm. Aus dem Lagerraum haben wir von dem Geld dann eine richtige Werkstatt errichtet, ausgebaut, angebaut und mittlerweile gehört uns ein ganzer Gebäudekomplex und wir haben noch einige fähige Mitarbeiter einstellen können." "Bist du so auch zu deiner Maschine gekommen?" fragt Penguin neugierig. Ein verträumtes Lächeln umspielt meine Lippen, als ich daran zurück denke. "Ein Kunde hatte sie uns gebracht. Meinte, sie sei schrottreif, wir könnten sie zerlegen gegen einen kleinen Obolus. Ich habe mich sofort in die Maschine verliebt gehabt und alles daran gesetzt, sie wieder zum Laufen zu bringen. Es hat ewig gedauert aber sie war die Mühe wert. Dabei hat Kid es mir so oft versucht, auszureden..." "Wer ist Kid? Dein Kumpel?" "Ja. Du hast ihn auch schon getroffen: Der Typ mit der feuerroten Mähne in dem Jeep." "Ernsthaft? Du solltest die Wahl deiner Freunde echt überdenken - er hat einen grausigen Musikgeschmack!" Ich muss lachen bei der Bemerkung. Es stimmt. Das, was Kid 'Musik' nennt, klingt für viele nur nach sinnlosem Geschrei mit viel zu harten Bässen. Aber ich bin ja nicht wegen seines Musikgeschmacks mit ihm befreundet. "Kid ist schon eine Sache für sich. Ihm habe ich das hier im Übrigen auch zu verdanken." "Meine Rede: überdenke die Wahl deiner Freunde!" "Niemals. Wir sind zusammen durch so viel Scheiße gegangen. Ich würde jederzeit für ihn durchs Feuer gehen. Und er für mich. Eigentlich wollten wir in jener Nacht bei Trafalgar einsteigen. Weiß der Geier, was Kid sich ausgedacht hat, aber er erhoffte sich anscheinend, damit sein Objekt der Begierde im Sturm zu erobern." Penguin verschluckt sich und ringt röchelnd nach Atem. Was genau hab ich gesagt, dass er so reagiert? Ich hab nämlich verdammt viel gesagt in den letzten Minuten, was für mich eher untypisch ist. "Die Feuermähne steht auf Law?! Welcher Teufel reitet den armen Irren?" "Ja, der Teufel reitet..." Aber nicht so, wie Penguin denkt. Kid hat es nämlich in den vergangenen Wochen geschafft, Trafalgar sage und schreibe sieben Mal auszuführen. Also wenn der Teufel hier einen reitet, dann den Chirurgen - in zweierlei Hinsicht. Und dann fällt mir noch eine viel interessantere Tatsache auf. "Trafalgar ist der Grund, warum du keine Kaffeemaschine besitzt!" "Und dein Verstand arbeitet mindestens genauso präzise wie seiner. Das ist echt unheimlich." Ich nehme das einfach als Bestätigung. "Woher kennt ihr euch eigentlich?" Nun bin ich dran, meine Neugier zu stillen. Immerhin weiß ich genauso wenig über ihn, wie er über mich. Doch Penguin hüllt sich in Schweigen. So haben wir aber nicht gewettet, Freundchen! "Ist die Geschichte zu langweilig oder zu peinlich, dass du sie mir nicht erzählen magst?" Wieder beharrliches Schweigen. Tut er mir das gerade wirklich an? "Ich dachte, wir würden ein Gespräch führen... einen Dialog. Aber zur Zeit führe ich lediglich einen Monolog und das ist auf Dauer so gar nicht meins. Also entweder du redest endlich wieder mit mir, oder..." "Schon gut, schon gut!" fällt er mir ins Wort. Na also, es geht doch. Ein genervtes Seufzen ertönt. "Ich hab ganz klein in der Firma angefangen und wurde zunächst dazu verdonnert, in einem Krankenhaus zu putzen." Doch nicht etwa in dem Krankenhaus, in dem auch der Chirurg praktiziert? Ich ahne, was da gleich kommt. Kein Wunder also, dass er sich ziert, davon zu erzählen. "Nach einiger Zeit des Einarbeitens, wurde ich dann der Chirurgie zugeteilt - jeder hatte seine eigene Abteilung, die er ordentlich zu halten hatte. Und da bin ich Law zum ersten Mal begegnet." Macht er diese dramatische Pause mit Absicht? Oder grämt er sich einfach nur, weiter zu sprechen? "Alles in Ordnung, Penguin?" "Ja. Ja, alles in Ordnung. Ich hab nur eben an die Zeit zurück gedacht. Law ist ein echter Sklaventreiber und ein Sadist, ich hatte es echt nicht immer leicht. Einmal habe ich ein Buch angeblich falsch einsortiert in seinem Regal. Daraufhin hat er mir den Tag zur Hölle gemacht. Beim Behandeln seiner Patienten hat er extra großes Chaos hinterlassen, im OP hat er absichtlich rumgesaut, wie ein Metzger und wo immer er auftauchte, hinterließ er eine Spur aus Brotkrumen - echte Brotkrumen! Die ich augenblicklich zu entfernen hatte!" "Ja, das kann ich mir lebhaft vorstellen. Trafalgar ist schon ein Monster für sich. Ob er weiß, dass er sich mit einem ebenso fiesen Monster eingelassen hat, als er Kid nachgab?" Penguin und ich fangen gleichzeitig an zu lachen. "Wohl eher nicht. Aber Law hat auch seine guten Seiten. Er kann nicht nur der eiskalte Oberarsch sein." "Kommt jetzt der spannende Teil?" zieh ich ihn etwas auf, werde dafür freundschaftlich in die Seite geboxt. Wieder so eine Berührung, die mein Körper einfach nur genießt... "Ich werde den Tag nie vergessen... Einer dieser Freitage, die jeder hasst, der einmal in einer Klinik gearbeitet hat. Die Freitagnachmittagsverlegungen. Meist dehydrierte Heimbewohner oder einfach nur extrem anstrengende Menschen, die die Einrichtungen über das Wochenende loswerden wollen - wie böse Zungen behaupten. Unter diesen Verlegungen ist immer ein Kuckucksei..." "Wie meinst du das?" Was hat ein Kuckuck mit einer Klinik zu schaffen? "Als Kuckuckseier bezeichnet man Patienten, die bei genauerem Betrachten eine Reihe an Krankheiten haben, die in Kombination gern unvorhergesehene Komplikationen hervorrufen. Kurz um: Es sind tickende Zeitbomben. Und weder für Ärzte noch für die Schwestern eine Bereicherung." "Wie ein Auto, das an schwer zugänglichen, uneinsichtigen Stellen anfängt zu rosten - auf den ersten Blick sieht es noch ganz gut aus aber bei genauerem Betrachten ist es ein Totalschaden." "Du hast es erfasst." Jetzt bin ich beruhigt. Meine grauen Zellen scheinen doch noch zu arbeiten. Für einen winzigen Moment war ich mir da nämlich nicht mehr so sicher gewesen nach der Sache mit dem Vogel. "Jedenfalls habe ich gerade ein Zimmer gewischt gehabt, in dem einer dieser Freitagnachmittagsverlegungen lag, als dieser Patient plötzlich anfing zu krampfen, nach Luft schnappte und dann gar nichts mehr tat. Heldenhaft, wie ich nun einmal bin, habe ich die Notfallklingel betätigt, bin zu dem Patienten gehechtet und habe mit der Reanimation begonnen. Es dauerte auch nicht lang, da kam einer der Pfleger ins Zimmer gestürmt." ein kurzes Glucksen seinerseits ertönt. Anscheinend amüsiert ihn die Rückblende doch mehr, als er zu Beginn angenommen hat. "Mitten im Raum lag mein Wischmob und der Putzwagen stand ebenfalls noch herum. Der übereifrige Pfleger rutschte auf dem Mob aus, stolperte durch den Raum über den Wagen, taumelte, suchte an mir Halt und riss mich ungünstig mit zu Boden. Er selbst holte sich dabei nur ein paar wenige blaue Flecken aber mir hat es die linke Schulter ausgekugelt und das Bein gebrochen. Law hatte alles mit angesehen, er war dem Pfleger gefolgt. Bei der anschließenden Behandlung war er dann ungewöhnlich freundlich zu mir und irgendwie hat sich daraus eine Freundschaft entwickelt, die sogar soweit ging, dass wir jetzt alle im selben Haus leben." "Darf ich raten, wer der Pfleger war, der so tollpatschig durchs Zimmer glitt?" "Musst du denn wirklich raten, Killer?" entgegnete er belustigt. "Es war dein Freund Shachi." "Jup. Beim Versuch, Law zu helfen, mich zu verarzten, hat er mir dann noch ein blaues Auge verpasst. Aus Schuldgefühlen und weil er wenigstens irgendetwas für mich tun wollte, um mir zu helfen, hat er mir dann diese Kappe geschenkt. Seitdem trage ich sie eigentlich ständig. Sie ist so etwas wie das Symbol unserer Freundschaft." "Bisschen doll überzuckert deine Geschichte, findest du nicht?" "Du wolltest sie ja unbedingt hören! Gib mir nicht die Schuld, wenn dir jetzt schlecht wird. Aber tu mir den Gefallen und kotz hier nicht hin. Der Geruch würde uns beide umbringen. Und ICH mach die Sauerei ganz sicher NICHT weg!" "Solltest du so etwas nicht gewöhnt sein? Immerhin habt ihr doch da quasi so etwas wie eine Männer-WG." "Da hast du was falsch verstanden, Killer! Jeder hat seine eigene Wohnung. Ich lebe allein. Gar nicht auszudenken, wenn ich mir eine Wohnung mit Law oder Shachi teilen müsste... es wäre entweder penibel sauber und steril oder ein heilloses Chaos, das seinesgleichen niemals finden wird. Nein danke! Ich bin sehr zufrieden mit meiner momentanen Wohnsituation." Erneut legt sich Schweigen über uns, doch empfinde ich es nicht als unangenehm. Ob es dem Kleinen genau so ergeht wie mir? Leise seufzend rede ich mir selbst ins Gewissen: Was mache ich hier eigentlich? Ich sollte das nicht tun. Sollte nicht mit ihm reden. Seine Nähe nicht genießen. Am Ende wird es doch nur wieder weh tun. Penguins Kopf sinkt auf meine Schulter und erschrocken fahr ich zusammen. "'Tschuldige. Es war nur gerade so angenehm, da muss ich eingenickt sein." kommt es murmelnd von ihm und schon kuschelt er sich erneut an mich. Okay. Irgendetwas habe ich verpasst. "Tu das nicht, Penguin..." "Was...?" "Dich in meiner Nähe Wohl fühlen. In einer Woche werden sich unsere Wege wieder trennen und dann..." "Müssen sie das? Müssen sich unsere Wege denn wieder trennen? Willst du das?" "Nein, aber..." "Dann lass es einfach nicht zu. An mir soll es nicht scheitern." Ich spüre seinen Atem an meinem Ohr und bemerke erst jetzt, dass er sein Kinn auf meiner Schulter abgestützt hat, statt, wie ich zuerst annahm, den ganzen Kopf. Wie in Zeitlupe drehe ich mein Gesicht zu ihm, berühre dabei fast seine Nasenspitze mit meiner. Ist diese Nähe von ihm gewollt? Oder ist es reiner Zufall? "Peng..." "Halt die Klappe, Kira!" "Woher...?" "Hab mir endlich deine Akte durchgelesen. Und jetzt sei gefälligst ruhig - du zerstörst den Moment!" In meinem Kopf jagt ein Gedanke den nächsten. Ein katastrophales Durcheinander an Worten und Empfindungen, eingesperrt in einem Vakuum. Wenn nicht gleich etwas passiert, drehe ich durch. Bitte. Irgendetwas! Seine Nähe verbrennt mich, lässt mir kaum noch Platz zum Atmen und gleichzeitig ist sie so angenehm, wie ein lauer Frühlingstag, wirkt befreiend. Ich sollte das hier nicht genießen - sollte nicht einmal hier sein. Mit ihm zusammen. So nah. Ich hätte die Treppe nehmen sollen! Dann wären wir hier nie zusammen eingeschlossen worden. Dieses Gespräch hätte nie stattgefunden. Diese merkwürdige Situation wäre nie zustande gekommen. Ich hätte in einer Woche all das hier einfach hinter mir lassen können. Aber jetzt geht das nicht mehr. Jetzt sitzen wir hier gemeinsam. Seine Nähe, seine Stimme, sein Geruch - einfach alles an ihm - lässt mein Innersten Achterbahn fahren. Und ich weiß jetzt schon, wohin mich diese wilde Fahrt führen wird. Die Zeichen sind mehr als offensichtlich. "Kira...?" wispert Penguin zaghaft. "Hasst du mich?" Nein, das ist nicht das, worauf ich gehofft hatte. Es entschärft diese Situation nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Sie heizt sie weiter an. Und ich scheine auch noch glücklich darüber zu sein, wenn ich diese taktvollen Aussetzer meines Herzens richtig deute. Denn jetzt muss ich mich unweigerlich dem stellen, was ich drei Wochen lang versucht habe, von mich zu schieben. Ob ich ihn hasse? Fragt er mich das ernsthaft? Ohne meine Handlung auch nur eine Sekunde lang zu überdenken, zeige ich ihm - auf eine unmissverständliche Art und Weise - was ich von ihm halte. Ich strecke meinen Hals weiter zu ihm, überbrücke den Zentimeter, der uns voneinander trennt und lege meine Lippen auf seine. Ein extrem zufrieden klingendes Stöhnen verlässt seine Kehle und ich spüre, wie er sich in den Kuss hinein lehnt, seine Hand in meinen Nacken legt und mich noch näher zu sich zieht. Mein Verstand schaltet auf Notstrom - alles, was ich jetzt noch brauche - jetzt noch will - ist der Mann, der mich gerade alle meiner Sinne beraubt. Und das mit einem einzigen, einfachen Kuss. Hoffentlich werden wir nicht allzu bald gerettet... (Fortsetzung folgt... ) Kapitel 5: Part 5 ----------------- >> Part 5 « "Es ist grün, Penguin." gebe ich wie beiläufig von mir, während ich mit meinem Messer umher spiele - endlich habe ich es wieder! Der Kappenträger bewegt seinen Kopf ganz langsam in meine Richtung, schaut mich ungläubig an und schüttelt dann kurz den Kopf, bevor er den Transporter wieder in Bewegung setzt. Zum Glück. Ich hatte nicht vor noch eine zehn minütige Rotphase an dieser Ampel sinnlos meine Zeit zu vertrödeln. Ob er irritiert war, meine Stimme zu hören? Möglich wäre es, immerhin habe ich bisher außer einem 'Guten Morgen' kein Wort mit ihm gewechselt und beharrlich geschwiegen. "Warst wohl in Gedanken bei einer hübschen Frau, was?" stichel ich - wenn ich schon den Mund auf mache, kann ich ihn auch noch etwas aufziehen. "Ich sagte bereits, ich habe kein Interesse an Frauen!" brüllt er mich an, was mich kurz zusammen fahren lässt. Himmel ist der angepisst. "Du sagtest lediglich, du hättest kein Interesse an einer festen Beziehung... von Frauen im Allgemeinen war nie die Rede..." Ein finsterer Blick trifft mich wie ein Sandsack. Böses Foul, Kira, böses Foul. Ob er mir schon damals, am Ende unserer ersten gemeinsamen Woche sagen wollte, was plötzlich, hier und jetzt so offensichtlich geworden ist? "Ich sagte doch, du musst mich nicht nach Hause bringen, Killer..." protestiert Penguin ein letztes Mal, als er sich dennoch hinter mich auf meine Kawasaki setzt. Mittlerweile hat er kaum noch Angst vor meinem 'Monster'. "Wartet denn niemand auf dich?" kommt es im Anschluss noch. Ich schüttle nur meinen Kopf. Mehr Antwort bekommt er von mir nicht. Der Einzige, der hin und wieder auf mich wartet, ist Kid. Aber auch seine Zeit ist knapp bemessen in den letzten Tagen, da er ständig dabei ist, seiner Flamme hinterher zu steigen. Und das auch noch mit Erfolg, wie er mir vor zwei Tagen stolz berichtete. Ich tröste mich über diese Tatsache hinweg, dass er seine Zeit lieber mit Trafalgar als mit mir in der Werkstatt verbringt - immerhin stellt er dann keine Dummheiten an, wenn ich nicht da bin. Und es ist ein Wunder für sich, dass in meinen zwei Wochen in der Firma die Werkstatt noch nicht abgefackelt ist. Die Sache mit einer festen Beziehung habe ich nach der letzten Pleite an den Nagel gehängt. Mit den Worten, ich sei ein schwieriger Charakter, viel zu introvertiert und überhaupt völlig unnahbar, rauschte sie zur Tür hinaus und ward nie wieder gesehen. Als ich Penguin vor seiner Wohnung abgesetzt habe und er mir den Helm zurück gibt, sieht er mich kurz eindringlich an. "Willst du noch kurz mit herein kommen? Ich kann uns einen Tee machen." bietet er an, doch wieder schüttle ich nur den Kopf, gebe Gas und fahre zu meiner eigenen Wohnung. Allein. Warum habe ich sein Angebot nicht schon in jener Woche angenommen? Hatte ich Angst? "Ehrlich Killer, du kotzt mich so an!" schimpft der Kappenträger, wirft fluchend den Putzlappen vor meine Füße und knurrt bedrohlich in meine Richtung. Es ist der Anfang der dritten Woche und noch immer schweige ich beharrlich, wechsel nur die nötigsten Worte mit ihm. Ganz ruhig hebe ich den Lappen auf und bringe ihn zu unseren anderen Utensilien. Hinter mir höre ich Penguin gedehnt seufzen. "Du bist mir ein echtes Rätsel, weißt du das? Aber falls du doch irgendwann einmal das Bedürfnis verspüren solltest, reden zu wollen - ich hätte immer ein offenes Ohr für dich." Reden? Zählt das hier auch dazu? Falls ja, hat sich mein 'Redebedarf' gerade erheblich gesteigert. Nur langsam lösen wir uns voneinander. Deutlich höre ich Penguins leicht beschleunigten Atem und muss grinsen. Warum weiß ich selbst nicht so genau. Vielleicht über die Absurdität dieser Situation an sich? Oder darüber, dass ich gerade einen Mann geküsst habe? Bisher habe ich immer nur Frauen geküsst. Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, auf welches Geschlecht ich stehe - beide haben ihre Vorzüge. Und anscheinend muss ich das auch gar nicht mehr, denn ich habe soeben eine Antwort auf meine ungestellte Frage bekommen. Penguins Hand liegt noch immer in meinem Nacken, sein Atem, der langsam wieder regelmäßiger geht, streift meine Lippen und... "Ich will nochmal!" spricht er aus, was mir gerade durch den Kopf gehen will und legt direkt darauf seine Lippen wieder auf meine. Scheiße, Mann, das macht direkt süchtig! Ungeduldig zerr ich an seinem Overall, ziehe ihn näher zu mir und ehe ich mich verseh, sitzt er auf meinem Schoß. Seine Lippen drängen weiter gegen meine, während er mir mit einer Handbewegung das Kappi vom Kopf wischt, um danach mit seinen Fingern durch meine Haare zu fahren. Allein diese kleine Geste macht mich fast wahnsinnig. Darf er das überhaupt? Ein leises Knurren verlässt seine Kehle, bevor er mir etwas ruppig in die Unterlippe beißt. Das kurze, schmerzerfüllte Aufstöhnen meinerseits nutzt er geschickt aus, um seine Zunge in meine Mundhöhle gleiten zu lassen. So animalisch dieser kleine Akt auch gewesen war, so zärtlich stupst er nun meine Zunge an, fordert sie zum Spielen und Tanzen auf. Diese Mischung aus wild und sanft bringt mich noch um den Verstand! Es bleibt natürlich nicht bei dem harmlosen Zungenspiel, nach einer kurzen Weile wird Penguin fordernder, der Kuss ein Kampf um die Dominanz, den ich so schnell ganz sicher nicht aufgeben werde! Da hat er sich mit dem Falschen eingelassen. Ich lege meine eine Hand in seinen Rücken, die andere fährt weiter hinauf, streicht über seinen Nacken und verkrallt sich in seinem kupferbraunen Haar. Als wir uns wegen mangelnder Sauerstoffzufuhr kurz voneinander lösen, nutze ich genau diesen Moment, um ihn von meinem Schoß zu befördern und rücklings auf den Boden zum Liegen zu bringen. Die Hand auf seinem Rücken verschwindet, ergreift seine Arme und führt diese mit sanfter Gewalt über seinen Kopf ebenfalls auf den Boden. Somit habe ich noch eine Hand frei und er keine mehr. Ein triumphierend-diabolisches Grinsen stiehlt sich auf meine Lippen, das man im Dunkeln leider nicht sehen kann. Meine zweite Hand streicht federleicht von seinem Haar über seine Schläfe, seine Wange hinab zu seinem Kinn, welches ich dann umschließe, damit er mir nicht entkommen kann - als ob er das gewollt hätte. Meine Lippen legen sich wieder auf seine aber nur ganz behutsam, während meine Finger den Griff um sein Kinn lösen, langsam dadrüber streichen und seinen Hals hinab gleiten. Penguin öffnet leicht seinen Mund, lädt mich geradezu ein, doch ich lecke nur einmal über seine Lippen, ignoriere die stumme Bitte ganz bewusst - in diesem Moment gehört die Führung ganz mir. Hauchzarte Küsse verteilend, wandere ich seine Wange entlang, hinab zu seinem Kinn, folge dem Pfad, den zuvor schon meine Finger genommen haben und verweile einen Augenblick an seinem Hals. Er schmeckt verführerisch nach Pfefferminz und ich kann nicht anders, als mit meinen Zähnen seinen Hals entlang zu schaben, nur um direkt danach entschuldigend über die leicht malträtierte Haut zu lecken. Deutlich vernehme ich seinen beschleunigten Pulsschlag unter der Oberfläche. Irgendwie komme ich mir gerade wie ein Raubtier vor, welches das letzte Spiel mit ihrer hilflosen Beute genießt, bevor es seine Zähne in sein Opfer schlägt. Nur, dass ich Penguin nicht weh tun will. Ich will ihn nur ein wenig reizen, die süße Sünde seiner eigenen Medizin kosten lassen. "Kira... du bist ein Monster!" gluckst er keuchend unter mir, bringt mich dabei selbst zum Schmunzeln. "Du hast mich doch erst dazu gemacht." Penguin lacht rau auf, was mich für eine Sekunde vergessen lässt, genügend Druck auf seine Handgelenke auszuüben. Eine Chance, die er sich nicht entgehen lässt. Schneller, als ich denken kann, befreit er sich aus meinem Griff, lässt uns eine halbe Rolle vollziehen und befindet sich im nächsten Moment über mir. Immer noch dieses raue, erotische Lachen erklingend, spüre ich, wie er sich zu mir herunter beugt. Sein Atem streift mein Ohr und verpasst mir eine wohlige Gänsehaut. "Du warst unachtsam." schnurrt er mir zu und beißt dann einmal in mein Ohrläppchen. Penguin, du Teufel! Ich will meine Arme schon um ihn legen, als er diese mit einer schnellen Bewegung zurück auf den Boden drückt. "Vergiss es, mein Lieber." kommt es von ihm, ein Lachen unterdrückend, unser Spiel genau so genießend, wie ich. "Halt einfach die Klappe und küss mich!" forder ich ihn auf. Das ist ja nicht zum Aushalten! Ich will seine Lippen spüren - auf meinen oder auf meinem Körper, das ist mir völlig gleich. Jetzt! Quälend langsam nähert er sich mir wieder - oh, Penguin, wenn ich meine Arme wieder frei bekomm, kriegst du das zurück! Ich kann seinen Atem bereits deutlich spüren, seine Lippen sind nur noch wenige Millimeter von meinen entfernt. Mein Herz rast so schnell, ich könnte schwören, es springt jeden Moment aus meiner Brust, wenn dieser Idiot mich nicht endlich küsst! Und genau in dem Moment fällt grelles Tageslicht über einen Spalt zu uns herein. Natürlich unterbrechen wir sofort unser Tun, halten uns schützend die Hände vor die Augen. In dem Lichtspalt, der mittlerweile ein ganzes Stück größer geworden ist, hängt eine große Gestalt und lacht dreckig. Ich kenne dieses Lachen. Sogar ganz genau. "Wenn ich gewusst hätte, dass ich störe, hätte ich vorher angeklopft, haha." Kid... Er scheint kurz über seine Schulter zu gucken in den Gang hinaus. "Ich hab sie gefunden. Den Beiden könnt's kaum besser gehen." dann dreht er sich noch einmal zu uns. "Soll ich euch noch kurz allein lassen?" "Ehrlich, Kid - hast du schon einmal was von Privatsphäre gehört?" Ich kann ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Auch wenn er sich den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt ausgesucht hat, um uns zu retten, so bin ich doch froh darüber, dass er uns überhaupt gefunden hat. Wortlos klettert Penguin von mir runter und wir sammeln unsere Sachen zusammen. Gerade als ich mich wieder zu Kid drehe, taucht eine zweite Silhouette neben ihm auf. "Ich bin beeindruckt, Eustass-ya, du hast sie wirklich gefunden." Ich kenne diese eiskalte, berechnende Stimme. Warum ist ER hier?! "Law!?" Penguins Tonlage schwankt zwischen Verwunderung und Freude. Anscheinend war der Chirurg einer der letzten Menschen, die er hier erwartet hätte. Nebenbei bemerkt, geht es mir genau so. "Du bist ja völlig unversehrt, Penguin." entgegnet der Chirurg enttäuscht und kassiert von dem Kleineren sofort eine Kopfnuss dafür. "Ich hab gedacht, du hättest dir Sorgen um mich gemacht, dabei wolltest du nur an mir herum schnippeln!" "Vielleicht." Völlig ungerührt, dreht Trafalgar sich weg, aber das kleine, erleichterte Lächeln habe ich dennoch gesehen. Doch nicht so ein Eisklotz, wie ich immer gedacht habe. Kid nimmt mir meine Tasche ab, reicht mir sogar die Hand, damit ich leichter aus dem Fahrstuhl heraus klettern kann. Zum Glück steckt das dämliche Teil nicht irgendwo mitten zwischen den Etagen fest. Somit ist es nur ein Absatz von etwa einem halben Meter, den wir zu bewältigen haben. "Alles klar bei dir?" In seiner Stimme schwingt echte Sorge mit und verdutzt sehe ich ihn an. "Langsam wirst du mir unheimlich, Kid. Aber ja, alles bestens." "Wie habt ihr uns überhaupt gefunden?" Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie rein zufällig gerade in der Gegend waren und genau wussten, dass wir hier heute zu tun haben würden. Kid zuckt mit den Schultern und wirft einen Seitenblick zu Law. "Shachi hat immer wieder angerufen. Er wollte irgendwas von dir, Penguin, bekam dich aber nicht erreicht." beginnt der Schwarzhaarige dann. Wie hätte man uns auch erreichen können? In einem Fahrstuhl ist schließlich kein Empfang. "Weil er einfach keine Ruhe geben wollte, habe ich mich in der Firma kundig gemacht, wo du heute arbeiten musst und wir sind hier gelandet." "Wir?" fragt Penguin verwirrt nach und schielt kurz zu meinem besten Kumpel herüber, dessen Anwesenheit er allem Anschein nach schon wieder völlig vergessen hat. Kid grinst dreckig und bis über beide Ohren. "Wir waren verabredet. Wollte unserem lieben Arzt mal die Werkstatt zeigen." So wie du grinst, mein lieber Kid, wolltest du ihm am Liebsten deine privaten Gemächer der Werkstatt zeigen, ja. Aber das behalte ich lieber für mich. Ich bin mir sicher, der Doc wusste, worauf er sich einließ. Penguin wirft mir einen kurzen Blick hinter seiner Kappe zu, die er mittlerweile wieder aufgesetzt hat. Ein eindeutiger Blick, der mich stumm fragt, ob die beiden das vorhatten, was er denkt, dass sie es vorhatten. Ich nicke nur grinsend zur Bestätigung, was ebenfalls dazu führt, dass auch er grinsen muss. Penguin lässt sich etwas zurück fallen, so dass er mit mir auf einer Höhe ist. Fragend sehe ich ihn an. Der Kleine lüftet kurz seine Kappe mit dem Zeigefinger, wie er es bereits zu Anfang unserer gemeinsamen Zeit getan hat und schenkt mir ein überaus glückliches Lächeln. Nein, das habe ich mir nicht eingebildet. Völlig perplex bleibe ich stehen, kann mit dem Verstand nicht begriefen, was hier gerade passiert. Aber mein Herz scheint es zu können, denn das hüpft aufgeregt in meiner Brust umher. Nur entfernt nehme ich Kids genervten Ton wahr, der sich über irgendetwas beschwert. Ich sehe nur noch Penguin im Tunnelblick, der nun ebenfalls stehen bleibt und sich zu mir umdreht. Und da ist es wieder, dieses selige Lächeln. Er angelt nach meiner Hand und zieht mich mit sich. Im Treppenflur verlangsame ich mein Tempo bewusst, so dass wir noch etwas weiter zurück fallen. Als Kid und Law weit genug weg und außer Sichtweite sind, zieh ich Penguin zu mir und drücke ihn gegen die Wand. Meine Stirn lasse ich gegen seine sinken und starre ihn etwas ratlos an. "Was hast du mit mir gemacht?" will ich wissen, obgleich ich die Antwort bereits kenne. Er schiebt mich ein kleines Stück von sich, lüftet seine Kappe wieder, damit ich sein Gesicht sehen kann. Seine grünen Augen ziehen mich vollends in den Bann. "Das Gleiche, was du mit mir gemacht hast, Kira." und dann legt er seine Hände in meinen Nacken, zieht mich wieder zu sich und küsst mich. Ein wohliger Laut entkommt meiner Kehle, bevor der Kleine sich wieder von mir löst. Ein verschmitztes Grinsen legt sich auf seine Lippen, die ich am liebsten gleich noch einmal berühren würde. "Was muss ich tun, um mehr über das Monster zu erfahren, das mich gefangen hat?" Es dauert eine Sekunde, bis ich begreife, doch dann gleiten auch meine Mundwinkel nach oben. "Es füttern." raune ich ihm entgegen und erhalte ein leises Lachen. Ich stehle mir noch einen kleinen Kuss, bevor ich seine Hand ergreife und wir gemeinsam die letzten Treppen nehmen. Am Ausgang warten Kid und Law bereits ungeduldig auf uns. Ob Law weiß, dass eine hellrote Spur auf seinen Lippen zu sehen ist? In mich hinein grinsend folgen wir den beiden zum Parkplatz, wo sich unsere Wege dann auch wieder trennen. Mein Kumpel und seine Eroberung steigen in den großen Jeep, während Penguin und ich den Firmenwagen nehmen. Den müssen wir schließlich noch zurück bringen. Und im Anschluss werde ich den Kleinen zu einer Spritztour auf meiner Kawasaki entführen. Ich weiß auch schon genau, wo ich mit ihm hin will: Zum alten Schiffswrack an der Küste. Da kann ich ihm dann ganz ungestört offenbaren, was für ein Monster er geweckt hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)